Bachelorarbeit am Institut für Geowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt in Kooperation mit dem IAG der Technischen Universität Darmstadt Bestimmung von geothermischen Kennwerten an Gesteinen des Kellerwaldes Hellmuth Hoffmann, Betreuer: Prof. Dr. Ingo Sass (TU Darmstadt), Prof. Dr. Andreas Junge (Universität Frankfurt) Einleitung In Kooperation mit dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie arbeitet die TU Darmstadt an dem vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung geförderten Projekt "3D Modellierung der geothermischen Tiefenpotentiale in Hessen". Ziel dieses Projektes ist es, die geologischen Tiefenstrukturen und tiefengeothermischen Potentiale Hessens zu ermitteln und darzustellen. Für dieses Projekt wurden im Rahmen der Bachelorarbeit bisher noch nicht untersuchte Gesteinseinheiten aus dem Kellerwaldgebirge untersucht und ihre geothermischen Eigenschaften ermittelt. Geologie des Kellerwaldes Das Kellerwaldgebirge, im mittleren Nordhessen, gehört geologisch zum Rheinischen Schiefergebirge. Während der variscischen Orogenese wurde das vorwiegend aus paläozoischen Gesteinen aufgebaute Gebirge mehrfach verfaltet und überschoben.1 Es zeichnet sich durch eine komplexe interne Schuppen- und Deckentektonik aus, die aus mehreren tektonischen Großstrukturen gebildet wird (Abb. 1).2 Das Zentrum des Kellerwaldgebirges wird vom Hundsdorfer Antiklinorium gebildet, welches im Unterkarbon durch tektonische Einengung aufgewölbt wurde. Die verfalteten Gesteine stammen vorwiegend von Tiefseeablagerungen und flachmarinen Sedimenten aus dem Unterkarbon bis Devon.1 Lithologisch dominieren differenziert ausgebildete Grauwacken und Tonschiefer aus dem Unterkarbon das Gebirge. Weiterhin treten Kieselschiefer und im Randbereich Karbonatgesteine aus dem Zechstein auf. Im südlichen Kellerwald steht der Kellerwald-Quarzit an. Während des höheren Oberdevons kam es zum Aufstieg von vulkanischen Laven, die zu verschieden ausgebildeten Diabasen erstarrten.3 Abb. 2: A: anstehender Quarzit am Berg Jeust, B: Vergrößerung der enthaltenen Poren (Probe K25) Abb. 3: Grauwackenbänke im Steinbruch „Hunold“ der Fa. Mutze, östlich von Dainrode (Probe K5 und K19) Methoden der geothermischen Potentialbestimmung Um das geothermische Potential eines Gesteins bestimmen zu können, sind vor allem Messungen der konduktiven Wärmeübertragung sowie der Permeabilität nötig. Zur weiteren Quantifizierung der Ergebnisse wurde zudem die Porosität gemessen sowie der Modalbestand und der Quarzanteil der Gesteine mit der Polarisationsmikroskopie ermittelt. Die Messung der Permeabilität erfolgte an dem im IAG Darmstadt entwickelten Abb. 4: Schematischer Aufbau und Funktionsweise des TCS Gasdruck-Minipermeameter. Mittels konditionierter Druckluft lässt sich hiermit die (Quelle: http://www.geo.tu-darmstadt.de) Gesteinspermeabilität zerstörungsfrei und punktgenau an den ofentrockenen Proben messen. Zur Messung der Wärme- und Temperaturleitfähigkeit wurde der Thermal Conductivity Scanner (TCS) verwendet. Dabei handelt es sich um eine kontaktlose, optische Messmethode nach POPOV et al. (1983) (Abb. 4). Das Gestein wird dazu von einer beweglichen Punktwärmequelle erwärmt. Vor und nach der Erwärmung wird die Temperatur von Infrarot-Temperatursensoren erfasst und aus der Temperaturdifferenz mit Hilfe von Referenzstandards die Wärme- bzw. Temperaturleitfähigkeit berechnet.4,5 Ergebnisse der geothermischen Potentialbestimmung 6,0 5,5 Zechstein Grauwacke 5,0 Tonsteine Kieselschiefer 4,5 Diabas 4,0 Quarzit 3,5 Von den untersuchten Gesteinsproben weisen die 3,0 Kieselschiefer das höchste geothermische Potential mit 5,05 W/(m•K) auf. Dieses Gestein ist sehr dicht 2,5 und besitzt keine nennenswerte Permeabilität 2,0 (1,00E-18 m²). Weiterhin gut geeignet für eine potentielle geothermische Nutzung sind die Quarzite. 