Weiter- und Fortbildung Psychotherapeut 2004 · 49:431–445 DOI 10.1007/s00278-004-0399-5 Online publiziert: 12. Oktober 2004 © Springer Medizin Verlag 2004 Redaktion U. Ehlert · Zürich P.L. Janssen · Dortmund J. Gaab Klinische Psychologie und Psychotherapie, Psychologisches Institut der Universität Zürich Psychotherapie chronischer Erschöpfungszustände Zusammenfassung Chronische Erschöpfung ist eine der häufigsten Beschwerden in der Allgemeinbevölkerung. Erschöpfung ist per se ein unspezifisches Symptom und kann Folge verschiedener medizinischer Erkrankungen und psychischer Störungen sein. Können diese als Ursache ausgeschlossen bzw. zur Erklärung der Beschwerden nicht vollständig herangezogen werden, kann die Diagnose ‚Chronisches Erschöpfungssyndrom‘ („chronic fatigue syndrome“, CFS) vergeben werden. Was ist CFS? Welchen Wert hat diese Störungskategorie? Ausgehend von einem psychobiologischen Verständnis sollen psychotherapeutische Ansatzpunkte zur Behandlung chronisch erschöpfter Patienten beschrieben werden. Schlüsselwörter Chronische Erschöpfung · Chronisches Erschöpfungssyndrom · Psychotherapie · Ätiologiemodell · Unspezifisches Symptom Psychotherapy of chronic fatigue states Abstract Chronic fatigue is common. Since fatigue has little specificity, it can be the consequence of many different somatic diseases and psychiatric disorders. Therapy needs to be individually tailored with regard to the underlying or assumed causes. When objective and established causes cannot be identified or cannot adequately explain the symptoms experienced, the diagnosis of chronic fatigue syndrome (CFS) is possible. But what is CFS? Is it a valid diagnosis? How can the chronic fatigue patient be treated? Based on an integrative understanding, a psychobiological etiological and psychotherapeutical model of chronic fatigue will be developed and described. Keywords Chronic fatigue · Chronic fatigue syndrome · Psychotherapy · Psychobiological model · Unspecifity Psychotherapeut 6 · 2004 | 431 Somatische Symptome ohne somatische Ursachen? Über 50% aller Patienten in klinischen Setting erleben körperliche Beschwerden, ohne dass dafür eine medizinische Ursache gefunden werden kann. Darf und kann man psychotherapeutisch intervenieren? Herr X ist seit Monaten erschöpft. Die Muskeln und die Gelenke schmerzen, er hat Kopfschmerzen und Verdauungsprobleme und es ist ihm häufig schwindelig. Er kann sich nicht mehr konzentrieren und vergisst Termine. Auf Anraten seiner Frau hat er ein paar Tage frei genommen, aber das hat sein Befinden nicht gebessert. Sein Schlaf ist nicht erholsam, er wacht morgens genauso erschöpft auf, wie er abends ins Bett gegangen ist. Sein Hausarzt will helfen, er weiß aber nicht wie. Die Laboruntersuchungen waren ohne Befunde, medizinisch gesehen ist sein Patient gesund. Herr X wurde an zahlreiche Fachärzte verwiesen, jeweils ohne Ergebnis. Im Internet empfahl sich ein auf Erschöpfung spezialisierter Immunologe, die teure Diagnostik und Behandlung brachte aber keine Besserung. Herr X ist verzweifelt, keiner kann ihm helfen. Herr X ist keine Seltenheit. Über 50% aller Patienten in klinischen Setting erleben körperliche Beschwerden, ohne dass dafür eine medizinische Ursache gefunden werden kann (Nimnuan et al. 200). Wie können solche somatischen Symptome ohne somatischen Befund erklärt werden? Welche Rolle spielen psychologische Prozesse? Darf und kann man psychotherapeutisch intervenieren? Das Ziel dieser Weiterbildungsarbeit besteht darin, ein psychobiologisches Modell chronischer Erschöpfung zu erarbeiten, auf dessen Hintergrund psychotherapeutische Schritte abgeleitet werden sollen. Versuch einer Abgrenzung Erschöpfung ist ein unspezifisches Symptom 7 „Sickness behavior“ 7 Unspezifischer Hinweis auf einen pathophysiologischen Prozess Erschöpfung ist ein unspezifisches Symptom, d. h. das Vorliegen von Erschöpfung erlaubt nicht den Schluss auf eine bestimmte Erkrankung oder Störung. Vielmehr ist Erschöpfung, zusammen mit Schmerzen, kognitiven Beeinträchtigungen und Schonungsverhalten Teil des sog. 7„sickness behavior“, dessen physiologischer Sinn darin besteht, den kranken bzw. überlasteten Organismus die Möglichkeit zur Regenerierung zu schaffen. Erschöpfung ist demnach ein 7unspezifischer Hinweis auf einen pathophysiologischen Prozess, d. h. eine akute oder chronische Belastung oder Dysfunktion des Körpers. Entsprechend ist es notwendig, die Therapie von Erschöpfung immer auf die spezifischen Ursachen der Erschöpfung auszurichten. Dies bedeutet, dass zu Beginn einer Be1 Die deutsche Übersetzung in Krankheitsverhalten (kognitive, emotionale und behaviorale Reaktionen eines Patienten auf seine Symptome) ist hier falsch, vielmehr ist hier die symptomatische Reaktion auf einen pathophysiologischen Prozess gemeint. Tabelle 1 Häufigkeit angegebener Symptome bei chronisch erschöpften Patienten 432 | Psychotherapeut 6 · 2004 Symptom Häufigkeit in % Symptom Häufigkeit in % Erschöpfung 100 Gereiztheit 22 Muskelschmerzen 71 Depressionen 21 Konzentrationsprobleme 51 Hohe/niedrige Temperatur 20 Gastrointestinale Probleme 49 Sprachstörungen 19 Kopfschmerzen 43 Gelenkschmerzen 17 Schwindel 43 Häufiges Wasserlassen 16 Schlafstörungen 36 Schweißausbrüche 16 Gedächtnisprobleme 35 Gestörte Koordination 15 Muskelschwäche 26 Emotionale Labilität 15 Wiederkehrende Infektionen 24 Halsschmerzen 13 Weiter- und Fortbildung handlung immer eine medizinische und psychologische Diagnostik stehen muss, da sonst die notwendige differenzielle Indikation nicht möglich ist (. Abb. 1, 2). Der Fokus dieser Weiterbildungsarbeit liegt auf chronischen 7Erschöpfungszuständen, verstanden als 7eigenständige Störung (. Abb. 1). Es soll aber an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die psychotherapeutischen Ansätze für chronische Erschöpfung bei Vorliegen einer somatischen Erkrankung oder als Symptom einer Belastungssituation oder psychischen Störung sich nicht prinzipiell von den im Folgenden vorgeschlagenen störungsspezifischen Maßnahmen unterscheiden. Die psychotherapeutische Behandlung von Erschöpfung richtet sich dabei nicht nur nach dem Vorhandensein einer mehr oder minder