568 Leichtbausysteme aus Stahl 2010 - stahl

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Dokumentation 568
Leichtbausysteme aus Stahl
für Dach und Fassade
Energie- und kosteneffiziente Lösungen
für Neu- und Bestandsbau
Stahl-Informations-Zentrum
Dokumentation 568
Stahl-Informations-Zentrum
Das Stahl-Informations-Zentrum ist eine
Gemeinschaftsorganisation Stahl erzeugender
und verarbeitender Unternehmen. Markt- und
anwendungsorientiert werden firmenneutrale
Informationen über Verarbeitung und Einsatz
des Werkstoffs Stahl bereitgestellt.
Verschiedene Schriftenreihen bieten ein
breites Spektrum praxisnaher Hinweise für
Konstrukteure, Entwickler, Planer und Verarbeiter von Stahl. Sie finden auch Anwendung
in Ausbildung und Lehre.
Vortragsveranstaltungen schaffen ein
Forum für Erfahrungsberichte aus der Praxis.
Messen und Ausstellungen dienen der
Präsentation neuer Werkstoffentwicklungen
und innovativer, zukunftsweisender Stahlanwendungen.
Als individueller Service werden auch Kontakte zu Instituten, Fachverbänden sowie Spezialisten aus Forschung und Industrie vermittelt.
Die Pressearbeit richtet sich an Fach-,
Tages- und Wirtschaftsmedien und informiert
kontinuierlich über neue Werkstoffentwicklungen und -anwendungen.
Das Stahl-Informations-Zentrum zeichnet
besonders innovative Anwendungen mit dem
Stahl-Innovationspreis (www.stahl-innovations
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Wettbewerbe seiner Art und wird alle drei Jahre
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Mitglieder des
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2
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Impressum
Dokumentation 568
„Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und
Fassade – Energie- und kosteneffiziente Lösungen
für Neu- und Bestandsbau“
Ausgabe 2010, ISSN 0175-2006
Herausgeber: Stahl-Informations-Zentrum
Postfach 10 48 42, 40039 Düsseldorf
Autoren:
Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne, Lehrstuhl für
Stahl- und Leichtmetallbau, RWTH Aachen
Dipl.-Ing. Matthias Köhler, ArcelorMittal
Construction Deutschland GmbH, Brehna
Dipl.-Ing. Ronald Kocker,
bauforumstahl e.V., Düsseldorf
Dr.-Ing. Ralf Podleschny, Industrieverband
für Bausysteme im Metallleichtbau e.V. (IFBS)
Dipl.-Ing. Hans Pöter, Pöter & Reichmann
GmbH, Büro: Frankfurt am Main
Prof. Dr.-Ing. Helmut Hachul,
Fachbereich Architektur, FH Dortmund
Redaktion: Stahl-Informations-Zentrum
Ein Nachdruck dieser Veröffentlichung ist –
auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und bei Quellenangabe gestattet. Die zugrunde liegenden Informationen wurden mit größter Sorgfalt recherchiert und redaktionell bearbeitet. Eine Haftung
ist jedoch ausgeschlossen.
DIN-Normen: Wiedergegeben mit Erlaubnis
des DIN Deutsches Institut für Normung e.V.
Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist
deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum,
die bei der Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, erhältlich ist.
Titelfoto: Firmensitz der D.Krings GmbH in
Nordhorn (Foto: D.Krings GmbH, Nordhorn)
Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade
Inhalt
Seite
Vorwort ....................................................... 4
1
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
Energieeffizient und nachhaltig –
Anforderungen an die
Gebäudehülle......................................
Einleitung ..............................................
Nachhaltiges Bauen...............................
Energieeffizientes Bauen .......................
Gebäudehüllen in
Stahlleichtbauweise...............................
Zusammenfassung und Ausblick...........
Literaturangaben ...................................
Bildquellen ............................................
Leicht und stabil –
Bauelemente aus Stahlblech
für das Bauen im Bestand ................
Einleitung ..............................................
Bauen im Bestand – Nachhaltigkeit .......
Aufgabenstellung und Anforderungen ...
Vorteile von
Stahlblechkonstruktionen .....................
Einsatzbereiche .....................................
Beispiele für Sanierungen .....................
Zusammenfassung ................................
Literaturangaben ...................................
Bildquellen ............................................
Standardisiert und
schnell montiert –
Typenhallen aus Walzprofilen .......
Einleitung .............................................
Einsatzbereiche, Ausführung
und Anforderungen ..............................
Vorteile typengeprüfter Stahlhallen ......
Ausführungsunterlagen zur
Typenprüfung .......................................
Zeitbudget.............................................
Krankapazität ........................................
Zehn Schritte von der Planung
bis zur fertigen Stahlhalle......................
Zusammenfassung ................................
Bildquellen ............................................
6
6
7
12
14
18
19
19
4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
5
5.1
20
20
20
21
5.2
21
23
27
29
29
29
5.4
5.3
5.5
5.6
5.7
5.8
30
30
31
32
33
34
34
34
35
35
6
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
Seite
Innovativ und zukunftsweisend –
aktuelle Entwicklungen
im Stahlleichtbau ............................... 36
Einleitung ............................................. 36
Wärmeschutz ........................................ 36
Schallschutz .......................................... 38
Blitzschutz mit Metalldächern .............. 41
Korrosionsschutz .................................. 45
Literaturangaben ................................... 49
Bildquellen ............................................ 49
Effizient und wirtschaftlich –
nutzungsorientiertes Bauen
für Industrie, Gewerbe und
öffentlichen Bau ................................
An der Nutzung orientierte
Gebrauchstauglichkeit ..........................
Detaillösungen zum wirtschaftlichen
Bauen mit Stahlleichtbauelementen .....
Dach- und Wandkonstruktionen
für nicht, niedrig und normal
beheizte Gebäude .................................
Aus der Nutzung herzuleitende
Sonderausführungen .............................
Übersicht über die Anwendungsgebiete und Vergleich der Kosten
der verschiedenen Dach- und
Wandaufbauten .....................................
Zusammenfassung ................................
Literaturangaben ...................................
Bildquellen ............................................
68
71
71
71
Integrativ und anpassungsfähig –
Gestaltung von Stahlfassaden
im Industrie- und Gewerbebau .......
Einleitung .............................................
Bausysteme im Stahlleichtbau...............
Die Gestaltung von Gebäudehüllen ......
Energetische Fassaden ..........................
Zusammenfassung ................................
Literaturangaben ...................................
Bildquellen ............................................
72
72
72
78
85
85
86
86
50
50
52
57
63
3
Dokumentation 568
Vorwort
Dr. Reinhard Winkelgrund, Stahl-Informations-Zentrum
Das Leitbild der Nachhaltigkeit setzt neue
Maßstäbe für eine lebenswerte Zukunft. Es umschreibt in seinem Kerngedanken die Verpflichtung der gegenwärtigen Generation, ihre Bedürfnisse im Hinblick auf die ökonomische, soziale
und ökologische Entwicklung so zu befriedigen,
dass die Lebenschancen künftiger Generationen nicht gefährdet werden. Spürbare Klimaveränderungen, sich verknappende Rohstoffressourcen und zunehmende Umweltbeeinträchtigungen verpflichten auch alle am Bau
Beteiligten zu nachhaltigem Handeln.
Herstellung und Nutzung von Gebäuden
sind in Deutschland für mehr als 35 % des gesamten Energieverbrauchs und für ebenfalls
mehr als 35 % des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Weit mehr als die Hälfte des Abfallaufkommens ist Bauschutt. 50 % der weltweit abgebauten Rohstoffe werden für das Bauen eingesetzt.
Diese Zahlen verdeutlichen die große Verantwortung, die Architekten, Ingenieuren und
Bauherren, aber auch der Baustoffindustrie zukommt.
Ein wichtiger Teilaspekt der Nachhaltigkeit
ist das Bauen von energieeffizienten und wirtschaftlichen Dächern und Fassaden. Gefragt sind
Abb. 1: Horizontal verlegte Wellprofile aus Stahl gliedern die Fassade des
Produktions- und Verwaltungsgebäudes der Wenko GmbH in Hückelhoven
(Foto: Juhr Architekturbüro, Wuppertal)
4
ressourcen- und umweltschonend hergestellte
Baustoffe aus natürlichen und recyclingfähigen
Materialien für besonders langlebige, werthaltige
Bauwerke.
Die Stahlindustrie stellt sich den globalen
Herausforderungen. Sie bietet Produkte und
Bauelemente an, die die an sie gestellten Anforderungen in besonderer Weise erfüllen und sich
im modernen Industrie- und Gewerbebau bereits
seit vielen Jahren bewährt haben. Optimierungen
und neue Entwicklungen garantieren auch in
Zeiten ständig steigender Anforderungen an die
Energieeffizienz von Gebäuden ein hohes Maß
an Wirtschaftlichkeit. Wärmegedämmte Dachund Fassadenelemente wie Sandwichelemente,
Trapez- oder Kassettensysteme mit Schalen, die
weniger als 1 mm dick sind, umhüllen heute
nicht nur Produktions- und Lagerhallen, sondern
zunehmend auch moderne Büro- und Verwaltungsgebäude.
Hochwertiger, auf den jeweiligen Einsatzzweck ausgerichteter Korrosionsschutz garantiert die Dauerhaftigkeit der Produkte. Das Verfahren der Bandbeschichtung von verzinktem
Stahlblech – das sogenannte Coil-Coating – bietet hochwertige Beschichtungen in allen Farb-
Abb. 2: Streifenförmige Paneele aus gekantetem, bandbeschichtetem Stahlblech verleihen der Fassade des
Betriebsgebäudes der Clondiag GmbH in Jena eine
markante Erscheinung (Foto: GOLDBECK GmbH, Bielefeld)
Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade
Abb. 3: Die Kraftwerksblöcke des neuen Braunkohlenkraftwerks in Grevenbroich-Neurath sind mit dunkel- bis hellblau
beschichteten Stahl-Trapezprofilen verkleidet (Foto: Helmut Adler, www.fotodesigner.org)
nuancen. Beim Bauen im Bestand sind es z. B.
leichte Dach- und Fassadenpaneele, Dachpfannenprofile aus Stahlblech oder Stahlverbunddecken mit Trapezprofilen, die besonders nachhaltige Lösungen für Aufstockungen, Erweiterungen oder Einbauten erst ermöglichen.
Stahlkonstruktionen können am Ende ihrer
langen Nutzungszeit leicht demontiert und zu
fast 100 % recycelt werden: für die Stahlindustrie ein selbstverständlicher Materialkreislauf.
Qualitätsverluste wie bei einigen anderen Werkstoffen gibt es nicht. Diese herausragende Eigenschaft macht Stahl zu einem regenerativen Baustoff mit äußerst positiver Ökobilanz.
Das Stahl-Informations-Zentrum veranstaltet
in Zusammenarbeit mit dem IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V.
Praxis-Seminare zum Thema „Leichtbausysteme
aus Stahl für Dach und Fassade“. Diese begleitende Dokumentation informiert über veränderte Normen und Richtlinien sowie bauphysikalische Anforderungen an die Ausführung
von Dach- und Wandkonstruktionen. Anhand
konkreter Berechnungsansätze und ausgeführter
Projekte wird aufgezeigt, wie mit Bausystemen aus Stahl energetisch optimierte Dächer
und Fassaden wirtschaftlich realisiert werden
können.
Abb. 4: Betriebshalle und Verwaltungsgebäude der GOLDBECK GmbH in Hamburg mit Stahl-Paneelelementen in der
hinterlüfteten Fassade (Foto: GOLDBECK GmbH, Bielefeld)
5
Dokumentation 568
1 Energieeffizient und nachhaltig –
Anforderungen an die Gebäudehülle
Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne
1.1 Einleitung
„Nachhaltigkeit“ ist ein ursprünglich in der
Forstwirtschaft verwendeter Begriff für eine
Bewirtschaftungsform des Waldes, bei der in
einer Periode nur so viel Holz entnommen wird,
wie in der gleichen Zeit nachwächst.
Im Brundlandt-Bericht [1] der Vereinten
Nationen (1987) wird eine nachhaltige Entwicklung definiert als „eine Entwicklung, die den
Bedürfnissen heutiger Generationen entspricht,
ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu
befriedigen und ihren Lebensstil zu wahren“.
Eine Entwicklung ist somit nachhaltig, wenn sie
weltweit über Generationen hinweg fortgeführt
werden kann, ohne dass Naturhaushalt und Gesellschaft in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden. Es wird ein qualitatives Wirtschaftswachstum befürwortet und zugleich ökologisch
verträgliches Handeln als Voraussetzung dafür
angesehen.
Die Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales sollen gleichberechtigt und gleichwertig
zueinander stehen und den interdisziplinären
Charakter der Nachhaltigkeit ausdrücken. Ziel
ist dabei die Sicherstellung und Verbesserung
ökologischer, ökonomischer und sozialer Leistungsfähigkeit.
Das Konzept der Nachhaltigkeit ist in allen
Wirtschaftsbereichen anwendbar. Im Laufe der
1990er Jahre wurde der maßgebliche Einfluss
des Bausektors auf Wirtschaft, Gesellschaft und
Umwelt identifiziert; er gilt daher als ein Schlüsselbereich für eine nachhaltige Entwicklung.
Der Bausektor steht besonders im Bereich Ökologie durch seinen großen Anteil an Energie- und
Stoffströmen im Fokus der Politik. Die folgenden
Zahlen sollen verdeutlichen, wie groß der Anteil
des Bausektors in den Bereichen Abfallmengen,
Energieverbrauch, Schadstoffemissionen und
Verbrauch von Rohstoffen und Wasser ist.
Die Errichtung und Nutzung von Bauwerken
ist in Europa verantwortlich für etwa
– 30 % des Abfallaufkommens,
– 40 % des Energieverbrauchs,
– 40 % der CO2-Emissionen,
– 30 % des Rohstoffverbrauchs und
– 20 % des Wasserverbrauchs.
6
Im Jahre 2001 veröffentlichte das damalige
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (heute: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, BMVBS) den
„Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ [2]. Er soll bei
Baumaßnahmen des Bundes helfen, Lösungen
zu finden, die sowohl ökologisch verträglich
als auch ökonomisch akzeptabel sind, und dabei die Anforderungen der Menschen miteinbeziehen. Folgende Schutzziele für nachhaltiges
Bauen werden definiert:
– Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen
Boden, Luft und Wasser
– Schutz von Natur und Landschaft
– Schutz der stofflichen und energetischen
Ressourcen
– Schutz des Klimas
– Erhaltung des Kapitals
– niedrige laufende Betriebs- und
Unterhaltungskosten
– Schutz der menschlichen Gesundheit sowie
gesellschaftlicher und kultureller Werte
Wie diese Ziele zeigen, orientiert sich auch
das nachhaltige Bauen am „Drei-DimensionenModell“ und berücksichtigt die Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales. Außerdem sind die
Aspekte Technische Qualität sowie die Prozessund Standortqualität als Querschnittsqualitäten
identifiziert worden, die Einfluss auf alle Teilaspekte der Nachhaltigkeit haben.
Ein wichtiger Aspekt des nachhaltigen Bauens ist die Betrachtung des gesamten Lebensweges eines Gebäudes. Der Grundgedanke des
„Leitfadens Nachhaltiges Bauen“ lautet: „Nachhaltiges Bauen strebt in allen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden – von der Planung, der Erstellung über die Nutzung und Erneuerung bis
zum Rückbau – eine Minimierung des Verbrauches von Energie und Ressourcen sowie eine
möglichst geringe Belastung des Naturhaushaltes
an.“ Nachhaltiges Bauen bedeutet somit nicht
nur die Verwendung umweltverträglicher Bauprodukte, sondern umfasst die Analyse und Optimierung eines Gebäudes über den gesamten
Lebensweg. Verglichen mit den meisten anderen
Produkten haben Gebäude eine sehr lange
Lebensdauer, was dazu führt, dass der Aufwand
zur Nutzung und Erhaltung eines Gebäudes in
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
der Regel wesentlich höher ist als der Aufwand
zur Herstellung.
Neben der Nutzungsphase kommt auch dem
Lebensende von Gebäuden eine besondere Bedeutung zu. So sind der Einsatz von recyclingfähigen Bauprodukten, die gute Rückbaubarkeit
sowie die mögliche Wiederverwendbarkeit zentrale Aspekte des nachhaltigen Bauens. Um diese
grundsätzlich anerkannten Ziele beim Planen
und Bauen in konkretes Handeln umsetzen zu
können, werden seit einiger Zeit Methoden entwickelt, die Aspekte der Nachhaltigkeit quantifizieren und bewerten.
1.2 Nachhaltiges Bauen
1.2.1 Allgemeines
Im Dezember 2001 wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen das Gremium „Runder Tisch Nachhaltiges Bauen“ eingerichtet, in dem Verbände der
Bauwirtschaft, die Industrie, Bauverwaltungen
und die Wissenschaft vertreten sind. Es setzt
sich mit generellen Leitlinien des nachhaltigen
Bauens auseinander und gibt Empfehlungen,
wie Erkenntnisse zum nachhaltigen Bauen in
konkretes Handeln umgesetzt werden können.
Im Juni 2007 gründete sich die „Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V.
(DGNB)“, ein Zusammenschluss von Architekten, Ingenieuren, Wissenschaftlern, Industrieunternehmen und Investoren, die sich als Aufgabe gesetzt haben, nachhaltiges und wirtschaftlich effizientes Bauen in Zukunft noch stärker
zu fördern und vor allem direkt umsetzbar zu
machen. Ziel ist es, ein ganzheitliches Bewertungs- und Zertifizierungssystem für nachhaltige
Bauwerke im In- und Ausland zu etablieren. Das
DGNB-Zertifikat zeichnet umweltschonende,
wirtschaftlich effiziente und nutzerfreundliche
Gebäude aus.
1.2.2 Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen
Auf der 7. Jahreskonferenz des Rates für
Nachhaltige Entwicklung am 27.11.2007 machte
Bundeskanzlerin Angela Merkel folgende Aussage: „Es gibt bis jetzt kein wirksames Verfahren,
das die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen, sozialen Auswirkungen und Auswirkungen auf die Umwelt verlässlich in den Blick
nimmt und abbildet ... Das heißt, wir müssen
versuchen, Nachhaltigkeit sozusagen fassbar zu
machen.“
Für die Baubranche bedeutet das, ein System
zu entwickeln, mit dem es möglich ist, Gebäude
hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu bewerten.
International wurden in den letzten Jahren verschiedene erfolgreiche Bewertungssysteme für
Gebäude unter dem Dachverband des World
Green Building Councils (World-GBC) verbreitet.
Dieser World-GBC koordiniert und unterstützt
die Arbeit der nationalen Organisationen, zu
denen seit 2007 auch die Deutsche Gesellschaft
für Nachhaltiges Bauen gehört. Zu den wichtigsten internationalen Nachhaltigkeitszertifizierungssystemen, die teilweise schon seit Jahren
erfolgreich auf dem Markt bestehen, gehören:
– BREEAM – Building Research Establishment
Assessment Method (England)
– LEED – Leadership in Energy & Environmental
Design (USA)
– DGNB – Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges
Bauen (Deutschland)
Das DGNB-System besteht aus über 50
Kriteriensteckbriefen, die die unterschiedlichen
Themenfelder des nachhaltigen Bauens berücksichtigen. Dies sind die ökologische und ökonomische sowie die soziokulturelle und funktionelle Qualität. Darüber hinaus sind die technische Qualität und die Prozessqualität als Querschnittsqualitäten definiert, die sich auf alle
Dimensionen der Nachhaltigkeit auswirken
(Abb. 1.1).
Die definierten Qualitäten werden unterschiedlich gewichtet: Die Bereiche Ökologie,
Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Qualität sowie die technische Qualität gehen zu jeweils 22,5 % in die Gesamtnote ein, die Prozessqualität lediglich zu 10 %. Darüber hinaus erfolgt eine Gewichtung der einzelnen Kriterien
innerhalb der übergeordneten Qualitätsziele
nach ihrer Relevanz für die Schutzziele mit
Hilfe eines sogenannten Bedeutungsfaktors. Das
Zertifikat wird in den Stufen Gold, Silber und
Bronze vergeben. Zusätzlich wird die Standortqualität des Gebäudes bewertet, die separat ausgezeichnet wird.
Im Folgenden werden die einzelnen Themenfelder des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen kurz beschrieben und die Steckbriefe aufgeführt, mit deren Hilfe eine Bewertung der betreffenden Qualität erfolgt.
1.2.2.1 Ökologische Qualität
Der Bereich der Ökologie wird im neuen
deutschen Zertifizierungssystem in die Kriteriengruppen „Auswirkungen auf die globale und
lokale Umwelt“ und „Ressourceninanspruch7
Dokumentation 568
Schutzgüter
Schutzziele
Bewertung
Natürliche Umwelt Natürliche Ressourcen Ökonomische Werte Soziale und kulturelle Werte
Schutz der
Umwelt
Senkung der
Lebenszykluskosten
Sicherung von Gesundheit/
Behaglichkeit im Gebäude
Schutz der
natürlichen Ressourcen
Erhalt ökonomischer
Werte
Erhaltung sozialer
und kultureller Werte
Ökologische
Qualität
Ökonomische
Qualität
Soziokulturelle
und funktionale
Qualität
22,5%
22,5%
22,5%
Technische Qualität 22,5%
Prozessqualität 10%
Standortqualität
Abb. 1.1: Aufbau Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB)
nahme und Abfallaufkommen“ unterteilt, die
wiederum aus neun bzw. sechs Einzelkriterien
bestehen. Anhand dieser Kriterien soll beurteilt
werden, ob die Schutzziele der ökologischen
Nachhaltigkeit beim Bau eines Gebäudes eingehalten werden. Diese Schutzziele umfassen den
Schutz der Ökosysteme, der menschlichen Gesundheit und der natürlichen Ressourcen. Das
bedeutet, Ziel ist es, die Auswirkungen auf die
globalen und lokalen Ökosysteme zu beachten,
die Emissionsbelastung während des gesamten
Lebenszyklus des Gebäudes zu minimieren
und den Verbrauch von Energieträgern, Rohstoffen und Bodenoberfläche, bezogen auf den
jeweiligen Nutzen, gering zu halten.
1.2.2.2 Ökonomische Qualität
Die ökonomische Qualität eines Gebäudes
hängt nicht nur von den Anschaffungs- bzw.
Errichtungskosten ab, sondern insbesondere
von den Baufolgekosten, die über die gesamte
Nutzungs- bzw. Lebensdauer anfallen. Diese können die Errichtungskosten in der Praxis um ein
Mehrfaches überschreiten. Eine Lebenszykluskostenanalyse (LCC, Life Cycle Costs) soll über
die Errichtungs-, Nutzungs- und Rückbaukosten
Aufschluss geben. Darüber hinaus ist die Entwicklung des Gebäudewerts von besonderem
Interesse für die Immobilienbranche.
8
1.2.2.3 Soziokulturelle und funktionale Qualität
Die soziokulturelle und funktionale Qualität
betrachtet neben der Ästhetik und Gestaltung
vor allem die Aspekte Gesundheitsschutz und
der Behaglichkeit. Es wird unterschieden zwischen den Bereichen „Gesundheit, Behaglichkeit
und Nutzerzufriedenheit“, „Funktionalität“ und
„Gestalterische Qualität“. Im Gegensatz zu den
Einzelkriterien der ökologischen und ökonomischen Qualität sind viele der Steckbriefe nicht
quantifizierbar, sondern lediglich qualitativ bewertbar.
1.2.2.4 Technische Qualität
Die Qualität der technischen Ausführung ist
eine sogenannte Querschnittsqualität, die sich
auf alle Bereiche der Nachhaltigkeit auswirkt.
So trägt beispielsweise die energetische Qualität
der Gebäudehülle durch eine Verringerung des
Energieverbrauchs zur Minderung sowohl der
Lebenszykluskosten als auch der negativen Umweltauswirkungen bei.
1.2.2.5 Prozessqualität
Die Qualität der Planung, Bauausführung
und Bewirtschaftung eines Gebäudes kann, genau wie die technische Qualität, keiner der drei
ursprünglichen Dimensionen der Nachhaltig-
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
keit (Ökologie, Ökonomie, Soziales) eindeutig
zugeordnet werden. Da diese Aspekte aber als
wichtig für die Qualität eines Gebäudes im Sinne
der Nachhaltigkeit angesehen werden, sind sie
explizit unter dem Oberbegriff „Prozessqualität“
als Querschnittsqualität in das deutsche Zertifizierungssystem aufgenommen worden.
1.2.2.6 Standortqualität
Die Standortqualität geht nicht mit in die
Gesamtnote des Zertifizierungssystems ein, sondern wird separat mit einer Note ausgezeichnet.
1.2.3 Ökobilanzierung
Wird die energetische Optimierung des
Gebäudes und der Anlagentechnik mit sehr
hohem Aufwand vorgenommen (z. B. durch Einsatz großer Dämmstärken) und möglicherweise
unter Verwendung von Produkten, die mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt hergestellt werden, kann der Fall eintreten, dass das
Optimum hinsichtlich des Energiebedarfs für
den Betrieb nicht gleichzeitig auch das Optimum
darstellt, wenn die Umweltauswirkungen durch
das Gebäude insgesamt bilanziert werden. In
die Bewertung der ökologischen Qualität eines
Gebäudes werden daher sowohl der Energiebedarf als auch die Umweltwirkungen als wesentliche Elemente aufgenommen.
