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TECHNISCHER
BERICHT 12
ANHYDRIT ALS WIRTGESTEIN
FÜR DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER
ABFÄLLE IN DER SCHWEIZ
J. GASSMANN, M. GYSEL, J.F. SCHNEIDER
JANUAR 1979
NAGRA NTB 12
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2 -
ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN
Die im vorliegenden Bericht enthaltene Beschreibung und Beurteilung der petrographischen Eigenschaften des Anhydrits als
eines möglichen Wirtgesteins für die Endlagerung radioaktiver
Abfälle in der Schweiz können folgendermassen zusammengefasst
werden:
Mineral und Gestein Anhydrit (Kapitel 2 und 3):
Das Mineral CaS0 4 existiert in drei Erscheinungsformen als
Anhydrit I, 11 und 111. Während Anhydrit 111 nur über 1 180 °c
stabil ist und Anhydrit I eine sehr stark lösliche Form darstellt, ist Anhydrit 11 die in der Natur normalerweise anzutreffende Bildung. Anhydrit kann sich durch Hydratation mit 61%iger Volumenzunahme in Gips umwandeln. Bei Süsswasserbedingungen und Normaldruck stellt Gips bis 58 °c die stabile Phase
dar; Anhydrit wird bei Wasserzugabe in Gips umgewandelt. Oberhalb von 58 °c ist Anhydrit stabil; es erfolgt keine Umwandlung mehr in Gips. Erhöhter Druck und zunehmende Salinität verschieben die Grenze der beiden Stabilitätsgebiete.
Die Bildung des Gesteins Anhydrit kann auf zwei Arten erfolgen:
Primärer Anhydrit wird entweder unter hypersalinären Bedingungen
bei Normaldruck und über 25 °c am Rande von Flachmeeren ausgeschieden oder bei erhöhten Temperaturen eventuell auch direkt
aus normalem Meerwasser. Die diagenetische Bildung von Anhydrit
aus Gips erfolgt bei erhöhten Temperaturen und Drücken (Ueberlagerungsdruck), wobei mit zunehmender Salinität kleinere Ueberlagerungsdrücke notwendig sind. An der Oberfläche erfolgt in
Anwesenheit von nichtsalinem Grundwasser meistens eine Rückumwandlung des Anhydrits in Gips (20 m - 50 m dicke Gipskrusten).
Durch tektonische Beanspruchungen kann es zur Bildung von
Anhydrit- oder Gipsbrekzien kommen. Wenn im Sulfatgestein auch
Tonmineralien enthalten sind, können auch Gleit- und Abscherungshorizonte, Fliessstrukturen und Verschieferungen beobachtet
werden. Bei tektonischer Beanspruchung nimmt die Korngrösse des
Anhydrits im allgemeinen zu; es werden Anhydritmarmore gebildet
(Val Canaria).
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3 -
Die Lagerkavernen für mittelaktiven Abfall in ca. 600 m Tiefe
befinden sich meistens im instabilen Gebiet des Anhydrits, so
dass eine Umwandlung in Gips (Selbstheilung) möglich ist, was
als Vorteil zu werten ist. Die Endlager für hochaktive Abfälle
können in mittlerer Tiefe « ca. 1 000 m) im instabilen Gebiet
des Anhydrits mit Selbstheilung und in grösserer Tiefe im
stabilen, auch bei vorhandener Salinität nicht umwandelbaren
Anhydrit liegen.
Die Dichte des Minerals Anhydrit beträgt 2,985 kg/dm3. Dank der
sehr geringen Porosität von ca. 0,05 - 0,8 % weist das Anhydritgestein eine Rohdichte von 2,89 - 2,93 kg/dm3 auf. Sie ist höher
als diejenige der meisten übrigen Gesteine. Im Hinblick auf die
Strahlenabschirmung kann dies von Bedeutung sein.
Mechanische Eigenschaften (Kapitel 4):
Massiger Anhydrit
Hit einer Druckfestigkeit von 50 - 150 N/mm2, einem Winkel der
inneren Reibung von 31 - 39°, einer Kohäsion von 10 - 40 N/mm2
und einem Verformungsmodul von 10 000 - 40 000 N/mm2 stellt
massiger Anhydrit ein sehr gutes Stollengebirge dar (Ausbruchklassen I bis 11). Er kann etwa mit massigem Kalk oder Sandstein
verglichen werden. Er eignet sich sehr gut für Lagerkavernen für
schwach- und mittelaktive Abfälle: Sowohl Sprengen wie mechanischer Abbau (Vortriebsmaschinen) sind gut möglich. Gute Standfestigkeit (self-supporting) kann bis auf mindestens 600 m Tiefe
erwartet werden. Die sehr unbedeutende Erwärmung und Bestrahlung
aus schwach- und mittelaktiven Abfällen beeinträchtigt die
mechanischen Eigenschaften von massigem Anhydrit nicht.
Für die Ausführung von Schächten, Stollen oder Tiefbohrungen für
hochaktive Abfälle eignet sich massiger Anhydrit besser als
Steinsalz oder Ton. Ausserdem ist die Bohrbarkeit bzw. Abbaubarkeit von Anhydrit wesentlich besser als für Granit. Aus Erwärmung und Bestrahlung sind Festigkeitseinbussen zu erwarten, die
aber erst in einem Zeitpunkt eintreten, wenn die Standfestigkeit
keine Rolle mehr spielt (nach Versiegelung).
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
Eine Druckfestigkeit von 10 - 30 N/mm2, ein Winkel der inneren
Reibung von 35 - 50 0 , eine Kohäsion von 1,5 - 20 N/mm2 und ein
Verformungsmodul von 3 000 - 20 000 N/mm2 weisen darauf hin,
dass Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ein mittelgutes
Stollengebirge (Ausbruchklassen 11 - 111) darstellt und in
vielen Fällen mit Mergeln verglichen werden kann. Ungünstig für
den Kavernenbau müssen die Quellfähigkeit und verwitterungsanfälligkeit beurteilt werden. Für schwachaktiven Abfall wird
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel daher nicht empfohlen,
weiloberflächennah andere, besser geeignete Gesteine zur Verfügung stehen.
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4 -
Hingegen erscheinen die mechanischen Eigenschaften als tragbar
für Kavernen für mittelaktive Abfälle, bei welchen der "wechselgelagerte Anhydrit" wegen seiner relativ guten Wasserdichtheit
(siehe auch Wasserdichtheit und Quellen) in der weiteren Evaluation belassen werden sollte. Aus ähnlichen Gründen sollte der
wechselgelagerte Anhydrit auch für Endlager von hochaktiven Abfällen weiter untersucht werden. Seine mechanischen Eigenschaften sind für Bohrungen eher besser geeignet als diejenigen
von Steinsalz und Ton; ausserdem ist das Bohren im Anhydrit und
in den ihn begleitenden Gesteinen nicht so kostspielig wie im
Granit. Für den wechselgelagerten Anhydrit gelten die gleichen
Bemerkungen bezüglich Erwärmung und Bestrahlung wie für den
massigen Anhydrit.
Veränderungen bei Temperaturerhöhung (KapitelS):
Wärmedehnung
Die Wärmedehnung von Anhydrit ist mit ca. 20 x lO-6/o e
grösser als diejenige der meisten anderen Gesteine. Temperaturerhöhungen können deshalb im Anhydrit relativ grosse Eigenspannungen erzeugen. In unmittelbarer Nachbarschaft von Wärmequellen
kann es dann zu Rissbildungen kommen, wodurch die Durchlässigkeit des Gesteins zunehmen kann.
Gewichtsveränderungen und thermischer Zerfall
Gewichtsverluste des Anhydritgesteins infolge Erwärmung spielen
erst ab 500 bis 600 oe eine grössere Rolle. Zum thermischen
Zerfall von Anhydrit kommt es bei 1 450 oe. Bei geeigneter
Einlagerung der hochaktiven Abfälle bleiben die Felstemperaturen
- teils dank der guten Wärmeleitfähigkeit des Anhydrits - stets
erheblich unter 500 oe, so dass weder mit wesentlichen thermischen Gewichtsverlusten noch mit thermischer Zersetzung des
Anhydrits gerechnet werden muss.
Wärmeleitfähigkeit (Kapitel 6):
Die Höhe des Temperaturanstieges im Wirtgestein infolge der
Nachzerfallswärme der radioaktiven Abfälle hängt im stationären
Fall hauptsächlich von der Wärmeleistung der eingelagerten Abfälle, von der Wärmeleitfähigkeit der Behälter- und Auskleidematerialien sowie des Wirtgesteins und von der Geometrie des
Endlagers ab. Die Wärmeleitfähigkeit - speziell des Wirtgesteins
- beeinflusst den Wärmestrom im stationären Fall linear. Sie ist
deshalb für die Abführung der Nachzerfallswärme ausserordentlich
wichtig. Die hohe und damit günstige Wärmeleitfähigkeit von Anhydrit (A = 5,4 W/m °K) wird ausser vom Salz von keinem andern
Wirtgestein übertroffen. Bei der Umwandlung von Anhydrit in Gips
sinkt die Wärmeleitfähigkeit auf ca. 1,3 W/m °K ab (zum Vergleich: A = 1,3 W/m °K für Ton, A = 2,0 W/m °K für Kristall in) •
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Aufgrund der bekannten Wärmeleitfähigkeit von Anhydrit, der Zerfallswärmeleistung und der Geometrie des Endlagers können die
maximalen Temperaturanstiege im Wirtgestein in Funktion der Abklingzeit ermittelt werden. Während für mittelaktive Abfälle
eine Erwärmung von maximal einigen oe eintritt, muss bei den
hochaktiven Abfällen je nach Lager- und·Abfallkonfiguration
eine stärkere Erwärmung erwartet werden. Diese Erwärmung muss
selbstverständlich zu jener Gesteinstemperatur hinzugezählt
werden, die entsprechend dem geothermischen Tiefengradient am
Ort des Abfallagers herrscht.
Quellverhalten (Kapitel 7):
Massiger Anhydrit
Massiger Anhydrit quillt dank der geringen Zutrittsmöglichkeit
von Wasser nur schwach. Die Grössenordnung des Quellens von
massigem Anhydrit liegt etwa im Bereich von schwach quellenden
Mergeln. Für den Bau von Lagerkavernen für schwach- und mittelaktive Abfälle und ebenso von Schächten, Stollen und Tiefbohrungen für hochaktiven Abfall ergeben sich daraus keine Probleme.
Ein vergleich mit Tongesteinen zeigt, dass diese ganz erheblich
stärker quellen (Opalinuston!). Bei Kalken und Sandsteinen - solange diese keinen Mergel enthalten -, Steinsalz und Granit
fällt das Quellproblem hingegen weg.
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
Der fallweise sehr stark quellende Anhydrit in Wechsellagerung
mit Mergel wird - wie bereits erwähnt - für die Einlagerung
schwachaktiver Abfälle nicht empfohlen, da oberflächennah andere,
besser geeignete, nicht quellende Gesteine zur Verfügung stehen.
Hingegen muss wie bei den Tongesteinen das starke Quellen von
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel für die Endlager von
mittelaktivem Abfall in Kauf genommen werden, da diese Gesteine
wegen ihrer meist kleinen Wasserdurchlässigkeit als gut geeignet
erscheinen. Die in felsmechanischer Hinsicht unerwünschte
Quellung des Anhydrits spielt nach der Versiegelung der Kavernen
oder Bohrungen keine Rolle mehr. ~ie kann mitunter sogar das
Isolationsvermögen des Anhydrits durch Schliessen von Wasserwegen verbessern sowie die Festigkeit des Gesteinsverbandes erhöhen (siehe auch Kapitel 9, Wasserdichtheit).
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6 -
Löslichkeit (Kapitel 8):
Die Gesteine können bezüglich ihrer Löslichkeit in drei
Kategorien eingeteilt werden: Unlöslich sind beispielsweise
Granite, Tongesteine, gewisse Sandsteine; schwachlöslich sind
Kalke (ca. 1,6 g/l bei 20 °C) und Anhydrite (3,0 g/l bei
20 °C); stark löslich ist Steinsalz (360 g/l bei 20 °C). Im
Gesamtrahmen aller Gesteine kann also die Löslichkeit der
Anhydrite recht gut mit jener der Kalke verglichen werden. Bei
Normaldruck ist Anhydrit bis zu einer Temperatur von 58 °c
stärker löslich als Gips. Oberhalb 58 °c ist Gips besser löslich. Daraus folgt, dass sich bei Normaldruck und Süsswasserver~
hältnissen die Umwandlung von Anhydrit in Gips wie bereits erwähnt nur bis zu einer Temperatur von 58 °c abspielt.
Bei Lagerkavernen für schwachaktive Abfälle ist die Löslichkeit
des Anhydrits weitgehend irrelevant, da in diesem Falle künstliche Barrieren für die Isolation der Abfälle sorgen sollen. Bei
den Lagerkavernen für die mittelaktiven Abfälle bietet die Löslichkeit des Anhydrits etwas schlechtere Bedingungen, als im
Kalk, Ton, Granit oder Sandstein erreicht werden. Für die Endlager von hochaktiven Abfällen nimmt Anhydrit unter allen vorgesehenen Wirtgesteinen eine MittelsteIlung zwischen den unlöslichen Graniten und Tongesteinen und dem viel löslicheren Steinsalz ein.
Wasserdichtheit (Kapitel 9):
Massiger Anhydrit
Anhydritformationen behalten ihre massige, rissefreie Ausbildung
oft deshalb über geologische Zeiträume hinweg, weil sich der
Anhydrit unter bestimmten Voraussetzungen bei Wasserzutritt in
Gips umwandelt und sein Volumen dabei theoretisch um 61 % erhöht
(Nachbildung im Labor möglich). Dies bewirkt, das Risse, Spalten, Klüfte usw. geschlossen werden, wodurch die Anhydritformation auch nach der tektonischen Beanspruchung wieder wasserdicht
wird. Dies konnte zum Beispiel für das Anhydritvorkommen Val
Canaria im Stollen, mit Wasserabpressversuchen in Bohrungen und
an Proben im Labor nachgewiesen werden. Deshalb wird die oft
fast vollkommene Wasserdichtheit von massigem Anhydrit ähnlich
günstig beurteilt wie jene von Steinsalz. In dieser Beziehung
bietet massiger Anhydrit sehr gute Voraussetzungen für alle
Lagertypen für schwach-, mittel- und hochaktive Abfälle.
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
Auch Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ist - zum Beispiel
verglichen mit Kalk - meist sehr undurchlässig.
NAGRA NTB 12
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Sorptionseigenschaften (Kapitel 10):
Werden Radionuklide in wässriger Lösung durch Poren und Risse
von Gesteinen transportiert, so kann die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Radionuklide gegenüber der Wassergeschwindigkeit
durch Rückhalteeigenschaften der Gesteine wesentlich verringert
werden. Die Sorptionsvorgänge in Gesteinen hängen von einer
ganzen Anzahl von Einflussfaktoren ab: Korngrösse, Gehalt an
Salzen und Verunreinigungen im Gestein, Aktivitätskonzentration,
pR-Wert und Fremdionenkonzentration der Lösung und ferner das
Verhältnis Wasservolumen zu Festkörpervolumen. Irreversible
Prozesse, Temperatur und Druck spielen ebenfalls eine Rolle. Die
Ausbreitungsverzögerung der Radionuklide gegenüber der Wassergeschwindigkeit wird durch den Verteilungskoeffizienten Kd
charakterisiert.
In Laborversuchen wurden für Gips und Anhydrit schweizerischer
Provenienz für verschiedene Nuklide die Kd-Werte bestimmt. Sie
zeigen, dass das Sorptionsverhalten von GlpS und Anhydrit etwa
mit jenem von Granit, Kalk und Dolomit verglichen werden kann.
Einige einzelne Untersuchungsergebnisse über das Sorptionsverhalten folgen:
- Im Gips/Anhydrit-Milieu werden saure und basische Lösungen
auf den pH-Wert 7 gepuffert, wodurch zum Beispiel Cer und
Ruthen ausgefällt werden.
- NaCl und niedrige pH-Werte verschlechtern das Sorptionsvermögen der Sulfatgesteine.
- Cäsium wird in Anhydrit/Gips nur dank Mergel- und Tonverunreinigungen zurückgehalten.
- Strontium wird scheinbar von reinem Anhydrit/Gips schlecht
oder gar nicht absorbiert.
Verhalten bei Bestrahlung (Kapitel 11):
Schwach- und mittelaktive Abfälle
Ausgehend von der Nuklidzusammensetzung von verfestigten Harzabfällen, ist in den am stärksten exponierten Gesteinszonen bis
zum vo~lständigen Zerfall aller Nuklide eine maximale Dosis von
6 x 10 rad zu erwarten (y-Strahlung). Aufgrund dieser Dosis
ist bei Anhydrit gemäss Laborversuchen weder mit einer gefährdenden Gasentwicklung noch mit einer Beeinträchtigung der
Gesteinsfestigkeit zu rechnen.
NAGRA NTB 12
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Hochaktive Abfälle
Die Strahlenbelastung des Gesteins durch hochaktive Abfälle ist
im Vergleich zu schwach- und mittelaktiven Abfällen um Zehnerpotenzen grösser. Für die ~~liegende Gesteinszone resultiert
eine Dosis von rund 2 x 10
rad. Daraus können beträchtliche
Gasentwicklungen resultieren, welche die Bildung eines Knallgasgemisches ermöglichen. Durch die Bildung chemisch aggressiver
Gase kann ausserdem die Korrosion am Abfallbehälter-Material
erhöht werden. Ueber Festigkeitseinbussen von Anhydritgesteinen
unter Strahlenbelastungen aus hochaktivem Abfall liegen noch
keine Versuche vor.
Korrosion (Kapitel 12):
Aeltere Versuche im Gipsbergwerk Felsenau bestätigen, dass ein
Gips/Anhydrit-Milieu - wobei meist auch Steinsalz anwesend ist
- die Korrosion an Beton und Metallen erhöht. Während Sulfate
betonaggressiv wirken, verursacht NaCl eine erhöhte Eisenkorrosion. 1977 hat die NAGRA in der Felsenau ein neues Versuchsprogramm eingeleitet, um die korrosive Wirkung des Gips/AnhydritMilieus auf verschiedene Behälter- und Auskleidematerialien zu
untersuchen. Die erste Rückholung von Proben nach einjähriger
Versuchszeit ist bereits erfolgt, und die Auswertungen sind im
Gange. Für hochaktive Abfälle müssen, wie bereits erwähnt, auch
die korrosive Wirkung von radiolytisch gebildeten Gasen (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) und zudem die erhöhte Temperatur
berücksichtigt werden.
- 9 -
NAGRA NTB 12
Zusammenfassende Beurteilung von massigem Anhydrit als
Wirtgestein
In der Tabelle 1 sind die Ergebnisse des vorliegenden Berichtes
zu einer konzentrierten Beurteilung der petrographischen Eigenschaften des Anhydrits zusammengefasst im Hinblick auf seine
Verwendung als Wirtgestein für die Endlagerung radioaktiver Abfälle. Beurteilt wird der massige, reine Anhydrit ohne Bezugnahme auf geologische Verhältnisse eines spezifischen Standortes:
Eigenschaft
Kurzcharakterisierung
1. Felsmechanische Eigen-
standfest, gutes Stollengebirge, bei nasserzutritt nur
schwach quellend
günstig
günstig
2. t'lasserdichtheit
hoch, Selbstheilung von Rissen bis in rund 1 000 m
Tiefe möglich
günstig
günstig
3. Sorptionseigenschaften
gut
günstig
günstig
4. ijärmeleitfähigkeit
sehr hoch
ohne Bedeutung
günsti g
5. Lös 1i chkeit
schwach
günstig
günstig
6. Korrosionswirkung auf
Lagergut
stark, temperaturabhängig
ungünstig
ungünstig
7.
gross, nur bei hohen Temperaturen von Bedeutung
ohne Bedeutung
ungünstig
erst ab 500 - 600 oe von
ohne Bedeutung
ohne Bedeutung
schaften
~ärmed(3hnung
Beurteilung
Endl agertyp B
End 1agertyp e
I
8. Gewichtsverminderung
bei Temperaturerhöhung
Bedeut~ng
9. Thermischer Zerfall
bei 1 450 oe
ohne Bedeutung
ohne Bedeutung
wesentliche Festigkeitsverminderung erst bei Dosiswerten~3,3·108 rad möglich
ohne Bedeutung
günstig
10. Verhalten bei Bestrahlung
Tabelle 1: Zusammenfassende Beurteilung von massigem Anhydrit als Wirtgestein
NAGRA NTB 12
-
10 -
Von den insgesamt 20 Wertungen lauten 17 Beurteilungsnoten auf
"günstig" oder "ohne Bedeutung". 3 Beurteilungsnoten lauten auf
"ungünstig". Es ist beizufügen, dass die "ungünstigen" Aspekte
(Korrosionswirkung auf Lagergut und Wärmedehnung) die Eignung
des Anhydrits nicht grundsätzlich in Frage stellen. Insgesamt
ist Anhydrit aufgrund seiner petrographischen Eigenschaften als
Wirtgestein für die Endlagerung von schwach-, mittel- und hochaktiven Abfällen durchaus geeignet. Im laufenden Untersuchungsprogramm der NAGRA auf den Gebieten der Sorptionseigenschaften,
des Verhaltens bei Bestrahlung, der Korrosionswirkung sowie des
felsmechanischen Verhaltens wird neben den potentiellen Wirtgesteinen Kristallin, Ton und Mergel auch der Anhydrit zur Vertiefung der Kenntnisse weiter untersucht. Die endgültige Eignungsprüfung des Anhydrits ist jedoch durch direkte Untersuchungen an möglichen Lager-Standorten vorzunehmen.
-
NAGRA NTB 12
11 -
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
2 - 10
ZUSAMMENFASSUNG' UND SCHLUSSFOLGERUNGEN
INHALTSVERZEICHNIS
11 - 16
VERZEICHNIS DER FIGUREN UND TABELLEN IM TEXT
17 -
VERZEICHNIS DER BEILAGEN
- 19 -
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN ABKUERZUNGEN
-
20 -
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN EINHEITEN
-
20 -
1.
EINLEITUNG
-
21 -
2•
DAS MINERAL ANHYDRIT
- 26 -
2.1
2.2
Allgemeines
Thermodynamische Bedingungen für die Bildung
und Stabilität von Anhydrit
- 26 -
3.
DAS GESTEIN ANHYDRIT
- 29 -
3.1
3.1.1
3.1.2
3.1.3
3.1.4
3.1.5
Bildung und Umwandlung des Anhydritgesteins
Primärer Anhydrit
Die diagenetische Umwandlung
Mineralbestand des Anhydritgesteins
Tektonische Beanspruchung und Metamorphose
Beurteilung der thermodynamischen Eigenschaften
des Anhydritgesteins
-
30 30 32 -
Raumgewicht und Porosität
32 -
3.2
-
18
28 -
29 29 -
32 -
NAGRA NTB 12
-
12 -
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
4.
DIE MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS
-
34 -
4.1
4.1.1
4.1.1.1
Festigkeitsverhalten
Einaxiale Druckfestigkeit
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten
untersuchungen Dritter
untersuchungen der NAGRA
Diskussion
-
34 34 -
-
34 36 36 -
-
38 -
-
38 40 44 -
-
45 -
4.1.1.2
4.1.1.3
4.1.2
4.1.2.1
4.1.2.2
4.1.2.3
4.1.3
4.1.3.1
Scherfestigkeit
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter
untersuchungen der NAGRA
Diskussion
Verformungsverhalten
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter
untersuchungen der NAGRA
Diskussion
-
45 -
-
47 -
-
48 -
-
49 -
4.1.4.1
4.1.4.2
Beurteilung der mechanischen Gesteinseigenschaften des Anhydrits bezüglich der
Anforderungen an die Lagertypen
Massiger Anhydrit
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
5•
4.1.3.2
4.1.3.3
4.1.4
-
50 -
-
51 -
VERAENDERUNGEN BEI TEMPERATURERHOEHUNG
-
53 -
5.1
5.1.1
Wärmedehnung
Angaben aus der Fachliteratur
-
53 53 -
5.1.2
untersuchungen der NAGRA
-
55 -
5.2
Gewichtsveränderung und thermischer Zerfall
-
56 -
5.3
Folgerungen für die Endlagerung
-
56 -
NAGRA NTB 12
- 13 -
INHALTSVERZEICHNIS
6.
WAERMELEITFAEHIGKEIT DES ANHYDRITS
Seite
- 57 -
6.1
Grundlagen
-
57 -
6.2
Vergleich mit anderen Materialien
-
57 -
6.3
Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung
schwach- und mittelaktiver Abfälle
Annahmen
Folgerungen
-
58 59 59 -
6.3.1
6.3.2
6.4.1
6.4.2
Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung
von verfestigten hochaktiven Abfällen
Annahmen über Abfälle und Endlagerkonzept
Folgerungen
59 60 - 61 -
7.
DAS QUELLVERHALTEN VON ANHYDRIT
- 63 -
7.1
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter
-
63 -
-
65 -
6.4
7.2
7.2.1
7.2.2
7.2.3
7.2.4
7.3
7.3.1
7.3.2
Quelluntersuchungen der NAGRA
Quellversuche im Wasser
Quellversuche in Kalilauge und Natronlauge
Quellversuche in Portlandzementbrei und
in Kaliumsulfat
Quellversuche in NaCI-Lösungen und in
Schwefelsäure
Beurteilung des Quellverhaltens des Anhydrits
bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen
Massiger Anhydrit
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
-
- 66 - 67 -
67 -
- 67 -
- 68 - 68 - 68 -
NAGRA NTB 12
-
14 -
INHALTSVERZEICHNIS
8.
DIE LOESLICHKEIT DES ANHYDRITS
Seite
- 70 -
Angaben aus der Fachliteratur
Einfluss von Temperatur und Druck
Einfluss der Zusammensetzung des Wassers
Einfluss von Korngr5sse bzw. Feinheit der
Verteilung des Anhydrits
-
70 70 71 -
-
72 -
Untersuchungen der NAGRA
Löslichkeitsversuche an der EMPA
Versuche des EIR zur L5sungsgeschwindigkeit
Versuche des EIR über die puffereigenschaften
von Anhydrit und Gips
-
72 72 73 -
-
73 -
Beurteilung der Löslichkeit des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen
-
74 -
9•
DIE WASSERDICHTHEIT DES ANHYDRITS
-
76 -
9.1
Angaben aus der Fachliteratur
-
76 -
9.2
9.2.1
9.2.2
9.2.3
9.2.4
Untersuchungen der NAGRA
Erfahrungen im Stollenbau
Abpressversuche in Kernbohrungen
Durchlässigkeitsversuche im Labor
Selbstheilungsversuche an Schlitzen in
Anhydritproben
-
78
78
78
79
-
81 -
8.1
8.1.1
8.1.2
.8.1.3
8.2
8.2.1
8.2.2
8.2.'3
8.3
-
9.3.1
9.3.2
Beurteilung der Wasserdichtheit des Anhydrits
bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen - 81 Massiger Anhydrit
- 81 Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
- 81 -
10.
SORPTIONSEIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS
-
83 -
10.1
Grundlagen
-
83 -
9.3
NAGRA NTB 12
- 15 -
INHALTSVERZEICHNIS.