psychischen Ursache, sondern auch nach der Ausprägung der Funktionsbeeinträchtigung und dem Krankheitsverhalten des Patienten (. Abb. 2). Auch wenn die beiden dargestellten Beispielfälle sich in ihrer primären Ätiologie unterscheiden, können die störungsspezifischen Ansatzpunkte (z. B. Aufbau von regelmäßiger und mäßiger Aktivität) ähnlich sein. 7 Erschöpfungszustände 7 Eigenständige Störung Abb. 1 8 Mögliche Ursachen chronischer Erschöpfungszustände Abb. 2 9 Ansatzpunkte für psychotherapeutische Interventionen bei Erschöpfungszuständen. Fall A: Chronisch erschöpfter Patient ohne medizinische Ursachen, somatisches subjektives Krankheitsmodell, ausgeprägte Inaktivität und Schonungsverhalten. Fall B: Chronisch erschöpfter Patient, HIV+, antiretrovirale Medikation, Inaktivität und sozialer Rückzug, aktuell Versuch der beruflichen Wiedereingliederung Psychotherapeut 6 · 2004 | 433 Tabelle 2 Definitionskriterien des chronischen Erschöpfungssyndroms Medizinisch evaluierte, unerklärte, persistierende oder wiederkehrende chronische Erschöpfung mit folgenden Merkmalen: • Mindestens 6 Monate Dauer • Nicht das Ergebnis aktueller Belastungen • Neuer bzw. umschriebener Beginn • Führt zu substanzieller Beeinträchtigung in verschiedenen • Nicht schon lebenslang vorhanden Lebensbereichen Vier oder mehr der folgenden Symptome sind gleichzeitig länger als 6 Monate vorhanden: • Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme • Arthralgie an verschiedenen Gelenken • Halsschmerzen • Neuartige Kopfschmerzen • Empfindliche/schmerzhafte zervikale oder axilläre Lymphknoten • Nichterholsamer Schlaf • Myalgie • Unproportional starke Erschöpfung nach Anstrengungen Ausschlussdiagnosen • Nachweisbare medizinische Erkrankungen, welche die Symptomatik erklären können • Vorherige nachweisbare medizinische Erkrankung, deren Resolution nicht eindeutig nachgewiesen werden kann und deren mögliche persistierende Aktivität die Symptomatik erklären könnte • Major Depression mit psychotischen, katatonen oder melancholischen Merkmalen, bipolare Störungen, Schizophrenie und psychotische Störungen, Demenz, Essstörungen • Alkohol-, Substanz- oder Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit innerhalb der letzten 2 Jahre vor Beginn der chronischen Erschöpfung • Starkes Übergewicht (BMI über 45) Einschlussdiagnosen • Klinische Syndrome, welche nur deskriptiv und nicht über labordiagnostische Marker definiert werden, wie z. B. Angststörungen, Fibromyalgie, somatoforme Störungen, Major Depression, Neurasthenie, multiple chemische Sensitivität etc. • Jede Störung oder Erkrankung, deren Symptomatik aufgrund aktueller und nachgewiesen adäquater Behandlung ausreichend gelindert sein sollte, wie z. B. Hypothyreose unter anhand von normalen TSH-Werten nachgewiesen adäquater Hormonsubstitution oder eine anhand von Lungenfunktionstests belegte erfolgreiche Asthmabehandlung • Jede Störung oder Erkrankung, welche vor Beginn der chronischen Erschöpfung mit wirksamen Medikamenten behandelt wurde, wie z. B. Lyme-Borreliose • Jede alleinstehende medizinisch unerklärte physiologische Auffälligkeit (medizinische Examination, Laborbefund, bildgebende Verfahren), die entweder als Beleg für eine organische Ursache der chronischen Erschöpfung nicht ausreicht, wie z. B. erhöhte antinukleäre Titer, oder welche nicht ausreichen, um die Diagnose einer diskreten Erkrankung zu rechtfertigen Beschreibung des Störungsbildes Klinisches Bild 7 Beschwerdebild Symptome sind permanent vorhanden und können durch Ruhe nicht vermieden werden. Anstrengungen führen zur Verschlechterung des Zustands 7 Funktionsbeeinträchtigung 7 Keine somatischen Ursachen Das 7Beschwerdebild des erschöpften Patienten ist von persistierender, starker und beeinträchtigender Erschöpfung gekennzeichnet. Darüber hinaus werden in der Regel weitere Beschwerden angegeben (. Tabelle 1). Die Symptome sind mit Schwankungen über den Tagesverlauf langfristig permanent vorhanden und können durch Ruhe bzw. Inaktivität nicht vermieden werden. Nach normalen psychischen und physischen Anstrengungen kommt es zu einer starken Verschlechterung des Zustands, der oft mit einer zeitlichen Verzögerung auftritt und über Tage andauern kann. Das Ausmaß der 7Funktionsbeeinträchtigung ist groß und umfasst alle Lebensbereiche. Für die erlebten Beschwerden können, trotz umfangreicher und wiederholter medizinischen Abklärungen, 7keine somatischen Ursachen gefunden werden. Der gesundheitliche Zustand wird meist nur als soweit kontrollierbar erlebt, dass eine kurzfristige Verschlechterung durch Belastungen und Aktivität vermieden werden kann. Epidemiologie Die Prävalenz ist von der Dauer der Erschöpfung und der untersuchten Population abhängig 7 Keine Krankheit der oberen sozialen Schichten 434 | Psychotherapeut 6 · 2004 Wie in . Abb. 3 ersichtlich, ist die Prävalenz von Erschöpfungszuständen von der Dauer der Erschöpfung und der untersuchten Population abhängig. Die Geschlechtsverteilung liegt bei :,5–2 (Männer zu Frauen). Entgegen der weitläufigen Meinung ist chronische Erschöpfung 7keine Krankheit der oberen sozialen Schichten. Vielmehr wird ein negativer sozioökonomischer Gradi- Weiter- und Fortbildung ent beobachtet, d. h. die Angehörigkeit zu einer tieferen sozialen Schicht und ein niedrigeres Bildungsniveau sind mit einem höheren Ausmaß und größerer Häufigkeit von Erschöpfung assoziiert. Verlauf und Prognose Betroffene Patienten können in der Regel einen bestimmten Zeitraum angeben, in dem die Beschwerden angefangen haben. Bei genauer Exploration zeigt sich aber oft schon vor dem wahrgenommenen Beginn der Störung eine Zunahme körperlicher Beschwerden. Der Beginn ist oft mit einer akuten Belastung (Infektionen, Unfälle, Operationen, Arbeitsbelastungen, Trennung vom Partner, Scheidung, Tod von Angehörigen etc.) assoziiert. Vor allem 7Infektionen werden als Auslöser angegeben. Es ist wichtig, hier nicht den Auslöser mit der Ursache gleichzusetzen, da nicht die Art oder Stärke der Infektion, sondern vielmehr das Ausmaß der schon vor der Infektion vorliegenden psychischen Belastung die Dauer der postinfektösen Erschöpfung vorhersagt (Hotopf et al. 996; Wessely et al. 