Haydn in London Mozart in Mannheim HANSGEORG SCHMEISER - Flöte JAN OSTRÝ - Flöte Othmar Müller - Violoncello JOSEPH HAYDN (1732-1809) DIVERTIMENTO („ECHO“) FÜR ZWEI STREICHTRIOS IN ES-DUR, HOB. II:39 (Bearbeitung für zwei Flöten aus Haydns Zeit) Adagio Menuetto Presto TRIO NR. 2 FÜR ZWEI FLÖTEN UND VIOLONCELLO IN G-DUR, HOB. IV:2 Andante - Allegro TRIO NR. 4 FÜR ZWEI FLÖTEN UND VIOLONCELLO IN C-DUR, HOB. IV:4 Allegro TRIO NR. 3 FÜR ZWEI FLÖTEN UND VIOLONCELLO IN C-DUR, HOB. IV:3 Spiritoso Andante Allegro ----- JOSEPH HAYDN TRIO NR. 1 FÜR ZWEI FLÖTEN UND VIOLONCELLO IN C-DUR, HOB. IV:1 Allegro moderato Andante Finale. Vivace WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756-1791) Die ZAUBERFLÖTE (Bearbeitung für zwei Flöten von Johann Wendt) Der Vogelfänger bin ich ja Wie stark ist nicht dein Zauberton Das klinget so herrlich Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen Ein Mädchen oder Weibchen CARL STAMITZ (1745-1801) TRIO FÜR ZWEI FLÖTEN UND VIOLONCELLO IN G-DUR Allegro moderato Andante Rondo. Allegretto Zum Programm Im Divertimento in Es-Dur, Hob. II:39 „für zweimal zwei Violinen und Bass, in verschiedenen Zimmern aufgestellt“ nützt Joseph Haydn die sich durch diese Aufstellung ergebenden reizvollen Echoeffekte, die sich auch in der im heutigen Konzert erklingenden, von einem unbekannten Zeitgenossen Haydns stammenden Bearbeitung für zwei Flöten ergeben. Auftraggeber des 1761 entstandenen originellen Werkes war vermutlich Haydns erster Dienstherr Paul Anton Esterházy, ein Kenner und Liebhaber, dem die Tonkunst neben ihrer repräsentativen Funktion auch ein inneres Bedürfnis war. Fast vier Jahrzehnte lang stand Haydn als Kapellmeister in Diensten der Fürsten Esterházy, einem der einflussreichsten und wohlhabendsten Adelsgeschlechter des Habsburgerreiches. Seine neuartigen Kompositionen, seine Einfälle und die kluge Planung der Besetzungen revolutionierten das Verständnis für die anspruchsvolle, damals moderne Musik. Haydns Werk durchdrang die damalige Welt „wie ein Paukenschlag“, um eine seiner Symphonien zu zitieren. Anfang November 1789 traf der Londoner Musikverleger John Bland auf Schloss Esterháza ein, um Joseph Haydn zu besuchen. Blands Ziel war es, den inzwischen weltberühmten Komponisten zu einem Aufenthalt in der englischen Hauptstadt zu überreden oder ihm wenigstens einige Kompositionen für seinen Verlag abzukaufen. Haydn seinerseits war seinen Dienst mittlerweile herzlich leid; seit bald dreißig Jahren spielte sich sein Leben im Wechsel zwischen dem fürstlichen Stadtschloss in Eisenstadt und der Sommerresidenz Fertöd in der ungarischen Einöde ab. Weit entfernt von den musikalischen Zentren der Welt war Haydn gewissermaßen als Autodidakt zu einem international hoch geschätzten Komponisten geworden, hatte die Gattungen der Symphonie und der Klaviersonate entscheidend geprägt und konnte für die Entwicklung des Streichquartetts nahezu ein Urheberrecht beanspruchen. „Ich war von der Welt abgesondert, niemand in meiner Nähe konnte mich an mir selbst irre machen und quälen, und so musste ich original werden.“ Dieses von Haydn-Biograph Georg August Griesinger überlieferte Zitat bezeugt die Fähigkeit des Komponisten, das Beste aus der Situation zu machen und belegt überdies seine große Bescheidenheit. In den 1790er Jahren unternahm er zwei Reisen nach London und konnte dort immense Erfolge feiern. Die Musikwelt verdankt Haydns England-Abenteuer so bedeutende Werke wie die zwölf Londoner Symphonien, aber auch viel Kammermusik, darunter die während der zweiten England-Reise 1794/95 entstandenen und als „Londoner Trios“ bekannt gewordenen vier Trios für zwei Flöten und Violoncello. Die Flöte war in London am Ende des 18. Jahrhunderts besonders populär; Haydn lieferte dem Publikum mit seinen Werken überaus charmante Musik, nie flach, stets geistreich und spritzig, immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwartend, wahre Delikatessen „für Kenner und Liebhaber“. Zwei dieser Trios sind dreisätzig und folgen dem Schema schnell – langsam – schnell, die andern beiden – eher Fragmente – bestehen jeweils aus nur einem