Grundsätzlich werden im Rahmen einer
Ökobilanz die potenziellen Umweltwirkungen
eines Produktes im Verlauf seines Lebensweges
zusammengestellt und beurteilt. Der Lebensweg
beinhaltet dabei die Rohstoffgewinnung, die
Produktion, die Anwendung, die Abfallbehandlung sowie das Recycling („von der Wiege bis
zur Wiege“ oder auch „cradle to cradle“) bzw.
die Entsorgung („von der Wiege bis zur Bahre“
oder auch „cradle to grave“). Dies erfordert bei
langlebigen Gütern Szenarien für die zukünftigen Teile des Lebenszyklus. Es werden alle mit
dem Lebenszyklus verbundenen Umweltbeeinflussungen wie Emissionen in Luft, Wasser und
Boden, Ressourcenverbrauch sowie Naturrauminanspruchnahme erfasst, kumuliert und hinsichtlich potenzieller Wirkungen zusammengefasst. Die Normenreihe DIN EN ISO 14040 ff.
[3] regelt die Grundsätze und Rahmenbedingungen sowie Anforderungen und Anleitungen zur
Ökobilanzierung. Sie umfasst folgende Schritte:
1. Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen
2. Sachbilanz
3. Wirkungsabschätzung
4. Auswertung
Ein sehr wichtiger Aspekt bei der Festlegung
des Untersuchungsrahmens ist die Wahl der
funktionellen Einheit. Sie dient als Maß für den
Nutzen eines Produktes und charakterisiert so
dessen Leistungsfähigkeit. Grundsätzlich sind
im Bauwesen folgende funktionellen Einheiten
denkbar:
– Baustoff (z. B. 1 m3 Beton oder 1 kg Stahl)
– Bauteil oder Bauelement
(z. B. 1 m2 Außenwand, Tragkonstruktion)
– Gebäude oder Gebäudenutzen (z. B. eine
Industriehalle oder 1 m2 Wohnfläche)
Ökobilanzen auf Baustoffebene werden bei
der Erstellung von Umweltdeklarationen für Bauprodukte, den sogenannten EPDs (Environmental Product Declarations), verwendet. DIN EN
ISO 14025 [4] und DIN EN 15804 [5] liefern
hierfür Regeln und stellen sicher, dass alle EPDs
für Bauprodukte, Dienstleistungen im Bausektor
und Bauprozesse in einheitlicher Weise erstellt,
geprüft und dargestellt werden. EPDs für verschiedene Bauprodukte sind beim Institut
für Bauen und Umwelt (IBU) erhältlich, u. a.
wurde unter der Federführung der Organisation
>>bauforumstahl e.V. eine EPD für warmgewalzte Stahlprofile und Grobbleche erstellt [6].
Sie enthält alle für eine ökologische Bewertung
relevanten Daten für diese Produkte.
Um Erkenntnisse über die Umweltauswirkungen verschiedener Bauweisen für Tragwerk
und Gebäudehülle im Industrie- und Gewerbebau zu erlangen, wurden im Rahmen einer Studie
verschiedene Konstruktionsarten untersucht.
Ziel der Untersuchungen war jedoch kein reiner
Baustoffvergleich, sondern vielmehr die Betrachtung der einzelnen Baustoffe im Bauwerkskontext. Nähere Informationen zur Studie „Ökobilanzierung von Typenhallen“ befinden sich in
Kapitel 1.4.4.
1.2.4 Einfluss der Gebäudehülle auf
die Nachhaltigkeit eines Gebäudes
Das deutsche Bewertungssystem berücksichtigt anhand von über 50 verschiedenen Kriteriensteckbriefen die unterschiedlichen Aspekte
der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Abb. 1.2
zeigt, welche Nachhaltigkeitskriterien durch
die vielseitigen Funktionen der Gebäudehülle
beeinflusst werden können.
9
Dokumentation 568
Abb. 1.2:
Einfluss der
Gebäudehülle
auf die Nachhaltigkeit eines
Gebäudes
10
Kriterium
Einfluss der Gebäudehülle
Ökobilanz
Durch die Optimierung des Materialeinsatzes können die durch die Herstellung und
Entsorgung der verwendeten Baustoffe entstehenden Auswirkungen auf die Umwelt
minimiert werden. Eine energieeffiziente Gebäudehülle trägt dazu bei, dass die Umweltauswirkungen während der Nutzungsphase verringert werden können.
Risiken für die
lokale Umwelt
Material- und Stoffgruppen, die ein Risikopotenzial für die Umweltmedien Grundwasser,
Oberflächenwasser, Boden und Luft darstellen, sollten vermieden werden.
Mikroklima
Albedo-Werte und Transmissionsvermögen (bei Verglasungen) bzw. Wärmeleitfähigkeit
(bei opaken Bauteilen) der Dach- und Fassadenflächen müssen dokumentiert werden,
um den Beitrag des Gebäudes zum Wärmeinseleffekt simulieren zu können.
Gesamtprimärenergiebedarf/
Anteil erneuerbarer
Energien
Durch die Optimierung des Materialeinsatzes kann der für die Herstellung und Entsorgung
der verwendeten Baustoffe erforderliche Gesamtprimärenergiebedarf minimiert werden.
Eine energieeffiziente Gebäudehülle trägt dazu bei, dass der Gesamtprimärenergiebedarf während der Nutzungsphase verringert werden kann.
Die Integration von erneuerbaren Energien in die Gebäudehülle leistet einen wichtigen
Beitrag zur Ressourcenschonung.
Frischwasserverbrauch
Nutzungsphase
Die Optimierung des Fensterflächenanteils führt zur Verringerung des
Frischwasserverbrauchs zur Reinigung.
Lebenszykluskosten
Neben den reinen Herstellungskosten werden hier auch die Instandhaltungs- und
Reinigungskosten, die Kosten für Rückbau und Entsorgung sowie die Nutzungskosten
für das Gebäude betrachtet. All diese Kostenarten können durch eine optimierte
Planung der Gebäudehülle positiv beeinflusst werden.
Thermischer Komfort
Der thermische Komfort an Arbeitsplätzen bildet die Grundlage für effizientes und
leistungsförderndes Arbeiten. Darüber hinaus beeinflusst die Art, wie der thermische
Komfort bereitgestellt wird, den Energieverbrauch von Gebäuden erheblich. Auch
hier kann die Planung der Gebäudehülle positiv auf die Bewertung dieses Kriteriums
einwirken.
Innenraumhygiene
Durch die Verwendung von geruchs- und emissionsarmen Bauprodukten für die
Innenräume wird die Raumluftqualität unter hygienischen Gesichtspunkten gesichert.
Akustischer Komfort
Die raumakustische Qualität wird durch die Begrenzung der Nachhallzeiten gesichert.
Visueller Komfort
Eine gute Tageslichtnutzung bietet ein hohes Einsparpotenzial bei der künstlichen
Beleuchtung und Kühlung.
Die Sichtverbindung nach außen hat einen großen Einfluss auf die Zufriedenheit
am Arbeitsplatz.
Die Blendfreiheit bei Tageslicht wird durch entsprechende Blend- oder Sonnenschutzeinrichtungen gesichert, die in die Fassade integriert sein können.
Einflussnahmemöglichkeiten des
Nutzers
Fassadenintegrierte Lüftungs-, Sonnen- oder Blendschutz- sowie
Tageslichtsteuerungssysteme sollten Möglichkeiten zur Einflussnahme
durch den Nutzer bieten.
Gebäudebezogene
Außenraumqualität
Technikflächen auf dem Dach sind auf das notwendige Mindestmaß
zu reduzieren bzw. zu integrieren.
Fassadenintegrierte Außenraumflächen wie Balkone, Loggien oder Wintergärten
werden positiv bewertet, da sie die Aufenthaltsqualität für den Nutzer steigern.
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
Kriterium
Einfluss der Gebäudehülle
Brandschutz
Die Brandschutzanforderungen nach Landesbauordnung müssen
eingehalten werden.
Die Verwendung von Baustoffen, die im Brandfall giftige Dämpfe, eine starke
Rauchentwicklung bzw. eine schnellere Ausbreitung des Feuers begünstigen, sollte
vermieden werden.
Die Realisierung erhöhter Feuerwiderstandsklassen kann im Brandfall
Leben retten.
Schallschutz
Durch die Einhaltung der Schallschutzanforderungen nach DIN 4109 [7] werden
unzumutbare Lärmbelästigungen ausgeschlossen.
Darüber hinausgehende Anforderungen an den Schallschutz in Bürogebäuden sind die
Vermeidung von Konzentrationsverlusten, die Wahrung des Vertraulichkeitsschutzes
sowie die Berücksichtigung von Personen mit eingeschränktem Hörvermögen.
Wärme- und
feuchteschutztechnische Qualität
der Gebäudehülle
Ziel ist die Minimierung des Wärmebedarfs für die Raumkonditionierung
des Gebäudes bei gleichzeitiger Sicherstellung einer hohen
thermischen Behaglichkeit und Vermeidung von Bauschäden.
Dies soll erreicht werden durch
– die Einhaltung von Grenzwerten für die mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten
der verschiedenen Außenbauteile,
– die Einhaltung eines Grenzwertes für den Wärmebrückenzuschlag,
– die Einteilung der Luftdurchlässigkeit der Fugen von Fenstern und Türen in Klassen,
– den Nachweis zur Tauwasserbildung nach DIN 4108-3 [8],
– die Ermittlung der Luftwechselrate n50 und
– die Ermittlung des Sonneneintragskennwertes nach DIN 4108-2 [9].
Reinigungs- und
Instandhaltungsfreundlichkeit
des Baukörpers
Die leichte Zugänglichkeit der Außenglasflächen vermindert den Aufwand
zur Reinigung und Instandhaltung und reduziert so während der Nutzungsphase
des Gebäudes die Kosten und die Auswirkungen auf die Umwelt.
Rückbaubarkeit,
Recycling- und
Demontagefreundlichkeit
Je einfacher das betrachtete Gebäude wieder in seine Bestandteile zerlegt
werden kann, umso besser ist seine Rückbaubarkeit zu beurteilen.
Hierfür werden der Demontageaufwand und der Aufwand zur Trennung
der einzelnen Materialien separat betrachtet.
Zudem regelt ein Recycling-/Entsorgungskonzept die Organisation und die Zuständigkeiten für den kontrollierten Rückbau und die Entsorgung bzw. das Recycling in den
verschiedenen Lebensphasen des Gebäudes.
Baustelle/Bauprozess
Durch die Vermeidung von Abfällen auf der Baustelle wird ein wichtiger Beitrag
zur Ressourcenschonung geleistet. Gleichzeitig können Einsparungen durch geringere
Entsorgungskosten realisiert werden.
Eine lärmarme Baustelle trägt zum Gesundheitsschutz aller Beteiligten bei und
fördert die Akzeptanz von Baumaßnahmen bei direkt betroffenen Anwohnern.
Durch die Verringerung von Staub wird ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des
Gesundheitsschutzes auf der Baustelle geleistet.
11
Dokumentation 568
Abb. 1.3: Entwicklung der Bilanzierungsansätze (Nichtwohngebäude)
1.3 Energieeffizientes Bauen
1.3.1 Allgemeines
Die Minimierung des Energieverbrauchs
sowie die Begrenzung schädlicher Umweltauswirkungen sind zentrale Aspekte der Nachhaltigkeitsbewertung. Bereits seit Jahrzehnten ist
die Energieeinsparung Gegenstand von Gesetzgebung und Normung. Die Steigerung der Energieeffizienz gehört zu den Schlüsselmerkmalen
des nachhaltigen Bauens. Zum einen wird der
Energiebedarf selbst bewertet, zum anderen
werden die mit dem Energiebedarf verbundenen
Umweltauswirkungen und die Kosten erfasst.
Abb. 1.3 zeigt die Entwicklungen der letzten
Jahre bei der Ermittlung des Energiebedarfs von
Gebäuden.
In der Wärmeschutzverordnung 1995
(WSVO 1995) ist nur der Heizwärmebedarf erfasst, d. h., es wird berechnet, wie viel Wärme
im Raum benötigt wird. Der Aufwand für die
Wärmeerzeugung und -verteilung sowie Verluste aufgrund von nicht idealer Regelung werden nicht berücksichtigt. Weiterhin werden
Wärmebrückeneffekte bei den Transmissionswärmeverlusten nicht erfasst.
In der EnEV 2002 werden diese Aspekte
bereits mitberücksichtigt, so dass der Primärenergiebedarf für die Beheizung (einschl. Warmwasser) ermittelt werden kann. Mit Einführung
der EnEV 2007 wurden zusätzliche Energiean12
wendungen im Gebäude für Beleuchtung und
Kühlung erfasst. Das Anforderungsniveau wurde
gegenüber der EnEV 2002 jedoch prinzipiell
nicht verschärft.
Wesentliche Neuerungen in der EnEV 2007
waren, dass die Gebäudenutzung innerhalb
vorgegebener Nutzungsarten mitberücksichtigt wird, insbesondere Beleuchtung, Kühlung
und der erforderliche Luftwechsel werden hiervon beeinflusst. Vorgegeben ist nicht mehr ein
Sollwert für einen zulässigen Energiebedarf,
sondern es wird eine Referenzausführung des
zu untersuchenden Objektes zur Ermittlung des
Sollwertes herangezogen. Nach EnEV 2007/2009
ist eine Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs für alle Nichtwohngebäude erforderlich, sobald mindestens ein Aspekt von Heizung, Kühlung, Be- und Entlüftung, Befeuchtung, Beleuchtung und Warmwasserversorgung
gegeben ist.
Neben den Anforderungen an den Primärenergiebedarf und der Begrenzung des Transmissionswärmetransfers werden zusätzlich generell geltende Anforderungen gestellt an die
Bereiche:
– Luftdichtheit, Mindestluftwechsel
– Mindestwärmeschutz, Wärmebrücken
– Anlagen der Heizungs-, Kühl- und Raumlufttechnik
– Prüfung alternativer Energieversorgungssysteme
– Energieausweise
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
Insbesondere die Anforderungen an den
Mindestwärmeschutz und die Luftdichtheit
sowie die Berücksichtigung des zusätzlichen
Wärmetransfers im Bereich von Wärmebrücken
haben deutliche Auswirkungen auf die Planung
und Ausführung von Dach- und Fassadensystemen. Mit der Einführung der neuen Energieeinsparverordnung 2009 (EnEV 2009) [10] ist von
der Bundesregierung eine Verschärfung des
Anforderungsniveaus um etwa 30 % vorgenommen worden. Eine nochmalige Verschärfung
der Anforderungen um weitere 30 % ist für das
Jahr 2012 geplant.
1.3.2 Energieeinsparverordnung 2009
Der Energiebedarf wird durch verschiedene
bauliche und betriebliche Faktoren wie z. B.
Wärmedämmstandard, Art der Lüftung, Verluste
bei der Wärmeerzeugung, Beleuchtungskonzept
und Kühlsystem beeinflusst. In der EnEV 2009
wird versucht, sämtliche Einflüsse auf den Energiebedarf eines Gebäudes in der Betriebsphase
zu berücksichtigen. Zu erkennen ist das schon
an der Komplexität des Berechnungsverfahrens.
Bei der Bestimmung des Jahres-Primärenergiebedarfs für Nichtwohngebäude ist es erforderlich, die Randbedingungen (z. B. Innentemperatur, interne Wärmequellen, Luftwechselzahlen) entsprechend dem gewählten Nutzungsprofil für die Berechnungen anzupassen. Für die
Bestimmung der zulässigen Höchstwerte wurde
folgender Ansatz gewählt (§ 4 der EnEV 2009):
„Zu errichtende Nichtwohngebäude sind so
auszuführen, dass der Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung,
Bauteil
Dach
Außenwand
Fenster
Lichtband
Lichtkuppel
Lüftung, Kühlung und eingebaute Beleuchtung
den Wert des Jahres-Primärenergiebedarfs eines
Referenzgebäudes gleicher Geometrie, Nettogrundfläche, Ausrichtung und Nutzung einschließlich der Anordnung der Nutzungseinheiten mit der in Anlage 2 Tabelle 1 angegebenen
technischen Ausführung nicht überschreitet.“
Das sogenannte Referenzgebäudeverfahren
verlangt eine zweite Berechnung des zu errichtenden Gebäudes, bei der für alle Elemente der
Gebäudehülle (z. B. Verglasung, Sonnenschutz)
sowie der Anlagentechnik (z. B. Heizung, raumlufttechnische Anlagen RLT, Beleuchtung) Referenzausführungen bzw. Sollwerte in Anlage 2
Tabelle 1 der EnEV 2009 vorgegeben werden.
Weiterhin wird in der EnEV 2009 gefordert:
„Zu errichtende Nichtwohngebäude sind so auszuführen, dass die Höchstwerte der mittleren
Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmeübertragenden Umfassungsfläche nach Anlage 2
Tabelle 2 nicht überschritten werden.“ Die
Höchst- und Referenzwerte für die Planung und
Ausführung der Gebäudehüllen von Nichtwohngebäuden nach EnEV 2009 sind beispielhaft in
Abb. 1.4 angegeben.
Bei der Bestimmung der Wärmedurchgangskoeffizienten im Bereich der flächigen Bauteile
nach Abb. 1.4 sind die regelmäßig vorkommenden punkt- und linienförmigen Wärmebrückeneinflüsse, z. B. infolge von metallenen Befestigungselementen, zu berücksichtigen. Bei der
Bestimmung des Transmissionswärmetransfers
der Gebäudehülle ist zusätzlich der Wärmebrückeneinfluss im Bereich der linienförmigen
Bauteilanschlüsse (Traufe, Ortgang, Außenecke
usw.) einzubeziehen.
Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten U,
bezogen auf den Mittelwert der jeweiligen Bauteile
[W/(m2 · K)]
Zonen mit Raum-Solltemperaturen
im Heizfall ≥ 19 °C
Zonen mit Raum-Solltemperaturen
im Heizfall von 12 °C bis < 19 °C
Höchstwert
Referenzwert
Höchstwert
Referenzwert
–
U = 0,35
–
U = 0,35
–
U = 1,9
–
U = 3,1
–
U = 3,1
–
U = 0,20
–
U = 0,28
–
U = 1,3
–
U = 2,4
–
U = 2,7
–
U = 0,50
–
U = 0,50
–
U = 2,8
–
U = 3,1
–
U = 3,1
–
U = 0,35
–
U = 0,35
–
U = 1,9
–
U = 2,4
–
U = 2,7
Abb. 1.4: Höchstwerte für Wärmedurchgangskoeffizienten nach EnEV 2009
13
Dokumentation 568
1.3.3 Energetische Qualität von Gebäudehüllen
1.4 Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise
Die hohe energetische Qualität von Gebäudehüllen ist ein zentrales Ziel des nachhaltigen
Bauens. Sie wird durch Wärmetransmissions- und
Wärmekonvektionseigenschaften bestimmt. Die
Wärmetransmission findet als eindimensionaler
Wärmestrom im thermisch ungestörten Regelbereich von Elementen der Gebäudehülle statt,
hinzu kommen zwei- und dreidimensionale Wärmeströme im Bereich von punkt- und linienförmigen Wärmebrücken. Normativ werden die
Wärmetransmissionseigenschaften der Gebäudehülle mit folgenden Kenngrößen beschrieben:
– Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten Ud [W/(m2 · K)] unter Berücksichtigung der regelmäßig im Elementbereich
vorkommenden linien- und punktförmigen
Wärmebrücken
– Wärmebrückenzuschlag DUWB [W/(m2 · K)]
für den thermischen Einfluss von linienförmigen Wärmebrücken im Bereich von Bauteilanschlüssen
1.4.1 Allgemeines
Die Wärmekonvektion wird von der Luftdichtheit der Gebäudehülle beeinflusst. Dabei
sind folgende Einzelgrößen zu berücksichtigen:
– Fugendurchlasskoeffizient a
[m3/(h · m· (daPa)n )] als Maß für die Luftdichtheit von Fugen
– Luftwechselrate n50 [1/h] als Maß für die Luftdichtheit von Gebäuden
– Luftdurchlässigkeit q50 [m3/(h · m2)] als Maß
für die Luftdichtheit von Gebäudehüllen
Die EnEV 2009 begrenzt mit ihren Anforderungen an zu errichtende Gebäude den Transmissionswärmetransfer der Gebäudehülle. Im
thermischen Einflussbereich von Wärmebrücken
muss ein Nachweis des Mindestwärmeschutzes
erfolgen und der „zusätzliche“ Wärmetransfer
bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs
berücksichtigt werden.
Bei beheizten und gut wärmegedämmten
Gebäuden erreicht der Wärmetransfer über Undichtheiten in der Gebäudehülle einen nicht zu
vernachlässigenden Anteil. Die Anforderung an
die Dichtheit der Gebäudehülle soll dazu beitragen, unnötigen Wärmetransfer und Bauschäden zu vermeiden. Die Luftdichtheitsschicht
soll verhindern, dass Bauteile von warmer, feuchtigkeitsbeladener Luft durchströmt werden.
Leckagestellen in der Luftdichtheitsebene können zu Tauwasserschäden in der Konstruktion
führen.
14
Die EnEV 2009 fordert, „dass zu errichtende
Gebäude so auszuführen sind, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich
der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der
Technik abgedichtet ist“ und „dass der Einfluss
konstruktiver Wärmebrücken auf den JahresHeizwärmebedarf nach den anerkannten Regeln
der Technik und den im jeweiligen Einzelfall
wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen so gering wie möglich gehalten wird“.
In zunehmendem Maße werden in Europa
Dach- und Außenwandkonstruktionen in Metallleichtbauweise geplant und ausgeführt. Mit dieser Bauweise sind Konstruktionen mit sehr guter
Luftdichtheit und sehr hohem Wärmeschutzstandard möglich. Beim Zusammenfügen der Einzelelemente entstehen jedoch Fugen und Bauteilanschlüsse, die die Anforderungen an den
Wärmeschutz und die Luftdichtheit ebenfalls erfüllen müssen. Der Wärmeschutz und die Luftdichtheit bestimmen die energetische Qualität
der Gebäudehülle, die ein wichtiges Merkmal
des nachhaltigen Bauens ist.
1.4.2 Energetische Qualität
Einen wesentlichen Beitrag zum energieeffizienten Bauen liefert die Minimierung des
Transmissionswärmetransfers durch z. B. eine
Erhöhung des Wärmedämmstandards. Analysiert man Gebäude mit Hüllen in Metallleichtbauweise, so stellt man fest, dass eine Erhöhung
der Wärmedämmstärke allein noch nicht zielführend ist, da bei dieser Bauweise erhebliche
Einflüsse durch Wärmebrückeneffekte bestehen
können. Neben einer ausreichenden Dämmstärke sind also die Anschlussdetails sowohl
zwischen unterschiedlichen Bauteilen als auch
innerhalb des Elementbereiches zu berücksichtigen und zu optimieren.
Neben der Bedeutung für die Energieeinsparung ist die sorgfältige Detailausbildung auch erforderlich, um den Feuchteschutz (Vermeidung
von Tauwasser und Schimmelpilz) zu realisieren
und so Schäden zu vermeiden. Ein wichtiges
Hilfsmittel hierzu stellt der vom IFBS herausgegebene Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise [11] dar. Bei zweischaligen Konstruktionen des Stahlleichtbaus (Abb. 1.5 und
Abb. 1.6) sind im flächigen Regelbereich wärmetechnische Schwachstellen vorhanden, deren
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
Abb. 1.5: Kassettenwand
Wärmebrückeneinfluss bei der Bestimmung
des Bemessungswertes des Wärmedurchgangskoeffizienten U berücksichtigt werden muss.
Mit dem vereinfachten Verfahren der IFBSSchrift 4.05 [12] ist es möglich, den Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten U für
zweischalige Konstruktionen des Metallleichtbaus zu bestimmen. Die Ergebnisse von weiter
gehenden numerischen Untersuchungen zeigen,
dass linienförmige metallene Bauteile, die die
wärmedämmende Schicht vollständig durchdringen, bei der Planung und Ausführung von
Metallleichtbaukonstruktionen vermieden werden sollten. Ohne Anordnung einer außenseitigen zusätzlichen Wärmedämmebene erfüllen
die in Abb. 1.5 und Abb. 1.6 dargestellten Konstruktionen nicht die Anforderungen an den
Wärmedurchgangskoeffizienten nach EnEV 2009
(siehe Abb. 1.4). Abb. 1.7 zeigt technische
Lösungen [13] [14] zur Wärmebrückenreduktion
bei Kassettenwandkonstruktionen.
