DE 410, alt - Philippe Wampfler

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Pädagogische Hochschule Zürich
DE 410
Unterrichtsunterlagen
Philippe Wampfler
Gottesgrabenweg 7
5430 Wettingen
Tel. 076 – 586 49 89
e–mail: [email protected]
Allgemeine Hinweise zur Arbeit mit diesen Unterlagen:
1. Die Unterlagen sind kein Skript, sondern Arbeitsunterlagen, die sich nur während
dem Besuch des Moduls erhellen.
2. Der Reader und die Übungen ergänzen die Unterrrichtsunterlagen.
3. Diese Unterichtsunterlagen sind auf das von Philippe Wampfler unterrichtet Modul
bezogen.
4. * bedeutet: Diese Äusserung ist ungrammatisch.
/.../ bedeutet: ... ist eine vereinfachte Schreib- oder Sprechweise
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1
Inhaltsübersicht
0
Administratives
3
0.1
Programm
3
0.2
Pflichtlektüre
4
0.3
Mitarbeit
4
0.4
Leistungsnachweis
4
0.5
Absenzen
5
0.6
Prüfung
5
0.7
Dozent
5
1
Lernziele Modul und Lektionen
6
2
Die Regelhaftigkeit von Sprache
8
3
4
5
2.1
Statuierte Normen im Deutschen
8
2.2
Zu den Normen der Orthographie
9
2.3
Beispiel: ß-Schreibung
9
2.4
Übersicht: Normen und Regularitäten
10
2.5
Fazit: Grammatik und Normen
10
2.6
Präskriptive vs. deskriptive Grammatik
11
Eine sprachliche Regularität erklären
12
3.1
Sprach-Wissenschaft
12
3.2
Vorgehen
12
3.3
Beispiel: Lautverschiebung (in der Schweiz)
13
Semiotik
11
4.1
Zitat de Saussure
11
4.2
Beispiel: Verschiedene Zeichen
11
Morphologie
12
5.1
Morphologische Grundbegriffe
12
5.2
Morphologische Prozesse
13
5.3
Allomorphie
13
5.4
Nullmorphem
13
5.5
Exotische Wortbildung: Kofferwörter
14
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6
7
8
9
Wortarten
2
15
6.1
Relevante Kriterien
15
6.2
Beispiel: Wortartbestimmung von Adjektiven
15
6.3
Problem: Was ist ein Wort?
16
6.4
Problem: Verwendung von Adjektiven in Fremdsprachen
16
6.5
Systematik der Wortarteinteilung
16
6.6
Alternative Einteilungsmöglichkeiten
17
6.7
Fallstudie: lila
17
6.8
Funktionen von »es«
18
6.9
Zu welcher Unterart gehört »zu«?
19
Satzglieder
20
7.1
Proben zur Abgrenzung von Satzgliedern
20
7.2
Formale Klassifikation der SG
21
7.3
Gliedteile
21
Syntax
22
8.1
Satztypen
22
8.2
Das Stellungsfeldermodell
22
8.3
Die Satzklammer
22
8.4
Thema und Rhema
22
8.5
Die Besetzung der einzelnen Felder
22
Generative Grammatik
24
9.1
Begriffe
24
9.2
Generative Grammatik - Beispiele
25
9.3
Prinzipien der Generativen Grammatik
26
10 Textgrammatik
30
10.1 »Gibs auf!«
30
10.2 Was ist ein Text?
30
10.3 Kohärenz
30
10.4 Kohäsion
30
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0
Administratives
0.1
Programm
Datum
Thema
27.10.
Was ist Grammatik?
Verschiedene Grammatikbegriffe. Normen. Grammatik
und Sprache. Inhaltsübersicht. Lernziele. Administratives.
3.11.
Grundlegende Prinzipien der Grammatik. Grammatik als Wissenschaft. Protokolle. Leistungsnachweis.
10.11.
Semiotik I
Was ist ein Zeichen? Zeichenverwendung. Zeichensysteme. Langue und Parole.
17.11.
Semiotik II
Übung: Ein Tisch ist ein Tisch. Sprachliche Ebenen.
Paradigma und Syntagma. Übungen.
24.11.
Morphologie I
Was ist ein Wort? Lexem vs. syntaktisches Wort. Wortformenbildung und Lexembildung.
1.12.
Morphologie II
Morphologische Prozesse: Flexion, Derivation, Komposition. Zerlegung in Morpheme.
8.12.
Morphologie III
Übungen. Allomorphie. Nullmorphem. Repetition StuBu.
15.12.
Wortarten I
Einführung in Thema »Schulgrammatik«. Einteilungsmöglichkeiten. Kriterien. Unterarten. Problemfälle.
22.12.
Wortarten II und Repetition
Alternative Wortarteneinteilungen. Repetition.
5.1.
Syntax I
Satzgliedlehre der Schulgrammatik.
3
Lektüre/Übungen
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Datum
Thema
12.1.
Syntax II
Satzglieder vertiefen. Sprachvergleich. Syntaktische
Tests. Stellungsfeldermodell.
19.1.
Syntax III
Subjekt- und Objektbegriff. Valenzgrammatik.
26.1.
Generative Grammatik
Von der UG zu den Bäumchen.
2.12.
Vorträge
Zeit für Vorträge zu grammatischen Problemen.
9.12.
Abschluss
Lose Enden. Prüfungstipps. Kaffee. Feedback.
0.2
4
Lektüre/Übungen
Pflichtlektüre
Gallmann, Peter / Sitta, Horst (1996): Deutsche Grammatik. Zürich: Lehrmittelverlag.
Reader ! ausgewählte Texte (nicht alles).
Unterrichtsunterlagen und Übungen sowie weitere Handouts.
0.3
Mitarbeit
Es wird vorausgesetzt, dass sich alle Studierenden gemäss obigem Programm auf die Sitzungen vorbereiten. Dabei auftauchende Fragen und Unklarheiten sind Basis für eine klärende Diskussion.
Ich erwarte von allen Studierenden eine aktive mündliche Beteiligung. Dabei sind Fragen,
Anregungen und Kritik genau so erwünscht wie Lösungsansätze für Fragestellungen.
0.4
Leistungsnachweis
Für den Leistungsnachweis ist eine aktive Mitarbeit erforderlich. Es gibt drei Möglichkeiten:
•
Sitzungsprotokoll.
•
Analyse eines grammatischen Problems schriftlich oder mündlich.
•
Lektürezusammenfassung.
Die Möglichkeiten werden in der zweiten Sitzung besprochen. Für die Sitzungsprotokolle
muss man sich in der ersten Semesterwoche per Mail anmelden.
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0.5
5
Absenzen
Absenzen werden kontrolliert. Es sind maximal zwei Absenzen erlaubt. Für allfällige Härtefälle habe ich ein offenes Ohr.
0.6
Prüfung
Die Prüfung in diesem Modul dauert eine Stunde. Es werden rund zur Hälfte Fragen zu den
schulgrammatischen Einteilungskriterien und zur anderen Hälfte Fragen zur kritischen Anwendung der Prinzipien wissenschaftlicher Grammatikschreibung gestellt. Prüfungsbeispiele
werden in der letzten Sitzung verteilt.