10.2
10.2.1
10.2.2
10.2.3
10.2.4
10.2.5
Untersuchungen an ausgewählten Proben
Untersuchte Nuklide
Untersuchte Gesteinsproben
Versuchsmethoden
Diskussion von Einflussfaktoren
Messungen an verschiedenen Proben
Seite
85 85 85 86 - 86 - 89 -
10.3
Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung
radioaktiver Abfälle
- 92 -
11.
VERHALTEN BEI BESTRAHLUNG
- 94 -
11.1
Grundlagen
- 94 -
11.2
Strahlungseinfluss auf verschiedene Gesteine
- 95 -
11.3
11.3.1
11.3.2
11.3.3
Untersuchungen an ausgewählten Anhydritproben
Kondensate
Gasförmige Komponenten
Einfluss energiereicher Strahlung auf die
Festigkeit von Anhydrit
- 96 - 96 - 96 -
-
- 97 -
11.4.1
11.4.2
Eignung für die Endlagerung radioaktiver
Abfälle
Schwach- und mittelaktive Abfälle
Hochaktive Abfälle
- 98 - 98 - 98 -
12.
KORROSION
- 100 -
12.1
12.1.1
12.1.2
Allgemeine Bemerkungen zur Korrosion
Korrosion von Beton /6/
Korrosion von Metallen und Legierungen
- 100 - 100 - 101 -
12.2
12.2.1
12.2.2
Untersuchungen
Frühere Untersuchungen
Neues untersuchungsprogramm
- 102 - 102 - 102 -
11.4
NAGRA NTB 12
-
16 -
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
12.3
Einflüsse bei der Lagerung radioaktiver
Abfälle
- 103 -
LITERATURVERZEICHNIS
- 105 -
- 17 -
NAGRA NTB 12
VERZEICHNIS DER FIGUREN UND TABELLEN IM TEXT
Tabelle 1:
Zusammenfa?sende Beurteilung von massigem Anhydrit
als Wirtgestein
Tabelle 2:
Die CaS0 4 -Phasen im System CaS0 4 -H 2 0 und
ihre wicntigsten Eigenschaften naCh /38/
Tabelle 3:
Mineralogische Zusammensetzung der für felsmechanische Experimente verwendeten Anhydritgesteine aus
/70/
Tabelle 4:
Dichte, Rohdichte und Porosität von Anhydritproben
nach /18/
Tabelle 5:
Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum
Tabelle 6:
Langzeitfestigkeit von oberflächennahem Gipskeupergestein nach /10/
Tabelle 7:
Würfeldruckfestigkeit (bei Raumtemperatur) des
massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach
untersuchungen der NAGRA
Tabelle 8:
vergleich der Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur)
von Anhyd~it und anderen Wirtgesteinen
Tabelle 9:
Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen (Gipskeuper) aus dem Schweizer Jura und
dem süddeutschen Raum
Tabelle 10:
Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen
Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
Tabelle 11:
Scherfestigkeit (bei 400 °C) des massigen
Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
Tabelle 12:
Vergleich der Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur)
von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen
Tabelle 13:
Verformungseigenschaften (bei Raumtemperatur) von
Sulfatgesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum
Tabelle 14:
Elastizitätsmodul (bei Raumtemperatur) des massigen
Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
- 18 -
NAGRA NTB 12
VERZEICHNIS DER FIGUREN UND TABELLEN IM TEXT
Tabelle 15:
Vergleich des Verformungsverhaltens (bei Raumtemperatur) von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen
Tabelle 16:
Richtwerte für die Wärmedehnzahlen der Gesteine
nach /17/
Tabelle 17:
Wärmedehnzahlen von Beton und einigen Metallen
Tabelle 18:
Wärmeleitfähigkeiten verschiedener Wirtgesteine
Tabelle 19:
Wärmeleistung und Temperaturdifferenz im Behälter
für hochaktiven Abfall (Anteil des Abfalls ca.
20 Gew.-%, Agl as = 1,4 W/m • K)
Tabelle 20:
Quellverhalten einiger Ton- und Sulfatgesteine
Tabelle 21:
Anhydrit- und Gipslöslichkeit. Abhängigkeit des
Gleichgewichtspunktes und der Löslichkeit vom
herrschenden Druck, nach Blount und Dickson /8/
Tabelle 22:
Löslichkeit von Anhydrit in Wasser und Sole bei 20
- 23 °c und Normaldruck nach /21/
Tabelle 23:
Ergebnisse der Abpressversuche in der Horizontalbohrung Val Canaria (1975) nach /46/
Tabelle 24:
Prüfung auf Wasserdurchlässigkeit. Prüfkörper:
Zylinder von 16,5 cm 0 und 15 cm Länge aus der
Horizontalbohrung von Val Canaria: 23, 26 und 29 m
nach /20/
Tabelle 25:
Zusammenstellung der Kd-Werte in ml/g für
Anhydrit- und Gipsproben nach /55/
Tabelle 26:
Zusammenstellung der Kd-Werte für Anhydrit- und
Gipsproben nach /11/
Tabelle 27:
Kd-Werte für verschiedene Gesteinstypen
Tabelle 28:
Bildungsrat~n
fläche x 10
nach /3/
Tabelle 29:
von Gasen (cm3 Gas/m2 Probenoberrad bei Normaltemperatur und -druck)
Bildungsrate von Gasen im Anhydritgestein infolge
Strahlung eines hochaktiven Abfallzylinders
-
NAGRA NTB 12
19 -
VERZEICHNIS DER BEILAGEN
Beilage 1
Stabilitätszonen von Gips und Anhydrit
Beilage 2
Das System CaS0 4 -NaCI-H 2 0
Beilage 3
Raumgewicht von Anhydrit in Funktion der
Porosität
Beilage 4
Thermogravimetrische Analysen von Anhydrit
(nach /21/)
Beilage 5
Wärmeleitungseigenschaften von Gesteinen und
anderen Materialien
Beilage 6
Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit von Anhydrit
(nach /20/)
Beilage 7
Temperaturerhöhung an der Stollenoberfläche
schwach-/mittelaktive Abfälle
Beilage 8
Temperaturerhöhung am Rand der Bohrung;
hochaktive Abfallzylinder
Beilage 9
Herkunft der Proben für Sorptionsversuche
NAGRA NTB 12
-
20 -
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN ABKUERZUNGEN
NAGRA
Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver
Abfälle, Baden
NOK
Nordostschweizerische Kraftwerke AG, Baden
EIR
Eidg. Institut für Reaktorforschung, Würenlingen
EMPA
Eidg. Materialprüfungsanstalt, Dübendorf
ETHZ
Eidg. Technische Hochschule Zürich
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN EINHEITEN
Dichte (spez. Gewicht)
kg/dm3
Rohdichte (Raumgewicht)
kg/dm3
Druckfestigkeit
N/mm2
Elastizitätsmodul
N/mm2
Kohäsion
N/mm2
Winkel der inneren Reibung
o (Altgrad)
Quelldruck
N/mm2
Druck in Gasen und Flüssigkeiten
bar
WärmedehI)zahl
Wärmeleitfähigkeit
W/m·K
Energie, Wärmemenge
J
Zeit
s
(min, h, d, a)
NAGRA NTB 12
1.
- 21 -
EINLEITUNG
Die bisherigen Untersuchungen der NOK und der NAGRA
über den Anhydrit als möglichem Wirtgestein für die
Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz sind
von H. Jäckli in der Einleitung zu /47/* beschrieben
worden. Wir zitieren:
Die NOK als Vorgänger in der NAGRA entschloss sich
1970 nach einer ersten Vorevaluation verschiedener
geologischer Formationen für die Untersuchung von
Anhydritvorkommen im aargauischen Tafeljura.
Eine erste Sondierkampagne wurde 1971/1972 in der
Wandfluh, Gemeinde Leibstadt, Kt. Aargau, durchgeführt, wobei aber wider Erwarten komplizierte tektonische Verhältnisse angetroffen wurden, die vorher
lediglich aufgrund der Oberflächenkartierung nicht
zu erkennen gewesen waren, und welche diese Lokalität aus tektonischen Gründen als nur zweitrangig erscheinen liessen /43/.
'
Als Resultat weiterer Studien ergab sich der Vorschlag, im Gebiet des Wabrig eine systematische Sondierkampagne durchzuführen /42/, wobei aber bereits
1972 die NOK auf den Widerstand der Bevölkerung und
des Regierungsrates des Kantons Aargau stiess. Das
diesbezügliche Gesuch um Bewilligung von Sondierbohrungen ist noch pendent.
In der Folge wurden die Studien auf die ganze Schweiz
ausgedehnt und nach Gründung der NAGRA und des Konsortiums Untertages-Speicher rund 22 Lokalitäten von
Anhydrit- und Gipsvorkommen in der ganzen Schweiz einer ersten Evaluation unterzogen /44/.
Da jedes Gips- und Anhydritvorkommen als individueller geologischer Körper einmalige Eigenschaften bezüglich Grösse, Begrenzung und umgebendes Gestein aufweist, wurde in Aussicht genommen, an einer grösseren
Zahl von Gips/Anhydrit-Lokalitäten, verteilt auf die
verschiedenen Regionen der Schweiz, vorerst Sondierbohrungen und anschliessend Sondierstollen durchzuführen.
*
Zahlenangaben in Schrägstrichen beziehen sich auf
das Literaturverzeichnis am Schluss des Berichtes.
NAGRA NTB 12
- 22 -
Eine erste Sondierkampagne 1974, ausgeführt vom Konsortium Untertages-Speicher, am "Montet" in Bex zeitigte
ausserordentlich positive Resultate /93/, weshalb der
Gemeinde Bex 1974 das Gesuch für die Erstellung eines
Sondierstollens gestellt wurde, welches von der Gemeinde
jedoch nicht behandelt wurde.
Eine weitere Sondierkampagne in Airolo-Süd zeigte ungünstige Verhältnisse, so dass jene Lokalität in der
Evaluation schlecht beurteilt wurde /45/.
In Airolo wurde eine weitere Lokalität, nämlich im
Val Canaria, unter der Bezeichnung Airolo-Ost untersucht, wo ein alter Sondierstollen aus dem Jahr 1931
bekannt war, der Anhydrit erschlossen hatte. Eine erste horizontale Bohrung 1975 von 560 m Länge war sehr
erfolgreich. Das Patriziato als Besitzerin jenes Geländes verweigerte aber dem Konsortium UntertagesSpeicher in der Folge die Fortsetzung dieser Sondierkampagne.
Seit der Sondierkampagne Val Canaria 1975 durften bis
heute keine weiteren Bohrungen mehr durchgeführt werden, ebensowenig Sondierstollen. Die Felduntersuchungen sind dadurch seither blockiert.
Hingegen hatte die NAGRA die Möglichkeit, Laboruntersuchungen an ausgewähltem Material aus diesen ersten
Sondierkampagnen, ferner aus einer Salzbohrung Ryburg,
aus dem alten Anhydritstollen Val Canaria und aus dem
Gipsbergwerk Felsenau durchführen zu lassen. Ferner
wurden im Gipsbergwerk Felsenau der Gips-Union felsmechanische Studien betrieben, obschon jene Lokalität
in einer ersten Untersuchung aus hydrologischen Gründen als nur bedingt geeignet betrachtet worden war
und man in der Folge darauf verzichtet hatte, in der
Felsenau selbst detaillierte Projektstudien durchzuführen.
Die Laboruntersuchungen an Bohrkernen und Handstücken
wurden seit 1974 von folgenden Instituten durchgeführt:
- Geologisches Institut der Universität Lausanne (für
Material aus den Bohrungen Le Montet, Bex)
- Geologisches Institut der ETHZ, Berichte von W. Müller
- Institut für Grundbau und Bodenmechanik der ETHZ
NAGRA NTB 12
-
23 -
- Institut für Kritallographie und Petrographie der
E1'HZ
- EMPA, Berichte 1 - 4
- EIR, Berichte von P. Bützer, D. Laske, O. Antonsen,
P. Bärtschi
Dabei wurden Anhydrit- und Gipsmaterialien von folgenden Lokalitäten untersucht und beschrieben:
Salzbohrung Ryburg Nr. 51 (Bohrkern freundlicherweise
von den Vereinigten Schweizerischen Rheinsalinen zur
Verfügung gestellt) .
Gipsbergwerk Felsenau
Sondierbohrungen Wandfluh (Leibstadt)
Sondierbohrungen Le Montet (Bex)
Sondierbohrungen Airolo-Süd
Sondierbohrungen Airolo-Ost
=
Val Canaria
Sondierstollen 1931 Val Canaria
Geologische, stollenbautechnische und felsmechanische
Studien im Gipsbergwerk Felsenau der Gips-Union sind
seit 1969 durchgeführt und beschrieben worden:
- NOK, Untersuchungen im Bergwerk Felsenau, 2 Berichte von A. Widler
- MC ING, Baden, 5 Berichte von E. Beusch und
M. Gysel (im Rahmen der "Arbeitsgruppe Anhydrit" der
NAGRA
- H. Jäckli, 3 Berichte (Ende Zitat)
NAGRA NTB 12
-
24 -
Im vorliegenden Bericht werden nun in einem gegenüber
dem Bericht /47/ erweiterten Rahmen die charakteristischen petrographischen Eigenschaften von Anhydrit gemäss dem heutigen Wissen zusammenfassend beschrieben
und beurteilt. Jedes Kapitel des Berichtes gliedert
sich dabei - soweit anwendbar - in:
1. Allgemeine Grundlagen und Kenntnisse aus der Fachliteratur und aus Untersuchungen Dritter
2. Untersuchungen der NAGRA an ausgewählten Proben
aus schweizerischen Anhydritvorkommen
3. Eignung für die geologische Endlagerung und Vergleich mit anderen Wirtgesteinen.
Für Punkt 3 wird vom "Konzept für die nukleare Entsorgung in der Schweiz" /90/ ausgegangen, wonach für die
weiteren Untersuchungen vorläufig folgende Endlagerformationen in Betracht gezogen werden:
Für den Endlagertyp A:
(Kavernen für Abfallkategorie I)
sämtliche stollenbautechnisch geeigneten Formationen
Für den Endlagertyp B:
(Kavernen für Abfallkategorie 11)
Anhydrit, Opalinuston, Mergel und Tonschiefer, ungeklüftetes Kristallin sowie Kalke und Sandsteine in hydrogeologisch günstiger Lage über dem Grundwasserspiegel oder umschlossen durch dichtes Gestein
Für den Endlagertyp C: (Tiefbohrungen oder eine Kombination von Schächten, Stollen und Kurzbohrungen für Abfallkategorie 111)
Steinsalz, Anhydrit, ungeklüftetes Kristallin, Tone und
IVT.erqel, Tftlirtgestein mit stagnierendem fossilem Wasser
Somit wird hier der Vergleich zwischen den folgenden
Gesteinen vorgenommen:
-
Anhydrit
Opalinuston
Mergel und Tonschiefer
Kalke
Sandsteine
ungeklüftetes Kristallin (hier ausgewählt: Granit)
NAGRA NTB 12
- 25 -
Die Ausführungen des vorliegenden Berichtes beschränken sich weitgehend auf das Mineral und das Gestein
Anhydrit. Die Beschreibung des Anhydrits im geologischen Verband und der bekannten Anhydritvorkommen in
der Schweiz sowie die Beurteilung und Evaluation in
Frage kommender Anhydritstandorte bleiben weiteren Berichten vorbehalten.
Der vorliegende Bericht basiert auf den Arbeiten und
Diskussionen einer Arbeitsgruppe "Anhydrit" der NAGRA,
in welcher verschiedene Fachexperten vertreten sind.
Dieser gehören unter anderem an: Prof. Dr. H. Jäckli,
Dr. K. Stucki, Dr. D. Laske und Dr. M. Gysel. Als Verfasser zeichnen: Dr. J. Gassmann, Dr. J. F. Schneider
und Dr. M. Gysel der Motor-Columbus Ingenieurunternehmung AG.
Für die Verfasser:
/l-f-.
?r-d!-
Dr. M. Gysel
Baden, 12. Januar 1979
- 26 -
NAGRA NTB 12
2.
DAS MINERAL ANHYDRIT
2.1
ALLGEMEINES
Anhydrit als wasserfreies Kalziumsulfat hat folgende
Eigenschaften:
chemische Formel:
136,146
29,44 % vom Gewicht
23,552 % "
47 , 008 " n
"
Molekulargewicht:
Ca
11
S
°
100,00
%"
"
Wärmeleitfähigkeit:
k = 5,4 W/m.K
Härte:
h
Farbe:
farblos, weisslich-graublau
=
3,5
Holland /38/ unterscheidet drei Modifikationen: Anhydrit I, 11 und 111 (Tabelle 2).
Der natürlichen Phase - bei Temperaturen unter 1 180 °c
- entspricht Anhydrit 11, der mit wasserhaltigem Kalziumsulfat eine reversible Reihe bildet /38/. Ueber
1 180 °c entsteht Anhydrit I, der sich bei weiterer
Temperaturerhöhung (1 450 0C) unter der Bildung von
S02 und 02 in Kalziurnoxyd umwandelt. Anhydrit 111 ist
metastabil, kommt also in der Natur nicht vor.
Gips
BassanH
AnhydrH
Dihydrat
Halbhydrat
(Anhydrit 111)
CaSO 4-ZHZO +--+
CaS0 4 •
1
2 HzO
+--+
CaS0 +
4
(21 HzO)
+--+
Anhydrlt I I
3
(~ HZO)
~(
Volumen
~
z
~
GJ
~
~-~~
Bezeichnung
ältere Bezeichnung
und Trivialnamen
Formen*
Kri sta llwassergeha lt (%)
Dichte
(kg/dm3)
Kri sta 11 system
bzw. -k 1asse
thermo-dyn.
Stabi 1itätsbereich
Raumgruppe
Z
Brechungsindizes
ua
uy
ßu
8
td
I--'
N
Anhydrit
111
Anhydrit
11
löslicher Anhydrit, entwässertes Halbhydrat,
Y-Anhydrit
Ci
0,01 - 0,05
0,6 - 0,9
2,587
2,484
metastabll
ß
"unlöslicher" Anhydrit,
natürlicher Anhydrit,
totgebrannter Gips
-
0
2,985
40 - 1 180
hexagona1trapezoedrisch
CGl
1,501
1,501
1,546
rhombi schpyramidal
Bbmm
1,570
1,576
1,614
°c
-Anhydrit
ß -Anhydri t
Ci
N
-.J
Anhydrit
1
Hochtemperatur-Anhydrit
Ci
-
-
?
1 180 - 1 450
°c
-Anhydrit
-----
Tabelle 2: Oie CaS0 -Phasen im System CaS0 -H 0 und ihre wichtigsten Eigenschaften nach /38/.
4
4 2
* Bei den Formen handelt es sich nicht um Phasen, sondern um verschiedene Auffassungen der gleichen Phase nach /38/
kubischflächenzentriert
?
?
------
-----
~-
NAGRA NTB 12
2.2
- 28 -
THERMODYNAMISCHE BEDINGUNGEN FUER DIE BILDUNG UND
DIE STABILITAET VON ANHYDRIT
Die Bildung und die Stabilität von Anhydrit und Gips
werden vor allem durch die Salinität der wässrigen Lösung und die Temperatur, in geringem Masse durch den
Druck kontrolliert.
Beilage 1 zeigt diese Abhängigkeit, berechnet von MacDonald /64/ und im Labor nachgeprüft von Hardie /35/
sowie Berner /5/. Es handelt sich um ein Druck/Temperaturdiagramm, wobei drei verschiedene Salinitätendes
Porenwassers berücksichtigt werden. Zum Vergleich ist
der normale geothermische Gradient eingezeichnet.
Beilage 2 zeigt die Abhängigkeit der Gleichgewichtskurve Gips/Anhydrit von Salinität und Temperatur bei NormaIdruck, von Blount und Dickson /8/ nach Untersuchungen von verschiedenen Autoren zusammengestellt. Neuere
Untersuchungen ergeben eine höhere Umwandlungstemperatur, als in älterer Literatur angegeben. Nach Berner /5/
reicht die Stabilität des Gipses bei Normaldruck und
Süsswasser bis 58 °c, d. h. fossiler Anhydrit ist an
der Erdoberfläche noch weniger stabil als früher angenommen. Er bleibt nur stabil, wenn er unter genügendem Ueberlagerungsdruck steht.
Aus diesen beiden Figuren ersieht man, dass Anhydrit
unter normalen Bedingungen aus Meerwasser nicht entstehen kann, sondern nur bei extremen Verhältnissen
/22/, /80~ wie sie etwa im Persischen Golf herrschen
(Chlorinität ca. 130 0/00, Temperatur 25 - 40 °C).
Die Kurve des hydrostatisch-lithostatischen P-T-Gleichgewichtes für Meerwasser, das auf etwa die Hälfte seines ursprünglichen Volumens verdunstet, d. h. CaS04gesättigt ist, schneidet den normalen geothermischen
Gradienten in einer Tiefe von 833 m (200 bar). Bei konzentrierten Porenlösungen liegt diese Intersektion in
einer geringeren Tiefe und reicht bei NaCl-Sättigung
sogar an die Erdoberfläche. Daraus schliesst man, dass
es einen Ueberlagerungsdruck von einigen hundert Metern
Gestein braucht, um die Stabilität des fossilen Anhydrits zu erhalten. An der Oberfläche wird Anhydrit,
wie man anhand thermodynamischer Berechnungen leicht
zeigen kann, mit Sicherheit in Gips umgewandelt. Allerdings geht nahe der Erdoberfläche die Umwandlung von
Anhydrit in Gips im allgemeinen sehr langsam vor sich.
Die Wanderung der sogenannten Gipsfront dürfte durchschnittlich kaum mehr als I ern/Jahr betragen.
NAGRA NTB 12
- 29 -
3.
DAS GESTEIN ANHYDRIT
3.1
BILDUNG UND UMWANDLUNG DESANHYDRITGESTEINS
Gesteinsbildend kommt Anhydrit hauptsächlich sedimentär, im Verband mit anderen Evaporitmineralien vor. Man
muss dabei primären von sekundärem, frühdiagenetisch
umgebildetem Anhydrit unterscheiden.
3.1.1
Primärer Anhydrit
Primärer, sedimentärer Anhydrit bildet sich unter hypersalinären Bedingungen (mindestens 7fache Meerwasserkonzentration), bei atmosphärischem Druck und leicht
erhöhter Umgebungstemperatur (über etwa 25 °C) am Rande von Flachmeeren in Lagunen und supratidalen Ebenen
(Sabkhas), seltener auch in Salzseen, an oder knapp
unter der Oberfläche (z. B. Abu Dhabi, Persischer Golf)
/80/ sowie eventuell bei Temperaturen über 42 °c durch
direkte Ausfällung aus Meerwasser /16/. Bei tieferen
Temperaturen und Salinitäten entsteht Gips. Bei Eindampfung von Meerwasser bilden sich zuerst die Kalziumkarbonate, dann Gips, dann erst Anhydrit (und eventuell metastabiler Gips) und zuletzt Natriumchlorid und andere
Chloride. Daher kommt primärer Anhydrit meist zusammen
mit metastabilem Gips oder zumindest in der Nähe von
primärem Gips vor.
Fossile Primäranhydrite erkennt man an. deren Struktur.
Da unter diesen unwirtlichen Bedingungen keine Organismen die Sedimente durchwühlen, sind diese Strukturen
meist erhalten. Man unterscheidet unter anderem /65/:
- "Nodular"-Anhydrite: Weisse massige Anhydrite mit Wolkenstruktur in einer Dolomitgrundmasse, repräsentativ
für supratidale Anhydrite
- Warven-Anhydrite: Wechselfolgen von etwa 1 mm dicken,
hellen Anhydritlagen mit etwa gleich dicken dunkeln
Tonlagen. Sie repräsentieren Flachwasser-Sedimente
von fast geschlossenen Evaporationsbecken, die zyklisch mit Meerwasser und/oder Süsswasser gespiesen
wurden.
"Pile-of-Brick"-Anhydrite: Massiger prlmarer Anhydrit
mit idiomorphen rhombischen Anhydritkristallen von
tafeligem Habitus /22/. Sie könnten durch direkte Ausfällung aus Meerwasser entstanden sein.
NAGRA NTB 12
3.1.2
- 30 -
Die diagenetische Umwandlung
In der Spätphase der Eindampfung von marinen Evaporitbecken wurden die primären, metastabilen Gipse oft in
Anhydrite umgeformt. In den Porenräumen der noch nicht
verfestigten Sedimente wurden während der Frühdiagenese meist durch hochkonzentrierte Solen bei etwas erhöhter Temperatur Kalzit in Protodolomit und Gips in Anhydrit umgewandelt. Dabei fand eine Volumenabnahme auf
theoretisch 62 % des ursprünglichen Gipsvolumens statt.
Fossile sekundäre Anhydrite lassen kaum mehr Primärstrukturen erkennen. Eine Ausnahme bilden die Pseudomorphosen von Anhydrit nach Selenitkristallen, wobei
die makroskopischen Selenit-Einzelkristalle durch ein
Aggregat von mikroskopisch kleinen Anhydritkristallen
ersetzt werden. Am häufigsten findet man die "felty
oder fluidal texture", ein filziges Gefüge von mikroskopisch kleinen Anhydritkristallen, fluidal eingeregelt /22/.
Bei der weiteren Diagenese, d. h. bei der Einbettung
und Verfestigung der Sedimente, wurde durch Ueberlagerungsdruck und Temperaturzunahme bei normalem geothermischem Gradienten und CaS04-gesättigtem Wasser in den
Porenräumen in spätestens ca. 800 m Tiefe aller Gips
in Anhydrit umgewandelt. Mit eingedampftem Meerwasser
in den Porenräumen geschah die Umwandlung schon in wenigen hundert Metern Tiefe und mit konzentrierter Salzlösung sogar praktisch an der Oberfläche.
Kommt Anhydrit wieder an die Erdoberfläche, dann
erfolgt durch nichtsalinäres Wasser am Rand des
Anhydritkörpers eine Umwandlung zu Gips. Daher findet man in unseren Breiten normalerweise an der
Oberfläche der Anhydritlagerstätten eine Gipskruste
von etwa 20 bis 50 m Mächtigkeit.
3.1.3
Mineralbestand des Anhydritgesteins
In einern Anhydritgestein stellt das Mineral Anhydrit
(CaS04) den Hauptgemengteil dar.
In sehr wechselndem Verhältnis erscheint daneben fast
immer Gips (CaS04 . 2H 2 0). Ein vollkowmen gips freies
Anhydritgestein von nennenswerter Ausdehnung ist nicht
bekannt, dürfte aber, wie im Kapitel 3.1.2 erläutert, in
Tiefen von mehreren hundert Metern zu erwarten sein.
NAGRA NTB 12
- 31 -
Als detritische Nebengemengteile erscheinen fast immer
Quarz und daneben die Tonmineralien, nämlich bei unmetamorphem Anhydritgestein Illit und Chlorit, in meta- morphem Anhydritgestein Chlorit und Phlogopit,im Val
Canaria und in Airolo-Süd zudem auch Talk. Ferner kommen als Nebengemengteile häufig auch Karbonate, wie
Dolomit und Magnesit,vor; Kalzit fehlt meist /22/.