Im Bereich der Metallleichtbauweise erfolgt
die Berücksichtigung der Wärmebrückenwirkungen der Bauteilanschlüsse durch die pauschale
Erhöhung der U-Werte aller Außenbauteile um
Abb. 1.6: Zweischaliges Dach
DUWB = 0,10 W/(m2 · K). Normativ gleichwertig
ist die Berechnung des Wärmetransfers im Bereich dieser Wärmebrücken mit Hilfe von längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Y,
siehe [11].
Bezüglich der Luftdichtheit fordert die Energieeinsparverordnung, dass „die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der
Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend
den allgemein anerkannten Regeln der Technik
abgedichtet ist“. Wird der Nachweis der Dichtheit des gesamten Gebäudes nach DIN EN 13829
[15] durchgeführt, so fordert die Energieeinsparverordnung, dass der Volumenstrom bei 50 Pa
bezogen auf das beheizte Gebäudevolumen für
Gebäude ohne raumlufttechnische Anlagen
3,0 h–1 und für Gebäude mit raumlufttechnischen
Anlagen 1,5 h–1 nicht überschreitet. Einzelanforderungen an Fugen werden in der Energieeinsparverordnung explizit nur an Fenstern, Fenstertüren und Dachflächenfenstern gestellt. Zur
Beurteilung der Gebäudehülle kann zusätzlich
der hüllflächenbezogene Leckagestrom herangezogen werden, der nach DIN 4108-7 [16] den
Wert von 3,0 m3/(h · m2) nicht überschreiten
Abb. 1.7:
Wärmebrückenreduktion bei
Kassettenwänden durch
thermische
Trennung von
Stahlkassette
und Trapezblech
mit Distanzverbinder
15
Dokumentation 568
Bezeichnung
Luftwechselrate n50
Anforderung
Gebäude ohne
raumlufttechnische
Anlage
Gebäude mit
raumlufttechnischer
Anlage
3,0 h –1
1,5 h –1
Luftdurchlässigkeit q50
3,0 m3/(h · m2)
Fugendurchlasskoeffizient a
0,1 m3/(h · m · (daPa)n)
Abb. 1.8: Anforderungen an die Luftdichtheit von Gebäuden
darf. Gemäß DIN 4108-2 [9] und DIN 18542 [17]
darf der Fugendurchlasskoeffizient a nicht größer
als 0,1 m3/(h · m · (daPa)n) sein (Abb. 1.8).
Die vorgefertigten flächigen Elemente der
Gebäudehüllen im Stahlleichtbau sind im Bereich
der metallenen Deckschichten absolut luftdicht.
Die Abdichtung der Fugen trägt dazu bei, die
Dichtebenen über Element- und Bauabschnittsgrenzen fortzusetzen und die umfassende Forderung der Energieeinsparverordnung nach einer
luftdichten Gebäudehülle zu erfüllen.
Die IFBS-Schrift „Fugendichtheit im Stahlleichtbau“ [18] gibt Empfehlungen, wie Gebäudehüllen im Stahlleichtbau abgedichtet werden
können. Als gebräuchlichste Technik hat sich
im Bereich des Stahlleichtbaus das Abdichten
mit Fugenbändern und Profilfüllern bewährt.
Die Schrift enthält eine Vielzahl von Konstruktionsvorschlägen für die Ausbildung von Fugen
und Bauteilanschlüssen. Eine luftdichte Gebäudehülle bedarf einer sorgfältigen Planung der Anschlusskonstruktionen. Vor Ort sollten gut ausgebildete Facharbeiter unter der Aufsicht einer
erfahrenen Bauleitung die möglichen Leckagestellen abdichten und somit die Luftdichtheitsebene schließen.
Abb. 1.9:
Industriegebäude
und vorhandene
Variation der
Fugenbreite
16
Die messtechnische Überprüfung der Luftdichtheit kann für gesamte Gebäude vor
Ort mit dem Differenzdruckverfahren nach
DIN EN 13829 [15] und für einzelne Bauteile
im Labor nach DIN EN 12114 [19] erfolgen.
Abb. 1.9 zeigt ein Industriegebäude und Fugendetails der Gebäudehülle.
Zur Beurteilung der Luftdichtheit der Gebäudehülle können folgende messtechnische
Untersuchungen vor Ort am Gebäude durchgeführt werden:
– Leckageortung und Visualisierung mit Nebelmaschine und Thermografie
– Druckdifferenztest (Blower-Door-Test) am
Gesamtgebäude
Die experimentellen Untersuchungen zur
Fugendichtheit können sicher und reproduzierbar nur im Labor durchgeführt werden [20].
1.4.3 Integration erneuerbarer Energien
Ein wesentliches Ziel des nachhaltigen Bauens ist die deutliche Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Dabei kann die Integration von Systemen zur Energieerzeugung in
die Gebäudehülle einen wichtigen Beitrag leisten.
Die in Abb. 1.10 beschriebenen Prinzipien für
die gebäudehüllenintegrierte Energieerzeugung
sind von Bedeutung.
Alle genannten Prinzipien können in Verbindung mit dem Stahlleichtbau eingesetzt werden und liefern integrale und damit vergleichsweise kostengünstige Lösungen. Das Auflaminieren von flexiblen Solarmodulen und künftig
möglicherweise auch das Beschichten von Blechen sind gute Möglichkeiten, die spezifischen
Merkmale des Stahlleichtbaus zu nutzen: Das
äußere Blech wird zum Trägermaterial, die zusätzlichen Lasten sind gering, die großflächigen
Elemente reduzieren den Verdrahtungsaufwand
vor Ort.
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
Bezeichnung
Fotovoltaik
Warmwasserkollektor
Luftkollektor
Erzeugte Energie
Wirkprinzip
Strom
Halbleiter, die bei Lichteinfall elektrische Spannung erzeugen
Wärme für Brauchwasser,
mit Einschränkungen
Raumheizung
Dunkle Absorberelemente werden durch
Solarstrahlung erwärmt, Energie wird durch
Aufheizung eines flüssigen Wärmeträgers abgeführt
Wärme für Zuluftvorheizung
oder Prozesse
(z.B. Trocknung)
Dunkle Absorberflächen werden durch Solarstrahlung
erwärmt, diese Flächen werden von Luft
durchströmt (Perforation) oder Luft wird an
den Absorberflächen entlanggeführt und dadurch aufgeheizt
Abb. 1.10 Prinzipien der Integration von Energieerzeugung in die Gebäudehülle
Mit den Stahl-Sandwichelementen stehen
selbsttragende Dämmsysteme zur Verfügung,
die eine Weiterentwicklung zu thermischen
Kollektoren ermöglichen. Für Kollektoren mit
oder auch ohne Glasabdeckung stellen sie eine
kostengünstige Basis für die Entwicklung und
Fertigung von Kollektoren dar.
Der Aufbau eines Luftkollektors auf einer
Außenwand mit Vorhangfassade aus Blech stellt
eine Möglichkeit dar, mit wenig zusätzlichem
Aufwand einen einfachen Luftkollektor zu bauen.
Auch hier ist es durch zusätzliche Glasabdeckungen möglich, höhere Temperaturdifferenzen zu
erzielen. Ob dies sinnvoll ist, hängt von der
konkreten Anwendung ab.
Abb. 1.11 und Abb. 1.12 zeigen zwei
Beispiele für eine fassadenintegrierte Energieerzeugung.
Abb. 1.11: Fotovoltaikfassade
1.4.4 Ökobilanzierung von Typenhallen
Die Ökobilanzierung ist durch die Einführung des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges
Bauen (DGNB) zu einem festen Bestandteil der
Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden
geworden.
Im Rahmen der Pilotphasen zur Bewertung
und Zertifizierung von Industrie- und Gewerbegebäuden sind 2009 in Deutschland erstmals
auch Ökobilanzen dieser Gebäudearten nach
DGNB-Standard erstellt worden. Um Erkenntnisse über die Umweltauswirkungen verschiedener Bauweisen für Tragwerk und Gebäudehülle
im Industrie- und Gewerbebau zu erlangen,
wurden im Rahmen einer Studie im Auftrag von
>>bauforumstahl e.V. verschiedene Konstruktionsarten untersucht [21]. Da ein Vergleich der
Umweltleistung verschiedener Konstruktionen
nur auf Bauwerksebene im Bauwerkskontext
sinnvoll und aussagekräftig ist, wurde als Untersuchungsobjekt eine vereinfachte Typenhalle
Abb. 1.12: Luftkollektorfassade
17
Dokumentation 568
[22] in verschiedenen Ausführungsvarianten gewählt. Diese soll durch ihren Modellcharakter
Prinzipien und Grundsätze der Ökobilanzierung
von hallenartigen Gebäuden aufzeigen. Neben
dem in der Studie betrachteten gleichen Untersuchungsobjekt in verschiedenen Ausführungsvarianten ist eine identische Datengrundlage für
einen sinnvollen Vergleich eine Grundvoraussetzung.
Als Datenbasis für die Untersuchungen
wurde die Ökobau.dat 2009 [23] verwendet.
Ziel der Analyse war es, anhand von momentan
verfügbaren Daten und Methoden die Umweltleistung der Typenhalle in verschiedenen Varianten des Industrie- und Gewerbebaus miteinander zu vergleichen und vorhandene Unsicherheiten und den daraus resultierenden Forschungsbedarf aufzuzeigen. Es wurden Vergleiche auf Bauteilebene durchgeführt, um dann das
Gesamtgebäude in seinem gesamten Lebenszyklus inklusive der Nutzungszeit zu betrachten.
Im Bereich von Dach und Außenwand wurden die Umweltauswirkungen von verschiedenen Konstruktionsarten mit nahezu gleichem
Wärmedurchgang miteinander verglichen. Bei
den Untersuchungen auf Bauwerksebene wurde
deutlich, dass für die betrachteten Hallenvarianten mit ähnlichen wärmetechnischen Eigenschaften der Gebäudehülle etwa der gleiche
Gesamtenergiebedarf für die Herstellung und
Entsorgung der gesamten Konstruktion (Tragkonstruktion und Gebäudehülle), unabhängig
von der Konstruktionsart, benötigt wird.
Bei der Relation zwischen der benötigten
Gesamtprimärenergie für die Herstellung und
Entsorgung sowie für die Konditionierung der
untersuchten Hallenvarianten lässt sich feststellen, dass der Gesamtprimärenergiebedarf für die
Nutzungsphase auch bei verschärften energetischen Anforderungen und einem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren die dominierende Größe
darstellt.
Zukünftig gilt es, die Datenbasis für Umweltleistungen von Bauprodukten weiter auszubauen.
Zum einen müssen Daten für noch mehr Bauprodukte erfasst werden (z. B. durch die Erstellung und Verbreitung von EPDs), zum anderen
müssen für die vorhandenen Herstellungsprozesse entsprechende Informationen zum Einbau
ins Gebäude, zur Instandhaltung und Reinigung
sowie zum „End of Life“ bereitgestellt werden.
18
1.5 Zusammenfassung und Ausblick
Die Berücksichtigung der Prinzipien des
nachhaltigen Bauens ist eine wichtige Voraussetzung für zukunftsfeste Gebäude. Bei guter
integraler Planung können mit geringfügig
höheren Baukosten energieeffiziente und nachhaltige Gebäude realisiert werden.
Nachdem bis in die 1980er Jahre die Betonung auf dem Umweltschutz lag, wurde etwa
ab 1990 eine neue, deutlich erweiterte Strategie
eingeschlagen: die „nachhaltige Entwicklung“,
die darauf abstellt, die dauerhafte Sicherung
der Lebensgrundlagen auch als zentrales Handlungsfeld für die Wirtschaft zu erkennen. Dabei
spielen die Lebenszykluskosten eine wichtige
Rolle für Investoren, und Finanzdienstleister
schauen bei Immobilien sorgfältiger auf den Faktor Zeit: Bis wann ist ein Gebäude wettbewerbsfähig? Wie bleibt es in puncto Nutzung flexibel
sowie für Energie-Innovationen offen? Welchen
Wert stellt es bei Abriss und Ersatz dar?
Damit aber das geforderte Leitbild der Nachhaltigkeit wirksam werden kann, muss nachhaltiges Bauen quantifizierbar und damit nachweisbar gemacht werden. Eine Bewertung der
Qualität des nachhaltigen Bauens kann mit Hilfe
des Bewertungs- und Zertifizierungssystems der
Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
(DGNB) erfolgen.
Stahl ist einer der wichtigsten Baustoffe der
Gegenwart. Für viele Produkte, Bauteile und
Konstruktionen greift man auf die Verwendung
von Stahl zurück, um die gewünschte Leistungsfähigkeit zu erreichen. Elemente aus und mit
Stahl können bei richtiger Anwendung dazu
beitragen, energieeffiziente und nachhaltige
Gebäude herzustellen. Dabei sollten Vorteile wie
das große Recyclingpotenzial des Werkstoffes,
die leichte Rückbaubarkeit und die Wiederverwendbarkeit von Komponenten sowie die hohe
Werthaltigkeit und Langlebigkeit der Bauteile in
geeigneter Weise bei der Bewertung des nachhaltigen Bauens berücksichtigt werden. Durch
modulare Systeme aus Stahl mit hoher Materialeffizienz lassen sich zudem die Konstruktionen
leicht an die geplante Nutzungsdauer anpassen.
Aktuell steht die deutliche Erhöhung der
Energieeffizienz von Gebäuden im Mittelpunkt
der Diskussionen. Darüber hinaus gewinnen die
Aspekte der Material- und Ressourceneffizienz
bei steigenden Produktionskosten und abnehmender wirtschaftlicher Verfügbarkeit von Rohstoffen immer mehr an Bedeutung. Zukunftsweisendes und nachhaltiges Bauen bedeutet,
die ökologische, ökonomische und soziale Qualität von Bauwerken zu optimieren.
Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle
1.6 Literaturangaben
[13] www.rockwool.de
[1] Hauff, V. (Hrsg.): Unsere gemeinsame Zukunft – Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung; Eggenkamp Verlag, Greven 1987
[14] www.isover.de
[2] Leitfaden Nachhaltiges Bauen, BMVBS (Hrsg.),
Berlin 2001
[3] DIN EN ISO 14040:2009-11 „Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen“; Beuth Verlag GmbH, Berlin
[4] DIN EN ISO 14025:2010-08 „Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Typ III: Umweltdeklarationen – Grundsätze und Verfahren“;
Beuth Verlag GmbH, Berlin
[5] DIN EN 15804 (Entwurf):2008-04 „Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltdeklarationen
für Produkte – Regeln für Produktkategorien“;
Beuth Verlag GmbH, Berlin
[6] Umwelt-Produktdeklaration nach ISO 14025
„Baustähle – Offene Walzprofile und Grobbleche“, Deklarationsnummer EPD-BFS-2010111-D
[7] DIN 4109:1989-11 „Schallschutz im Hochbau – Anforderungen und Nachweise“; Beuth
Verlag GmbH, Berlin
[8] DIN 4108-3:2001-07 „Wärmeschutz und
Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung
und Ausführung“; Beuth Verlag GmbH, Berlin
[9] DIN 4108-2:2003-07 „Wärmeschutz und
Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“;
Beuth Verlag GmbH, Berlin
[15] DIN EN 13829:2001-02 „Wärmetechnisches
Verhalten von Gebäuden – Bestimmung der
Luftdurchlässigkeit von Gebäuden – Differenzdruckverfahren“; Beuth Verlag GmbH, Berlin
[16] DIN 4108-7:2001-08 „Wärmeschutz und
Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie
-beispiele“; Beuth Verlag GmbH, Berlin
[17] DIN 18542:2009-07 „Abdichten von Außenwandfugen mit imprägnierten Fugendichtungsbändern aus Schaumkunststoff – Imprägnierte
Fugendichtungsbänder – Anforderungen und
Prüfung“; Beuth Verlag GmbH, Berlin
[18] IFBS-Fachinformation 4.02:2004-11 „Fugendichtheit im Stahlleichtbau“; IFBS e.V., Düsseldorf
[19] DIN EN 12114:2000-04 „Wärmetechnisches
Verhalten von Gebäuden – Luftdurchlässigkeit
von Bauteilen – Laborprüfverfahren“; Beuth
Verlag GmbH, Berlin
[20] Kuhnhenne, M.: Energetische Qualität
von Gebäudehüllen in Stahl-Sandwichbauweise;
Dissertation, Aachen 2009
[21] Kuhnhenne, M.; Döring, B.; Kocker, R.;
Pyschny, D.; Feldmann, M.: Die Ökobilanz als
Baustein der Nachhaltigkeitsbewertung im Industrie- und Gewerbebau; Stahlbau 6 (2010),
S. 439–447
[22] Kocker, R.; Möller, R.: Typenhallen aus
Stahl; >>bauforumstahl e.V., Düsseldorf 2009
[10] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik
bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung –
EnEV) vom 30.04.2009; BGBl. I, S. 954, 2009
[23] Ökobau.dat 2009: Ökobilanz-Datengrundlage für das Gütesiegel Nachhaltiges Bauen;
www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-undgebaeudedaten/oekobaudat.html
[11] IFBS-Fachinformation 4.03:2010-03 „Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise“;
IFBS e.V., Düsseldorf
1.7 Bildquellen
[12] IFBS-Fachinformation 4.05:2006-06 „Ermittlung der Wärmeverluste an zweischaligen Dachund Wandaufbauten“; IFBS e.V., Düsseldorf
Abb. 1.5, 1.6: IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V.
Abb. 1.7: Deutsche Rockwool Mineralwolle
GmbH & Co. OHG, Saint-Gobain Isover G+H AG
Abb. 1.9, 1.12: Markus Kuhnhenne
Abb. 1.11: ThyssenKrupp Steel Europe AG
19
Dokumentation 568
2 Leicht und stabil –
Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand
Dipl.-Ing. Matthias Köhler
2.1 Einleitung
Bauelemente aus Stahlblech – was verbirgt
sich dahinter? Was haben diese Produkte mit
Bauen im Bestand zu tun? Diese Fragen werden
immer wieder gestellt, da ein Zusammenhang
zwischen der massiven Ausführung von Bestandsbauten und der empfundenen Leichtigkeit von
Industrie- und Gewerbebauten selten gesehen
wird. Doch gerade in der Kombination der Bauweisen und Baustoffe liegen die Vorteile des
Stahlleichtbaus (Abb. 2.1).
In diesem Beitrag sollen besonders die Bauweisen und Bauelemente betrachtet werden,
bei denen entgegen der üblichen Anwendung
im Industrie- und Gewerbebau als Gebäudehülle der Mehrwert für neue Einsatzgebiete im
Vordergrund steht. Dabei stellt sich auch die
Frage des „nachhaltigen Bauens“, das immer
mehr in der wirtschaftlichen Betrachtung berücksichtigt werden muss und im Bauwesen
zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Verknüpfung von Nachhaltigkeit mit dem Bauen
im Bestand wird im Folgenden dargestellt.
2.2 Bauen im Bestand – Nachhaltigkeit
Ist das Bauen im Bestand eine nachhaltige
Bauweise? Um diese Frage zu beantworten, sind
die Begriffe etwas näher zu analysieren. Beim
Abb. 2.1:
Hochwärmedämmende Fassaden vereinen
Leichtigkeit,
Stabilität und
energetische
Effizienz
20
nachhaltigen Bauen werden bereits in der Planungsphase und bei der Auswahl der Baustoffe
Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit
wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet.
Eine wichtige Rolle kommt dabei dem schonenden Verbrauch natürlicher Ressourcen zu. Der
sparsame Umgang mit zur Verfügung stehenden
endlichen Rohstoffen betrifft dabei nicht nur
den effektiven Einsatz neuer Baustoffe, sondern
auch die Nutzung von bestehenden Objekten.
Das heißt, wir sprechen nicht nur vom Einsatz
großer Stoff- und Energieströme, sondern ebenfalls von der Flächeninanspruchnahme im Bauwesen, die unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ebenfalls gering ausfallen sollte.
Diese Faktoren können und müssen aktiv
in der Planung und bei einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise berücksichtigt werden, denn
das Bauen und Nutzen von Gebäuden hat erheblichen Einfluss auf unsere Umwelt. Hier ist der
Begriff des „nachhaltigen Bauens“ unmittelbar
mit dem Bauen im Bestand verknüpft. Es müssen
Lösungen und Konzepte erarbeitet werden, die
ökologisch verträglich und ökonomisch akzeptabel sind. Das Schutzziel, stoffliche und energetische Ressourcen einzusparen, bringt Vorteile
im Hinblick auf Ökonomie und Ökologie. Das
größte Einsparungspotenzial lässt sich durch
eine Fokussierung auf Bestandsbauten erbringen.
Der Lebenszyklus eines Bauwerkes im Abschnitt
der Nutzungsphase wird so wesentlich verlängert.
Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand
Eine Erhaltung und Modernisierung des Gebäudebestandes steigert die Langlebigkeit und fördert
somit die Nachhaltigkeit.
Ein weiterer Vorteil des Bauens im Bestand,
im Bezug auf die Nachhaltigkeit, ist nicht nur
die Erhöhung der Funktionalität des Bauwerkes,
sondern auch das Einsparungspotenzial durch
die Erschließung neuer Nutzungsflächen.
2.3 Aufgabenstellung und Anforderungen
Im Industrie- und Gewerbebau, im öffentlichen Bau sowie im privaten Wohnungsbau
werden die Anforderungen an das Bauen im
Bestand unterschiedlich betrachtet. Unterschiedliche Baumaßnahmen finden dabei Berücksichtigung:
– Modernisierung
– Instandhaltung
– Sanierung
– Werterhaltung
– Wertsteigerung
– Umnutzung
Dabei reichen die auszuführenden Maßnahmen von der einfachen Sanierung einer
Dacheindeckung bis zu der vollständigen Entkernung und dem Wiederaufbau des Gebäudes
(Abb. 2.2).
Da die Einbindung der Bestandsbauten in
die bestehende Bebauung und Infrastruktur einer
anderen Auswahl an Baumaterialien und Bautechniken bedarf, ergeben sich für Planer und
Ausführende neue, andere Aufgabenstellungen
und Herausforderungen als beim Neubau. Im
Vordergrund für eine detaillierte Planung stehen
folgende Schwerpunkte:
– Analyse der Bausubstanz und
der architektonischen Gestaltung
– Analyse der Infrastruktur und
der Umgebungsbedingungen
– Konzept der Bestandseinbindung
in die bestehende Bebauung
– Sicherung und Erhaltung der Gebäudeteile
– Auswahl geeigneter Materialien und
Baustoffe
– Planung der bautechnischen Ausführung
Das heißt, beim Bauen im Bestand liegen die
Prioritäten nicht auf der Erhaltung des Lebenszykluss der Gebäude, sondern auf einer effektiven und wirtschaftlichen baulichen Umgestaltung. Bereits heute wird über die Hälfte des
jährlichen Bauvolumens im Bestand ausgeführt.
Dabei kommt der Stahlbauweise eine große
Bedeutung zu.
Die spezifischen Materialeigenschaften des
Baustoffes Stahl sorgen dafür, dass Gebäude all
jene Anforderungen erfüllen, die an eine nachhaltige Bauweise gestellt werden.
Die Forderung der Erhaltung bestehender
Gebäudeelemente sowie die Integration neuer
Bausysteme zum Erhalt oder zur Erweiterung
der Funktionalität bedarf geänderter Verarbeitungstechnologien. Traditionelle Baumethoden
sind oft aus technischen Gründen nur bedingt
für die Sanierung und Modernisierung geeignet.
Stahlkonstruktionen hingegen sind aufgrund der
Vielseitigkeit des Materials Stahl und der ausgereiften Verarbeitungstechnologie von großem
Vorteil. Durch die Flexibilität in Verbindung
mit ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften sind diese Systeme mit Bestandsmaterialien
hervorragend kombinierbar.
Abb. 2.2:
Modernisierung
und Erweiterung
eines Museums
mit Bauelementen aus Stahl
2.4 Vorteile von Stahlblechkonstruktionen
Stahlprofile und Bauelemente aus Stahlblech
können trotz ihrer leichten und schlanken Struktur hohe Lasten aufnehmen und große Spannweiten überbrücken. Das geringe Eigengewicht
erlaubt eine wirtschaftliche Bauweise, wenn
es um die Ertüchtigung oder Erweiterung von
bestehender Bausubstanz geht. Die zusätzlichen Belastungen für bestehende Fundamente,
Decken und Fassaden werden gering gehalten.
Somit können nicht nur denkmalgeschützte Bauwerke umgenutzt, sondern auch Gewerbe- und
Industriebauten, Schulen sowie Krankenhäuser
effektiv durch eine Erweiterung der Nutzung
aufgewertet werden.
Für ein effizientes Bauen im Bestand ist die
Abstimmung der einzusetzenden Baumaterialien
eine Herausforderung, bei der die unterschiedlichen Eigenschaften und Vorzüge berücksich21
Dokumentation 568
Folgende Faktoren lassen sich dabei unterteilen:
Architektonische Gestaltung
– Filigrane, leichte Konstruktionen
– Große Gestaltungsfreiheit
– Kleine Flächenquerschnitte
– Innovative Formgebung
– Gute Kombinierbarkeit mit anderen Baustoffen
Nutzungsaspekte
– Große Spannweiten
– Stützenfreie Flächen
– Flexible Raumgestaltung
– Leichte Modernisierung
– Langlebige Baustruktur
Bauprozessmanagement
– Hoher Grad an Typisierung, Vorfertigung
– Einsatz von Systembauteilen
– Effizientes Zeit-/Kostenmanagement
– Industrielle Qualitätssicherung
Abb. 2.3: Saniertes Bestandsgebäude und moderner
Anbau mit Fassade aus wetterfestem Baustahl –
Jakob-Kemenate in Braunschweig
tigt werden müssen. Die neuen Materialien müssen in Kombination mit dem Bestand eine wirkungsvolle, langfristige Haltbarkeit garantieren.