995; White et al. 995). Zu Beginn ist der 7Verlauf der Beschwerden oft wechselhaft. Mit zunehmender Dauer stabilisiert sich aber das Beschwerdeniveau, meist auf Kosten einer zunehmenden Reduktion der Leistungsfähigkeit. Dieses 7Symptomplateau kann durch eine zunehmende Anpassung an die Beschwerden erklärt werden, d. h. über die Reduktion von Aktivität und Belastung wird zwar eine Kontrolle über die Symptome erreicht, welche aufgrund von 7physiologischer Dekonditionierung ein gleich bleibend hohes Niveau behalten. Ohne adäquate Behandlung können bei ca. 20% der Betroffenen Verbesserungen beobachtet werden, eine komplette Symptomfreiheit wird aber nur in Einzelfällen erreicht. Ungefähr die Hälfte betroffener Patienten weist langfristig keine Veränderungen auf, Verschlechterungen werden bei ca. 20% der Patienten beobachtet. Somatische Merkmale, wie z. B. Antikörpertiter auf verschiedene Viren, immunologischer Status, Immunglobulinserologien und Leberfunktionen, stehen in keinem Zusammenhang mit der Prognose. Der Beginn ist oft mit einer akuten Belastung assoziiert 7 Infektionen als Auslöser Der Auslöser ist nicht mit der Ursache gleichzusetzen 7 Verlauf wechselhaft 7 Symptomplateau 7 Physiologische Dekonditionierung Die Hälfte betroffener Patienten weist langfristig keine Veränderungen auf Diagnostik Definitionskriterien In Folge des verstärkten Forschungsinteresses seit 982 wurden mehrere Definitionskriterien (. Tabelle 2) vorgeschlagen. International hat sich die Bezeichnung 7„chronic fatigue syndrome“ (CFS, deutsch: chronisches Erschöpfungssyndrom) durchgesetzt, welches durch die sog. Fukuda-Kriterien (Fukuda et al. 994), . Tabelle 2) definiert wird. Um eine CFS-Diagnose vergeben zu können, müssen medizinische Erkrankungen (die dazu notwendigen Untersuchungen sind in . Tabelle 3 aufgeführt) und bestimmte psychische Störungen ausgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass eine Diagnose nur durch eine sowohl medizinische als auch psychologische Untersuchung vergeben werden kann. Es ist sinnvoll, dass Arzt und Psychologe/Psychotherapeut/Psychiater in der Diagnostik notwendige und sinnvolle Untersuchungen und deren Ergebnisse miteinander besprechen. 7 „Chronic fatigue syndrome“ Medizinische Erkrankungen und bestimmte psychische Störungen müssen ausgeschlossen werden. Diagnosestellung kann erst nach medizinischer und psychologischer Untersuchung erfolgen Einordnung in DSM und ICD Grundsätzlich sind chronische Erschöpfungszustände, welche nicht oder nicht adäquat durch einen medizinischen Krankheitsfaktor erklärt werden können, somatoforme Störungen. Im DMS-IV wird die 7undifferenzierte somatoforme Störung als diagnostisches Pendant des CFS angegeben und als Äquivalenzdiagnose zur Neurasthenie des ICD0 vorgeschlagen (DSM-IV, S. 55). Das ICD-0 bietet insgesamt 0 mögliche Diagnosen für chronische Erschöpfung an, wobei die dort gegebene Unterscheidung von 7Neurasthenie und 7myalgischer Enze- 7 Undifferenzierte somatoforme Störung 7 Neurasthenie 7 Myalgische Enzephalomyelitis Psychotherapeut 6 · 2004 | 435 Tabelle 3 Laboruntersuchungen beim CFS Empfohlene Laboruntersuchungen Nicht empfohlene Laboruntersuchungena • Blutbild inkl. Zelldifferenzierung der Leukozyten • Blutsenkung • Enzyme: CK total, GPT, alkalische Phosphatase • Proteine: Gesamtprotein, Albumin • Elektrolyte: Na, K, Ca, Phosphat • Glukose • Metaboliten: Harnsäure, Kreatinin • Schilddrüsenhormone (TSH, T3, FT4) • Urinanalyse • • • • • • Epstein-Barr-Virus-Serologie Retroviren-Serologie Enteroviren-Serologie Human-Herpesvirus-6-Serologie Candida-albicans-Test Immunologische Verfahren, z. B.: Natürliche-Killerzell-Assays Zytokin-Bestimmung T-Zell-Aktivierungsmarker-Bestimmung • Bildgebende Verfahren a Aufgeführte Untersuchungen können bei entsprechender Indikation eingesetzt werden, sind aber zur Routinediagnostik nicht geeignet Tabelle 4 Vorschlag für diagnostische Kriterien somatoformer Störungen von Rief u. Hiller (1999) Polysymptomatische somatoforme Störung • Mindestens 7 körperliche Symptome in mehreren Körperregionen ohne medizinische Erklärung • Mindestens eines der folgenden psychologische Symptome: 1. erhöhter Aufmerksamkeitsfokus auf körperliche Prozesse, 2. körperliche Empfindungen werden als Indikatoren einer vorliegenden Krankheit gedeutet, 3. Selbstkonzept als schwacher/nichtbelastbarer Mensch, 4. abnormales Krankheitsverhalten (häufige Arztbesuche oder starkes Vermeidungsverhalten) • Körperliche Symptome verursachen starke Belastung oder Beeinträchtigung • Bei vorliegender Komorbidität (z. B. affektive oder Angst-Störungen) persistieren die körperlichen Symptome, auch wenn keine Depressions- oder Angstsymptome vorliegen Spezifische somatoforme Störung • Mindestens ein körperliches Symptom ohne medizinische Erklärung • Starke Beeinträchtigung in mindestens 2 Lebensbereichen • Subtypen: Konversionsstörung, chronisches Erschöpfungssyndrom, Reizmagen/Reizdarm, somatoforme Schmerzstörung etc. 7 Polysymptomatische somatoforme Störung 7 Spezifische somatoforme Störung Die unter „funktionelle somatische Syndrome“ geführten Störungsbilder können als Subtyp der spezifischen somatoformen Störung beibehalten werden. Sollte bei Erfüllen der Kriterien eine CFS-Diagnose vergeben werden? 