WEIHNACHTEN – BLOSS KEIN STRESS! TINNITUS IN DER WEIHNACHTSZEIT PD DR. MED. DR. H. C. ANDREAS SCHAPOWAL FACHARZT FÜR HALS-NASEN-OHRENHEILKUNDE FACHARZT FMH FÜR ALLERGOLOGIE UND KLINISCHE IMMUNOLOGIE PSYCHOSOMATISCHE UND PSYCHOSOZIALE MEDIZIN (SAPPM) MEDIZINISCHE HYPNOSE (SMSH) PHYTOTHERAPIE (SMGP), MANUELLE MEDIZIN (SAMM) USTER, 3. 12. 2015 DEFINITION TINNITUS ICD-10: H93.1 Tinnitus – von lat. tinnire = klingeln Bezeichnet jede Art von Ohr- oder Kopfgeräusch: Tinnitus auris, Tinnitus aurium, Tinnitus capitis TINNITUS - DIAGNOSTIK Anamnese • Berufsanamnese • Lärmanamnese • Medikamentenanamnese HNO-Status • Ohrmikroskopie • Nasenpharyngoskopie • Auskultation Hals • Audiologische Diagnostik (inkl. überschwelliger Diagnostik) • Audiologische Tinnitusanalyse (Frequenz, Lautheit, Maskierung • Vestibularisdiagnostik Funktionsprüfung Kiefergelenke, HWS Allgemeinmedizinische Diagnostik • RR, Puls • Blutbild • Serologie (Borreliose, Lues) • Auskultation Bildgebung • MRI, funkt. MRI, PET, EEG, MEG • Dopplersonographie Halsgefässe • Angiographie Psychische Exploration PATHOLOGIE GEHÖRGANG + MITTELOHR INNENOHRSCHWERHÖRIGKEIT GEHÖRLOSIGKEIT KORTIKALE REORGANISATION NACH LÄRMTRAUMA reorganized zone Tonotopie des Hörkortex bei normaler Katze Hochton-Hörverlust nach Lärmtrauma Tinnitus 1-3 Hz Normales Hören 7 – 12 Hz Dysfunktion im Hörkortex und in Nachbarregionen - Deltarhythmus (1-3 Hz) bevorzugt - Reduzierte Alphaaktivität (7-12 Hz) - Korrelation mit Disstress r=0,72 TINNITUS - ENTSTEHUNGSMECHANISMEN Funktionsveränderungen in der gesamten Hörbahn Gesteigerte Nervenaktivität im auditorischen Kortex Arnold et al. 1996 Langguth et al. 2006 HÖRBAHN MIT KOMPLEXEN ZENTRALEN VERSCHALTUNGEN VERBINDUNGEN DER FORMATIO RETICULARIS ZUM CORTEX UND ZU KERNGEBIETEN IN HIRNSTAMM „Tinnitus-Netzwerk“ BETEILIGUNG FRONTALER UND LIMBISCHER AREALE Komplexe Interaktion des Geistes und seiner Funktionen Hohe Plastizität, Chance für Veränderungen durch „bottom-up“- und „top-down“-Aktionen PSYCHOMETRISCHE TESTS • Tinnitus-Fragebogen nach Göbel und Hiller leicht: 0–30, mittel: 31–46, schwer: 47–59, sehr schwer: 60-84 • Geräuschüberempfindlichkeits-Fragebogen leicht: 0–10, mittel: 11–17, schwer: 18–25, sehr schwer: 26–45 • Dizziness Handicap Inventory (DHI) leicht: 0–30, mittel: 31-60, schwer: 61-100 • Beck-Depression-Inventar (BDI) minimal: 9–13, leicht: 14–19, mittel: 20 – 28, schwer: 29–63 • GAD-7-Fragebogen leicht: 5-9, mittel: 10–14, schwer: 15–21 PSYCHISCHE KOMORBIDITÄT BEI TINNITUS • Depressiv/ängstliche Anpassungsstörung F43.2 • Depressive Verstimmung, Dysthymie F34.1 • Reaktive Depression F32.0, F32.1, F32.2 • Angststörung F41.0 • Spezifische Phobie F40.2 • Somatisierungsstörung F45.0 • Hypochondrische Störung F45.2 • Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei einer andernorts klassifizierten Erkrankung F54 BEEINTRÄCHTIGUNG DES KOGNITIVEMOTIONALEN REAKTIONSSYSTEMS • Konzentrationsstörung • Kontrollverlust • Katastrophisierung • Resignation • Dysfunktionale Gedanken • Beeinträchtigung der zukünftigen Lebensperspektive • Einschränkung der Lebensbewältigung • Fehlendes Selbstwertgefühl • Hilflosigkeitsgefühl BEEINTRÄCHTIGUNG DES VERHALTENSBEZOGENEN REAKTIONSSYSTEMS • Ein- und Durchschlafstörung • Sozialer Rückzug, Isolierung, Vermeidungsverhalten • Kommunikationsstörung • Beziehungsstörung • Hyperakusis Tinnitus - Therapie • • • • • • • • • • • Beratung Kortison