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Universität Bern: Einführung in die Soziologie
Prof: Zürcher, Wetzel
HS 2007
Zusammenfassung: Einführung in die Soziologie
2. Vorlesung (Lektüre Kap. 1 Joas): Die soziologische Perspektive
Soziologie untersucht mit empirischen Forschungsmethoden und Theorien die soziale
Organisation des menschlichen Lebens in verschiedenen Dimensionen (dabei sind
menschliche Beziehungen wichtig); zentral: wie beeinflussen sich verschiedene Aspekte des
sozialen Lebens gegenseitig? (Handlungen der Individuen aus dem Kontext verstehen)
Soziologische Phantasie (nach C. Wright Mills): Erfahrungen in Zusammenhang zu unserer
sozialen Umwelt stellen („Kräfte“, die nicht unter unserem Einfluss stehen: wie Verhältnisse
bei der Geburt etc.), strukturelle Zusammenhänge und Muster erkennen (mittels
systematischer Untersuchungen von Einstellungen und Verhaltensmustern, deren (un-)
beabsichtigte Folgen) Menschen eingebunden in soziale Zusammenhänge
individuelle und gesellschaftliche Probleme besser verstehen
Sozialstruktur ist ein Muster von Beziehungen, Positionen und Mengen von Individuen,
„Grundgerüst“ der sozialen Organisation (Gesellschaft als Struktur, die Positionen
bereitstellt und Beziehungen zwischen Positionen festlegt: gibt Handlungsmöglichkeiten,
stabil trotz Personalwechsel
• Beziehungen relativ stabile, kontinuierliche Muster der Interaktion zwischen
Menschen (gegenseitige Abhängigkeit)
• Positionen (Status) anerkannte Plätze im Netz sozialer Beziehungen, verbunden mit
Verhaltenserwartungen („Rollen“)
• Individuenmengen z. B. Mitgliederzahl einer Gruppe, wichtiger als relative Grösse
Unterschied Sozialstruktur – Personal (Individuen)
Struktur bestimmt Möglichkeiten, aber Individuen beeinflussen auch die Struktur
Quelle der Stabilität im sozialen Leben, Veränderungen aber durch strukturelle Faktoren
Sozialstruktur (als unterschied zur Struktur der einzelnen Bereiche): relativ stabile
Gliederung einer Bevölkerung, nach verschiedenen Kriterien:
-demographische Struktur: Alter, Geschlecht
-territoriale Struktur: Verteilung im Raum
-vertikale Struktur: soziale Ungleichheit
-Beschäftigungsstruktur: Sektoren und Berufsgruppen etc.
Soziales Handeln nicht instinktives oder reflexhaftes Verhalten, das sich auf andere
Menschen bezieht und von Bedingungen (die andere Menschen geschaffen haben) abhängt
(ausgeführt von Gruppen oder Individuen), „Menschwerdung“ ist ein sozialer Prozess,
Handlungen können neue Beziehungen oder Handlungszwänge schaffen
Kultur sind die Muster von Weisen des Denkens, Verstehens, Bewertens und
Kommunizierens (Sprache, Moral, Technik, Fertigkeiten als kulturelle Elemente, erlernt durch
soziale Beziehungen), Kultur stellt Ressourcen des gemeinsamen Denkens und Handelns (z.
B. das wichtigste davon die Sprache), liefert Kriterien zur Bewertung einer Handlung (z. B.
Abtreibung), ermöglicht Entwicklung neuer Technologien (durch gesellschaftlich
organisierten Vorrat an Informationen)
existiert nur als sozialer Sachverhalt, Kultur oder Teil der Kultur kann nur sein, was
mehreren Menschen gemeinsam ist, ihre Elemente können nur im sozialen Austausch
erworben werden; Mensch als kultivierungsbedürftiges Wesen, kulturgesteuertes Wesen,
nicht biologisch determiniert, muss sich die eigene Welt selbst herstellen.
Macht (stehts relativ; im Bezug auf andere) ist die Fähigkeit eines sozialen Akteurs, den
Gang der Ereignisse oder die Struktur einer sozialen Organisation zu bestimmen, kann auch
gegen den Willen anderer Akteure (Macht erster Art, z. B. ein Polizist der einen
Delinquenten verhaftet) ausgeübt werden oder um ihren Willen zu bestimmen (Macht der
zweiten Art, z. B. Werbung, Staat), Macht kann von Individuen oder Gruppen ausgeübt
werden (von sozialen Akteuren), Geld verleiht eine Form von Macht, in der Soziologie ist
auch die Macht ganzer Sozialsysteme wichtig (z. B. USA – Äthiopien): gemeint ist die
Diskrepanz zwischen Niveaus der technischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
bezeichnet stets ein soziales Verhältnis, immer in Verbindung zu anderen Menschen,
Grundeigenschaft von sozialen Beziehungen, Grunddimension des sozialen Lebens: jede
Beziehung impliziert auch ein Machtverhältnis.
Funktionale Integration Eigenschaften der Sozialstruktur sind funktional miteinander
verknüpft, nicht isoliert. Was in einem Teil der Gesellschaft passiert, beeinflusst, was in
einem anderen Teil geschieht, und wird wiederum selbst davon beeinflusst. Frühe
Soziologie: biologische Analogie, Gesellschaft verglichen mit einem Organismus
(Gesellschaft aber weniger stark integriert, trotzdem beeinflussen sich die Teile
wechselseitig)
• Funktion bezeichnet den Beitrag, den jede soziale Beziehung, Position,
Organisation, jeder Wert, jede Eigenschaft einer Gesellschaft für das soziale System
als Ganzes leistet
• In einem funktional integrierten System wird jeder Teil von seinen Beziehungen zu
den anderen Teilen beeinflusst und ist von ihnen abhängig.
Ein soziales Teilsystem, welches das effiziente Funktionieren des gesamten Systems
unterminiert st „dysfunktional“.
Integration: Frage nach den Mechanismen, die Teilbereiche, Individuen miteinander in
Beziehung setzen, zu einem koordinierten Ganzen zusammensetzen
funktionale Integration: kennzeichnend für moderne Gesellschaften, welche keine zentrale
Ordnungsinstanzen kennen: welche Wirkung haben Einzelne / Teilbereiche auf die
Gesellschaft als Ganze?
Soziologie als Wissenschaft
Ziel der Wissenschaft: Verständnis der Welt erweitern und vertiefen.
Die wissenschaftliche Methode systematische Naturbeobachtung, objektive Interpretation
der Wahrnehmungen, Suche nach Kausalbeziehungen und logische Ordnung des Wissens
mittels Theorien, auch die Soziologie hat ihre Wurzeln in der „wissenschaftlichen Revolution“
des 17. Jh, zwei Grundprinzipien: empirische Beobachtung (Erwerben und verifizieren von
empirischen Daten durch die fünf Sinne ev. mit Erweiterungen) und logische Analyse
(rationale Erklärung in logischer Form) man strebt verifizierbares Wissen an (nicht auf
Autorität, Tradition oder Konsens begründetes)
durch Wissenschaften enormer Wissenszuwachs, aber nicht perfektes Wissen (immer
unvollständig, durch neue Erkenntnisse in Zweifel gezogen oder durch Wissenschaft nicht
beantwortbar) unterschiedliche kulturelle Standpunkte, Sprache, unterschiedliche Sicht der
Dinge führen zu unterschiedlichen Erkenntnissen, Herausforderung in der Soziologie:
beobachtete Gesellschaft lässt sich nicht vom beobachtenden Forscher ablösen, soziale
Realität verändert sich laufend, sozialwissenschaftliche Beobachtungen sind teilweise
Interpretationen von Menschen, die selbst ihre Realitäten interpretieren und erschaffen.
Empirische Beobachtung Beobachtungen in Daten (Informationen, die für die
Beantwortung soziologischer Fragen in besonderer Weise nützlich sind)
1) Abstraktion (relevante Merkmale abstrahieren)  2) Interpretation (Handlungen von
Individuen verstehen, ihre Motive erkennen)  3) Replikation (Untersuchung muss in
anderer Umgebung mit anderen Probanden wiederholbar sein)
Logische Analyse 1) Fragen der Untersuchung bestimmen (Analyseeinheiten als
ausdifferenzierte Teile eines grösseren, komplexeren Ganzen) 2) Ermittlung der
Beziehungen zwischen den Analyseeinheiten 3) Theorienbildung (eine Theorie ist der
systematische Versuch, Beziehungen explizit zu machen und deren Wirkungen zu erklären,
basierend auf Gesetzeshypothesen und Fakten, die durch empirische Beobachtung
gewonnen werden, im Idealfall durch Rückkehr zur empirischen Beobachtung testbar)
Soziale Tatsachen Methode der Soziologie: so viele Daten als möglich erheben, im
fortlaufenden Prozess des sozialen Lebens aus aussergewöhnlichen Ereignissen lernen
(soziale Gesetzmässigkeiten und Muster treten so hervor) soziale Tatsachen sind dabei
relativ beständige Eigenschaften der sozialen Realität, die den Handlungen der Indviduen
einen Rahmen setzen, Eigenschaften des sozialen Lebens, nicht in isolierten Individuen
lokalisierbar (BSP für eine solche Tatsache: Wirtschaft; die nicht von einer Einzelperson
konzipiert oder beherrscht wird, aber von Einzelpersonen beeinflusst werden kann, einige
Personen haben grossen Einfluss, andere sind marginalisiert, aber alle „betroffen“, anderes
BSP: Raten sozialer Phänomene, Prozentsätze von Fällen einer Population pro Zeiteinheit,
Gesamtraten enthüllen soziale Gesetzmässigkeiten, weiteres BSP: Sprache) soziale
Tatsachen sind stabil, aber nicht uveränderlich
Die Anfänge der Soziologie liegen im späten 18. und anfangs des 19. Jahrhunderts (Zeit
des sozialen Wandels, allmählicher Beginn der modernen Ära)
Drei entscheidende Faktoren: Entstehung der urbanen, kapitalistischen Industriegesellschaft
(physische und soziale Landschaft veränderten sich im Lauf der industriellen Revolution,
Land-Stadt-Wanderung änderte die traditionellen Sozialbeziehungen, eine Klasse
kapitalistischer Unternehmer verdrängt Landaristokratie), „Entdeckung“ kultureller
Unterschiede (Fernhandel, Kolonialisierung, stellt „Überlegenheit“ der westlichen Kultur in
Frage, wissenschaftliches Interesse richtet sich auf andere Kulturen und Epochen), politische
und geistige Umwälzungen (amerikanische und französische Revolution)
Sozialphilosophie besagte, wie eine Gesellschaft sein sollte; aber: Ansätze einer
Wissenschaft zu gesellschaftlichen Prozessen schon im 17. und 18. Jahrhundert
Themen der Soziologie: Prozesse des sozialen Wandels, Faktoren, die eine Gesellschaft
zusammenhalten, Ähnlichkeiten und Unterschiede verschiedener Gesellschaftstypen
Klassische soziologische Theorien (aus heutiger Sicht Begründer einer neuen
Wissenschaft, damals stand aber der praktische Nutzen im Zentrum: Probleme der
Gesellschaft lösen, evolutionistische Theorien hatten starken EInfluss)
Soziologie als enzyklopädische Universalwissenschaft: Comte, Marx, Spencer
Intellektuelle Bewältigung der grossen Transformation zwischen 1750 und 1850,
Revolutionen und Gegenrevolutionen, Modernisierung, Traditionsvernichtung als
zielgerichteter Fortschrittsprozess, mittels Analyse der Geschichte Gesetzmässigkeiten in
der Menschheitsentwicklung aufdecken (gegenwärtige und zukünftige Entwicklung erklären,
Soziologie als allumfassende Wissenschaft, Szientismus (Glaube, dass gesellschaftliche
Entwicklung dank der Einsichten der Soziologie gesteuert werden kann)
Comte: (frz. Rev.) forderte systematische Analyse der Gesetze des sozialen Lebens, mit
dem Ziel einer besseren Gesellschaft, suchte nach einem Instrument um sozialen Wandel zu
steuern verwendete als erster den Begriff „Soziologie“
Spencer: Soziologie analog zur biologischen Evolution, parallele Struktur- und
Funktionsänderungen in der Biologie und in der Gesellschaft,
Evolutionstheorie hat allgemein grossen Einfluss auf die frühe Soziologie
Erst Mitte 19. Jahrhundert wurde die Soziologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin
an europäischen Universitäten anerkannt, seit Anfang des 20. Jh waren US-amerikanische
Wissenschaftler wichtig in der Soziologie
Adam Smith: interessierte sich für die Kräfte, die eine Gesellschaft zusammenhalten (für ihn
sind nicht Macht und Autorität des Herrschers dabei zentral für Kohäsion, sondern
funktionale Integration durch Marktkräfte und wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeit),
nach seiner Argumentation führen durch Eigennutz motivierte Entscheidungen zur effizienten
Produktion und damit zum Anstieg des gesellschaftlichen Wohlstandes, Wettbewerb als
„unsichtbare Hand“, die Wirtschaft steuert
Jeremy Bentham: Mensch will überall Lust maximieren und Schmerz minimieren, gegen
Smith Ansicht (Eigennutzen wird addiert zu Gesamtwohl), grösstes öffentliches Wohl
(entspricht nach ihm dem grössten Nutzen zu den geringsten Kosten) durch „sichtbare
Hand“, durch wissenschaftlich geplantes Regierungshandeln, Kooperation zwischen sozialen
Akteuren nicht selbstverständlich (Konflikte)
Rational-Choice-Ansatz: nach Smith und Bentham, noch heute einflussreich, individuelle
Entscheidungen sind wichtig für die Ausprägung sozialer Tatsachen, angewendet auf
Marktentscheidungen, individuelle Entscheidungen, ebenfalls wichtig für Analysen staatlicher
Politik (Gewinner und Verlierer eines neuen staatlichen Programms ermitteln) Kritik an der
Theorie: Soziale Gesetzmässigkeiten und Muster lassen sich nicht als Aggregat individueller
Handlungen erklären)
Karl Marx: (Spaltung in Klassen mit unvereinbaren Interessen, Klassenkampf) wichtigstes
Merkmal der Industriegesellschaften: die kapitalistische Struktur (Produktionsmittel in
Privatbesitz zur Erzielung von Profit) nach Marx ist der Kapitalismus sehr produktiv, breitet
ich schnell aus, aber auch eine für Krisen anfällige Wirtschaftsform, staatliche Macht wichtig
um Wirtschaftssystem aufrecht zu erhalten und allfällige Rebellen zu verhindern,
Zeitgenossen von ihm akzeptierten seine Theorien nicht vollständig, viele unterstützten aber