436 | Psychotherapeut 6 · 2004 phalomyelitis Anlass zu Kritik bietet. Die Bezeichnung myalgische Enzephalomyelits beruht auf einer ätiologischen Annahme von 955, die entzündliche Prozesse im zentralen Nervensystem als Ursache chronischer Erschöpfung postuliert, was aber bisher empirisch nicht validiert wurden (McEvedy u. Beard 970). Ein neuer und richtungsweisender Vorschlag stammt von Rief und Hiller (Rief u. Hiller 999). Sie unterscheiden die 7polysymptomatische somatoforme Störung von der 7spezifischen somatoformen Störung (. Tabelle 4). Dies hat den Vorteil, dass die unter dem Sammelbegriff funktionelle somatische Syndrome geführten Störungsbilder (wie z. B. auch CFS) als Subtyp der spezifischen somatoformen Störung beibehalten werden können und verfügbares spezifisches ätiologisches, diagnostisches und therapeutisches Wissen verwendet werden kann. Diagnosevergabe CFS: Pro und Kontra Sollte bei Erfüllen der Kriterien eine CFS-Diagnose vergeben werden? Eine Reihe von Punkten und Annahmen spricht dagegen: Weiter- und Fortbildung Abb. 3 9 Prävalenz von Erschöpfungszuständen in Abhängigkeit von Dauer und untersuchter Population Abb. 4 8 Psychobiologisches 3-Phasen-Modell F CFS ist keine ‚offizielle‘ (DSM- oder ICD-)Störungskategorie. F Die Spezifität ist gering (hohe Komorbidität mit anderen FSS und psychischen Störungen). F Das Label ‚CFS‘ wird oft mit dubiosen Ätiologiemodellen und Therapievorschlägen in Verbindung gebracht. F Die Ursachen sind nicht bekannt. F Die Diagnosevergabe verfestigt dysfunktionales Krankheitsverhalten (‚organische Ursache‘ → ‚Inaktivität und Schonungsverhalten‘). Soll deshalb von einer Vergabe einer CFS-Diagnose generell abgesehen werden? Für den betroffenen Patienten ist es oft sehr hilfreich, zu erfahren, dass es für seine Beschwerden einen Namen und daraus abgeleitet, auch eine Behandlung gibt. Solange also Patienten darüber aufgeklärt werden, dass die Diagnose CFS Für den betroffenen Patienten ist es oft sehr hilfreich, zu erfahren, dass es für seine Beschwerden einen Namen und eine Behandlung gibt. F eine rein deskriptive Störungsbezeichnung ist und F bisher keine spezifischen und objektiven somatischen Ursachen existieren, Psychotherapeut 6 · 2004 | 437 F die Diagnosevergabe nach bestem empirischen Wissen ein bestimmtes therapeutisches Vorgehen impliziert und F nicht v. a. nur das Ziel bzw. das Ende der Diagnostik, sonder vielmehr den Beginn der Therapie darstellt und F vorliegende komorbide psychische Störungen bei der Diagnose und der Therapie berücksichtigt werden, ist die Diagnosevergabe ‚CFS‘ einer anderen bzw. keiner Diagnose vorzuziehen. Ätiologie 7 Kein eindeutiger Hinweis auf eine unikausale Ursache 7 Interaktion psychologischer und somatischer Prozesse Die bislang 30-jährige Forschung hat bislang 7keinen eindeutigen Hinweis auf eine unikausale Ursache liefern können (zur Übersicht: Wessely et al. 998). Dieses Fehlen einer eindeutigen und spezifischen Ursache verdeutlicht die Notwendigkeit einer integrativen Perspektive, bei der die 7Interaktion psychologischer und somatischer Prozesse berücksichtigt wird. . Abbildung 5 gibt ein solches Modell graphisch wieder und soll anhand eines prototypischen Fallbeispiels erläutert werden. Auf die in . Abb. 4 dargestellte Begriffe soll dabei an der jeweiligen Stelle hingewiesen werden (z. B. Inaktivität). Falls notwendig oder sinnvoll, werden die im Fallbeispiel beschriebenen Prozesse und Zusammenhänge durch aktuelle empirische Befunde und Modelle (Vertiefung) ergänzt werden. Fallbeispiel Aufrechterhaltung 7 Schlafstörungen 7 Inaktivität 7 Depressionen, Ängste 7 Infektion 7 Kurzfristig: kompensatorische Anstrengungen 7 Überbelastungen 7 Depressionen, Ängste 7 Entwicklung somatischer Symptome 438 | Psychotherapeut 6 · 2004 Frau H. leidet seit 2 Jahren an chronischer Erschöpfung, Muskel- und Gelenkschmerzen, Konzentrationsproblemen und Sehstörungen. Sie hat verschiedene Ärzte aufgesucht, die ihr nicht helfen konnten. Sie ist der Überzeugung, dass in ihrem Immunsystem etwas nicht stimmt. In der . Sitzung legt sie detaillierte Symptomauflistungen und ein ausführliches Symptomtagebuch vor. Ihr Tagesablauf ist ihren Beschwerden angepasst, nur so kann sie vermeiden, dass die Beschwerden stärker werden. Ihre Schlafqualität (7Schlafstörungen) ist schlecht, sie wacht gegen 9.00 Uhr auf und fühlt sich genauso schlecht wie beim Einschlafen (Vertiefung ). Sie gibt an, dass es ihr eigentlich immer schlechter geht, sie kann zwar durch Schonung und Ruhe (7Inaktivität) eine Verschlechterung ihres Zustands vermeiden, aber insgesamt nehmen ihre Einschränkungen zu (Vertiefung 2). Sie betont, dass ihre Beschwerden nicht eingebildet sind, dass sie aber oft niedergeschlagen sei (7Depressionen, Ängste) und sich oft Sorgen macht (Vertiefung 3). Auslöser Am 3. Februar vor 2 Jahren bekam sie eine Grippe (7Infektion) und seitdem sind die Beschwerden eigentlich immer da. Anfangs gab es noch 7kurzfristige Verbesserungen, in denen sie dann versuchte, dass nachzuholen, was sie durch die ihre Beschwerden nicht erledigen konnte. Dies führte in der Regel dazu, dass ‚ihr Körper sich dafür rächte’. Dieses ‚Auf und Ab‘ konnte sie dann aber durch Einschränkungen von Belastungen (Hobbys, Ausgehen, Sport) kontrollieren. Vor Beginn der Beschwerden sei sie sehr im Stress gewesen. Aufgrund von personellen Umstrukturierungen in ihrer Arbeitsstelle sah sie sich mit sehr hohen Arbeitsbelastungen (7Überbelastungen) konfrontiert, die sie durch lange Arbeitszeiten zu bewältigen versuchte. Sie hatte Probleme mit einem Kollegen, was dazu führte, dass sie oft schlecht schlief und nicht mehr richtig abschalten konnte. Sie war oft niedergeschlagen und hat sich Sorgen gemacht (7Depressionen, Ängste), ob sie das alles schaffen werde. Schon vor dem Beginn ihrer chronischen Erschöpfung hatte sie oft Kopf- und Halsschmerzen und hatte auch öfter erhöhte Temperatur (7Entwicklung somatischer Symptome). Sie konnte sich bei der Arbeit oft nicht so gut konzentrieren, was sie durch noch Weiter- und Fortbildung Abb. 5 8 Aufrechterhaltende Prozesse bei chronischer Erschöpfung Abb. 6 8 Psychotherapeutisches Arbeitsmodell. (Mod. n. Grawe 1998) längere Arbeitszeiten und Arbeit am Wochenende zu kompensieren versucht (7Überlastung). Die Weihnachtsferien brachten nicht der erhofften Erholung, vielmehr kam es zu Problemen mit dem Partner, da Frau H. die meiste Zeit ‚kaputt‘ war. Anfangs Februar bekam sie dann eine Grippe (Vertiefung 4), von der sie sich einfach nicht mehr erholte (Vertiefung 5). Auf der Arbeit war es nach ihren Worten ‚die Hölle’, sie konnte ihr Pensum nicht erfüllen, wurde zunehmend kritisiert und war ‚total überlastet‘ (7Überbelastung). Nach 2 Wochen ging sie zum Arzt, der sie dann krankgeschrieben hat. Sie lag dann über 2 Wochen ‚auf dem Sofa’, was aber keine Besserung brachte. Sie hat sich oft gefragt, was mit ihr los sei. Seit sie im Internet gelesen hat, dass sie an einer organischen Krankheit leidet, ging es ihr aber wenigstens psychisch etwas besser. 