2.4.1 Kombination von Bestandsund Sanierungsmaterialien
Für den Baustoff Stahl spricht seine sehr
große Kombinationsfähigkeit und Variabilität.
Das heißt, dieses Material ist durch seine Beschaffenheit mit allen traditionellen Materialien
kombinierbar und ergänzt die Bausubstanz wirkungsvoll. Stahlkonstruktionen und besonders
Stahlleichtbausysteme lassen sich unterschiedlich beurteilen und beweisen ihre Vorteile auf
vielfältigste Art.
Bestand
Mauerwerk
Holz
Neue Materialien für Sanierung
Mauerwerk
Holz
Beton
Stahl
+
+
+
++
+
Beton
Stahl
Abb. 2.4: Eignung von Stahlprodukten als
Sanierungsbaustoff
22
Abb. 2.5: Schlanke Tragwerke für neue Freiräume
++
+
++
++
Abb. 2.6: Hoher Grad an Typisierung und Vorfertigung der
Bauelemente für eine schnelle, einfache Montage
Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand
–
–
–
–
Kurze Bauzeit
Geringer Transportaufwand
Demontage und Wiederverwendung
Reversible Rückgewinnung
Rentabilitätsbetrachtung
– Schnelle Nutzung durch kurze Bauzeit
– Geringes Finanzierungskapital
– Effizientes Raumnutzungsverhältnis
– Freie Umnutzung und Gestaltung
– Lange Nutzungsdauer
– Kostenreduktion bei Demontage
– Hohe Recyclinggewinne
Umweltschonende Aspekte
– Industrielle Herstellung
– Geringe Emissionen bauseits
– Trockenbauweise und Montage
– Geringer Flächenbedarf bauseits
– Weniger Transportaufwand
– 100%iges Recycling
Abb. 2.7: Einbau eines Stahlleichtbausystems in eine alte
Werkhalle – Umnutzung in Büroräume
2.5 Einsatzbereiche
Die aufgeführten Vorteile der Stahlleichtbauweise begründen den effektiven und wirtschaftlichen Einsatz im Gebäudebestand. Bei
der Sanierung, Modernisierung bzw. Revitalisierung von bestehender Gebäudesubstanz müssen
die einzelnen Aufgabenbereiche unterschieden
werden, da darauf das Stahlleichtbausystem abgestimmt wird.
Ein Bereich sind komplette Sanierungen.
Hier ist die vorhandene Bausubstanz stark beeinträchtigt und teilweise zerstört. Bei diesen
Gebäuden handelt es sich in der Regel um unter
Denkmalschutz stehende, bauhistorische Objekte – sogenannte Kulturbauten. Das architektonische Sanierungsergebnis ist eine Mischung
aus Kulturerbe und Moderne. Es besteht die
Anforderung, leichte Konstruktionen mit bestehenden Fundamenten und tragenden Wänden
zu kombinieren. Die äußeren Fassadenansichten
bleiben in ihrer Substanz erhalten. Die Gebäude
werden statisch und bauphysikalisch ertüchtigt
sowie einer neuen Nutzung zugeführt.
Eine weitere Bauaufgabe sind Modernisierungsmaßnahmen. Dabei besteht der Anspruch,
die vorhandene Bausubstanz nicht nur optisch
aufzuwerten, sondern insbesondere die bauphysikalischen Eigenschaften des Gebäudes zu
verbessern. Modernisierungen werden auch
durch Umnutzungen oder Erweiterungen notwendig, da hier die neuen energetischen Anforderungen umgesetzt werden müssen.
Für die Erhöhung der Nutzfläche sowie die
Ergänzung und Verstärkung der Gebäudestruktur können Stützen und Träger entfernt, hinzugefügt, versetzt oder verstärkt werden. Hier
spielt insbesondere die hohe Tragfähigkeit der
Stahlsysteme eine positive Rolle.
2.5.1 Stahlleichtbausysteme
Mit der gezielten Anwendung und Kombination von leichten Bauelementen aus dünnwandigem Stahlblech für Dach, Wand und Decke ist
eine wirtschaftliche Sanierung und Modernisierung durchzuführen. Die Vorteile dieser Produkte ermöglichen eine Kombination von wirtschaftlichem Einsatz, energiesparendem Bauen
und architektonischer Gestaltung.
Abb. 2.8: Industrielle Vorfertigung der Bauteile ermöglicht
eine weitgehend emissionsfreie Montage
23
Dokumentation 568
Abb. 2.9: Stahldachpfannen für die Handmontage
Entsprechend der durchzuführenden Baumaßnahme und dem jeweiligen Gebäudeteil
können verschiedene Produktgruppen zur Anwendung kommen. Im Allgemeinen ist die Gebäudehülle mit Dach und Fassade als wesentlicher Bestandteil der Sanierung zu betrachten.
Hier werden gleichzeitig Anforderungen an die
Bauphysik als auch an eine optisch hochwertige
Lösung gestellt.
2.5.1.1 Dachsanierung:
Stahltrapezprofile und Stahl-Sandwichpaneele werden gleichzeitig als tragendes, gedämmtes Dachsystem und für einen effektiven
Witterungsschutz angewendet. Die große, freitragende Spannweite ermöglicht einen wirtschaftlichen Materialeinsatz.
Stahldachpfannen sind eine kostengünstige,
leichte Dacheindeckung für eine wetterdichte
Gebäudesicherung. Die Pfannenprofile werden
in unterschiedlicher Optik und Struktur hergestellt und vereinen hohe Stabilität und Sturmsicherheit. Die hochwertige, farbige Kunststoffbeschichtung der feuerverzinkten, nur 0,5 mm
dicken Stahlbleche verbindet Langlebigkeit und
optische Eleganz (Abb. 2.9).
Ein weiterer Aspekt des nachhaltigen Bauens ist die Nutzung vorhandener Dachflächen
für die Energiegewinnung. Hier besteht ein
enormes Potenzial für die Schonung natürlicher
Ressourcen. Die zusätzliche Installation von
Fotovoltaikanlagen belastet die Dachkonstruk-
Abb. 2.11: Wandaufbau mit Vorhangfassaden aus
Stahlleichtbauelementen
Abb. 2.12: Vorhangfassaden aus hochwertigen Stahlleichtbauelementen für eine energetische Gebäudesanierung
Stahlbleche bieten für das
Bauen im Bestand folgende Vorteile:
– geringes Eigengewicht
– hohe Tragfähigkeit
– große Spannweiten
– angepasste Formgebung
– hoher Vorfertigungsgrad
– schnelle Montage
– effektiver Witterungsschutz
– optische Eleganz
– lange Nutzungsdauer
– vollständiges Recycling
24
Abb. 2.10: Installation einer Fotovoltaikanlage auf
tragenden Stahltrapezprofilen
Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand
Abb. 2.13: Schematische Einbindung einer Stahlverbunddecke in das Bestandsgebäudes
Abb. 2.14: Einbau der neuen Stahlverbundzwischendecke
tion zusätzlich. Daher ist die Kombination von
Solarmodulen und Stahlleichtbausystemen eine
wirtschaftliche Alternative (Abb. 2.10).
2.5.1.2 Fassadensanierung
Stahltrapezprofile, Stahl-Sandwichpaneele
oder Sidings werden als raumabschließendes
System integriert. Unterschiedliche Profilformen,
Farben und Oberflächen lassen der architektonischen Gestaltung freien Lauf. Es lassen sich
energetische Einsparungen effektvoll mit optischen Ansprüchen kombinieren (Abb. 2.11,
2.12).
So wie Stahlleichtbausysteme in der Gebäudehülle ihren Einsatz finden, sind sie für
den Innenausbau ebenfalls hervorragend geeignet. Gerade im Zusammenspiel zwischen existierender Bausubstanz und einer Verstärkung
bzw. Erneuerung der Decken kommen die Vorteile von Stahlverbunddecken zur Geltung. Die
schlanken, tragfähigen Bausysteme lassen sich
montagefreundlich auch bei komplizierten Sanierungen einsetzen. Besonders bei der Schaffung
neuer Zwischenebenen und neuer Geschosse
oder bei Aufstockungen sind diese Bausysteme
wirtschaftlich (Abb. 2.13, 2.14).
2.5.2 Sanierungsbereiche
Eine weitere Unterscheidung der anzuwendenden Systeme wird nicht allein durch die Anwendung getroffen. Unterschiedliche bauliche
Anlagen bedürfen einer speziellen Sanierungsmaßnahme mit geeigneten Produkten.
2.5.2.1 Sanierung alter Industrieanlagen
Bei der Sanierung alter, innerstädtischer
Industrieanlagen werden große Flächen einer
neuen Nutzung zugeführt. Im Vordergrund stehen die städtebaulichen Aspekte. Für Neubaumaßnahmen sind die Platzverhältnisse nicht
ausreichend. Angestrebt wird der Erhalt historischer, prägnanter Zweckbauten. Diese großen
Industrieanlagen formten oftmals die Entwicklung ganzer Städte und sind als kulturelles Geschichtsgut zu erhalten. Sanierungsziel ist die Umwandlung zu Bürogebäuden, Apartmentanlagen
oder Einkaufszentren. Die Stahlleichtbauprodukte kommen dabei für die Gestaltung der Gebäudehülle sowie als neue, tragende Zwischendecken zum wirtschaftlichen Einsatz (Abb. 2.15).
Abb. 2.15:
Aufstockung
alter Silotürme –
Erweiterung der
Küppersmühle
in Duisburg von
Herzog & de
Meuren
2.5.2.2 Sanierung historischer Gebäude
Bei historischen Gebäuden sprechen wir
von Museen, Burgen, Schlössern und Kirchen.
Auch hier wird die Kombinierbarkeit des Baustoffes Stahl mit den historischen Materialien
25
Dokumentation 568
Abb. 2.17: Sanierung einer alten Seniorenresidenz mit
Stahlverbund-Zwischendecken in Erfurt
Abb. 2.16:
Kombination von
alt und neu mit
einem neuen
Tragsystem und
leichte Deckenstrukturen aus
Stahl
zum Erhalt bzw. zur Steigerung der tragenden
Bausubstanz genutzt. Diese Bauwerke haben
nach außen hin einen eindrucksvollen gestalterischen Charakter, der erhalten bleiben soll.
Die Fassade, als optisches Erscheinungsbild einer
vergangenen Epoche, wird nur teilweise energetisch ertüchtigt. Die wesentliche Erneuerung
vollzieht sich im Innern der Gebäude. Da die
Bausubstanz nicht zusätzlich belastet werden
darf, sind schlanke, leichte Konstruktionen auch
für das Dach notwendig. Dazu bieten sich Stahldachpfannen als leichte, aber dennoch optisch
anspruchsvolle Bauteile an. Eine neue vertikale
und horizontale Raumstruktur wird dem zeitgemäßen Nutzungskonzept angepasst und durch
Verbunddecken mit geringem Gewicht realisiert. Die neue Raumstruktur harmoniert mit
den ursprünglichen Elementen (Abb. 2.16).
2.5.2.3 Sanierung öffentlicher Gebäude
Viele Kulturbauten wie Theater, Museen
oder Versammlungsstätten, die vor 30 bis 40
Jahren gebaut wurden, entsprechen in ihrer
Raumaufteilung oder der akustischen Ausrichtung nicht mehr den heutigen Anforderungen.
Hier sind Umbaumaßnahmen vorzunehmen,
die eine Wohlfühlatmosphäre für die Besucher
schaffen sollen. Dies kann die Erweiterung der
Räumlichkeiten sein oder die komplette Erneuerung der Bausubstanz. Die bauphysikalischen
Besonderheiten dieser Gebäude, wie zum Beispiel das Akustikverhalten und die Resonanz
der Baukörper, sind bei der Raumgestaltung zu
beachten und verlangen spezielle Sanierungskonzepte. Die Entkopplung und Schwingungsfreiheit von Stahldeckensystemen lassen sich
mit Stahlkonstruktionen in unterschiedlichen
Kombinationen effektiv lösen (Abb. 2.17).
26
2.5.2.4 Sanierung von Wohngebäuden
Der zahlenmäßig größte Anteil von innerstädtischen Objekten mit alter Bausubstanz ist
dem Wohnungsbau zuzurechnen. Hier zeigt
sich ein enormes Sanierungspotenzial, bei dem
Bauelemente aus Stahlblech ihre volle Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen können. Im Wohnungsbau sind traditionelle Bauweisen prägend.
Neue Systeme oder Produkte werden hauptsächlich aus gestalterischen und architektonischen Gründen eingesetzt. Sichtbare Stahlsysteme dienen aber nicht nur gestalterischen
Zwecken. Die filigrane, leichte Struktur begünstigt auch maßgeblich die Stabilisierung und die
Gebäudeaussteifung. Der Umbau im Wohnungsbau reicht von der neuen Dacheindeckung bis
zu der vollständigen Entkernung und dem mehrgeschossigen inneren Neuaufbau. Schlanke und
leichte Stahlverbunddecken eröffnen ein neues
Raumgefühl und schaffen einen höheren Nutzungsgrad.
Abb. 2.18: Hochwertige Stahldachpfannen für
die Sanierung im Wohnungsbestand
Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand
Abb. 2.19: Fassade mit Montageöffnung für das Einbringen
der Stahlbauteile
Abb. 2.20: Unterkonstruktion für die Montage der Stahlverbunddecken
Für die energetische Sanierung kommen gedämmte Fassadensysteme zum Einsatz. Hier können bestehende Massivwände durch vorgehängte,
hinterlüftete Metallfassaden aufgewertet werden.
Ein wesentlicher Bereich für die Anwendung
von Stahlleichtbauelementen sind die Dächer.
Wirtschaftliche Stahldachpfannen ermöglichen
die Nutzung von vorhandenen Dachstühlen
ohne zusätzliche Verstärkung, da die neue Eindeckung eine geringe Eigenlast aufweist. Die Umsetzung der energetischen Anforderungen bedarf
keines aufwendigen Eingriffs in die bestehende
Bausubstanz. Stahldachpfannen sind feuerverzinkt
und mit einer hochwertigen, farblichen Kunststoffbeschichtung versehen. Die Verschraubung
der Pfannen an der Unterkonstruktion bietet
Sturmsicherheit und ermöglicht eine lange Nutzungsdauer. Das geringe Eigengewicht ist auch
bei Aufstockungen im Wohnungsbau von Vorteil, da keine hohen Zusatzlasten in der Gebäudestruktur abgeleitet werden müssen (Abb. 2.18).
2.6 Beispiele für Sanierungen
Abb. 2.21: Aufstockung der historischen
Bausubstanz mit einer Stahlkonstruktion
Im Nachfolgenden werden Beispiele für den
Einsatz von Stahlleichtbauelementen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen vorgestellt:
2.6.1 Industrieanlagen
Nach der Entkernung einer alten Produktionshalle in Wittenberg und dem Einbau von
Stahlverbund-Zwischendecken entstehen neue
Verkaufsräume in dem sanierten Gebäude
(Abb. 2.19, 2.20).
2.6.2 Historische Gebäude
Das alte Burgmuseum in Halle (Saale) erhält
nach der Sanierung erweiterte Ausstellungsflächen (Abb. 2.21, 2.22, 2.23).
Abb. 2.22: Einbau von neuen Zwischendecken durch Lastabtragung über die
Dachebene in das Bestandsgebäude
Abb. 2.23: Museumsgebäude
im fertiggestellten Zustand
27
Dokumentation 568
2.6.3 Öffentliche Gebäude
Ein altes und nicht mehr zeitgemäßes Schulgebäude in Pößneck wird vollständig saniert
und in eine Bibliothek umgenutzt (Abb. 2.24).
2.6.4 Wohngebäude
Abb. 2.24: Neue Zwischendecken aus Stahlverbundsystemen in sichtbarer Ausführung
Abb. 2.25: Wohnhaus vor der Sanierung der Dachflächen
28
Durch den Einsatz leichter Stahldachpfannen konnte der Dachstuhl des Wohnhauses
ohne Verstärkungen weitergenutzt werden
(Abb. 2.25, 2.26).
Auch für anspruchsvolle Dachflächen im
mehrgeschossigen Wohnungsbau mit Gauben
und Versprüngen eignen sich Stahldachpfannen
für die Dachsanierung (Abb. 2.27).
Abb. 2.26: Nach der Sanierung der Dachflächen mit rot
beschichteten Stahldachpfannen
Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand
Abb. 2.27: Mehrfamilienhaus nach der Sanierung der
Dachflächen mit Stahldachpfannen
Abb. 2.28: Einbau einer neuen Decke mit tragenden Stahlverbundelementen in ein altes Schulgebäude
Eine alte Schule in Markkleeberg wurde mit
Stahlverbunddecken ertüchtigt und in Wohnraum umgenutzt (Abb. 2.28).
2.8 Literaturangaben
2.7 Zusammenfassung
Dokumentation 591 „Bauen im Bestand –
Lösungen in Stahl-Leichtbauweise“;
Stahl-Informations-Zentrum, Düsseldorf 2007
Stahlleichtbausysteme eignen sich hervorragend für alle Anforderungen des Bauens im
Bestand. Ihre Einsatzgebiete sind der Industrieund Gewerbebau, der öffentliche Bau sowie
der Wohnungsbau. Das Anwendungsspektrum
reicht von der einfachen Sanierung einer Dacheindeckung bis zur anspruchsvollen Komplettsanierung von Kulturbauten. Die Wirtschaftlichkeit der Systeme beruht im Wesentlichen auf
dem geringen Eigenwicht im Verhältnis zur
großen Stabilität. Dabei lässt sich der Baustoff
Stahl hervorragend mit anderen Materialien des
Bestandbaus kombinieren. Ein hoher Vorfertigungsgrad sowie die Lieferung abgestimmter
Systemkomponenten von der stählernen Tragstruktur bis zu Stahlleichtbauelementen ermöglichen eine effektive und schnelle Montage.
Im Sinne der Nachhaltigkeit ist nicht nur
die hohe Rohstoff- und Energieeffizienz bei der
Herstellung, sondern insbesondere auch das
100%ige Rohstoffrecycling. Stahl kann durch
Recycling immer wieder als vollwertiger Baustoff in gleichbleibend hoher Qualität neu eingesetzt werden.
Bauen im Bestand mit Stahlprofilen,
ArcelorMittal
Dokumentation 594 „Werte bewahren mit
Stahl – Neues Bauen im Bestand“;
Stahl-Informations-Zentrum, Düsseldorf 2006
2.9 Bildquellen
Abb. 2.1: GOLDBECK GmbH
Abb. 2.2, 2.6, 2.11 bis 2.14, 2.16, 2.17,
2.19 bis 2.24, 2.28: ArcelorMittal
Abb. 2.3: Fotoarchiv jakob-kemenate
Abb. 2.5: James van Leuwen
Abb. 2.7: Protektorwerk Florenz Maisch
GmbH & Co. KG
Abb. 2.8: TSB-Ingenieurgesellschaft mbH
Abb. 2,9, 2.18, 2.25, 2.26, 2.27: Stahl-Informations-Zentrum
Abb. 2.10: Phillipp Zinniker
Abb. 2.15: Herzog & de Meuron
29
Dokumentation 568
3 Standardisiert und schnell montiert –
Typenhallen aus Walzprofilen
Dipl.-Ing. Ronald Kocker
Abb. 3.1:
Gestaltungsbeispiel für eine
Typenhalle aus
Stahl
3.1 Einleitung
Im Industrie- und Gewerbebau fehlte es bisher an standardisierten Lösungen zur praxisorientierten und wirtschaftlichen Realisierung
kleiner und mittelgroßer Stahlhallen. Die Organisation ››bauforumstahl e.V. schließt diese Lücke
und bietet Architekten, Bauherren und ausführenden Unternehmen typengeprüfte Tragwerks-
Abb. 3.2:
Typenhallen aus
Walzprofilen –
Spannweitenvarianten
30
konzepte für 18 unterschiedliche Standardhallen
für Spannweiten von 12 m, 15 m und 20 m an.
Statische Berechnung, Übersichts-, Fertigungsund Montagepläne werden zur Verfügung gestellt. Damit kann man auf ausführungsreife
Unterlagen zurückgreifen, die es ermöglichen,
Stahlhallen bis zu einer Größe von 1.200 m2
ohne weiteren Planungsaufwand in kurzer Zeit
zu errichten.
Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen
Die Konstruktion besteht aus elementierten,
gewalzten Stahlprofilen, die in der Werkstatt
vorgefertigt und anschließend auf der Baustelle
montiert werden. Eine Kranbahn lässt sich integrieren. Die Ausbildung von Dach und Fassade
ist auf die Anforderungen der EnEV 2009 abgestimmt und weitgehend frei wählbar. Als statische Systeme stehen Zweigelenkrahmen oder
gelenkig an eingespannte Stützen angeschlossene Binder zur Verfügung. Grundlage der konstruktiven Durchbildung des Tragwerks ist die
Minimierung des Fertigungs- und Montageaufwands bei optimalem Materialeinsatz.
Die Typenentwürfe können unter
www.bauforumstahl.de kostenfrei angefordert
werden.
Abb. 3.3: Isometrie – Tragkonstruktion mit Kranbahn
3.2 Einsatzbereiche, Ausführung und
Anforderungen
Die Standardhallen eignen sich für nahezu
alle Nutzungen. Da sich die Typenprüfung auf
geschlossene Hallen bezieht, können diese sowohl wärmegedämmt als auch ungedämmt ausgeführt werden.
Die Fassadengestaltung kann der Nutzung
entsprechend angepasst werden. Dazu stellt die
Industrie eine breite Einsatzpalette von Bauelementen wie Sandwichelementen, Stahltrapezund Kassettenprofilen sowie Paneelen in unterschiedlichen Ausführungen zur Verfügung.
Die Hallen schließen an Einzelfundamente
an. Tragreserven aufgrund der Anbindung an
eine Bodenplatte sind nicht berücksichtigt. Daher kann die Fußbodenausbildung frei gewählt
werden.
Die erforderlichen Korrosionsschutzmaßnahmen für den Stahlbau sind in DIN EN ISO
12944 geregelt. Der Korrosionsschutz für die
Hüllelemente wird in DIN 18807-T1 mit Verweisen auf entsprechende Zulassungsbescheide
behandelt. Für tragende dünnwandige Bauteile
gilt DIN 55634. Beheizte Hallen, in deren Innenraum die Luftfeuchtigkeit im Jahresmittel nicht
höher als 60 % ist, benötigen in der Regel keinen
Korrosionsschutz.
Abb. 3.4:
Gestaltungsbeispiel für eine
Hallenfassade
31
Dokumentation 568
– Einfache Erfüllung der Anforderungen der
EnEV 2009
– Freie Wahl der Fußbodenausbildung
– Schnelle und einfache Erweiterbarkeit in alle
Richtungen durch modularen Aufbau
3.3.2 Kosten und Nutzung
Abb. 3.5: Hallenbinder – Korrosionsschutz durch
Feuerverzinken
Bei Hallen bis 1.600 m2 kann der Brandschutz nach dem vereinfachten Verfahren der
„Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau, Ausgabe 03/2000 (Muster-Industriebaurichtlinie)“ nachgewiesen werden. Darin wird sinngemäß ausgeführt, dass an
Industriehallen bis zu dieser Größe im Allgemeinen keine Brandschutzanforderungen gestellt werden. Daher fallen in der Regel für die
hier vorgestellten Typenhallen keine Kosten für
Brandschutzmaßnahmen an.
3.3.3 Bauausführung
Typengeprüfte Stahlhallen bieten Bauherren,
Architekten, Tragwerksplanern und ausführenden Firmen eine Vielzahl von Vorteilen.