0.7
Dozent
Er heisst Philippe Wampfler (lic. phil.) und ist unter [email protected] oder 076 – 586
49 89 erreichbar.
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1
6
Lernziele Modul und Lektionen
Lernziele benennen nicht die Inhalte des Moduls (vergleiche Programm), sondern die Fähigkeiten, die erworben werden (den »Sinn« des Moduls).
Die Studierenden sind vertraut mit den wissenschaftlichen Grundlagen von Grammatik.
Sie können grammatische Phänomene mit Hilfe von Fachbegriffen angemessen beschreiben.
Sie kennen die Schulgrammatik und sind mit ihrem theoretischen Hintergrund vertraut. Sie sind in der Lage, schulgrammatische Entscheidungen nachzuvollziehen und kritisch zu hinterfragen.
Was ist Grammatik?
o
Verständnis der verschiedenen Grammatikbegriffe.
o
Sensibilisierung für das Problem der Sprachnormierung und –beschreibung.
o
Abgrenzung von Grammatik und Orthographie.
Grundlegende Prinzipien der Grammatik
o
Vorgehensweise bei der Analyse eines grammatischen Phänomens ist bekannt.
o
Verständnis der wichtigsten Ziele wissenschaftlicher Grammatikschreibung.
o
Kriterien für Resultate wissenschaftlicher Grammatik.
Semiotik
o
Analyse von bilateralem Zeichen anhand ihrer wichtigsten Eigenschaften mit der einschlägigen Terminologie.
o
Abgrenzung von sprachlichen zu nicht-sprachlichen Zeichen.
Morphologie
o
Kenntnis und Anwendung der einschlägigen morphologischen Begriffe.
o
Verständnis für die Schwierigkeit, den Begriff »Wort« zu definieren.
o
Inhalt des grammatischen Teilbereichs Morphologie ist bekannt.
o
Beschreibung und Klassifizierung von morphologischen Prozessen (des Deutschen).
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7
Wortarten
o
Beherrschung der Wortarteneinteilung der Schulgrammatik (inklusive Unterarten und
Behandlung von Spezialfällen).
o
Einsicht in die Wortartenklassifikation und Anforderung an eine systematische Einteilung.
o
Vergleich mit anderen Einteilungsmöglichkeiten.
Syntax
o
Beherrschen der Satzgliedeinteilung der Schulgrammatik (inklusive Spezialfälle).
o
Anwendung und kritisches Hinterfragen syntaktischer Begriffe wie Objekt/Subjekt
oder Ergänzung/Angabe.
o
Verständnis für syntaktische Fragestellungen und Modelle.
Generative Grammatik
o
Einblick in die generative Betrachtung von Sprache und ihre Auswirkungen auf die
Grammatikschreibung.
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2
8
Die Regelhaftigkeit von Sprache
Der Begriff »Regel« kann im Umgang mit Sprache auf zwei Arten verstanden werden:
-
Eine sprachliche Regularität (z.B. Gebrauch von starken und schwachen Adjektiven)
wird von Wissenschaftlern erkannt, beschrieben und erklärt. Bei der alltäglichen
Verwendung von Sprache bleiben diese Regularitäten den SprecherInnen verborgen,
obwohl sie sie unbewusst beherrschen.
-
Normen sind präskriptive (vorschreibende) Regeln, also Anweisungen für den »richtigen« Sprachgebrauch. Normen sichern zwar das Verständnis, beruhen aber weitgehend
auf
gesellschaftlichen
Bewertungen
wie
»richtig/falsch«
oder
»mo-
dern/altmodisch«.
Normen können weiter unterschieden werden in statuierte (gesetzte) Normen, die durch
Institutionen oder das Gesetz festgelegt und auch verändert werden können; und subsistente Normen (Gebrauchsnormen), die im sozialen Gefüge erworben werden und unreflektiert unseren Sprachgebrauch bestimmen.
Normen können in Wörterbüchern oder Grammatiken kodifiziert werden. D.h. nicht, dass
sie dadurch rechtliche Verbindlichkeit erlangen (Bsp. Duden unten).
Beteiligte im Umgang mit Normen sind:
-
Normverfasser (z.B. Dudenreaktion)
-
Normsetzer (z.B. Gesetzgeber)
-
Normvermittler (z.B. Lehrende)
-
Normopfer (z.B. standardsprachferne Unterschicht, Deutschschweizer ! bei beiden
ist Norm weit vom Sprachgebrauch entfernt)
Die Funktion von Normen liegt darin, Varianten zu reduzieren. Dadurch simulieren sie soziale Einheit. Ein Beispiel: Für das Verständnis spielt es keine Rolle, ob man »Theater« oder
»teater« schreibt. Die Rechtschreibenorm, nach der nur die erste Variante erlaubt ist,
schliesst also sowohl Kleinschreibung als auch Schreibung ohne »h« aus. Diese Varianten
werden so eliminiert oder mit gesellschaftlichen Nebeninformationen (Konnotationen) wie
z.B. »ungebildet« verbunden.
2.1
Statuierte Normen im Deutschen
Die einzigen Bereiche, in denen im Deutschen Sprachnormen durch offizielle Festsetzung
verbindlich gemacht werden konnten, sind:
-
Orthographie (1901, 1955, 1996/98, grossenteils unter halboffiziellem Einfluss des
Duden-Verlags)
-
Orthoëpie/Hochlautung 1922 (nur in Deutschland wirksam)
Kodifizierungen wie Wörterbücher, Grammatiken oder Sprachratgeber waren und sind natürlich dennoch in der Sprachgemeinschaft der Deutschsprachigen wirksam.
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2.2
9
Zu den Normen der Orthographie
Bei den verschrifteten Kultursprachen ist es normal, dass ein ›natürlich‹ gewachsener, in
sich widersprüchlicher Orthographie-Usus nachträglich notdürftig durch Gelehrte in Regeln
gefasst wird; so war es auch in der Geschichte des Deutschen. Bis um 1900 dominierten
Kodifizierungsversuche der bereits literarisch, akademisch und journalistisch üblichen Praxis; Schwankungsfälle waren aber der Normalfall.
Das 20. Jahrhundert brachte neben einer zunehmend vollständigeren normativen Kodifizierung immer neue Reformversuche.
Als ein ›Normierer‹ neben manchen anderen im 19. Jahrhundert wirkte KONRAD D UDEN (»Die
deutsche Rechtschreibung«, 1872; »Vollständiges Wörterbuch der deutschen Sprache«,
1880) als Vertreter der ›gemässigt-phonetischen‹ Richtung, bei der Schrift und Aussprache
(einigermassen) in Übereinstimmung sein sollten (Gegenrichtung: historisierende Schreibung, z.B. JACOB GRIMM). Die Bedeutung KONRAD DUDENS liegt v.a. auf dem Gebiet der lexikalischen Kodifizierung für eine möglichst grosse Zahl häufig gebrauchter Wörter, denn darin
lag die wirksamste Möglichkeit der Verbreitung einer einheitlichen Schreibung. Die zunehmende Verlagerung der Rechtschreiberegelung vom Regelwerk auf das Wörterbuch führte
dazu, dass Ratsuchende jede Zweifelsfrage im Wörterbuch nachschlagen konnten; für die
Lexikographen ihrerseits ergab sich wachsender Vollständigkeits- und Normungszwang. Dieses Normungsverfahren geschah meist ohne fundierte theoretische Grundlage. – Vereinheitlichungsbemühungen mündeten schliesslich in die »II. orthographische Konferenz« in Berlin
1901, deren Ergebnisse von Deutschland, Österreich und der Schweiz akzeptiert wurden.