7 Überlastung 7 Überbelastung Anlage Auf die Frage, wie sie denn vor Beginn der Beschwerden gewesen sei, reagiert Frau H. unwirsch und sagt, dass sie vorher keine Probleme hatte. Sie habe immer ihre Leistung gebracht (7Leistungsorientierung), war alles, nur nicht faul. Man konnte sich auf sie 00% verlassen, ihre Arbeit sei immer tadellos gewesen. Neben der Arbeit hatte sie noch ein reges soziales Leben, sie war in zahlreichen Vereinen und engagierte sich in ihrem Wohnquartier. Ein Motto von ihr war ‚Wenn andere mit Dir zufrieden sind, darfst Du es auch sein‘ (7Perfektionismus). Sie leidet heute sehr darunter, dass sie nichts mehr leisten kann, sie fühlt sich dann ‚leer’. Ihre Eltern hat sie als streng und gerecht erlebt, sie wusste immer genau, was sie machen musste, um Lob oder Anerkennung zu bekommen (7Orientierung an externer Bewertung; Vertiefung 6). Der Vater hatte oft Migräne, dann mussten die Kinder immer leise sein. Die Mutter war einmal längere Zeit im Krankenhaus, weshalb wurde nie besprochen. In der Schule hatte sie anfangs Probleme, sie war recht schüchtern. Ihre Eltern waren aber immer stolz, weil sie sehr gute Noten hatte (7Sozialisations-/Entwicklungsbedingungen). Sie machte sich auch oft Sorgen, dass die anderen sie nicht mehr mögen würden, wenn sie nicht mehr so viel Energie in die Beziehungen stecken würde (7Angst vor Zurückweisung). Mit ihren Eltern kann sie heute nicht über ihre Beschwerden reden, da diese für ihre Probleme wahrscheinlich kein Verständnis hätten. Sie sieht sie selten und wenn, lässt sie sich nichts anmerken (7Vermeidung von Schwäche). 7 Leistungsorientierung 7 Perfektionismus 7 Orientierung an externer Bewertung 7 Sozialisations-/Entwicklungsbedingungen 7 Angst vor Zurückweisung 7 Vermeidung von Schwäche Psychotherapeut 6 · 2004 | 439 F Vertiefung : Schlafstörungen und Inaktivität Selektiver Schlafentzug führt zu Muskelschmerzen (Moldofsky u. Scarisbrick 976). Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus führt zu hormonellen Veränderungen, wie sie auch bei chronisch Erschöpften beobachtet werden kann (Leese et al. 996). F Vertiefung 2: Sekundäre somatische Veränderungen Je länger die Dauer seit Beginn der Beschwerden, desto stärker sind die hormonellen Veränderungen (Gaab et al. 2004). Enger Zusammenhang zwischen Funktion des autonomen Nervensystems und Aktivitätsniveau bei chronisch Erschöpften (Freeman u. Komaroff 997). Reduzierte Muskelkraft bei chronisch Erschöpften im Vergleich zu Gesunden (Fulcher u. White 2000). F Vertiefung 3: Depressionen und Ängste Bei chronisch Erschöpften ist das Ausmaß der psychischen Belastung eng mit dem Ausmaß der hormonellen Veränderung assoziiert (Gaab et al. 2004). F Vertiefung 4: Stress und Infektion Experimentelle Infizierung: Risiko einer Infektion der oberen Rachenwege steigt mit dem Ausmaß der Stressbelastung (Cohen et al. 99). F Vertiefung 5: Rekonvaleszenz Das Ausmaß der psychischen Belastung und der Erschöpfung vor der Infektion sind die stärksten Prädiktoren für chronische Erschöpfung nach einer nachgewiesenen Infektion (Wessely et al. 995). Die Dauer der Wundheilung nach einer Verletzung wird durch Stress und Kortisolspiegel beeinflusst (Ebrecht et al. 2004). F Vertiefung 6: Sozialisations-/Entwicklungsbedingungen Anerkennung durch Eltern bei Erreichen der elterlichen Erwartungen, hohe Leistungsstandards, auf Äußerung von Problemen oder negativen Gefühlen wird mit Ablehnung und/oder Schuldzuweisung reagiert (Surawy et al. 995). Hohe Prävalenz von emotionaler Vernachlässigung (48,4%), emotionaler Belastung (37,9%), körperlichen Missbrauchs (23,2%) in der Kindheit/Adoleszenz (Van Houdenhove et al. 200). Persönlichkeitsstörungen werden verstanden als überdauernde Muster der Wahrnehmens, der Beziehungsgestaltung und des Denkens über die Umwelt und über sich selbst 7 Formale Ähnlichkeiten zwischen Persönlichkeitsstörungen und somatoformen Störungen Die Haltungen, Gefühle und Verhaltensweisen, welche die somatoforme Störung kennzeichnen, sind Folgen einer Störung bzw. Dysfunktion von wichtigen Bereichen der Persönlichkeit 7 Überwiegen von Vermeidungszielen Prämorbide Verhaltensweisen stellen funktionierende Strategien dar, um eine Beschäftigung mit Problemen zu vermeiden. Aufgrund von chronischer Überbelastung steigt das Risiko für die Entwicklung psychischer und somatischer Beschwerden an 7 Berufliche Konflikte, Ehetrennung und Zunahme von beruflicher Belastung 440 | Psychotherapeut 6 · 2004 Inhaltliche und zeitliche Zusammenhänge Das beschriebene Fallbeispiel verdeutlicht, dass das Verhalten und Erleben betroffener Patienten auf dem Hintergrund der Persönlichkeit erklärbar wird bzw. nachvollziehbar ist. Ohne Persönlichkeitsstörungen und somatoforme Störungen inhaltlich gleichsetzen zu wollen, weisen die grundlegenden Muster von Persönlichkeitsstörungen, verstanden als überdauernde Muster der Wahrnehmens, der Beziehungsgestaltung und des Denkens über die Umwelt und über sich selbst (zitiert aus DSM-IV, S. 72) 7formale Ähnlichkeiten zu den prämorbiden maladaptiven Verhaltensweisen chronisch Erschöpfter in dem Sinne auf, dass die Haltungen, Gefühle und Verhaltensweisen, welche die somatoforme Störung kennzeichnen, Folgen einer Störung bzw. Dysfunktion von wichtigen Bereichen der Persönlichkeit sind (übersetzt aus: Bass u. Murphy 995, S. 423–424). Ein grundlegendes Problem ist das 7Überwiegen von Vermeidungszielen, d. h. das Verhalten und Erleben von Betroffenen ist größtenteils nicht auf das Erreichen von positiven, sondern vielmehr auf das Vermeiden negativer Ziele ausgerichtet. In diesem Verständnis stellen die beschriebenen prämorbiden Verhaltensweisen aus Sicht des Patienten sinnvolle und tatsächlich auch in vielen Fällen langfristig funktionierende Strategien dar, um eine Beschäftigung mit den grundsätzlichen Problemen (niedriger Selbstwert, Vermeiden von Schwäche, Angst vor Zurückweisung, etc.) zu vermeiden. Die prämorbid gezeigte Leistungsbereitschaft ist aber nur solange ein funktionierendes Bewältigungsverhalten bis aufgrund von chronischer Überbelastung das Risiko für die Entwicklung psychischer und somatischer Beschwerden ansteigt. Wenngleich der Beginn meist als akut und plötzlich wahrgenommen wird, lassen sich schon Monate vor dem eigentlichen Beginn der Störung bestimmte somatische Beschwerden sowie eine erhöhte Stressbelastung, v. a. in den Bereichen 7berufliche Konflikte, Ehetrennung und Zunahme von beruflicher Belastung, feststellen (Theorell et al. 999). Weiter- und Fortbildung Auf dem Hintergrund der beschriebenen prädisponierenden Persönlichkeit führen diese kritischen Ereignisse zu einer Aktivierung der 7dysfunktionalen Schemata („Warum schaffe ich es nicht?