– Der Einsatz gängiger Stahlsorten und Profilgrößen sichert deren kurzfristige Verfügbarkeit
– Schnelle, passgenaue Fertigung durch Standardisierung und Minimierung der Anschlüsse
– Hoher Automatisierungsgrad in der Fertigung
(Stahlbaufirma)
– Geringe Anzahl von Montageelementen, kleine
Baugruppengewichte mit geringen Abmessungen
– Reduzierter Transportaufwand durch leichte,
filigrane Bauteile
– Geringer Erdaushub erforderlich
– Kleine Einzelfundamente
– Minimale Krankapazitäten erforderlich
– Schnelle Montage durch einfache Verbindungen und ebene Außenflächen
3.3.1 Planung und Gestaltung
3.3.4 Umweltaspekte
– Kurze Planungs- und Bauzeiten dank typengeprüfter Planungsunterlagen
– Lastannahmen für Schnee und Wind decken
ca. 90 % aller möglichen Standorte in Deutschland ab
– Hohe Qualität und Maßgenauigkeit durch Vorfertigung in der Werkstatt
– Kreative Freiheit bei der Fassadengestaltung
und -ausführung
– Durch Trennung von Hüll- und Tragfunktion
volle Flexibilität bei der Anordnung von Fenstern, Toren und Lüftungen in den Dach- und
Wandflächen
– Optimale Qualitätssicherung durch Werkstattfertigung
– Geringer Flächenverbrauch durch filigrane
Bauteile
– Ressourcenschonung durch leichte Bauteile
– Geringere Emissionen durch industrielle Vorfertigung in Werkstätten
– Weniger Emissionen auf der Baustelle durch
schnelle, staubfreie Montage
– Geringere Belästigungen der Anwohner durch
Montagelärm und Transportfahrzeuge
– Kurze Bauzeiten minimieren Verkehrsbeeinträchtigungen
3.3 Vorteile typengeprüfter
Stahlhallen
32
– Extrem kurze Planungs- und Bauzeiten
– Kostenersparnis durch Bereitstellung vollständiger Planungsunterlagen
– Einfache, elementierte Vorfertigung der Tragkonstruktion in der Werkstatt
– Trockene Bauweise
– Frühe Nutzung durch den Bauherren
– Schnelle, einfache und kostengünstige Erweiterungsmöglichkeiten
– Brückenkrane bis zu 3,2 t nachrüstbar ohne
Nachweis
Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen
Abb. 3.6: Typenhalle in Würselen mit Walzprofilen – Montagezustand
– Hohes Umnutzungspotenzial durch einfache
An- und Umbauten
– Einfache Demontierbarkeit und Wiederverwendbarkeit an anderen Standorten
– 100%iges Recycling der Bauteile und Rückführung in den Werkstoffkreislauf ohne Qualitätsverlust
3.4 Ausführungsunterlagen zur
Typenprüfung
Für alle 18 typengeprüften Stahlhallen liegen
folgende Unterlagen vor:
– statische Berechnung
– Schal- und Bewehrungspläne
für die Fundamente
Abb. 3.7:
Werkstattzeichnung einer
Hallenstütze
33
Dokumentation 568
– Werkstattpläne für alle Teile der tragenden
Stahlkonstruktion
– Stücklisten einschließlich der Kleinteile
– Stahlbauübersichtspläne/Montagepläne
– Verlegepläne für Dach- und Wandelemente
– Befestigungspläne für die Dachtragschale
– Übersicht über zugelassene Dach- und Wandelemente in Tabellenform
3.5 Zeitbudget
Die Planungs- und Bauzeiten für die Typenhallen sind sehr kurz. Folgendes Zeitbudget kann
zugrunde gelegt werden:
2. Der Architekt kann sich auf ein statisch geprüftes Bauwerk stützen (typengeprüft) und
darauf seine Leistungen ausrichten. Diese
werden insbesondere die Fassadengestaltung
und die innere Nutzung betreffen. Bei Ausschreibungen zum Rohbau sowie zu Dach und
Wand kann die Organisation ››bauforumstahl
e.V. ergänzende Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen.
– Einmessen
1/2
– Abtrag des Mutterbodens
1/2 –1
– Erdaushub für Fundamente und
Frostschürzen
30 min/Fundament
30 min/Frostschürze
– Fundamente (Sauberkeitsschicht, einschalen,
bewehren, betonieren, ausschalen)
1 Tag/Fundament
– Frostschürze herstellen
(ggf. als Fertigteil vom Werk)
2 Tage/Halle
– Anarbeitung/Stahlbaufertigung
bis 5 Tage (große Halle)
1 Tag (kleine Halle)
– Stahlbaumontage Tragwerk
2–3 Tage (je nach Größe der Halle)
– Dach und Wand
Bis zu 4 Wochen (je nach Größe der Halle)
3.6 Krankapazität
3. Der Bauherr möchte i. d. R. eine schlüsselfertige Übergabe seiner Halle. Kommt der Bauunternehmer aus dem Stahlbau, sucht er sich
Partner für die übrigen Gewerke.
Die maximale Krankapazität für die Montage
wird bei der Hallenvariante mit einer Spannweite von 20 m benötigt. Sie beträgt je nach
Montagekonzept:
– max. 4,5 t für einen Riegel
– max. 5,5 t für einen kompletten Rahmen
3.7 Zehn Schritte von der Planung
bis zur fertigen Stahlhalle
1. Plant ein Bauherr die Errichtung einer kleinen
bis mittelgroßen Halle, wendet er sich in der
Regel an einen Architekten oder Bauunternehmer seiner Wahl. Beide müssen in den
Prozess eingebunden werden, der Architekt
für den kreativen Part und zur Einreichung
der Bauunterlagen – in einigen Bundesländern
34
sind auch Tragwerksplaner/Bauingenieure
vorlageberechtigt – sowie der Bauunternehmer als Ausführender.
Tag
Tag
4. Ein Bauunternehmer, der traditionell im Betonbau bzw. Mauerwerksbau zu Hause ist,
kann mit einem Stahlbauer, Schlosser oder
Metallbauer in seiner Nähe die Typenhallen
gemeinsam errichten.
5. Die Ausschreibung für den Rohbau und die
Stahltragkonstruktion kann auf Basis der
Ausführungsunterlagen zur Typenprüfung erfolgen.
6. Für die Stahlkonstruktion liegen Stücklisten
einschließlich Kleinteilen vor. Auf dieser Basis
können vorab die Materialkosten kalkuliert
werden.
Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen
7. Der Bauunternehmer bzw. Stahl-/Metallbauer
oder Schlosser bestellt auf Basis dieser Stücklisten das Material beim Stahlhändler in seiner
Nähe. Da es sich um standardmäßig vorhandene Stahlsorten und Profile handelt, ist eine
rasche Lieferung durch den Stahlhandel gesichert.
8. Die Werkstattpläne für alle Teile der tragenden Stahlkonstruktion sind Bestandteil der
Typenprüfung und können direkt für die
Fertigung eingesetzt werden.
9. Viele Stahlhändler stellen heute über die Distributionsfunktion hinaus in Service-Centern
und Anarbeitungszentren eine umfassende
Leistungspalette für ihre Kunden bereit. Mit
Fachpersonal und leistungsstarken Bearbeitungsmaschinen verfügen die Unternehmen
des Stahlhandels über ein breit gefächertes
Angebot zur Bearbeitung von Blechen, Formstählen und Rohren. Sie bieten die Anarbeitung von Stahlprodukten zu einbaufertigen
Komponenten und führen Stahlkonstruktionen im Hoch- und Brückenbau montagefertig
aus.
Bauunternehmen, kleine Stahl-/Metallbauer
und Schlosser, die über keine Bearbeitungsmaschinen verfügen und keine Kapitalbindung in Form von teuren Maschinen und
Anlagen eingehen wollen, können diese
Serviceleistung des Handels zur Anarbeitung
in Anspruch nehmen. Die Werkstattpläne der
Typenprüfung dienen auch zur Anarbeitung.
10. Auf Basis der vorliegenden Stahlbaupläne
können die Typenhallen dann innerhalb
kürzester Zeit errichtet werden.
3.8 Zusammenfassung
Die Zukunft des Bauwesens – dass gilt insbesondere für den funktionalen Gewerbebau –
liegt eindeutig beim elementierten Bauen.
Schnelle Realisierung, weitspannend, leicht
und energieeffizient, dass sind die Anforderungen, die heute an moderne Hallen gestellt
werden.
Die Typenhallen der Organisation ››bauforumstahl e. V. wurden nach diesen Grundsätzen
konzipiert. Darüber hinaus sind sie ausgesprochen wirtschaftlich.
Die Planungsunterlagen für die Typenentwürfe bieten damit erstmals auch nicht im
Stahlbau heimischen Baubeteiligten die Möglichkeit, diese vorteilhafte Bauweise für sich
zu nutzen. Genauere Informationen sind über
www.bauforumstahl.de erhältlich.
3.9 Bildquellen
Abb. 3.1: ThyssenKrupp Steel Europe AG
Abb. 3.4: Bührer & Wehling Projekt GmbH
Abb. 3.5, 3.6, 3.8: Kerschgens Stahl & mehr
GmbH
Abb. 3.8:
Typenhalle aus
Walzprofilen
für den ProKilo
Markt in Würselen – fertig
montierte Tragkonstruktion
35
Dokumentation 568
4 Innovativ und zukunftsweisend –
aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
Dr.-Ing. Ralf Podleschny
4.1 Einleitung
Die technischen Anforderungen an die Ausführung der Gebäudehülle sind einem ständigen
Wandel unterworfen. Die Gebäudehülle und damit die Produkte für Dach und Fassade bilden
den äußeren Schutz eines Gebäudes. Sie muss
den immer strengeren Anforderungen an den
Wärmeschutz angepasst werden. Die Arbeitsschutzbestimmungen werden ständig verschärft,
und der Lärmschutz der Mitarbeiter wird verbessert, ebenso wie der Schutz der umliegenden
Nachbarschaft gegen Lärmimmissionen. Auch die
Bewahrung des Gebäudes vor Schäden ist eine
Aufgabe von Dach und Wand. Eine große Gefahr
droht bei Blitzschlag, hier dient eine Gebäudehülle aus Metall als natürliche Blitzfangeinrichtung. Der Werterhalt wird durch einen sicheren
Korrosionsschutz gewährleistet – auch dies eine
Aufgabe des Stahlleichtbaus, um über Jahrzehnte die Funktion und das optische Erscheinungsbild der Gebäudehülle sicherzustellen.
In den nachfolgenden Ausführungen werden
neue Entwicklungen aus den zuvor beschriebenen Themenbereichen erläutert, um dem Planer
Hilfestellung bei der konstruktiven Arbeit mit
Bauelementen aus Stahl zu geben. Vertiefende
Informationen sind im Fachregelwerk des Metallleichtbaus des IFBS zusammengestellt. In den
folgenden Kapiteln wird auf die entsprechenden IFBS-Fachinformationen verwiesen.
4.2 Wärmeschutz
4.2.1 Grundlagen [1]
Neben den Anforderungen der Energieeinsparverordnung 2009 [2] an den Primärenergiebedarf und an die Begrenzung des Transmissionswärmetransfers gelten zusätzliche Anforderungen im Bereich von Wärmebrücken. Insbesondere die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz sowie die Berücksichtigung des zusätzlichen Wärmetransfers im thermischen Einflussbereich von Wärmebrücken haben deutliche
Auswirkungen auf die Planung und Ausführung
von Dach- und Fassadensystemen.
36
4.2.2 Wärmebrückenatlas der
Sandwichbauweise [1]
Als Wärmebrücken werden örtlich begrenzte
Stellen bezeichnet, die im Vergleich zu den angrenzenden Bauteilbereichen einen höheren
Wärmetransfer aufweisen. Der zusätzliche Wärmetransfer führt zu niedrigen Oberflächentemperaturen auf der Bauteilinnenseite im thermischen
Einflussbereich der Wärmebrücke. Dies kann zu
Tauwasser- und Schimmelpilzbildung führen.
Man unterscheidet in der Regel zwei Arten
von Wärmebrücken. Geometrisch bedingte
Wärmebrücken treten immer dort auf, wo aufgrund der Geometrie eines Bauteiles oder eines
Anschlusses einer bestimmten wärmeaufnehmenden Innenoberfläche eine größere wärmeabgebende Außenoberfläche gegenübersteht
(z. B. Gebäudekanten, Raumecken). Sind Materialien unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit
nebeneinander angeordnet, spricht man von
einer materialbedingten Wärmebrücke (z. B.
Balkonkragplatte, Durchdringung).
Werden Werkstoffe mit einer hohen Wärmeleitfähigkeit in der Gebäudehülle verwendet,
kann es zu einer Überlagerung der thermischen Einflüsse von geometrisch- und materialbedingten Wärmebrücken auf den Wärmestrom
kommen.
Bauteile aus Metall in der Wärmedämmebene
der Gebäudehülle stellen aufgrund der hohen
Wärmeleitfähigkeit metallischer Werkstoffe eine
materialbedingte Wärmebrücke dar.
Im thermischen Einflussbereich von Wärmebrücken müssen auch die Anforderungen an
den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 [3]
eingehalten werden. Außerdem muss der zusätzliche Wärmetransfer bei der Berechnung
des Primärenergiebedarfs berücksichtigt werden.
Für Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen
(12 °C bis 19 °C) stellt DIN 4108-2 lediglich
Mindestanforderungen an den Wärmedurchlasswiderstand R von Bauteilen der Gebäudehülle.
Für leichte Bauteile mit einer flächenbezogenen
Masse m’ < 100 kg/m2, d. h. für Metall-Sandwichkonstruktionen, gilt als Mindestanforderung für
den Wärmedurchlasswiderstand im Dachbereich
R ≥ 1,20 (m2 · K)/W und im Bereich der Außenwand R ≥ 0,55 (m2 · K)/W.
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
Abb. 4.1:
Isothermenbild
eines OrtgangDetails
Dicke SE [mm]
Y [W/(m · K)]
f 0,25 [–]
L mit f 0,25 < 0,7 [mm]
60
0,057
0,79
0
80
0,058
0,81
0
200
0,044
0,87
0
Aufgrund dieser immer größere Bedeutung
erlangenden gesetzlichen Verordnungen hat
der IFBS einen Wärmebrückenatlas der Sandwichbauweise [1] herausgegeben. Der Wärmebrückenatlas enthält Informationen zu den Themengebieten
– Energieeinsparverordnung
– Mindestwärmeschutz
– Wärmedurchgangskoeffizient
eines Elementes, Un SE
– Einfluss der Profilform
– Einfluss der Längsfuge DUj
79 Bauteilanschlüsse sind berechnet worden, um die Wärmebrückenwirkung und die
Einhaltung des Mindestwärmeschutzes zu untersuchen. Der Wärmebrückenatlas enthält die betrachteten Detailzeichnungen, die zugehörigen
Isothermenbilder, Angaben zu den ermittelten
längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Y und zum Mindestwärmeschutz (Abb. 4.1).
Einzelne Ergebnisse werden künftig auch in
die europäische Produktnorm für Sandwichelemente DIN EN 14509 einfließen.
Alle untersuchten Konstruktionen erfüllen
die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz
nach DIN 4108-2 für Gebäude mit niedrigen
Innentemperaturen. Die Einhaltung der Anforderungen für normale Innentemperaturen, insbesondere im Bereich von Wärmebrücken, wird
mit Hilfe numerischer Verfahren überprüft.
4.2.3 Hybridkonstruktionen
Im Zuge vermehrter Sanierungsmaßnahmen
wird eine neuartige Konstruktion für bestehende
Hallenwände interessant. Eine Hybridkonstruktion aus innerem Kassettenprofil und außenliegender Sandwichschale ermöglicht die energetische Ertüchtigung, ohne in die Betriebsabläufe
in einer Halle eingreifen zu müssen.
Der IFBS untersucht zu diesem Zweck derzeit Hybridkonstruktionen in wärme-, schallund feuchtetechnischer sowie statischer Hinsicht. Erste Ergebnisse werden hier vorgestellt.
In Abb. 4.2 ist eine klassische Kassettenwandkonstruktion und in Abb. 4.3 eine Hybridkonstruktion dargestellt.
Abb. 4.2:
Klassischer
Aufbau einer
Kassettenwand
37
Dokumentation 568
führung der neuen EnEV 2012 wird auch dieser
Aufbau nicht mehr ausreichen. Bei einer Hybridkonstruktion werden hingegen U-Werte erreicht,
die auch nach den verschärften Anforderungen
der EnEV 2012 noch Bestand haben werden
und langfristig gewährleisten, dass ein Gebäude
den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend
gedämmt ist.
Die vorgestellte Hybridkonstruktion stellt
eine Möglichkeit der energetischen Sanierung
bestehender Hallen dar. Sie bietet aber auch
Vorteile in schalltechnischer Hinsicht, die im
folgenden Kapitel erläutert werden. Besonderheiten dieser Konstruktionsweise werden dort
ebenfalls vorgestellt.
Abb. 4.3:
Hybridkonstruktion: Sandwichelement auf
Kassette
4.3 Schallschutz
Ein wie in Abb. 4.2 dargestellter klassischer
Kassettenwandaufbau, bestehend aus
– 160 mm Kassette, tN = 0,75 mm,
– 160 mm MW-Dämmung,
– Trennstreifen, Dicke 3 mm,
– Trapezprofil, tN = 0,75 mm,
ergibt einen Wärmedurchgangskoeffizienten
von Um = 0,51 W/(m2 · K) und erfüllt nicht mehr
die Anforderungen der EnEV 2009 für niedrig
beheizte Gebäude zwischen 12 °C und 19 °C.
Eine Verbesserung dieser Konstruktion besteht in der Verwendung von Mineralwolldämmungen die den Obergurt der Kassetten umfasst und so zu einer Verminderung der Wärmebrückenwirkung im Stegbereich beiträgt. Mit
dieser Konstruktion können zurzeit noch die
Kriterien der EnEV 2009 für normal beheizte
Gebäude erfüllt werden (Abb. 4.4). Mit der Ein-
Abb. 4.4:
Wärmedurchgangskoeffizient
bei verschiedenen Kassettenwandaufbauten
38
Kassettenwand
4.3.1 Grundlagen
Nach den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes [4] sind die Betreiber gewerblicher und industrieller Betriebe u. a. verpflichtet, Lärmeinwirkungen von der Nachbarschaft fernzuhalten. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkung geplanter bzw. vorhandener
Anlagen ist als Grundlage die TA Lärm [5] heranzuziehen.
Die Anforderungen an die Schallabsorption
von Industriewänden leiten sich im Allgemeinen
von Arbeitsschutzmaßnahmen ab.
Zur Gesamtbewertung der frequenzabhängigen Dämmkurve wird gemäß DIN EN ISO 717-1
[6] das bewertete Schalldämmmaß Rw durch einen rechnerischen Vergleich mit einer normierten Bezugskurve ermittelt. Das bewertete Schalldämmmaß kann bei vereinfachter Betrachtung
Um [W/m 2 · K]
Umax [W/m 2 · K] nach EnEV 2009
≥ 19 °C
≥ 12 °C
< 19 °C
160 mm Kassette, tN = 0,75 mm
Trennstreifen, Dicke 3 mm
Trapezprofil, tN = 0,75 mm
0,51
0,35
0,50
160 mm Kassette, tN = 0,75 mm
160 mm MW-Dämmung
40 mm MW-Dämmung
Trapezprofil, tN = 0,75 mm
0,27
0,35
0,50
100 mm Kassette, tN = 0,75 mm
40 mm MW-Dämmung
200 mm MW-Sandwichelement
0,16
0,35
0,50
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
wie ein mittleres Schalldämmmaß bei 500 Hz der
verschobenen Bezugskurve aufgefasst werden.
Der frequenzabhängige Schallabsorptionsgrad as wird ermittelt über Nachhallzeitmessungen im Hallraum, die mit und ohne Prüfling
erfolgen. Der Schallabsorptionsgrad ergibt sich
in vereinfachter Darstellung zu:
absorbierte Schallenergie
as = ––––––––––––––––––––––––––––––––
auftretende Schallenergie
Die Ergebnisse für den Schallabsorptionsgrad können dann z. B. unmittelbar verwendet
werden, um den Lärmpegel in einer Halle aus
Arbeitsschutzgründen abzusenken. Dies kann
durch schallabsorbierende Außenbauteile, wie
z. B. Akustikprofile mit Lochung (bei Bauten
mittlerer Höhe meist nur Dächer, bei hohen
Bauten auch Wandbereiche > 2 m über Boden),
geschehen.
Bei handelsüblichen Konstruktionen von
Industriehallenwänden und -dachaufbauten mit
Akustikprofilen werden mittlere Schallabsorptionsgrade von
as = ca. 0,6 bis 0,9
nachgewiesen. as = 1,0 würde bedeuten, dass
die Energie aller auf das Bauteil auftreffenden
Schallwellen vollständig absorbiert wird.
Metallleichtbau Werte im Wandbereich erzielt
werden, die bislang nur mit aufwendigen Mitteln, wie der zusätzlichen Einbringung von
Masse, möglich waren. Eine reine Sandwichwand
erzielt lediglich Rw-Werte im Bereich von 26 dB
(PU) bis maximal 33 dB (MW). Eine Hybridkonstruktion vereint somit die guten Wärmedämmeigenschaften einer Sandwichwand und die
guten Schalldämmeigenschaften einer Kassettenwandkonstruktion.
Eine Hybridkonstruktion ermöglicht auch
bei Verwendung von Akustikkassettenwänden
die gleichzeitige Schallabsorption im Halleninnenraum bei gleichzeitig hohen Wärmedämmund sehr guten Schalldämmwerten. Diese Kombination war bislang mit einer Akustikkassettenwand nicht zu erzielen.
4.3.3 Kassettenwandkonstruktionen –
Schalldämmung
Eine klassische Kassettenwand mit dem
Aufbau
– 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm,
– 130 mm MW-Dämmung,
– Trapezprofil, tN = 0,75 mm
erzielt ein bewertetes Schalldämmmaß von
43 dB [7].
4.3.2 Schallschutz im Metallleichtbau
Der IFBS hat in den Jahren 1999 bis 2002
umfangreiche Messreihen an insgesamt 44 Konstruktionen des Metallleichtbaus durchführen
lassen. Hierunter waren Kassettenwände mit
und ohne Distanzkonstruktion, Akustikkassettenwände, ein- und zweischalige Dächer sowie
Akustikdächer. Bei den durchgeführten Untersuchungen wurden gezielt konstruktive Parameter verändert, um deren Einfluss auf das
Schalldämmverhalten und die Schallabsorptionseigenschaften von Wand- und Dachkonstruktionen im Stahlleichtbau zu untersuchen und
deren Leistungsfähigkeit zu analysieren. Die erzielten Ergebnisse sind in einer umfangreichen
IFBS-Fachinformation, IFBS 4.06 [7], veröffentlicht worden. In dieser Fachinformation sind
neben den Analysen alle Messergebnisse in Bezug auf den konstruktiven Aufbau dargestellt.
Der Katalog der geprüften Konstruktionen
wird derzeit um die zuvor beschriebenen Hybridkonstruktionen erweitert. Die Montage von Sandwichelementen auf Kassettenprofilen, sei es zur
nachträglichen Sanierung oder im Ersteinbau,
ermöglicht die Erzielung hoher bewerteter
Schalldämmmaße. Schalldämmmaße über 50 dB
können erzielt werden. Somit können mit dem
Eine Hybridkonstruktion mit gleichem Kassettenprofil, aber einem Sandwichelement als
Außenschale erzielt bei einer relativ dünnen
Außenschale von nur 80 mm schon Werte von
46 dB und 47 dB (Abb. 4.5).
Rw [dB]
130 mm Kassette, tN = 0,75 mm
130 mm MW-Dämmung
80 mm PUR-Stahl-Sandwichelement
46
130 mm Kassette, tN = 0,75 mm
130 mm MW-Dämmung
80 mm MW-Stahl-Sandwichelement
47
Abb. 4.5:
Bewertete
Schalldämmmaße
von Hybridkonstruktionen
Wird die Außenschale nicht direkt auf
dem Kassettenprofil befestigt, sondern auf einer
Zwischenkonstruktion mit einem 40 mm hohen
Z-Profil, können diese Werte weiter gesteigert
werden. Wird der Zwischenraum noch mit
Mineralwolle gedämmt, so sind bewertete Schalldämmmaße über 50 dB erzielbar (Abb. 4.6).
Bemerkenswert ist, dass die Verwendung
von Mineralwoll-Sandwichelementen im Vergleich zu Polyurethan-Sandwichelementen lediglich eine Steigerung des Rw-Wertes um 1 dB
39
Dokumentation 568
Abb. 4.6:
Hybridkonstruktionen mit
Zwischenkonstruktion
Rw [dB]
130 mm Kassette, tN = 0,75 mm
130 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
80 mm PUR-Stahl-Sandwichelement
48
130 mm Kassette, tN = 0,75 mm
130 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
40 mm MW-Dämmung
80 mm PUR-Stahl-Sandwichelement
50
130 mm Kassette, tN = 0,75 mm
130 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
40 mm MW-Dämmung
80 mm MW-Stahl-Sandwichelement
51
4.3.4 Kassettenwandkonstruktionen –
Schallabsorption
ergibt. Der Wert 1 dB liegt jedoch im Bereich
der prüfungsbedingten Messungenauigkeit und
ist somit zu vernachlässigen.
Prüfungen an Akustikkassettenprofilen ergaben, wie zu erwarten war, geringere bewertete Schalldämmmaße. Abb. 4.7 gibt eine Über-
Abb. 4.7:
Hybridkonstruktionen mit
Akustikkassette
und Zwischenkonstruktion
Rw [dB]
100 mm Kassette, tN = 0,88 mm,
17,9% Lochanteil
100 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
120 mm MW-Stahl-Sandwichelement
41
100 mm Kassette, tN = 0,88 mm,
17,9% Lochanteil
100 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
40 mm MW-Dämmung
120 mm MW-Stahl-Sandwichelement
45
100 mm Kassette, tN = 0,88 mm,
17,9% Lochanteil
100 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
240 mm MW-Stahl-Sandwichelement
47
100 mm Kassette, tN = 0,88 mm,
17,9% Lochanteil
100 mm MW-Dämmung
Kantprofil Z, 60/40/60 mm
40 mm MW-Dämmung
240 mm MW-Stahl-Sandwichelement
40
sicht über vier verschiedene Konstruktionen.