Aus der Zusammenarbeit DUDENS mit Mitarbeitern hatte sich im Laufe der Zeit die »Dudenredaktion« entwickelt. 1955 erkannte die Kultusministerkonferenz der BRD dem DudenVerlag einen quasi-amtlichen Status zu, indem sie für »Zweifelsfälle« gemäss den weiterhin
gültigen Regeln von 1901/02 einfach auf die im »Duden« gebrauchten Schreibweisen verwies.
Möglichkeiten zur Reformierung der deutschen Rechtschreibung wurden immer wieder diskutiert. Der schliesslich zur Neuregelung 1996 führende Ansatz ging schrittweise von Expertengruppen aus allen deutschsprachigen Ländern aus (übernationale Kooperation mit intensiver wissenschaftlicher Arbeit); die Neuregelung wurde ab 1998 wirksam. Funktion der
Normensetzung/Entscheidung über Zweifelsfälle hat jetzt eine internationale Kommission,
nicht mehr der Duden-Verlag.
2.3
Beispiel: ß-Schreibung
In der Schweiz braucht man kein ß (Eszett), weil wir scharfe s immer ambisyllabisch (d.h.
sie gehören zu zwei Silben) aussprechen.
Die Regelung in Deutschland basierte vor der Rechtschreibreform auf einer Theorie des frühen 20. Jahrhunderts und lautete vereinfacht so:
/ss/ wird nur zwischen zwei Vokalen geschrieben, wenn der erste kurz ist
Die Neuregelung stützt sich auf eine Theorie von Adelung, die ironischerweise viel älter ist
als diejenige, die vor der Reform von 1996 Gültigkeit hatte. Die Idee hinter der Neuregelung
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10
war, die Schreibung von ss und ß mit der Schreibung von ck und k und tz und z in eine Analogie zu bringen. Der Grundsatz lautete neu:
ß wird nur nach langem Vokal und Diphthong geschrieben
Die Neuregelung führte dazu, dass viele ß an Wortenden (Fluss, dass) wegfielen. Insbesondere bei Zusammensetzungen erschwert diese Regelung die Lesbarkeit von Wörtern – weshalb man nur »Messeinheit«, sondern auch »Mess-Einheit« schreiben darf.
2.4
Übersicht: Normen und Regularitäten
Sprache ist sowohl Teil der menschlichen Kognition als auch Teil des sozialen Verhaltens.
Die menschliche Kognition ist gegeben, während das soziale Verhalten Normierungen unterliegt.
Wir können daher bei der Beschreibung von Sprache unterscheiden:
Regularität
Gesetzmässigkeit der Sprache, welche nicht beeinflusst werden kann,
aber eine Veränderung durchlaufen
können.
Im Deutschen gibt es 6
Tempora, davon sind 4 analytisch und 2 synthetisch.
(Männer sprechen tiefer als
Frauen.)
Gebrauchsnorm
Kodifizierte Norm
Eine Gebrauchsnorm ist etwas, woran
man sich durch den Gebrauch der
Sprache gewöhnt und was nirgends
formal festgelegt ist.
Duze oder sieze ich die Bedienung im Restaurant.
Es gibt einen Kodex, d.h. eine Art
Verzeichnis für diese Norm.
Rechtschreibung ! Duden.
(Wer gibt wem wie wieviele
Küsschen?)
Regeln in Sportarten.
Statuierte Norm
Eine Instanz erklärt eine Norm als
verbindlich.
Gesetzgeber erklärt Duden
für Gesetzestexte und Unterricht als verbindlich.
Lehrer setzt Norm »kein
Kaugummi im Unterricht«.
2.5
Fazit: Grammatik und Normen
Grammatik ist eine Wissenschaft. Sie setzt keine Normen fest, sondern sucht Erklärungen
für sprachliche Regularitäten. Sie schreibt den SprecherInnen einer Sprache nicht vor, wie
sie sprechen müssen, sondern untersucht, wie sie sprechen und warum sie so sprechen.
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2.6
11
Präskriptive vs. deskriptive Grammatik
Präskriptiv
Deskriptiv
Schreibt Sprachgebrauch vor.
Beschreibt den Sprachgebrauch.
Setzt Regeln für einen Sprachgebrauch, der
gut, korrekt etc. ist.
Beschreibt die Regeln des Sprachgebrauchs, die subsistenten Normen.
Bewertet Sprachgebrauch.
Registriert Sprachgebrauch.
Orientiert sich an Vorbildern.
Ohne Orientierung an Vorbildern.
Praktisch orientiert.
Theoretisch orientiert.
Orientiert sich an schriftlicher Sprache.
Keine Orientierung an bestimmter medialer
Sprachform.
Ziel: Schaffung bzw. Konservierung einer
Hochsprache.
Ziel: Beschreibung, wie Sprache »wirklich«
ist.
Verwendungskontext: Orientierung bei
sprachlichen Unsicherheiten ermöglichen,
Fremdsprachenerwerb.
Verwendungskontext: wissenschaftliche
Forschung.
Z.B.: Duden, Wahrig.
Wissenschaftliche Grammatiken, Aufsätze.
»Im Nebensatz muss das konjugierte Verb
am Ende des Satzes stehen.«
»Im Nebensatz steht das Verb meist am
Ende des Satzes.«
Die Unterscheidung normative vs. deskriptive Grammatik bedarf der Präzisierung, ob man
die Grammatik aus der Sicht ihres Autors oder aus der ihres Benutzers betrachtet. Wir können auch darauf eingehen, wie die Grammatik formuliert worden ist bzw. auf welchen Daten
sie beruht.
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3
Eine sprachliche Regularität erklären
3.1
Sprach-Wissenschaft
Ziel der wissenschaftlichen Betätigung:
»Phänomene« erklären.
! Sprache als Phänomen:
Teil der menschlichen Kognition – wie gestaltet sich der
Zugang dazu?
Grundsätzliche Vorgehensweise:
1.
Beobachten.
2.
Beschreiben (Daten sammeln). Ordnen.
3.
Erklären.
Anforderungen an Erklärung:
o
Nachvollziehbar.
o
In sich konsistent, d.h. nicht widersprüchlich.
o
Gilt für alle Daten.
o
Überprüfbar, d.h. meistens wiederholbare Resultate oder Voraussagen.
o
Schliesst an andere Erklärungen an.
o
Einfach. Schön / elegant.
! Jede Erklärung basiert auf einer Theorie.
3.2
Vorgehen
Das alte Haus ist abbruchreif.
So ein altes Haus hab ich mir schon immer gewünscht.
Mensch altes Haus, sieht man dich auch mal wieder.
Phänomen: Adjektive verhalten sich vor Nomen nicht immer gleich.
12
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13
! Frage: Wovon ist dieses Verhalten abhängig?