die These, dass kapitalistische Sozialstruktur zu einer ungleichen Machtverteilung in der
Gesellschaft führt und das Individuen als einzelne schwach sind, aber an Stärke gewinnen,
wenn sie sich kollektiv organisieren
Soziologie als akademische Disziplin und universitäres Lehrfach: Durkheim, Weber,
Pareto
Geschichte nicht mehr als auf ein Ziel gerichteter Fortschrittsprozess (Ende der
Fortschrittsgewissheit), Dynamik der Moderne; „das Neue“, dessen Quelle das Individuum
wird: gestaltendes Subjekt und gestaltetes Objekt der Gesellschaft gleichzeitig (nicht mehr
Menschheitsentwicklung steht im Zentrum, sondern Verhältnis Individuum-Gesellschaft),
Bedeutung des subjektiven Erlebens und der Grenzen der Rationalität (neben rationalen
auch irrationale Komponenten des Interesses eines Menschen)
Ziel der Soziologie nicht mehr die umfassende Erklärung und Prognose der
Menschheitsgeschichte, sondern ein Beitrag zum Verständnis einer komplexen,
widersprüchlichen gesellschaftlichen Wirklichkeit)
Soziologie als akademische Fach- und Einzeldisziplin mit spezifischen Methoden und
abgegrenzten Wirklichkeitsbereichen
Emile Durkheim: gegen die marxsche Theorie, dass Ökonomie die Basis der Sozialstruktur
sei und gesellschaftliche Spaltung in Klassen damit unvermeidlich, war ebenfalls an Kräften
interessiert, die Gesellschaft zusammenhalten, nach ihm die soziale Solidarität
Max Weber: soziale Tatsachen mit wissenschaftlichen Methoden analysieren, für Weber
(nicht wie bei Durkheim) sind soziale Tatsachen schlicht das aggregierte Resultat der
sozialen Handlungen von Individuen Soziologie als „deutendes Verstehen“ der Ursachen,
subjektives Situationsverständnis, „Verstehende Soziologie“ (Standpunkt des Akteurs
verstehen etc.) Kritik: bei Weber: Generalisierungen über Typen grosser Organisationen
George Herbert Mead: Fokus auf die subjektive Erfahrung der Individuen und die daraus
entstandene gemeinsame Definition einer Wirklichkeit (Sozialpsychologie),
mikrosoziologisch, untersuchte anthropologische Grundlagen und Entwicklung der
Kommunikationsfähigkeit und Interaktion
Moderne Soziologische Theorien: (soziologische Klassiker als „retrospektive
Konstruktion“) Talcott Parsons’ Grand Theory: Bildung dieses Kanons der klassischen
Soziologie (begründet auf Durkheim, Weber und Pareto), entwickelte Theorie: die Rolle der
Normen und Werte für das menschliche Handeln und Entstehung und Gewährleistung
sozialer Ordnung wichtig, Kritik an Rational-Choice-Ansatz und nutzenorientiertem Handeln,
(gescheiterter) Versuch einer einheitlichen soziologischen Theorie (sein Ansatz: rationale
Wahlhandlungen, ökonomisches Handeln nur ein Spezialfall des sozialen Handelns, Markt
ein Spezialfall der Vergesellschaftung, Ökonomie folglich nur ein Teilbereich der Soziologie)
Nach dem 2. WK übernahm die amerikanische Soziologie (Parsons Theorie) eine weltweit
führende Rolle (unter dem Begriff des Strukturfunktionalismus, zwischen 1945 und 1960),
Kritik am Strukturfunktionalismus: Gegensätze und Konflikte in einer Gesellschaft werden
oft (wie die marxistische Tradition ebenfalls) ausgeblendet, Idividuum als gestaltetes
Element, nicht aber als mitgestaltendes Subjekt
Soziologie gegen Ende der 60er in rapidem Aufschwung, geriet mitten in kulturelle
Umwälzungen, Bild: Soziologie ist seither kein einheitliches Fach mehr, „Zersplitterung“,
gegenwärtig: Synthesen aus verschiedenen Theorien, Bemühung zu Koexistenz.
Theoretische Arbeit: abstrakte Fragen wie z. B. nach dem genauen Charakter menschlichen
Handelns, Grundformen sozialer Ordnung etc., Problem der Sozologie: Kluft zwischen
Theoretikern und empirischen Forschungsarbeiten
Thematischer Schwerpunkt in der Aktualität: Gender, geschlechterspezifische Soziologie
Soziologie als Fachdisziplin: Zwei wegleitende Ansätze
Durkheim: Soziologie als Wissenschaft von den sozialen Tatsachen, vergleichbar mit
Naturwissenschaften, Objekt der Betrachtung hat Gegenstandscharakter, d. h. existiert
unabhängig vom Menschen, Ziel: soziale Tatsachen aus dem Alltag isolieren, beobachten,
messen, Logik und Funktion für die Gesellschaft als Ganzes erklären
Methodologischer Holismus: Primat der Gesellschaft, soziale Phänomene aus dem Kontext
der Gesellschaft erklären
Weber: Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln, untersucht nicht primär Fakten
und Tatsachen, sondern Vorstellungen, Bedeutungen und Interpretationen, welche
Menschen haben, methodologischer Individualismus: Primat des handelnden Individuums,
soziale Phänomene unter Einbezug der handelnden Individuen erklären, Soziologie als
geistes-historische Wissenschaft.
Vier Paradigmen:
Holismus
Strukturfunktionalistisches Paradigma; Tradition von Comte Spencer,
Durkheim und Parsons
Materialistisches Paradigma (Tradition von Marx)
Individualismus
Interpretatives Paradigma (Weber, Mead)
Ökonomisches Paradigma und elementare Verhaltenstheorie (rational
choice)
3. Vorlesung (Lektüre Kap. 2 Joas): Das Wissen von der Gesellschaft
Vorgehensweise der Soziologen, um Antworten auf offene Fragen zu erhalten (wie werden
Informationen gesammelt, Hypothesen aufgestellt, Aussagen auf Wahrheitsgehalt überprüft,
sind die jeweiligen Erkenntnisse verallgemeinerbar), welche Art von Wissen strebt die
Soziologie an?
Quantitative Forschung quantifizierbare Informationen durch repräsentative Befragung
(grosse Zahl Befragte soll jeweilige Population möglichst gut „abbilden“) mit oft
standardisierten Fragen (ermöglicht Vergleich der Antworten) und vorformulierten Antworten
Theoriebezug zu Naturwissenschaften, rational choice, etc.
Nomothetisch: von Raum und Zeit unabhängige Gesetze formulieren, ahistorisch
Erkenntnisziel: Formulierung von wenn-dann-Aussagen nach bestimmten Aforderungen
Forschungsverfahren: Erfassung von Kriterien, die vorgängig festgelegt werden,
Generalisierung durch repräsentative Zahl von Fällen
Defizite: Problematik des Gesetzesbegriffes, nicht verstandene statistische
Regelmässigkeiten, Scheinkorrelationen etc.
Qualitative Forschung: hermeneutisch-interpretatives Wissenschaftsverständnis will
verstehen (Motive, Anlässe, Gefühle etc.), intensive Befragung (Gespräch) „offenes“ anstelle
von standardisiertem Interview
Theoriebezug: Geisteswissenschaften, interpretatives Paradigma (symbolischer
Interaktionismus und Phänomenologie)
Idiographisch: historisch, verstehen, beschreibend und wertend
Erkenntnisziel: Rekonstruktion und Verstehen von Sinnsetzungsprozessen und
Bedeutungszuschreibungen, Nachvollzug von Motiven und Intentionen
Erklärungsstrategie: deutendes Hineinversetzen, Nachbilden, Nacherleben und
Interpretieren von Sinnsetzungsprozessen
Qualitative Forschungsverfahren: vollständige Beschreibung, Prozesscharakter etc.
Defizite: Mangelnde Explikation und Dokumentation der Interpretationsregeln, der
Randbedingungen (Eingeschränkte intersubjektive Überprüfbarkeit)
Beide Strategien: Datenerhebung, Informationsgewinnung mit verschiedenen Methoden, zur
Datenauswertung haben beide Strategien verschiedene Ansätze entwickelt, unmittelbare
Erkenntnisziele der beiden Strategien sind unterschiedlich, doch ihre Methoden können sich
ergänzen (sind nicht widersprüchlich, die jeweiligen wissenschaftlichen Positionen, die damit
verknüpft sind, werden als gegensätzlich angesehen: in der Wissenschaftstheorie, die sich
setzt mit Möglichkeiten und Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis, Kriterien für Qualität und
Überprüfbarkeit auseinandersetzt, haben sich unterschiedliche Traditionen entwickelt:
„verstehen“ (qualitativ) gegen „erklären“ (quantitativ)
Gegenstandsbezug: Besonderheit der Soziologie im Vergleich zu Naturwissenschaften etc:
Alltagsthemen, Vertrautheit ermöglichen Anknüpfungspunkte, aber auch Hindernisse,
Soziologie stellt einen Teil der Gesellschaft dar, die sie untersucht, ist quasi in eigenes
Objekt der Betrachtung eingebunden. Der Gegenstand ihrer Untersuchungen verändert sich
laufend. (und z. B. muss ein Forscher sein eigenes Handeln und Wirken bedenken, er
kommuniziert mit dem Objekt seiner Betrachtung, nicht wie ein Physiker), auch
soziologische Beobachtungen sind als solche unerkannt möglich, häufiger aber werden sie
durch Interaktion erreicht. Nicht nur einzelner Forscher steht in Beziehung zu dem Objekt,
sondern die ganze Soziologie als institutionalisierte wissenschaftliche Disziplin steht mit
Gesellschaft in reflexivem Verhältnis,
Soziologie hat anderes Verhältnis zu ihrem Gegenstandsbereich als Naturwissenschaften,
unklar ist, welche methodologischen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind.
Konzepte wissenschaftlichen Erklärens und Verstehens
Verschiedene Theorien um Ereignisse, Sachverhalte zu erklären (ein Ereignis B wird auf ein
vorangegangenes Ereignis A zurückgeführt, oder im alltäglichen Gebrauch: es werden z. B.
Verhaltensregeln „erklärt“), zwei Grundmodelle
• Pattern model: in einen Sinnzusammenhang ordnen (qualitatives erklären),
Deutungswissen
• Deductive model: als zwingende Folge eines bestimmtem Sachverhalts (quantitative
Forschung: deduktives Erklären), deduktive Beziehungen finden, technologisch oder
strategisch umsetzbares Wissen
Diese beiden Modelle schliessen sich nicht aus, spezifische Forschungsvorhaben stützen
sich aber primär auf eines der beiden.
Deduktiv-nomologisches Erklärungsmodell; Quantitative Forschungsstrategie
Zentral: wenn-dann- bzw. je-desto-Aussagen mit intersubjektiv überprüfbaren
Zusammenhängen: nomologisch von grie. Nomos (Gesetz) und Deduktion: logischer
Schluss aus Bedingungen.
Hempel/Oppenheim H/O-Modell: Hempel und Oppenheim haben formale Eigenschaften und
Kriterien entwickelt, die Aussagen erfüllen müssen, um mit deduktivem Schluss zu einer
gehaltvollen Erklärung zu werden: Explanandum (das zu erklärende Ereignis), Hypothese
(oder auch Wenn-dann-Aussage, in diesem Ansatz hat dies den Status eines Gesetzes oder
einer gesetzesartigen Aussage, der zweite Fall wenn man von der Unwahrheit der Aussage
ausgeht), Anspruch der universellen Gültigkeit: zeitliche und räumliche Unabhängigkeit ist
eine formale Voraussetzung (formuliert notwendige Verbindung zwischen These und
Explanandum aus, nicht zufälliges Ereignis)
nach H/O-Modell ist ein Explanandum erklärt, wenn es sich aus einem Gesetz mit Hilfe
einer oder mehrerer so genannter Rand- oder Antezedenzbedingungen deduzieren (logisch
ableiten) lässt. (mit diesen Bedingungen drückt man aus, dass „Ursache“ oder „Sachverhalt“
gegeben ist)
Subsumptionsmodell der Erklärung: erklärungsbedürftiger Sachverhalt unter allgemeines
Gesetz subsumiert
Gesetzesbegriff und Wahrheitsanspruch: Deduktion nur ohne zeitliche und räumliche
Einschränkung möglich, und keine zufällige Koinzidenz, sondern notwendiges
Zusammentreffen, aber auch nicht unbedingt Kausalität. (also Korrelation aber nicht
Kausalität). Ein Gesetz AB kann nie zweifelsfrei bewiesen werden, also nicht verifizieren
aber falsifizieren ist möglich: wenn Antezedenzbedingungen gegeben sind, Ereignis aber
nicht eintritt ist Aussage widerlegt (andernfalls wäre sie „bestätigt“) Falsifikation von
Hypothesen ist ein wichtiger Bereich der Wissenschaft
Theorien und statistische Erklärungen: Explananda sind häufig nur mit umfangreicheren
Theorien (aus verschiedenen Gesetzen, Aussagen mit logischen Ableitungen) erklärbar,
bis jetzt wurden Gesetze und Aussagen deterministisch verstanden (also immer wenn A ,
dann B) in diesem Falle kann sich eine Falsfizierung auf eine Aussage stützen, trotzdem gilt,
dass eine Hypothese oder Theorie erst verworfen wird, wenn sie durch eine besser bewährte
ersetzt werden kann. Hypothesen können auch probabilistisch aufgefasst werden (wenn A
dann B mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, B wahrscheinlicher als Nicht-B,
Explanandum wird nicht deduziert sondern mit Wahrscheinlichkeit vershen Statistik) liefert
instrumentell verwertbares Wissen (strategisches Handeln)
Erklärung durch Sinnverstehen: Qualitative Sozialforschung
Weber: Soziologie sei „eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und
dadurch in seinem Ablauf iund in seinem Wirkungen ursächlich erklären will“ („Verstehen“
von Sinnzusammenhängen bei ihm als „Erklären des tatsächlichen Ablaufs des Handelns“)
„kausal gültige Deutungen“: im Idealfall eine Wahrscheinlichkeitsregel, dass auf einen
bestimmten Vorgang ein bestimmter anderer folgt (steht nicht unbedingt im Gegensatz zu
H/O-Modell, trotzdem entwickelte sich die „Verstehensmethodologie als gegensätzlich zum
deduktiv-nomologischen Modell). Grundzüge der Verstehensmethodologie sind aber weitaus
schwieriger zu erklären, weil verschiedene Varianten bestehen und sie nicht normiert oder
standardisiert sind, aber: erklären durch erfassen der subjektiven Perspektive der Akteure
(also durch intensive Befragung oder Beobachtung, aber beschränkt auf kleine Anzahl
Personen, deshalb „Kriterium der Variabilität“ wichtig: repräsentative Auswahl der Befragten).