Wird der Zwischenraum des Abstandsprofils
ebenfalls mit Mineralwolle gefüllt, so ist in diesen Fällen mit Rw-Werten zu rechnen, die um
3 bis 4 dB über den Werten der Konstruktionen
mit nicht ausgefüllten Zwischenräumen liegen.
Die Akustiklochung vermindert das bewertete
Schalldämmmaß wie bei der klassischen Kassettenwand um ca. 6 dB gegenüber der ungelochten Variante.
Die Schallabsorptionsfähigkeit einer normalen Kassettenwand ohne Akustiklochung ist
sehr gering. Der Schallabsorptionsgrad liegt
hier zwischen 0 und 0,3. Zur Verbesserung der
Schallabsorptionsfähigkeit werden daher Kassettenprofile mit Lochung angeboten. Dies führt
jedoch gleichzeitig, wie zuvor beschrieben, zu
einer Verschlechterung der Schalldämmeigenschaften der Konstruktion.
Bei Akustikkassettenwänden muss wegen
der Lochung der Kassetten die Dichtheit der
Wand durch den Einbau einer Dampfsperre
hergestellt werden. Diese Dampfsperre muss
bei Wänden zwischen Schallschluckplatte und
Wärmedämmung angeordnet sein. Die Dampfsperre wird kassettenweise eingebaut und an
den Kassettenstegen befestigt. Hierdurch wird
verhindert, dass die Dampfsperre vom warmen
Innenbereich in den kalten Außenbereich geführt wird, da dies zu bauphysikalischen Problemen führen könnte. An den Stößen der
Kassetten ist darauf zu achten, dass die Dampfsperre in horizontaler und vertikaler Richtung
durchgehend ausgebildet wird.
Im Folgenden werden die Messergebnisse
von Hybridkonstruktionen aufgeführt (Abb. 4.8).
Die Messergebnisse können mit den zu erzielenden Schallabsorptionsgraden der klassischen
Kassettenwand in [7] verglichen werden. Die
Werte liegen im gleichen Bereich wie die zuvor
zitierten.
4.3.5 Resümee Hybridkonstruktionen
50
Die hier betrachteten Hybridkonstruktionen,
bestehend aus einer Kassettenschale und einem
Sandwichelement, bieten hervorragende Ergebnisse hinsichtlich ihrer schalltechnischen und
wärmetechnischen Eigenschaften. Eine reine
Sandwichwand erzielt lediglich Rw-Werte im
Bereich von 26 dB (PU) bis maximal 33 dB (MW).
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
Eine Hybridkonstruktion vereint somit die guten
Wärmedämmeigenschaften einer Sandwichwand
und die guten Schalldämmeigenschaften einer
Kassettenwandkonstruktion und kann Rw-Werte
bis zu 51 dB erzielen. Neben diesen Vorzügen
sind jedoch auch die besonderen statischen
Erfordernisse zu beachten. Für die hier vorgestellten Konstruktionen sind zurzeit noch besondere Tragsicherheitsnachweise erforderlich.
Auch ist der Luftdichtheit besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es muss in jedem Fall vermieden werden, dass feuchte Luft in die Konstruktion eindringt und es dort zur Kondensation kommt, was die Dauerhaftigkeit der Gesamtkonstruktion beeinträchtigen könnte.
Hybridkonstruktionen stellen eine vielversprechende Alternative zur Sanierung bestehender Hallenkonstruktionen dar, liefern aber auch
Möglichkeiten, neue Industriegebäude zu konzipieren, die den hohen Anforderungen an Wärmeschutz, Luftschalldämmung und Schallabsorption gleichermaßen gerecht werden. In jedem
Fall bedarf es beim Einsatz der hier vorgestellten
Konstruktionen weiterer Untersuchungen. Somit
repräsentieren diese Konstruktionen zunächst
einen Zwischenstand laufender Untersuchungen.
Abb. 4.8: Schallabsorptionsgrad as bei Hybridkonstruktionen
Abb. 4.9:
Blitzeinschlag in
den Eiffel-Turm
im Jahre 1902
4.4 Blitzschutz mit Metalldächern [8]
4.4.1 Grundlagen
Wie alle baulichen Anlagen können auch
Gebäude mit Metalldächern vom Blitz getroffen
werden. Aus diesem Grund wünschen viele
Eigentümer oder Nutzer den Einbau eines Blitzschutzsystems auf ihrem Gebäude. In manchen
Fällen schreiben auch die Bauordnungen einen
Blitzschutz vor.
Ein Blitzschutz wird an baulichen Anlagen
durch Fangleitungen realisiert, die über Ableitungen mit der Erde verbunden sind (Abb. 4.10).
Sie haben auf Metalldächern nur eine Fangwirkung in einem schmalen Bereich (ca. 1 m Breite)
entlang der Fangleitung. Fangleitungen auf First
und Ortgang schützen diese gegen direkte Einschläge. Die Dachfläche neben diesen Leitungen
wird dadurch nicht geschützt. Soll auch die
Dachfläche gegen direkte Einschläge geschützt
werden, sind dort in Abständen von wenigen
Metern weitere Fangleitungen zu montieren,
auf denen in Abständen von wiederum wenigen Metern Fangspitzen (Abb. 4.11) mit 15 bis
40 cm Höhe befestigt werden müssen („Igeldach“). Viele Architekten lehnen derartige
Anlagen auf dem Gebäudedach ab, da sie den
optischen Gesamteindruck erheblich stören.
Abb. 4.10: Biltzfangeinrichtungen auf Gebäudedächern
41
Dokumentation 568
4. Das Metalldach muss wie jedes andere Dach
auch nach jedem Blitzeinschlag kontrolliert
und eventuell ausgebessert werden.
5. Die Materialdicken müssen den Werten der
Tabelle 3 der DIN EN 62305-3 entsprechen.
Für Stahl beträgt die Mindestblechdicke
0,5 mm.
Abb. 4.11:
Fangspitzen
auf einem
Metalldach
Abb. 4.12:
Höhe der Fangspitzen nach
DIN EN 62305-3
Drahtabstand
Höhe der Fangspitzen
3m
0,15 m
4m
0,25 m
5m
0,35 m
6m
0,45 m
Nach der geltenden Blitzschutznorm DIN EN
62305-3 [9] gilt für variierende Drahtabstände
eine daraus resultierende Höhe der Fangspitzen
(Abb. 4.12).
Es stellt sich die Frage, ob Blitzfangeinrichtungen auch auf jedes Metalldach montiert werden müssen. Die Montage von Blitzfangeinrichtungen ist jedoch nach DIN EN 62305-3 für
Metalldächer nicht erforderlich.
Nach DIN EN 62305-3 gilt wie bisher gemäß
der nationalen Vornorm DIN V VDE V 0185,
dass Metalldächer weiterhin als „natürliche
Fangeinrichtung“ für den Blitzschutz geeignet
sind. Zu diesem Zweck müssen die Dachelemente derart miteinander verbunden sein, dass
der Blitzstrom zu den Anschlussstellen der Ableitungen und mit den Ableitungen in die Erde
geführt werden kann. Hierfür müssen folgende
Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Beschichtete oder unbeschichtete MetallDachelemente sind in geringen Abständen
miteinander verschraubt oder vernietet.
2. Dachelemente aus unbeschichtetem Metall
sind durch Falzen, Löten oder Schweißen verbunden.
3. Das Metalldach muss fachgerecht, d. h. entsprechend dem anzuwendenden Regelwerk
(z.B. Normen und Richtlinien der Bauaufsicht,
Anweisungen von Herstellern und Fachverbänden, Fachregeln der Handwerker), ausgeführt und mit seiner Unterkonstruktion
standsicher verbunden sein.
42
Bei der Nutzung eines Metalldaches als
natürliche Blitzfangeinrichtung kann ab einer
bestimmten Blitzstärke und -charakteristik (die
lediglich 7 % aller Blitze aufweisen) am Einschlagpunkt eines Blitzes ein örtliches Durchschmelzen des Bleches auftreten. Die Größe des zu erwartenden Loches beträgt jedoch maximal nur
wenige Quadratzentimeter. Je nach Dachform,
Gebäudeabmessungen und geografischer Lage
schlägt ein solch starker Blitz, statistisch gesehen,
im ungünstigsten Fall einmal in 160 Jahren in
ein Metalldach ein. Zwar definiert die Norm
auch Metalldicken, die im Falle eines Blitzeinschlags nicht durchschmolzen werden, aber
diese liegen mit Werten von mehreren Millimetern außerhalb der im Metallleichtbau verwendeten Dickenbereiche.
Um die Folgen eines Blitzeinschlags in ein
Metalldach besser zu verstehen, wurden seit
dem Jahr 2000 Untersuchungen über die Stromtragfähigkeit an üblichen Verbindungen der
Metalldachelemente untersucht. Es zeigte sich,
dass Metalldächer bei entsprechender Ausführung in der Lage sind, den Blitzstrom von der
Einschlagstelle zu den Ableitungen zu führen,
ohne Schaden zu nehmen.
Anschließend wurde in der Deutschen
Kommission Elektrotechnik (DKE) im Komitee
251 „Blitzschutz“ ein Arbeitskreis aus Fachleuten der Dachhersteller und Fachleuten des
Blitzschutzes gebildet, in dem die notwendigen
Voraussetzungen für die Nutzung von Metalldächern als „natürlichem Bestandteil“ der Fangeinrichtung im Blitzschutz festgelegt wurden.
4.4.2 Nachweis der Eignung,
Stromtragfähigkeit
Der Nachweis der Eignung als Fangeinrichtung ist in folgenden Fällen nach DIN EN
62305-3 Beiblatt 4 [10] erbracht:
– Das Dach ist aus blankem Metall, z. B. nichtrostender Stahl, legierverzinkter Stahl
– Das Dach ist aus beschichtetem Metall und
die Einzelteile sind mit Schrauben oder Nieten oder durch Schweißen oder Löten miteinander verbunden
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
– Das Dach ist aus beschichtetem Metall und
die Einzelteile sind gefalzt, geklemmt, gepresst, gebördelt, ineinandergeschoben oder
aneinandergelegt. In diesen Fällen muss ein
Nachweis durch die Vorlage eines Prüfzeugnisses über eine Typenprüfung mit der entsprechenden Ausführung des Daches erbracht
werden oder, bei Abweichung davon, durch
ein zusätzliches Gutachten eines dafür anerkannten Sachverständigen. Für die Typenprüfung wurde eine Prüfvorschrift erarbeitet.
Diese Festlegungen sind auch in Abb. 4.13
aus DIN EN 62305-3 Beiblatt 4 enthalten. Nach
DIN EN 62305-3 Beiblatt 4, 3.2 gilt außerdem:
Metalldächer, deren Elemente durch Löten,
Schweißen, Schrauben oder Nieten verbunden
sind, entsprechen natürlichen Bestandteilen
eines äußeren Blitzschutzsystems nach DIN EN
62305-3, Abschnitt 5, gleichgültig, ob die Bleche
blank oder mit Kunststoff beschichtet sind. Eine
dünne Beschichtung mit Farbe oder 1 mm Bitumen oder 0,5 mm PVC ist nicht als Isolierung zu
betrachten.
Damit ist die Errichterfirma des Blitzschutzsystems in der Lage, die notwendigen Ableitungen mit den ebenfalls geprüften Klemmen an-
zubringen und das Metalldach mit der Erde zu
verbinden. Die mit der Montage des Daches
betraute Firma trägt die Verantwortung für die
Ausführung des Daches entsprechend den Vorgaben aus der Typenprüfung. Der Blitzschutzbauer übernimmt die Verantwortung für den
richtigen Anschluss der Ableitungen zur Erdung
und eventuell der Verbindungsleitungen der
Dachteile.
Die Abnahmeprüfung oder die Wiederholungsprüfungen des Gebäudeblitzschutzes
müssen daher von der mit der Montage des
Daches betrauten Firma und der Errichterfirma
des Blitzschutzsystems durchgeführt werden.
Jeder prüft den von ihm zu verantwortenden
Teil, beide gemeinsam prüfen die Verbindungsklemmen und deren richtigen Sitz.
4.4.3 Mechanische Einwirkungen
Gegen die mechanische Komponente des
Blitzeinschlages wirkt die kraftschlüssige Verbindung eines Metalldaches mit seiner Unterkonstruktion. Wegen ihres großflächigen Formates sind die Profiltafeln noch dazu meistens
über mehrere Verbindungen an der Tragkon-
Metalldächer
Oberfläche
des Metalls
Verbindung
Montage nach
1
Nach DIN EN 62305-3
Typengeprüfte
Dachelemente
Abweichungen von
typengeprüften
Dachelementen
Eignung ohne
weitere Anforderung
Eignung ohne
weitere Anforderung
Eignung nur durch
Gutachten von
Sachverständigen 1
Beschichtet
Unbeschichtet
Beschichtet
Beschichtet
Löten, Schweißen,
Schrauben, Nieten
Löten, Schweißen,
Schrauben, Nieten,
Falzen, Bördeln,
Pressen, Klemmen
Einhängen,
Bördeln, Falzen,
Pressen, Klemmen
Einhängen, Bördeln,
Falzen, Pressen,
Klemmen und andere
Verbindungsarten
Montagerichtlinien
der Hersteller bzw.
Verbände auf der
Grundlage bestehender Prüfberichte
Gutachten auf
der Grundlage
bestehender
Montagerichtlinien
und Prüfberichte
Montagerichtlinien
der Hersteller
bzw. Verbände
Abb. 4.13:
Eignung von
Metalldächern
Ein Gutachten kommt nur zur Anwendung bei einer Modifikation der funktionalen Eigenschaften von bereits geprüften
Dächern und anderen Verbindungsarten.
Anmerkung: Nach Auffassung der Hersteller von Metalldächern braucht kein Gutachter eingeschaltet zu werden, wenn
keine signifikanten die Funktion betreffenden Änderungen vorliegen. Unterschieden wird zwischen funktionalen und dekorativen Eigenschaften (z.B. Änderung der Schichtdicke oder der Farbgebung). Durch einen Gutachter wird festgestellt, ob
die Änderungen gegenüber der vorliegenden Typenprüfung signifikant sind und eine weitere Typenprüfung erforderlich ist.
43
Dokumentation 568
4.4.5 Auswirkungen eines Blitzeinschlages
auf die Regendichtheit
Abb. 4.14: Einschlagstellen an der Rinne
struktion befestigt. Außerdem zeichnen sich
diese Verbindungen durch eine vielfach empirisch abgesicherte Verformungsfähigkeit aus, so
dass das ganze Dachsystem wie eine Kombination von Federn wirkt. Der mechanische Impuls
eines Blitzes kann örtlich zur Bildung plastischer
Verformungen führen. Aber durch die Duktilität
des Systems ist mit größeren Deformationen,
sich aus den Verbindungen lösenden Profiltafeln
oder dem Versagen der Verbindungen nicht zu
rechnen. Überdies sind aus der Praxis keine derartigen Schäden bekannt.
4.4.4 Auswirkungen eines Blitzeinschlages
auf das Brandverhalten
Metalle sind nach DIN 4102 „Brandverhalten
von Baustoffen und Bauteilen“ [11] ohne und
mit organischer Beschichtung in die Baustoffklasse A1/A2 „nicht brennbar“ eingestuft. Hinsichtlich des Brandverhaltens müssen alle Dachwerkstoffe mindestens die Baustoffklasse B2
(„normal entflammbar“) aufweisen. Auch mit
unterseitig angeordneten Dämmschichten aus
B2-Baustoffen sind die Profiltafeln gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähige
Bedachungen. Metalldächer sind also nicht
brennbar und tragen auch nicht zur Brandlast
von Gebäuden oder zur Brandweiterleitung bei.
Experimentelle Untersuchungen an verschiedenen Prüfstellen, auch mit unüblichen Materialien, wie z. B. Holzwolle, Papier oder Staub unmittelbar unter der Dachdeckung, haben gezeigt,
dass auch nach dem Durchschmelzen sowohl
Entstehung als auch Weiterleitung von Bränden
durch einen Blitzschlag unter einem Metalldach
ausgeschlossen werden können.
44
Starke Blitze, die in der Lage sind, ein Metalldach zu durchschmelzen, schlagen immer in die
hochstehenden Querschnittsteile der Profiltafeln ein, also oberhalb der wasserführenden
Ebene. Bei Profiltafeln mit großen Baubreiten
(z. B. Klemmrippen-, Stehfalzprofile) befinden
sich an diesen Stellen die Längsstöße mit doppelten Blechdicken, die eine größere Blitzstärke zum
Durchschmelzen bedingen oder durch das untenliegende Blech eine Dichtreserve aufweisen.
An den Dachrändern First und Ortgang tritt
weder bauart- noch lagebedingt Niederschlagswasser in größeren Mengen auf. Außer den dort
direkt auftreffenden Tropfen kann kein Wasser
eindringen. Lediglich an den Traufen ist mit nach
unten laufendem Wasser zu rechnen, z. B. auf
den schmalen Obergurten von Trapezprofilen –
bei Falzdächern o. Ä. mit scharfkantigen oder
runden Erhebungen ist das auszuschließen.
Bei Dächern mit innenliegenden Rinnen hinter
Attiken wird der Blitz in diese einschlagen, nur
bei vorgehängten Rinnen wäre es eventuell möglich, dass der Blitz nicht gleich in die Rinne selbst
(als äußere Begrenzung des Daches), sondern in
das traufseitige Ende der Profiltafeln einschlägt
(Abb. 4.14). Dieses Ende befindet sich bei vorgehängten Rinnen normalerweise nicht mehr
über dem eigentlichen Gebäude, so dass dort
eindringendes Ablaufwasser unterhalb der Dachdeckung höchstens nicht mehr in die Rinne
selbst, sondern dahinter laufen würde.
Da gemäß Blitzschutznorm die Pflicht besteht, nach jedem Blitzeinschlag die Funktion
des Daches als Fangeinrichtung zu überprüfen,
kann das geschmolzene Loch leicht entdeckt
und, je nach Werkstoff, z. B. durch Schweißen,
Kleben, Löten oder Eindichten, geschlossen
werden. Es wird also nur so lange bestehen, bis
das Gewitter, von dem es verursacht worden ist,
wieder abgezogen ist.
4.4.6 Qualitätssicherung
Um sicherzustellen, dass das ausgeführte
Metalldach den Vorgaben der Norm oder dem
Dach entspricht, das bei der Typenprüfung geprüft wurde, muss der Lieferant des Dachsystems
dem Errichter eine Anweisung für die Errichtung
geben. Dies kann z. B. in Form einer Montagerichtlinie von hierfür zuständigen Verbänden
erfolgen. Die Arbeitskräfte müssen in der Anwendung der Montagerichtlinie entsprechend
geschult sein.
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
Der Errichter des Dachsystems gibt nach
Fertigstellung eine Bestätigung [12] über die
geforderte Ausführung an den Auftraggeber und
direkt an den Errichter des Blitzschutzsystems.
Dieser stellt die Anschlüsse zur Erdung her und
übergibt das gesamte Blitzschutzsystem dem
Auftraggeber. Besondere Maßnahmen für den
Anschluss der Ableitungen/Verbindungsleitungen an das Metalldach werden zwischen der für
die Montage des Metalldachs verantwortlichen
Firma und der Errichterfirma des Blitzschutzsystems abgestimmt.
Die Gewährleistung trägt jedes der beiden Unternehmen für das von ihm errichtete
Gewerk.
4.4.7 Fazit
– Das Metalldach ist ein perfekter Blitzschutz,
wenn es mit der Erde leitend verbunden ist
– Die Einschlagwahrscheinlichkeit eines Blitzes
ist abhängig von der geografischen Lage und
den Abmessungen eines Gebäudes
– Die Einschlagwahrscheinlichkeit ist nicht abhängig von der Art des Dachbaustoffes
– Nach einem Blitzeinschlag in ein Metalldach
werden die Funktionen Witterungsschutz,
Brandschutz und Standsicherheit nicht beeinträchtigt. Auch die Fangeigenschaft für Blitze
bleibt erhalten.
– Ein Blitz einer gewissen, aber seltenen Stärke
kann ein kleines Loch in die hochstehenden
Querschnittsteile (Falze, Bördel, Rippen) und
bevorzugt in die Ränder des Daches (First,
Traufe, Ortgang) schmelzen. Bei regelmäßiger Wartung des Daches kann die Schadstelle
mit vernachlässigbarem Aufwand geschlossen
werden.
– Wenn der Blitzstrom abfließen kann, werden
keine weiteren Schäden an dem Dach entstehen
– Je nach Dachform, Gebäudeabmessungen
und geografischer Lage schlägt solch ein
starker Blitz statistisch gesehen im ungünstigsten Fall einmal in 160 Jahren in ein Metalldach
Als Konsequenz aus diesem Verhalten darf
ein Metalldach nach DIN EN 62305-3 als natürliche Fangeinrichtung für den Blitzschutz eingesetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass
der Blitzstrom von der Einschlagstelle über die
Profiltafeln des Daches zu den Anschlussstellen
und von dort in die Erde geleitet wird.
4.5 Korrosionsschutz
4.5.1 Grundlagen
Wie bei einer Reihe anderer Werkstoffe
ist auch bei dem Werkstoff Stahl die Neigung
zur Korrosion im ungeschützten Zustand zu berücksichtigen. Zur Erhaltung der Bauwerkssicherheit über die vorgesehene Nutzungsdauer ist
Stahl daher in aller Regel vor Korrosion zu schützen. Oft müssen gleichzeitig auch ästhetische
Anforderungen erfüllt werden, die in diesem
Zusammenhang jedoch weitgehend außer Betracht bleiben sollen.
Korrosion ist definiert als die Reaktion eines
metallischen Werkstoffes mit seiner Umgebung,
die eine messbare Veränderung des Werkstoffes
bewirkt und im weiteren Verlauf zu einer Beeinträchtigung des metallischen Systems führen
kann. Korrosionsschutz sollte nicht Selbstzweck
sein, sondern immer der vorgesehenen Nutzung
und Nutzungsdauer des jeweiligen Objektes im
Einzelfall angepasst werden. Hierbei sind auch
Fragen der architektonischen Gestaltung, der
Ästhetik und der Farbgestaltung zu berücksichtigen. In jedem Fall besteht die Forderung nach
einer optimalen, d. h. zeitlich vernünftigen und
wirtschaftlichen Lösung, hinsichtlich der Schutzdauer.
Die Frage nach der Eignung eines bestimmten Korrosionsschutzsystems wird sich daher
nicht ohne Kenntnis der zu erwartenden Nutzungsdauer, der jeweiligen Einsatzbedingungen
und der konstruktiven Ausführung beantworten
lassen. Veränderungen im Verlauf der Nutzungsdauer wie z. B. eine Zunahme der standortbedingten Korrosionsbelastung und eine Zunahme der unmittelbaren Korrosionsbelastung
des Objektes, z. B. aus einer Nutzungsänderung,
sind im Allgemeinen nicht vorhersehbar und
können zu einer wesentlichen Einschränkung
der Nutzungsdauer führen.
Der Korrosionsschutz muss sich an den
technischen Erfordernissen orientieren. Nach
DIN EN ISO 12944-1 [13] werden für die Schutzdauer drei Zeitspannen angegeben:
– niedrig (L – engl.: low)
2 bis 5 Jahre
– mittel (M – engl.: medium) 5 bis 15 Jahre
– hoch (H – engl.: high)
über 15 Jahre
Die Schutzdauer ist keine Gewährleistungszeit. Sie ist ein technischer Begriff, der eine
ordnungsgemäße Wartung und Pflege voraussetzt und dem Auftraggeber helfen kann, ein
Instandsetzungsprogramm festzulegen. Die
Gewährleistungszeit ist ein juristischer Begriff,
der Gegenstand von Vertragsbedingungen ist.
45
Dokumentation 568
Sie ist im Allgemeinen kürzer als die Schutzdauer. Es gibt keine Regeln, die beide Begriffe
miteinander verbinden. Da eine regelmäßige
Inspektion an unzugänglichen Bereichen nicht
ohne Weiteres möglich ist, ist dies bereits bei
der Auswahl des Korrosionsschutzsystems zu
berücksichtigen.
4.5.2 Korrosionsschutz tragender
dünnwandiger Bauteile aus Stahl
Bislang war der Korrosionsschutz für dünnwandige Bauteile aus Stahl in DIN 55928-8,
1994-07, geregelt. Diese Norm lieferte Angaben
zu den Korrosionsschutzklassen I bis III, in Abhängigkeit von der Anwendung der Bauelemente, in Verbindung mit DIN 18807-1 [14] (siehe
Abb. 4.15).