1. Beobachten/Daten erfassen: Sammeln von weiteren Beispielen.
2. Beschreiben der Daten: Systematische Ordnung der Daten nach Kriterien.
3. Suchen einer Erklärung
Ziel:
Finden eines Modells, das nur die grammatischen sprachlichen Elemente ausgibt.
Man unterscheidet beobachtungsadäquate (d.h. ein Modell erfüllt Punkt 1.) und beschreibungsadäquate (d.h. ein Modell erfüllt Punkt 2. und ev. 3.) Modelle. Zusätzlich
kann man von einer Erklärung fordern, dass sie angibt, wie Kinder das lernen können.
3.3
Beispiel: Lautverschiebung (in der Schweiz)
Alemannisch: /chend/
Wallis: /güet/ /Lit/
Hochdeutsch: /kinder/
Hochdeutsch: /gut/ /Leute/
Rheintal: /zwanzg/
Wallis: /triche/ /teiche/
Zürichdeutsch: /zwänzg/
Hochdeutsch: /trinken/ /denken/
Hochdeutsch /zwanzig/
Erste (germanische) Lautverschiebung
ca. 500 v. Chr. abgeschlossen, Germanisch entsteht
p, t, k ! f, th/s, ch oder b, d, g
b, d, g ! p, t, k
Zweite (hochdeutsche) Lautverschiebung
ca. 500 n. Chr., Althochdeutsch entsteht
p, t, k ! f, s, ch oder ps, ts, kch [turicum ! Zürich]
b, d, g ! p, t, k
Das ist eine diachrone Sprachbetrachtung.
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4
Semiotik
4.1
Zitat de Saussure
11
Die Sprache ist ein System von Zeichen, die Ideen ausdrücken und insofern der
Schrift, dem Taubstummenalphabet, symbolischen Riten, Höflichkeitsformen, militärischen Signalen usw. usw. vergleichbar. Nur ist sie das wichtigste dieser Systeme.
Man kann sich also vorstellen eine Wissenschaft, welche das Leben der Zeichen im
Rahmen des sozialen Lebens untersucht; [...] wir würden sie Semeologie (von griechisch semeîon, »Zeichen«) nennen.
DE SAUSSURE, FERDINAND (1967): Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Hg.
von Charles Bally und Albert Sechehaye. Berlin: de Gruyter.
[erstmals erschienen 1916 unter dem Titel Cours de linguistique générale]
4.2
Beispiel: Verschiedene Zeichen
Römische Zahlen: I
II
III
IV ... LIX
MDXLVIII
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5
Morphologie
5.1
Morphologische Grundbegriffe
12
Syntaktisches Wort: Grundeinheit der Grammatik. In Sätzen stehen syntaktische Wörter.
(In der wissenschaftlichen Literatur wird dafür auch der Begriff Wortform verwendet.)
Ich suche den Schlüssel.
Flexionsform: Syntaktisches Wort mit Flexionsmerkmalen, das in einer paradigmatischen
Beziehung zu anderen Flexionsformen steht.
suchen suche suchst sucht suchen sucht ...
Lexem: Ein Paradigma von Flexionsformen oder allgemeiner von syntaktischen Wörtern
bildet ein Lexem. Ein Lexem besteht aus allen syntaktischen Wörtern, die die gleiche
Wortart und die gleiche Bedeutung haben. Es gibt Lexeme, die nur aus einem Wort bestehen (z.B. Konjunktionen wie als oder und). Wörterbücher sind nach Lexemen geordnet.
suchen suche suchst sucht suchen sucht...
Lemma: Im konkreten (Buch-)Lexikon fettgedruckte Einheit. Im Lexikon können Lemmata
von unterschiedlicher Komplexität verzeichnet werden: (gebundene) Morphe (ab-…),
Wörter (suchen), Phrasen (Rotes Kreuz).
Listem: Im mentalen Lexikon gespeicherte Einheit. Im Lexikon bedeutungstragende Einheiten (bilaterale Einheiten, Einheiten mit Signifiant und Signifié) von unterschiedlicher
Komplexität gespeichert werden: Morphe, syntaktische Wörter, Phrasen (einschliesslich
ganzer Sätze).
Nennform / Zitierform (eines Lexems): Die Wortform, mittels derer ein Lexem zitiert oder
genannt wird. Als Nennform dient normalerweise eine im Signifié und im Signifiant möglichst ›unauffällige‹ Wortform (bei Verben z.B. der Infinitiv).
suchen
Morphem oder Morph: kleinste segmentierbare Einheit mit einem Signifié innerhalb von
syntaktischen Wörtern (= kleinste bilaterale Einheit der Sprache). Syntaktische Wörter
bestehen aus einem oder aus mehreren Morphemen. Morphem kann als Verallgemeinerung von mehreren Morphen verstandne werden (z.B. sind –en und –n zwei Morphe, die
zum Morphem –(e)n gehören).
such - en
Allomorph: Kann ein Morphem paradigmatisch ersetzen, d.h. hat das gleiche Signifié, aber
ein andere Signifiant wie das zu ersetzende Morphem (siehe 5.3).
Phrase: Wortgruppe (provisorische Definition).
den Schlüssel
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5.2
13
Morphologische Prozesse
morphologische Aktivitäten
M orphkombination
innere Abw andlung
Konversion
Affigierung
Flexion
Flexionsaffixe
Komposition
Derivation
Derivationsaffixe
Bereitstellung von
Flexionsformen
bzw. syn. Wörtern
für ein Lexem
Lexembildung
‹Wortbildung›
geh-st
un-wohl
Kombination von
Stammorphen
Lexembildung
‹Wortbildung›
Blau-beere
Flexion Derivation
Flexion Derivation
Signifiant- und
SignifiéÄnderung
(+ Flexionsaffix)
Signifiant- und
SignifiéÄnderung
(+ Derivationsaffix)
Bereitstellung von
Lexembildung
Flexionsformen bzw. ‹Wortbildung›
syn. Wörtern für ein
Lexem
Mutter — Mütter
(Signifié-)
Änderung der
flexivischen
Merkmale
(Signifié-)
Änderung der
Wortartmerk
male
Bereitstellung von
Lexembildung
Flexionsformen bzw. ‹Wortbildung›
syn. Wörtern für ein
Lexem
blau — bläulich
Schlüssel —
Schlüssel
blau — Blau
Man kann morphologische Prozesse formal beschreiben (Kombination, innere Abwandlung,
Konversion) oder funktional (Flexion, Derivation, Komposition).
5.3
Allomorphie
Als Allomorph bezeichnet man zwei Morpheme, deren signifiant sich unterscheidet, deren
signifié jedoch gleich ist.
Bsp.:
-heit und –keit
Einigkeit, Gottheit, Schlauheit, Ergiebigkeit, Vermessenheit...
Die Allomorphie zwischen –heit und –keit ist phonotaktisch konditioniert, d.h. es hängt
vom lautlichen Kontext ab, welches Morphem gewählt wird. Hierbei handelt es sich um enge Allomorphie.
Bei weiter Allomorphie ist die Wahl des Morphems im Lexikon gespeichert.
Bsp.:
5.4
Pluralmorphem –n, -en, -er, -e, -s, -a, Umlaut, -!
Nullmorphem
Die Annahme eines Morphems ohne signifiant-Seite (!) ist gefährlich.