Tabelle 3 gibt die mineralogische Zusammensetzung einiger untersuchter Anhydritgesteine der Schweiz wieder.
ort,
roben-Nr.
Minera1bestand
Va 1 Canari aStollen
AS
33 + 51 m
90,8 %
0,5 %
2,0
%
0,5
%
2,5 %
%
2,5 %
-
%
2,5 %
%
Dolomit
5
Magnes it
5
Quarz
-
-
Talk
10
196,4 196,6 m
%
5
Ch 1orit
(Pennin)
Ryburg
AR
95,0
Gips
10-
Bohrung 3
95,2 - 95,6 m
Wandf1ue
AVl
Bohrung 4
47,0 - 47,6 m
%
%
Ph 1ogopit
AA
Bex
ABE
Bohrung 3
107,35 108,5 m
75,4
69,9
Anhydrit
Airo1o
75,6
%
%
-
5
-
-
-
2,5 %
-
-
-
5
-
-
-
%
2,5 %
10
%
%
15
%
5
%
Tabelle 3: Mineralogische Zusammensetzung der für felsmechanische Experimente verwendeten
Anhydritgesteine aus /70/
%
NAGRA NTB 12
3.1.4
-
32 -
Tektonische Beanspruchung und Metamorphose
Bei tektonischer Beanspruchung - wie in den Alpen - entstehen leicht Brekzien, wobei die Komponenten aus Anhydrit (eventuell Gips) bestehen und im mm- bis cm- Bereich
variieren können. Der Zement besteht meisf aus Anhydrit
/93/. Da die Sulfatgesteine oft das schwächste Glied einer Gesteinssäule sind, bilden sich meist Gleit- und Abscherungshorizonte. Häufig erkennt man auch deutlich
Fliessstrukturen sowie Verschieferungen, sichtbar durch
die parallele Anordnung von Tonmineralien. Mit zunehmender regionaler Metamorphose wird die Struktur körniger,
und die Korngrösse nimmt zu. Im hochmetamorphen Anhydrit
von Val Canaria reicht die Korngrösse bis 5 mm, so dass
man das Gestein als sehr grobkörnigen Anhydritmarmor /47/
bezeichnen kann.
3.1.5
Beurteilung der thermodynamischen Eigenschaften des
Anhydritgesteins
Wie man aus der Beilage 1 ersehen kann, ist der Anhydrit
unter etwa 1 050 m Tiefe bei allen Varianten von Porenwasser - vorn frischen Grundwasser bis zur hochkonzentrierten NaCI-Sole - stabil. Bei einer allfälligen Erwärmung durch hochaktive Abfälle verschiebt sich das
G/A-Gleichgewicht zu Gunsten des Anhydrits. Daher kann
aus thermodynamischer Sicht das Anhydritgestein in einer
Tiefe von über 1 000 m als stabil betrachtet werden.
In geringeren Tiefen besteht für Anhydrit bei normalem
geothermischem Gradienten nur Stabilität, wenn das Porenwasser eine hochkonzentrierte Sole ist. Zirkuliert jedoch
in den Porenräumen Süsswasser oder CaS0 4 -gesättigtes
Wasser, so kann in dieser Tiefenstufe Anhydrit in Gips
umgewandelt werden. In der Natur führt dies dazu, dass
die Anhydritlagerstätten oberflächennah von einer Gipskappe überlagert werden.
3.2
RAUMGEWICHT UND POROSITAET
Die Dichte des Minerals Anhydrit beträgt 2,985 kg/dm3.
Die Rohdichte des Anhydritgesteins jedoch variiert je
nach Gehalt an Nebengemengteilen und nach dem Porenanteil.
Die von der EMPA /18/ bestimmte Rohdichte von Anhydritproben schwankt zwischen 2,98 und 2,93 kg/dm3 (Tabelle 4).
- 33 -
NAGRA NTB 12
Die Anhydritproben wurden als ausserordentlich dicht und
porenarm bis fast porenfrei befunden. Uebereinstimmende
Resultate ergaben die Porositäts- und Raumgewichtsbestimmungen am geologischen Institut der ETHZ /70/, wonach die
Porosität von 14 untersuchten Anhydritproben nur zwischen
0,05 - 0,8 Vol. % schwankt; eine etwas gipsreichere Probe
erreicht 1,32 %. Auf Beilage 3 ist für diese Proben die
Rohdichte in Funktion der Porosität dargestellt /70/.
Bei so kleinem Porenanteil dürfte die Permeabilität der
Anhydritgesteine vernachlässigbar klein sein. Erste
Durchlässigkeits-Versuche wurden an der EMPA gemacht
/20/. Vergleiche Kapitel 9.
Die relativ hohe Dichte des Minerals Anhydrit und die im
Anhydritgestein festgestellte sehr geringe Porosität
führen zu einer relativ hohen Rohdichte des Anhydritgesteins, die wesentlich grösser ist als diejenige von anderen Gesteinen, die als Wirtgestein in Frage kommen.
Dies kann bei der Beurteilung der Strahlenabschirmung von
Bedeutung sein.
Dichte
kg/dm3
Rohdichte
kg/dm3
Bex Bl
2,92
2,90
0,68
Bex B2
2,91
2,89
0,68
Bex B3
2,91
2,90
0,34
Airo1o-0st
2,89
2,89
0
Airolo-Süd
(94,5 - 95,1 m)
2,93
2,93
0
lIIandf1 uh
(49,0 - 49,4 m)
2,94
2,93
0,34
Ryburg 47
2,92
2,92
0
Probe
Tabelle 4: Dichte, Rohdichte und Porosität von Anhydritproben nach /18/
Absolute Porosität
Gewichts-%
NAGRA NTB 12
4.
-
34 -
DIE MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS
Bei den nachstehend behandelten mechanischen Eigenschaften geht es im wesentlichen um das Festigkeitsund das Verformungsverhalten des Gesteins. Das Festigkeitsverhalten wird in der Felsmechanik üblicherweise
durch die einaxiale Druckfestigkeit, durch die Scherfestigkeit (Winkel der inneren Reibung und Kohäsion)
und in gewissen Fällen durch die Zugfestigkeit charakterisiert. Das Verformungsverhalten wird durch die
Spannungs-Dehnungscharakteristiken beschrieben, wobei
Elastizitäts- oder Verformungsmodul und Poissonzahl
(Querdehnungszahl) bestimmt werden.
Die ermittelten Zahlenwerte können nur sinnvoll verwendet werden, wenn die angewendeten Versuchsbedingungen
genau angegeben sind. Wesentlich sind zum Beispiel folgende Angaben:
- allgemeine Versuchsanordnung
Versuch erfolgt im Kleinbereich (Bohrkern) oder im
Grossbereich (in situ)
- Versuch erfolgt statisch oder dynamisch (Belastungsgeschwindigkeit)
- Kurzzeitversuch/Langzeitversuch
- Versuchs temperatur
- Probe ist trocken oder feucht bzw. unter Wasser
4.1
FESTIGKEITSVERHALTEN
4.1.1
Einaxiale Druckfestigkeit
4.1.1.1
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter
Der einaxiale Druckversuch stellt wegen seiner relativen Einfachheit den weitest verbreiteten Versuch zur
Charakterisierung der Gesteinsfestigkeit dar. Dementsprechend findet man in der Fachliteratur sehr viele
Angaben über Gesteinsdruckfestigkeiten. Trotzdem sind
die Angaben über Anhydrit eher spärlich, da er im Tunnelbau bisher relativ selten angetroffen wurde. Ueber
das Gebiet der Schweizer Alpen konnten in der Fachliteratur keine Angaben über Druckfestigkeiten des Anhydrits gefunden werden. Brauchbare Angaben sind jedoch
vorhanden für die Gebiete des schweizerischen Juras und
des süddeutschen Raumes aus Versuchen für den Belchentunnel der Nationalstrasse N2 /13/, den Bözbergtunnel
der N3 /41/ und den Wagenburgtunnel in Stuttgart /10/.
Aus diesen Untersuchungen gehen die Druckfestigkeiten
der folgenden Tabelle hervor:
-
NAGRA NTB 12
35 -
Probenbezeichnung
Druckfestigkeit
N/mm2
Belchentunnel
massiger, grauer
Anhydrit (Gipskeuper)
72 - 133
Belchentunnel
feine Wechsellagerung
von Anhydrit, Gips
und Mergel (Gipskeuper)
12 - 15
Bözbergtunnel
do.
do.
Tunnel
~agenburgtunne 1
8 - 22
9 - 26
Tabelle 5: Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen aus dem
Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum
Die Druckfestigkeiten der Tabelle 5 wurden an Bohrkernen in statischen Kurzzeitversuchen bei Zimmertemperatur ermittelt. Es ist ersichtlich, dass der massige Anhydrit recht hohe Druckfestigkeiten aufweist. Beim
Gipskeuper sinkt die Druckfestigkeit mit zunehmender
Feuchtigkeit. Eine weitere Reduktion ist unter Dauerlast zu verzeichnen. Die entsprechenden reduzierten
Festigkeitswerte sind in Tabelle 6 als Bruchteile der
Druckfestigkeit gemäss Kurzzeitversuch ausgedrückt.
I
Gesteinstyp
B
C
°- 20
20 - 50
50 - 80
>80
Kurzzeitdruckfestigkeit (Nmm2)
8,67
12,84
19,73
26,05
Zugehörige Verhältniszahl
1,0
1,0
1,0
1,0
Verhältniszahl der Druckfestigkeit
unter Dauerlast, luftfeucht
0,53
0,59
0,64
0,84
Verhältniszahl der Druckfestigkeit
unter Dauerlast, bewässert
0,51
0,56
0,55
-
Sulfatgesteinanteil (makroskopisch
geschätzt) %
A
Tabelle 6: Langzeitfestigkeit von oberflächennahem Gipskeupergestein nach /10/
D
- 36 -
NAGRA NTB 12
4.1.1.2
Untersuchungen der NAGRA
An der EMPA /18/ wurden bei Raumtemperatur gesamthaft
63 Gesteinswürfel von 4 bis 5 cm Kantenlänge von Ryburg, der Wandfluh, von Bex und Airolo auf ihre Druckfestigkeit untersucht mit folgenden Resultaten:
Herkunft
Bohrung
Mittel der Druckfestigkeit (N/mm2)
Ryburg
-
196,2
Vlandfluh
Bohrung 4
136,2
Bex
Bohrung 1
Bohrung 2
Bohrung 3
70,9 - 73,2 m
94,8 - 96,7 m
111,8 - 113,8 m
81,4
97,0
99,9
Airolo-Süd
Bohrung 3
84,6 - 94,5 m
46,5
Airolo-Ost
Stollen 1931
56,0 m
61,2
Tabelle 7: Würfeldruckfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus
Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
Für die Versuche wurden jeweils 3 verschiedene Druckrichtungen festgelegt (Bohrlochachse und 2 Richtungen
senkrecht dazu). Es wurde keine sehr ausgeprägte Anisotropie festgestellt, d. h., in allen Richtungen wurden
Druckfestigkeiten von derselben Grössenordnung gemessen. Einzelne grössere Abweichungen sind mehr auf die
Streuung der Resultate zurückzuführen und stellen somit
keine echte Anisotropie dar.
Die unmetamorphen Anhydrite des Tafeljuras weisen dank
ihres sehr feinen Kornes und der filzigen Struktur eine
grössere Druckfestigkeit auf als die hochmetamorphen,
grobkörnigen, marmorisierten Anhydrite von Bex und Val
Canaria (das gleiche gilt auch für die Scherfestigke i t) •
4.1.1.3
Diskussion
1. Vergleich der Druckfestigkeit des Anhydrits mit
anderen Wirtgesteinen
Der Vergleich der Eigenschaften des Anhydrits mit
denjenigen von anderen ebenfalls in Betracht gezogenen Wirtgesteinen dient folgenden Zwecken:
-
NAGRA NTB 12
37 -
Einstufung des Anhydritgesteines in das ganze
Spektrum der Wirtgesteine
- Erkennen der speziellen Vor- oder Nachteile des
Anhydrits im Vergleich zu den anderen Wirtgesteinen und in bezug auf den betreffenden Lagertyp
Für die zum Vergleich herangezogenen Wirtgesteine
(Opalinuston, Mergel und Tonschiefer usw.) werden
Gesteinsparameter oder Parameterbereiche aus der
Fachliteratur herangezogen, da die NAGRA im Moment
noch über keine eigenen Untersuchungen verfügt.
Dieses Vorgehen erlaubt aber trotzdem eine korrekte
relative Einstufung des Anhydrits.
Wirtgestein
Anhydrit
- massig
- in Nechse11agerung mit Mergel
Druckfestigkeit
N/mm2
Quellenangabe
50 - 150
10 - 30
/13/, /18/
/41/, /10/
5
/10/
Mergel und Tonschiefer
10 - 30
/30/
Kalk und Sandstein*
40 - 180
/89/
Steinsalz
28 - 36
/47/, /23/
Opa1inuston
Granit
- feinkörnig
- mitte!- bis grobkörnig
3-
180 - 280
80 - 180
/89/
/89/
* Selten erreichen gewiss8 ~andstfine auch bis 300 N/mm2
Tabelle 8: Vergleich der Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Anhydrit
und anderen Wirtgesteinen
Es zeigt sich, dass der massige Anhydrit mit einer
Druckfestigkeit von 50 - 150 N/mm2 ungefähr im Bereich der Kalke und Sandsteine sowie der mittel- bis
grobkörniqen Granite liegt. Opalinuston, Steinsalz,
Mergel und Tonschiefer weisen tiefere Druckfestigkeiten als der massige Anhydrit auf. Wesentlich
höher als der massige Anhydrit liegen die feinkörnigen Granite sowie gewisse harte und zugleich sehr
feste Sandsteine. Somit ist der massige Anhydrit bezüglich der Druckfestigkeit etwa im oberen MittelfeId aller ,Wirtgesteine der Schweiz einzustufen.
-
NAGRA NTB 12
38 -
Der Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel und Gips
weist bescheidene Druckfestigkeiten von 10 30 N/mm2 auf. Dies entspricht etwa dem Bereich des
Steinsalzes oder gewisser Mergel und Tonschiefer.
Von den übrigen Wirtgesteinen weist nur der Opalinuston noch geringere Druckfestigkeiten auf. Der
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ist somit
bezüglich der Druckfestigkeit im unteren bis untersten Bereich aller Wirtgesteine der Schweiz einzureihen.
2. Beurteilung der Druckfestigkeit des Anhydrits
bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen
Die Beurteilung der Druckfestigkeit des Anhydrits
im Hinblick auf die Anforderungen, die für eine
günstige Ausführung der einzelnen Lagertypen an das
Wirtgestein gestellt werden müssen, erfolgt im
Abschnitt 4.1.4 gemeinsam für alle mechanischen
Gesteinseigenschaften.
4.1.2
Scherfestigkeit
4.1.2.1
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter
Die Scherparameter, d. h. der Winkel der inneren Reibung und die Kohäsion, spielen in der Felsmechanik eine
sehr wichtige Rolle: Sämtliche Stabilitätsberechnungen
an Felsböschungen und Hohlräumen (Stollen, Kavernen)
wie auch die Bestimmung von plastischen Zonen im Gebirge werden von der Scherfestigkeit beherrscht, indem
es üblich ist, im Mohr'schen Spannungsraum die Bruchbedingung von Coulomb (Coulomb'sche Gerade, bestimmt
durch die Scherparameter) einzuführen. Aus der Fachliteratur und aus veröffentlichten Untersuchungen für
verschiedene Bauprojekte können Angaben über die Scherfestigkeit fast sämtlicher Gesteine entnommen werden.
Damit die einzelnen Werte sachgemäss angewendet werden
können, muss stets genau angegeben sein, in welcher
Weise der Bestimmungsversuch durchgeführt wurde. Beispielsweise muss bekannt sein, ob es sich um einen
Grossversuch in situ oder um einen Laborversuch an
Proben (Bohrkernen) handelte und ob der Versuch als
Scherversuch oder als Triaxialversuch angeordnet wurde
usw.
Gleichermassen wie bei der Druckfestigkeit sind Angaben
über die Scherfestigkeit von Anhydrit in der allgemeinen Fachliteratur relativ selten. Aus den im Abschnitt 4.1.1.1 bereits zitierten Tunnelbauten in der
Schweiz und in Deutschland gehen die folgenden Angaben
hervor:
NAGRA NTB 12
-
Tunnel
39 -
Probenbezeichnung
innerer
Reibungswinkel ~
(0 alt)
Kohäsion
N/mma
Versuchsanordnung
Que 11 enangabe
Belchentunnel
Anhydrit in
Wechse 11 agerung mit
Gips und
Mergel*
35
4,0 - 17,0
Triax an
Bohrkern und
Scherversuch
in situ
/13/
Bözbergtunnel
do.
43
41,0
Triax an
Bohrkern
/41/
Wagenburgtunnel
do.
40
0,6
Grossvers uch
insitu
/10/
Anteil an
Sulfatgestein von:
o - 20 %
40 - 50
1,5 - 3,0
Triaxversuche an Bohrkernen
/10/
20 - 50 %
50 - 80 %
80 - 100 %**
40 - 50
40 - 50
40 - 50
2,0 - 3,0
1,5 - 4,0
4,0 - 5,0
"
/10/
/10/
/10/
"
"
* Scherfestigkeit anisotrop wegen Schichtung
** entspricht etwa eihem massigen Anhydrit
Tab elle 9: Sch erf esti gkeit (be i Raumtem perat ur) von Su lf atg este in en (G i pskeu per)
aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum
Die Scherfestigkeiten der Tabelle 9 wurden in statischen Kurzzeitversuchen bei Zimmertemperatur ermittelt. Es ist zu beachten, dass die Gipskeuper wegen
ihrer feingekchichteten Textur eine Anisotropie bezüglich der Scherfestigkeit aufweisen. Die Zahlenwerte
weisen insgesamt eine grosse Streuung auf. Diese wird
mit der von Ort zu Ort sehr unterschiedlichen Zusammensetzung der Gipskeuper erklärt.
NAGRA NTB 12
4.1.2.2
-
40 -
Untersuchungen der NAGRA
Am geologischen Institut der ETHZ wurde das Deformations- und Festigkeitsverhalten von Anhydrit von fünf
schweizerischen Lokalitäten bei Raumtemperatur
(20 °C) wie auch bei 400 °c an zylindrischen Gesteinsproben (Durchmesser 12 mm, Länge 24 mm) in einern
Hochdruck-Triaxialapparat untersucht. Die mineralogische Zusammensetzung der untersuchten Proben geht aus
folgender Aufstellung hervor /69/, /70/, /71/:
Ryburg (Tafeljura):
Proben aus der Bohrung Nr. 51 der Vereinigten Schweizerischen Rheinsalinen. Bohrtiefe 196,4 m - 196,6 m.
Im Dünnschliff zeigt dieser Anhydrit intensiv ineinander verfilzte, stengelige Anhydritnadeln von einer
durchschnittlichen Länge von 0,3 mm und einem Durchmesser von 0,05 mm. Die Struktur ist panidiomorph und
die Textur massig. Neben Anhydrit (ca. 91 %) findet man
feinverteilten, seltener lagig angeordneten mikritisehen Dolomit (ca. 5 %) und wenig Gips (ca. 2 - 3 %).
Wandfluh (Tafeljura):
Proben aus der Bohrung 4 der NOK 1971. Bohrtiefe 47,0
- 47,6 m.
Dieser Anhydrit zeigt im Dünnschliff faserige, verfilzte, stengelige Anhydritnadeln von einer durchschnittlichen Länge von 0,1 mm und einem Durchmesser
von 0,05 mm. Er weist stellenweise eine gefältelte,
schlierige Textur auf. Es scheint, dass dieses Gestein
einer tektonischen Beanspruchung ausgesetzt war, die
möglicherweise auf die Mettauer Ueberschiebung (Wildi
1975) zurückzuführen ist. Der hier ebenfalls vorkommende Dolomit (ca. 2 - 3 %) ist wiederum feinverteilt
(Korngrösse bis 0,1 mm), und der Gipsgehalt ist
äusserst gering (ca. 0,5 %).
Wandfluh (Tafeljura):
Proben aus der Bohrung 4 der NOK 1971, Bohrtiefe 72,7
- 73,5 m.
Dieser Anhydrit-Typus wurde nur für die AnisotropieExperimente verwendet. Er zeigt unter dem Mikroskop
isometrische, parallel zur Lamination abgeplattete
Kristalle und ein äusserst dichtes Gefüge. Die Korngrösse schwankt zwischen 0,01 und 0,05 mm, wobei das
Mittel ungefähr bei 0,02mm liegt. Der Anhydritgehalt bestimmt anhand von röntgendiffraktometrischen Untersuchungen - beträgt fast 100 %, daneben kommt ganz
wenig Gips vor.
NAGRA NTB 12
- 41 -
Bex (Ultrahelvetische Zone, Trias der Bex-LaubhornDecke) :
Proben aus der Bohrung 3 des Konsortiums UntertagesSpeicher 1974, Bohrtiefe 107,35 - 108,5 m.
Das Anhydritgestein von Bex ist makroskopisch gebändert
und brecciös. Der Schliff zeigt xenoblastische, isometrische Anhydritkörner von 0,3 bis 0,7 mm Grösse, die
lagig angeordnet sind. Ganz vereinzelt sieht man polysynthetische Druck-Zwillingslamellen und Spaltflächen.
Der Gips (ca. 2 %) liegt als feinkörniges Granulat vor
und ist in Zwickeln verteilt. Die mikritischen Karbonatkomponenten, bei welchen es sich nach den röntgendiffraktometrischen Aufnahmen um Magnesit handelt, sind
leicht gerundet bis kantig. Daneben findet man noch
Sandstein-Intraklasten und detritische Quarzkörner.
Airolo (Piora-Mulde):
Proben aus der Bohrung 3 des Konsortiums UntertagesSpeicher 1974, Bohrtiefe 95,2 - 95,6 m.
Der Anhydrit aus der Piora-Mulde war einer starken
postmetamorphen tektonischen Beanspruchung ausgesetzt.
Dies zeigen die vielen Druck-Zwillingslamellen und die
vielen Spaltflächen in den einzelnen ungleichkörnigen,
xenoblastischen Anhydritkristallen. Die Klüfte und
Spaltflächen sind mit einem dunklen Rekristallisat ausgefüllt, bei dem es sich um Gips handeln dürfte. Das
Karbonat (Dolomit und Magnesit) ist meist in Nestern
angereichert (keine Druckzwillinge), tritt aber auchähnlich dem Quarz - poikiloblastisch in den Anhydritkristallen auf. Der Glimmer (Phlogopit) schmiegt sich
oft eng an die Anhydritkristalle, ist aber häufig zusammen mit Chlorit (Pennin), Talk und Karbonat auch in
Nestern angereichert. Vereinzelt findet man noch idiomorphe Pyritkristalle «1 mm). Die Korngrösse der
Anhydritkristalle aus dem Stollen in der Val Canaria
ist deutlich grösser als jene der Proben von AiroloSüd. Die Kristalle besitzen j'edoch bedeutend mehr
Spaltflächen, wodurch die effektiv mechanisch wirksame
Korngrösse ( 'V0,6 mm) kleiner als diejenige der
Anhydrite von Airolo-Süd ( 'Vl,O mm) ist.
1. Scherfestigkeit bei Raumtemperatur
Die Aufnahme der Spannungs-Verformungs-Diagramme erfolgte in den Triaxialv rsuchen bei einer Verformungsrate von 4,5 x 10- /s. Dabei wurde für verschiedene Manteldrücke 03 = 02 im Bereich von 1
bis max. 400 N/mm2 der Axialdruck 01 stetig erhöht. Bei kleinen Manteldrücken stellt sich ein
jäher Bruch ein. Bei höheren Manteldrücken
(>150 N/mm2) kommt es nicht mehr zum Bruch, sondern
es setzt ein plastisches Fliessen ein, das bei noch
höheren Manteldrücken sogar von einer Verfestigung
5
-
NAGRA NTB 12
42 -
(Spannungszunahme) begleitet wird. Bezüglich der
Resultate im einzelnen wird auf /69/, /70/ und /71/
verwiesen. Die Bruchspannungszustände wurden in der
Mohr'schen Darstellungsweise aufgezeichnet, woraus
die Scherfestigkeitswerte, d. h. der Winkel der
inneren Reibung und die KOhäsion, wie folgt ermittel
wurden:
Ort
Va 1 Canari a
Stollen
33 m+ 51 m
Airolo
Bohrung 3
95,2 95,6 m
Winkel der
inneren
Reibung 0
34°
31,2°
16,5
13,0
Kohäsion
(N/mm2)
Wandfl uh
Bohrung 4
47,0 47,6 m
Ryburg
Bohrung 51
196,4 196,6 m
39 ,8°
29 ,8°
37,2°
14,5
43,0
42,0
Bex
Bohrung 3
107,35 108,50 m
Tabelle 10: Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits
aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
Es zeigte sich, dass der Deformationsmechanismus des
massigen Anhydrits bei Raumtemperatur vor allem
durch interkristalline Bewegungen (kataklastisches
Fliessen) gekennzeichnet wird. Die Festigkeit hängt
von der mineralogischen Zusammensetzung, der Korngrösse, dem Gefüge, der Porosität, von Kristalldefekten wie auch von der tektonischen Vorgeschichte
ab. Bei den untersuchten Proben spielte die Korngrösse die Hauptrolle: Je feiner die Korngrösse ist,
um so höher ist die SCherfestigkeit. Daraus erklärt
sich die höhere Festigkeit des Anhydrits aus dem
Tafeljura gegenüber jenem aus den Alpen. Es bleibt
noch anzufügen, dass die Festigkeit auch der massigen Anhydrite gewisse Anisotropieerscheinungen aufweist (senkrecht und parallel zur Kristall-Laminat ion) •
- 43 -
NAGRA NTB 12
Der vergleich der Scherfestigkeit des massigen
Anhydrits (NAGRA) mit jener des Anhydrits in
Wechsellagerung mit Mergel (Gipskeuper) zeigt, dass
die Reibungswinkel etwa gleich gross sind. Hingegen
ist die Kohäsion für den massigen Anhydrit höher als
für den Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel.
2. Scherfestigkeit bei 400 oe
Versuche bei 400 oe Umgebungs temperatur zeigten
bei kleinen Manteldrücken noch weitgehend das
gleiche Verhalten wie bei Raumtemperatur. Hier liegt
auch der Uebergangsbereich zwischen inter- (Kataklase) und intrakristallinen (Zwillingsbildungen und
Translationen) Deformationsmechanismen. Bei hohen
Manteldrücken und 400 oe Umgebungstemperatur, wo
in den Kristallen fast ausschliesslich nur noch
intrakristalline Deformationen wie Zwillingsbildungen und Translationen stattfinden, weist die
Festigkeit in bezug auf die Korngrösse ein inverses
Verhalten auf. Die grobkörnigen Anhydrite haben in
diesem Bereich die grössere Festigkeit als die feinkörnigen.
Die Kohäsion nahm - im Vergleich zu den Normaltemperaturversuchen - bei 400 oe Umgebungstemperatur im
allgemeinen ab, hingegen nahm der Winkel der inneren
Reibung bei allen Versuchsreihen zu. Generell ist
der Festigkeitsverlust, bei nicht allzu hohen Manteldrücken, durch die Erhöhung der Temperatur auf
400 oe nur geringfügig.