“, „Ich muss mich mehr anstrengen!“, „Ich darf nicht versagen“) und entsprechenden verhaltensmäßigen und emotionalen Reaktionen. Da die bisherigen Verhaltensweisen in der Regel nicht in reflektiert, evaluiert und verändert werden, sondern im Sinne von 7‚mehr hilft mehr‘ eingesetzt werden, entsteht ein 7Teufelskreis aus Erschöpfung, Abnahme der Leistungsfähigkeit und kompensatorischer Anstrengung. Diese Bewältigungsverhalten werden solange weitergeführt, bis dies aufgrund der zunehmenden somatischen Beschwerden und damit einhergehender Funktionsbeeinträchtigung nicht mehr möglich ist. Bis dahin können die beschriebenen Prozesse zwar erklären, warum jemand i.e.S. erschöpft ist bzw. i.w.S. somatische Symptome entwickelt, es stellt sich aber die Frage, warum diese Beschwerden nicht wieder abnehmen, da ja die Belastungen in der Regel (erzwungenermaßen) auf ein Minimum reduziert werden. Einerseits kann eine mittelfristige 7Symptompersistenz durch die beschriebenen stressbedingten psychobiologischen Veränderungen erklärt werden, die sich nicht spontan normalisieren. Andererseits spielt wiederum das Erleben und Verhalten des Betroffenen eine bedeutende Rolle. Im Sinne einer Unterscheidung von 7Gründen, warum jemand eine Krankheit bekommt, und 7Gründen, warum sich jemand von dieser Krankheit nicht erholt (Halliday 943) können die angesprochenen prädisponierenden und auslösenden Aspekte als 7störungsunspezifisch = individuumsspezifisch, die aufrechterhaltenden Faktoren hingegen als störungsspezifisch betrachtet werden. In zahlreichen prospektiven Studien konnte gezeigt werden, dass eine somatische Krankheitsattribution einen grundlegenden aufrechterhaltenden und erschöpfungsspezifischen Faktor darstellt, der weitreichende emotionale, behaviorale und auch physiologische Konsequenzen hat (. Abb. 5). Wie kommt es zu diesen 7subjektiven Krankheitsmodellen? Prinzipiell ist es denkbar, dass eine somatische Krankheitsattribution eine 7Folge fehlender oder falscher Informationen ist. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass eine zeitlich sehr begrenzte Minimalintervention (Psychoedukation + individuelle Planung eines Aktivitätsprogramms) bei 69% der untersuchten Patienten zu Verbesserungen führt (Powell et al. 200). Eine aussschließliche Erklärung durch ein ‚Nicht-Wissen‘ bzw. ‚Nicht-besser-Wissen‘ ist aber nicht plausibel, da viele Patienten (und eigentliche alle Selbsthilfevereinigungen) die Rolle psychischer Aspekte und des Krankheitsverhaltens marginalisieren, ausblenden bzw. aktiv bekämpfen. Aus Sicht der beschriebenen prädisponierenden Persönlichkeit erfüllt eine solche somatische Krankheitsattribution eine psychische Funktion, d. h. die Attribution auf z. B. eine chronische, bisher unbekannte Virusinfektion, schützt vor der Übernahme einer eigenen (direkten oder indirekten) Verantwortlichkeit für den erlebten Gesundheitszustand. Es ist auf diesem Hintergrund nachvollziehbar, dass chronisch erschöpfte Patienten mit einer somatischen Krankheitsattribution zwar mehr Symptome und größere Beeinträchtigung, aber weniger depressive und ängstliche Symptome als Patienten mit nichtsomatischer Kausalattribution aufweisen (Chalder et al. 996). 7 Dysfunktionale Schemata 7 ‚Mehr hilft mehr‘ 7 Teufelskreis aus Erschöpfung, Abnahme der Leistungsfähigkeit und kompensatorischer Anstrengung 7 Symptompersistenz durch stressbedingte psychobiologischen Veränderungen 7 Gründe, warum jemand eine Krankheit bekommt 7 Gründe, warum sich jemand von dieser Krankheit nicht erholt 7 Störungsunspezifisch = individuumsspezifisch Die aufrechterhaltenden Faktoren werden als störungsspezifisch betrachtet 7 Subjektive Krankheitsmodelle 7 Folge fehlender oder falscher Informationen Eine aussschließliche Erklärung durch ein ‚Nicht-Wissen‘ bzw. ‚Nicht-besserWissen‘ ist nicht plausibel Konsequenzen für die Psychotherapie chronischer Erschöpfungszustände Patienten mit somatischer Krankheitsattribution weisen zwar mehr Symptome und größere Beeinträchtigung, aber weniger depressive und ängstliche Symptome auf als solche mit nichtsomatischer Kausalattribution Welche 7therapeutischen Ansatzpunkte liefert das beschriebene Ätiologiemodell? 7 Therapeutische Ansatzpunkte Berücksichtigung störungsunspezifischer = individuumsspezifischer Prozesse Wie dargestellt, sind die aufrechterhaltenden Prozesse auf dem Hintergrund der beschriebenen Persönlichkeitsfaktoren nachvollzieh- und verstehbar (. Abb. 6), d. h. es besteht eine funktionale Beziehung. Je nach vorliegendem Ausmaß der 7Funktionalität sind deswegen die Möglichkeiten und der Erfolg einer psychotherapeutischen Behandlung maßgeblich von der 7Berücksichtigung und Bearbeitung der störungsunspezifischen Aspek- 7 Funktionalität 7 Berücksichtigung und Bearbeitung der störungsunspezifischen Aspekte Psychotherapeut 6 · 2004 | 441 te abhängig (. Abb. 6). Bei Nichtberücksichtigung kann dies zur Folge haben, dass der Patient sich entweder erst gar nicht auf eine Psychotherapie einlässt oder von dieser wenig oder nur kurzfristig profitiert. Dieser Problematik kann durch gezielte Maßnahmen begegnet werden: Komplementäre Beziehungsgestaltung Eine geplante Gestaltung der therapeutischen Beziehung ist oft Grundlage und Voraussetzung einer Behandlung 7 Komplementäres Verhalten zu den zugrunde liegenden Wünschen und nicht zum Verhalten an sich Eine problematische Beziehung zwischen Psychotherapeut und Patient ist quasi ein inoffizielles Definitionskriterium chronisch erschöpfter Patienten. Eine geplante Gestaltung der therapeutischen Beziehung ist oft Grundlage und Voraussetzung einer Behandlung von CFS-Patienten. Das Ziel besteht darin, den Patienten in seinen impliziten Interaktionszielen zu