Satz. Arrangements von Opern und Orchesterwerken waren im 18. Jahrhundert an der Tagesordnung, und wenn die Zahl der Bearbeitungen ein Gradmesser für die Popularität von Komponist und Werk ist, so stand Wolfgang Amadeus Mozart bereits damals auf dem ersten Platz. Besonders attraktiv waren Bearbeitungen für zwei Flöten. So erschien beispielsweise die Zauberflöte „arrangée pour deux flûtes“ in den Folgejahren der Uraufführung über ein Dutzend Mal bei verschiedenen Verlagen in ganz Europa, teils anonym, teils von namhaften Komponisten bearbeitet, kurioserweise auch in identischen Fassungen unter verschiedenen Namen. Diese Ausgaben - quasi Hit-Paraden - dienten dem häuslichen Musizieren, der Unterhaltung im biedermeierlichen Salon oder pädagogischen Zwecken. Auch wenn adelige oder bürgerliche Liebhaber oftmals belächelt wurden, bewegte sich ihr instrumentales Können meist auf sehr hohem Niveau, wenn wir zeitgenössischen Berichten Glauben schenken oder die Werke, welche die Virtuosen ihren dilettierenden Schülern zugedacht haben, zum Maßstab nehmen. Carl Stamitz wurde 1745 als ältester Sohn von Johann Stamitz geboren, der als Begründer der Mannheimer Schule und als einer der großen Wegbereiter des modernen Orchesterklangs in die Musikgeschichte eingegangen ist. Carl Stamitz hatte neben seinem Vater auch Christian Cannabich, Ignaz Holzbauer und Franz Xaver Richter als Lehrer. Schon im Alter von 16 Jahren wurde er als Geiger in das damals weltberühmte Mannheimer Hoforchester berufen. Trotz seines großen Erfolges verließ er 1770 Mannheim und begann ein unruhiges Wanderleben, das ihn zunächst nach Paris an den Hof des Herzogs von Noailles führte. Er veröffentlichte etliche Kompositionen und leitete gemeinsam mit seinem Bruder Anton mit großem Erfolg die Concerts spirituels in Versailles. Dennoch gab er im Jahr 1777 diese relativ sichere Stellung wieder auf und reiste nach einjährigem Aufenthalt in London weiter nach Den Haag, wo er zahlreiche Konzerte als Violavirtuose gab, darunter eines, bei dem er vom erst zwölfjährigen Ludwig van Beethoven am Klavier begleitet wurde. Schon damals wurde Beethovens Leistung weitaus mehr honoriert als diejenige Carl Stamitz’. In den darauf folgenden Jahren reiste er quer durch Europa. Auf seinen Reisen, die ihn über Paris, Hamburg, Lübeck, Magdeburg und viele andere kulturelle Zentren der damaligen Zeit bis nach St. Petersburg führten, nahm Stamitz zwar gelegentlich Aufträge an, doch blieb er nie länger als einige Monate in einer Stadt. So leitete er u. a. 1786 in Berlin eine Aufführung von Händels „Messias“ und auch das musikalische Programm zur Ballonfahrt Blanchards 1787 in Nürnberg. 1790 kehrte Stamitz nach Mannheim zurück, wo er als Musiklehrer an der Universität tätig war. Zahlreiche Gesuche um besser dotierte Anstellungen, die er bis nach Russland schickte, wurden abgewiesen. Auch seine Kompositionen stießen längst nicht mehr auf den Erfolg, den sie während der Zeit in Paris hatten; ebenso fehl schlugen einige Versuche, sich als Alchimist einen Namen zu machen. Seit 1794 leitete er die Akademischen Konzerte in Jena. Das Reisen musste er wegen mangelnder Geldmittel endgültig aufgeben. Trotz seiner einstigen Berühmtheit starb Stamitz 1801 völlig verarmt und hoch verschuldet. Um seine Gläubiger zu befriedigen, wurde nahezu sein gesamter Besitz versteigert. Carl Stamitz’ kompositorischer Nachlass zählt mit zu dem Besten, was die „Mannheimer“ hervorgebracht haben: 50 Sinfonien, 38 konzertante Sinfonien, an deren Typus sich auch Mozart orientierte, 60 Solokonzerte für Flöte, Violine, Viola, Klarinette, Fagott und eine unübersichtliche Fülle an Kammermusik. Heinz Dieter Sibitz Die Interpreten HANSGEORG SCHMEISER begann sein Musikstudium bei Gottfried Hechtl an der Musikhochschule seiner Heimatstadt Graz. Es folgten Studien bei Alain Marion in Paris und bei Wolfgang Schulz an der Wiener Musikhochschule, wo er 1982 mit Auszeichnung diplomierte. Er besuchte außerdem Meisterkurse bei Aurèle Nicolet, Alain Marion und Karlheinz Zoeller. Hansgeorg Schmeiser ist mehrfacher Preisträger der Österreichischen JeunesseWettbewerbe. 