Ort
Val Canari a
Sto 11 en
33 m+ 51 m
Airo10
Bohrung 3
95,2 96,6 m
Bex
Bohrung 3
107,35 180,50 m
Wandf 1uh
Bohrung 4
47,0 47,6 m
Ryburg
Bohrung 51
196,4 196,6
39 0
Winke 1 der
inneren
Reibung 0
bei 400 °c
47 0
44 0
42 0
43 0
Kohäsion bei
400 °c
(N/mm2)
8,5
7,0
15,0
32,0
Tabelle 11: Scherfestigkeit (bei 400 OC) des massigen Anhydrits aus Schweizer
Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
35,0
- 44 -
NAGRA NTB 12
Der Festigkeitsverlust erreicht erst im Temperaturbereich von 400 - 800 oe wesentliche Ausmasse.
3. Scherfestigkeit nach Bestrahlung
Es wird auf Kapitel 11 verwiesen.
4.1.2.3
Diskussion
1. vergleich der Scherfestigkeit des Anhydrits mit
anderen Wirtgesteinen
Der Vergleich der Scherfestigkeit des Anhydrits mit
derjenigen anderer Wirtgesteine erfolgt in der nachstehenden Tabelle:
Wirtgestein
Winkel der
inneren Reibung
(0 alt)
Kohäsion
N/mm2
Que 11 enangabe
/69/, /70/, /71/
/13/, /41/, /10/
Anhydrit
- massig
- in ~echsellagerung
mit Mergel
31 - 39
35 - 50
10 - 40
1,5 - 20 (40)
Opalinuston
25 - 30
1- 5
/13/, /30/
40
2- 3
/30/
30 - 50
10 - 40
/29/
Merge 1 und Tonschiefer
Kalk und Sandstein
Steinsalz
Granit
45 - 65
3 - 4*
/23/
3 - 23
/29/
* abgeleitet aus Druck- und Zugfestigkeit
Tabelle 12: Vergleich der Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Anhydrit und
anderen Wirtgesteinen
NAGRA NTB 12
- 45 -
Es zeigt sich, dass der Anhydrit bezüglich seiner
Scherfestigkeit etwa im oberen Mittelfeld der
schweizerischen Wirtgesteine einzureihen ist. Tiefer
als der Anhydrit liegen Opalinuston und Steinsalz.
Granite und vereinzelt Kalke und Sandsteine liegen
normalerweise über dem Anhydrit. Je nach Verhältnissen (Grad der Wechsellagerung) kann der Anhydrit
mit Kalken und Sandsteinen sowie teilweise mit
Mergeln und Tonschiefern verglichen werden.
2. Beurteilung der Scherfestigkeit des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen
Es wird auf Abschnitt 4.1.4 verwiesen, wo alle
mechanischen Gesteinseigenschaften gemeinsam
beurteilt werden.
4.1.3
Verformungsverhalten
(Elastizitätsmodul und Poissonzahl)
4.1.3.1
Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter
Das Verformungsverhalten von Feis wird üblicherweise
im Belastungsbereich durch den Verformungsmodul V und
im Entlastungsbereich durch den Elastizitätsmodul E
beschrieben. Ergänzend dazu wird die Poissonzahl angegeben, um das Querdehnungsverhalten zu definieren. Zur
Bestimmung des Verformungsverhaltens gibt es eine ganze
Reihe von Versuchsanordnungen: Statische Versuche
werden gemacht im einaxialen oder triaxialen Laborversuch an Bohrkernen, mit dem Dilatometer im Bohrloch
oder mit Lastplatten oder Radialpressen in Versuchsstollen. Dynamische Versuche mittels Ultraschall können
an Bohrkernen oder direkt am Fels in situ ausgeführt
werden. Dynamische Versuche in situ erfolgen oft auch
mit mikroseismischen Methoden.
Wie bei den Festigkeitseigenschaften sind auch Angaben
über das Verformungsverhalten .von Sulfatgesteinen in
der allgemeinen Fachliteratur nur spärlich vorhanden.
Von den bereits mehrfach zitierten Tunnelbauten in der
Schweiz und in Deutschland stammen die nachstehend
aufgeführten Daten:
(siehe nächste Seite)
Tunne 1
Belchentunnel
Probenbezeichnung
Verformungsmodul V
(N/mm2)
massiger Anhydrit
Elastizitätsmodul E
(N/mm2)
87 000 - 95 000
Po i ssonz ah 1
Que 11 enangabe
Versuchsanordnung
( -)
0,27 - 0,4
z
~
Gl
~
einaxial auf
Bohrkern (statisch)
/13/
Z
1-3
tJj
f--J
Belchentunnel
Anhydrit in Wechsellagerung mit Gips
und Mergel
Belchentunnel
do.
Bözbergtunne1
do.
18 000 - 67 000
0,27
22 000
'2 600 - 10 000
0,17 - 0,25
einaxial auf
Bohrkern (statisch)
/13/
stat. P1attenversuch im Stollen
/13/
einaxial auf
Bohrkern (statisch)
/41/
N
~
m
Wagenburgtunne 1
do.
4 100
5 100
4 800
6 000
(Mittelwert Erstbelastung)
(Mittelwert Zweitbelastung)
(lweitbelastung rechtwinklig zur Schichtung)
(Zweitbelastung parallel zur Schichtung)
stat. Plattenversuch im Stollen
Tabelle 13: Verformungseigenschaften (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum
/10/
I
NAGRA NTB 12
-
47 -
Tabelle 13 zeigt, dass das Verformungsverhalten von
Sulfatgesteinen in weiten Grenzen variiert. Wegen der
stark wechselnden Zusammensetzung ist dies ohne weiteres verständlich. Zudem muss auch die sChichtungsbedingte Anisotropie der Verformungseigenschaften beachtet werden. Für den praktischen Gebrauch kann für
den Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ein statischer Verformungsmodul von ca. 3 000 N/mm2 als zutreffend angenommen werden. Die Poissonzahl variiert
zwischen ca. 0,15 und 0,30. Für massigen Anhydrit
können oft Deformationsmoduli von über 20 000 N/mm2 und
Poissonzahlen um 0,30 erwartet werden.
4.1.3.2
Untersuchungen der NAGRA
Aus den bereits unter 4.1.2.2 beschriebenen Triaxialversuchen, die am geologischen Institut der ETHZ durchgeführt wurden, konnten ebenfalls die Elastizitätsmoduli der untersuchten massigen Anhydrite von Val
Canaria, Airolo, Bex, Wandfluh und Ryburg bestimmt
werden.
1. Elastizitätsmodul bei Raumtemperatur
Bei Raumtemperatur wurden folgende Werte für den
Elastizitätsmodul ermittelt:
Ort
Val Canaria
Stollen
33 + 51 m
Airolo
Bohrung 3
95,2 95,6 m
Bex
Bohrung 3
107,35 108,50 m
Wandfluh
Bohrung 4
47,0 47,6 m
Ryburg
Bohrung 51
196,4 196,6 m
Dichte
(kg/dm3)
2,838
2,922
2,852
2,929
2,930
E-Modul
(N/mm2)
19 000
9 000
29 000
12 000
26 000
Tabelle 14: Elastizitätsmodul (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits
aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA
-
NAGRA NTB 12
48 -
2. Elastizitätsmodul bei 400 oe
Die untersuchungen am Geologischen Institut der ETHZ
ergaben, dass der Elastizitätsmodul bei 400 oe für
die Anhydrite von Ryburg und Wandfluh praktisch unverändert bleibt (gleiche Werte wie bei Raumtemperatur). Für die Anhydrite von Val eanaria, Airolo-Süd
und Bex sinkt er hingegen auf ca. 400, 700 und
400 N/mm2.
3. Elastizitätsmodul nach Bestrahlung
Es wird auf Kapitel 11 verwiesen.
4.1.3.3
Diskussion
1. Vergleich des Verformungsverhaltens des Anhydrits
mit anderen wirtgesteinen
Wirtgestein
Verformungsmodul
(N/mm2)
Elast i zitätsmodul
(N/mm2)
Poissonzah1
Quellenangabe
( -)
10 000 - 50 000 10 000 -50 000
0,30 - 0,40
/13/, /69/,
/70/, /71/
3 000 - 20 000
5 000 - 30 000
0,15 - 0,30
/13/, /41/,
/10/
Opa1inuston
500 - 5 000
1 000 - 8 000
0,35
/13/, /30/
Mergel und
Tonsch i efer
3 000 - 7 000
5 000 - 10 000
0,10 - 0,20
/30/, /28/
Anhydrit
- massig
- in Wechse 11agerung
mit Mergel
Kalk und
Sandstei n
13 000 - 20 000 20 000 - 30 000 0,10 - 0,25
(40 000)
Steinsalz
4 000 - 6 000
6 000 - 8 000* 0,25 ..; 0,45**
Granit
3 000 - 20 000
5 000 - 30 000
0,05 - 0,15
(0,20)
/30/, /29/,
/28/
/23/
/29/
* stark von Belastungsgeschwindigkeit abhängig
** spannungsabhäng i 9
Tabelle 15: Vergleich des Verformungsverhaltens (bei Raumtemperatur) von Anhydrit
und anderen Wirtgesteinen
NAGRA NTB 12
-
49 -
Der Vergleich des Verformungsverhaltens des
Anhydrits mit demjenigen anderer Wirtgesteine
erfolgt in der Tabelle 15.
Es zeigt sich, dass das Verformungsverhalten der
untersuchten schweizerischen Wirtgesteine für jedes
Gestein einzeln in weiten Grenzen variiert. Wenn man
den Anhydrit anhand des maximalen oberen Grenzwertes
für den Verformungsmodul einreiht, so erkennt man
folgendes:
- Der massige Anhydrit weist den höchsten Verformungsmodul aller untersuchten schweizerischen
Wirtgesteine auf.
- Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel liegt bezüglich des Verformungsmoduls im oberen bis obersten Bereich aller schweizerischen Wirtgesteine.
Opalinuston, Steinsalz und normalerweise auch
Mergel und Tonschiefer weisen geringere Deformationsmoduli auf. Kalke, Sandsteine und Granite
weisen gleiche bis leicht höhere Deformationsmoduli auf.
2. Beurteilung des Verformungsverhaltens des Anhydrits
bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen
Es wird auf Abschnitt 4.1.4 verwiesen, wo alle
mechanischen Gesteinseigenschaften gemeinsam
beurteilt werden.
4.1.4
Beurteilung der mechanischen Gesteinseigenschaften des
Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen
Für die Abfallkategorien I und 11 sind nach /90/ oberflächennahe Lagerkavernen bzw. Lagerkavernen auf 100 600 m Tiefe vorgesehen. Für die Abfallkategorie 111
werden durch Schächte erschlossene Lagerstätten oder
Tiefbohrungen auf 600 - 2 500 m Tiefe ins Auge gefasst.
Eine Beurteilung der mechanischen Gesteinseigenschaften
des Anhydrits muss daher nachweisen, wie sich die
mechanischen Eigenschaften des Anhydrits für Stollenund Kavernenbau bzw. für das Abteufen von Schächten und
Bohrlöchern eignen. Die Beurteilung wird im folgenden
unterteilt in massigen Anhydrit und in Anhydrit in
Wechsellagerung mit Mergel.
NAGRA NTB 12
4.1.4.1
- 50 -
Massiger Anhydrit
Massiger Anhydrit mit einer Druckfestigkeit von 50 150 N/mm2, einem inneren Reibungswinkel von 31 - 39 0 ,
einer Kohäsion von 10 - 40 N/mm2 und einem Verformungsmodul von 10 000 - 50 000 N/mm2 stellt ein sehr gutes
Stollengebirge* dar, das insgesamt nur von sehr wenigen
Gebirgsarten noch übertroffen wird.
Die mechanischen Eigenschaften sind derart, dass sich
das Gestein für den Untertagebau gut eignet, und zwar
sowohl für den gesprengten Ausbruch als auch für den
Abbau mittels Vortriebsmaschinen (Vollschnittmaschinen) • Die Anwendung von Teilschnittmaschinen wird in
einigen Fällen am Rand des technisch möglichen Einsatzbereiches liegen.
Für Lagerkavernen des Lagertyps A bietet der massige
Anhydrit - immer bezüglich seiner mechanischen Eigenschaften - ideale Verhältnisse: Das Gestein lässt sich
sehr gut abbauen. Die Festigkeitseigenschaften sind so
gut, dass keine Standfestigkeitsprobleme entstehen und
der Kavernenhohlraum auch bei grossen Abmessungen praktisch ohne besondere Felssicherungen stabil ist, sofern
der Anhydritkörper nicht oder nur schwach geklüftet
ist. Spezielle Einwirkungen (Erwärmung und Bestrahlung)
auf die mechanischen Gesteinsparameter entfallen beim
Lagertyp A, so dass das Gesteinsverhalten unter normalen Bedingungen massgebend ist.
Für Lagerkavernen des Lagertyps B sind nach /90/ vor
allem Anhydrit, Tongesteine und weiter Kalke und Sandsteine in günstiger hydrogeologischer Lage vorgesehen.
Es zeigt sich, dass massiger Anhydrit den Tongesteinen
deutlich überlegen ist und etwa einem massigen Kalk
oder Sandstein gleichzusetzen ist. Für die Ausführung
von Schächten und Kavernen eignet sich Anhydrit sehr
gut. Bezüglich Standfestigkeit und Kavernenstabilität
sind die hohen Festigkeitseigenschaften sehr günstig.
Erwärmung und Bestrahlung - als Einwirkung von Abfällen
der Kategorie II - beeinträchtigen die mechanischen
Eigenschaften von massigem Anhydrit nur unwesentlich.
Insgesamt eignet sich daher massiger Anhydrit sehr gut
für Lagerkavernen vom Typ B.
Für Lagerstätten des Typs C sind nach /90/ Steinsalz,
Anhydrit, ungeklüfteter Granit und Tongesteine vorgesehen. Für den Bau von Schächten und Kavernen wie für
die Ausführung von Bohrlöchern eignet sich massiger
Anhydrit sehr gut. Bezüglich der Standfestigkeit über-
* Ausbruchklasse I
(bis II) nach SIA-Norm 198
NAGRA NTB 12
- 51 -
trifft der massige Anhydrit das Steinsalz und die
Tongesteine; je nach Verhältnissen kann der Anhydrit
sogar durchaus an einen Granit herankommen. Anderseits
ist die Bohrbarkeit des Anhydrits bedeutend besser als
jene eines Granites, da der Anhydrit normalerweise fast
keine harten Mineralien enthält und auch nicht sehr zäh
ist. Die Erwärmung - als Einwirkung von Abfällen der
Kategorie 111 - beeinträchtigt das mechanische Verhalten von massigem Anhydrit nur unwesentlich. Einwirkungen aus Bestrahlung kommen erst zum Tragen, wenn die
Lagerstätten versiegelt sind, und erfassen nur einen
kleinen Felsbereich. Massiger Anhydrit eignet sich insgesamt gut für Schächte, Kavernen und Bohrungen des
Lagertyps c.
4.1.4.2
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
Wie dargelegt, weist Anhydrit in Wechsellagerung mit
Mergel (und auch Gips) von Fall zu Fall sehr unterschiedliche mechanische Gesteinsparameter auf: Die
Druckfestigkeit erreicht 10 - 30 N/mm2, der Winkel der
inneren Reibung 35 - 50 0 , die Kohäsion 1,5 - 20, in
seltenen Fällen 40 N/mm2, und der Deformationsmodul
3 000 - 20 000 N/mm2. Oft kann der Gipskeuper mit einem
guten Mergel verglichen werden und stellt dann ein
mittelgutes* Stollengebirge dar, soweit die mechanischen Eigenschaften gemäss obiger Definition massgebend
sind. In der Praxis wird Anhydrit in Wechsellagerung
mit Mergel aber als schlechtes Stollengebirge eingestuft, weil seine Verwitterungsanfälligkeit und Quellfähigkeit (siehe Kapitel 7) normalerweise beträchtlich
und sehr unerwünscht sind.
Für Lagerkavernen des Lagertyps A wird der Anhydrit in
Wechsellagerung mit Mergel nicht empfohlen, da in der
Schweiz oberflächennah viele Gesteine anstehen, die
gleiche oder bessere mechanische Eigenschaften aufweisen und die viel weniger verwitterungsanfällig sind
und nicht quellen.
Für Lagerkavernen des Lagertyps B werden - wie bereits
erwähnt - vor allem Anhydrit, Tongesteine, Granit sowie
Kalke und Sandsteine in günstiger hydrogeologischer
Lage und ungeklüftetes Kristallin in Betracht gezogen.
Der Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ist den Tongesteinen bezüglich der untersuchten mechanischen
Eigenschaften überlegen. Sowohl die wechselgelagerten
Anhydrite wie auch die Tongesteine (Opalinuston!) sind
* Ausbruchklasse 11 (bis 111) nach SIA-Norm 198 .
NAGRA NTB 12
-
52 -
jedoch bezüglich der Quellerscheinungen im allgemeinen
stollenbautechnisch sehr problematisch. Aus heutiger
Sicht kann man jedoch sagen, dass Quellerscheinungen
an einern Endlager, das sich selbst überlassen wird und
an das keine geometrischen Anforderungen - wie etwa an
ein Eisenbahngeleise oder an die Fahrbahn einer Strasse
- gestellt werden, eventuell gar keine negativen Folgen
brächten, sondern im Gegenteil wegen der abdichtenden
Wirkung positiv zu werten wären. Die mechanischen
Eigenschaften genügen an sich für Untertagebau. Bezüglich Erwärmung und Bestrahlung liegen ähnliche Verhältnisse vor wie für den massigen Anhydrit.
Wahrscheinlich können im wechselgelagerten Anhydrit
relativ wasserdichte Verhältnisse gefunden werden, so
dass weitere Untersuchungen jedenfalls empfehlenswert
sind.
Für Lagerstätten des Typs C kommen, wie bereits erwähnt,
Steinsalz, Anhydrit, ungeklüfteter Granit und Tongesteine in Frage. Die Standfestigkeit von Schächten und
Kavernen kann eventuell wegen der Quellerscheinungen
gewisse Probleme bieten. Entscheidend wird aber die
Standfestigkeit von Bohrlöchern (= Lagerstellen) im
wechselgelagerten Anhydrit sein, die eher besser sein
dUrfte als im Steinsalz und in Tongesteinen. Die Bohrbarkeit kann als gut bezeichnet werden, wobei die aufzuwendende Bohr- oder Abbauenergie über jener für
Steinsalz und Tongesteine, jedoch weit unter jener für
Granit liegt. Bezüglich Erwärmung und Bestrahlung
gelten ähnliche Ueberlegungen wie für Lagerstätten im
massigen Anhydrit. Insgesamt sollten sich die mechanischen Eigenschaften von Anhydrit in Wechsellagerung mit
Mergel eignen für die Ausführung von Lagerstätten des
Typs C.
NAGRA NTB 12
-
53 -
5.
VERAENDERUNGEN BEI TEMPERATURERHOEHUNG
5.1
WAERMEDEHNUNG
5.1.1
Angaben aus der Fachliteratur
Die Wärmedehnung der festen Körper und so auch der Gesteine beruht zum einen auf der mit steigender Temperatur zunehmenden Molekularbewegung (wahre Wärmedehnung)
und zum anderen bei kapillarer Struktur und Präsenz
quellfähiger, gelförmiger Stoffanteile und zugleich
Wasser auf Volumenänderungen infolge kapillarer Kräfte
sowie auf der Wirkung adsor~tiver Vorgänge im Gebiet
der quellfähigen Stoffanteile (scheinbare Wärmedehnung). Die als Summe dieser Vorgänge beobachtete Wärmedehnung bei Temperaturerhöhung kann als Volumendehnung
6V T oder als lineare Wärmedehnung (Temperaturdehnzahl
aT) angegeben werden /17/.
Bei den Gesteinen hängt die Wärmedehnung von der meist
anisotropen Wärmedehnung der gesteinsbildenden Mineralien ab, wobei die vorherrschenden Mineralien die
Wärmedehnung des betreffenden Gesteins bestimmen. Aus
dem anisotropen Verhalten der Minerale folgt, dass auch
die Gesteine vielfach ein anisotropes Wärmedehnverhalten aufweisen. In diesen Fällen wird die mittlere
lineare Temperaturdehnzahl aus der Volumendehnung
erhalten:
Die Wärmedehnung der Gesteine hängt von folgenden Faktoren ab:
- Textur und Struktur der Minerale (Anisotropie)
- Kristalline oder amorphe Ausbildung: amorphe Ausbildung vermindert die Wärmedehnzahl
Grösse der Gemengteile und Porosität: sie beeinflussen die Wärmedehnung sehr gering
- Feuchtigkeit: lufttrockene Gesteine, deren Porenraum
nur teilweise mit Wasser gefüllt ist, können bis zu
10 % grössere Dehnungen aufweisen als wassergesättigte Gesteine (aufgrund der scheinbaren Wärmedehnung)
- Die Temperaturdehnung ist temperaturabhängig. Sie
nimmt ~it zunehmender Temperatur im allgemeinen zu.
- 54 -
NAGRA NTB 12
Richtwerte für die Wärmedehnzahlen der Gesteine folgen
aus der Tabelle 16.
Mittlere lineare
Wärmedehnzah 1
Ci, = 1 f:.. V
1O-6/ oC
T -. T·
3
Gesteinsart
Temperaturbereich oe
Quarzite, Kieselschiefer, Feuerstein,
Kieselgur, Kieselsinter
0••• 60
11 ,8
Sandsteine mit kiese1igem
Bin dem itt el
0••• 60
11 ,8
Sonstige Sandsteine
0••• 60
11 ,0
Quarzsande und -kiese
0••• 60
11 ,0
Tonschiefer
0••• 60
10,1
Glimmerschiefer, Phyllite
0••• 60
10,7
Chlorit- und Talkschiefer
0.... 60
7,5
0••• 60
7,4
0••• 60
6,5
0.... 30
4,5
0••• 30
30 ••• 60
4,5
6,5
Ou .. 60
8,5
Granite, Arkosen, Quarzporphyre,
Li parite
Gneise, Granul ite
Syenite, Feldspatporphyre, Trachyte,
Diorite, Porphyrite, Andesite,
Phonolite, Gabbros, Diabase, Basalte,
Peridotite, Pikrit, Limburgit
Dichte, kristalline, poröse oder
oolithische Kalksteine, Kalksinter
Marmore
Dolomite, Magnesite
Vulkanische Gläser und Tuffe, Breccien, Konglomerate und Grauwacken haben Wärmedehnzahlen
wie die ihnen mineralogisch entsprechenden Gesteine.
Tabelle 16: Richtwerte für die Wärmedehnzahlen der Gesteine nach /17/
- 55 -
NAGRA NTB 12
Zum Vergleich sind noch die linearen Wärmedehnzahlen
von Beton /9/ und einigen Metallen angegeben /82/,
/39/.
Stoff
lineare ~ärmedehnzahl
a (lO-6/oC)
Quellenangabe
T
Beton
5,5 - 14,0*
/9/
Eisen
12,0
/82/, /39/
Kupfer
14,0 - 16,0
/82/, /39/
Blei
29,0
/82/, /39/
Invar
1,6 - 2,0
/82/, /39/
* je nach Zuschlagstoffen, Zementgehalt und Feuchtigkeit
Tabelle 17:
5.1.2
Wärmedehnzahlen von Beton und einigen Metallen
Untersuchungen der NAGRA
In der Fachliteratur konnten keine Angaben über das
Wärmedehnverhalten von Anhydrit gefunden werden. Eigene
Versuche der NAGRA an Proben aus schweizerischen Anhydritvorkornrnen /19/ zeigen bei einer Erhitzung bis auf
1 000 oe in der Regel eine lineare Wärrnedehnung von 2
bis 3 %. Dies entspricgt einer linearen Wärmedehnzahl
von a = 20 - 30 x 10- /oe. Diese Zahl gilt als
MitteIwert für den Temperaturbereich von 0 - 1 000 °ei
für den Temperaturbereich von 0 - 100 oe ist eine
Wärrnedehnzahl von ca. 20 x 10-6/oe zu erwarten.
Bei Proben, die vorher in Wasser gelagert wurden, ist
die Wärmedehnung gelegentlich geringer als bei lufttrockenen Proben. Der Grund dafür liegt offenbar darin,
dass die scheinbare Wärmedehnung der wassergelagerten
Proben null ist /17/.
NAGRA NTB 12
5.2
- 56 -
GEWICHTSVERAENDERUNG UND THERMISCHER ZERFALL
Eigene Untersuchungen der NAGRA /21/ an Proben, die
unbehandelt, 90 Tage in Wasser oder 90 Tage in gesättigter Kochsalzlösung gelagert, untersucht wurden, zeigen im Temperaturbereich von 100 - 1 000 °c die in
Beilage 4 dargestellten thermogravimetrischen Kurven.
Dabei zeigt sich recht einheitlich, dass bei den Proben, die in Wasser gelagert wurden, eine erste Gewichtsverminderung um wenige %, etwa zwischen 100 und
200°C eintritt, was wohl auf eine Abgabe von Kri'stallwasser aus Gips zurückzuführen ist. Dann bleibt
das Gewicht praktisch konstant bis auf 500 - 600 °c,
wo nun einheitlich eine beträchtliche Gewichtsreduktion
(5 - 20 %) eintritt, die offenbar grösstenteils auf die
Dekarbonisierung von Dolomit und in geringerem Mass auf
die Entwässerung von Tonmineralien zurückzuführen sein
dürfte.
Das Mineral Anhydrit zerfällt bei 1 450 °c (Schmelzpunkt des Calciumsulfats) in CaO + S02 + 1/2 02 /4/.
5.3
FOLGERUNGEN FUER DIE ENDLAGERUNG
Für alle Typen von Endlagern ergeben sich die nachstehenden Folgerungen:
Die Wärmedehnung von Anhydrit ist grösser als für die
meisten anderen Gesteine. Temperaturerhöhungen können
daher im Anhydrit relativ grosse Eigenspannungen erzeugen. In unmittelbarer Nachbarschaft von Wärmequellen kann es deshalb zu Rissbildungen kommen, wodurch
lokal die Durchlässigkeit des Gesteins zunehmen kann.
- Gewichtsverluste an Anhydritgestein infolge Erwärmung
spielen erst ab 500 bis 600 C eine grössere Rolle.
Zum thermischen Zerfall von Anhydrit kommt es erst
bei 1 450 °C. Bei geeigneter Einlagerung der Abfälle (hochaktiv) bleiben die Felstemperaturen, auch
dank der guten Wärmeleitfähigkeit des Anhydrits,
stets wesentlich unter 500 °C.
-
NAGRA NTB 12
57 -
6.
WAERMELEITFAEHIGKEIT DES ANHYDRITS
6.1
GRUNDLAGEN
Die eingelagerten radioaktiven Abfälle produzieren als
Folge des radioaktiven Zerfalls der Nuklide ständig
Energie, welche als Nachzerfallswärme freigesetzt wird.