Zentral sind beim Ansatz zum Sinnverstehen, also hauptsächlich bei der qualitativen
Forschung, auch die jeweilig eigenen Deutungen und Erklärungen der Akteure, liefert
identitätsbildendes Deutungswissen (kommunikatives Handeln).
„Erklären“ und „Verstehen“: Zwischenbilanz: beide Ansätze haben übereinstimmende
aber auch voneinander abweichende Aspekte (z. B. Auswahl der Individuen nach
quantitativer Forschung zufällig, wobei in der qualitativen (nach dem kritischen
Rationalismus) eine nach Merkmalen ausgerichtete gezielte Auswahl vertretbar ist). Der
zweite Ansatz leistet jedoch mehr (fördert Fremd- und Selbstverstehen, analytische
Interpretation, Darlegung der subjektiven Perspektive), während der erste Ansatz sich auf
Entdecken und Beweisen von Hypothesen konzentriert (also Reduktion von
Handlungsmotiven auf entweder rationale Nutzensabwägung oder reflexartiges Handeln wie
im ersten Ansatz ist nicht erlaubt im zweiten Ansatz). Die verschiedenen Arten von Wissen
die jeweils gewonnen werden sind relevant für verschiedene Anwendungssituationen.
Max Weber: die Verbindung von Erklären und Verstehen
Empirische Sozialforschung muss auch verstehen (nicht wie Nat.Wissenschaften), da sie
sich mit denkenden, interpretierenden etc. Individuen beschäftigt
Deuten: Sinn eines sozialen Handelns nacherlebend verständlich machen
Verstehen: Bedeutung und Funktion vom sozialen Handeln in Sinnzusammenhang erfassen
Erklären: mögliche Ursachen prüfen, sinnhaft und kausal adäquat erklären
Sinnhaft adäquat: in Sinn und Bedeutung nachvollziehend verstandener Handlungsverlauf
Kausal adäquat: in der Realität mit hoher Wahrscheinlichkeit beobachtbare Regelmässigkeit
eines Handlungsverlaufs
Aufgabe der Sozialwissenschaften: soziales Handeln deutend verstehen und ursächlich
erklären
Interpretatives Paradigma und Hermeneutik: Verstehen: Vorgang, der einer Erfahrung
Sinn verleiht, Sinn: subjektives Bewusstsein bezieht Erfahrung auf etwas anderes
(Verweisungszusammenhänge, die Handlungen, Personen, Zukünftiges, Vergangenes etc.
in verschiedenen Arten aufeinander beziehen, Bedeutungsrelationen, funktionale
Zusammenhänge, Ursache-Wirkung etc.) diese Art des Verstehens ist alltäglich und gehört
in der Soziologie zu den Konstruktionen erster Ordnung, daraus entwirft der
Sozialwissenschaftler Konstruktionen zweiter Ordnung, diese sind kontrollierte
methodisch überprüfte und überprüfbare, verstehende Rekonstruktionen der Konstruktionen
erster Ordnung. doppelte Hermeneutik (ursprünglich: die Kunst der Interpretation,
Geisteswissenschaften mit Verstehen und Interpretieren andere Methodik als
Naturwissenschaften)
warum untersucht Soziologie mit Konstruktionen zweiter Art? Grundlagentheoretische
Positionen: existenzielle Phänomenologie von Alfred Schütz, Symbolischer Interaktionismus
von Mead (drei Prämissen: 1. Menschen handeln auf Grundlage von zugeschriebenen
Bedeutungen, 2. Bedeutungen werden erlernt, natürliche Situationen zur Beobachtung sind
künstlich arrangierten vorzuziehen, 3. In jeweilige Handlungssituation ein Deutungsmuster
einbringen interpretatives Paradigma von Wilson: Menschen handeln im Alltagsleben auf
der Basis von gemeinsamen Bedeutungen, daraus folgt, dass ein Forscher die Perspektive
des Akteurs in einer konkreten Situation einnimmt und dieselbe Methode anwenden.
Dokumentarische Interpretation: jede beobachtbare Erscheinung als ein „Muster“ ansehen
(z. B. Sätze eines Gesprächs als Streit oder als Diskussion)
Hermeneutischer Zirkel: Text soll Bedeutungen vermitteln, die der Leser nur mit Vorwissen,
oder andere Interpretation als der Verfasser beabsichtigt hatte.
Differenz von Natur- und Geisteswissenschaften Hintergrundwissen zu Hypothesen
unterscheidet sich in den beiden Wissenschaftsformen entscheidend, in der Soziologie ist
Hintergrundwissen strittig; „Verträglichkeitsthese“ von Stegmüller: intentionale Tiefenanalyse
und nomologische Methode müssen differenziert werden, schliessen sich aber nicht
gegenseitig aus
Forschungsprozess im Überblick Methoden um an Informationen zu gelangen, vor allem
in der quantitativen Forschung wird nach folgendem Schema vorgegangen:
1. klare Problemdefinition und Literaturrecherche
2. Wahl eines Forschungsdesigns: welche Daten, Untersuchungseinheiten, Fallstudie
(Einzeluntersuchung) oder repräsentative Untersuchung, Feldforschung (Akteure in
natürlicher Umgebung untersuchen) oder Laborexperimente, Querschnitterhebung
(einmalige Erhebung in bestimmtem Zeitraum) oder Längsschnitterhebung (wiederholt),
Panel-Studie (Personen mehrmals interviewt), Analyse von Zeitreihen, Prozessanalysen
(retrospektive Befragung), Kohortenanalysen (bei unterschiedlichen Altersgruppen),
Sekundäranalyse (vorhandene Datensätze erneut analysieren)
qualitativ: Feldforschung, Fallstudie und Prozessanalyse
quantitativ: Bevölkerungsumfrage (Häufigkeitsverteilungen in der Bevölkerung, darauf
statistische Analyseverfahren)
3. Operationalisierung von Begriffen und Hypothesen (z. B. überprüfbare Hypothesen im
Vorfeld formulieren) bei der qualitativen Forschung nicht die Norm, aber bei quantitativer:
Kausalhypothesen entwickeln und überprüfen, Indikator (Verbindung Konstrukt und
beobachtbarer Sachverhalt, das Herstellen dieser Verbindung nennt man
Operationalisierung), Problem der Gültigkeit: Kann man den ausgewählten Indikator auf das
gewählte theoretische Konstrukt anwenden? Problem der Zuverlässigkeit: Würde bei einer
Wiederholung dasselbe Resultat erzielt? ( quantitative Forschung: Reliabilitätskoeffizient
4. Datenerhebung
5. Datenanalyse
6. Schlussfolgerungen und Forschungsbericht: Zusammenfassung, Vergleich etc.
Problem der Theorie und Empirie Verschränkung von diesen beiden Ansätzen ein
schwierig einzulösendes Ideal
-grosse Theorien (Durkheim, Marx etc) scheitern nicht an der Realität, weil sie zu allgemein
formuliert sind, Lösung: middle range theories als System von empirisch überprüfbaren
und theoretisch begründeten Hypothesen
-theoretische Aussagen unterbestimmt, Bedeutungszuschreibung variiert
-empirische Sozialforschung entwickelte ich weitgehend unabhängig von Theorien
-Verwaltungsstaat im 17. Jh, Demographie
-grosse Erhebungen zur Lage der Bevölkerung im 19. Jh, nach 1850
-zwischen 1850 und 1920 im Rahmen der universitären Moral- und Sozialstatistik
-ab 1920 mit Statistik als eigenständiger sozialwissenschaftlicher Fachbereich
Der Forschungsprozess: theoretische Explikation des Problems (Wissensgegenstand,
Konzeptualisierung einer Untersuchung Methode, Stichprobe, Auswertung), systematische
Kontrolle und Dokumentation aller Schritte und Entscheide Überprüfbarkeit, Geltung
Entdeckungszusammenhang (wertgebunden): Ziel und Motivation der Untersuchung, nicht
kontrolliert oder systematisch, von Interessen geleitet Exploration: Wissensstand und
Eingrenzung der Problemstellung: Festlegung des Gegenstandes, Abgrenzung,
Formulierung der Fragestellung, Problem- und Gegenstandsbenennung in wissenschaftlicher
Form (was, in welchem Zeitraum, mit welchen Daten, welcher Datenzugang)
Begründungszusammenhang (wertfrei): systematische, kontrollierte, begründete,
dokumentierte Entscheide intersubjektive Überprüfung. Angewandte Forschungsregeln,
Instrumente, Datenerhebung, -verarbeitung, -analyse, regelgeleitete Interpretation,
Forschungsdesign: Wahl der Methode und Untersuchungseinheit, Darstellung der Resultate,
Diffusion der Resultate durch Publikation, Wirkung und Verwendung der Resultate
Häufige Fehler: theoretisch nicht begründeter Einbezug von Variablen (implizite Gesetze),
keine Hypothesen oder Erklärungen, keine theoretische Begründung für Zusammenhände
(die mittels statistischer Prüfkriterien festgestellt wurden)
Vom Begriff zur Messung: deskriptive Begriffe: direkt beobachtete Sachverhalte z. B.
Personen und Gegenstände; theoretische Begriffe: nicht direkt beobachtbar: Bildung, soziale
Schicht, Wohlstand, Zufriedenheit etc.