Bsp.: Adjektiv ! Verb
fest-ig-en
ver-dick-en
be-sänft-ig-en ! Regel? : M1 + Aumlaut + ig/! + en = V
aber: stärk-en ! ??? !1-starkumlaut-!2-en
Unterrichtsunterlagen DE 410 Version 05-2
14
Lösung: Die signifié-Seite der Morpheme muss ausgebaut werden. Oft handelt es sich um.
Portemanteau-Morpheme, d.h. Morpheme mit mehreren morphosyntaktischen Merkmalen. Die Morpheme tragen oft komplexe Merkmalsbündel, die wiederum andere Bündel ausschliessen.
Bsp.:
Baum [N, <-Pl.>, <-Gen.>]
d.h. »Baum« ist ein Nomen im Singular, aber nicht im Genitiv
Bäum [N, <+Pl.>, __Endung]
d.h. »Bäum-« ist ein Nomen im Plural, braucht eine Endung
-e [P, <-Gen.>, <-Dat.>
d.h. wenn »-e« affigiert wird, ist »Bäume« nicht Gen. oder Dat.
Frau [N, <-Pl.>]
»Frau« trägt bezüglich Kasus keine Merkmale!
5.5
Exotische Wortbildung: Kofferwörter
Kofferwörter werden durch Kontamination (Verschmelzung, eine weitere formale Beschreibung eines morphologischen Prozesses) gebildet:
Bsp.:
Teuro, Laborinth, Kurlaub, Infotainment, bit (binary + digit),
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6
Wortarten
6.1
Relevante Kriterien
15
Im Kapitel »Zur Geschichte der Wortarteinteilung« (Gallmann/Sitta S. 29ff.) wird erklärt,
dass man WA inhaltlich, formal und syntaktisch bestimmen könnte. Die Vermischung dieser
Kriterien, man denke beispielsweise an das Wort Million (Nomen?, Numerale?), ist der
Grund, warum die Lehre von den 10 Wortarten durch die Kriterien von Glinz et al. ersetzt
worden ist (5 Wortarten). Folgende Kriterien sind für die Einteilung von Wortarten denkbar:
Inhaltlich: Wir betrachten die Bedeutung (Semantik) eines Wortes und teilen es danach
ein.
Formal: Wir betrachten die Form eines Wortes und Klassifizieren danach. Insbesondere
interessiert und die morphologische Veränderbarkeit eines Wortes.
Syntaktisch: Wir schauen, wie man ein Wort in einen Satz verwenden kann.
Grundsätzlich werden formale Kriterien verwendet, man muss man in zweiter Linie auch
syntaktische hinzuziehen (vgl. Gallmann/Sitta S. 69).
6.2
Beispiel: Wortartbestimmung von Adjektiven
Inhaltliches Kriterium: Adjektive = Wie-Wörter
Der Hund ist bissig. ! Wie ist der Hund? ! bissig
Das Buch ist gratis. ! Wie ist das Buch? ! gratis (Adverb ! Partikel!)
Mir geht es gut. ! Wie geht es dir? ! gut
Mir geht es einigermassen. ! Wie geht es dir? ! einigermassen (Adverb!)
Formales Kriterium: Adjektive = steigerbar
schön – schöner – am schönsten
reich – reicher – am reichsten
steinreich - *steinreicher – *am steinreichsten
oft – öfter – am öftesten (Adverb!)
gern – lieber – am liebsten (Adverb!)
Syntaktisches Kriterium: Adjektive = zwischen Artikel und Nomen (Artikelprobe)
das ___ Buch
das schöne Buch
*das gratis Buch
*das einigermassen Buch
das steinreiche Buch
*das oft Buch
*das gern Buch
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6.3
16
Problem: Was ist ein Wort?
Aus der Diskussion im Morphologie-Kapitel haben sich als wichtigste wissenschaftliche Definitionen des alltagssprachlichen Begriffes Wort ergeben:
Wort1: syntaktisches Wort
Wort2: Lexem
Der gefangene Räuber bekommt etwas Gutes zu essen.
Adjektiv1
Nomen1
Verb2 (fangen)
Adjektiv2 (gut)
Grundsätzlich gilt: Wir bestimmen nicht Wortarten, sondern Lexemarten! (Das ist eine
Vereinbarung). In Zweifelsfällen geben wir aber neben der Lexemart auch die syntaktische
Verwendungsweise eines Wortes an.
6.4
Problem: Verwendung von Adjektiven in Fremdsprachen
Die Klasse singt laut, aber falsch.
Adjektiv1,2
Aber: Englisch und Französisch müsste man Adverb nehmen.
Achtung! AdverbDeutsch " AdverbFranz, Engl Adverb ist im Deutschen eine Unterart der Partikel
(d.h. ein nicht veränderbares Wort), im Französischen und Englischen ein Wort, welches das
Verb modifiziert (Ad-Verb). Das Kriterium im Deutschen ist ein formales, im Französischen
und Englischen ein syntaktisches.
Anders formuliert: Deutsch können Adjektive attributiv (das grosse Buch), prädikativ
(das Buch ist gross) und adverbial (das stört mich nicht gross) gebraucht werden. Auf
Französisch und Englisch kann man Adjektive nur attributiv prädikativ verwenden, nicht
aber adverbial.
6.5
Systematik der Wortarteinteilung
Eine vernünftige Kategorisierung ist exhaustiv (alle Elemente werden eingeteilt) und distinktiv (die Einteilung ist eindeutig). Damit eine Einteilung in relativ wenige Kategorien möglich
ist, kann man Restgruppen eingeführt. Auf der Ebene Wortarten sind es die Partikel, die
einerseits über ihre Eigenschaft definiert werden, nicht veränderbar zu sein, andererseits
alle Wörter (bzw. Lexeme) umfassen, die in keine der anderen Kategorien eingeordnet werden können. Auf der Ebene der Unterarten sind diese Restgruppen die Indefinitpronomen
und die Adverben bei den Partikeln.
Selbstverständlich kann es keine ganz strenge Einteilung von so etwas »Natürlichem« wie
Wörtern geben. Es kommt zu Zweifelsfällen. Diese Zweifelsfälle können als Ausnahmen behandelt werden (z.B. erfüllt das Indefinitpronomen »beide« (»Ich habe beide gesehen.« !
Stellvertreter eines Nomens) auch die Artikelprobe (»Die beiden Schüler sind davongerannt.«).
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6.6
17
Alternative Einteilungsmöglichkeiten
Die 5-Wortartenlehre wurde von Glinz erfunden. Zuvor war die aus der lateinischen Grammatik bekannte Lehre mit 10 Wortarten gebräuchlich (vgl. Deutsche Grammatik S. 29ff.):
Substantiv
Adjektiv
Pronomen
Artikel
Numerale
Verb
Adverb
Präposition
Konjunktion
Interjektion
Diese Art der Einteilung ist historisch aus der griechischen und lateinischen Grammatikschreibung gewachsen und daher nicht systematisch. Es gibt insbesondere eine Vermischung von Kriterien:
o
Verb ist, was konjugiert werden kann " formales Kriterium.
o
Numerale ist alles, was mit Zählen zusammenhängt " inhaltliches Kriterium.
o
»Ihr Schlaf war tief.« vs. »Sie schlief tief.« »tief« ist immer dasselbe Wort, müsste
aber im ersten Fall in die Gruppe Adjektive, im zweiten in die Adverbien eingeteilt
werden.