Rheologische Therapie, z. B. Ginkgo-Extrakte Therapeutische Lokalanästhesie Rauschgenerator, Hörgeräteversorgung, CI Manuelle Medizin Entspannungstraining (Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson) Medizinische Hypnose Musik- und Hörtherapie Psychotherapie Embolisation bei AV-Fistel (pulsatiler Tinnitus) GINKGO BILOBA – SILBERBAUM Wirkungen • • • • • Förderung der Durchblutung Steigerung der Hypoxietoleranz Inaktivierung toxischer Sauerstoffradikale Hemmung der Plättchenaggregation Steigerung der Gedächtnisleistung und des Lernvermögens • Kompensation von Gleichgewichtsstörungen • Neuroprotektive Wirkung INDIKATIONEN NACH SWISSMEDIC • Tinnitus • Schwindel • Symptomatische Behandlung von Einbussen der geistigen Leistungsfähigkeit • Verbesserung der schmerzfreien Gehstrecke bei Claudicatio intermittens RELAXANE® Filmtabletten Zusammensetzung 1 Filmtabl 185: 90 mg Trockenextrakt aus Pestwurzwurzeln, 90 mg aus Baldrianwurzeln, 90 mg aus Passionsblumenkraut, 60 mg aus Melissenblättern Indikation: Nervosität, Spannungs- und Unruhezustände, Prüfungsangst, die sich u. a. in krampfartigen MagenDarmbeschwerden, erhöhter Reizbarkeit, gelegentlichen Ein- und Durchschlafstörungen äussern können Dosierung: Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren 3 x 1 Tabl REDORMIN® / REDORMIN® 500 Filmtabletten Zusammensetzung: 1 Filmtabl Ze 91019: 250/500 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel, 60/120 mg Trockenextrakt aus Hopfenzapfen Indikation: Ein- und Durchschlafstörungen sowie unruhiger Schlaf Dosierung: Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren 2 - 3 Tbl Redormin bzw. 1-1 ½ Redormin 500 eine Stunde vor dem Schlafengehen, Kinder ab 6 Jahren 1 Redormin bzw. ½ Redormin 500 Baldrian wirkt wie endogenes Adenosin und erhöht die Schlafbereitschaft Hopfen wirkt wie endogenes Melatonin und unterstützt die Rhythmizität beide Extrakte ergänzen sich bei der Therapie von Schlafstörungen nicht-organischer Ursache (ICD 10: F51.0 – F51.2) REBALANCE® 250/500 Filmtabletten Zusammensetzung 1 Filmtabl Ze 117: 250/500 mg Johanniskraut-Trockenextrakt Indikation: Bei gedrückter Stimmung, Stimmungslabilität, innerer Unruhe, Ängstlichkeit, Spannungszuständen und damit einhergehender Ein- und Durchschlafstörung Dosierung: Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren 2 x 250 mg/1 x 500 mg TINNITUSKLINIK CHUR www.tinnitusklinik.ch Realisiert im Januar 2006 auf der Psychotherapie-Station der kantonalen psychiatrischen Klinik Waldhaus in Chur INDIKATIONEN FÜR DIE STATIONÄRE THERAPIE • Schwergradiger Tinnitus: TF-Sore > 47 • Schwergradige Hyperakusis: GÜF-Score > 18 • Phonophobie • Psychische Co-Morbidität: Depression, Burnout, Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung • Begutachtung („Reha vor Rente“) FALLBERICHT HERR P. S., 54 JAHRE • 2001 Hörsturz rechts • 2002 Autounfall, 3 x überschlagen, HWSSchleudertrauma • Seit 2007 Tinnitus rechts • Seit Herbst 2011 Tinnitus sehr laut, rezidivierende Depression • Diagnosen: Schwergradiger Tinnitus auris H93.1 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode F33.2 AUDIOMETRIE UND THERAPIE • Hörverlust rechts 56,3 %, links 10,9 %, Tinnitus rechts bei 6000 Hz nicht maskierbar • Stationäre Therapie in Tinnitusklinik, Hörgeräteversorgung, Antidepressiva, Psychotherapie, Musik- und Hörtherapie PRÄVENTION • Konsequenter Lärmschutz in Beruf und Freizeit • „Hörhygiene“: Akustische Reizüberflutung vermeiden • Stressreduktion, Erlernen von Entspannungstechniken • Ausschalten von Risikofaktoren für vaskuläre Erkrankungen (Nikotin, Alkohol, Ernährung) TINNITUS-RETRAINING-THERAPIE • Ausweg aus dem Teufelskreis: Missbehagen - Angst Sorgen - Anspannung - negative Gedanken - Einengung der Wahrnehmung - Frustration - Resignation Hilflosigkeitsreaktion - lauteres Störgeräusch • Überlebensreaktionen: Resignieren, Erstarren, Flüchten. Flucht vor dem eigenen Körper? Hinein in eine laute Umgebung, um den Tinnitus nicht mehr hören zu müssen? • Körper-Geist-Kommunikation als Zugang zur Verminderung des Symptoms • Ausgleichende emotionale innere Arbeit zu neuen emotionalen Wertungen, zur Verhaltensänderung PSYCHOTHERAPIE - HYPNOSE • Was kann der Patient bei sich verändern, um sich besser zu fühlen? • Vertrauen in den eigenen Körper zurückgewinnen bzw. stärken • Auf den inneren Heiler hören: Der eigenen Intuition folgen, zu innerer Ruhe und emotionaler Ausgeglichenheit zurückfinden • Methode: Selbstexploration in der Trance, Hilfreiches in der Hypnose und im Austausch entstehen lassen 6 INTERDEPENDENTE ELEMENTE IM KREISLAUF • BEWEGEN, VERÄNDERN, GESTALTEN, REFLEKTIEREN, ÖFFNEN, BEWUSST MACHEN • Themen: Sinneserfahrungen mobilisieren - am Problem arbeiten - Erfahrungsspektrum erweitern - Zuwendung zu sich selbst - Selbstbewusstsein und Gelassenheit entwickeln • BEWEGEN: Nichts ist statisch. Übungen für eine "elastische" Wahrnehmung (VAKOG) 6 INTERDEPENDENTE ELEMENTE IM KREISLAUF • VERÄNDERN: Geschehen lassen, fokussieren der Selbstentdeckungen des Patienten während der Trancen. Was kann ich bei mir verändern? Was möchte ich verändern? Wie müsste der Tinnitus sein, damit er erträglicher wird? Beobachten, wie die Befindlichkeit sich verändert, wenn ich positive Erfahrungen mobilisiere. Reframing: Kontext, Bedeutung, Verhalten verändern • GESTALTEN: Was geschieht, wenn ich ... Alte Trampelpfade verlassen, neue Wege gehen; neue Ideen, Einfälle explorieren; innere Suchprozesse zur Problemlösung kommen in Gang. Pacing, Leading, Utilisation der Erlebniswelt des Patienten 6 INTERDEPENDENTE ELEMENTE IM KREISLAUF • REFLEKTIEREN der gefühlten, visualisierten Hindernisse, um anschliessend zu verändern, zu öffnen, zu gestalten. Emotionale Wertungen verweisen auf den Erfahrungshintergrund. Wo bin ich erstarrt, fixiert? Auflösen von negativen Bewertungen. Erweitern des Spielraums. Probehandeln, innerer Problemlösungsprozess in der Trance: Positive Emotionen, Erleben von Veränderung, Erleben von Handlungsfähigkeit, Empfinden von Zuversicht • ÖFFNEN: Herz, Sinne, Geist öffnen. Neue Erfahrungen machen, Perspektive, Horizont erweitern. Aufmerksamkeitsverschiebung: Sich von der Wahrnehmung des Geräusches distanzieren. 6 INTERDEPENDENTE ELEMENTE IM KREISLAUF • BEWUSST MACHEN: Achtsamkeit - sich bewusst werden, empfinden. Alles, was im eigenen Erleben auftaucht, wahrnehmen und willkommen heissen, ohne es zu bewerten, zu analysieren, zu deuten, zu verbalisieren. Ganzheitliches Erfahren und eigenständiges Erleben ohne Druck, ohne Anforderungen. Was geschieht? Naturbeobachtung - empfinden von Phasen, Rhythmen wie Ebbe und Flut, Tag und Nacht, Ruhe und Aktivität, Übergänge • FREUDE AM LEBEN MIT ALLEN SINNEN ENTWICKELN UND GENIESSEN • ZUFRIEDEN SEIN, IM FRIEDEN MIT SICH UND ANDEREN LEBEN RUHE UND GELASSENHEIT ZU JEDER ZEIT FROHE UND GESEGNETE WEIHNACHTEN!