Operationalisierung von theoretischen Begriffen: 1) Dimension festlegen 2)
Indikatorenbildung: beobachtbare und messbare Merkmale festlegen, welche den Begriff in
verschiedenen Dimensionen abbilden; fundamentales (Zuweisung ergibt sich aus dem
Objekt) und normatives Messen (Zuweisung erfolgt nach Regeln), Skalierungen
(Messniveaus: nominales, ordinales, intervall- und rationales Messen) 3) homogenes und
multiples Indikatorenuniversum 4) Ausprägung der Indikatoren und deren Messung festlegen
5) Validität des Indikators 6) Reliabilität des Indikators prüfen
Rolle des Sozialforschers: keine Bewertung während Untersuchung, eigene Werte und
Normen reflektieren und kontrollieren, „going native“ vermeiden, Blick von Aussen (ohne
Interessensverbindung)
4. Vorlesung (Lektüre Kap. 5 Joas): Sozialisation
Sozialisation: Prozess des Erlernens von Fähigkeiten gesellschaftsfähiges Individuum
Vergesellschaftung und Individualisierung des Einzelnen gleichzeitig
Anthropologische Vorbedingungen: Bedeutung von Sozialisationsprozessen für
menschliche Entwicklung
-Formbarkeit des Menschen: Mensch im Gegensatz zu Tieren in eines sich wandelnden
Umwelt, diese Besonderheiten sind durch Instinkte allein nicht zu bewältigen lernen
-„Instinktreduktion“ oder „Formbarkeit“ und „Weltoffenheit“, Persönlichkeit kommt erst durch
Sozialisation zustande
Formbarkeit des Menschen, Weltoffenheit, zweite „sozio-kulturelle“ Geburt
Verhältnis Anlage-Umwelt: „zweiter Geburtsvorgang“ baut auf Anlage und Erlernen auf
-Soziobiologie (Anlagetheorie): wichtiger sind die biologischen Anlagen, sogar bestimmte
Bestandteile unseres sozialen Verhaltens auf Anlage zurückführen
-Umwelttheoretiker (auch Soziologie): Anteil der Umwelt höher, Verweis auf Variabilität
Anlage-Umwelt Frage hat politische Konsequenzen (erster Ansatz: Klassen als natürlich,
Selektion und Sozialdarwinismus, zweiter Ansatz: Ungleichheiten haben gesellschaftliche
Ursachen)
Wechselwirkung zwischen einer Vielzahl von organischen und sozialen Bedingungen
über einen längeren Zeitraum (z. B. Sprachfähigkeit generell, welche Sprache konkret)
Bedeutung der frühen Kindheit: Familie als wichtigste Sozialisationsinstanz (weil Einflüsse
in der frühen Kindheit wichtig sind) Deprivationsstudien: Mangel an sozialen Anregungen
seitens der Umwelt kann zu Störungen führen
Sozialisation und Gesellschaft:
Sozialisatorischer Einfluss der Gesellschaft: Gesellschaft spielt in der Sozialisation eine
wesentliche Rolle (unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen führen zu unterschiedlichen
„Ergebnissen“, unterschiedliche Zeiten auch, BSP: Enkelkinder-Grosseltern), Aspekte des
Sozialisationsbegriffes: situative Randbedingungen, sozialisatorisches Lernen besteht nicht
aus einseitiger kausaler Einflussnahme der Umwelt auf ein passives Kind, sondern
Interaktion (Kind selbst hat aktiven Anteil) drei relevante Dimensionen: materiell (und haben
physische Eigenschaften), symbolische Bedeutung im Kontext der jeweiligen Kultur,
Menschen und deren Erwartungen drei sehr unterschiedliche Gegebenheiten, die zu
unterschiedlichen Erfahrungen und Anforderungen führen
Sozialisation: lernen sich in der Gesellschaft zu orientieren, findet nicht nur unter dem
Einfluss von pädagogischen Institutionen statt, sondern in allen gesellschaftlichen
Situationen, durch Interaktion
Sozialisationsinstanzen: verfolgen in der Regel keine pädagogische Absicht, also
Unterschied Sozialisation – Erziehung (intentionales, zielgerichtetes und geplantes Handeln
von gebildetem Personal in einem institutionellen Kontext) dagegen Sozialisation als die
Gesamtheit aller Lernprozesse (aufgrund der Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt)
stattfinden, gleichgültig ob geplant oder nicht. Erziehung ist Teil des Sozialisationsprozesses,
aber letzterer ist der weitere Begriff. Dieser Prozess ist nicht planbar, ergibt sich aus der
Gesamtheit der gesellschaftlichen Lernprozesse in verschiedenen Kontexten, die
Sozialisatorischen Einflüsse der Gesellschaft sind aber nicht sehr eindeutig, können sogar
widersprüchlich sein, finden nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt dar, sondern dauern das
Leben lang (dabei ist das Individuum nicht bloss passiv, dies führt zu einer komplexen
Wechselwirkung zwischen verschiedenen Erfahrungen, lernendes Subjekt als komplexes
System; Psychologie), keine einheitliche Theorie zur Sozialisation
Sozialisation und soziale Ungleichheit: Sozialisation verläuft in verschiedenen
Gesellschaften sehr unterschiedlich ab, hängt von der konkreten sozialen Lebenswelt ab (in
modernen Gesellschaft gibt es eine Vielzahl davon: unterschiedliche Werte-,
Normensysteme etc.), Differenzierung Land – Stadt (relativ stabiles Netz sozialer
Beziehungen, Kinder mit aktiver Rolle in überschaubarer Umgebung, Traditionalität auf dem
Land gegen andere äussere Umwelt, nicht einheitlicher Raum, sondern lauter Inseln, soziale
Beziehung definiert durch Funktion, höheres Mass an Abstraktion, Symbole, erhöhte
Kommunikation in der Stadt), Differenzierung nach Sozialisationsbedingungen (Schichtung
der Gesellschaft, Eltern übertragen ihr Verhalten auf Kinder, grundlegende Differenz
zwischen Wertesystem anhand der Lebenslage der Eltern, z. B. Sprachgebrauch), dritte
Differenzierung nach Geschlecht (auch unbeabsichtigte Sozialisation nach Rollen)
Gilligan: geschlechterspezifische Sozialisation
Bedeutung der Sozialisation für die Gesellschaft: Basis aller Gesellschaften ist das
soziale Handeln (erfordert Kenntnisse im Umgang mit der jeweiligen materiellen Wirklichkeit,
die Fähigkeit der Menschen effektiv zu interagieren; diese Fähigkeiten müssen im
Sozialisationprozess erworben werden und hängen von den konkreten Bedingungen ab),
grundlegende Voraussetzung für soziales Handeln ist ein Konsens (wer soll was wie tun,
Übereinstimmung der Betrachtung der sozialen Lebenswelt, der allgemeinen Werte und
Verhaltensnormen; in totalitären Systemen können diese aus Angst vor Sanktionen
angenommen werden, oder unter einem „sanften Zwang“ wenn diese Gemeinsamkeiten
verinnerlicht sind oder unter dritter Möglichkeit Konsens frei ausgehandelt Piaget.
Minimale Bedingungen für das Funktionieren einer Gesellschaft, die Individuen durch
Sozialisation erwerben), durch Sozialisation entstehen auch Ungleichheiten zwischen
Menschen, Gesellschaft offensichtlich kein homogenes Ganzes, sondern Struktur oder
System mit unterschiedlichen Beziehungen, Positionen, Funktionen etc., die Fähigkeiten die
in einer bestimmten Funktion erwartet werden, erwirbt man über Sozialisation, also weist
diese einen gemeinsamen und einen jeweils unterschiedlichen spezifischen Anteil auf,
Problem der Allokation: ausgebildete Individuen fehlen oder nicht genügend
Arbeitsmöglichkeiten für Ausgebildete, Diskrepanzen auf dem Arbeitsmarkt, ein weiteres
Problem sind die Ungleichheiten der Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung, an
Macht, Ressourcen und Lebenschancen etc, die durch unterschiedliche Sozialisation
entstehen können.
Bedeutung der Sozialisation für sozialen Wandel: Kritik am Strukturfunktionalismus (der
Sozialisation kommt nur die Bedeutung einer Vorbereitung auf eine bestimmte Funktion zu,
nach Parson) wegen abweichendem Verhalten (vorgegebene Normen werden nicht
befolgt) könnte mit der strukturfunktionalistischen Ansicht sozialer Wandel nicht erklärt
werden, Funktion für die Gesellschaftstheorie besteht also nur zum Teil daraus, dass dieser
Begriff das Funktionieren einer bestimmten Gesellschaft zu einem bestimmten historischen
Zeitpunkt erklärt, vielmehr geht es um die Frage, welche Auswirkungen in der Gesellschaft
tatsächlich (ungeplant) eine sozialisierte Generation später in entsprechenden Positionen
handelt weitere gesellschaftliche Entwicklung hängt also wesentlich von der früheren
Sozialisierung der gesellschaftlichen Akteure ab.
Sozialisationsbegriff kann auch retrospektiv verwendet werden(zur Analyse historischer
Ereignisse, z. B. Nationalsozialismus und autoritäre Sozialisation)
Sozialisierung dient also keineswegs, wie Strukturfunktionalismus behauptet, zur
Erhaltung eines Systems, sondern kann auch zu dessen Auflösung führen.
Instanzen der Sozialisation in der Kindheit: verschiedene Instanzen mit unterschiedlichen
Einflüssen und Zielen (latente Funktion: Normen etc. die unbewusst weitergegeben
werden), Sozialisation hat keinen genauen Weg, (oder Ziel) wichtigste Instanzen in der
Kindheit sind Familie, Schule, Gleichaltrige und Massenmedien (relative Bedeutung variiert
nach Gesellschaft, Struktur etc.)
Familie (primäre Sozialisation): erste soziale Umwelt (in der Moderne übernimmt z. T. die
Schule diese Aufgabe, Probleme), Fernsehen hat grossen Einfluss auf Rolle der Familie im
Prozess, Familie bleibt aber primäre Sozialsationsinstanz, persönliche Beziehungen,
Normen und Werte, Zusammenleben in einer Gruppe, erkennen von Ungleichheiten in
Grösse, Erfahrung, Toleranzgrenzen, Übergangsphasen und Veränderungen der
Familienstruktur, kultureller Hintergrund der Eltern Familie führt Kind in eine Position in der
Gesellschaft
Gleichaltrige (peers): erste Erfahrungen in gleichberechtigten Beziehungen (Beziehungen
Kinder-Erwachsene immer asymmetrisch) peer-groups idealer Rahmen für das Erlernen von
Normen, Reziprozität etc. Konzept der Freundschaft, Massstab für eigenes Verhalten und
zur Bewertung der Verhaltensweisen anderer. Grundschule: Sozialisation in
gleichgeschlechtlichen Gruppen, frühe Adoleszenz: Abgrenzung von Eltern, späte
Adoleszenz: Sozialisation der Peer-Group und Familie verläuft oft parallel
interkulturelle Unterschiede zwischen Peer-Groups
Massenmedien: wichtige Sozialisationsinstanzen (Probleme: z. B. Vermittlung von
Stereotypen, Unterentwicklung der Sprache etc.) positive Effekte: soziales Verhalten wie
Teilen oder Interagieren fördern, nicht nur passiv
Schule (sekundäre Sozialisation): Ziel Bildung und Erziehung, aber Sozialisation als
„heimlicher Lehrplan“, Regeln akzeptieren, zwar formelle Gleichheit, aber soziale
Differenzierungen
Problem: heute stattfindende Sozialisation nicht angemessen für Zukunft
Sozialisation im Erwachsenenalter (Tertiäre Sozialisation): (galt lange Zeit als blosse
Ergänzung) Anpassung an sozialen Wandel, jede Veränderung bringt neue Sozialisation mit
sich (z. B intensiv: Einwanderung in anderes Land, „zweite Kindheit“, Kinder auch Einfluss
auf Sozialisation der Eltern), „Resozialisierung“ wenn dies gegen frühere Sozialisierung
geschieht
Berufliche Sozialisation: berufliche Sozialisation, nach Arbeit spezifisch, antizipatorische
Sozialisation (Vorbereitung): Widerstand gegen Veränderungen akzeptieren, mehrdeutige
Situationen am Arbeitsplatz, menschliche Organisation mit Schwächen
Wahlmöglichkeiten und Konstruktion der persönlichen Identität: Sozialisation variiert
nach verschiedenen Gruppen (Alter, Geschlecht etc.) aber auch innerhalb dieser Gruppen
Sozialisation als Aufbau einer persönlichen Identität, fortlaufender Prozess
Funktionen der Sozialisation: Handlungsfähigkeit, Integration, Persönlichkeitsausbildung
Drei klassische Beispiele zur Sozialisation:
Freud (erste Jahrhunderthälfte): Dynamik der Sozialisation und Sozialisation als
Lebenslanger Kampf; Es nimmt Triebe auf und gibt ihnen Ausdruck, Lustprinzip und
Triebbefriedigung, amoralisch (bis ca. 6. Lebensjahr) Ich vermittelt zwischen Es, Ich
(rationaler Teil des Selbst) und Überich mit der Aussenwelt, Realitätsprinzip, Überich tritt an
die Stelle der Elterninstanz, verinnerlichte Gebote etc. einer Kultur, moralisce Normen einer
Gesellschaft, Gewissen vermittelt von Autoritäten
ich sucht sichere Mittel zur Befriedigung von Es ohne Überich zu schaden, Ich und Überich
entstehen erst durch soziale Prozesse, Kind bei Geburt amoralisch und irrational, durch das
Ich entsteh ein Bewusstsein, Persönlichkeit des Kindes durch Triebe (Es)
Mead: Perspektivenübernahme (role-taking), signifikante Symbole (Gesten und später
Sprache, unerlässlich für soziale Organisation) aus frühen sozialen Interaktionen entsteht
Sruktur des Ich: Subjekt-Ich (Urheber unserer Gedanken und Handlungen) und Objekt-Ich
(Komponente, die wahrnimmt und reagiert) Kinder haben Objekt-Ich, wenn sie sich selbst als
Objekt wahrnehmen können, aber noch kein Begriff für Subjekt-Ich, Spiele mit signifikant
Anderen führen zur Wahrnehmung der generalisiert Anderen (Perspektivenübernahme,
Role-Taking)
Piaget: Aufbau kognitiver Strukturen, kognitive Grundlage verinnerlicht durch einen
Entwicklungsprozess über mehrere Stufen, Assimilation/Diskrepanz führen zu
Akkomodation, Kinder als egozentrisch durch Interaktion mit Peers sehen sie Normen des
sozialen Handelns ein, Sensumotorik (o-3,Koordination, praktische Intelligenz,
Objektpermanenz), präoperationales Stadium (2-7, Vorstellungs- und Sprechvermögen,
Egozentrismus, Regeln befolgen zur Bedürfnisbefriedigung, Zwang, moralischer Realismus)
Konkretoperational (7-11, Dezentrierung, kooperative Phase, Regeln durch Einsicht
befolgen, moralische Autonomie), Formales Stadium (ab 12, logisches Denken, über
Abstraktionen nachdenken, nicht nur Konkretes)
Durkheim und Freud: lebenslanger Kampf, Piaget und Mead als allmähliches
Verschmelzen von Individuum und Gesellschaft; in beiden Ansätzen hat Individuum eine
aktive Rolle
5.Vorlesung (Lektüre Kap. 3): Kultur
Gruppenidentität durch Abgrenzung (dagegen Anomie, „Orientierungslosigkeit), Gesamtheit
der Verhaltenskonfigurationen und Symbolgehalte einer Gesellschaft
Kulturschock: 1)Euphorie (eigene Kultur nicht in Frage gestellt) 2)Entfremdung
(Kontaktschwierigkeiten, man gibt sich daran die Schuld) 3)Eskalation (Schuldzuweisung an
das Fremde) 4)Missverständnisse (aufgrund kultureller Unterschiede) 5) Verständigung
(Unterschiede abbauen, Normen erlernen)
Kulturbegriffe: von lat. „Colere“ Antike: agrarische Sicherung des menschlichen Lebens,
magische Sicherung Cicero: cultura animi: Natur durch Bearbeitung verändert Freud: was
uns von Tieren entfernt, dient dem Schutz des Menschen und der Regelung der
Beziehungen (Kultur im sozialen Sinn: soziales Erbe, nicht nur nicht-materielle Kultur)
Gegensatz Kultur – Natur (Freud, Weber)
Identität generiert aus dem Anderen
Funktionen: Orientierung sozialen Handelns, Integration, Funktion von sozialen Handeln
Gegenbegriffe: Barbarei, Anfang 19. Jh: Entgegensetzung Kultur (D)-Zivilisation (AM, GB)
Kultursoziologie systematisches Verständnis von Kultursystemen, Naturalismus und
Ökonomismus: kultursoziologische Studien bringen geschichtliche und kulturelle
Kausalitäten ins Spiel, zwei Dimensionen der Kultursoziologie
1)Gruppe spezieller Soziologien (z. B. Musik-Soziologie etc)
2)umfassende Perspektive: Mensch als Kulturwesen, alle sozialen Tatsachen als kulturell
vermittelt
die Gesamtheit der erlernten Normen und Werte, des Wissens und der Artefakte, der
Sprache und der Symbole die ständig zwischen Menschen einer gemeinsamen Lebensweise
ausgetauscht werden (z. B. auch Liebe „kulturell geformt“) Emotionen beherrschen und den
Kulturellen Erwartungen anpassen (z. B. Hostessen die Lächeln etc.), aufgeteilt in
„Elitekultur“ und „populäre Kultur“ (triviale Alltagswelt)
cultural studies und Kulturwissenschaft: Vereinigung der kulturellen Aspekte vieler
Wissenschaften
unsere Gefühle in hohem Masse kulturelle Schöpfungen, aber Mensch nicht determiniert
Spielräume und Rahmen für Handlungen und deren Bewertung, niemals statisch
Elemente der Kultur: historisch und lokal verschieden, aber alle die gleichen
Grundelemente: Wissen, Sprache, Symbole, Werte, Normen, Artefakte, Habitusformen
Materielle und nichtmaterielle, objektive und subjektive Kultur – Verkörperungen:
Zwei Aspekte der Kultur: materiell (Artefakte, Körperkonzepte) und immateriell (abstrakte
menschliche Schöpfungen, z. B. Werte, Regierungsformen etc.) aber ohne eindeutige
Trennlinie
Simmel: individuell/subjektive bzw. sachlich/objektive Kultur
Objektive Kultur: materielle Kulturelemente
Subjektive Kultur: Möglichkeit der einzelnen Individuen, Aneignung der kulturellen Produkte
verfeinern(nach Simmel relativ im Niedergang, wegen grosser Steigerung der objektiven K.)