Schliesslich wird unklar, ob »dreimal« ein Numerale oder ein Adverb ist oder ob » eine Million« ein Nomen oder ein Numerale ist.
Demgegenüber basiert die Fünfereinteilung auf formaler Veränderbarkeit. Die Syntax wird
als zweites Kriterium hinzugezogen.
Weitere Alternativen wurden vor allem aus dem Bereich der Syntax vorgeschlagen. Dabei
ist aber anzumerken, dass sich die meisten Ansätze nur auf nominale Wörter fixieren und
von daher schwer zu brauchen sind.
Eine interessante Überlegung betrifft gewisse unterordnende Konjunktionen, z.B. während
und statt. Unterordnende Konjunktionen leiten einen Nebensatz ein, nun sind aber diese
Konjunktionen auch Präpositionen (bzw. können als Präpositionen benutzt werden):
Konjunktion
Präposition
Er fluchte, während er langsam wieder aufstand.
Während dem Aufstehen fluchte er.
Statt sich sauber zu machen, beschwerte er
sich sofort bei der Polizei.
Statt einer Beschwerde forderte er ein
Gespräch mit dem Vorgesetzen.
Die Fähigkeit dieser Wörter, einen Nebensatz oder eine Nominalgruppe bei sich zu haben,
sollte von einer sauberen Einteilung der Wortarten erfasst werden können.
6.7
Fallstudie: lila
Zu welcher Wortart gehört »lila«? Wir nehmen mal an, dass alle Farbwörter Adjektive sind.
1. Test: Artikelprobe: der lila Hut
2. Test: Steigerbarkeit: *lila - lilaer - am lilasten
Aber dieses Problem gibt es auch mit anderen absoluten Adjektiven wie z.B. tot
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18
3. Test: Adjektive kann man vor Nomen vertauschen:
das grosse gelbe Auto - das gelbe grosse Auto
Diese Vertauschung klappt jedoch mit lila nicht:
das zerknitterte lila Blatt - *das lila zerknitterte Blatt
4. Test: Umstellung im Satz:
Von den Blättern hat er ein gelbes genommen. - *Von den B. hat er ein lila genommen.
Man hat das Bedürfnis, Flexionsendungen an lila anzuhängen.
Von den Blättern hat er ein *lilaes genommen.
Fazit: Obwohl der wichtigste syntaktische Test, die Artikelprobe, dafür spricht, dass lila ein
Adjektiv ist, gibt es drei weitere Tests, die dagegen sprechen. Daher ist es konsequenter
anzunehmen, lila sei eine Partikel (ein Adverb). Dafür spricht:
o
das Wort ist unveränderbar
o
andere Adverbien haben ebenfalls adjektivische Eigenschaften, können beispielsweise adverbial und häufig auch prädikativ verwendet werden (gratis), einige sind sogar
steigerbar (oft)
6.8
Funktionen von »es«
1.
Stellvertreter (›normales‹ Pronomen)
Das Kind rennt davon. ! Es rennt davon.
Dieses Buch gefällt mir. ! Mir gefällt es sehr.
Ich sehe dieses Buch ! Ich sehe es.
2.
Unpersönliches »es«: Ersatz durch Nomen nur schwer bzw. nicht möglich
Mir gefällt es hier.
Es regnete die ganze Nacht.
Ich weiss, dass es seit gestern schneit.
Sie treiben es allzu weit.
3.
Verweisendes »es« (Korrelat-es)
[Es] ärgert mich, [dass du zu spät kommst].
Mich ärgert (es), dass du zu spät kommst.
Dass du zu spät kommst, ärgert mich.
Ich bedaure (es), dass ich zu spät bin.
Dass ich zu spät bin, bedauere ich.
Weil ich (es) bedaure, dass ich zu spät bin, …
4.
Platzhalter-es
Es ritten drei Jäger durch den Wald.
Drei Jäger ritten durch den Wald.
Weil drei Jäger durch den Wald ritten, …
Es kann dir geholfen werden.
Dir kann geholfen werden.
Es darf getanzt werden.
Weil getanzt werden darf, …
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19
Fazit
Grundsätzlich werden Pronomen formal definiert als deklinierbare Wörter ohne festes Genus, die nicht steigerbar sind. Darüber hinaus gelten sie als Begleiter und Stellvertreter,
d.h. es wird auf ein weiteres syntaktisches (Begleiter von Nomen zu sein) und ein paradigmatisches (Nomen ersetzen zu können) Kriterium zurückgegriffen.
Welche Kriterien machen nun die vier »es« zu einem Pronomen? Offenbar sind 2. – 4. nicht
deklinierbare Wörter (*Mir gefällt sie hier. / *Sie (Pl.) ärgern mich, dass du zu spät
kommst). 3. wird als Platzhalter von einem Nebensatz analysiert, 2. und 4. als Füller von
leeren syntaktischen Positionen (z.B. Subjekt, Akkusativ-Objekt).
»es« in diesen Fällen als Personalpronomen zu bestimmen, wäre absurd. Das Wort stellt
die Grammatik vor eine Herausforderung.
6.9
Zu welcher Unterart gehört »zu«?
1.
Präposition
Ich begleite dich zu deinem Auto.
Gegen das Ende zu begann mich das Konzert zu langweilen.
2.
Adverb
Du sprichst zu leise. ! Du sprichst sehr/ziemlich/... leise.
Zu freche Kinder gibt es an meiner Schule nicht.
Die Türe ist zu.
3.
Verbzusatz ! Adverb?
Wütend schlug sie die Türe zu. ! zuschlagen
Dann ging sie versöhnlich auf ihn zu. ! zugehen
4.
Infinitivpartikel
Diese Idee ist zu verwerfen.
Ich bat ihn, mit mir zu kommen.
Ich verbot ihr, die Türe weiter zuzuschlagen.
?
zu Hause oder zuhause
Fazit
Auch bei der Einteilung in Unterarten gelangen die verwendeten Kriterien an ihre Grenzen.
Allerdings gibt es nur sehr wenige solcher Wörter, so dass wir sie einfach als Ausnahme in
unser Modell integrieren können. Allerdings kann man sich aus einer diachronen Perspektive
auch fragen, wie es kommen konnte, dass ein Wort so viele verschiedene Funktionen übernehmen konnte.
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7
Satzglieder
7.1
Proben zur Abgrenzung von Satzgliedern
20
Beim folgenden Beispiel ergibt sich sofort die intuitive Einsicht: Gewisse Wörter gehören
enger zusammen als andere ([ihrer Mutter] vs. [Weine geschenkt]). Diese Einsicht soll nun
durch Proben formalisiert werden:
Anna hat ihrer Mutter ein Buch über italienische Weine geschenkt.
Ersatzprobe
[Sie] hat [ihr] ein Buch geschenkt.
(Problem: Sie hat es ihr geschenkt.)
Verschiebeprobe
[Ihrer Mutter] hat Anna ein Buch über italienische Weine geschenkt.
[Ein Buch über italienische Weine] hat Anna ihrer Mutter geschenkt.
