Korrektur von Ametropien durch Implantation phaker Intraokularlinsen T. C. Kreutzer, M. Dirisamer, F. Dirisamer, N. Klaida, S. Priglinger Zusammenfassung Die Korrektur von Ametropien durch die Implantation phaker Linsenimplantate ist ­heute eine weitere gute Option für den refraktiven Chirurgen. Die untersuchten Linsen­ implantate erreichen Refraktionsergebnisse, die in ihrer Präzision an die hornhaut­ refraktive Excimer-Chirurgie trotz Korrektur auch hoher Ametropien heranreichen. In dem untersuchten Patientenkollektiv blieben schwerwiegende Komplikationen über den Untersuchungszeitraum aus. Summary Phakic intraocular implants today are a good option for the refractive surgeon to cor­ rect ametropy. The lens models studied in this investigation showed refractive results challenging the precision of corneal excimer surgery even in high ametropy. No serious complications were seen during the study period in the treated eyes. Problemstellung Die Korrektur von Ametropien durch phake Linsenimplantate war lange Jahre auf­ grund der immer wiederkehrenden Berichte über schwerwiegende Komplikationen wie Hornhautdekompensation durch Endothelzellverlust, Sekundärglaukom und chronische intraokulare Reizzustände ein von wenigen angewandtes Verfahren in der refraktiven Chirurgie. Nicht zuletzt durch die Ergebnisse einer umfangreichen Datenanalyse der Cochraine Foundation aus dem Jahr 2010 sowie durch die Ent­ wicklung neuer Implantate durch die Industrie erlebt diese Korrekturform eine Renaissance [1]. Es wird zwischen den kammerwinkel- und irisgestützten Vorder­ kammerimplantaten und den Hinterkammerimplantaten unterschieden. Dabei ist für die langfristige Sicherheit ein ausreichender Abstand des jeweiligen Implantates zum Endothel von mindestens 1,5 mm über die gesamte Implantatfläche wichtig, um Endothelzellverlust zu vermeiden. Zusätzlich sollte der Abstand zur natürlichen Linse mindestens 500 µm betragen, um eine Zunahme der Linsendicke durch Al­ terswachstum und Akkommodationsvorgänge auszugleichen und einer frühzei­ tigen Kataraktentwicklung vorzubeugen. Die präsentierte Untersuchung sollte die Ergebnisse von zwei phaken Implantaten in der Korrektur von Ametropien unter­ suchen. Bei den Implantaten handelte es sich um die Alcon® Acrysof ® Cachet®, ein 76 Kreutzer et al.: Korrektur von Ametropien durch Implantation phaker Intraokularlinsen kammerwinkelgestützes Vorderkammerimplantat zur Korrektur von mittlerer bis hoher ­Myopie zwischen –6 dpt und –16 dpt sowie um die Staar® ICL®, eine phake Hinter­ammerlinse für die Korrektur von Hyperopie und Myopie zwischen +8 dpt und –18 dpt sowie Astigmatismen bis 6 dpt in einer torischen Variante. Patienten und Methoden Es wurden 31 Augen von 16 Patienten untersucht. Dabei wurde fünfmal binoku­ lar und in einem Fall monokular eine ICL® implantiert (Gruppe 1), zehnmal wurde eine Alcon® Acrysof ® Cachet® (Gruppe 2) binokular eingesetzt. Das Alter der unter­ suchten Patienten und Patientinnen betrug im Mittel 31 Jahre (21 bis 45 Jahre). In sechs Augen wurde ein primär geplantes Bioptics-Verfahren angewandt (phakes Im­ plantat + Excimer-Hornhautkorrektur nach drei Monaten), in vier Augen in Gruppe 2 mit einem Astigmatismus von ≥2 dpt und in zwei Augen in Gruppe 1 bei sehr hoher Myopie, die vorhersehbar durch das Implantat allein nicht vollständig korrigierbar war. Die Auswertung der Präzision der Linsenkorrektur erfolgte bei diesen Patienten zum Zeitpunkt Monat drei noch vor durchgeführter Excimer-Chirurgie. Insgesamt wurden alle Augen sechs Monate nachbeobachtet. Bei allen Augen wurde präoperativ eine vollständige augenärztliche Unter­ suchung inklusive spaltlampenmikroskopischer Funduskopie in Mydriasis und applanatorischer Tensiomessung durchgeführt. Zusätzlich erfolgte neben einer übli­chen subjektiven Refraktionsbestimmung inklusive Rot-grün-Abgleich eine wei­ tere Refraktionsbestimmung in Cycloplegie. Technische Untersuchungen beinhal­ teten Biometrie mittels