Wert: von einer Mehrheit geteilte allgemeine Vorstellung darüber, was gut oder schlecht ist,
bestimmend für Lebensstile, manche können sich gegenseitig verstärken oder kollidieren
sozialer Änderungsdruck der Werte kann entstehen (bei wiederholten Konflikten)
Inglehart: Wertewandel; Zunehmende Ablösung „materialistischer“ in „postmaterialistische“
oder „postmoderne“ Werte: unmittelbare Lebenssicherung, ethnozentrische Überbetonung
der Werte ersetzt durch liberale Einstellung; nicht plausibel: zunehmende Toleranz führt nicht
unbedingt zur Überwindung des Materialismus (eher Konsummaterialismus)
Latente Veränderungen: von Positionen und Ansichten mit Blick auf Werte („der neue Geist
des Kapitalismus“)
Norm: spezielle Richtlinie, Regel, die besagt wie man sich in verschiedenen Situationen
verhalten soll (schriftlich: Gesetze, nicht fixiert: Sitten und Bräuche) verpflichtende
Verhaltenserwartung, im Rahmen der Sozialisation erlernt, erwünschte Gleichförmigkeit auf
Basis des durchschnittlichen Verhaltens, variieren von Gesellschaft zu Gesellschaft, oftmals
Situationsbezogen
Bräuche: konventionell eingewöhnte Alltagsregeln, denen man ohne Nachdenken gehorcht
Sitten: Bräuche mit langer Eingelebtheit, Verletzungen von Normen etc. können Sanktionen
nach sich ziehen, intensivere Reaktionen aber beim Verstoss gegen sittliche Gebote
Gebote: zentrale, grundlegende Bestandteile des Zusammenlebens, Ausdruck der am
meisten hochgehaltenen Werte
viele Normen sind als Gesetze oder Verordnungen formalisiert, von der Legislative
beschlossen, Durchsetzung mit staatlicher Sanktionsmacht
Symbole: Gegenstände, Gesten, Töne, die auf etwas anderes als nur sich selbst verweisen,
komplexere Verweisungszusammenhänge als Zeichen, Kulturen haben oft
Schlüsselsymbole
Zeichen: Träger einer relativ einfachen Bedeutung
Zeichen und Symbole beruhen beide auf Vereinbahrungen
Sprache: lautlich produziertes System phonetischer Zeichen, Anwendung beruht auf
konventionell festgelegten Regeln und erzeugt Bedeutungen, Abhängigkeit von der Fähigkeit
zur Sprache, Sprache signalisiert hierarchischen Status oder regionale bzw. soziale Herkunft
Wissen: Gesamtheit von Fakten, Annahmen und praktischen Fähigkeiten, die Menschen im
Laufe ihres Lebens sammeln (wie man etwas macht, Kenntnisse über räumliche
Gegebenheiten, andere Menschen, bestimmte Ereignisse
Wissen und Macht als notwendiges Verhältnis, Wissensgesellschaft („Wissensexplosion“),
praktisches Wissen (schwer zu versprachlichen, im gesellschaftlichen Leben wichtig)
Bedeutung von Kultur: Beispiele aus der Forschung
Bourdieu: Klassenspezifischer Geschmack Zusammenhang von kulturellem Konsum und
sozialer Ungleichheit, Analyse im modernen Frankreich, kultureller Konsum wichtig für
Reproduktion der sozialen Ungleichheit?, gegen tradiertes Verständnis Geschmack als
Naturgabe, Beobachtung: soziale Positionen haben Einfluss auf Praktiken und Objekte des
kulturellen Konsums
ökonomische und kulturelle Ressourcen und Geschmack bestimmen Lebensstil
(klassenspezifische Sozialisation manifestiert sich in ästhetischen Vorlieben)
distinguierter Geschmack der oberen Schichten (legitimer Geschmack), mittlerer
Geschmack des Kleinbürgertums und populärer Geschmack der Unterschichten
Zusammenhang von Kultur und Ungleichheit: Kapital ungleich verteilt, hat symbolische
Macht (Distinktion)
Kulturelle Praktiken: entstehen aus sozialer Ungleichheit, legitimieren/erzeugen soziale
Ungleichheit (=Reproduktion sozialer Ungleichheit)
Weber: kulturelle Grundlagen des Protestantismus Zusammenhang Kultur
(Protestantismus) – Ökonomie (Kapitalismus): statistisches Material: Wachstum des
Kapitalismus rasch in protestantischen Gebieten (These: Gewinnstreben ableiten aus
Glaubensvorstellungen des Protestantismus) Verwandtschaft von protestantischer Ethik mit
kapitalistischem Geist: zweckrationales Handeln, religiöse Motivierung fällt weg,
kapitalistische Handlungsweise etabliert sich
Kulturelle Unterschiede und Integration
Kulturelle Integration: Funktionale Integration der Kultur in Gesellschaft, Verletzbarkeit
hochintegrierter Gesellschaften, moderne Gesellschaften mit unterschiedlich starker
Integration, Integration in diesem Fall immer als graduell, Unumkehrbarkeit eines Pluralismus
der Lebensstile, Weltdeutungen und Wertpositionen (starke Integration, wenig
Widersprüchlichkeit, aber Wandlungen in einem Teilbereich können zum
Gleichgewichtsverlust eines ganzen Systems führen) moderne, westliche Gesellschaften
nicht sehr stark integriert (Menschen unterschiedlicher ethnischer, sozialstruktureller etc.
Herkunft)
Kulturelle Unterschiede und Subkulturen: Gründe für das Aufrechterhalten kultureller
Unterschiede: Mitglieder der dominanten Kultur schränken Chancen auf Assimilation von
Minderheiten ein, Mitglieder von Minderheiten können dagegen opponieren, dass ihre
abweichende Identität durch Assimilation aufgelöst werden könnte
Subkultur: eine bestimmte Untergruppe/Teilmenge der sozialen Akteure einer Kultur, die
sich im Hinblick auf zentrale Normen deutlich von der „herrschenden“ Kultur abgrenzt, auch
Gegenkultur (z. B. Jugendliche als Abgrenzung gegen Erwachsene und Kinder)
verschiedene Arten: Tradierung (Minderheiten, Migration), Ausgrenzung (delinquente etc),
sozialstrukturelle (z. B. Armut oder Elite), Ausstiegskulturen (Flucht etc.)
Produktion der Kultur: soziales Handeln erzeugt permanent Kultur, kreative Leistungen
und Innovationen sind nicht einzelnen zuzuschreiben, sondern Produkt sozialer Interaktion
und institutioneller Rahmenbedingungen, viele Entwicklungen (in Mode, Kunstgeschmack)
geplant (mit Hilfe soziologischer Marktforschung)
Adorno/Horkheimer: Analyse der Kulturindustrie Kultur wird nicht mehr fraglos
hingenommen, „problematisch“, „Dialektik der Aufklärung“, „Kulturindustrie“: das globale und
zugleich ausdifferenzierte Netzwerk der Kulturvermittlung (Ergebnis planvollen und
ökonomisch kalkulierten Handelns, Kulturgüter werden zu Waren, Menschen zu
Konsumenten von Kulturgütern, Kultur wird seriell standardisiert hergestellt, manipulative
Wirkung der Massenmedien)
Kritik an der pessimistischen Kulturkritik: „cultural studies“, Verschiebung der
Aufmerksamkeit:
-von Produktion auf subjektive Aneignung der Kulturgüter
-von Hochkultur auf Alltags- oder Populärkultur
-von manipulativer Wirkung der Massenmedien auf Bildungs- und
Demokratisierungschancen durch massenmediale Kulturverbreitung
-„Nebeneinander“ oder synkretisch-plurales „Durcheinander“ unterschiedlichster Stile und
Ausdrucksmittel
Wandlungen der Kulturen in der Gegenwart
Massenmedien und kulturelle Globalität: Indirektheit (Ablösung der unmittelbaren
Interaktion), Erlebnisgesellschaft
Kulturelle Globalität: aus der massenmedialen Vernetzung resultiert eine
Internationalisierung der Kultur, die auch durch Wanderungsbewegungen, Migrations- und
Flüchtlingsströme zustande kommt, lokale Kulturen zunehmend überformt durch eine globale
Kultur, Prozesse der kulturellen Verbreitung mit Machtgefälle verbunden, (Expansion grosser
Reiche aber schon in der Vergangenheit, der Prozess verläuft aber im 20. Jh beschleunigt)
Vereinheitlichung des Geschmacks, synkretische Vermischung von globalen und lokalen
Elementen „Glokalisierung“
Fazit: lokal handeln, global denken
Postmoderne
Zwei Tendenzen zur Kulturentwicklung: Verallgemeinerung/Generalisierung und
Vervielfachung/Pluralisierung
Postmoderne: Lyotrad: Differenzierung, Ästhetisierung und Pluralisierung, Zitationscollagen
literarischer Werke, ästhetisierende Sprachspiele, Elektrizismus der architektonischen
Formgebung
Kontroverse Moderne – Postmoderne
Reflexivitätssteigerung durch kulturellen Synkretismus in der Postmoderne, Vermischung der
Kulturen, Rituale etc. Beck: zweite Moderne, reflexive Modernisierung
9. Vorlesung (Lektüre Kap. 9): Soziale Ungleichheit; Stand – Klasse – Schicht
Soziale Ungleichheit, Schichtung, Milieus: Erklärungen für soziale Ungleichheit und ihre
Beständigkeit, die Folgen ungleicher Lebensbedingungen und Lebenschancen, Formen und
Dimensionen sozialer Ungleichheit in modernen Gesellschaften
Soziale Ungleichheit: nach Hradil „die mehr oder mider vorteilhaften Lebens- und
Handlungschancen, die Menschen durch gesellschaftlich hervorgebrachte Bedingungen
dauerhaft vorgegeben sind. institutionalisierte oder strukturierte Besser- oder
Schlechterstellungen auf Dauer einzelner Menschen, Gruppen oder ganzer Gesellschaften
Hauptdimensionen: Reichtum, Macht Prestige, Bildung
Ursachen, Determinanten, Auswirkungen?
Individuelle (Geschlecht, Grösse etc) und zufällige Begünstigungen (Lottogewinn),
entscheidend sind die jeweiligen gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen
Strukturen und Institutionen, Werteorientierungen und Ideologien
AM: Ideologie der Leistungsgesellschaft, „erworbener“ Status (nur beschränkt richtig: Status
der Eltern, der „zugeschriebene“ Status und andere Faktoren)
Klassen: Gesellschaft aufgeteilt in Gruppen, in irgendeiner Weise geordnet, hierarchische
Schichten, eine Gruppe von Menschen, die sich durch bestimmte gemeinsame Merkmale
(vor allem ökonomische), häufig auch durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl auszeichnen,
betont Ausbeutungsverhältnis mehr als Milieu, Stand etc.
Stände: Gemeinschaften, die sich durch bestimmte Formen der Lebensführung und durch
eine spezifisch positive oder negative Einschätzung der „Ehre“ bestimmt sind (BSP:
verarmter Adel, Neureiche)
Schicht: als Oberbegriff für verschiedene (historische) Typen sozialer Ungleichheit
Schichtung: vertikale Gliederung einer Gesellschaft nach ungleichheitsrelevanten
Merkmalen (horizontal nach Alter, Geschlecht etc.)
Status: zugeschrieben (soziale Herkunft, Status der Eltern) oder erworben (Ergebnis
individueller Leistungen und Anstrengungen)
Soziale Mobilität: Bewegung von Einzelpersonen zwischen Klassen und Schichten
Vertikal: ändern des Beziehungsraums innerhalb dieser Klassen, Auf- oder Abstieg,
Veränderung der beruflichen Stellung
Räumlich: territorial, Bewegung von Einzelpersonen im geographischen Raum
Horizontale: Veränderung eines Berufes, ohne dass sich Zugehörigkeit zu einer Schicht
ändert
Operationalisierung der Ungleichheit: Soziale Herkunft, Einkommen und Vermögen,
Berufsposition, Bildung
Die Schweiz, eine Meritokratie?
Meritokratie: Vergabe von Positionen und Belohnungen nach erbrachten Leistungen und
Fähigkeiten, enger Zusammenhang zwischen Bildung und beruflicher Tätigkeit
Aber: Nationale Herkunft, Geschlecht etc. wichtig
Inter-generationelle und intra-generationelle Mobilität unwahrscheinlich (Vergleich zu den
Eltern bessere bzw. schlechtere Position).