Koordinationsprobe
[Ihrer Mutter und ihrem Vater] hat Anna ein Buch geschenkt.
[Anna und ihre Schwester] haben ihrer Mutter ein Buch geschenkt.
Anna hat ihrer Mutter [ein Buch und eine CD geschenkt].
Achtung: Oft sind zusätzliche Einschränkungen notwendig.
Ersatzprobe:
Ich esse ein Sandwich im Zug.
Ich esse es.
! Bedeutung muss gleich bleiben.
Verschiebeprobe:
Ich sehe die Frau mit dem roten Schal.
Mit dem roten Schal sehe ich die Frau.
! Bedeutung muss gleich blieben.
Koordinationsprobe:
Ich höre und sehe dich.
! Auch Verben lassen sich koordinieren.
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7.2
1.
21
Formale Klassifikation der SG
WA bzw. Unterart des Kerns (Def. siehe Gallmann/Sitta)
! Nominalgruppe (Nomen, Pronomen)
[Er] hat [den Fisch] gefüttert.
! Präpositionalgruppe
[Im Aquarium] schwammen kleine Flocken.
! Adjektivgruppe (Partizipgruppe)
[Schmatzend] haben die Fische das Futter [schnell] gefressen.
! Konjunktionalgruppe
[Wie Piranhas] öffneten und schlossen sie ihre Kiefer.
! Adverbgruppe
Sie müssen das Futter [gern] haben.
Verben bzw. verbale Teile (flektierte Formen, Infinitive, Verbzusätze) sind keine Satzglieder.
Definition: Satzglieder hängen von Verben ab.
2.
Fälle bestimmen (wenn möglich).
! Einteilung fallbestimmt / nicht fallbestimmt
! Fälle bei Nominal- und Präpositionalgruppen angeben
3.
Funktion bestimmen.
! Ergänzung des Verbs (wird vom Verb formal bestimmt) (Subjekt bzw. Objekt)
! Adverbiale (hängen vom Verb ab, werden aber nicht von ihm formal bestimmt)
am Mittwoch / mittwochs / jeden Mittwoch
! Prädikative (hängen vom Verb ab und Kongruenz mit anderer Ergänzung)
Herbert war ein Angsthase.
Sie nannten ihn einen Angsthasen.
7.3
Gliedteile
Satzglieder sind oft mehrstufig: [ein Buch [über [italienische] Weine]]].
Wortgruppen innerhalb eines Satzgliedes nennt man Gliedteile. Sie können ebenfalls nach
Form und Funktion bestimmt werden. Eine zusätzliche Funktion heisst Attribut, es handelt
sich (inhaltlich) um eine nähere Spezifikation. Beispielsweise ist der Gliedteil [über italienische Weine] Attribut zu [ein Buch ...] und der Gliedteil [italienische] Attribut zu [über ...
Weine].
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8
Syntax
8.1
Satztypen
22
Gallmann/Sitta unterscheiden zwischen Äusserungsarten und Satzarten.
Äusserungsarten (Bezug auf die Art der sprachlichen Handlung)
- Aussage
- Aufforderung
- Frage
Satzarten (Bezug auf die Form)
- Deklarativ-/Aussagesatz
- Interrogativ-/Fragesatz
- Exklamativ-/Ausrufesatz (Imperativ-/Befehlssatz)
Findet der Vortrag heute statt?
Geh jetzt.
Der Vortrag fällt aus.
Könntest du das Fenster schließen?
Der Vortrag fällt aus?
Du solltest jetzt besser gehen.
Der Vortrag fällt schon wieder aus!
8.2
Das Stellungsfeldermodell
Satzklammer
Mittelfeld
PF
Vorfeld
Anne
hat
ihrer Mutter ein B. über ital. Weine
VF
Nachfeld
geschenkt
Verbzweitstellung
Anne
schenkt
ihrer Mutter ein B. über ital. Weine
Verbendstellung
weil
Anne
ihrer Mutter ein Buch
schenkt
Verberststellung
schenk
deiner Mutter ein B..
Anne
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8.3
22
Die Satzklammer
In Verbzweitsätzen (z.B. Deklarativsatz) und Verberstsätzen (z.B. Interrogativsatz ohne
Fragewort) steht in der linken Satzklammer das finite Verb (Personalform), in der rechten
Satzklammer weitere (infinite) Verben oder ein trennbarer Verbzusatz. Die rechte Satzklammer kann auch leer bleiben.
Ich (muss) jetzt dann (gehen).
(Da) schliesse ich mich (an).
In Verbendsätzen steht in der linken Satzklammer die nebensatzeinleitende Konjunktion, in
der rechten Satzklammer alle Verbformen:
... (weil) ich jetzt (gehen muss)
8.4
Thema und Rhema
Duden 4, §1472:
»Thema ist zunächst einfach der Ausgangspunkt der Aussage, weiter das, worüber etwas
mitgeteilt wird, schliesslich (kontextuell) das, was an Information bekannt ist [...] Rhema ist
demgegenüber der Kern der Aussage, das, was über das Thema mitgeteilt wird, die neue
Information.«
8.5
Die Besetzung der einzelnen Felder
Das Vorfeld
-
wird normalerweise von einem Satzglied besetzt,
-
kann unter bestimmten Bedingungen leer bleiben („! Kenn ich nicht.“),
-
wird normalerweise von der Thema-Konstituente besetzt,
-
kann auch die rhematische Konstituente aufnehmen (zur Hervorhebung).
Im Mittelfeld
-
können alle Satzglieder, aber auch Nebensätze aufgenommen werden,
-
ist die unmarkierte Abfolge nominaler Satzglieder »Subjekt vor DO vor AO«
-
ist die Abfolge pronominaler Satzglieder »Subjekt vor AO vor DO«,
-
steht ein Genitivobjekt am rechten Rand des Mittelfelds,
-
steht ein Präpositionalobjekt am rechten Rand des Mittelfelds;
-
bestehen folgende Tendenzen:
-
Thema vor Rhema,
-
definite vor indefiniter Nominalphrase,
-
kurzes vor langem Satzglied.
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Im Nachfeld stehen beispielsweise
-
umfangreiche Satzglieder,
-
sodass-Sätze.
23
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9
Generative Grammatik
9.1
Begriffe
Performanz /
Kompetenz
Kreativität
tacit knowledge
Autonomiehypothese
Oberflächen- / Tiefenstruktur
Lernbarkeit
24
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Unterdeterminiert
negative Evidenz
Logisches Problem
des Spracherwerbs
UG
Parameter
9.2
1.
Generative Grammatik - Beispiele
a) Ich bat ihn, zu kommen.
b) Ich versprach ihm, zu kommen.
c) Der Arzt versprach dem Patienten, gesund zu werden.
d) Ich bat ihn, auch kommen zu dürfen.
2.
a) John will come to the party. ! Will John come to the party?
b) John has said that he will come. ! Has John said that he will come?
c) The old man that I will meet tomorrow is John’s grandpa. !
*Will the old man that I meet tomorrow is John’s granpa?
25
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3.