Diese Wärmemengen müssen über das Wirtgestein sowie die
umlagernden Gesteinsverbände abgeführt werden. Als
Folge führt dies im Lagergut und im Gestein zu einer
zusätzlich zur Erdtemperatur auftretenden Temperaturdifferenz.
Die Höhe des Temperaturanstiegs hängt im stationären
Fall im wesentlichen von folgenden Faktoren ab:
- Wärmeleistung der eingelagerten Abfälle
- Wärmeleitfähigkeit der Lagermaterialien und der Gesteine (Gebirge)
-
6.2
Geornetri~
der Endlagerstätte
VERGLEICH MIT ANDEREN MATERIALIEN
Die Wärmeleitfähigkeit ist eine Materialeigenschaft,
welche von der Temperatur abhängt und im stationären
Fall den Wärmestrom linear beeinflusst.
Einen Vergleich der Wärmeleitfähigkeiten verschiedener
potentieller Wirtgesteine zeigt Tabelle 18.
Salz
Anhydrit
Kristal1in
Ton
Merge 1
Gips (zum Vergleich)
Wärmeleitfähigkeit
A (W/rn K)
Quellenangabe
5- 7
5,4
2
/12/, /14/, /75/
/81/, /85/
1,3
0,9 - 2,2
1,3
Tabelle 18: Wärmeleitfähigkeiten verschiedener Wirtgesteine
NAGRA NTB 12
-
58 -
Obiger Vergleich zeigt eindeutig, dass der Anhydrit
bezüglich dieser Eigenschaft zu den günstigsten Wirtgesteinen gehört.
Eine detaillierte Uebersicht über die Wärmeleitfähigkeit anderer Gesteine und Materialien ist in Beilage 5
enthalten. Daraus geht insbesondere hervor, dass der
Anhydrit nicht nur im Vergleich zu anderen Wirtgesteinen, sondern auch verglichen mit Gips, Beton oder Borsilikatglas wesentlich höhere und somit günstigere
Werte aufweist.
Bei der Beurteilung dieser Daten ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Wärmeleitfähigkeit bei den meisten
Materialien, vorab bei den Gesteinen, einen beträchtlichen Streubereich aufweist, welcher unter anderem auf
die Unterschiede in der Zusammensetzung (z. B. Verunreinigungen) zurückzuführen ist.
An der EMPA /20/ sind an 3 Anhydritproben des Val
Canaria Versuche zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit
durchgeführt worden (siehe Beilage 6). Sie ergaben im
Messbereich ein nahezu lineares Verhalten in Abhängigkeit von der Temperatur, wobei die Extremwerte zwischen
den Grenzen
4. 9
~
(9.6 °C) und 3.0
m.K
W K (89. 7°C)
ID.
liegen.
Die Wärmeleitfähigkeit des Anhydrit "Val Canaria" nimmt
somit mit steigender Temperatur um ca. 20 % ab und
liegt generell etwas unter dem in Tabelle 18 aufgeführten Wert gemäss Literatur.
Falls eine vergipsung von Anhydrit eintritt, wird die
Wärmeleitfähigkeit wesentlich verschlechtert
(AGips = 1,3 W/m·K).
6.3
EIGNUNG ALS WIRTGESTEIN FUER DIE ENDLAGERUNG SCHWACHUND MITTELAKTIVER ABFAELLE
Beim Betrieb von Kernkraftwerken fallen schwach- und
mittelaktive Abfälle an, die - soweit es keine brennbaren Materialien oder Schrotteile sind - in verfestigter Form in 200-Liter-Fässern der Endlagerung zugeführt
werden.
NAGRA NTB 12
6.3.1
-
59 -
Annahmen
Die Auswertung von Messungen an verfestigten Harzabfällen /90/ aus der Reaktorwasserreinigung ergibt zum
Zeitpunkt der Verfestigung eine Wärmeleistung von ca.
60 Watt pro 1 000 Fässer. Dieser Wert ist für die Auslegung von Endlagerstätten als obere Grenze zu betrachten, da die Wärmeleistung eines Gemisches von schwachund mittelaktiven Abfällen geringer ist.
Die spezifische Wärmeleistung im Stollen beträgt dann
0,15 Watt/rn3 und klingt sukzessive ab.
Aufgrund einer stationären Berechnung der Temperaturerhöhung im Gesteiri ist für eine Endlagerung der Abfallbehälter in einem zylindrischen Stollen /3/ der in
Beilage 7 für verschiedene Wirtgesteine dargestellte
Temperaturanstieg zu erwarten.
6.3.2
Folgerungen
- Der maximale Temperaturanstieg an der Aussenwand
eines einzelnen zylindrischen Lagerstollens (Endlager
für schwach- und mittelaktive Abfälle) ist ungefähr
proportional zum Stollenquerschnitt und umgekehrt
proportional zur Wärmeleitfähigkeit des umgebenden
Gesteins.
Anhydrit leitet im Vergleich zu anderen Wirtgesteinen
die Wärme äusserst gut ab und wird diesbezüglich nur
von Salz übertroffen.
- Für Anhydrit aus dem Val Canaria als Wirtgestein
ergäben sich maximale Temperaturerhöhungen von 1 bis
2 C (siehe Beilage 7).
- Unter der Annahme einer weitreichenden Gipsbildung
um den Lagerstollen wäre ein Temperaturanstieg von
3 bis 6 oe zu erwarten.
- Eine Beeinträchtigung des Arthydritgesteins infolge
von Temperatureinflüssen, verursacht durch die
Wärmeproduktion endgelagerter, verfestigter schwachund mittelaktiver Abfälle, ist ausgeschlossen.
6.4
EIGNUNG ALS WIRTGESTEIN FUER DIE ENDLAGERUNG VON VERFESTIGTEN HOCHAKTIVEN ABFAELLEN
Die Wärmeleistung in folge des Nachzerfalls hochaktiver
Abfälle liegt im Vergleich zu mittelaktiven Abfallstoffen um Zehnerpotenzen höher. Aus sicherheitstechnischen
Gründen ist deshalb eine Auslegung des Lagerkonzepts
-
NAGRA NTB 12
60 -
nach thermodynamischen Parametern unbedingt erforderlich. Die Wärmeleiteigenschaften des Wirtgesteins haben
einen massgeblichen Einfluss auf die Temperaturerhöhungen - die ihrerseits kurz- und langfristig die Sicherheit des Endlagers beeinträchtigen können - und sind im
vorliegenden Fall besonders wichtig.
6.4.1
Annahmen über Abfälle und Endlagerkonzept
Die zeitlich abklingende spezifische Wärmeleistung verfestigter hochaktiver Abfälle ist in Tabelle 19 angegeben /36/.
Für die nachfolgenden Berechnungen wird vorausgesetzt,
dass die Abfälle in Glaszylindern von 3 m Länge und
30 cm Durchmesser in tiefen Bohrlöchern gelagert
werden. Die maximalen Temperaturdifferenzen werden
mittels stationärer Rechnungen ermittelt.
Beim einzelnen Zylinder tritt die maximale Temperatur
stets auf der Mittelachse auf. Für schlanke Zylinder
kann der Temperaturverlauf in der Mitte (Z = H/2) mit
genügender Genauigkeit als Funktion des Radius allein
dargestellt werden.
Die Temperaturdifferenz zwischen Zylinderachse und
Zylinderoberfläche (8A - 80 ) im wärmeproduzierenden
Lagergut sinkt mit zunehmender Abklingzeit gemäss
Darstellung in Tabelle 19.
Abklingzelt (Jahre)
.
Watt
Wärme1elstung (~)
BA
-
Ba
(oc)
10
30
60
100
5,3
2,7
1,3
0,5
58
29
1~
5,4
Tabelle 19: Wärmeleistung und Temperaturdifferenz 1m Behälter für hochaktiven
Abfall (Anteil des Abfalls ca. 20 Gew.-%, ~ 1 = 1,4 W/m.K.
9 as
-
NAGRA NTB 12
61 -
Die resultierende Temperaturerhöhung am Bohrlochrand
(R = 2 m) ist in Beilage 8 dargestellt. Da die Wärmeleistung der Abfallbehälter die Ursache für die Temperaturerhöhungen im Gebirge bildet, können letztere
durch Aenderung von Menge und Alter des Abfalls beeinflusst werden.
Die anderen Studien /74/, /75/ zugrundeliegenden Abfallvolumen von 40 - 45 Liter pro Behälter liegen unter
den oben angenommenen amerikanischen Behältergrössen
(200 1). Aufgrund von thermodynamischen Berechnungen
mit diesen kleineren Behältern ergeben sich für 30
Jahre abgeklungene Abfälle Maximaltemperaturen von 70 80 oe im kristallinen Gebirge, wobei die Temperatur
im Innern des Zylinders nicht über 120 oe steigt.
Da die kristallinen Gesteine gegenüber Anhydrit eher
schlechtere Wärmeleitfähigkeiten aufweisen, sind bei
der Wahl von Anhydrit als Wirtgestein anstelle von
Kristallin für dieses Lagerkonzept (kleine Behälter)
kaum ungünstigere Temperaturverhältnisse zu erwarten.
6.4.2
Folgerungen
- Für die zu erwartenden teilweise hohen Gesteinstemperaturen (siehe Beilage 8) erweisen sich die Wärmeleiteigenschaften des Anhydrits als günstig.
-
Zur Ermittlung der Höchsttemperaturen im Lagergut und
im Gestein sind jedoch zusätzliche Faktoren zu
berücksichtigen:
1. Die Temperatur an der Erdoberfläche (ca. 6 8°C) und der geothermische Gradient
(3 °C/IOO rn) sind additiv einzurechnen. Dies
ergibt in
500 m Tiefe
1 000 m Tiefe
1 500 m Tiefe
ca. 22°C
ca. 37 oe
ca. 52 oe
als Ausgangswert.
2. In der Beilage 8 sind die Temperaturdifferenzen
zwischen Zylinderoberfläche und einern Punkt in 2 m
Abstand für verschiedene Abklingzeiten des Abfalls
dargestellt. Die Angabe absoluter Temperaturwerte
in Gestein und Abfallzylinder ist stark abhängig
vorn Lagerkonzept und damit von der Ueberlagerung
vieler Wärmequellen.
NAGRA NTB 12
- 62 -
3. Isoliermaterialien und Luftspalten (Risse, Klüfte
usw.) mit schlechteren Wärmeleiteigenschaften im
Vergleich zu Anhydrit bewirken zusätzliche Temperaturerhöhungen.
- Als einschränkende Faktoren bei der Auswahl von
Materialien und Wirtgesteinen sowie als Randbedingung
für die Festlegung der generellen Endlagerkonzepte
wirken vor allem die zulässigen Temperaturen im Abfallzylinder und im Wirtgestein.
Bei Borsilikatgläsern wären Oberflächentemperaturen
von 300 - 400 e und Zentral temperaturen von 400
- 500 oe zulässig /74/. 10 Jahre zwischengelagerte
Glaszylinder mit hochaktivem Abfall könnten also
unter diesen Bedingungen durchaus im Anhydrit endgelagert werden. Aus praktischen Gründen wird man jedoch anstreben, maximale Innentemperaturen vom
150 oe nicht zu überschreiten /74/.
In diesem Zusammenhang ist die Feststellung wichtig,
dass bei Temperaturen> 58 oe keine Umwandlung von
Anhydrit in Gips eintreten kann und somit eine Verheilung von sich bildenden Rissen im Anhydrit ausbleibt.
Die Verminderung der Festigkeitseigenschaften von
Anhydrit ist bei Temperaturen von einigen 100 oe
unwesentlich.
NAGRA NTB 12
-
63 -
7.
DAS QUELLVERHALTEN VON ANHYDRIT
7.1
ANGABEN AUS DER FACHLITERATUR SOWIE AUS VEROEFFENTLICHTEN UND UNVEROEFFENTLICHTEN UNTERSUCHUNGEN DRITTER
Das Phänomen des blähenden Gebirges, handle es sich um
"quellende" Tongesteine gewisser Mergelformationen der
Molasse oder des Juras und Opalinuston oder um "schwellende" Gesteine des Gipskeupers und der Anhydritgruppe,
ist im Tunnelbau schon lange bekannt /68/. Die Ursache
solcher Gesteinsblähungen, im folgenden generell wieder
als Quellungen bezeichnet, liegt grundsätzlich in der
Wasseraufnahme gewisser Tonmineralien bei Entlastung
des Bodens und in der chemischen Umwandlung von
Anhydrit in Gips mit entsprechender Volumenzunahme
sowie in Kombinationen dieser Vorgänge.
Daraus resultierende Sohlenhebungen - über die Jahre
summiert zum Teil in der Grössenordnung von mehreren
Metern - und grosse Schäden an Tunnelgewölben sind in
verschiedenen schweizerischen Bahntunneln /24/ im Jura
und in der Molasse, an Tunneln im süddeutschen Raum
/68/ und später auch im Strassentunnel durch den
Belchen /25/, 26/, /40/, /79/, in Frankreich /78/ und
auch andernorts aufgetreten.
Voraussagen über Quellverformungen und Quelldrücke sind
nach /68/ dadurch sehr erschwert, dass beide von einer
ganzen Reihe von Faktoren abhängen, wie z. B.
- von Zusammensetzung, Klüftungsgrad und Vorgeschichte
des Materials
- von der Intensität und Qualität des primären Spannungszustandes
- von Lage und Grösse des Tunnelprofils
- von der Grösse und Qualität des aufgebrachten Gegendruckes (welcher vorwiegend einachsig wirkt, während
der Primärdruck im wesentlichen durch einen dreiachsigen Spannungszustand gekennzeichnet ist)
- vorn Zeitpunkt der Aufbringung des Gegendruckes sowie
davon, ob dieser aktiv (durch Anker) oder reaktiv
durch Ausdehnungsverhinderung (z. B. Gewölbe) wirkt
NAGRA NTB 12
-
64 -
- vom Nachschub des Wassers zu den Bereichen des Quellens, welches bei der Volumenzunahme durch Spannungsgefälle aus benachbarten Gebieten angesaugt wird
"oder an Ort und Stelle einen anderen Bindungszustand
in oder mit den Festteilchen" eingehen kann (Einstein
et ale 1972) oder aber auch künstlich durch den
Bauvorgang zugeführt wird.
Deshalb sind Voraussagen über Quellverhalten und bauliche Auswirkungen in situ aufgrund von Laborversuchen
ausserordentlich schwierig. Trotzdem ist es üblich,
quellende Gesteinsarten zum Beispiel aufgrund von
Quellungs-Oedometerversuchen zu charakterisieren und bei Wasserzugabe - einerseits die maximale Quellhebung
bei unbehinderter Ausdehnung und andererseits den maximalen Quelldruck bei völliger Behinderung der Ausdehnung zu bestimmen.
Loka lltät
Geotechni sche
Bezeichnung
Versuchsanordnung
max. Quel1mass (%)
max. Que 11 druc k
N/mm2
8,1
1,82
1. Bözbergtunne1
Mergel der oberen Oedometer
Süsswassermolasse
2. Bözbergtunnel
Merg e1 unt er er
Dogger
Oedometer
2,5 - 9,0
0,59 - 3,22
3. Bözbergtunnel
Opalinuston
Oedometer
11 - 20,9
2,36 - 7,0
4. Bözbergtunne 1
Anhydrltgruppe
Oedometer
2,3
5. Belchentunnel
Anhydrit in
Wechsellagerung
mit Gips und
Mergel
(Gipskeuper)
Oedometer und
Druckmessdosen
in situ
60 -
reiner Anhydrit,
gemahlen
Laborversuch
7. Süddeutschland
massige Anhydrit- Beobachtung in
einschaltungen in sltu
Gipskeuper
Tabelle 20: Quellverhalten einiger Ton- und Sulfatgesteine
1 bis 5: nach Ref. /30/
6:
nach Ref. /78/
7:
nach Ref. /10/
ca. 10,0
0,29
2,0 - 3,0 (4,0)
-
1,6
0,0
0,0
NAGRA NTB 12
- 65 -
Zur Illustration sind in der Tabelle 20 einige Angaben
verschiedener Autoren zusammengestellt. Zum Vergleich
sind neben anhydrithaItigen bzw. anhydrit- und tonhaItigen Gesteinen auch einige Gesteine herangezogen,
deren Quellung nur auf Wasseraufnahme von Tonmineralien
beruht.
Bei den Beispielen 1 bis 3 (Tabelle 20) handelt es sich
um die Wirkung der Quellung von Tonmineralien. Bei den
Beispielen 4 und 5 wird eine kombinierte Wirkung der
Quellung von Tonmineralien und der Umwandlung von
Anhydrit in Gips angenommen. Die Beispiele 6 und 7
zeigen die Wirkung der Umwandlung von Anhydrit in
Gips.
Dabei ist zu beachten, dass die Verwandlung von
Anhydrit in Gips von einer 6l%igen Volumenzunahme
begleitet wird, wenn das benötigte Wasser von aussen
in das betrachtete System hineingegeben wird; gehörte
das Wasser hingegen schon vorher zum betrachteten
System, so würde sogar eine Volumenabnahme eintreten
/10/.
Das Beispiel 7 weist darauf hin, dass an massigem,
relativ reinem Anhydrit oft eine nur oberflächliche
Vergipsung eintritt, wobei nur sehr geringe oder gar
keine Quellhebungen beobachtet werden.
7.2
QUELLUNTERSUCHUNGEN DER NAGRA
An Probenmaterial aus Bex, Airolo-Süd, Airolo-Ost (Val
Canaria), Wandfluh und Ryburg wurde das Quellverhalten
von massigem, relativ reinem Anhydrit an der EMPA /18/,
am Geologischen Institut der ETHZ /69/, /70/ und am
Institut für Grundbau und Bodenmechanik der ETHZ /1/
untersucht. Ergänzende untersuchungen über die Vergipsung von Anhydritoberflächen führte das EIR aus
/54/. Die Quellversuche wurden in Wasser, Kalilauge und
Natronlauge, Portlandzementbrei und Kaliumsulfat vorgenommen.
Wie analog auch in der Natur zu beobachten ist, bildete
sich um die Anhydritproben bel all diesen Laborversuchen relativ rasch ein Gipsmantel, welcher den Kern
der Probe vor weiterer umwandiung schützte. Reine
Anhydritproben können deshalb unter Laborverhältnissen
nicht zu starker Quellung gebracht werden.
Einige Details zu den einzelnen Versuchen werden nachstehend beschrieben:
NAGRA NTB 12
7.2.1
-
66 -
Quellversuche im Wasser
Im Oedometer-Quellversuch des Instituts für Grundbau
und Bodenrnechanik (1GB) der ETHZ /1/ zeigten Anhydritproben nach einem Jahr Lagerung in destilliertem Wasser
im Minimum eine Hebung von 0,06 % (Anhydritprobe Ryburg), im Maximum 5 % (Anhydritprobe Wandfluh). Die
übrigen Proben schwankten zwischen 1 und 3 %, wobei die
Quellung anfänglich (primäre Quellung) deutlich schneller und mit der zeit (sekundäre Quellung) langsamer und
abklingend erfolgte. Die gemessenen Quelldrücke halten
sich im Rahmen von 0,1 bis 0,2 N/mm2. An einer gemahlenen Probe zeigte sich ganz deutlich der Einfluss der
erhöhten, dem Wasser ausgesetzten Oberfläche: In diesem
Fall beträgt die Quellhebung 11 % und der Quelldruck
ca. 1,4 N/mm2.
Quellungsversuche an der EMPA /13/ ergaben in entsalztem Wasser nach 90 Tagen eine Quellung von 0,051
- 0,216 %. Bei linearer Extrapolation auf 1 Jahr ergibt
sich daraus eine Quellung von ca. 0,2 - 0,9 %. Diese
Werte liegen im untersten Bereich des vom 1GB ermittelten Spektrums von 0,6 - 5,0 %.
Noch kleinere Werte wurden am Geologischen Institut der
ETHZ /69/, /70/ bei Quellversuchen in reinem Wasser bestimmt: Die bei diesen Versuchen ermittelte Volumenzunahme betrug nach 400 Tagen ca. 0,1 - 0,2 %.
Es ist anzunehmen, dass die genannten Institute teils
wegen Unterschieden im Probenmaterial und teils wegen
unterschiedlicher Versuchs anordnung zu unterschiedlichen Resultaten gekommen sind.
Vergleicht man die Quellparameter des massigen
Anhydrits nach 1GB (0,6 - 5 % und 0,1 - 0,2 N/mm2) mit
den Werten nach Tabelle 20, so erkennt man, dass das
Quellverhalten des massigen Anhydrits der von der NAGRA
untersuchten Lokalitäten relativ bescheiden ist und
etwa mit dem Quellverhalten schwach quellender Mergel
verglichen werden kann. Das Quellverhalten des Probenmaterials der Wandfluh ist ähnlich jenem der Anhydritgruppe des Bözberggebietes (Tabelle 20), welches ebenfalls vom 1GB mittels der gleichen Versuchs anordnung
bestimmt wurde.
Den zeitlichen Verlauf der Vergipsung der Anhydritoberfläche bei Lagerung in Wasser untersuchte das EIR /54/
an Material von Val Canaria, Bex und Wandfluh. Die Vergipsung der verschiedenen Anhydritproben verläuft anfänglich verschieden rasch; nach ca. 1 Monat decken die
Gipsschichten den Anhydrit gleichmässig ab und schützen
ihn gegen eine weitere Vergipsung. Da bei Zimmertemperatur Anhydrit in reinem Wasser leichter löslich ist
NAGRA NTB 12
-
67 -
als Gips, wirkt eine an Anhydrit gesättigte Lösung für
Gips als übersättigt, so dass sich an der Anhydritoberfläche Gipskristalle bilden. Die Gipskristalle bilden
anfänglich einen dicken Nadelfilz, aus dem mit der Zeit
relativ grosse Einzelkristalle von idiomorpher Form
entstehen.
7.2.2
Quellversuche in Kalilauge und Natronlauge
Die Quellungsversuche der EMPA /18/ wurden ausser in
Wasser zum Teil auch in 10%iger Kalilauge durchgeführt, wobei, verglichen mit der Lagerung im Wasser,
maximal dreimal höhere Quellwerte erreicht wurden.
Analoge Versuche des Geologischen Instituts der ETHZ
/69/, /70/ in S%iger Kalilauge bzw. S%iger Natronlauge lieferten gegenüber den Verstichen im Wasser rund
drei- bis fünfmal höhere Quellwerte, maximal aber nicht
mehr als 1 % Hebung.
7.2.3
Quellversuche in Portlandzementbrei und in Kaliumsulfat
Von der EMPA wurde ein Teil der Proben auch in Portlandzementbrei (1 kg PC/S Liter Wasser) und in gesättigte Kaliumsulfatlösung eingelegt /18/. Dabei wurden
ähnliche Quellwerte wie in 10%iger Kalilauge ermittelt.
7.2.4
Quellversuche in NaCl-Lösungen und in Schwefelsäure
Versuche des Geologischen Instituts der ETHZ /69/, /70/
in NaCI-Lösungen verschiedener Konzentration zeigten,
dass Lösungen mit Konzentrationen bis zu 20 % NaCl
stark aggressiv gegenüber Anhydrit wirken. Es geht
dabei mehr CaS04 in Lösung als bei Lagerung in normalem Leitungswasser, wodurch auch die Gipskristallisation stark gefördert wird. Bei höher konzentrierter
NaCl-Lösung wird jedoch die Gipskristallisation durch
die fallende Aktivität des Wassers zunehmend verhindert.
Versuche in 10%iger Schwefelsäure zur Erhöhung der
Löslichkeit von Anhydrit und damit Beschleunigung des
Gipskristallwachstums zeigten, dass die Proben aus den
verschiedenen Lokalitäten in unterschiedlicher Weise
beeinflusst werden. An Proben aus Ryburg erfolgte eine
minime Kristallbildung, jedoch-war eine Volumenabgabe
von 3,8 % infolge Herauslösens von karbonatischen
Nebengemengteilen zu verzeichnen. Aehnlich zusammengesetzte Proben von der Wand fluh zeigten dagegen eine
intensive Gipskristallbildung.
NAGRA NTB 12
7.3
- 68 -
BEURTEILUNG DES QUELLVERHALTENS DES ANHYDRITS BEZUEGLICH DER ANFORDERUNGEN AN DIE LAGERTYPEN
Wie im Kapitel 4 erfolgt die Beurteilung separat für
die Lagerkavernen Typ A und Typ B (Abfallkategorien I
und 11) sowie für Lagerstätten des Typs C (Abfallkategorie 111), wobei wieder zwischen massigem, relativ
reinem Anhydrit und Anhydrit in Wechsellagerung mit
Mergel unterschieden wird. In die Beurteilung wird auch
ein Vergleich mit den übrigen, nichtanhydritischen
Wirtgesteinen eingeschlossen.
7.3.1
Massiger Anhydrit
Das Quellverhalten des massigen Anhydrits der von der
NAGRA untersuchten Lokalitäten ist relativ bescheiden
und kann etwa mit dem Quellverhalten schwach quellender
Mergel verglichen werden. In bezug auf das Quellen können daher Lagerkavernen der Typen A und B in massigem
Anhydrit gut ausgeführt werden. In den ebenfalls in
Frage kommenden Tongesteinen ist vergleichsweise mit
wesentlich grösseren Quellproblemen zu rechnen. Dies
trifft nicht zu für die auch in Betracht gezogenen
Kalke und Sandsteine in günstiger hydrogeologischer
Lage. Diese Gesteine quellen an sich überhaupt nicht;
es sei denn, sie enthalten einen gewissen Mergelanteil,
der dann ebenfalls zu Quellerscheinungen führen kann.
Für Lagerstätten des Typs C entstehen als Folge der
schwachen Quellanfälligkeit des massigen Anhydrits
keine Probleme. In dieser Beziehung eignet sich massiger Anhydrit besser als Tongesteine, die meistens viel
stärkere Quellanfälligkeiten aufweisen. Die ebenfalls
in Evaluation stehenden Steinsalze und ungeklüfteter
Granit quellen nicht.
7.3.2
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
Wie bereits unter 4.1.4.2 ausgeführt, wird Anhydrit in
Wechsellagerung mit Mergel für Lagerkavernen vom Typ A
nicht empfohlen, weil andere, besser geeignete Wirtgesteine vorhanden sind.
Anders steht es für Lagerkavernen vom Typ B, bei
welchen die Wasserdichtheit eine viel grössere Rolle
spielt. Da der wechselgelagerte Anhydrit meist recht
wasserdicht ist, müssen seine schlechten Quelleigenschaften unter Umständen in Kauf genommen werden. Die
zu erwartenden Schwierigkeiten (Sohlenhebungen) werden
für den wechselgelagerten Anhydrit und die Tongesteine
(Opalinuston) gleich schwerwiegend bewertet. Wenn die
Lagerkavernen nach einer bestimmten Zeit versiegelt
werden können, spielen Quellerscheinungen aber keine
nachteilige Rolle. In diesem Sinne werden weitere
NAGRA NTB 12
-
69 -
Untersuchungen über Vorkommen von wechselgelagertem
Anhydrit empfohlen.
Das oft starke Quellen von wechselgelagertem Anhydrit
ist grundsätzlich kein Hindernis für die Ausführung von
Tiefbohrungen des Lagertyps C. Solche Bohrungen müssen
aber in jedem Fall verrohrt werden, um schädliche Auswirkungen in folge von Verwitterung, Auflösung, Aufquellung, mangelnder Standfestigkeit der Bohrlochwandung zu
verhindern.