1982 wurde er als Soloflötist an die Wiener Volksoper engagiert. Seit 1984 unterrichtet er an der Wiener Musikhochschule, der heutigen Universität für Musik, als Assistenzprofessor von Wolfgang Schulz. Seit Oktober 2000 ist er Leiter einer eigenen Ausbildungsklasse für Flöte. Seine rege solistische und kammermusikalische Tätigkeit führte ihn durch ganz Europa, Südamerika, Südafrika, in den Nahen Osten und auch nach Japan, Taiwan und Korea, wo er regelmäßig Meisterkurse leitet. Seit 1993 ist er Leiter der Seminare der Neuberger Kulturtage. Seit 2001 unterrichtet er bei der Europäischen Flötenakademie in Fiss, Triol, deren künstlerische Leitung er 2003 übernahm. Hansgeorg Schmeiser ist regelmäßig als Gast bei den Wiener Philharmonikern tätig und außerdem langjähriges Mitglied des Wiener Kammerorchesters, des Ensembles „die reihe“ und des „Ensemble 20. Jahrhundert“. 1993 gründete er das Bläserquintett „quintett.wien“, mit dem er, wie auch als Solist, bei Nimbus-Records (Großbritannien) unter Vertrag steht. 1996 folgte die Gründung des „Mozartensemble der Wiener Volksoper“, mit dem er auch bei Nimbus Records aufnimmt. Hansgeorg Schmeiser spielt eine 24kt-Goldflöte der japanischen Flötenfirma Muramatsu. JAN OSTRÝ wurde 1972 in Prag geboren und studierte am Prager Konservatorium. Von 1992 bis 1994 studierte er am Conservatoire National de Région de Versailles (Christel Rayneau und Jacques Royer). 1995 gewann er den Ersten Preis des Konservatoriums (goldene Medaille). In den Jahren 1996 bis 1999 studierte er am Conservatoire National Supérieur de Musique de Lyon (Philippe Bernold und Robert Thuillier), wo er das Studium ebenfalls mit einem Ersten Preis beendete. Jan Ostrý war Preisträger verschiedener Interpretationswettbewerbe (Concertino Praga, Dussekwettbewerb Prag) und besuchte Meisterkurse von Karlheinz Zoeller, Clara Novakova, Barthold Kuijken, Alain Marion, Jacques Zoon und Konrad Hünteler. Als Solist und Kammermusiker gastierte er in Linz, Bonn, Lyon, Paris, Stuttgart, Oslo und Prag. Besonders wichtig war für ihn die Zusammenarbeit mit Pierre Boulez beim Festival in Saint-Etienne und der Semaine Pierre Boulez in Lyon im Jahre 2002. 1999/2000 war er Soloflötist im Orchester National de Lyon (Chefdirigent: Emmanuel Krivine) und im Orchestre des Pays de Savoie. Ab der Konzertsaison 2001/2002 war er als Soloflötist an der Norske Opera in Oslo tätig. Seit September 2003 leitet Jan Ostrý eine Flötenklasse am Staatlichen Konservatorium Pilsen, seit Herbst 2005 auch am Konservatorium in Prag. Jan Ostrý spielt eine 14kt-Goldflöte der japanischen Flötenfirma Muramatsu. OTHMAR MÜLLER 1963 in Wien geboren, studierte in Wien und den USA. Als Cellist des Artis-Quartetts, das er 1980 mitbegründete, trat er weltweit in den wichtigsten Musikzentren auf, nahm an bedeutenden Musikfestivals teil und spielt seit 1988 eine jährliche Konzertserie im Wiener Musikverein. Viele der über 30 bislang entstandenen CDs wurden mit Schallplattenpreisen wie Grand Prix du Disque, Prix Caecilia, Diapason d'Or, Wiener Flötenuhr, Echo Klassik und MIDEM Award ausgezeichnet. Othmar Müller unterrichtete Kammermusik an der Musikuniversität Graz und leitet jetzt eine eigene Celloklasse am Haydn-Konservatorium Eisenstadt. Weiters gibt er regelmäßig Kurse in den USA, Hong Kong, Österreich und beim Casals-Festival Prades. In den letzten Jahren tritt Othmar Müller verstärkt solistisch und im Duo in Erscheinung (u.a.posthume Uraufführung von Gottfried von Einems „Musik für Cello solo“ und Uraufführung des Cellokonzerts von Herwig Reiter im Berliner Konzerthaus). Im Oktober 2006 spielte er im Brahmssaal des Wiener Musikvereins die Uraufführung der "3 Stücke für Cello und Klavier" von Alexander Zemlinsky sowie die erste Aufführung seit 112 Jahren von dessen Cellosonate. 2008 wurde dieses Programm auf CD veröffentlicht, Weitere CD-Einspielung galten den Cellokonzerten von Joseph Haydn sowie Cello/ Klavier- Werken von Webern, Weigl und Johanna Müller-Hermann. Sein Violoncello von Andrea Amati, Cremona 1573, ist eine Leihgabe der Instrumentensammlung der Österreichischen Nationalbank.