Marx: Klassen und Klassenkampf
Theoretische Überlegung über das Wesen des Kapitalismus
Antagonismus: Interessensgegensatz zwischen Proletarier (besitzlose Lohnabhängige) und
Grund- oder Kapitaleigentümer, Klassen als Ausdruck von Produktions- und
Eigentumsverhältnissen und Stellung zu den Produktionsmitteln, Arbeiterklasse muss zu
einer revolutionären Klasse werden, um die Ausbetung zu verhindern, dies führt nach Marx
letztlich zu einer klassenlosen kapitalistischen Gesellschaft, enger Zusammenhang (im
Gegensatz zu Weber) zwischen Klasselage und Klasseninteresse oder –bewusstsein (durch
die ökonomische Lage entsteh gemeinsames Interesse, Weber ging nicht von einem
Kausalzusammenhang aus: Problem des Verhältnisses objektiver Strukturen zu Bewusstsein
und Handlungen)
Ursachen von Ungleichheit nicht mehr natürlich oder religiös, sondern in Verhältnis zu
Produktionsmitteln
“realer“ Kommunismus weicht von Ideal ab, staatliche Bürokratien
auch heute noch Fokus auf vertikale Ungleichheit / Gliederung
Max Weber: Klassen, Stände und Parteien: Soziale Ungleichheit beruht nicht nur auf
Besitz- und Einkommensverhältnissen (ökonomische Ungleichheit also nicht einziges
Strukturprinzip), zweidimensionales Modell eines ökonomischen und ständischen Prinzips,
Lebensstile ebenso bedeutsam für gesellschaftliche Gliederung, Parteien als dritte Form der
Machtverteilung
Klasse: Stellung in der Produktion, Stände: Stellung in der Konsumption, Lebensstil
Weber verbindet ökonomische und kulturelle Dimension der Ungleichheit, dies führt später
zu Lebenschance und Schichtungstheorie (Geiger)
Ungleichheit und Integration: funktionalistische Schichtungstheorie
Moore und Davis im Anschluss an Spencer und Durkheim
Kritik an Marx: Ungleichheit kann zu funktionaler Integration führen (ökonomische Anreize)
Diese Theorie zieht die Marxsche Ansicht der klassenlosen Gesellschaft als Ziel der
Entwicklung in Zweifel, Gesellschaftliche Ungleichheit als funktional notwendig um
beispielsweise jemanden zu einer langen Ausbildung zu motivieren
es ist aber schwierig, funktionale Bedeutung von Berufen objektiv zu bewerten
theoretische Begründung und Legitimation der Meritokratie
die Theorie ignoriert Macht, vererbten Reichtum und deren Einfluss auf den Arbeitsmarkt
sie fragt ebenfalls nicht danach, wer von der Ungleichheit profitiert
Fazit: Soziale Ungleichheit und Schichtung sind kein Zufallsprodukt, keine folge individueller
Unterschiede oder zufällig verteilt, sondern durch gesellschaftliche Mechanismen bedingt,
also strukturiert und institutionalisiert, aber einige Individuelle Faktoren haben Einfluss auf
unsere Lebenschancen (BSP: Geschlecht)
Sozialer Raum und Lebensstile: Bourdieu Mehrdimensionalität sozialer Ungleichheit,
neben ökonomischem Kapital auch soziales und kulturelles (Inkorporiertes / Bildung,
Objektiviertes / materielle Güter, Institutionalisiertes / staatlich anerkannte Titel), diese
Kapitalarten sind abhängig voneinander, Vermittlungsinstanz zwischen Klassenlage und
Lebensstil ist Habitus (Grundorientierung, spezifische Weltsicht, verfestigtes
Wahrnehmungs- und Bewertungsschema, ein System von Grenzen), Lebensstile offenbaren
sich vor allem im klassenspezifischen Geschmack (herrschende Klasse: „legitimer“
Geschmack)
Individualisierung, Lebenslagen und Milieus: Beck und Hradil
Individualisierungsthese: Modell der Klassen- oder Schichtungsgesellschaft wegen
Bildungsexpansion und ansteigendem Massenwohlstand am verblassen, Herauslösen aus
sozialen Kontexten, Prozesse sozialer und regionaler Mobilität
Lebenslage (nach Hradil): Schichtungs- und Klassenmodelle reichen in der postmodernen
Gesellschaft nicht mehr aus, um vielfältige Unterschiede zu erklären, Ungleichheiten wie
Alter, Geschlecht etc. gewinnen an Wichtigkeit, Lebenslagen als „die Gesamtheit ungleicher
Lebensbedingungen eines Menschen, die durch das Zusammenwirken von Vor und
Nachteilen in verschiedenen sozialen Ebenen zustande kommen
Betonung der Mehrdimensionalität sozialer Ungleichheit, Pluralisierung von Lebenslagen,
Korrektur von der vertikalen Gliederung einer Gesellschaft: neben- und überlagerte
Lebenslagen
Problem der Brücke zwischen objektiven Strukturbedingungen (Lebenslagen) und
ungleichen Lebenschancen der einzelnen: Vermittlungsinstanz „soziales Milieu“ (Gruppe von
Menschen, die Lebensbedingungen oder Haltungen aufweisen, aus denen sich gemeinsame
Lebensstile herausbilden), Milieuanalyse zielt auf den ganzen Menschen
Erlebnisgesellschaft und soziale Milieus: Schulze, Vester
Vester: Ausgangspunkt spezifische Bedingungen westlicher Überfluss- und
Konsumgesellschaften, er will soziokulturelle Folgen eines massiv gestiegenen
Massenwohlstandes erfassen, Ästhetisierung des Alltagslebens, soziale Milieus entstehen in
der Erlebnisgesellschaft durch Beziehungswahl (Symbole wichtig), fünf Milieus:
1)Nievaumilieu: Kontemplation und Perfektion, 2) Harmoniemilieu: Gemütlichkeit, keine
Extreme, 3)Integrationsmilieu: Aura der Durchschnittlichkeit, 4) Selbstverwirklichungsmilieu:
gegen Konventionen, 5)Unterhaltungsmilieu: Spannungsschema
vor allem horizontale Gliederung der Gesellschaft, Pluralisierung der Klassengesellschaft
neuere Modelle der sozialen Ungleichheit vor dem Hintergrund der allgemeinen
Wohlstandssteigerung (Bildungsexpansion, Mobilität, Massenkonsum) zogen Klassen- und
Schichtungsmodelle in Zweifel (auch Gruppen auf der selben Stufe haben unterschiedliche
Stile, etc. horizontale Differenzierung), Lebensstil ist „zur freien Wahl“ geworden
(Vorstrukturierung objektiver Lebensbedingungen hat immer mehr an Prägkraft verloren)
Politische Soziologie und die Dimension sozialer Ungleichheit: Kreckel
unter dem Aspekt der Globalisierung werden „alte“ Kriterien wieder wichtiger: Bildung,
Beruf, Einkommen etc.
alle strukturierten sozialen Ungleichheiten haben mit Kräftekonstellationen oder
Machtverhältnissen zu tun (neue Ungleichheiten lassen sich nicht mehr nur in
Schichtungsmodelle gliedern), Vorschlag Zentrum-Peripherie-Metapher: Spannungsfeld
zwischen Kräftekonzentration im Zentrum und Kräftezersplitterung in der Peripherie, dabei
zentral: Begriff des sozialen Handelns (sinnhafte Orientierung der Handelnden, materialische
und symbolische Komponenten) materieller Reichtum (Geld), symbolisches Wissen
(Zeugnis), hierarchische Organisation (Rang) und selektive Assoziation (Zugehörigkeit)
Armut
Definition und Messung geringes Einkommen, keine Arbeit, nicht vorhandene Netzwerke
und Freunde, nicht zureichende Bildung, objektive Kriterien: Nettoäquivalenzeinkommen
(verfügbares Einkommen und Personen in einem Haushalt), meistens relativ, als arm gilt,
wer weniger als 60% des Mittelwerts der Einkommen der gesamten Bevölkerung erzielt
Kritik: lebenswertes Leben hängt nicht nur vom Einkommen ab, sondern von Ausstattung mit
Wohnraum, Nahrung, Gesundheit, Freunden etc., „Fremdklassifikation“: Begriff der neuen
Armut: immer mehr arbeitslose im erwerbstätigen Alter sind auf Sozialhilfe angewiesen,
Kinderhaben steigert Armutsrisiko, Armut kann dauerhaft oder vorübergehend sein,
problematische Formulierung „die Armen“:: keine homogene Gruppe, Armutsdynamik
Armut und Lebenschancen: Armut beeinflusst Chancen unmittelbar: Mängel bei
Ernährung, Gesundheit, Bildung, soziale Ausgrenzung, Reproduktion der Armut über
Generationen, höherer Bildungsabschluss nach wie vor als Schutz gegen Armut
neue Unterklasse von dauerhaft Ausgegrenzten (USA, FR)
10. Vorlesung (Lektüre Kap. 11 Joas): Soziale Ungleichheit: Geschlecht
 körperliches und gesellschaftliches Geschlecht, Komponenten: anatomisch (Körper),
mental (Bewusstsein) und sozial (Gesellschaft)
Fragen über die Rollen von Männer und Frauen in der Gesellschaft, Geschlecht als
Analysekategorie in der Soziologie, Forschungsgegenstand der Geschlechtersoziologie
Geschlechtsrollen: Verhaltungserwartungen, die zwischen Mann und Frau unterschiedlich
sind
Historisch: Wandel in den letzten 250 Jahren, Geschlecht ursprünglich als Herkunft,
Abstammung, Familie, Konstruktion von Gemeinsamkeiten, ab 18. Jh: veränderte Sicht,
Zwei-Geschlechtlichkeit entwickelt sich, Konstruktion von Gegensätzen (vorher graduelle
Unterschiede der Frau zum Mann, dann „ein anderes Wesen“), komplementäre und sich
kontrastierende Geschlechtscharaktere, biologischer Determinismus, Semantik der
Differenz, Überbetonung der Geschlechterdifferenz, zweite Hälfte des 20. Jh: strikte
Interpretation der Geschlechterrollen geht zurück, von der Geschlecherdifferenzforschung
zur Erforschung des Geschlechterverhältnisses
Geschlecht als Ergebnis von Interaktionen oder verfestigte Strukturkategorie?