Im April 2010 ist die neue Korrosionsschutznorm DIN 55634 [15] erschienen – als Nachfolgenorm der DIN 55928-8. Die neue Norm
gliedert sich wie folgt:
– Anwendungsbereich
– normative Verweisungen
– Begriffe
– Korrosivitätskategorien
– Korrosionsschutzsysteme:
Bandbeschichtung + Stückbeschichtung
Abb. 4.15:
Korrosionsschutzklassen für
Wandsysteme
nach DIN 18807-1
– Schutzdauer
– Verpackung, Transport, Lagerung
und Montage von Bauteilen
– Prüfungen zur Qualitätssicherung
– Überwachung
– Kennzeichnung des Korrosionsschutzsystems
– Anhang A (informativ)
– Beispiele für Beschichtungssysteme mit
Korrosivitätskategorien
Gegenüber DIN 55928-8:1994-07 wurden
folgende Änderungen vorgenommen:
– Die Norm wurde redaktionell überarbeitet,
wobei nun auf die aktuellen, ins deutsche
Normenwerk übernommenen europäischen
und internationalen Normen verwiesen wird
– Die Einteilung der Korrosionsbelastung wurde
auf die in DIN EN ISO 12944-2 definierten
Korrosivitätskategorien bezogen. Zu den bisher in DIN 55928-8 angegebenen Korrosionsschutzklassen wird jedoch jeweils der Bezug
hergestellt, da diese noch in verschiedenen
geltenden Produktnormen angegeben werden
(Abb. 4.16).
Die Norm gilt für den Korrosionsschutz tragender dünnwandiger Bauteile aus unlegiertem
oder niedriglegiertem Stahl, deren Nennblechdicke bis zu 3 mm beträgt und die atmosphäri-
Korrosionsschutzklassen für Wandsysteme
Außenseite
Innenseite
Einschalig,
ungedämmt
Einschalig,
wärmegedämmt
III 1
III
II 1, 2
II 2
Zweischalig, hinterlüftet
mit zwischenliegender Wärmedämmung
Außenschale
Zwischenriegel 3
Innenschale
III
II 2
a) Über trockenen,
überwiegend
geschlossenen
Räumen II 2
a) Bei trockenen,
überwiegend
geschlossenen
Räumen I
b) Über Räumen
mit hoher
Feuchtelastung III
b) Bei Räumen
mit hoher
Feuchtebelastung III
a) Bei trockenen,
überwiegend
geschlossenen
Räumen I
Außenwandbekleidung
III
II
b) Bei Räumen
mit hoher
Feuchtebelastung
III
1
2
3
46
Für untergeordnete Bauwerke, wie z.B. Geräte- und Lagerschuppen in der Landwirtschaft oder Stellplatzüberdachungen, bei
denen die Trapezprofile nicht zur Stabilisierung herangezogen werden, ist die Einstufung in Korrosionsschutzklasse I zulässig.
Korrosionsschutzklasse I ist zulässig bei trockenen, überwiegend geschlossenen Räumen und ausreichender Zugänglichkeit.
Und gleichartige lastverteilende und/oder versteifende Stahlblechteile.
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
Korrosivitätskategorie/
Korrosionsbelastung
nach
DIN EN ISO 12944-2
Schutzdauer
C1
unbedeutend
Niedrig
Mittel
Beispiele für Umgebungen
(nur zur Information)
Außen
Innen
Hoch
Korrosionsbeständigkeitskategorie
Geheizte Gebäude mit
neutralen Atmosphären,
z.B. Büros, Läden,
Schulen, Hotels.
RC1
Korrosionsschutzklasse a
Zugänglich
Unzugänglich
I
I
I
I
I
I
C2
gering
Niedrig
Mittel
Hoch
Atmosphären mit geringer
Verunreinigung. Meistens
ländliche Bereiche.
Ungeheizte Gebäude, wo
Kondensation auftreten kann,
z.B. Lager, Sporthallen.
RC2
I
I
I
II
II
III
C3
mäßig
Niedrig
Mittel
Stadt- und Industrieatmosphäre, mäßige
Verunreinigungen durch
Schwefeldioxid.
Küstenbereiche mit
geringer Salzbelastung.
Produktionsräume mit hoher
Feuchte und etwas
Luftverunreinigung, z.B.
Anlagen zur Lebensmittelherstellung, Wäschereien,
Brauereien, Molkereien.
RC3
II
II
III
III
II
III
Hoch
C4
stark
Niedrig
Mittel
Hoch
Industrielle Bereiche
und Küstenbereiche mit
mäßiger Salzbelastung.
Chemieanlagen, Schwimmbäder, Bootsschuppen über
Meerwasser.
RC4
III
III
III
III
III
–c
C5-I
sehr stark
(Industrie)
Niedrig
Mittel
Industrielle Bereiche mit
hoher Feuchte und
aggressiver Atmosphäre.
Gebäude oder Bereiche
mit nahezu ständiger
Kondensation und mit
starker Verunreinigung.
RC5
III
III
–c
–c
–c
–c
C5-M
sehr stark
(Meer)
Niedrig
Mittel
Küsten- und
Offshorebereiche
mit hoher Salzbelastung.
Gebäude oder Bereiche
mit nahezu ständiger
Kondensation und mit
starker Verunreinigung.
III
III
–c
–c
–c
–c
Hoch
Hoch
scher Korrosionsbelastung ausgesetzt sind. Andere Schutzfunktionen, wie der Schutz gegen
– Mikroorganismen (Bewuchs, Bakterien, Pilze
usw.),
– Chemikalien (Säuren, Alkalien, organische
Lösemittel, Gase usw.),
– mechanische Belastungen (Abrieb usw.) und
– Brand,
sind darin nicht erfasst. Die Norm gilt für Bandund Stückbeschichtungen. Die Beschichtung
kann sowohl im Werk als auch auf der Baustelle
ausgeführt werden. Der betrachtete Korrosionsschutz erfasst:
– metallische Überzüge
– organische Beschichtungen
– metallische Überzüge mit organischen
Beschichtungen (Duplex-Systeme)
Bei Korrosionsbelastungen und einer geforderten Schutzdauer, die nicht in die definierten
Korrosivitätskategorien einzuordnen sind, ist
diese Norm nicht anwendbar. Bei diesen Belastungen und Bedingungen sind die erforderlichen Maßnahmen jeweils im Einzelfall festzulegen. DIN 55634 kann auch für nicht tragende
dünnwandige Bauteile angewendet werden.
DIN 55634 enthält Tabellen mit Beispielen
für die erwartete Schutzdauer von Zink- und
Zinklegierungsüberzügen ohne Beschichtung
(Abb. 4.17) bzw. Tabellen mit Beispielen für
die erwartete Schutzdauer von Beschichtungssystemen. Folgende Beispiele für Beschichtungssysteme sind aufgeführt: Beispiele für Beschichtungssysteme auf Basis von
– Flüssig- und Pulverbeschichtungsstoffen (Bandbeschichtung) auf Bandverzinkung/Bandlegierverzinkung (Abb. 4.18),
– Flüssigbeschichtungsstoffen auf stückverzinktem Stahl (Duplex-Systeme),
– Flüssigbeschichtungsstoffen auf unlegiertem
oder niedriglegiertem Stahl,
– Flüssigbeschichtungsstoffen (Stückbeschichtung) auf Bandverzinkung/Bandlegierverzinkung,
– Pulverbeschichtungssystemen auf unlegiertem Stahl oder niedriglegiertem Stahl und
– Pulverbeschichtungssystemen auf stückverzinktem Stahl (Duplex-Systeme).
Abb. 4.16:
DIN 55634,
Tab. 1, Korrosivitätskategorien
bzw. Korrosionsbeständigkeitskategorien bzw.
Korrosionsschutzklassen
Hervorzuheben ist, dass die in Tabelle A.1
von DIN 55634 definierten Schutzdauern die
Schutzdauer für einen metallischen Überzug
angeben. In den sich daran anschließenden
Tabellen sind die Schutzdauern für organische
Beschichtungen angegeben. Hierbei sind die
Versagenskriterien andere als für metallische
Überzüge. Es kann also durchaus sein, dass ein
metallischer Überzug im Einzelfall eine höhere
Schutzdauer aufweist als eine organische Beschichtung auf metallischem Überzug.
47
Dokumentation 568
System
Nr.
Überzugsdicke a
µm
Überzug
Erwartete Schutzdauer
(siehe 5.3 und DIN EN ISO 12944-1)
C2
L
A1.1
10
A1.2
20
A1.3
Zink
40
A1.5
≥ 50
A1.6
10
Zink-Aluminium
30
A1.9
10
Aluminium-Zink
L
M
H
L
M
H
L
M
C5-M
H
L
M
H
20
A1.11
a
H
C5-I
20
A1.8
A1.10
M
C4
30
A1.4
A1.7
C3
25
Zur Beziehung Überzugdicke bzw. Auflagemasse siehe Tabelle 2.
Abb. 4.17: DIN 55634, Tab. A.1 – Beispiele für Zink- und Zinklegierüberzüge (ohne Beschichtung)
Empfohlene Auflage: Z275 g/m2, bzw. ZA255 g/m2, bzw. AZ150 g/m2
(etwa 20 µm Sollschichtdicke des Überzungs)
Substat: Bandverzinkung oder
Legierverzinkung nach DIN 10346
System
Nr.
Grundbeschichtung(en)
Deckbeschichtung
Beschichtungssystem
Binde- Anzahl
Soll- Binde- Anzahl
SollAnzahl
Gesamtmittel- Schichten schicht- mittel- Schichten schicht Schichten schichtdicken
typ
dicke
typ
dicke
µm
µm
µm
A2.1
–
–
–
EP
1
10
1
10
A2.2
–
–
–
SP
1
15
1
15
A2.3
SP
1
5
SP
1
20
2
25
A2.4
SP
1
10
SP
1
25
2
35
A2.5
SP
1
10
SP
2
35
3
45
A2.6
SP
1
5
HDP
1
20
2
25
A2.7
SP
1
15
HDP
1
20
2
35
A2.8
SP
1
10
HDP-PA
1
25
2
35
A2.9
PUR
1
20
HDP-PA
1
25
2
45
A2.10
SP
1
5
PUR
1
20
2
25
A2.11
PUR
1
10
PUR
1
25
2
35
A2.12
SP
1
10
PUR-PA
1
25
2
35
Erwartete Schutzdauer
(siehe 5.3 und DIN EN ISO 12944-1)
C2
L M H
C3
C5-I
L M H L M H L M H
Abb. 4.18: DIN 55634, Tab. A.2 – Beispiele für Beschichtungssysteme (Bandbeschichtung)
48
C4
C5-M
L M H
Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau
Wenn die Schutzdauer eines organischen
Beschichtungssystems abgelaufen ist, kann diese
Beschichtung versagen, der z. B. Zinküberzug
ist aber noch unversehrt. Für den Bauherren ist
aber die Grenze der Schutzdauer erreicht, da
die geforderte Oberfläche nicht mehr den optischen Ansprüchen genügt.
Zurzeit fehlt noch eine Verknüpfung zwischen den Tabellen 1 (siehe Abb. 4.15) und 2
von DIN 18807-1 und DIN 55634, es gibt keine
Verbindung zwischen Einsatzzweck eines Bauteils und der Korrosivitätskategorie bzw. Schutzdauer. Diese Regelungslücke soll zukünftig über
eine Nachfolgenorm der DIN 18807 geschlossen
werden.
4.6 Literaturangaben
[1] IFBS-Fachinformation 4.01 „Bauphysik –
Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise“; IFBS e. V., Düsseldorf 03/2010
[2] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik
bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung –
EnEV) vom 30.04.2009; BGBl. I, S. 954, 2009
[3] DIN 4108-2:2003-07 „Wärmeschutz und
Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“; Beuth
Verlag GmbH, Berlin
[4] Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,
Geräusche, Erschütterungen und ähnliche
Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz –
BImSchG), in der Fassung vom 26. September
2002, BGBl. I, S. 3830, zuletzt geändert am
11. August 2010, BGBl. I, S. 1163
[5] Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift
zum Bundes-Immissionsschutzgesetz – Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA
Lärm) vom 26.08.1998, (gemeinsames Ministerialblatt 1998, Nr. 26, S. 503 ff.)
[7] IFBS-Fachinformation 4.06 „Bauphysik –
Schallschutz im Stahlleichtbau“; IFBS e. V.,
Düsseldorf 08/2003
[8] IFBS aktuell 1/07 „Blitzschutz mit Metalldächern“, Dipl.-Ing. Karlfriedrich Fick, Dr. Franz
Pigler, Dr.-Ing. Ralf Podleschny; IFBS e. V.,
Düsseldorf 2007
[9] DIN EN 62305:2006-10 „Blitzschutz – Teil 3:
Schutz von baulichen Anlagen und Personen“
(IEC 62305-3:2006, modifiziert); Beuth Verlag
GmbH, Berlin
[10] DIN EN 62305-3:2008-01 Beiblatt 4 „Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen
und Personen – Beiblatt 4: Verwendung von
Metalldächern in Blitzschutzsystemen“; Beuth
Verlag GmbH, Berlin
[11] DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen
und Bauteilen, Teil 4: Zusammenstellung und
Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile
und Sonderbauteile“; Beuth Verlag GmbH, Berlin
[12] IFBS-Fachinformation 6.07 „Brandschutz –
Blitzschutz mit Metalldächern“; IFBS e. V., Düsseldorf 06/2007
[13] DIN EN ISO 12944-1:1998-07 „Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 1:
Allgemeine Einleitung“ (ISO 12944-1:1998)“;
Beuth Verlag GmbH, Berlin
[14] DIN 18807-1:1987-06 „Trapezprofile im
Hochbau – Stahltrapezprofile – Allgemeine
Anforderungen, Ermittlung der Tragfähigkeitswerte durch Berechnung“; Beuth Verlag GmbH,
Berlin
[15] DIN 55634:2010-04 „Beschichtungsstoffe
und Überzüge – Korrosionsschutz von tragenden dünnwandigen Bauteilen aus Stahl“; Beuth
Verlag GmbH, Berlin
4.7 Bildquellen
[6] DIN EN ISO 717-1 „Akustik – Bewertung
der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen – Teil 1: Luftschalldämmung“ (ISO 717-1:
1996 + AM1:2006), deutsche Fassung EN ISO
717-1:1996 + A1:2006; Beuth Verlag GmbH,
Berlin
Abb. 4.9, 4.11: IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V.
49
Dokumentation 568
5 Effizient und wirtschaftlich –
nutzungsorientiertes Bauen für Industrie,
Gewerbe und öffentlichen Bau
Dipl.-Ing. Hans Pöter
5.1 An der Nutzung orientierte
Gebrauchstauglichkeit
Die Anforderungen an die Planung und Ausführung von Gebäuden werden immer komplexer. In der Vergangenheit waren vor allem
Funktionalität, niedrige Baukosten und bei repräsentativen Gebäuden auch die architektonische Qualität wichtige Kriterien für den Bauherren. Seit einigen Jahren erfordert die energetische Optimierung den Einsatz hochwärmedämmender Dächer und Fassaden. Dach- und
Wandkonstruktionen, die mit Bauelementen
aus oberflächenveredeltem Stahlblech, wie Sandwichelementen sowie Trapez- und Kassettenprofilen, errichtet werden, weisen nicht nur ausgezeichnete Wärmedämmwerte auf, sondern
sie erweisen sich über ihre Lebensdauer auch
als besonders wirtschaftlich. Dies beginnt mit
Abb. 5.1:
Umnutzung eines
ehemaligen
Getreidespeichers
in ein Bürogebäude
50
ihrer Entstehung: Sie sind effektiv vorzufertigen
und einfach zu montieren.
Darüber hinaus sichern sie mit ihren leicht
zu verändernden, flexiblen Strukturen den langfristigen Werterhalt von Gebäuden. Schließlich
können Stahlleichtbauelemente am Ende ihrer
Nutzungszeit einfach demontiert und nahezu
ohne Substanzverlust recycelt werden.
Dass Gebäude lange Bestand haben und auch
künftige Generationen sie noch nutzen werden,
ist keine neue Entwicklung, sondern von alters
her geübte Praxis. Wie anders hätten heutige
Planer den Reiz alter Gebäudesubstanz wiederentdeckt (Abb. 5.1) und sie erfolgreich neuen
Nutzungszwecken zugeführt? Dabei ist durchaus bemerkenswert, dass dünnwandige Flächenbauteile aus Stahl (Abb. 5.2) gerade auch bei
der Umwidmung alter Gebäudesubstanz eine
immer wichtigere Rolle insbesondere dann
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Abb. 5.2: Dachneuaufbau auf einer Werkhalle älterer
Bauart mit werkseitig vorgekrümmten und freispannenden
Stahltrapezprofilen
spielen, wenn eine auf die zukünftige Nutzung
ausgerichtete, qualitativ hochwertige und zugleich kostengünstige Lösung gesucht wird.
In der derzeitigen Umbruchphase des Baugeschehens mit den in kurzen Zeitabständen
aufeinander folgenden Energieeinsparverordnun-
gen mit ihren jeweils steigenden Anforderungen
an die Bauweisen zur Energieeinsparung ist zu
beobachten, dass die gewohnte ganzheitliche
Betrachtungsweise, die auf ein ausgewogenes
Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Planung und
Errichtung des Bauwerks achtet, in den Hintergrund zu treten scheint. Dabei ist es doch
die Aufgabe eines jeden Planers, nicht nur die
gestiegenen Vorgaben für den Wärme- und
Feuchteschutz abzudecken, sondern zugleich
auch alle aus der zukünftigen Nutzung des Gebäudes herzuleitenden Anforderungen an die
Gebrauchstauglichkeit zu erfüllen, und dies
innerhalb eines ausgewogenen Kostenrahmens.
In welchem Umfang die Nutzung von Gebäuden und damit deren Gebrauchstauglichkeit
während der letzten Jahrzehnte in den Vordergrund gerückt ist, kann man u. a. an Folgendem
ablesen: Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts
richteten Planer ihr Augenmerk vorrangig auf
das Tragwerk, für das sie dann einen geeigneten
Raumabschluss in Form einer Dachdeckung und
Wandbekleidung sowie eine einfache Gebäudetechnik auszuwählen hatten. Heute steht bei der
Planung zunächst die Nutzung mit einer darauf
ausgerichteten Gebäudeausrüstung und somit
die Gebrauchstauglichkeit einer Baumaßnahme
im Vordergrund, bevor ein hierfür geeignetes
Tragwerk entworfen wird (Abb. 5.3).
Abb. 5.3: Entwicklung des Planungsprozesses: Neben der Tragsicherheit eines Bauwerks tritt heute dessen
Gebrauchstauglichkeit in den Vordergrund
51
Dokumentation 568
– keine nennenswerten Feuchtepuffer,
– ein relativ geringes Schalldämmvermögen und
– die Tendenz zu großen Verformungen.
Die luftdichte Gebäudehülle wird grundsätzlich
auf der warmen Seite – also in der Regel innen –
hergestellt.
Die Wärmedämmung verläuft homogen unter
Vermeidung von Wärmebrücken.
Ungeachtet dieser Besonderheiten hat sich
die Stahlleichtbauweise für Dach und Fassade
seit ihrer Einführung in den 1950er Jahren im
Industrie-, Gewerbe- und öffentlichen Bau
durchgesetzt. Dies ist allein darauf zurückzuführen, dass Bauelemente aus Stahlblech und
die mit ihnen herstellbaren Varianten für Dachund Wandaufbauten in hervorragender Weise
geeignet sind, auch die ständig erweiterten Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit von
Gebäuden der unterschiedlichsten Nutzungsarten zu erfüllen.
5.2 Detaillösungen zum wirtschaftlichen
Bauen mit Stahlleichtbauelementen
Abb. 5.4: Führung der Dampfsperre zur Herstellung der
Luftdichtheit entlang der Innenseite des Gebäudes
Dabei müssen zugleich die unter dem Begriff der Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks
zusammengefassten Einzelkriterien – und dies
über die von den DIN-Normen geforderte Beschränkung der Tragwerksverformungen hinaus – deutlich erweitert werden:
– Nutzung
(Raumaufteilung, Platzangebot, Möglichkeiten
zur zukünftigen Umnutzung)
– Gestaltung
Gestaltung des Äußeren,
repräsentatives Erscheinungsbild
– Feuchte- und Wärmeschutz
(Energieeinsparung)
Luftdichtheit, Vermeidung von Wärmebrücken,
Kondensatfreiheit
– Brandschutz
Vorbeugender Brandschutz, Schutzdauer
– Schallschutz
Luft- und Körperschall, Dämpfung
von Emissionen oder Immissionen
Während die Stahlleichtbauweise insgesamt
gut geeignet ist, die oben genannten Einzelkriterien zu erfüllen, ist bei der Planung zu berücksichtigen, dass diese Bauweise einige Besonderheiten aufweist, die zur Erfüllung der Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit besonderer
Beachtung bedürfen. So haben Stahlprofiltafeln
– keine thermischen Kapazitäten
(Wärmespeicher),
52
Bevor man sich den Besonderheiten, die
sich aus der unterschiedlichen Nutzung von
Gebäuden ergeben, zuwendet, ist ein Blick auf
die Fachregeln des IFBS – Industrieverband für
Bausysteme im Metallleichtbau e. V. [1] erforderlich. Diese werden unter Berücksichtigung
der sich ändernden Vorgaben, z. B. der Energieeinsparverordnungen, fortlaufend überarbeitet
und geben mit den dargestellten Regeldetails
wichtige Hilfestellungen für das Bauen mit dünnwandigen Bauelementen.
Einige der bisher gültigen Detaillösungen
sind in dieser Form nicht mehr in vollem Umfang geeignet, die Forderungen der EnEV zur
Reduzierung von Wärmebrücken und zur Luftdichtheit der Gebäudehülle zu erfüllen. Deshalb
werden sie in den jüngsten Ausgaben der Fachregeln aktualisiert. Hierzu gehören insbesondere
die Schnittstellen in den Dach- und Wandrandbereichen sowie Detailausbildungen von Dachund Wandöffnungen.
Neben der Reduzierung von Wärmebrücken
liegt ein weiterer Schwerpunkt der Planung in
der Herstellung luftdichter Anschlüsse der Stahlleichtbauelemente und der Dampfsperren, sowohl untereinander als auch zu den anschließenden Bauteilen oder Gewerken. Dabei wird vorausgesetzt, dass für niedrig und normal beheizte
Gebäude die Luftdichtheit in aller Regel an der
Innenseite des Dach- und Wandaufbaus herzustellen ist (Abb. 5.4). Abb. 5.5 für zweischalige Dach- und Wandaufbauten und Abb. 5.6
für Dach- und Wandaufbauten aus Stahl-Sandwichelementen zeigen einige der überarbeiteten und in den IFBS-Fachregeln veröffentlichten Regeldetails.
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Abb. 5.5, Teil 1: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für den zweischaligen Dach- und Wandaufbau (IFBS-Info 4.01)
Zweischaliger Wandaufbau für niedrig
beheizte Gebäude
T < 19 °C
Stahlkassettenprofile
mit eingelegter
Dämmung und
thermischer Trennung
Sockelanschluss
(Verlegung der
Außengurte nach
oben weisend)
Fensteröffnung
53
Dokumentation 568
Abb. 5.5, Teil 2: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für den zweischaligen Dach- und Wandaufbau (IFBS-Info 4.01)
Toröffnung
Dach-/
Wandanschluss und
Dachöffnung
Zweischaliger
Wandaufbau für
normal beheizte
Gebäude
T ≥ 19 °C
Stahlkassettenprofil
mit Zusatzdämmung
des Außengurtes
Anmerkung:
Die Schnittstellendetails wie oben unter
Austausch der
thermischen Trennung
gegen Dämmmaterial
54
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Abb. 5.6, Teil 1: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für Dach und Wand aus Stahl-Sandwichelementen (IFBS-Info 4.01)
Wandaufbau aus
Stahl-Sandwichelementen für niedrig
und normal beheizte
Gebäude
Dach-/
Wandanschluss
Gebäudeecke und
Sockelanschluss
Fensteröffnung
55
Dokumentation 568
Abb. 5.6, Teil 2: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für Dach und Wand aus Stahl-Sandwichelementen (IFBS-Info 4.01)
Toröffnung
Türöffnung
Dachöffnungen
Firstausbildung
56
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
5.3 Dach- und Wandkonstruktionen für nicht,
niedrig und normal beheizte Gebäude
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzungsarten von Gebäuden werden
nachfolgend einige der mit Stahlleichtbauelementen herstellbaren Dach- und Wandsysteme vorgestellt. Beschrieben wird, in welcher Zusammensetzung sie die Anforderungen an die
Gebrauchstauglichkeit in Abhängigkeit von der
Nutzung eines Gebäudes erfüllen und so ihren
Beitrag zum „nachhaltigen Bauen“ leisten. Es
werden Detaillösungen für Dach und Wand
vorgestellt, die bei fachgerechter Erstellung
die Aufgabe des an die Nutzung angepassten
Wärme- und Feuchteschutzes zuverlässig erfüllen können. Auf Anforderungen des Schallund Brandschutzes wird ausdrücklich nicht eingegangen.