bestätigen, sodass das problematische explizite Interaktionsverhalten reduziert und der Weg für relevante und zentrale Themen frei wird, indem man sich 7komplementär zu den dem Verhalten zugrunde liegenden Wünschen und nicht zum Verhalten an sich verhält. Eine einfache und schnelle Art, die interaktionellen Pläne des Patienten zu erschließen, besteht darin, sich folgende Fragen zu beantworten und in verbales und nonverbales Verhalten zu ‚übersetzen’: F Was löst der Patient mit seinem Verhalten/Gesagten bei mir aus? Worauf lässt dies schließen? Was will er damit bei mir erreichen? F Was muss ich verbal und nonverbal vermeiden, um den Patienten nicht zu verletzen? F Was muss ich verbal und nonverbal tun, damit der Patienten sich verstanden und wertgeschätzt fühlt? Sicherstellung der Psychotherapiemotivation 7 Einigkeit über Notwendigkeit, Begründung, Angemessenheit, Ziele und Vorgehensweisen von Psychotherapie Das 1. Gespräch ist das Nadelöhr der Therapie 7 Transtheoretisches Modell Chronisch erschöpfte Patienten kommen aus den unterschiedlichsten Gründen und mit den unterschiedlichsten Zielsetzungen zum Psychotherapeuten. Nur selten besteht zwischen Therapeut und Patient 7Einigkeit über Notwendigkeit, Begründung, Angemessenheit, Ziele und Vorgehensweisen von Psychotherapie. Das . Gespräch ist somit als Nadelöhr der Therapie zu sehen und ist deshalb von großer Bedeutung. Folgende Punkte sind zu beachten: F Patienten haben oft eine ablehnende Haltung gegenüber Psychotherapeuten. F Viele CFS-Patienten kommen zum Psychotherapeuten, um diesem zu zeigen, dass sie ihn nicht brauchen. F Chronisch erschöpfte Patienten wissen oft gar nicht, was Psychotherapie ist bzw. wie diese funktioniert. F Schon der Kontakt mit einem Psychotherapeuten kann zu einer Aktivierung maladaptiver Bewältigungsmuster führen. Zur Einschätzung der Veränderungsmotivation (. Tabelle 4, 5) können anhand des 7Transtheoretischen Modells (. Tabelle 4) verschiedene Phasen unterschieden werden, die als hilfreicher Ansatzpunkt für die inhaltliche und zeitliche Gestaltung der Therapie genutzt werden können. Gründe für eine fehlende Psychotherapiemotivation 7 Funktionalität der subjektiven Krankheitsmodelle 7 Fehlende oder falsche Informationen 7 Kosten-Nutzen-Verhältnis 442 | Psychotherapeut 6 · 2004 F 7Funktionalität der subjektiven Krankheitsmodelle, d. h. eine Befindlichkeitsverbesserung durch Psychotherapie ist nicht ohne akzeptabel (im Sinne von: Wenn etwas durch Psychotherapie besser wird, bedeutet dies auch, dass psychische Ursachen vorliegen), F 7fehlende oder falsche Informationen über die Vorgehensweise und Indikation von Psychotherapie, F negatives 7Kosten-Nutzen-Verhältnis (z. B. unzureichender Leidensdruck, Verlust von materiellen und sozialen Störungsgewinn). Weiter- und Fortbildung Tabelle 5 Transtheoretische Veränderungsphasen. (Mod. in Anlehnung an Maurischat et al. 2002) Phase Inhaltliche Definitionsbeispiele Sorglosigkeit („precontemplation“) Ich bin überzeugt, dass es ein Medikament gibt, mit dessen Hilfe ich meine chronische Erschöpfung loswerden kann. Es gibt nichts, was ich selber ändern kann. Bewusstwerden („contemplation“) Ich bin mir nicht sicher, ob ich meine Erschöpfung beeinflussen kann/Ich beginne zu vermuten, dass es keine ausschließlich medizinische Erklärung meiner Erschöpfung gibt. Vorbereitung („preparation“) Ich habe ernsthafte Absichten, mit meiner Erschöpfung anders umzugehen/Ich werde in naher Zukunft Hilfe in Anspruch nehmen, um besser mit meiner Erschöpfung umgehen zu können. Handlung („action“) Ich arbeite aktiv daran, mit meiner Erschöpfung anders umzugehen/Ich lerne in letzter Zeit verschiedene Strategien, um mit meiner Erschöpfung besser umgehen zu können. Aufrechterhaltung („maintenance“) Wenn sich meine Symptome verschlimmern, weiß ich was ich tun kann und lasse mich nicht aus dem Konzept bringen. Tabelle 6 Beispiel eines AAA Ausgangslage = grüner Bereich: Langsames Gehen bis zum Bäcker und retour (2×800 m) ohne Symptomverschlechterung jeden Tag möglich Steigerung (Intensität und Art): • 5% (=>1600 m x0,05=80 m) alle 4 Wochen, d. h. • 1. Steigerungsmonat: 1680 m jeden Tag, • 2. Steigerungsmonat: 1760 m jeden Tag, • 3. Steigerungsmonat: 1840 m jeden Tag, etc. ... 12. Steigerungsmonat: 2560 m (->60% Steigerung in einem Jahr) Es ist sinnvoll und oft notwendig, diese Problembereiche explizit anzusprechen und deren Bearbeitung in der Therapie Platz einzuräumen. Modifikation störungsspezifischer Prozesse Zentrales Ziel einer psychotherapeutischen Behandlung ist die Modifikation störungsspezifischer, aufrechterhaltender Aspekte (. Tabelle 6, 7), wie z. B. somatisches Krankheitsmodell, Inaktivität, Schlafstörungen, Tagesstruktur. Die Einleitung und Planung störungsspezifischer Interventionen basiert auf dem 7individuellen Fallverständnis. Es bietet sich an, die individuellen Ätiologievorstellungen mit dem Patienten aktiv zu diskutieren und entsprechend mit dem Patienten mögliche Veränderungsansätze zu besprechen und zu planen. Zentraler Bestandteil ist der 7allmähliche Aktivitätsaufbau (AAA). Auf Basis eines individuellen 7grünen Bereichs soll in kleinen Schritten ein größerer Leistungsbereich erreicht werden (. Tabelle 5). Diese Maßnahmen können durch eine Tagesstrukturierung unterstützt werden, bei der kleine 7Aktivitäts- und Ruheinseln zunehmend zusammengefasst werden, sodass eine normale zirkadiane Rhythmik entstehen kann. Entsprechend ist es sinnvoll, diese Maßnahmen durch Modifikation des Schlafverhaltens zu flankieren. In der Regel treten bei der Initiierung und Durchführung dieser Massnahmen Probleme auf, welche als Anhaltspunkte für klärungsorientierte Interventionen, wie z. B. 7kognitive Umstrukturierung subjektiver Krankheitsmodelle (Stavemann 2002) und 7Explizierung internaler Determinanten des Erlebens und Verhaltens (Sachse 996) genutzt werden können. Auch wenn beide Methoden es zum Ziel haben, grundlegende Annahmen des Patienten und deren Zusammenhang zum Erleben und Verhalten des Patienten herauszuarbeiten, bestehen Unterschiede in der Art und Weise, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Bietet der Einsatz kognitiver Strategien