Gesellschaftliche Konstruktion des Geschlechts: Gender
Sex/Gender: Frauenforschung: natürliche Geschlechterzugehörigkeit (sex: körperlich
sichtbare, physiologische Geschlechterzugehörigkeit) und kulturelle Bedeutung des
Geschlechts (gender: Vielfalt sozialer und kultureller Bedeutungen in Form von Positionen
etc.) beruht auf der Alltagsannahme der Zweigeschlechtlichkeit mit fünf Prämissen:
Binarität (es gibt zwei und nur zwei Geschlechter), äusserliche Zeichen (entscheiden über
Zugehörigkeit), Exklusivität (es gibt nur eine „richtige“ Zugehörigkeit), Askription
(zugeschrieben), Invarianz (Wechsel sind nicht vorgesehen)
(Sex/Gender aus der amerikanischen Sexualwissenschaft der 50er Jahre)
Entkoppelung Gender/Sex bewirkte, dass soziale Ungleichheit nicht nur Aufgrund
natürlicher Unterschiede entstehen, feministische Kritik am biologischen Determinismus
Doing Gender: Vorgang der Herstellung, Hervorbringung von Geschlecht, sozial geleitete
Aktivitäten, die bestimmten Handlungen Bedeutung unterlegen, Herstellung von
Zweigeschlechtlichkeit und Geschlechterzugehörigkeit im Alltag, Strukturierung alltäglicher
Aktionen, Sex und Gender beide als soziale Tatsache
äussere und innere Zugehörigkeit fallen nicht unbedingt zusammen (Transsexualität,
stellen die fünf Prämissen in Frage), Garfinkel: Geschlecht als Lehr- und Aneignungsprozess
was unter Geschlecht verstanden wird variiert beträchtlich zwischen Kulturen, keine
exakten Kriterien zur Geschlechterbestimmung
in unserer Gesellschaft verlassen wir uns dabei auf biologische Kriterien, Alltagsannahme
der Zweigeschlechtlichkeit, Expertenwissen mit höchster Autorität
Ethnomethodologie: beide, sex und gender, als soziale Tatsache
beide Ansätze lassen institutionellen Rahmen ausser Acht (Geschlecht in einem
institutionellen Rahmen unterschiedlich verankert)
biologische Zugehörigkeit determiniert nicht Sein und Handeln, Fühlen
biologisches Kontinuum wird in Entweder-Oder aufgespaltet
Geschlechterverhältnisse: Verteilung von Ressourcen und Mach auf beide Geschlechter
Geschlechterstereotype: tief verwurzelte Vorstellungen über männliches / weibliches
Verhalten, Eigenschaften, Tätigkeiten, aber grob vereinfacht, generalisiert
Geschlechtsrollen: Summe der von einem Individuum erwarteten Verhaltensweisen und
Einstellungen, wird zusätzlich während Sozialisation erlernt, verinnerlicht führen sie zu
Geschlechteridentität
Geschlechtersozialisation: Entstehung und Entwicklung männlicher bzw. weiblicher
Persönlichkeiten durch Verinnerlichen von Geschlechterrollen / Geschlechteridentität,
Selbstsozialisation (inhaltlicher Wissenserwerb, motivative Identifikation)
Arrangement der Geschlechter: Schnittstelle von Interaktion und Sozialstruktur
Goffman: Codierungsverfahren, Geschlecht als Grundlage eines zentralen Codes,
Anordnung der Geschlechter
Sameness Taboo: Tabuisierung der Ähnlichkeiten der Geschlechter, Angst vor Verwischung
Geschlechterunterschiede und ihre Erklärung
Unterschied zwischen einer weiblichen Orientierung an interpersoneller Integration und einer
männlichen an individualistisch-sachbezogener Zielverwirklichung (z. B. Frauen als
fürsorglich und Männer als aggressiv)
Soziobiologie und feministische Moraldebatte untersuchen Stabilität der Differenzannahme
Soziobiologie: Eigenschaften vererbt, Darwinismus, Differenzen als universell und genetisch
fixiert
Moraldebatte: universal mothering: Eigenschaft der Fürsorge erworben, aber sehr früh
Eigenschaften sind keine biologischen Konstanten nicht universell an Geschlecht
gebunden
beide Modelle können Stabilität der Differenzannahme nicht erklären
plausibler: soziokulturell-historische Perspektive mit Ausgangspunkt in Rollenerwartungen
und –unterschieden (historische Perspektive: Aufklärung: alle gleich, also diente die Natur
zur Unterscheidung)
Sozialisation: auf bewusste Erziehung sind Differenzannahmen nicht zurückzuführen,
bedeutsamer: Selbstsozialisation
Lernprozesse beim Geschlechtserwerb: mittels impliziter Lernprozesse (aus
Alltagserfahrungen etc., geschlechterspezifische Stereotype werden schon in früher Kindheit
wahrgenommen, motivale Identifikation mit dem eigenen Geschlecht, soziokognitive
Entwicklung, persönliche Aneigung kulturell vorgegebener Geschlechtsnormen, Kinder
beginnen Geschlechterzugehörigkeit als konstantes Merkmal zu begreifen, soziale Kontrolle
durch Gleichaltrige, später Normen kritisch überdenken
Resistenz von Geschlechterstereotypen: öffentliche Wahrnehmung von Frauen beginnt
sich zu wandeln, jedoch ist Geschlechterstereotypisierung resistent, kategorialer
Denkhabitus: Geschlecht als natürliche Kategorie erlernt
Aufrechterhaltung der Stereotype legitimiert Reproduktion der Unterschiede
 Gründe für Resistenzen: eingeübte Denkgewohnheiten, frühe Habitualisierung /
Sozialisation, ständige Interaktion und Reproduktion, „im Unbewussten verankert“,
Legitimation von Ungleichheitsstrukturen
am deutlichsten zeigt sich Diskriminierung bei: Einkommensungleichheit, ungleiche
Verteilung der Hausarbeit, häusliche Gewalt
Faktoren des Wandels: bessere Bildung, veränderte rechtliche Stellung der Frauen,
Zunahme der Dienstleistungsberufe, Notwendigkeit zweier Einkommen, Anstieg der
Scheidungsrate, Wandel in den Einstellungen
Sozialkonstruktivismus und Poststrukturalismus: Binarität ist nicht gegeben,
Unterschied ein Ergebnis von gesellschaftlicher Konstruktionsweise des Geschlechts,
Geschlechterdifferenz als sozial und kulturell konstruiert
radikal, kulturdeterministisch
pragmatische These: biologische Unterschiede prägen unsere Potenziale, determinieren
aber nicht die Entwicklungsmöglichkeiten oder das Verhältnis des Geschlechter
demnach erklären biologische Differenzen die Unterschiede im Geschlechterverhältnis
nicht hinreichend
Hartnäckigkeit und Wandel der Geschlechterungleichheit
Diskriminierung und Ungleichheit dauern an
Faktoren des Wandels: grundlegende soziale Revolution unserer Zeit
Segregation der Geschlechter in der Arbeitswelt: Segregation und Lohndiskriminierung in
der Arbeitswelt weltweit noch immer verbreitete Phänomene, geschlechterspezifische
Trennung nimmt nicht automatisch ab, wenn sich soziale und politische Position der Frau
verändert, zwei Formen der Segregation: horizontale Segregation / getrennte
Tätigkeitsfelder, vertikale Segregation / Verteilung der hierarchischen Position
Segregierte Berufe: wenn der Anteil eines Geschlechts unter 30 Prozent liegt
Gemischte Berufe: zwischen 30 und 70 %
Dissimilaritätsindex: gibt an wie viele Frauen oder Männer für eine gleiche Verteilung Beruf
wechseln müssten
Berufe werden mehr oder weniger als männer- bzw. frauentypisch identifiziert und
stereotypisiert, Durchschnittseinkommen der Männer ist überall höher
Segregation als Mechanismus zur Produktion und Reproduktion sozialer Ungleichheit
(Frauen: niedrigere Lohnklasse, Teilzeit)
Erklärung dafür: strukturorientierte (Sozalisationstheorien: liegt in der primären
Sozialisation) und subjektorientiert (akteurtheoretisch: Ursache sind individuelle Präferenzen)
Ansätze, oder: Frauen können in Pflegeberufen etc. ihr Wissen einsetzen.
Humankapitaltheorien: Frauen mit Kindern können am besten „weibliche“ Berufe mit der
Familie kombinieren
beide Ansätze können nicht erklären, warum kinderlose Mütter auch in „weiblichen
Tätigkeitsfeldern“ arbeiten und warum Frauen geringere Einkommen haben
strukturorientiert: Ursache nicht in individuellen Entscheidungen, Geschlechterwechsel eines
Berufes mit Prestigeverlust
Frauen und Männer bei der Arbeit: Frauen haben es in „Männerberufen“ schwierig, aber
nicht umgekehrt
doing gender while doing the job: geschlechterspezifische Darstellung während der Arbeit
Familie und Beruf: Diskriminierung in zeitlicher Perspektive: „zweite Schicht“: Frauen
arbeiten nach der Erwerbsarbeit zu Hause Mehrspurigkeit der sozialen Konstruktion von
Geschlecht
Geschlechterverhältnisse sind in Bewegung geraten, Lebensentwürfe für Frauen heute
unterscheiden sich wesentlich von denen hundert Jahre früher, Gleichstellung ist in
Reichweite
Fazit und Ausblick: „steckengebliebene Revolution“, Phänomen der „zweiten Schicht“
verbreitet sich immer mehr, „Freizeitlücke“ zu Hause
Geschlechterrollenwandel verlief bisher assymmetrisch
BSP: Wäsche
Stereotyp: Tradition, Wäsche als Zuständigkeitsbereich der Frauen
Identität oder Rolle: traditionsbestände, mythlogische Verbindung von Weiblichkeit und
Reinheit, weiblicher Körperbezug, männliche Körperferne
Sozialisation: Waschmittelwerbung
Doing Gender: spezifisch weibliche Rolle einnehmen
11. Vorlesung (Lektüre Kap. 10): Ethnizität und Nation
Fremde sind wir uns selbst der Anteil des Anderen / Fremden im Aufbau der eigenen
Identität, der Mensch als „anthropologisches Fluchttier“
Rasse biologische Kategorie, bezieht sich auf körperliche Merkmale einer Personengruppe
(haut- oder Haarfarbe, Grösse etc.), stiftet naturalisierte Zugehörigkeit und Differenz, Begriff
entstammt der Anthropologie des 19. Jahrhunderts, heute als politisch diskreditiert und
unhaltbar, Kritik: es gibt nur eine Rasse, die menschliche
Ethnie Gruppen, die sich selbst eine kollektive Identität zuschreiben und dadurch eine
„vorgestellte Gemeinschaft“ bilden, nur durch Selbst- und Fremdzuschreibung, fordert unter
Umständen ein bestimmtes Verhalten von Individuen, Bild der Geschlossenheit und des
Zusammenhalts, kulturelle Kategorie, Gruppe, die sich durch kulturelle Praktiken und
Einstellungen von anderen unterscheidet, sozialer Typus der Wir-Gruppen, Begriff der
Grenze, grenzziehend, aber weiter als Nation (zentrale Instanz und Gewaltmonopol fehlen),
Ethnie ist familienübergreifend, also weiter als Verwandtschaft, und familienumfassen
(familiäre Transmission), stiftet kulturelle Zughörigkeit und Differenz
-Essentialistischer Ethniebegriff: Einheit kommt durch gemeinsame Sprache, Kultur und
Abstammung zustsnde
-formalistischer Ethniebegriff: Ethnie verdankt sich der kollektiven Selbst- und
Fremdbeschreibung, nicht aber der objektiven Gegebenheit kultureller Merkmale
(emsich=kulturimmanentes Merkmal)
Ethnizität kann zum Konflikt führen
Minderheiten: Bevölkerungsgruppen, die durch ein Merkmal, das der Mehrheit fehlt,
abgegrenzt werden können (Religion, Abstammung, Muttersprache, sexuelle Orientierung
etc.), Verbindung zum modernen Staat, wenn sie bewusst an ihrem Status festhalten,
werden sie zu Wir-Gruppen
Kulturelle Vielfalt und ethnische Differenzierung in modernen Staaten kollidiert das Ideal
der kulturellen Einheit oft mit der Wirklichkeit der kulturellen Vielfalt, Ethnozentrismus wird
häufig gefördert durch Ideal der kulturellen Einheit, Glaube, die eigene Kultur sei anderen
überlegen, die Illusion einer kulturellen Homogenität entsteht auch aus der Neigung, die
Komplexität zu reduzieren
Kasten: endogame, soziale Gruppen, die ihre Familienordnungen intern in rechtlicher For
regulieren, jeweils höher- oder tieferstehend, Berufe für sich reserviert
Nationalitäten im sowjetischen System und heute noch in seinen Nachfolgestaaten
Bezeichnung der Gruppen, die zumindest ein einer regionalen Einheit den Status einer sog.
Titularnation hatten (in Vielvölkerstaaten: das Volk, von welchem die Bezeichnung für alle
Staatsbürger dieses Landes namensgebend ist), hohes Willkürpotenzial, schliessen Gruppen
von Rechten aus (im Unterschied dazu: individuelle Rechtsgarantie in modernen Staaten)
Nation: die vorgestellte Ordnung mit reziproken Verpflichtungen und familienerfassenden
Zugehörigkeitsregeln, die einen überzeitlichen Charakter beansprucht und auf einen
vorhandenen oder erstrebten Staat hin orientiert ist, begrenzt, souverän, stiftet
soziopolitische Zugehörigkeit und Differenz, Bildung der Zugehörigkeit anhand der
Kategorien Ethnie und Nation: Gemeinsamkeit kultureller oder körperlicher Merkmale ist
keine notwendige Bedingung für Ein- oder Ausschluss und die Entstehung einer Wir-Gruppe
(Operation der Unterscheidung konstituiert solche Gruppen, nicht die Erkennung von
Unterschieden)
ethnische oder kulturelle Homogenität nicht Grund nationaler Kohäsion, sondern der
gemeinsame Rechtsraum
Nationalismus: politische Überzeugung, die dem Zusammenhalt moderner Gesellschaften
zugrunde liegt (Nation sei eine grundlegende soziale und kulturelle Einheit, dem
bestehenden oder ersehnten Nationalstaat gehöre höchste Loyalität), Forderung ach
ethnischer Homogenität verbunden mit dem Nationenkonzept Nationalismus
Moderne Nationalstaaten: politisch souveräne Staaten, lösten im 18. Und 19. Jh die feudalaristokratiosche-absolutistische Staaten ab, basieren auf der Vorstellung einer ethnisch
kulturellen Einheit der Nation und Nationalkultur, moderne Nationen machen das
„Management von Heterogenität“ notwendig
Aktuelle Herausforderungen: supranationale Organisation von Wirtschaft und Politik,
Ethnische Heterogenität statt Fiktion der Homogenität, Kritik des Ethnozentrismus,
postnationale Konstellation und Globalisierung
Staatsbürgerschaft: kennzeichnend aus der Staatsangehörigkeit sich ergebende Rechte
einer natürlichen Person in dem Staat, Regeln, Staar legt Regeln für Erwerb und Verlust,
Regeln und Pflichten fest, Rechte (Schutz, Abwehr), Pflichten (Wehrpflicht, Steuerpflicht etc.)
Modelle ethnischer Integration in Einwanderungsgesellschaften
Einwanderung und Integration: D, CH, AU nach USA gegenwärtig die wichtigsten
Einwanderungsziele, Integration: Aufnahme in die Sozialstruktur einer Gesellschaft,
verschiedene Ebenen der Integration: ökonomisch, kulturell, sozial und politisch,
Problematisierung, Anerkennung der gleichen konfliktregelnden Institutionen
Akkulturation: Übernahme von Bestandteilen einer fremden Kultur durch Individuen oder
komplette Gesellschaften anderer Kulturzugehörigkeit, meist zweiseitig verlaufender Prozess
Assimilation: (mögliche Form von Akkulturation) Anpassung (von Minderheiten) an Werte
und Normen einer als homogen vorgestellten Mehrheitsgesellschaft, Ziel: möglichst
vollständige Eingliederung der Minderheiten, abgeschwächt: sozioökonomische Integration,
die den Zugang zu den Statuslinien der Gesellschaft umfasst
Multikulturalismus/Kultureller Pluralismus: gleichberechtigte Koexistenz
unterschiedlicher Kulturen, die sich gegenseitig respektieren, Effekt: Vergrösserung der
kulturellen Vielfalt, politisch umstritten, aber in der globalisierten Welt alternativlos.
Ethnische Ungleichheit: einige Differenzierungen
Vorurteil: positive oder negative Voreingenommenheit gegenüber Personen aufgrund realer
oder vorgestellter Merkmale: Gestützt durch selektive Wahrnehmung und Generalisierung
(Klischee und Stereotype)
Rassismus: Doktrin, derzufolge biologisch fassbare Unterschiede Gruppen definieren
könnten und die so definierten „Rassen“ einander über- bzw. unterlegen seien.