Interferometrieverfahren (Zeiss® IOLMaster®), ScheimpflugAnalyse (Oculus® Pentacam®), Vorderabschnitts-OCT (Heidelberg Engineering®), Ultraschallpachymetrie (Tomey SP-100®), Pupillometrie (Colvard®) und manuelle Endothelzellbestimmung (Topcon SP-3000P®). Eine von Endothelseite gemessene Vorderkammertiefe von mindestens 2,8 mm wurde für die Implantation beider Lin­ senimplantate vorausgesetzt. Ergebnisse Das präoperative sphärische Äquivalent lag in Gruppe 1 zwischen –25,75 dpt und +7 dpt (Ø –8,12 dpt) und zwischen –12 dpt und –6 dpt (Ø –7,7 dpt) in Gruppe 2. In Gruppe 1 fanden sich Astigmatismen zwischen 5,5 dpt und 0,5 dpt (Ø 2,2 dpt), in Gruppe 2 zwischen 2,5 dpt und 0,25 dpt (Ø 1,1 dpt). Die Präzision der Korrektur im Sinne einer Abweichung von dem präoperativ berechneten zum postoperativ er­ zielten sphärischen Äquivalent lag in Gruppe 1 zwischen –0,48 dpt und +0,68 dpt (Ø –0,11 dpt) und in Gruppe 2 zwischen –0,38 dpt und +0,25 dpt (Ø –0,06 dpt). Alle Augen in beiden Gruppen erreichten einen unkorrigierten Fernvisus von 0,63, in drei von elf Augen (73 %) lag er bei ≥0,8 in Gruppe 1 und in 17 von 20 Augen (85 %) in 77 Phake IOL Gruppe 2. Kein Auge in beiden Gruppen erlitt durch den Eingriff einen Zeilenver­ lust hinsichtlich des bestkorrigierten Fernvisus vor gegenüber sechs Monaten nach dem Eingriff. Der Endothelzellzahlverlust nach sechs Monaten betrug in Gruppe 1 im Mittel 3,1 % (1,1 bis 6,3 %), in Gruppe 2 im Mittel 3,6 % (1,0 bis 7,5 %). Als Komplika­ tionen traten in Gruppe 1 und 2 in jeweils einem Auge eine medikamentös regulier­ bare, kurzfristige Tensioentgleisung auf. In Gruppe 1 kam es in einem Auge zu einer mechanisch durch den Optikrand verursachten Verhinderung einer unbeeinflusst vollständigen Myosisreaktion der Pupille in einem hochmyopen Auge durch ein zu starkes Vaulting der Linse. Dies ließ sich durch ein Drehen der IOL aus der horizon­ talen Implantationslage in eine vertikale Position beheben. Die Ergebnisse der behandelten Patienten zeigen sowohl für die Gruppe 1, als auch für die Gruppe 2 eine sehr hohe Präzision im Erreichen des erstrebten Refrak­ tionsergebnisses auch bei der Korrektur hoher Ametropien. Diese Ergebnisse sind in Einklang mit publizierten Daten zu dem jeweiligen Implantat [2, 3, 4]. Alle Augen in beiden Gruppen erreichten eine Korrektur mit einer maximalen Abweichung von ±0,75 dpt um das errechnete Ziel, alle Augen in Gruppe 2 und 82 % der Augen in der Gruppe 1 lagen innerhalb ±0,5 dpt um das sphärische Äquivalent des Refrak­ tionsziels. Der Endothelzellverlust in den ersten sechs Monaten liegt im Bereich des in der Literatur beschriebenen [2, 3, 4]. Die wenigen aufgetretenen Komplikationen konnten entweder konservativ oder in einem Auge durch einen kurzen erneuten Eingriff behoben werden. Kein Linsenimplantat musste entfernt werden. Da die Implantation heute ohne Weiteres in Tropfanästhesie durchführbar ist, findet diese Korrekturmethode auch zunehmende Akzeptanz unter den Patienten. Eine ausführ­ liche präoperative Diagnostik mit entsprechender, für das jeweilige Linsenimplantat angepasster Bildgebung zur Vermessung des Auges ist essenziell, um die Sicherheit der Behandlung zu gewährleisten. Literatur 1. Barsam A, Allan BD: Excimer laser refractive surgery versus phakic intraocular lenses for the correction of moderate to high myopia. Cochrane Database Syst Rev 2010:CD007679 2. Alfonso JF, Baamonde B, Fernandez-Vega L et al.: Posterior chamber collagen copolymer phakic intra­ ocular lenses to correct myopia: five-year follow-up. J Cataract Refract Surg 2011;37:873–880 3. Knorz MC, Lane SS, Holland SP: Angle-supported phakic intraocular lens for correction of moderate to high myopia: Three-year interim results in international multicenter studies. J Cataract Refract Surg 2011;37:469–480 4. Lane SS, Waycaster C: Correction of high myopia with a phakic intraocular lens: interim analysis of clinical and patient-reported outcomes. J Cataract Refract Surg 2011;37:1426–1433 78