Aehnliche Probleme ergeben sich auch bei Bohrlöchern
in Tongesteinen. In Steinsalz wiederum kann das Offenhalten von Tiefbohrungen infolge Kriechen des Gesteins
über längere Zeiträume problematisch werden. Im Granit
hingegen werden sich kaum Standfestigkeitsprobleme ergeben, dafür muss die hohe Gesteinshärte und Abrasivität in Kauf genommen werden (Bohrkosten, Bohrzeit). Somit zeigen sich bei der Ausführung von Tiefbohrungen
sowohl bei gipskeuperartigem Anhydrit wie auch bei Tongesteinen und Steinsalz ganz ähnliche, technisch lösbare Probleme. Für die Ausführung von Schächten und
Kavernen für den Lagertyp C gelten bezüglich des
Quellens ähnliche Ueberlegungen wie für den Lagertyp B.
Es scheint deshalb angezeigt, den wechselgelagerten
Anhydrit im weiteren Evaluationsverfahren für die Ausführung von Lagerstätten des Typs C zu belassen und
geeignete Vorkommen abzuklären.
Auf die Frage, ob das Quellen der Anhydrite auch
positive Aspekte aufweisen kann, indern es die Wasserdichtheit des Gebirges erhöht, wird in Kapitel 9,
Wasserdichtheit des Anhydrits, eingegangen.
NAGRA NTB 12
- 70 -
8.
DIE LOESLICHKEIT DES ANHYDRITS
8.1
ANGABEN AUS DER FACHLITERATUR
Die Löslichkeit von natürlichem Anhydrit (= Anhydrit 11)
ist sehr gering, so dass er in der fachlichen Umgangssprache oft als unlöslicher Anhydrit bezeichnet wird
/72/ oder /92/. Damit soll ausgesagt werden, dass der
natürliche Anhydrit gegenüber dem löslichen Anhydrit
(= Anhydrit 111) fast unlöslich erscheint. In Tat und
Wahrheit zeigen sowohl Anhydrit 11 wie auch Gips eine
schwache Wasserlöslichkeit, deren Grösse von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Neben der Korngrösse
bzw. der Feinheit der Verteilung des Gipses bzw.
Anhydrits spielen die Zusammensetzung des Wassers
(Salzgehalt), die Wassertemperatur und der Druck eine
Rolle.
Gemäss /21/ gelten bei 20 °c und Normaldruck folgende
Löslichkeitswerte:
Anhydrit in reinem Wasser
2,98 g/l
Anhydrit in gesättigter
Kochsalzlösung
7,09 g/l
Anhydrit in 20%iger
Kochsalzlösung
8,23 g/l
Gips in reinem Wasser
2,036 g/l
zum Vergleich:
Kochsalz in Wasser
8.1.1
358,6 g/l
Einfluss von Temperatur und Druck
Die Löslichkeit von Anhydrit in reinem Wasser ist stark
temperaturabhängig und nimmt mit zunehmender Temperatur
rasch abi im Gegensatz zu Gips, dessen Löslichkeit
weniger temperaturabhängig ist. Nach den älteren Untersuchungen von Posnjak /76/ ist unterhalb 42 oe
Anhydrit, oberhalb 42°C Gips besser löslich. Gemäss
neueren Arbeiten von Hardie /35/ liegt der Uebergangspunkt bei 58 °C. Blount und Dickson /8/ geben hierfür
den Bereich von 56 °c ± 3 °c und für den Gleichgewichtspunkt eine Anhydrit- bzw. Gipslöslichkeit von
2,04 g/l H2 0 an.
- 71 -
NAGRA NTB 12
Interessant ist die Tatsache, dass Van't Hoff et ale
/88/ aus thermodynamischen Ueberlegungen schon 1903
einen Gleichgewichtspunkt von 63,5 °c vorausgesagt
haben. Während die Arbeit von Hardie anfänglich bei
einzelnen Forschern /15/ noch auf Kritik stiess, wird
der Gleichgewichtspunkt von 58 °c bereits ab 1967 in
gewissen Handbüchern über gesteinsbildende Minerale
/87/ aufgeführt. Heute kann es als gesichert betrachtet
werden, dass der Gleichgewichtspunkt bei ca. 58 °c
liegt.
Der Einfluss des Druckes wurde von Blount und Dickson
/8/ untersucht. Mit zunehmendem Druck verschiebt sich
der Gleichgewichtspunkt auf höhere Temperaturen, und
die Löslichkeit des Anhydrits bzw. Gipses steigt.
Einige Zahlenangaben folgen in Tabelle 21.
Druck
Gleichgewichtspunkt* (gleiche
Löslichkeit für Gips und Anhydrit)
(bar)
(Oe)
Löslichkeit (am Gleichgewichtspunkt) von Gips bzw o Anhydrit
in reinem Wasser (g/l H20)
1
56 + 3
2,04
500
62 .:!:. 3
3,40
1 000
69 .:!:. 3
4,77
* über dieser Temperatur findet keine Vergipsung des Anhydrits mehr statt
----
Tabe11e 21: Anhydrit- und Gipslöslichkeit. AbhängigkEit des Gleichgewichtspunktes
und der Löslichkeit vom herrschenden Druck, nach 810unt und Dicksor. /8/
8.1.2
Einfluss der Zusammensetzung des Wassers
Nach SiebeIs Handbuch der Werkstoffprüfung /83/ wird
die Wasse~löslichkeit von Gips (und Anhydrit) erhöht,
wenn im Wasser Kochsalz oder zum Beipiel auch Chlormagnesium, Ammonsalz, Natriumsulfat gelöst ist. In gesättigter Kochsalzlösung steigt die Löslichkeit des
Anhydrits gegenüber reinem Wasser auf mehr als das
Doppelte an. Gleichzeitig sinkt die Gleichgewichtstemperatur von 58 oe auf 24 oe ab /87/. Diese Angaben
gelten für Normaldruck.
-
NAGRA NTB 12
72 -
Der Einfluss der Kochsalz-Lösungskonzentration auf die
Löslichkeit von Anhydrit ist wiederum auch von Temperatur und Druck abhängig. Um eine Uebersicht zu gewinnen,
müssen deshalb alle drei Parameter, nämlich Temperatur,
Druck und Kochsalzkonzentration, variiert werden. Entsprechende Versuche haben Blount und Dickson /7/ für
den Parameterbereich 100 - 450 °C, 1 - 1 000 bar und
o - 6 Mol NaCl/l H2 0 durchgeführt.
8.1.3
Einfluss von Korngrösse bzw. Feinheit der Verteilung
d'es Anhydr i ts
Van't Hoff et ale /88/ haben darauf hingewiesen, dass
die Löslichkeit von Gips oder Anhydrit von der Korngrösse bzw. von der Feinheit der Verteilung abhängig
sei und um mehr als 20 % variieren könne. Es ist anzunehmen, dass die Van't Hoffsche Feststellung eigentlich die Lösungsgeschwindigkeit und nicht die Löslichkeit betrifft. Da der Lösungsprozess von Gips und
Anhydrit sehr langsam abläuft, kann nämlich die Löslichkeit von Anhydrit in gröberer Kornfraktion bei zu
geringer Versuchsdauer unterschätzt werden.
8.2
UNTERSUCHUNGEN DER NAGRA
8.2.1
Löslichkeitsversuche an der EMPA
Gipsgehalt in g/l
Prcbe
n2.ch L2gerung in Wasser
rad: Lager'ung ir
9,:'sätt i ~-
ter NaC l-Läsung
Ryburg
lJJandf 1uh
Bex 1
Bex 2
Bex 3
Airo10-Süd
Airolo-Ost
3,2
3,0
3,1
3,1
3,1
2,7
2,7
-
6,5
6,6
6,9
5,6
6,5
7,0
6,8
Tabelle 22: Löslichkeit von Anhydrit in Wasser und Sole bei 20 - 23 oe und Normaldruck
nach /21/
NAGRA NTB 12
- 73 -
Gemahlener Anhydrit aus Proben Ryburg, Wandfluh, Bex
und Airolo wurde an der EMPA /21/ 90 Tage in reinem
Wasser und in Salzlösung bei 20 - 23 °c und Normaldruck gelagert, worauf die Gehalte an gelöstem Sulfat
als Gips im Wasser und in der Sole ermittelt wurden.
Aus Tabelle 22 ist ersichtlich, dass die Löslichkeit
des Anhydrits in Sole mehr als' doppelt so hoch ist als
in Wasser. Die Zahlenwerte stimmen ungefähr mit den
Angaben aus der Fachliteratur überein. Von Lokalität
zu Lokalität sind nur geringe Unterschiede der Löslichkeit zu verzeichnen.
8.2.2
Versuche des EIR zur Lösungsgeschwindigkeit
An blankgeschliffenen Oberflächen von Anhydritproben
aus Airolo (Val Canaria), Bex, Wandfluh und zum Vergleich an Gips aus der Felsenau (Gips-Union) wurde am
EIR /51/ die Lösungsgeschwindigkeit in Wasser bestimmt.
Danach ist die Lösungsgeschwindigkeit umgekehrt proportional zur Korngrösse bzw. zur alpinmetamorphen
Marmorisierung: Die feinkörnigen Anhydrite des Tafeljuras wandeln sich rascher in Gips um als die grobkristallinen Anhydrite der Alpen.
Die Lösungsgeschwindigkeit der Anhydrite in Wasser ist
rund 8 bis 12mal kleiner als jene von Gips. Dies stimmt
mit Beobachtungen in der Natur überein, wonach bei Verkarstungserscheinungen der Anhydrit wesentlich resistenter ist als Gips /77/.
8.2.3
Versuche des EIR über die Puffereigenschaften von
Anhydrit und Gips
Im allgemeinen besteht die Forderung, dass die Löslichkeit eines Wirtgesteines möglichst gering sei. Die wenn
auch schwache Löslichkeit von Anhydrit und Gips hat
aber einen positiven Effekt zur Folge: Das EIR /52/
konnte nachweisen, dass sowohl saure wie alkalische
Lösungen durch natürliche Anhydrit- und Gipsgesteine
auf einen pH-Wert zwischen 7 und 8 gepuffert werden.
Diese Eigenschaft von Anhydrit und Gips ist für die
Einlagerung radioaktiver Abfälle von Bedeutung, weil im
pH-Bereich zwischen 7 und 8 die meisten Spaltprodukte
extrem niedrige Löslichkeiten autweisen.
NAGRA NTB 12
8.3
- 74 -
BEURTEILUNG DER LOESLICHKEIT DES ANHYDRITS BEZUEGLICH
DER ANFORDERUNGEN AN DIE LAGERTYPEN
Die für die Lagertypen Bund C in Frage kommenden Wirtgesteine lassen sich in die folgende Reihe mit zunehmender Löslichkeit einstufen: Granit, Tongesteine,
Sandstein (± kalkhaltig), Dolomit, Kalk, Anhydrit,
Steinsalz. Dabei lassen sich deutlich drei Gruppen
unterscheiden:
1. unlöslich:
Granit, Tongesteine, gewisse Sandsteine
2. schwach löslich:
kalkhaltige Sandsteine
Dolomit
Kalk
(ca. 1,6 g/l bei 20 °C)
Anhydrit (ca. 3,0 g/l bei 20 °C)
3. stark löslich:
Steinsalz (ca. 360 g/l bei 20 °C)
Anhydrit gehört somit zu den schwach löslichen Gesteinen. Seine Löslichkeit ist etwa doppelt so gross wie
jene von Kalk. Betrachtet man hingegen die ganze Spanne
vom unlöslichen Granit bis zum Steinsalz - das rund
120mal löslicher ist als Anhydrit -, so kann man die
Löslichkeit von Anhydrit sehr gut mit jener von Kalk
vergleichen.
Im Hinblick auf die verschiedenen Lagertypen ist
Anhydrit wie folgt zu beurteilen:
Für Lagerkavernen vom Typ A mit einer vorgesehenen Abdichtung über Jahrzehnte mittels künstlicher Barrieren
spielt die Löslichkeit des Anhydrits keine Rolle und
bildet daher kein Kriterium für oder gegen die Wahl von
Anhydrit als Wirtgestein.
Für Lagerkavernen vom Typ B stehen Anhydrit, Tongesteine, Granit sowie Sandsteine und Kalke in günstiger
hydrologischer Lage zur Auslese. Die unlöslichen Tongesteine weisen eine bedeutend bessere chemische Resistenz auf als Anhydrit, verwittern aber relativ leicht.
Die Sandsteine und Kalke sind weniger löslich als
Anhydrit. Anhydrit ist demnach bezüglich Löslichkeit
weniger gut geeignet als die Tongesteine, Sandsteine
und Kalksteine.
NAGRA NTB 12
- 75 -
Für Lagerstätten des Typs C sind Granit, Tongesteine,
Anhydrit oder Steinsalz vorgesehen. Granit und Tongesteine sind dem Anhydrit bezüglich der Löslichkeit eindeutig überlegen; ebenso eindeutig ist Steinsalz dem
Anhydrit unterlegen.
- 76 -
NAGRA NTB 12
9.
DIE WASSERDICHTHEIT DES ANHYDRITS
9.1
ANGABEN AUS DER FACHLITERATUR
Anhydrit wandelt sich unter bestimmten Bedingungen beim
Kontakt mit Wasser in Gips um, wobei sein Volumen um
61 % zunimmt, gemäss der chemischen Formel:
Anhydrit + Wasser
>
Gips
CaS04 + 2 H2 0
Y
=
2,96 kg/dm3
y
=
2,32 kg/dm3
Infolge dieser Volumenvergrösserung schliessen sich
wasserführende Risse und Spalten im Anhydrit. Dieser
Prozess wird als "Selbstheilung" (Self-healing) bezeichnet und bewirkt die bekannte Wasserdichtheit des
Anhydrits.
Der Prozess läuft jedoch nur unter ganz bestimmten Bedingungen (Chemismus und Temperatur des Wassers, Geschwindigkeit des Wassernachschubes, Rissweiten usw.)
bis in Tiefen von rund 1 000 m ab. Deshalb ist es auch
möglich, Fälle zu finden, wo Anhydrit im Kontakt mit
Wasser nicht vergipst. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass der Selbstheilungsprozess überhaupt nicht existiert.
Eine gute Erläuterung dieser Zusammenhänge gibt eine
Arbeit von Priesnitz /77/ über das System CaS04 NaCl - H2 0 am Beispiel der salinaren Serien im südlichen Harzvorland. Priesnitz unterscheidet die
Prozesse der Salzlösung, Anhydritlösung, Gipsbildung
und Gipslösung. Welcher dieser Prozesse im konkreten
Fall jeweils abläuft, lässt sich aus dem Studium des
Systems CaS04 - NaCl - H2 0 verstehen, wobei die
Druck-Temperatur-verhältnisse eine wesentliche Rolle
spielen. Es zeigt sich nach /77/, dass sich in den
salinaren Zechsteinserien des südlichen Harzvorlandes
übereinander verschiedene Zonen ausbilden, in denen
einer der erwähnten Prozesse vorherrscht.
In der Zone 1 (unterste von Wasser nicht gestörte Zone)
liegen Steinsalz und Anhydrit, der sich durch Diagenese
aus Gips gebildet hat, in Wechsellagerung übereinander.
Die Zone 2 ist gekennzeichnet durch das Eindringen von
Tageswässern zum Steinsalz. Es beginnt die Auslaugung
des Steinsalzes. Das Wasser kommt in dieser Zone auch
mit dem Anhydrit in Berührung und kann diesen entweder
NAGRA NTB 12
- 77 -
lösen oder hydratisieren. Zur Lösung des Anhydrits
kommt es aber nur in geringem Mass, da seine Löslichkeit viel kleiner ist als jene von Steinsalz, d. h.,
eine Hydratisierung des Anhydrits wird meist durch zu
hohe Salzkonzentrationen des Wassers verhindert (siehe
auch 7.2.4).
In der Zone 3 ist das Steinsalz bereits abgetragen, und
das eindringende Wasser weist nur noch geringe Salzkonzentrationen auf. Hier können nun typische Bedingungen
für die vergipsung, d. h. für die Selbstheilung, herrschen. Der Anhydrit geht in Lösung und wird vor Erreichen der Sättigungskonzentration des Anhydrits in
Wasser als Gips ausgefällt. Nach Priesnitz /77/ sind
aber die ökologischen Bedingungen der Gipsbildung, vor
allem was die Wasserzufuhr angeht, recht eng: Einerseits darf nicht zu viel Wasser zudringen, da dann die
Sättigungskonzentration des Gipses nicht erreicht und
der Anhydrit lediglich gelöst und abtransportiert wird,
andererseits wird bei der Vergipsung Wasser verbraucht
(1 Vol. Anhydrit und 0,8 Vol. H2 0 ergeben 1,6 Vol.
Gips): es muss also stets ein wenig Wasser nachgeliefert werden, damit die Vergipsung kontinuierlich fortschreitet. Klüfte bis hinunter zur Grössenordnung von
Haarrissen, die durch die vorherige Beanspruchung durch
Auslaugungstektonik reichlich vorhanden sind, und
Schichtfugen begünstigen diesen dosierten Wasserzutritt.
Die Zone 4 (oberste Zone) kennzeichnet sich dadurch,
dass die Bilanz Gipsbildung - Gipslösung zugunsten der
Gipslösung ausfällt. Die Gipsoberfläche wird kräftig
gelöst und verkarstet. Dies führt zu den charakteristischen Dolinen und Karstschloten, teils auch zu
Höhlenbildungen (/49/, /50/, /66/, /67/, /72/, /73/,
/91/). In einzelnen Fällen kann die Verkarstung auch
bis auf den Anhydrit hinunter fortschreiten und auch
diesen erfassen /77/.
Der Prozess der Selbstheilung wurde auch in Laborversuchen mit sehr gutem Erfolg durchgeführt /78/. Dabei
wurde total mylonitisierter, pulverförmiger Anhydrit in
einen kompakten Gips übergeführt, der wieder Druckfestigkeiten von 5 - 25 N/mm2 aufwies. Sahores /78/
beurteilt das Verfahren so positiv, dass er es sogar
für die künstliche Verheilung in situ vorschlägt. Für
offene Klüfte, in denen die Vergipsung von sich aus
nicht abläuft, empfiehlt er folgendes Vorgehen: Zuerst
wird' in die Klüfte eine Anhydritpaste und anschliessend
Wasser injiziert, worauf die Klüfte zuheilen.
NAGRA NTB 12
-
78 -
Die vorstehenden Ausführungen über die Selbstheilung
beziehen sich auf vorwiegend massigen Anhydrit. Die
Wasserdichtheit von Anhydrit in Wechsellagerung mit
Mergel wird weniger durch Selbstheilungseffekte, sondern mehr durch die abdichtende Wirkung des Tongehaltes
erzeugt.
9.2
UNTERSUCHUNGEN DER NAGRA
Die eigenen Untersuchungen der NAGRA zur Abklärung der
Wasserdichtheit von Anhydrit erstreckten sich auf das
Sammeln von Erfahrungen im Stollenbau, auf Wasserabpressversuche in Bohrlöchern, Durchlässigkeitsversuche
an Proben im Labor sowie auf Selbstheilungsversuche an
Schlitzen in Anhydritproben. Die Untersuchungen beschränkten sich auf den massigen Anhydrit.
9.2.1
Erfahrungen im Stollenbau
An den verschiedenen schweizerischen Vorkommen mit kompaktem, massigem Anhydrit konnte die Wasserdichtheit im
Stollen nur am Standort Val Canaria beurteilt werden,
da hier ein alter Sondierstollen aus dem Jahr 1931
vorhanden ist. Dieser Stollen erschliesst nach Durchfahren der wasserführenden, vergipsten Oberflächenzone
von rund 20 m einen trockenen, wasserdichten Anhydrit.
Der Stollen ist auf der ganzen Länge (67,2 m ab Portal)
bis heute trocken geblieben, obwohl in jener Zone
zwischen Gotthardmassiv und Tessiner Decken die tektonische Beanspruchung in allen übrigen Gesteinen ausser
dem Anhydrit teilweise beträchtliche Auswirkungen zeitigte, wie z. B. Clivage, Kataklase, Klüftungen usw.
Wie die angesetzte Sondierbohrung zeigte, waren offenbar auch im Anhydrit Klüfte vorhanden gewesen; diese
sind aber später durch vergipsung wieder so verheilt,
dass der Anhydritkörper vollkommen wasserdicht ist. In
ihm herrschten also ähnliche Bedingungen wie in der
Zone 2 nach Priesnitz, in welcher der Prozess der
Selbstheilung voll zum Zuge kommt.
9.2.2
Abpressversuche in Kernbohrungen
Analoge, günstige Erfahrungen wurden mit allen Wasserabpressversuchen in den Sondierbohrungen Bex und
Airolo-Ost (Val Canaria) gemacht, soweit es sich um
Anhydritstrecken handelte.
Tabelle 23 zeigt als Beispiel die Abpressversuche in
der Sondierbohrung Val Canaria (1975) im Abschnitt
zwischen 30,9 mund 54,59 m ab Oberfläche /46/. Aus
diesen Abpressversuchen ist recht deutlich zu erkennen,
wie die Durchlässigkeit mit zunehmendem Abstand von
- 79 -
NAGRA NTB 12
der Oberfläche abnimmt. Alle folgenden Abpressversuche
nach 54,59 m bis 554 m (Bohrlochende) zeigten keinen
Wasserverlust mehr; dies bedeutet, dass der Fels ab
einer Tiefe von 48,5 m bergeinwärts als wasserundurchlässig zu gelten hat.
Dauer
(min)
Druck
(bar)
V1asserver1uste
(Liter)
30,9 - 35,92 m
10
10
10
1
2
4
740
850
900
36,0 - 42,09 m
10
10
10
1
2
4
580
680
790
42,2 - 48,32 m
10
10
10
10
10
1
2
4
6
10
0
0
40
31,5
49,5
48,5 - 54,59 m
10
10
10
10
1
2
4
6
10
0
0
0
0
0
Versuchsstrecke
10
54,59 - 554,0 m
Alle folgenden Abpressversuche zeitigten keinen Wasserverlust
Tabelle 23: Ergebnisse der Abpressversuche in der Horizontalbohrung Val Canaria
(1975) nach /46/
9.2.3
Durchlässigkeitsversuche im Labor
An der EMPA wurden an 3 Anhydritbohrkernen mit einern
Anhydritgehalt von 76 - 83 % Durchlässigkeitsversuche
in Funktion des Wasserdruckes durchgeführt /20/. Die
Bohrkerne stammen aus der Bohrung Val Canaria aus 23 m,
26 und 29 m Tiefe, also dem Bereich, wo die Abpressversuche im Bohrloch noch messbare Verluste aufwiesen. Die
Resultate sind in Tabelle 24 enthalten.
NAGRA NTB 12
Tage
1.
-
VJasserdruck
(bar)
Stunden
0,5
0
8
24
2.
1,0
0
8
24
3..
I
2,0
0
8
24
4.
4,0
0
8
24
5.
0
8,0
8
24
6.
12,0
0
8
24
7
0
16,0
0
8
24
8
0
20,0
0
8
24
9.
25,0
0
8
24
10.
30,0
0
8
24
Total in Probe eingedrungene
Wassermenge in cm3:
80 -
Durchgedrungene Wassermenge (cm3)
Prabe 1
Prabe 2
Prabe 3
tracken
da.
da.
tracken
da.
da.
-
-
-
da.
nass
da.
da.
da.
nass
-
-
-
da.
da.
da
da.
da ..
da.
o
tracken
da.
da.
-
-
-
da.
da.
da.
da .
da.
da .
-
-
-
5
10
da.
da ..
10
15
-
-
-
20
35
da.
da.
20
30
-
-
-
50
80
nass
da.
35
55
-
-
-
110
160
do.
do.
75
105
-
-
-
195
260
do.
da.
125
160
-
-
-
300
370
do.
da.
185
230
630
70
280
Tabelle 24: Prüfung auf Wasserdurchlässigkeito Prüfkörper: Massiger Anhydrit, Zylinder von 16,5 cm
und 15 cm Länge aus der Harizontalbohrung van Val Canaria: 23, 26 und 29 m nach /20/
0
NAGRA NTB 12
- 81 -
Aus Tabelle 24 ist zu entnehmen, dass alle drei Proben
bis zu Drücken von 4 bar als wasserdicht zu gelten
haben, dass dann von 8 bar an zwei Proben Wasser durchliessen, wobei die durchgedrungene Wassermenge mit zunehmendem Wasserdruck entsprechend zunahm.
9.2.4
Selbstheilungsversuche an Schlitzen in Anhydritproben
Das Ausheilen von offenen Klüften in Anhydritkörpern
durch Auskristallisation von Gips wurde am Geologischen
Institut der ETHZ /70/ in Laborversuchen beobachtet.
In Anhydritproben von Val Canaria wurden zu diesem
Zweck Schlitze gesägt und die Proben danach im Wasser
gelagert. Nach 300 Tagen waren die Schlitze zum Teil
schon zugeheilt. Während das Gipswachstum bei gewissen
Proben über beide Schlitzflanken gleichmässig verteilt
erfolgte, setzte das Zuwachsen bei anderen Proben
punktuell an bestimmten Stellen des Schlitzes ein.
9.3
BEURTEILUNG DER WASSERDICHTHEIT DES ANHYDRITS BEZUEGLIeH DER ANFORDERUNGEN AN DIE LAGERTYPEN
9.3.1
Massiger Anhydrit
Sowohl aus den Angaben der Fachliteratur wie auch aus
den eigenen Versuchen in Kernbohrungen, dem Befund im
Sondierstollen Val Canaria und den zusätzlichen Laboruntersuchungen folgt, dass der Selbstheilungsprozess im
massigen Anhydrit bis zu einer Tiefe von rund 1 000 m
(siehe Beilage 1) durch Umwandlung von Anhydrit in Gips
vorhandene Hohlräume und Klüfte schliesst und dadurch
das Gestein trocken und wasserundurchlässig macht.
Die Wasserdichtheit von massigem Anhydrit wird deshalb
ähnlich günstig beurteilt wie jene von Steinsalz. Sie
ist in kompakten und relativ reinen Anhydritkörpern
zweifellos vollkommener als bei anderen Gesteinen und
bietet in dieser Beziehung für alle Lagertypen sehr
gute Voraussetzungen.
9.3.2
Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel
Gesteine, die aus Anhydrit und tonhaItigen Komponenten
aufgebaut sind, sind an sich sehr undurchlässig. Als
massgebend für die Wasserdichtheit ist vor allem die
Klüftung anzusehen. Von Standort zu Standort kann der
Klüftungsgrad und damit die Wasserdichtheit ganz verschieden sein.
NAGRA NTB 12
-
82 -
Hinsichtlich der Wasserdichtheit kann dem wechselgelagerten Anhydrit eine Eignung für den Bau von Lagerstätten der Typen A, B oder C apriori nicht abgesprochen werden. Entscheidend sind aber die konkreten Verhältnisse am Standort. Diese können nur in situ abgeklärt werden.
NAGRA NTB 12
-
83 -
10.
SORPTIONSEIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS
10.1
GRUNDLAGEN
Als eine der wichtigsten und bezüglich ihrer Wirkung
bedeutungsvollsten Barrieren gegen eine allfällige Ausbreitung radioaktiver Stoffe aus einer Endlagerstätte
ist die Verzögerung der Nuklidwanderung in der Geosphäre zu bezeichnen. Dabei sind es vor allem die Rückhalteeigenschaften der Gesteine, welche die durch
Wassertransporte bedingte Nuklidwanderung im Untergrund
massgeblich beeinflussen.
Unter den Begriff der Rückhaltung fallen hier die
physikalisch/chemischen Vorgänge
-
Adsorption
Ionenaustausch
Filtration
Fällung (resp. Unlöslichkeit)
Während Adsorption und Ionenaustausch als Sorption bezeichnet werden, ist die Filtration 'mechanisch bedingt.
Die Hydroxide vieler Nuklide sind in dem zu erwartenden
pR-Bereich natürlicher Wässer extrem unlöslich. Sollten
sie im Milieu der Verfestigungsmatrix trotzdem Löslichkeitseigenschaften aufweisen, so würden sie im Milieu
der natürlichen Wässer (pH 6 - 8) ausgefällt werden.
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass die Rückhaltung eine phänomenologische Erscheinung darstellt
und bei Gesteinen -eine Trennung in die erwähnten Vorgänge experimentell und rechnerisch kaum möglich ist.
Meistens wird die Sorption durch den Verteilungskoeffizienten dargestellt, welcher die Aktivitätsverteilung
zwischen Lösung und Festkörper beschreibt. Der Verteilungskoeffizient wird definiert als das Verhältnis von
Aktivitätskonzentration im Festkörper zu Aktivitätskonzentration in der flüssigen Phase im Gleichgewichtszustand.
- 84 -
NAGRA NTB 12
In einer einfachen Gleichung lässt sich das Geschwindigkeitsverhältnis zwischen Nuklid und Wasserstrom in
Abhängigkeit des Verteilungskoeffizienten angeben, was
bei quantitativen Abschätzungen sehr praktisch ist:
Geschwindigkeit des Wassers
Geschwindigkeit des einzelnen Nuklides
Verteilungskoeffizient
Dichte des Gesteins
Porosität
Obige Beziehung ist allerdings als starke Vereinfachung
des Sorptionsprozesses zu verstehen.
Erschwerend bei Vergleichsrechnungen tritt nun hinzu,
dass bei der experimentellen Bestiramung der Kd-Werte
die Versuchsbedingungen streng berücksichtigt und genau festgehalten werden müssen /11/. Dies betrifft bei
Anhydrit-Proben insbesondere folgende Faktoren:
- Zusammensetzung der Festkörper (Mineralbestand)
- zeitliches Lösungsverhalten der Festkörper im Wasser
- ungefähres Verhältnis Anhydrit/Gips
- zeitliches Sorptionsverhalten
- Einfluss der Konzentration der beobachteten Radionuklide
- Einfluss von Fremdionen
Im weiteren muss gewährleistet sein, dass das an kleinen Laborproben in Batch- und Kolonnenversuchen gemessene Sorptionsverhalten auch tatsächlich den Verhältnissen in den ausgedehnten Gesteinsverbänden eines potentiellen Endlagerstandortes entspricht.
NAGRA NTB 12
10.2
- 85 -
UNTERSUCHUNGEN AN AUSGEWAEHLTEN PROBEN
Seit einigen Jahren wird am EIR ein umfangreiches Versuchsprogramm zur Bestimmung der Sorptionseigenschaften an schweizerischen Anhydrit- und Gipsproben durchgeführt. Bisherige Ergebnisse für Anhydrit liegen bereits in Berichten /11/,/52/,/54/,/55/ vor. Da sich Anhydrit bei Normalbedingungen unter Aufnahme von Wasser
in Gips umwandelt und zudem beide Gesteine selten in
reiner Form vorliegen, wurden auch Experiment~ mit Gips
/52/, /54/, /58/ sowie l1ergel /63/ durchgeführt.
In der ausländischen Literatur liess sich bisher keine
Beschreibung der Sorptionseigenschaften finden.
10.2.1
Untersuchte Nuklide
In /11/ wird erwähnt, dass mit den Nukliden Cs-137
(Halbwertszeit (Tl/2 = 30 a), Ce-144 (Tl/2 = 284 d),
Ru-l06 (Tl/2 = 1 a) die wichtigsten Daten über das
Verhalten von Radionukliden in Kontakt mit einem Festkörper erhalten werden können. Man erfasst dadurch einen Vertreter der Alkalimetalle (Caesium), ein Lanthanid (Cer) und ein Ion, welches als Anion, Kation oder
neutral vorliegen kann (Ruthen).
Allgemein wird jedoch bei den verschiedenen Experimenten das Hauptgewicht auf das Verhalten der Nuklide
Cs-137 und Sr-90 gelegt, weil
- beide Isotope eine relativ lange Halbwertszeit
(Tl/2 = 30 a) und eine relativ gute Löslichkeit be-"
sitzen /52/
- diese Nuklide bezüglich ihrer Toxizität sowohl im
mittelaktiven wie auch im hochaktiven Abfall in den
ersten paar hundert Jahren dominant sind.
10.2.2
Untersuchte Gesteinsproben
Das in den verschiedenen Laborexperimenten verwendete
Probenmaterial ist sehr umfangreich und stammt aus Lokalitäten, in denen die NAGRA bis zum heutigen Zeitpunkt bereits Sondierbohrungen und geologische Untersuchungen vornehmen konnte. Dies sind die Gebiete Airo10, Bex, Wandfluh und Felsenau.
Eine Uebersicht über die genaue Herkunft von Handstücken
und BGhrkernen ist in Beilage 9 dargestellt.
NAGRA NTB 12
10.2.3
- 86 -
Versuchsmethoden
Die Experimente wurden nach dem Batch-Verfahren /11/,
/55/,/63/ sowie mit dem in Labors sehr häufig verwendeten Prinzip der Säulenchromatographie /58/ durchgeführt. Eine ausführliche Versuchsbeschreibung findet
sich insbesondere in /55/ (Batch) sowie in /58/ (Säulenchromatographie) .
Im Verlaufe der ersten Versuchsreihen hat sich sehr
schnell gezeigt, dass die Rückhaltung von Nukliden im
Anhydrit von sehr vielen Parametern beeinflusst wird,
die sich zum Teil während der Versuchsdauer ändern. Da
in diesen Experimenten bei Raumtemperatur stets eine
Vergipsung auftritt, war es sinnvoll, auch Versuche an
verschiedenen Gipsproben vorzunehmen.
10.2.4
Diskussion von Einflussfaktoren
Die Resultate aus den bisherigen Arbeiten zeigen die
Abhängigkeit der Sorptionsphänomene insbesondere von
nachfolgenden Parametern:
Gestein
- Korngr6sse bzw. Oberfläche
- Gehalt an Salzen
- Verunreinigung (z. B. Mergelgehalt)
- Aktivitätskonzentration
- pR-Wert
- Fremdionenkonzentration
ferner:
- Verhältnis Wasservolumen zu Festkörpervolumen
- Irreversible Prozesse, die definitionsgemäss durch
den Kd-Wert nicht erfasst werden
- Temperatur und Druck
NAGRA NTB 12
- 87 -
In /11/ wird als Faustregel angegeben, dass die KdWerte mit zunehmendem Korndurchmesser sinken. In den
betreffenden Batch-Versuchen sind Korngrössen von 0,5
bis 1 nun verwendet worden.
Laske erwähnt in diesem Zusammenhang in /58/, dass die
Kornfraktionen des Probenmaterials über der natürlichen Kristallitgrösse bleiben sollten, damit die entstandenen Oberflächen der Körner "natürliche" Spaltoder Rissoberflächen seien. In seinen Batch-Versuchen
/55/ werden die Bruchstücke zu 5 - 15 mm zerkleinert.
Eine generelle Aussage über die Variation von Kd-Werten in Funktion der Korngrösse macht Radermann /31/.
Da mit dem Ansteigen des Kd-Wertes für kleiner werdende Korngrössen gleichzeitig auch die Porosität s
ansteigt, dürfte die Variation des Verhältnisses Kd/s
bei der Berechnung des Rückhaltevermögens gegenüber
anderen Unsicherheiten vernachlässigbar sein.
Gehalt des Materials an Salzen
Die durch den ständigen Wasserkontakt bedingte Auflösung des Anhydrits unter Gipsbildung führt auch zur
Freisetzung von Fremdgesteinen, welche als Verunreinigung im Anhydrit enthalten sind. Dabei gelangen die
in diesen Fremdgesteinen vorkommenden Salze ins Wasser
und bewirken eine Veränderung resp. Erhöhung der Fremdionenkonzentration. Dies führt im allgemeinen zu eine~
Verringerung des Sorptionsvermögens /31/.
Dieser Sachverhalt wurde zwar für Anhydrit weder in
/11/ noch in /55/ untersucht. Absorptionsversuche an
anderen Materialien /59/ - /63/ zeigten jedoch eine starke Abhängigkeit vom Salzgehalt der Lösung, was generell eine Verringerung des Kd-Wertes zur Folge hatte.
Gehalt an Fremdionen
In einer Studie über die Gteichgewichtsverteilungskoeffizienten bei der Sorption /31/ wird erwähnt, dass der
Kd-wert mngekehrt proportional zur Gesamtionenkonzentration in der flüssigen Phase ist. Im weiteren wird
die Schlussfolgerung gezogen, dass die Fremdionenkonzentration den entscheidenden Parameter für die Sorption darstellt. Neben dem pR-Wert sind hauptsächlich
NAGRA NTB 12
- 88 -
.
. K+ - und Mg +2 -Ionen
Na + - un d Ca ++ -Konzentratlonen
SOWle
von Bedeutung. Die Ionenkonzentration in der flüssigen
Phase ist dabei nicht nur von der Zusammensetzung des
Grundwassers allein abhängig, sondern auch von der
Menge der Ionen, welche aus dem Abfallbehälter sowie
aus ausgelaugten Fremdgesteinen in die Lösung gelangen.
Bei den Sorptionsversuchen an Anhydritproben wurde dieses Verhalten noch nicht quantitativ bestätigt. Bei
der Bestin~ung von Verteilungskoeffizienten bei der
Absorption von Sr und Cs an verschiedenen Abfallmaterialien /59/ nahmen die Kd-werte jedoch wie erwartet mit steigendem Ca-Gehalt ab.
Wiederum in /31/ wird vermerkt, dass der pR-Wert der
flüssigen Phase die Sorptionswirkung entscheidend beeinflusst. Im allgemeinen ist mit abnehmendem pR-Wert
ein exponentielles Absinken des Kd-Wertes zu erwarten.
Bei den Experimenten mit Anhydrit- und Gipsproben in
/55/ wurden saure Trägerlösungen (pR 2 - 2,4) verwendet, um die Nuklide sicher in Lösung zu halten. Dabei
zeigte es sich, dass der pR-Wert während der Versuchsdauer kontinuierlich gegen den neutralen Wert stieg.
Die in der Folge durchgeführten zusätzlichen Versuche
mit Anhydrit- und Gipsproben /52/ bestätigten diesen
Effekt, denn sowohl saure wie alkalische Lösungen wurden durch den Einfluss dieser Gesteine auf ein pR zwischen 7 und 8 gepuffert.
Interessanterweise liess sich für Ruthen und Cer eine
Ausfällung beobachten, welche durch die pH-Aenderung
zu erklären ist. Der Bericht schliesst mit der Feststellung, hauptsächlich Cäsium und Strontium seien
wegen ihrer relativ guten Löslichkeit für weitere Absorptionsversuche interessant.
Aktivitätskonzentration
Da bei der Verwendung der Kd-werte als quantitative
Grössender Sorptionswirkung nur reversible Vorgänge
erfasst werden, muss bei allen Versuchen ein reversibles Absorptionsgleichgewicht vorliegen, was bei
höheren Aktivitätskonzentrationen wegen der zunehmenden Absättigung der am Absorptionsprozess beteiligten
Oberflächen nicht mehr gewährleistet ist.
- 89 -
NAGRA NTB 12
In /11/ wird diesbezüglich erwähnt, dass eine Konzentrationserhöhung um den Faktor 3 die Kd-Werte bis
zu 2 Grössenordnungen ändern kann. Es kann allerdings
praktisch ausgeschlossen werden, dass die nach einem
störfallbedingten Wassereinbruch im Endlager zirkulierenden Wassermengen beim Auslaugungsprozess der Abfälle jemals eine derart grosse Konzentrationserhöhung
erfahren, welche zu einer Aenderung der Kd-Werte führen würde.
Der Einfluss dieser beiden Parameter auf die Sorptionseigenschaften ist bisher wenig untersucht worden. Es
ist zu erwarten, dass die Kd-werte-im allgemeinen mit
der Temperatur abnehmen und vom Druck weitgehend unabhängig sind /31/.
10.2.5
Messungen an verschiedenen Proben
Aus den verschiedenen Versuchsreihen über das Sorptionsverhalten von Anhydrit- und Gipsproben lassen sich K d
Werte, soweit sie quantitativ bestimmt werden konnten,
wie folgt zusammenstellen (siehe Tabellen 25 und 26):
Probenmaterial
Herkunft
Ce
Ru
Cs
Sr
Anhydrit
Val Canaria
330
330
150
112*
Anhydrit
Sex
30
30
100
215*
Anhydrit
Wandfl uh
640
1 190
240
362*
Gips
Airolo
55
77
Gi ps
Felsenau
330
98
* sehr grosse Streuung
Tabelle 25: Zusammenstellung der Kd-Werte in ml/g
für Anhydrit- und Gipsproben nach /55/
Anmerkungen z'u Tabelle 25:
Der Kd-Wert ist hier nicht bezogen auf die eingewogene
Menge Material, sondern auf die in der entsprechenden
Versuchszei t umgewandel te Gipsmenge •
- 90 -
NAGRA NTB 12
Probenmateri al
Herkunft
81
B2
B
3
83
8
3
78,6 - 78,8
102,5 - 102,6
104,3
109,5 - 109,7
249,3 - 249,4
10 2
8r 65 102
8,95 • 10 2
2
6,47 • 10
1,83
Anhydrit
Anhydrit
Anhydrit
uh 43,05 m
lIIandf1 uh 47,6 m
Wandf1 uh 73,5 m
~andf1
8ex
8ex
8ex
8ex
Bex
Ce (m1/g)
m
m
m
m
m
g
g
Anhydrit
Anhydrit
Anhydrit-Oo 1omit
Anhydrit
Anhydrit
!
9,75 • 10 2
8,72 10 2
8,52 • 1O~
9,91 10
8,99 • 10 2
9,18 10 2
0
0
0
Airolo
Airolo
Airo1o
Airo1o
Airo1o
B
152,3 m
1
79,6 m
82
8
82,4 m
3
8
82,9 m
3
8 95,4 - 95,6 m
3
Airolo (Canaria) 45 m
Airo1o (Canaria) 56 m
Anhydrit/Gips
Anhydrit/Gi ps
Gi ps
Gips
Anhydrit/Gips
Anhydrit
Anhydrit
Mitte hert
3
• 10
10 2
2
• 10
• 10 3
• 10 2
Ru (ml/g)
Cs (m1/g)
0,74 • 10 2
2
0,95 • 10
1,07 • 102
-2
5
5
9,2
g
10 1
3
1,49
1,59
1,51
1,38
1,51
• 10 2
• 102
10 2
• 102
• 102
-2
4,3 •
2,9
3,4 •
4,1 •
g
1,49 • 10 2
1
10
2
10
10 1
10 1
101
10 1
10 1
10 1
1
10
2,9 • 10 1
0
5
7,3
1,25
6,6
9,3
9,3
•
•
•
•
•
8,98 • 102
9,0
g
2
1,21 • 10
1,17 • 102
1,19 • 10 2
5,0 o 10 1
4,8 • 10 1
4,9 o 10 1
1
1,°· 10
2
1,0 • 102
1,2 • 10
1,02
9 93
<42
1,00
9,33
0
7,50 • 10
10 1
°3. 101
1,
0
-3
3
-3
3,5
1
Tabe 11 e 26: Zusammenstellung der Kd-Werte für Anhydrit- und Gi psproben nach /11/
Anmerkungen zu Tabelle 26:
Die Resultate in den mit 3 Spaltproduktlösungen durchgeführten Versuchen gemäss Tabelle 26 wurden durch Messungen mit
reinen Radionukliden kleiner Konzentration bezüglich der
Grössenordnung bestätigt.
- 91 -
NAGRA NTB 12
In /11/ wird deutlich darauf hingewiesen, dass die
absoluten Werte dieser experimentell bestimmten Verteilungskoeffizienten nur gültig sind für die entsprechende Korngrösse (hier 0,5 - 1 mm) des Testmaterials. Im weiteren ist bei den Experimenten auch
das Verhältnis von Wasservolumen zu Festkörpervolumen von grossem Einfluss. Bützer folgert in /11/
zwangsläufig, dass seine Messungen nur vergleichsweise verwendet werden sollten.
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~
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>
~
10-1~_____~__________~____________~_______~
Caesium
~
Gern ischte
Strontium
Spaltprodukte
Iod
Tuff/271
Granit 1271
",:'.'j"'" Kalkstein
und
QUa
Basalt 127/
t·:f;-;4';]
Sand 1271
I\\'\~
Ton 160,631
Dolom it 1271
Anhydrit 1551
~
Anhydrit 111 1
Gips /551
Tabelle 27:
Kd-werte für verschiedene Gesteinstypen
NAGRA NTB 12
- 92 -
Die hier aufgeführten Zahlenwerte sind also mit grösster Vorsicht zu interpretieren und geben lediglich die
Grössenordnung an.
Im Vergleich mit den in der Literatur oft zitierten KdWerten nach /27/ wäre das Sorptionsverhalten von Anhydrit und Gips ähnlich demjenigen von Granit und Dolomit (Tabelle 27) .
Obwohl die gemessenen Kd-Werte allgemein einen grossen
Streubereich aufweisen und mit vielen Unsicherheiten
behaftet sind, lassen sich doch zusaw~enfassend einige wesentliche qualitative Folgerungen ziehen:
- Sowohl saure wie alkalische Lösungen werden durch
Reaktion mit Anhydrit- und Gips-Gesteinen auf einen pH-Wert zwischen 7 und 8 gepuffert. Bei sauren
Lösungen ist dies durch den Karbonatgehalt der Gesteine begründet.
- Im Bereich des neutralen pH-Wertes haben Ce und Ru
fast keine Löslichkeit. Sie werden als Hydroxide
ausgefällt.
Im Gegensatz dazu bleiben die Nuklide Cs und Sr
löslich und müssen deshalb besonders verfolgt werden.
- NaCl, andere Salze sowie niedrige pH-Werte der Lösung setzen das Sorptionsvermögen des Gesteins herab.
- Cäsium wird weder an Gips noch an Anhydrit zurückgehalten, sondern nur an den Verunreinigungen wie Mergel und Ton. Bei Cs liegen die Kd-Werte für Mergel
und Tone im Bereich von einigen Zehntausend ml/g;
für Sr in den gleichen Gesteinen um 2 Zehnerpotenzen tiefer /63/.
Strontium wird scheinbar von reinem Gips oder Anhydrit schlecht oder gar nicht absorbiert.
10.3
EIGNUNG ALS WIRTGESTEIN FUER DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER ABFAELLE
Indem das Schwergewicht der Sorptionsexperimente auf
das Verhalten der Nuklide Cs und Sr gelegt wurde, sind
die bezüglich Toxizität dominanten Nuklide beim mittelaktiven Abfall sowie bei den Spaltprodukten des hochaktiven Abfalls (in den ersten paar hundert Jahren) erfasst.
NAGRA NTB 12
- 93 -
Geht man beim Störfall - Wassereinbruch in ein Endlager mit nachfolgender Auslaugung des Abfalls - davon
aus, dass die Wasserzirkulation im Anhydrit stets mit
einer Gipsbildung verbunden ist und eine Sorption
durch die Gipsschicht erfolgt, so kann nach /58/ für
es mit einer merklichen Rückhaltung gerechnet werden,
jedenfalls wenn das Gestein Verunreinigungen enthält.
Aufgrund der Erfahrung kommen Anhydrit und Gips in der
Natur selten in chemisch reiner Form vor, sondern man
trifft bei natürlichem Gestein fast immer Verunreinigungen (Dolomit, Magnesit oder Tonmineralien) an, welche Nuklide besser zurückhalten. Dies gilt besonders
für den Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel.
Die Sorptionswirkung gegenüber Strontium ist 'generell
schlechter. Zur Erhärtung der bisher vorliegenden Resultate sind jedoch zusätzliche Experimente erforderlich.
Ueber das Sorptionsverhalten gegenübe~ Aktiniden, die
im hochaktiven Abfall für die Aktivität über sehr lange Zeiträume verantwortlich sind, liegen für Anhydritund Gispgesteine die Ergebnisse noch nicht vor.
NAGRA NTB 12
-
94 -
11.
VERHALTENBET BESTRAHLUNG
11.1
GRUNDLAGEN
Da das Wirtgestein einer Strahlenbelastung durch die
Abfälle im Endlager ausgesetzt ist, muss das Verhal~
ten des Gesteins unter dem Einfluss radioaktiver
Strahlung geprüft werden. Von den verschiedenen Strahlungen, die vom radioaktiven Abfall ausgesandt werden,
sind nur y-Emissionen und Neutronen von Wichtigkeit,
da die Wirkung von a- und ß-Strahlung auf Gesteine
wegen der sehr geringen Reichweite in fester Materie
vernachlässigbar ist.
Infolge der starken Abschwächung der Strahlung könnte
eine Beeinträchtigung des Gesteins nur in der unmittelbar an die Abfallkörper angrenzenden Randzone erfolgen.
Während die y-Strahlung hauptsächlich aus den im Abfall enthaltenen Spaltprodukten stammt, entstehen die
Neutronen durch Spontanspaltung, namentlich vom Zerfall der Nuklide Cm 242 und Cm 244 sowie durch (a, n)Reaktionen.
Von Bedeutung ist vor allem der Effekt der Energiespeicherung im Gestein. Eine spätere Energiefreisetzung
könnte zu .grossen Temperaturerhöhungen führen, verbunden mit einer Umwandlung in mechanische Energie und
nachfolgender Bruchbildung des Gesteins. Ferner können
durch die Bestrahlung Probleme der physikalischen und
chemischen Stabilität entstehen.
Sehr häufig wird die durch Strahlung abgegebene Energie durch Gitterzerstörungen gespeichert und als Wärme
wieder freigesetzt, wenn die unzerstörte Struktur wieder hergestellt ist. Energetisch geladene Teilchen und
y-Strahlung bewirken Verschiebungen von Atomen aus ihren
Gitterplätzen sowie Anregung und Ionisation gebundener
Elektronen.
Die zur Verschiebung von Atomen infolge elastischer
Streuung notwendige Energie liegt im Bereich von 25 bis
75 eV /48/.
NAGRA NTB 12
- 95 -
Wird ein Hineral mit der Atomnurnmer zwischen 8 und 30
durch y-Strahlung einer Dosis von 2 . 1010 rad ausgesetzt - was als obere Grenze gilt für Gesteine, die
den hochaktiven Abfall unmittelbar umgeben -, dann
treten weniger als 10 17 elastische Streuungen pro
Gramm auf. Bei einer Speicherung von 5 eV pro Verschiebung führt dies zu einer gesamten Energiespeicherung von 0,08 J/g /48/.
Bei der Lagerung schwach-/mittelaktiver Abfälle werden die am stärksten exponierten Gesteinszonen bis zum
vollständigen Zerfall aller Nuklide mit einer Dosis von
6 . 10 5 rad bestrahlt. Dies ergibt eine vernachlässigbare Energiespeicherung von 25.10- 7 J/g.
11.2
STRAHLUNGSEINFLUSS AUF VERSCHIEDENE GESTEINE
Im allgemeinen existiert bis anhin wenig Literatur über
Energiespeicherung und chemische Stabilität von Gesteinen unter dem Einfluss radioaktiver Strahlung.
Aus /48/ lassen sich die heutigen Kenntnisse wie folgt
zusammenfassen:
Silikat-Mineralien
Die maximal denkbare Energiespeicherung infolge Bestrahlung durch hochaktive Abfälle in einem Endlager beträgt
120 - 200 J/g. Diese Dosis kann nicht zu einer ernsthaften Gefährdung führen, da nur relativ geringe Gesteinsvolumen diesem Strahlungseinfluss ausgesetzt sind
und für eine Freisetzung der gespeicherten Energie sehr
hohe Temperaturen (900 - 1 000 oe) erforderlich wären.
Ueber den Einfluss ionisierender Strahlung mit Energiespeicherung liegen noch keine direkten experimentellen
Resultate vor.
Tonmineralien
Vorderhand sind keine Informationen über die Veränderungen der Struktur und Zusammensetzung unter y-Strahlung
bekannt.
Da die Tohe einen hohen Wassergehalt aufweisen können,
ist der Bildung von Wasserdampf durch Erwärmung spezielle Beachtung zu schenken.
NAGRA NTB 12
- 96 -
Kalkstein
Eine nennenswerte Beeinträchtigung durch radioaktive
Strahlung ist nicht zu erwarten. An stark exponierten
Oberflächen ist eine teilweise Zersetzung des Gesteins
in CaO, CO und 02 möglich.
11.3
UNTERSUCHUNGEN AN AUSGEWAEHLTENANHYDRITPROBEN
Um das Verhalten von Anhydrit unter dem Einfluss energiereicher Strahlung zu untersuchen, wurden am EIR 30
Bohrkerne von 12 mm 0 und 25 mm Länge einer nichtaktivierenden y-Bestrahlung ausgesetzt /2/. Die eine Hälfte
der Proben enthielt Anhydrit und Gips ("helle Proben"),
während die andere Hä.lfte als Anhydri t (" dunkle Proben
charakterisiert war. Ferner wurden 20 Proben lufttrokken und 10 Proben im nassen Zustand geprüft.
11 )
Die mittlere Dosisleistung betrug 1,8 . 10 5 rad/he Ueber eine Bestrahlungsdauer von 1 835 Stunden ergibt
dies eine Dosis von 3,3 . 10 8 rad.
Im Anschluss an die Bestrahlung wurden die Gesteinsproben bezüglich Bildung von Kondensaten und Gasen untersucht.
11.3.1
Kondensate
Die Mengen der aufgefangenen Kondensate waren zum Teil
so gering, dass eine Untersuchung nicht mehr möglich
war.
11.3.2
Gasförmige Komponenten
Durch massenspektrometrische Analysen konnte neben den
Luftbestandteilen N2 , 02 und Ar in allen Gasproben H2
und C02 nachgewiesen werden, die eindeutig als Radiolysenprodukte entstanden sind.
Die Gase aus den dunklen sowie hellen Proben enthielten
prozentual etwa gleiche Anteile an C02. Bei den dunklen
Proben liessen sich grössere Mengen an Gasen und damit
auch an C02 feststellen.
-
NAGRA NTB 12
97 -
Die aus den lufttrockenen pulverförmigen Gipsproben
stammenden hohen H2-Anteile könnten auch durch Zersetzung des Kristallwassers entstanden sein.