Diskriminierung: Ungleichbehandlung von Individuen oder Gruppen (im sozialen Handeln,
durch rechtlich-administrative Regelungen) nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen
oder aufgrund unreflektierter Vorurteile
Negative Diskriminierung: Benachteiligung aufgrund spezifischer Gruppenzugehörigkeit
Positive Diskriminierung: Bevorzugung aufgrund spezifischer Gruppenzugehörigkeit
Konflikte: Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen werden häufig stereotyp
begründet (Fremdheit der anderen oder deren angebliche Schädlichkeit werden als Ursache
angegeben), die Gruppen werden dabei intern zusammengeschmiedet (neue Führer),
Konkurrenz um materielle Ressourcen oder Prestige
Möglichkeiten und Institutionen der Konfliktlösung: gewaltsame Konfliktbewältigung als die
schlechteste (Vernichtung der einen Seite, genozid), Entziehen und Ausweichen,
Überführung in rechtliche Verfahren (Anerkennung der gleichen Konflikt regelnden
Instiutionen)
Klientelismus: eine knappe Ressource wird vom Patron verwaltet, hierarchisch organisiert;
Gabe und Gegengabe (je schwächer gesellschaftliche Institutionen zur Konfliktlösung sind,
desto eher Menschen Zuflucht in klientelischen Nezten)
12. Vorlesung (Lektüre Kap. 23 Joas): Soziale Bewegung und kollektive Aktionen
Kollektive Aktionen: kollektives Verhalten als unscharfer Sammelbegriff, in den USA ab
den 1920er Jahren, von der Massenpsychologie geprägt, als Inbegriff kollektiven Verhaltens
gilt die Panik oder Massenhysterie, aber auch Moden, Aufstände, Revolution etc., rationale
Verhaltenskontrolle und Organisation wird ihnen abgesprochen, selektive Wahrnehmung des
Konservativen spiegelt sich
Aufruhr, Protest etc. zur Wiederherstellung der rechtmässigen Ordnung
Chiliastische Bewegungen: utopischer Überschuss religiöser Errlösungsbewegungen
Darauf folgen differenziertere Sichtweisen: „Kollektive Aktion“, aktiver, zielgerichteter
Aspekt kollektiven Handelns gewinnt an Bedeutung, Begriff der Masse wird als höchst
differenzierte Erscheinungsform angesehen, Blumer: collective behaviour, vier
verschiedene Formen von Menschensammlungen: casual (gemeinsame Aufmerksamkeit
durch ein ungewöhnliches Ereignis), conventional (bestimmter Zweck), expressive
(emotional), acting (Handlungswunsch), nicht jede Menge ist Teil einer sozialen Bewegung,
aber das Herbeiführen sozialen Wandels als Kriterium für soziale Bewegung, präsentiert sich
oft als handelnde Menge durch den Akt des Protests, politisches Verhalten, weicht von
konventionellem, institutionalisierten Verhalten ab, Individuen und kollektive Akteure
verbinden aber beide Arten
Protest: rechtlich legitime, wenn nicht immer legale, sondern begrenzte Regelverletzungen
einplanende unkonventionelle Form der politischen Partizipation, tendenziell ein Akt der
Privilegierten
öffentliche, kollektive Handlungen nichtstaatlicher Träger, die Widerspruch oder Kritik zum
Ausdruck bringen mit der Formulierung eines gesellschaftlichen oder politischen Anliegens,
Protestgruppen können auf eine Vielzahl von Aktionen zurückgreifen, sind aber stark von
den situativen Randbedingungen und Interaktionsdynamiken abhängig, moderne
Kommunikationsmittel können eingesetzt werden, beschleunigter Globalisierungs- und
Internationalisierungsprozess vernetzt soziale Bewegungen immer stärker auch
grenzüberschreitend, z. T. auch mediengerechte Inszenierung der Proteste, Protestformen
grosser Risikobereitschaft (Hungerstreik) bis zum minimalen Engagement (Unterschrift),
hochgradig integriert und institutionalisiert (Klagen) oder originell und spektakulär, häufigste
davon sind Protestmarsch und –kundgebung
Proteste sind das Ergebnis organisierter Anstrengungen im Rahmen verschiedener
sozialer Bewegungen.
Revolutionen als Lokomotiven der Geschichte
Verhältnis zwischen konventioneller und unkonventioneller politischer Partizipation als
Ausdruck moderner Demokratien
Kollektives Handeln: gemeinsames Handeln von Menschen in der Verfolgung von
gemeinsamen Zielen oder Interessen (geplant, rational, sinnhaft)
Soziale Bewegungen: kollektive Aktionen können spontan entstehen (Panik, Streit etc.;
Anwendungsfeld für Massenpsychologie), können aber auch planvoll eingesetzt werden;
Streiks, Demos etc. freiwillige Partizipation, geringe Formalisierung
Begriff und Merkmale: Soziale Bewegungen stellen soziale Gebilde aus miteinander
vernetzten Personen, Gruppen und Organisationen dar, die (mehr oder weniger gestützt auf
kollektive Identitätsgefühle) mit gemeinsamen Aktionen Protest ausdrücken, um soziale bzw.
politische Verhältnisse zu verändern oder um sich vollziehenden Veränderungen
entgegenzuwirken, Protest in Gestalt defensiver Reaktionen (bei kulturellen Bewegungen mit
Hauptziel der Veränderung des Bewusstseins) oder offensiver Formen (bei politischen
Bewegungen, bestimmte Zielgruppen, oftmals die Regierung), Differenz zum Normaltyp von
Organisationen: soz. Bewegungen sind selber keine Organisationen, keine klare
Mitgliedschaftszuschreibungen, nicht eindeutig von Umwelt abgrenzbar, relativ unbestimmte
Gebilde (Aktivisten, Teilnehmer, Unterstützer, Sympathisanten), keine Durchstrukturierung
horizontaler und vertikaler Differenzierung von Positionen und Rollen, starke
Dezentralisierung (einzelne Aktionsgruppen, von denen soziale Bewegungen ausgehen, sind
relativ stark autonom, kein organisatorisches Zentrum), kollektive Handlungsfähigkeit allein
aus dem inneren Engagement ihrer Anhänger (Verbindung von individuellen Motiv mit
kollektivem Zweck, einzige Möglichkeit um Akteure langfristig zu binden), Geld und Macht
fehlen, um Unterstützung zu kaufen, gelten in struktureller Hinsicht eher als Netzwerke
(anstelle Organisationen), ihre Stärke kann in der Unbestimmbarkeit liegen (Wucht von
Massenaktionen), Schwäche in strategischen Belangen, Selbstkontrollkapazität nicht hoch
entwickelt, eignen sich mehr zum Anstossen / Blockieren als zum Steuern von sozialem
Wandel
Typologien: Einzweckprotestbewegungen vs. Systemzweckprotestbewegungen (vier Typen
nach Aberle): Transformationsbewegungen (System), Reformbewegungen (einzelne
Bereiche der Gesellschaft), Erlösungsbewegungen, Alternativbewegungen (individuell)
Bewegungstypen nach Kriesi: interne oder externe Orientierung (auf sich selbst oder auf
Umwelt), instrumentell oder indentitär (mit Aktion etwas erreichen gegen Gruppengefühl
etc.), Subkulturelle Bewegungen (identitär, intern), instrumentelle Bewegungen
(instrumentell, extern) und countercultural (identitär und extern)
Drei Beispiele für gesellschaftlich folgenreiche Bewegungen
Arbeiterbewegung:
19. Jh, Verelendung des Lohnabhängigen Proletariats, Systematisierung des Streiks als
zentrales Kampfmittel, interne Richtungsstreitigkeiten in der Bewegung über Sozialismus,
Drohpotenzial des Bewegung, erster vollständiger Durchbruch in Oktoberrevolution in
Russland 1917, 1918 in Deutschland Kaiserreich beseitigt, Gemessen an Marxscher
Prognose der sozialistischen Werterevolution ins die Bewegung aber gescheitert (zwingende
Verelendung des Proletariats), roher Manchester-Kapitalismus wurde zwar überwunden und
eine Reihe von (heute selbstverständlichen) Rechten (wie Streik, betriebliche Mitbestimmung
etc) wurden durchgesetzt
Frauenbewegung: organisierter Protest von Frauen im 19. Jh, erste Frauenvereine und –
zeitschriften, Ziel: aktive Teilhabe der Frau am öffentlichen Leben, Ausbildung und
Wahlrecht, auch Frauenbewegung hatte innere Differenzen (bürgerliche – proletarier),
Zugehörigkeit zum jeweiligen ideologischen Lager, also zur Partei, war wichtiger,
symbolische Aufwertung der Frauenrolle im Nationalsozialismus (Unterbindung der
protestierenden politischen Aktivität der Frauen)
Späte 60er: neue Frauenbewegung im Zuge der Studentenbewegung, Kampagne gegen
218, Ausbau der Bewegungsinfrastruktur für Frauen (Magazine, Cafes etc.), später auf
wenige Organisationskerne zusammengeschrumpft, stärkere Berücksichtigung von
„Fraueninteressen“ erfolgreich, aber Frauenbewegung immer noch weit entfernt von ihren
grundsätzlichen Zielen (Gleichstellung, Ende der Diskriminierung etc.) dauerte ca. 150 Jahre
Umweltbewegung: bereits im 19. Jh (im Zuge der Industrialisierung, Verstädterung, die
Eingriffe in die Natur darstellten), bewirkte z. B. besondere Schutzgebiete, Propagierung
einer einfachen Lebensweise, romantisierende Ästethisierung der Natur (unter dem
Nationalsozialismus erstmals staatliche Anerkennung), aber schlagartige Wende erst um
1970, später Umweltschutz weithin als ökonomische Bremse, zahlreiche örtliche Gruppen,
die aber immer wieder zu grösseren regionalen oder gar bundesweiten Kampagnen
zusammenfanden, Bemühen um konstruktive Problemlösung (erneuerbare Energiequellen,
Verkehrspolitik), Wirkungsbilanz ist schwierig zu ziehen (nach Kriterium der Verbesserung
der Umweltqualität, aber nicht jede Verbesserung kann der Bewegung zugeordnet werden),
in 90er liess der politische Druck, der von der Bewegung ausgegangen ist, nach, im Verlauf
von wenigen Jahren ist dann Umweltschutz zu einer politischen Dauer- und Routineaufgabe
geworden, die aber oft noch hoch geschätzt wird
kaum eine Bewegung hat in so kurzer Zeit so viele Spuren im gesellschaftlichen Alltag und
in der Politik hinterlassen
Erklärungen und theoretische Ansätze: kollektive Aktionen und soziale Bewegung fanden
im 19. Jh in der Soziologie die steigende Aufmerksamkeit zeitgenössischer Beobachter
„Aufstand der Massen“: kollektive Aktionen galten als Zeichen des Zerfalls der alten
Ordnung, LeBon: Masse als Ansammlung, die Kontrolle verliert und irrational handelt, Verlust
der Selbstkontrolle der Masse, Gewaltbereitschaft und Irrationalität, Regression des
Individuums auf vorzivilisatorisches Niveau, Führer
kollektives Verhalten wird zum Gegenstand der Massenpsychologie
(massenpsychologische Zusammenbruchstheorien) kollektive Aktionen sind aber mehr,
als unvermittelte Reaktionen triebhafter Bedürfnisse
Deprivation und die sozialen Bedingungen von Solidarität: Kollektive Aktionen als soziale
Handlungen weil sie sinnhaft orientiert sind, kollektiv, verweisen auf Gründe, Produkte der
Gesellschaft (soziale Tatsache im Sinne Durkheims), Zusammenhang von kollektiven
Aktionen und gesellschaftlichen Problemen (Missstände) revolutionäres
Mobilisierungspotenital, Reaktionen auf soziale Deprivation
Deprivation: gesellschaftliche Lagen, die einem Kollektiv von Menschen notwendige
materielle, aber auch ideelle Mittel entziehen
Davies / Gurr: relative Deprivation, Frustration
Frustration als Voraussetzung für nachfolgende Unruhen, Aufstände etc. (BSP: frz
Revolution) Existenz von gesellschaftlichen Problemen, die von bestimmten
Bevölkerungsgruppen als Missstände wahrgenommen werden, erhöhen die
Wahrscheinlichkeit ihrer kollektiven Aktion, aber ob es tatsächlich dazu kommt, hängt von
einer Reihe weiterer Bedingungen ab, (nach Marx ermöglicht erst ein Klassenbewusstsein
die gemeinsame Definition einer Situation und die Organisation sozialen Handelns,
Grundbedingung dafür sei, dass die Deprivierten in Beziehung zueinander stehen, deshalb
auch Industrieproletariat als Subjekt des Klassenkampfes, wegen ihrer Interaktion;
Deprivation, Organisation, Bewusstsein)
Tilly: Organisation, Mobilisierung, Gemeinsame Interessen, Gelegenheit
Smelser: Strukturelle Förderlichkeit, strukturelle Spannungen, Verbreitung allgemeiner
Überzeugungen, Auslösungsfaktoren, Organisation, soziale Kontrolle
Soziale Netzwerke: erscheinen als unabdingbare strukturelle Voraussetzungen für die
Entwicklung und Stabilisierung sozialer Beziehungen, soziale Gruppierungen
unterschiedlicher Dichte und Grösse, Bewegungen stellen mobilisierte Netzwerke von
Netzwerken dar
Programme und Ideologien: Menschen handeln nicht aufgrund ihrer Situation, sondern der
Definition ihrer Situation (womöglich empfinden Betroffene ihre Situation nicht als
deprivierend) relative Deprivation relevant, Protestbereitschaft kann sich auch durch
Steigen der Erwartungen ergeben (BSP: Frauenbewegung, Emanzipationsansprüche sind
erheblich gestiegen)
soziales Handeln durch Sinnkonstruktion der Beteiligten bestimmt
Organisation und Unternehmertum: Ablauf ihrer Aktionen alles andere als spontan,
sondern geplant; moderne Kommunikationstechniken (Internet), Soziologie: hinter sichtbaren
Ereignissen die Strukturen analysieren
Revolutionen: Barrington-Moore-Thesis: Geschichtsmächtigkeit der ländlich-agrarischen
Bevölkerungsmehrheit, drei Wege in die Moderne in Abhängigkeit zur gesellschaftlichen
Stellung der Bauern:
-Modernisierung von unten: buergerlich-demokratische Revolution
-Modernisierung von oben: faschistisch-totalitäre Revolution
-Sozialistische Bauernbefreiung: kommunistische Revolutionen
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