1,5 Dabei hat sich gezeigt, dass die Proben K26 und K27 1,0 1,00E-18 eine mittlere höhere Wärmeleitfähigkeit von 4,81 W/(m•K) gegenüber den Proben K25 und K28 mit 3,53 W/(m•K) besitzen. Die mittlere Permeabilität der Quarzite beträgt dabei knapp 5,00E-16 m². Das gemessene Potential der Grauwacken ist unterschiedlich und schwankt je nach Quarzgehalt der Proben (Abb. 7) zwischen gut geeigneten 3,53 W/(m•K) und weniger gut geigneten 2,27 W/(m•K) bei einer Permeabilität von 1,01E-15 bis 1,00E-18 m². Das mittlere Potential der Karbonatgesteine beträgt 2,23 W/(m•K) und ist damit ähnlich wie die Tonschiefer mit durchschnittlich 2,06 W/(m•K) für eine Nutzung weniger gut geeignet. Durch hydrothermale Lösung ist die Porosität der Karbonate mit knapp 20 % relativ groß, wodurch die relativ hohe mittlere Permeabilität von 5,55E-15 m² entsteht (Abb. 6). Auswertung der Polarisationsmikroskopie Bei den untersuchten Proben handelt es sich überwiegend um dichte Gesteine mit einer mittleren Porosität von 2,87 %. Der Quarzanteil ist für die Wärmeleitfähigkeit ausschlaggebend, da Quarz mit 7,7 W/(m•K) zu den Mineralen mit der höchsten Wärmeleitfähigkeit gehört.6 Die untersuchten Karbonatgesteine weisen überwiegend einen geringen Quarzgehalt von <5 % auf (Abb. 5, K4). Der Quarzgehalt der Grauwacken ist mit >65 % generell sehr hoch, weshalb es sich lithologisch um Quarzwacken handelt. Die Korngrößen sind innerhalb der Grauwacken sehr differenziert ausgebildet und reichen von durchschnittlich knapp 0,1 bis 18 mm. Die Matrix ist überwiegend silicatisch, nur wenige Grauwacken sind calcitisch gebunden. Die Kieselschiefer und Quarzite bestehen fast ausschließlich aus Quarz. Die Quarzite weisen nur ein geringes diagenetisches bis metamorphes Gefüge auf (Abb. 5, K27). Das charakteristische granoblastische Gefüge fehlt, die einzelnen Korngrenzen sind überwiegend gut zu erkennen. Der untersuchte Diabas (Abb. 5, K23) besteht aus einer Grundmasse kleiner Feldspatleisten bis 0,2 mm Größe und größeren Mineralen, bei denen es sich überwiegend um Pyroxen handelt. Qz Ks Ks Poren Gr Dolomit 1,00E-17 1,00E-16 1,00E-15 1,00E-14 Gr Qz Qz 1,00E-13 Permeabilität [m²] 5,5 K22 K27 Grauwacke 5,0 K21 Kieselschief er Wärmeleitfähigkeit [W/(m·K)] Wärmeleitfähigkeit [W/(m·K)] Die Ergebnisse unterscheiden sich sowohl innerhalb als auch zwischen den jeweiligen untersuchten Gesteinsfazies. Insgesamt zeigen die 28 Gesteinsproben eine überwiegend geringe Permeabiliät, weshalb die Wärmeleitfähigkeit den dominierenden Einflussfaktor darstellt. Der Median der Permeabilität aller Proben beträgt 7,1E-17 m². Abb. 1: Tektonische Übersichtskarte über das Kellerwalsgebirge, mit eingetragenen Probenlokalitäten (nach MEISCHNER, 1991) K26 Quarzit 4,5 Abb. 6: oben Korrelation der Punktmessungen aller Proben für die Permeabiliät und Wärmeleitfähigkeit Erzausfällung Grundmasse aus Feldspatleisten Qz Qz Trend (Grauwacke) Qz Pyroxen 4,0 K28 y = 0,0173x 1,174 R² = 0,7933 3,5 K9 K25 K8 K7 3,0 K10 K12 K11 K18 K24 2,5 K13 K5 K6 2,0 50 55 60 65 70 75 80 Quarzgehalt [Vol.-%] 85 90 95 100 Abb. 7: links Korrelation von Quarzgehalt und Wärmeleitfähigkeit. Fehler: Quarzgehalt: Grauwacken 10 %, Kieselschiefer und Quarz 5 %; Wärmeleitfähigkeit: <5 %. Ausblick Die Untersuchung der Kellerwaldgesteine hat eine besonders differenzierte Ausbildung der Grauwacken und Quarzite ergeben. Bedingt durch deren überwiegend hohes, geothermisches Potential müssten weitere Gesteinsproben dieser Gesteinseinheiten untersucht werden, um den ersten Überblick, den diese Arbeit über das geothermische Potential liefert, weiter zu konkretisieren. Chlorit Erz Qz Abb. 5: Photographien der untersuchten Dünnschliffe (gekreuzter Polarisator): K4 (Dolomitgestein), K9 (Grauwacke), mit auffällig dichtem Gefüge und verzahnten Korngrenzen, K23 (Diabas) (unter Bildausschnitt: Hellfeld) und K27 (Quarzit). Gr = Grauwacke, Ks= Kieselschiefer, Qz = Quarz Kontakt: Hellmuth Hoffmann Technische Universität Darmstadt Institut für Angewandte Geowissenschaften [email protected] Literatur: 1 MEISCHNER, D. (1991): Kleine Geologie des Kellerwaldes. Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver. N.F. 73: 115-142, Stuttgart. 2FRANKE, W. & KULICK, J. (1991): Umgebung von Bad Wildungen, Exkursion A. Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver. N.F. 73: 41-48, Stuttgart. 3HORN, M., KULICK, J., MEISCHNER, D. (1973): Erläuterungen zur geologischen Karte von Hessen, Bad Wildungen. Hess. L.-Amt Bodenforsch., Wiesbaden. 4POPOV, Y.A., BEREZIN, V.V., SEMENOV, V.G., KOROSTELEV, V.M. (1985): Complex detailed Investigations of the thermal properties of Rocks on the basis of a moving point Source. Earth Physics Vol. 21, No. 1, Izvestiya. 5 RAUEN, A. (2009): Measurements of Thermal Conductivity and Thermal Diffusivity by the Optical Scanning Technology. TCS TC Manual - Lippmann and Rauen GbR, Schaufling. 6 SASS, I. (2007): Geothermie-Erkundung und Planung als Kernaufgabe der Angewandten Geologie. 16. Tagung für Ingenieurgeologen und Forum „Junge Ingenieurgeologen“, Bochum.