In Tabelle 28 findet sich eine Zusammenstellung der
Bildungsraten von H2 und C02 bei der Probenbestrahlung in Luft.
Proben
CO Z
trocken
he 11
dunkel
0,00
O,OZ
0,9
1, 1
nass
he 11
dunkel
0,008
0,06
0,6
0,5
Tabelle Z8:
11.3.3
HZ
6
Bildungsraten von Gasen (cm3 Gas/mZ Probenoberfläche x 10 rad bei
Normaltemperatur und -druck) nach /3/
Einfluss energiereicher Strahlung auf die Festigkeit
von Anhydrit
Zwecks Abklärung festigkeitsvermindernder Einflüsse auf
die Anhydritproben infolge energiereicher Strahlung wurden die am EIR bestrahlten sowie auch die unbestrahlten
Anhydritproben aus Bex und Airolo am geologischen Institut der ETHZ auf ihre felsmechanischen Eigenschaften hin
untersucht /69/.
Beim bestrahlten Anhydrit von Bex war an den trockenen
Proben eine äusserst minime Festigkeitsverminderung zu
erkennen, während die Proben mit Porenwasserspannung
eine Festigkeitsabnahme von 5 - 18 % zeigten.
Einen deutlichen Festigkeitsverlust wiesen jedoch die
Proben von Airolo auf.
NAGRA NTB 12
- 98 -
Die Vermutung liegt nahe, dass durch die Wirkung der
y-Strahlung Mikrorisse im Gestein entstehen können,
wodurch die PorositMt des Anhydrits erhöht wird. Wenn
vlasser zutritt und durch Umwandlung Gips entsteht, hat
dies eine Festigkeitsverrninderung zur Folge, was sich
an den feuchten Proben von Bex bestMtigte.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die in
den Bestrahlungsexperimenten erreichte Dosisbelastung
von 3,3 . 10 8 rad die Festigkeitseigenschaften von Anhydrit relativ geringfügig beeintrMchtigt /69/.
11.4
EIGNUNG FUER DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER ABFAELLE
11.4.1
Schwach- und mittelaktive Abfälle
Für die Endlagerung verfestigter schwach- und mittelaktiver AbfMlle ist im Entsorgungskonzept die Kavernen- und Stollenbauweise vorgesehen. Für die Dosisberechnungen im umliegenden Anhydrit ist lediglich
der Einfluss der y-Strahlung zu berücksichtigen.
Ausgehend von der Nuklidzusammensetzung für verfestigte HarzabfMlle, Tabelle A6 - 4 in /90/,lMsst sich in
den am stMrksten exponierten Anhydritzonen bis zum
vollstMndigen Zerfall aller Nuklide eine maximale Dosis
von 6 . 10 5 rad errechnen. Dieser Wert ist als konservativ zu betrachten, da die abschirmende Wirkung von
Zwischenfüllmaterial, BehMlter und Kavernenauskleidung
vernachlMssigt wurde und die angenommene AktivitMtskonzentration über dem Mittel liegen dürfte.
Aufgrund der geringen Dosis ist weder mit einer gefMhrdenden Gasentwicklung noch mit einer BeeintrMchtigung
der Gesteinsfestigkeit zu rechnen.
11.4.2
Hochaktive AbfMlle
Die Strahlenbelastung des Gesteins durch hochaktive AbfMlle als Strahlenquelle ist im Vergleich zu schwachund mittelaktiven AbfMllen um Zehnerpotenzen grösser.
- 99 -
NAGRA NTB 12
Geht man für die den Abfallzylinder umgebende Gesteinszone von einer Dosis von 2 . 10 10 rad aus /48/, dann
ist pro endgelagerternZylinder (Oberfläche 3 m2) mit
folgenden Gasentwicklungen aus dem Gestein zu rechnen
(Umrechnung aus Tabelle 28 unter der Annahme einer mit
der Dosis linear zunehmenden Gasentwicklung und der Voraussetzung, dass bei der Bestrahlung genügend Material
für die Gasbildung zur Verfügung steht).
Proben
Llter (bel NTP)
H2
CO 2
trocken
hell
dunkel
0,00
1,2
54
66
nass
hell
dunkel
0,5
3,6
36
30
Tabelle 29: 8l1dungsrate von Gasen im Anhydrltgestein lnfolge Strahlung eines hochaktlven
Abfallzylinders
Da neben den oben genannten Gasen auch Sauerstoff radiolytisch erzeugt wird /2/, ist die Bildung eines Gemisches aus H2 und 02 theoretisch möglich. Allerdings ist
zu berücksichtigen, dass die Gasmengen in Tabelle 29,
falls eine lineare Extrapolation der Messwerte aus /2/
zulässig ist, im Laufe von tausenden von Jahren gebildet
werden.
Ausserdem ist eine erhöhte Korrosionsgefahr für das Behältermaterial wegen der Bildung chemisch aggressiver
Gase zu berücksichtigen.
Die Beeinträchtigung der Festigkeitseigenschaften durch
die Strahlung aus hochaktiven Abfallbehältern kann nicht
ohne weiteres aus den bisherigen Experimenten abgeleitet
werden. Hierzu wären Bestrahlungsversuche mit wesentlich
höheren y- und Neutronendosen (>10 10 rad) erforderlich.
NAGRA NTB 12
- 100 -
12.
KORROSION
12.1
ALLGEMEINE BEMERKUNGEN ZUR 'KORROSION
Bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle können Einbinde- und Behältermaterialien durch Korrosionswirkung umgebender Medien in ihrer Schutzfunktion (Isolation von Nukliden) beeinträchtigt werden.
Für Gips- und Anhydritgesteine ist bekannt, dass hauptsachlich in feuchter Umgebung mit Korrosion von Beton
und Metallen zu rechnen ist.
12.1.1
Korrosion von Beton /6/
Die Korrosion ist vor allem dort unerwünscht, wo der
Beton bei Endlagerstätten eine abdichtende oder tragende Funktion ausübt.
Die Korrosionsvorgänge sind kompliziert und hängen im
wesentlichen ab von den Eigenschaften des angreifenden
Mediums (Säuren, Basen, Salzkonzentrationen) sowie von
der Betonzusammensetzung. Betonschädlich wirken hauptsächlich weiche Wässer, Säuren, Laugen und Salze. Die
zerstörende Substanz muss als nasses Gas, in Flüssigkeit, in aufgelöstem Zustand, vor allem aber als Ion
an den Beton gelangen. Stoffe in festem Zustand sind
wirkungslos.
Zu den bedeutendsten Agenzien und Verbindungen zählen
die Ionen Mg+2, NH4+' H+, S04-2, Cl-, HC03~' OH-.
Zu den grundlegenden Korrosionsvorgängen zählen Auslaugung, Austauschreaktion mit Austritt leicht löslicher Verbindungen aus dem Zement sowie das Treiben des
Betons.
Die auslaugende Korrosion entsteht im Beton unter anderem durch Einwirkung von Säuren, die mit dem Ca(OH)2
des Betons wasserlösliche Salze bilden, welche ausgespült werden können. Bei der Austauschreaktion wirken
vor allem sämtliche Salze des Magnesiums, dessen Ion
namentlich zusammen mit Sulfationen besonders gefährlich ist~ sowie das CaS04.
NAGRA NTB 12
- 101 -
Bei den Treibvorgängen bildet der Sulfat-Angriff den
am häufigsten vorkommenden und schädlichsten Angriff,
ungeachtet, ob das Sulfat als CaS04-, Na2S04- oder
MgS04-Salz vorliegt. Alle drei Salze können in wässrigen Lösungen einer Anhydrit-/Gipsumgebung auftreten
und sind deshalb in diesem Zusammenhang von besonderer
Wichtigkeit.
Normaler Portlandzement wird zerstört durch Ettringitbildung sowie der Reaktion zwischen CaS04 und Kalziumaluminathydraten, wodurch grosse innere Spannungen erzeugt werden. Es existieren jedoch sulfatbeständige
Portlandzemente. Die Puzzolan- und Hüttenzemente sind
weitgehend beständig in CaSü4- und MgS04-L6sung. Chloride wiederum wirken sich auf die Sulfatbeständigkeit
des Portlandzementes günstig aus. Ferner ist bei Tonerdezementen keine Korrosion durch CaS04 zu erwarten.
Dichter Portlandzement ist genügend beständig, falls
der Sulfatgehalt in Wässern 300 mg/l S04 nicht übersteigt.
12.1.2
Korrosion von Metallen und Legierungen
Metalle und Legierungen erfüllen bei Endlagerstätten
als Behältermaterialien, Bohrloch-Verrohrungen usw.
entscheidende Isolationsfunktionen gegen die Freisetzung von Nukliden. Die Lebensdauer wird, abgesehen
von St6rfällen mit mechanischer Einwirkung, im wesentlichen durch die Korrosion bestimmt.
Prinzipiell muss zwischen rein chemischer, elektrochemischer und physikalisch-chemischer Korrosion unterschieden werden.
Die rein chemische Korrosion tritt vorwiegend an Metallen in Gasen bei hohen Temperaturen auf. Kennzeichnend
ist die Bildung einer Schicht aus Korrosionsprodukten
(besonders Oxiden) durch Ionen, die aus dem Metallgitter heraustreten und mit der gasförmigen Umgebung reagieren.
Die elektrochemische Korrosion verläuft in wasserhaltigen Medien, wobei die Zersetzung als Folge elektrischer
Erscheinungen infolge von Potentialunterschieden stattfindet.
NAGRA NTB 12
- 102 -
Gefährlich ist vor allem die aggressive Umgebung, also
saure (pH <5) oder alkalische (pH >10) Lösungen. Bei
örtlicher Beschädigung der schützenden Oxidschicht,
z. B. bei Cr- und CrNi-Stählen, entsteht Lochfrass.
Von Interesse sind neben dem pH"""Wert von Wässern auch
Angaben über die Leitfähigkeit und den Chlorgehalt.
Unter dem Einfluss von Wasserstoff kann Rissbildung
auftreten.
~n wässriger Salzlösung nimmt z. B. die Korrosion von
unlegiertem C-Stahl mit steigender Temperatur zu, jedoch ab 70 °c wegen des sinkenden Sauerstoffgehalts
wieder ab /94/.
Bei der Korrosion physikalisch-chemischer Natur dringen Bestandteile aus der Umgebung durch Absorption
oder Diffusion in den Werkstoff ein (speziell bei
Kunststoffen) .
12.2
UNTERSUCHUNGEN
12.2.1
Frühere Untersuchungen
Die im Jahre 1965 begonnenen Korrosionsuntersuchungen
mit verschiedenen Materialien im Gipsbergwerk Felsenau
haben bis jetzt ein grobes Bild über die Korrosionsverhältnisse in einer Anhydrit-/Gipsatmosphäre ergeben /53/. Bei den aufgefundenen Stücken handelt es sich
um 10 Aluminiumproben.
Interessant sind ferner die vom EIR durchgeführten Tropfwasseranalysen an 2 Proben aus dem neuen Stollen im
Gipsbergwerk Felsenau /57/. Die quantitative Bestimmung
erfolgte an 6 Ionen: Na+, K+, Mg+2, Ca+ 2 , Cl-, S04-2.
Beide Wässer waren übersättigt an Gips, aber noch nicht
gesättigt an Anhydrit. Die eine Probe war zudem zur Hälfte gesättigt an NaCl (10 °C).
12.2.2
Neues Untersuchungsprogramm
Inzwischen wurde durch die NAGRA ein umfangreiches Korrosions-Versuchsprogramm eingeleitet mit dem Zweck, verschiedene Materialien, die sich als Bindemittel für radioaktive Abfälle und als Behälter- sowie Auskleidematerialien eignen, der korrosiven Wirkung in einem Anhydritstollen des Bergwerkes Felsenau auszusetzen /56/.
NAGRA NTB 12
- 103 -
31 verschiedene Proben wurden am 9. September 1977
eingelagert, während entsprechende Vergleichsmuster
im EIR unter möglichst nicht korrosiven Bedingungen
aufbewahrt werden. Nach 5 verschiedenen Expositionszeiten erfolgt jeweils eine Rückholung von Mustern
und eine Auswertung der Ergebnisse im Vergleich mit
den im EIR gelagerten Proben. Eine erste Rückholung
erfolgte im September 1978 nach einjähriger Lagerzeit.
Das Sortiment der Proben umfasst folgende Materialien:
Eisenbleche ohne und mit verschiedener Beschichtungsart, feuerverzinkt, verzinnt und verbleit. Peraluman
25 R, Antikorrodal, Aluminium eloxiert, rostfreier
Stahl, AISI 304.316, Polyäthylen, Polypropylen, Polystyrol, ABS, PVC, Araldit, Polyester, Portlandzement
ohne und mit Kalk, Sulfacem mit und ohne Kalk, hydraulischer Kalk mit Trass, 4 Bitumenarten.
Bereits kurze Zeit nach der Einlagerung konnte bei den
Eisenblechen ein starker Rostbefall festgestellt werden, der, wie sich zeigte, auf den Einfluss der Umwälzluft zurückzuführen war. Durch Abschirmen des Versuchsraumes mit einem Vorhang liess sich die Rostbildung
weitgehend abstoppen.
12.3
EINFLUESSE BEI DER LAGERUNG RADIOAKTIVER ABFAELLE
Grundsätzlich muss das Korrosionsverhalten der für Endlagerstätten und Lagergut verwendeten Materialien durch
Langzeitversuche unter den entsprechenden Bedingungen
ermittelt werden.
Trotzdem lassen sich aus den gegenwärtigen Kenntnissen
bereits gewisse Schlüsse ziehen:
Bei Endlagerstätten für schwach-/mittelaktive Abfälle
fällt der Einfluss der Temperaturerhöhung nicht ins Gewicht, d. h., es ist keine Beschleunigung der chemischen
Reaktionen zu erwarten.
Im Falle eines Wassereinbruches muss unter Umständen
mit einem starken Sulfatangriff auf verwendete Betonmaterialien gerechnet werden. Bei beiden Tropfwasserproben betrug der Gehalt an S04-2-Ionen weit über
1 000 mg/l /57/. Ferner kann, je nach Salzgehalt (NaCl)
des Wasse~s, eine rasche Korrosion der Stahlfässer infolge hohem CI--Gehalt des Wassers eintreten /57/.
NAGRA NTB 12
- 104 -
Hingegen erwe~sen sich die Puffereigenschaften von
natürlichen Anhydrit- und Gipsgesteinen als günstig,
indem der pH-Wert neutralisiert wird /52/.
Ueber die Korrosionseffekte bei der Lagerung hochaktiver Abfälle sind nähere Angaben schwierig zu geben,
da Versuchsergebnisse fehlen. Als ungünstig dürfte
sich generell die hohe Temperatur erweisen, welche
die Korrosion durch aggressive oder oxidierende Gase
(Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) fördert, die z. B.
radiolytisch erzeugt werden können.
NAGRA NTB 12
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/52/
Laske, D. (22.11.1976): Die Puffereigenschaften von
natürlichen Anhydrit- und Gips-Gesteinen und
deren Bedeutung für die Löslichkeit verschiedener Spaltprodukte.
EIR-Bericht, Nr. TM-CH-160
NAGRA NTB 12
- 110 -
/53/
Laske, D. (15.12.1976): Alte Korrosionsversuche im
Gipsbergwerk Felsenau.
Technische Mitteilung. EIR, TH-CH-162
/54/
Laske, D. (05.01.1977): Die Umwandlung von natürlichen Anhydritgesteinen zu Gips bei der Lagerung
in reinem Wasser.
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-163
/55/
Laske, D. (22.06.1977): Bestimmung von Kd-Werten nach
der Batch-Methode bei der Absorption verschiedener Nuklide an Anhydrit- und Gips-Gesteinen.
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-168
/56/
Laske, D. (07.10.1977): Korrosionsuntersuchungen im
Anhydrit- und Gips-Bergwerk Felsenau.
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-175
/57/
Laske, D. (13.10.1977): Analyse von 2 verschiedenen
Tropfwasserprobenaus dem Anhydrit-Stollen Felsenau
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-176
/58/
Laske, D. (15.11.1977): Säulenchromatographie-Versuche an möglichen Wirtgesteinen für die Lagerung
von schwach- und mittelaktiven Abfällen.
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-180
/59/
Laske, D. (28.11.1977): Kd-Werte von Cs und Sr an zwei
Ionenaustauscherharzen, die als schwach- bis
mittelaktive Abfälle in den KKW Mühleberg und
Beznau bereits anfallen und die auch für Gösgen
und Leibstadt vorgesehen sind, (1. Teil).
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-18l
/60/
Laske, D. (10.01.1978): Kd-Werte von Cs und Sr an zwei
verschiedenen Schweizer Tonarten, (2. Teil).
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-183
/61/
Laske, D. (13.03.1978): Kd-Werte von Trass, Hydrolent
und hydraulischem Kalk, (4. Teil).
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-189
/62/
Laske, D. (15.03.1978): Kd-Werte von Cs und Sr an drei
verschiedenen Bentonite~ (3. Teil).
Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-188
- 111 -
NAGRA NTB 12
/63/
Laske, D. (23.05.1978): Die Kd-Werte von Cs und Sr
an: Mergel, Felsenau, Celite 545 und an 6 verschiedenen Mustertonen, geliefert von der
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Technische Mitteilung& EIR, TM-CH-191
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Korrosionsschutz~
Tempere tur.
o
20
10
oe
30
40
60
50
\
\
100
\
500
\
\
\
\
\
200
..
..lI:
U'"-
::Je
~.c
Cl
300
1000
.. .
. ..
E
~
..
\
'..
Cl,)
~
;..
................
.... 1500
G\ A
\
400
\
500~
®'\
2000
__~__~______~______~~______~________~______~
Stabilitätszonen von Gips (G) und Anhydrit (A) in
Druck. Auf der linken Seite wird der
thostati~che
Abh~ngigkeit
hydrostatisch~
auf der
von Temperatur und
re~hten
Seite der li-
= 2.4 P d ' hier in Metern Gesteinsm~chtigkeit) angegelith
hy r
ben. Derigeothermische Gradient wurde über dem "Grand Saline Dome" in Texas gemes01
sen (1 [pro 37 m Tiefe).
Druck (P
I
!
1)
Ges~ttigte
2)
Ges~ttigte
NaCI-Lösung, P
lith
= 2.4 P hydr
NaCl-Lösung, Pli t.h- auf feste und flüssige Phase
3) Meerwasser, bis zur CaS04-S~ttigung eingedampft, P
= 2.4 P
lith
hydr
4) Süsswasser, P
2.4 P
=
1ith
hydr
Bei den Gleichgewichtskurven I, 3 und 4 wirkt der lithostatische Druck auf die
festen Phasen und der hydrostatische Druck auf das Porenwasser (nach 5).
NAGRA
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
..
STABILITATSZONEN VON GIPS UND ANHYDRIT
IDAr_:
14.9.1978
I BEILAGE
1
I
SYSTEM
CoS04 -NoCI-H 2 0
(I BAR)
6
..s:J- Hordie (1967)
50
--0-- Blount u. Dickson (1969)
40
u
o
Z
0:
30
:J
t-
<{
0:
W
0..
~
20
W
t-
10
OL-____- L_ _ _ _
o
1
o
34
75~a
L-~
H 0
2
______U -_ _ _ _ _ _+L------~----~~----------
2
3
4
Mole NoClod.CI/Kg H2 0
64
91
115
Der Effekt der Konzentration von NaCl oder Cl
5
6
137
157
0/00
No CI
sowie der Aktivität des Wassers
(a H 0) auf die Gleichgewichtstemperatur der Phasen Gips, Anhydrit, CaS0 -gesät4
2
tigte Lösung und H 0-Dampf bei I bar totalem Druck im System CaS0 - NaCl - H 0.
2
4
2
Der Wassenrlampfdruck reicht von. 124 torr bei 56 oe und NaCl-freiem Wasser bis
zu 13.6 torr bei 20
°c
und 6 mol NaCl-haltigem Wasser. Unterhalb der Kurven bil-
det sich Gips (nach 8).
NAGRA
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
IDAT.: 14.9.19781
BEILAGE 2
1
Raumgewicht von Anhydrit jn Funktion der Porosität
Raumgewicht in Funktion der
(Rohdichte)
Porosität von 15 Proben aus
rJ
(3)
2.95
·1 [9~
3
Anhydritoehait der Probe in
( ) Theoretischer Wert
Val Canaria, in Abständen von
ohne Klammer: Gemessener We rt
58'm entnommen.
Die Differenz zwischen gemes-
( 2)
1(88)
senem unq theoretischem Wert
2
der Proben für das Raumgewicht
9
,
flB21
(~l
[!15I!
wurde durch einen senkrechten
7
[8~ (~5) (1~
Strich angegeben (nach 70).
CB4J
12
(13)
6
1esO]
C70J
13
[nl
(1 )
-
der Horizontalbohrung von
0/0
2.90
.c:. .
10
u
•
cu
01
E
:l
a
(~)
IC74'J
a::
~
10
['~21
2.85·
(10)
l'
(,ll°') J
1.0
Q5
1.5
Porosität
NAGRA
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
RAUMGEWICHT VON ANHYDRIT
IN FUNKTION DER POROSITÄT
/DAT.: 14.9.1978
I BEILAGE
:3
I
I
Wärmeleitfähigkeit A[w/m DKJ
'Stoff
Referenz
Anhydrit
5.4
14
Gips
1.3
86
Sandboden
Sandboden
1.67
85
1.2 - 2.3
32
Sandboden
1.7
33
Sandstein
1.6 - 2.1
85
1.28
85
2.8
85
Kristallin
1.7
81
Kristallin
2.0
75
Granit USA
2.6 - 3.8
81
Gneis
1.9 - 4.8
81
3.0 - 3.6
34
1.9 - 4.0
32
Salz
5.5 - 7.1
81
Salz
5.0
84
Mergel
0.9 - 2.2
12
Dolomit
4.0
12
1.2 - 2.9
31
Kalkstein
1.9
33
Kalkstein
2.0 - 3.4
72
Steinkohle
0.26
85
Kies
0.37
85
'Erde. kiesig
0.59
85
·8eton
0.9 - 1.3
32
Beton
0.8 - 1.4
85
Rostfreier Stahl (304)
17.3
33
Stahlguss
46.5
75
Glas
0.7
Glas
0.16
85
Borsilikatglas
1.1 (20 oe)
75
Borsilikatglas
1.37 (200 oe)
75
Wasser
0.6 (NTP)
33
Wasser
0.7 [100 oe)
10- 2 (20 oe)
2.6
33
Tonboden
'Marmor
USA
Granit Schweden
'Granit
, Schiefer
- 0.85
32
.
Ruhende Luft
NAGRA
85
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
WÄRMELEITUNGSEIGENSCHAFTEN
VON GESTEINEN UND ANDERN MATERIALIEN
'OAT.: 14.9.1978
rBEILAGE
5
I
-------
Wärmeleitfähigkeit
-1
-1
in cal
s
cm
-1
-1
cm
K
in W
0
C
-1
gemessen bei einer Temperatur in oe
Wärmeleitfähigkeit
-1
-1
cm
in cal
s
-1
-1
in W
cm
K
o -1
C
gemessen bei einer Temperatur in oe
Wärmeleitfähigkeit
-1
-1
cm
in cal
s
-1
-1
cm
in W
K
°C-1
gemessen bei einer Temperatur in oe
NAGRA
Probe Nr. 1
Probe Nr. 2
Probe Nr.3
0.0095
0.0117
0.0102
0.0399
0.0488
0.0428
9.6
9.8
0.0083
0.0105
0.00905
0.0348
0.0437
0.0378
10.0
49.8
49.4
49.5
0.0072
0.0088
0.0082
0.0302
0.0367
0.0345
89.7
89.3
89.5
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
BESTIMMUNG DER WÄRMELEITFÄHIGKEIT
VON ANHYDRIT (nach 20)
IDAT.:
14.9.1978
I BEILAGE
6 J
-&.-~-
Temperaturerhöhung (~I - -(100) on der Stollenoberfläche bedingt durch die Wärmeleistung schwach-I
mittelaktiver Abfä lIe zum Zeitpunkt der Verfestigung
(Oe)
Sto 1I e nquersc h n itt
60 m2
(stationärer Fall)
30 m2
H2 0 (20
Erde
0
e, ,
bo r )
Gi ps
Ton
Beton
Schi efer
Merge I
Kristallin
Anhydrit
~
Val e. (100e)~
Sand
Kalk
Wärmeleitfähigkeit
~ <:OK)
10- 1,,_r,~~-.--r-~---'-----'---------'iT-r-r-.-.---r---.-10
1,0
5
NAGRA
0,5
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
TEMPERATURERHÖHUNG AN DER STOLLENOBERFLÄCHE
SCHWACH-/ MITTELAKTIVE ABFÄLLE
;'J,:
I
DAT.: 14.9.1978
l BEILAGE
7 J
1000
TemperoturerhÖhUng(fo-r8'R om Rand der Bofirung infolge
Endlagerung hochaktiver Abfallzylinder (stationärer
Fa 11) R· 2 m
100
Parameter: Abklingzeit der Abfälle (Jahre)
30a
600
100
1000
1 ba r )
Bo r s i I i kot 9 I os
90
oe
Merge I
Schiefer
10
t
Dolomit
Anhydrit
I
~
Beton
Ko I k
Sand
e. (90 Oe)
I So Iz 11'-_ _
Kr_i_st_o_ll_i_n_~
Wörmeleitföhig keit
0,5
10
NAGRA
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
TEMPERATURERHÖHUNG AM RAND DER BOHRUNG
HOCHAKTIVE ABFALLZYLINDER
1DAT.:
14.9.19781
BEILAGE 8
I
Tiefe
Loka:li tät
Material
Bohrung
Airoilo Süd
Anhydrit
1
152.3 m
( 11 )
Anhydrit
2
97.6 m
( 11 )
Anhydrit
3
82.4 m
(11)
Anhydrit
3
82.9 m
[ 11 )
Anhydrit
3
95.4 - 95.6 m
( 11 )
Gips
3
82.5 m
(52, 55)
45 m, 56 m
( 11 )
Airo,lo-Ost
(Val Canari q )
Bex
Wandfluh
Leibstadt
Fe1$enau
Anhydrit
verwendet in Bericht
Anhydrit
BI
*445 m
(52. 54. 55)
Anhydrit
1
78.6 - 78.8 m
( 11 )
Anhydrit
2
102.5 - 102.6 m
( 11 J
Anhydrit
3
104.3 m
( 11 J
Anhydrit
3
109.5 - 109.7 m
( 11 J
Anhydrit
3
249.3 - 249.4 m
( 11 J
Anhydrit
3
244 m
(52, 54, 55)
Anhydrit
4
43.05 m
(11 J
Anhydrit
4
47.6 m
( 11)
Anhydrit
4
73.5 m
(11 )
Anhydrit
4
47 m
(52, 54, 55)
Gips
Gips
(11, 58)
0-21/4F Nord
(Bruchstein)
[52_ 55)
* Hdrizonta1bohrung
NAC:RA
TECHNISCHER BERICHT NTB 12
HERKUNFT DER PROBEN FÜR SORPTIONSVERSUCHE
IDAT.: 14.9.1978
I BEILAGE
9
I
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