eine gute Möglichkeit, individuelle Konstruktionen rational zu überprüfen, so wird im Rahmen der Explizierung eher über Ziel ist die Modifikation z. B. des somatischen Krankheitsmodells, der Inaktivität, von Schlafstörungen oder der Tagesstruktur 7 Individuelles Fallverständnis 7 Allmählicher Aktivitätsaufbau (AAA) 7 Grüner Bereich 7 Aktivitäts- und Ruheinseln Probleme dienen als Anhaltspunkte für klärungsorientierte Interventionen 7 Kognitive Umstrukturierung subjektiver Krankheitsmodelle 7 Explizierung internaler Determinanten des Erlebens und Verhaltens Psychotherapeut 6 · 2004 | 443 Tabelle 7 Explizierungsfördernde Interventionen. (Nach Sachse 1996) Explizierungsfördernde Interventionen Beispiel/Erläuterung Vorstellungen auf sich wirken lassen Lassen Sie die Situation einmal auf sich wirken, was löst das bei Ihnen für Empfindungen und Gefühle aus? Halten am Gefühl Patient sagt, er habe ein komisches Gefühl und versucht ein anderes Thema anzusprechen: Ich merke, dass es nicht einfach für Sie ist, darüber zu sprechen, aber bleiben wir bei diesem komischen Gefühl, können Sie dies noch genauer beschreiben? Was- anstelle von Warum-Fragen Was passiert da? Was löst das bei Ihnen aus? Was verbinden Sie mit diesem Gefühl? -->Aufmerksamkeitslenkung auf aktuell ablaufende Prozesse: Warum ist das für Sie wichtig? Warum fühlen Sie so? -->Anregung von Erklärungen, Diskussionen, Fokus auf ‚Metaebene‘ Arbeiten mit körperlichem Empfinden P: Als ich den unordentlichen Garten sah, wurde ich ganz nervös, T: Diese Nervosität, was passiert da in Ihnen? Emotionsgeleitete Situationsdifferenzierung Gefühle als Indikator für persönlich relevante Aspekte von komplexen Situationen betrachten, d. h. was genau hat den P in der Situation X so traurig gemacht. Gefühle markieren und validieren Nehmen Sie dieses Gefühl ernst! Was möchte Ihnen dieses Gefühl Wichtiges mitteilen? den Fokus auf Emotionen ein Bewusstsein erarbeitet, warum der Patient sich in der betreffenden Situation so und nicht anders gefühlt und verhalten hat (. Tabelle 6). Berücksichtigung somatischer Veränderungen 7 Funktionelle somatische Veränderungen 7 Körperliche Fitness 7 Hormonsysteme 7 Immunologische Prozesse Über eine Veränderung des Krankheitsverhaltens ist eine Veränderung somatischer Prozesse zu erwarten. Die funktionellen somatischen Veränderungen sind Mediator zwischen den psychischen Prozessen und den Symptomen 7 ‚Einfache‘ Patienten 444 | Psychotherapeut 6 · 2004 Die erlebten Symptome sind, in einem bestimmten Ausmaß, die Folge 7funktioneller somatischer Veränderungen, welche – in gewissem Maße – sekundärer Natur sind, d. h. Folgen des Krankheitsverhaltens des Patienten. Inhaltlich zu nennen und empirisch nachgewiesen sind v. a. Veränderungen der 7körperlichen Fitness, Veränderungen bestimmter 7Hormonsysteme und damit verbunden, eine gestörte Regulation bestimmter 7immunologischer Prozesse. Dies bedeutet, dass über Veränderung des Krankheitsverhaltens eine Veränderung dieser somatischen Prozesse zu erwarten ist. Wie weit diese Veränderungen reichen, d. h. ob eine langfristige Normalisierung möglich ist, ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Zu beachten ist, dass diese funktionellen somatischen Veränderungen nicht als primäre Ursache zu betrachten sind, sondern vielmehr als Mediator zwischen den angesprochenen psychischen Prozessen und den Symptomen. Fazit für die Praxis Aufgrund der vielen möglichen Ursachen chronischer Erschöpfung ist deren psychotherapeutische Behandlung nur bedingt durch ein klares störungsspezifisches Vorgehen gekennzeichnet. Vielmehr ist es sinnvoll, individuumspezifische Problembereiche zu berücksichtigen und zu bearbeiten, um dadurch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Psychotherapie zu schaffen. Dies trifft zwar auch für Patienten anderer Störungsbilder zu, bei Patienten mit chronischer Erschöpfung ist dies aber oft die einzige Möglichkeit, eine Therapie zu beginnen und durchzuführen. Die generelle ätiologische Annahme besteht darin, dass bestimmte Problembereiche und das dabei gezeigte Problembewältigungsverhalten sowohl der Entstehung als auch der Aufrechterhaltung zugrunde liegen, auch wenn das vor und nach Beginn der Beschwerden gezeigte Erleben und Verhalten sich unterscheiden kann. Ziel der Psychotherapie ist die Modifikation aufrechterhaltender Prozesse und der damit verbundenen physiologischen Veränderungen, ohne die individuellen Probleme und das dabei gezeigte Problembewältigungsverhalten therapeutisch zu vernachlässigen. Das Ausmaß dieser Berücksichtigung ist abhängig vom vorliegenden Ausmaß der funktionellen Beziehung. Das bedeutet, dass bei 7‚einfachen‘ Patienten innerhalb weniger Ter- Weiter- und Fortbildung mine die gemeinsame Erarbeitung eines individuellen Erklärungsmodells und der Ableitung und Planung sinnvoller Verhaltensveränderungen ausreichend sein kann, wohingegen bei 7‚schwierigen‘ Patienten eine Bearbeitung aufrechterhaltender Prozesse erst nach 10–15 Terminen und geplanter Bearbeitung der Beziehungsgestaltung und Therapiemotivation möglich wird. Entsprechend geht eine solche Therapie dann auch über die Modifikation des Aktivitätsniveaus hinaus und versucht, mit dem Patienten individuelle Probleme zu klären und zu bewältigen. 7 ‚Schwierige‘ Patienten Korrespondierender Autor Dr. phil. J. Gaab Klinische Psychologie und Psychotherapie, Psychologisches Institut der Universität Zürich, Zürichbergstraße 43, 8044 Zürich, Schweiz E-Mail: [email protected] Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Literatur Bass C, Murphy M (1995) Somatoform and personality disorders: syndromal comorbidity and overlapping developmental pathways. J Psychosom Res 39: 403–427 Chalder T, Power MJ, Wessely S (1996) Chronic fatigue in the community: ‚a question of attribution’. Psychol Med 26: 791–800 Cohen S, Tyrrell DA, Smith AP (1991) Psychological stress and susceptibility to the common cold. N Engl J Med: 325: 606–612 Ebrecht M, Hextall J, Kirtley LG, Taylor A, Dyson M, Weinman J (2004) Perceived stress and cortisol levels predict speed of wound healing in healthy male adults. 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