JOSEF MEIXNER Beziehungen zwischen Netzwerktheorie und Thermodynamik FRIEDRICH SCHLÖGL Informationstheorie und Thermodynamik irreversibler Prozesse WESTDEUTSCHER VERLAG · KÖLN UND OPLADEN © 1968 by Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen Gesamtherstdlung: Westdeutscher Verlag GmbH • Printed in Germany Inhalt Josef Meixner, Aachen Beziehungen zwischen Netzwerktheorie und Thermodynamik . . . . . 7 Diskussions bei träge Professor Dr.-Ing. Volker Aschoff; Professor Dr. phil., Dr. rer. nat. h. c. Josef Meixner; Professor Dr. rer. nat. Friedrich Schlögl; Professor Dr.-Ing. Herbert Döring; Professor Dr. phil. Guido Hoheisel . . . . . . . 37 Friedrich Schlögl, Aachen Informationstheorie und Thermodynamik irreversibler Prozesse . . . 41 Diskussions beiträge Professor Dr.-Ing. habil. Witold TViechoivski; Professor Dr. rer. nat. Friedrich Schlögl; Professor Dr. phil. Gttido Hoheisel; Professor Dr.-Ing. Volker Aschoff; Professor Dr.-Ing. habil. Wilhelm Bischof; Professor Dr. phil. Maximilian Steiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Beziehungen zwischen Netzwerktheorie und Thermodynamik Vonjosej Meixner, Aachen 1. Zur Entropiedeftnition bei Vorgängen Die Thermodynamik hatte ihren Ausgangspunkt in einem rein technischen Problem, im Bau von Dampfmaschinen (Carnot [1 ]). Sie hat sich dann von der Technik losgelöst, obwohl zu ihrer Begründung auch heute noch gerne die technischen Probleme der Konstruktion eines Perpetuum mobile 1 erster oder zweiter Art 2 herangezogen werden und sie geradezu auf dem Erfahrungssatz aufgebaut wird, daß solche Maschinen grundsätzlich unmöglich sind. Es hat aber später nicht an abstrakten Begründungen gefehlt, von denen die Caratheodorysche Axiomatik [2] und ihre Weiterführung durch Falk [3] und Falk und Jung [4] genannt seien. Das Perpetuum mobile erster oder zweiter Art war der Wunschtraum vieler Erfindergenerationen. Der Fehlschlag ihrer Hoffnungen führte letztlich zur Formulierung der beiden Hauptsätze der Thermodynamik: 1. Energie (als Summe von mechanischer, thermischer, elektrischer, magnetischer und anderer Energieformen) kann weder neu erzeugt noch vernichtet werden. 2a. Bei einer infinitesimalen Zustandsänderung eines Systems, die mit einem thermodynamischen Gleichgewichtszustand beginnt und in einem solchen endet, hat die dabei zugeführte Wärmemenge oQ bezüglich aller unabhängigen Zustandsvariablen einen integrierenden Nenner T, der nur von der (empirischen) Temperatur in einer vom betrachteten System unabhängigen Weise abhängt. Er heißt thermodynamische Temperatur. Es gibt 1 2 Ein Perpetuum mobile erster Art ist eine periodisch arbeitende Maschine, die während jeder Periode einen festen positiven Energiebetrag nach außen abgibt, d. h. erzeugt, ohne daß die Maschine einer Antriebskraft bedarf (d. h. ihrerseits Energie aus der Umgebung aufnimmt) oder ihren Zustand nach einer Periode ändert. Ein Perpetuum mobile zweiter Art ist eine periodisch arbeitende Maschine, die also nach jeder Periode denselben Zustand annimmt und deren Leistung darin besteht, daß sie einem Körper uber jede Periode Wärme entzieht (ihn abkühlt) und einen gleichwertigen Betrag an mechanischer Arbeit erzeugt (Heben eines Gewichtes), ohne daß andere Veränderungen in der Umgebung eintreten. Informationstheorie und Thermodynamik irreversibler Prozesse Von Friedrich Schlögl, Aachen Einleitung Im folgenden will ich über den Zusammenhang zwischen Informationstheorie und der Thermodynamik irreversibler Prozesse sprechen. Ich werde vorwiegend von der statistischen Seite der Thermodynamik sprechen und will, nachdem ich einiges über die allgemeinen Grundlagen der Thermodynamik gesagt haben werde, auf einen spezielleren Fragenkreis eingehen, mit dem ich mich besonders beschäftigt habe, nämlich auf eine statistische Theorie der Entropieproduktion. Wir hatten eben von Herrn Kollegen Meixner sehr eindrucksvoll ausgeführt bekommen, daß die Entropie der makroskopischen Thermodynamik nicht immer eindeutig definiert ist. Wenn Sie den ersten Satz der Zusammenfassung von meinem Vortrag im Programm des heutigen Nachmittags damit vergleichen, könnte in ihm vielleicht ein Widerspruch dazu gesehen werden. Dieser Satz lautet: Die Entropie ist der zentrale Begriff der Thermodynamik. Die Ausführungen von Herrn Meixner werfen dagegen die Frage auf, ob denn die Entropie überhaupt noch eine geeignete Größe für die Beschreibung thermodynamischer Vorgänge ist. Ich sehe aber keinen Widerspruch in den beiden Aussagen von uns und möchte vielmehr in meinen Ausführungen deutlich machen, daß die Entropie eine Größe ist, die vom jeweiligen Kenntnisstand des Beobachters abhängt, und es deshalb möglich ist, daß für zwei verschiedene Beobachter das gleiche System verschiedene Entropiewerte besitzt. Ja, die Entropie ist direkt das geeignete Maß für den Kenntnisstand des Beobachters über das System. Bevor ich zum mehr spezielleren Teil übergehe, möchte ich diese Aussage genauer diskutieren. Die Abhängigkeit der Beschreibung vom Kenntnisstand des Beobachters ist überhaupt ein genereller Zug der Thermodynamik. Die Thermodynamik ist das Ergebnis einer statistischen Theorie, und eine Statistik beschreibt die subjektiven Erwartungen des Beobachters aufgrund bestimmter Kenntnisse. Sie ist deshalb von seinem Kenntnisstand abhängig. Lassen Sie mich an das von Herrn Meixner behandelte Beispiel des Netzwerkes erinnern. Wenn dieses als „black box" auftritt, hat man nicht hinein-