26
a) Ich bekoche meine Mutter.
b) Jeder bekocht seine Mutter.
c) Meine Mutter bekocht mich.
d) Seine Mutter bekocht jeden.
e) Jeder wird von seiner Mutter bekocht.
f) Wer bekocht seine Mutter?
g) Wen bekocht seine Mutter?
4.
a) Remo hat Maja geliebt. ! Wen hat Remo ti? geliebt
b) Remo hat Maja und Petra geliebt. ! Wen hat Remo Maja und ti geliebt?
5.
a) Anna trinkt ein Bier.
b) Der Mann singt ein Lied.
c) Die Frau betrachtet ein Bild.
S ! NP
6.
VP
VP ! V NP
V = {trinken, singen, betrachten …}
NP ! Art N
N = {Mann, Frau, Bier, Anna, Bild…}
Ein Lied wird von einem Mann gesungen
S ! NP VP
VP ! Aux PP V
PP ! P NP
Passiv: NP1 V NP2 ! NP2 Aux P+NP1 ge+V
7.
VP1 ! V NP
VP0 ! V
VP2 ! V NP NP
9.3
Prinzipien der Generativen Grammatik
Markiertheit
Bausteine (Laute, Morpheme, Wörter, Sätze, Texte) der Sprache sind durch Merkmale gekennzeichnet oder markiert. Der Normalfall sind die unmarkierten Bausteine. Markierte Fälle
sind oft Ausnahmen.
Sprachen tendieren dazu, Markiertheit abzubauen, da sie den Lernenden Mühe bereitet.
1)
buk [+stark] ! backte [-stark]
(backen Prät.)
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27
Binarität
Da es markierte und unmarkierte Elemente gibt, werden alle Unterteilungen in binäre
Merkmale aufgeteilt. Als Beispiel kann man die Kategorie Kasus im Deutschen betrachten:
Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv. Ohne auf benennbare Markierungen zurückzugreifen
lässt sich sagen, dass die Markiertheitsreihenfolge Nominativ > Akkusativ > Dativ > Genitiv
lauten muss. Dafür spricht beispielsweise die Häufigkeit der Verwendung. Nun können wir
die Hierarchisierung darstellen:
±#
±$
Nom.
±%
Akk.
Dat.
Gen.
Die drei Merkmale #, $ und % können nicht so einfach benannt werden. Die Gruppierung ist
aber überaus plausibel:
2)
3)
a) Die Felder sind grün.
Das Kind lacht.
b) Ich mähe die Felder.
Ich lache das Kind aus.
c) Auf den Feldern wächst schon wieder etwas.
Das Lachen des Kindes nervt.
a) wegen des schlechten Wetters ! wegen dem schlechten Wetter
b) Peters Haus
c) dem Peter sein Haus
4)
a) Maja schneidet die Haare von Jan.
b) Die Haare von Jan werden von Maja geschnitten.
c) Maja schneidet Jan die Haare.
d) Jan bekommt von Maja die Haare geschnitten.
5)
a) Ich krieche unter das Bett.
b) Nun verstecke ich mich unter dem Bett.
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28
Vererbung
Merkmale werden an die nächst höheren Kategorien durchgereicht. Das wird im sogenannten X’-Schema deutlich. X ist hier ein Kern, XP eine Phrase. Dazwischen gibt es verschiedene Zwischenstufen, die jeweils wieder binär verzweigen können.
Die Idee hinter dem X’-Schema ist relativ abstrakt, hat aber wiederum mit Lernbarkeit zu
tun.
XP
X’
ZP
X’
YP
X
Bäumchen
Die generative Syntax ist auch bekannt als die Theorie mit den Bäumchen. Die Bäumchen
sind Resultat der obenstehenden Überlegungen. Mit ihnen kann man Regularitäten vereinfacht erfassen und so beschreiben, dass sie lernbar sind.
Handlungsanweisung zur Konstruktion von Strukturbäumen in der GG
1.
Hauptsätze in dass-Sätze umwandeln:
— dass Anna das Buch liest
— dass die Spielerinnen am Montag aus Moskau ankamen
dass die Spielerinnen aus Moskau am Montag ankamen
— dass du gestern behauptet hast, dass Anna ihre Freundin abholen wird
— weil ich morgen das Buch, (dass) Anna das liest, lese.
2.
Satzglieder bestimmen
(Relativsätze zum Nomen, Nebensätze: Status bestimmen):
— dass [Subjekt Anna] [Objekt das Buch] liest
— dass [Subjekt die Spielerinnen] [PP am Montag] [PP aus Moskau] ankamen
dass [Subjekt die Spielerinnen aus Moskau] [PP am Montag] ankamen
— dass [Subjekt du] [Satzpartikel gestern] [Objekt das] behauptet hast.
dass du [Objektssatz dass Anna ihre Freundin abholen wird] behauptet hast.
— weil [ Subjekt ich] [Satzpartikel morgen] [Objekt das Buch, das Anna liest,] lese.
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3.
Kern der Satzglieder bestimmen
— dass [N Anna] [N das Buch] [V/I liest]
— dass [N die Spielerinnen] [P am Montag] [P aus Moskau] [ V/I ankamen]
dass [N die Spielerinnen aus Moskau] [P am Montag] [ V/I ankamen]
— dass [N du] [C dass Anna ihre Freundin abholen wird] [V behauptet] [I hast]
— weil [N ich] [P morgen] [N das Buch, das Anna liest,] lesen werde.
4.
Satzglieder als XP und Dreieck zeichnen
(Können gesondert aufgegliedert werden)
— Satzkonstituenz darüber stülpen
— S-Struktur ableiten, so dass Zielsatz entsteht
(Topikalisierung; I-in-C-Bewegung; Spuren; Koindizierung)
29
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30
10 Textgrammatik
10.1 »Gibs auf!«
Es war sehr früh am Morgen, die Strassen rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine
Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, dass es schon viel später war, als ich geglaubt
hatte, ich musste mich sehr beeilen, der Schrecken über diese Entdeckung liess mich im
Weg unsicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, glücklicherweise war ein Schutzmann in der Nähe, ich lief zu ihm und fragte atemlos nach dem Weg.
»Von mir willst du den Weg erfahren?« »Gibs auf, gibs auf«, sagte er und wandte sich mit
einem grossen Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen.
FRANZ KAFKA
10.2 Was ist ein Text?
o
»Gibs auf« von Kafka
o
Ein SMS, Inhalt: »Ruf mich um 9 an. B«
o
Ein Inhaltsverzeichnis
o
Ein Stundenplan
o
Der Brockhaus
10.3 Kohärenz
Texte sind kohärent, d.h. sie müssen einen inhaltlich-thematischen Zusammenhang aufweisen. Dafür gibt es verschiedene Mittel, die hier nur erwähnt werden sollen:
a) Isotopie
b) Präsuppositionen
c) frame und script
d) Koordinierung und Chronologisierung
10.4 Kohäsion
Texte weisen Kohäsion auf, d.h. sprachliches »Verwobensein« (textum = lat. Gewebe). Die
kann geleistet werden durch:
a) Rekurrenz
b) Referenzidentität (Substitution)
c) Pro-Formen
d) Deixis
e) Ellipsen
Bei Kohärenz und Kohäsion begegnet uns die Unterscheidung von Form und Funktion wieder, bzw. die Unterschiedung der inhaltlichen von der formalen Ebene.
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