5.3.1 Unbeheizte oder offene Bauwerke
Nutzung:
Lagerhalle, Unterstand, offene Überdachung,
Vordach
Klimatisierung:
unbeheizt:
Luftfeuchte: mit dem Außenklima wechselnd
Dachsystem:
einschalig:
Pfannen-, Well- oder Trapezprofil, Steh- und
Klemmfalzprofil, ggf. unterseitige Antitropfbeschichtung, belüftet
alternativ:
Stahl-Sandwichelement in geringer Dicke
Wandsystem:
einschalig:
Well- oder Trapezprofil, belüftet
alternativ:
Stahl-Sandwichelement in geringer Dicke
Bei unbeheizten und offenen Gebäuden, bei
denen keine oder nur untergeordnete Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz bestehen, wie beispielsweise in der Landwirtschaft oder bei Lägern sowie für Unterstände
und Überdachungen, können auch einschalige
Deckungen ohne Wärmedämmung eingesetzt
werden. Zur Anwendung kommen gelegentlich
noch Pfannenprofile, meist aber Well- und Trapezprofile sowie Klemm- und Stehfalzelemente.
Sie werden auf Pfettenprofilen von der Traufe
beginnend zum First hin verlegt. Einschalige
Deckungen dienen als Wetterschutz und sind
als wasserführende Dachschale zugleich ein einfacher oberseitiger Raumabschluss.
Je nach Art der Nutzung des Gebäudes, z. B.
als Sportstätte oder Lagerhalle, kann es erforderlich sein, das Abtropfen von Kondensat von der
Dachunterseite zu verhindern. Zwei Möglichkeiten stehen zur Verfügung:
– Antitropfbeschichtung an der Unterseite der
Dachelemente (Abb. 5.7)
– Dachaufbau aus Stahl-Sandwichelementen
Abb. 5.7:
Deckung einer
unbeheizten
Lagerhalle für
Holzprodukte aus
Stahltrapezprofilen mit unterseitiger Antitropfbeschichtung
5.3.1.1 Einschaliger Dachaufbau
mit Antitropfbeschichtung
Um Abtropferscheinungen infolge Kondensatbildung an der Unterseite von einschaligen
Dächern zu vermeiden, kommen Antitropfbeschichtungen zum Einsatz. Hierzu können entweder schon das Vormaterial für die Dachelemente oder nach deren Profilierung die Dachelemente selbst mit einer kondensatabsorbierenden Beschichtung versehen werden. Der
häufig gebrauchte Begriff „Antikondensatbeschichtung“ ist irreführend. Die Beschichtung
verhindert nicht das Entstehen von Kondensat,
sondern speichert es bis zu dem Zeitpunkt, zu
dem ein Klimawechsel stattfindet und die gespeicherte Feuchte durch Ablüften wieder an
die Umgebung abgegeben werden kann.
Daraus folgt, dass bei Dachdeckungen, die
unterseitig über eine Antitropfbeschichtung
verfügen, eine ausreichende Belüftung in Form
von Zuluftöffnungen entlang der Traufe und
Abluftöffnungen entlang des Firstes, z.B. in Form
eines Lüfterfirstes (Abb. 5.8 a), zu gewährleisten ist. Ebenso sind die Kontaktflächen der
Dachelemente wie Längs- und Querstoßüberdeckungen von Beschichtungsstoff freizuhalten,
um eine dauerhafte Durchfeuchtung an diesen
Stellen zu vermeiden. Schließlich ist darauf zu
achten, dass der Luftstrom von der Traufe bis
zum First nicht behindert wird. Dazu sollte der
57
Dokumentation 568
– Gebäude, die sich in Schlauchmündungen, eingedeichten Zonen bzw. schmalen und feuchten Tälern befinden
Einsatz einer mineralischen Beschichtung
Werden Dachelemente erst vor ihrer Montage mit einer Beschichtung versehen, geschieht
dies mit Hilfe eines mineralischen Materials, das
über das Speichern von Kondensat hinaus auch
zur Schalldämpfung geeignet ist. Es besteht aus
einem Gemisch hochporösen, feuchteabsorbierenden Mineralgranulats mit hellgrauem, verputzähnlichem Aussehen. Durch die Zugabe
von Bindemitteln bleibt die Schutzschicht an
den metallisch blanken oder beschichteten
Oberflächen haften.
Die Dicke der Beschichtung ist variabel und
richtet sich in Abhängigkeit von der Absorptionsfähigkeit des Materials nach dem zu erwartenden Feuchteanfall. Als Orientierung kann bei
einer Schichtdicke von 1 mm eine Absorption
von 700 g/m2 bis 750 g/m2 angenommen werden. Im Gegensatz zu den Beschichtungen aus
Faservlies ist bei mineralischen Stoffen eine Behandlung mit Fungiziden nicht erforderlich. Es
gelten auch hier die oben aufgelisteten Voraussetzungen und Einschränkungen.
Abb. 5.8:
Ausführungsdetails bei
Einsatz einer
Antitropfbeschichtung
58
Abstand der Pfetten das Zehnfache der Pfettenhöhe, also das Größenverhältnis e : h = 10 :1,
nicht unterschreiten (Abb. 5.8).
Einsatz einer Vliesbeschichtung
Wird bereits das Vormaterial mit einer Antitropfbeschichtung versehen, kommen Vliese
auf Zellulosebasis zur Anwendung. Die Dicke
des Vlieses beträgt mindestens 400 µm, seine
Absorptionsleistung liegt dann bei 300 g/m2 mit
einer durchschnittlichen Absorptions- bzw.
Desorptionsgeschwindigkeit von 13 g/h/m2 bei
95 % Luftfeuchte. Das Faservlies ist mit einem
Pilzschutzmittel zur Behinderung der Schimmelpilzbildung behandelt. Faservliese werden ausschließlich in Räumen mit unbelasteten und damit nicht aggressiven Raumbedingungen sowie
bei sporadisch auftretender geringer oder mittlerer Luftfeuchtigkeit eingesetzt. Faservliese
dürfen nicht eingesetzt werden in gefährdeten
Innen- und Außenbereichen. Hierzu zählen:
– Räume mit starker Präsenz von Menschen
bzw. Tieren
– Räume mit starker Bildung von Wasserdampf
bzw. Dampf von ätzenden chemischen Stoffen
– Räume mit kontrollierter Luftfeuchtigkeit, die
zur Fertigung von Produkten erforderlich ist
– Räume mit starker Staubbildung
5.3.1.2 Einschaliger Wandaufbau
Beim einschaligen Wandaufbau kommen
vorrangig vertikal angeordnete Well- und Trapezprofile zum Einsatz. Ihre Querschnittsgeometrie
sollte so beschaffen sein, dass der zur Ablüftung des an der Wandinnenseite anfallenden
Kondensats erforderliche Luftstrom vom Sockel
zur Traufenöffnung im Bereich der Wandriegel
möglichst nicht behindert wird. Das Entstehen
von Kondensat an der Wandinnenseite ist unkritisch, da es an der Wand ablaufen und am
Sockel nach außen austreten kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der übliche Mindestabstand zwischen dem Querrand des Wandelements und dem darunter angeordneten Sockelprofil mit mindestens 10 mm eingehalten ist
(Abb. 5.8 b).
5.3.1.3 Ausführung mit Stahl-Sandwichelementen
Als Alternative zur einschaligen Deckung,
die eventuell Zusatzmaßnahmen gegen das Abtropfen entstehenden Kondensats an der Dachunterseite erfordert, können auch Stahl-Sandwichelemente eingesetzt werden. Voraussetzung
ist aber, dass die Gebäudehülle im Hinblick auf
eine mögliche Umnutzung in ein beheiztes Gebäude luftdicht hergestellt wird.
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
5.3.2 Niedrig beheizte Werkoder Lagerhallen
Nutzung:
Werkhalle, Lagerhalle, Umschlaghalle
Klimatisierung:
niedrig beheizt:
T = +12 °C < +19 °C, Luftfeuchte: < 50 %
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium
verstärkte selbstklebende Bitumenbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle trittfest
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium
verstärkte selbstklebende Bitumenbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als
Filz oder trittfest
Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder
Stehfalzprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Wandsystem:
zweischalig:
Innenschale: Stahlkassettenprofil
Dämmung: Mineralwolle halbsteif
thermische Trennung:
thermischer Trennstreifen
Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder
Fassadenprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Niedrig beheizte Lager- und Werkhallen sowie Umschlaghallen, die der Herstellung, Lagerung und dem Umschlag von Gütern dienen,
gehören in der Regel zu den Gebäuden mit
niedrigen Innentemperaturen ein Bereich von
+12 °C ≤ T < +19 °C. Besondere Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz über die
geltenden Vorgaben der DIN 4108 [2] und der
Energieeinsparverordnung EnEV 2009 [3] hinaus sind bei dieser Art der Nutzung in der Regel
nicht gegeben. Dennoch müssen auch hier die
Anforderungen der Norm und der EnEV 2009
erfüllt werden, Wärmebrücken und die Bildung
von Schwitzwasser im Innern zu vermeiden.
5.3.2.1 Zweischalige Konstruktionen
Bei zweischaligen Dach- und Wandkonstruktionen werden zur Reduzierung von Wärmebrücken thermische Trennstreifen oder je nach
Abb. 5.9:
Thermische Trennung zwischen
Kassettenaußengurt, Randaussteifungswinkel
und Außenschale
Erfordernis des Wärmeschutznachweises Zusatzdämmungen (Abb. 5.17) zwischen der Unteroder Distanzkonstruktion und der äußeren Deckschale eingebaut. Bei Stahlkassettenprofilen als
Wandinnenschale geschieht dies, indem ein
thermischer Trennstreifen zwischen den Kassettenobergurten und der Außenschale angeordnet
wird. Dieser muss die Gesamtbreite der Gurte
vollständig abdecken. Das gilt auch für Gurte
oder Schenkel von eingebauten Randaussteifungsprofilen und Auswechslungen (Abb. 5.9).
Außerdem ist die Dicke der Wärmedämmung
so zu wählen, dass die Stahlkassettenprofile bis
zu den thermischen Trennungen hin vollständig
ausgefüllt sind.
Das Gleiche gilt sinngemäß auch für den
zweischaligen Dachaufbau. Die Dämmung sollte
zur Vermeidung von Hohlräumen zweilagig
und im Versatz verlegt werden. Darüber hinaus
empfiehlt es sich, die jeweils oberste Lage aus
komprimierbarem Dämmfilz auszubilden, um
das Entstehen von Hohlräumen unter der Deckschale, in denen in den Dachaufbau eingedrungene feuchtwarme Innenraumluft vagabundieren kann, zu vermeiden. Hierzu wird die Dämmung um ca. 20 mm dicker ausgelegt als erforderlich, was am Beispiel einer 120 mm dicken
Dämmung wie folgt geschehen kann:
Einsatz von Rollfilz:
1. Schicht mit d = 80 mm +
2. Schicht mit d = 60 mm = 140 mm
Einsatz von zwei Schichten trittfester Mineralwollplatten in Kombination mit 1. Schicht aus
Rollfilz:
1. + 2. Schicht mit je d = 50 mm +
3. Schicht mit d = 40 mm = 140 mm
Auch für niedrig beheizte Gebäude ist die
Dach- und Wandkonstruktion einschließlich aller
Schnittstellen luftdicht herzustellen. Hierzu gehört, dass die Dampfsperrbahnen im ein- wie
59
Dokumentation 568
Abb. 5.10: Luftdicht hergestellte Dampfsperrüberdeckung
mit beidseitig klebendem Band
auch im zweischaligen Dachaufbau untereinander und an den Schnittstellen zu Dachrändern
und Öffnungen luftdicht verklebt (Abb. 5.10)
bzw. an die Innenseiten der benachbarten Bauteile angeschlossen sind. Bei niedrig beheizten
Gebäuden ist eine kostengünstige PE-Folie mit
einem sD-Wert > 100 m als Dampfsperre in der
Regel ausreichend.
Bei der zweischalig ausgebildeten Kassettenwand übernimmt das Stahlkassettenprofil selbst
die Funktion der Dampfsperre. Hierzu werden
zwischen den Kassettenstegen entlang der inneren Biegeschultern zum Kassettenuntergurt und
an den Auflagern komprimierbare Dichtbänder
eingebaut. Dabei ist darauf zu achten, dass die
Bänder die Untergurtsicken der Profile vollständig ausfüllen. Ist dies nicht vollständig gegeben,
müssen zuvor zusätzlich kleine Dichtbandstücke
in die Sicken eingebaut werden, um die erforderliche Luftdichtheit herzustellen (Abb. 5.11).
Luftdurchgang
Stegdichtung
Falsch
Richtig
Abb. 5.11: Zusatzmaßnahme zur Abdichtung von
Untergurtsicken am Auflager des Kassettenprofils
60
5.3.2.2 Dach- und Wandaufbau
aus Stahl-Sandwichelementen
Bei Dach- und Wandkonstruktionen aus
Sandwichelementen sind die Längsstoßüberdeckungen luftdicht herzustellen. Dies geschieht,
indem man während der Montage Schubwerkzeuge einsetzt, die das Ineinanderschieben der
Sandwichelemente entlang ihrer Längsränder erleichtern (Abb. 5.12). Während die Dampfsperre
im Dachaufbau luftdicht an die Innenseiten der
Wand-Sandwichelemente angeschlossen wird
(Abb. 5.13), ist darauf zu achten, dass auch die
Lücken zwischen den Längsstoßfugen der Sandwichelemente und den angrenzenden Bauteilen
mit Dichtstoff oder kleinen Dichtbandstücken
luftdicht verschlossen werden (Abb. 5.14).
5.3.3 Normal beheizte Gebäude
Nutzung:
Werkhalle, Bürogebäude,
Versammlungsstätte
Klimatisierung:
normal beheizt:
T ≥ +19 °C, Luftfeuchte: > 50 %
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte
selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle trittfest
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte
selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als
Filz oder trittfest
Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder
Stehfalzprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Wandsystem:
zweischalig:
Innenschale: Stahlkassettenprofil
Dämmung: Mineralwolle halbsteif
thermische Trennung: mind. 40 mm
Dämmstoff auf den Obergurten
Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder
Fassadenprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Abb. 5.12: Setzen eines Sandwichelementes mit Hilfe
einer Schubvorrichtung
Normal beheizte Gebäude, dazu gehören
z. B. Bürobauten (Abb. 5.15), dienen dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Die Innenraumtemperaturen liegen zumindest bei +19 °C,
bei Bürogebäuden in der Regel bei ca. +20 °C,
und dies bei einer relativen Innenraumfeuchte
von 50 % bis 60 %. Da die Gebäude zum permanenten Aufenthalt von Menschen bestimmt
sind, muss auch die Anforderung einer gewissen Behaglichkeit erfüllt werden. Damit ist
neben der Herstellung der dauerhaften Luftdichtheit der Gebäudehülle und der Vermeidung
von Wärmebrücken auch die an den Dachund Wandinnenschalen sich einstellende Oberflächentemperatur von besonderer Bedeutung.
Eingebautes
Dichtband
Anschluss der
Dampfsperre
Abdichtung
der
Querstoßüberdeckung
Abb. 5.13: Luftdichte Anbindung der tragenden Dachunterschale an eine Attika aus Stahl-Sandwichelementen
Im Dachaufbau
Am Sockel
Abb. 5.14: Luftdichter Abschluss des Spalts zwischen Sandwichelementlängsfuge und dem angeschlossenen Bauteil
mit Dichtstoff oder Dichtband
61
Dokumentation 568
5.3.3.1 Zweischalige Konstruktionen
Die hohen Anforderungen an den Feuchteund Wärmeschutz in normal beheizten Gebäuden führen dazu, dass die bei zweischaligen
Konstruktionen niedrig beheizter Gebäude
üblichen thermischen Trennstreifen zwischen
der Unter- oder Distanzkonstruktion und der
äußeren Deckschale zur Reduzierung der Wärmebrücken nicht mehr ausreichend sind. Um die
Entstehung von Schwitzwasser zu vermeiden,
ist es erforderlich, auf die Kassettenobergurte
eine zusätzliche Wärmedämmschicht von mind.
d = 40 mm aufzubringen. Hierzu stehen halbsteife Mineralwollelemente zur Verfügung, die
die Obergurte der Stahlkassettenprofile umfassen
und damit die Wandaußenschale auf Abstand
halten. Die Verbindung der Außenschale an die
Kassettenobergurte erfolgt mit Spezialschrauben
durch die Dämmung hindurch in die Obergurte
der Stahlkassettenprofile. Diese Schrauben besitzen über der Bohrspitze einen abstützenden
Bund, wodurch die Kippsicherung der Obergurte trotz des Abstandes zur Außenschale noch
gegeben ist (Abb. 5.17). Ist auch diese Art des
Wandaufbaus zur Erreichung des geforderten
Wärmeschutzes nicht mehr ausreichend, werden Sonderkonstruktionen erforderlich.
Als Dampfsperren erweisen sich für normal
beheizte Gebäude selbstklebende und mit Aluminium verstärkte Butylbahnen und traditionelle
Bitumen-Schweißbahnen als zuverlässigere
Materialien. Sie lassen sich fehlerfrei im Bereich
von Schnittstellen anschließen.
Abb. 5.15:
Bürogebäude
mit Fassade aus
Stahlpaneelen
Abb. 5.16:
Temperaturverlauf im Fugenbereich eines
Stahl-Sandwichelements
In solchen Fällen ist der Einsatz von Stahl-Sandwichelementen bei hoher Fugendichtheit von
Vorteil (Abb. 5.16). Das Bild zeigt anhand des
Temperaturverlaufs auf der Innenseite, dass bei
einer nach dem Stand der Technik luftdichten
Fuge keine nennenswerten Wärmebrücken vorhanden sind.
5.3.3.2 Dach- und Wandaufbau
aus Sandwichelementen
Besteht der Dach- und/oder Wandaufbau
aus Stahl-Sandwichelementen, sind über die Ermittlung der ausreichenden Dämmdicke hinaus
Abb. 5.17:
Dämmstoffplatte
zur Einbettung
der Kassettenaußengurte in
die Dämmebene
Gedämmte Außengurte
62
Bundschraube zur Kippsicherung der Außengurte
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Abb. 5.18: Bauphysikalischer Schichtenaufbau bei Dach
und Wand bei beheizten Gebäuden
Abb. 5.19: Schichtenaufbau bei Dach und Wand in
Abhängigkeit von der Nutzung
und unter Beachtung der in Kapitel 5.2 vorgestellten Detaillösungen keine weiteren Maßnahmen zur Gewährleistung des Wärme- und
Feuchteschutzes erforderlich. Bei der Ausführung von Dach- und Wandkonstruktionen sind
auch die im Rahmen des Kapitels 5.3.2 vorgestellten Anschluss- und Abdichtungsmaßnahmen
zu beachten. Auf eine fachgerechte Montage, die
eine nach dem Stand der Technik dauerhafte
Dichtheit der Fuge garantiert, sei nochmals ausdrücklich hingewiesen.
5.4.1 Kühlhäuser
5.4 Aus der Nutzung herzuleitende
Sonderausführungen
Über die Art der Beheizung von Gebäuden
und die sich daraus ergebenden Anforderungen
an die Ausführung von Dach- und Wandaufbauten hinaus gibt es einige Arten von Gebäudenutzungen, die besondere Innenklimata zur
Folge haben. Im Hinblick auf den erforderlichen
Wärme- und Feuchteschutz sind dann zusätzliche Überlegungen zur Ausbildung von Dachund Wandaufbau anzustellen. Während der
Dach- und Wandaufbau für beheizte Gebäude
grundsätzlich aus einer innenliegenden Dampfsperrschicht, gefolgt von einer Dämmschicht
und einer Deck- oder Abdichtschicht (Abb. 5.18)
besteht, kann sich dieser Schichtenaufbau je
nach der Art der Nutzung des Gebäudes und in
Abhängigkeit von der Klimatisierung im Innern
grundlegend ändern (Abb. 5.19).
Nutzung:
Kühlhaus, Tiefkühlhaus, Gemüselager,
Käserei
Klimatisierung:
temperiert:
T = +4 °C > –8 °C, Luftfeuchte: bis zu 95 %
tiefgekühlt T bis hinab zu –30 °C,
Luft entfeuchtet
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
1. Dampfsperre: Bitumen-Schweißbahn
(entfällt beim Tiefkühlhaus)
Dämmung: Mineralwolle trittfest
2. Dampfsperre: Bitumen-Schweißbahn
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Die Eignung ist in jedem Einzelfall zu prüfen
alternativ:
Stahl-Sandwichelement nur bei temperierten
Lagern oder im Inneneinsatz
Wandsystem:
zweischalig:
nicht geeignet
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Kühlhäuser, insbesondere Tiefkühlhäuser
mit Betriebstemperaturen von bis zu –30 °C,
stellen ganz besondere Anforderungen an die
Planung und Ausführung von Dach- und Wandkonstruktionen. Drei gebräuchliche Arten der
Nutzung als Kühlhaus sind zu unterscheiden:
– Kühlzelle innerhalb eines Gebäudes
– Tiefkühllager
– Reifelager, Gemüselager, Käserei
63
Dokumentation 568
Abb. 5.20: Raumabschluss bei Kühlhausbauten
5.4.1.1 Kühlzelle innerhalb eines Gebäudes
Kühlzellen können innerhalb von Lagerund Umschlaghallen eingebaut werden, so dass
ihre Decken und Wände unabhängig von der
Gebäudehülle erstellt werden. Sie sind deshalb
äußeren Belastungen wie Niederschlag, Wind
und Sonneneinstrahlung nicht ausgesetzt. Für
die Bemessung von Decke und Wand einer
Kühlzelle sind nur deren Eigenlast, Druckdifferenzen und die Innenraumtemperaturen der
Zelle selbst gegenüber den im sie umgebenden
Gebäude herrschenden Temperaturen maßgebend. Aus diesem Grund werden für Kühlzellen häufig Baukonstruktionen mit hohen,
unbelasteten Trennwänden und lediglich durch
Abb. 5.21: Tiefkühllager mit Knitterfalten in den äußeren
Deckschalen infolge höherer Außentemperaturen
64
Inspektionslasten belastete Deckenkonstruktionen aus Stahl-Sandwichelementen (Abb. 5.20 a)
gefordert. Gelegentlich sind auch großformatige
freitragende Kühlkanäle auszuführen, deren
Wände und Decken aus Sandwichelementen
bestehen sollen.
Für diese Anwendungsvarianten liegen bislang keine baurechtlichen Regelungen vor, so
dass ihr Einsatz nur unter Abweichung von den
in den Zulassungsbescheiden des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) definierten Anwendungsbereichen vorgenommen werden kann.
Sofern es sich um Sandwichelemente mit Polyurethan-Hartschaumkern mit gesicherter Qualität handelt und keine extremen Anforderungen
vorliegen, kann die Tragsicherheit näherungsweise anhand der im Zulassungsbescheid protokollierten Materialdaten kombiniert mit elementaren Regeln der Statik nachgewiesen werden.
Vorsicht ist immer geboten bei Sandwichelementen mit Mineralfaserkern. In den Fällen,
in denen mit konzentrierten Lasten – z. B. beim
häufigen Begehen von Deckenplatten – zu rechnen ist, ist zu berücksichtigen, dass die Fasern
des Mineralwollkerns infolge „Overpressing“ in
den Randzonen zu den Deckschalen brechen
können. Dadurch geht die erforderliche Verbundwirkung und damit wiederum die Tragfähigkeit verloren.
5.4.1.2 Tiefkühlhaus
In den meisten Fällen werden Gebäude errichtet, die insgesamt als Kühl- oder Tiefkühlzelle genutzt werden. Hierbei sind neben den
äußeren Einwirkungen wie Niederschlag, Wind
und Außentemperaturen die jeweils mit der
Nutzung als Kühl- oder Tiefkühlzelle verbundenen Betriebstemperaturen von bis zu –30 °C zusätzlich zu berücksichtigen. Während der Wandaufbau für diese Bauwerke in der Regel aus
Sandwichelementen mit Stahldeckschalen und
einem Kern aus Polyurethan-Hartschaum gebildet wird, kommt als Dachaufbau ein Einschalendach mit oberseitiger Dämmung und Dachabdichtung zur Anwendung.
Bei der Planung des Schichtenaufbaus für
Tiefkühlhäuser ist grundsätzlich zu beachten,
dass die warme Seite der Gebäudehülle aufgrund
der extrem niedrigen Innentemperaturen in aller
Regel außen liegt. Folglich ist der Schichtenaufbau gegenüber einem beheizten Gebäude umzukehren mit der Folge, dass im Dach die Dampfsperre außen anzuordnen ist (Abb. 5.19 b).
Bei entsprechender Farbgebung der Außenwand ergibt sich während der warmen Jahreszeit
leicht eine Temperaturdifferenz von ca. 100 °K.
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Hieraus resultiert für den Wandaufbau aus Sandwichelementen (Abb. 5.20 c) die Notwendigkeit, die Konstruktion so zu gestalten, dass
unter der außen stattfindenden Temperaturerwärmung keine Knitterfalten in den äußeren
Deckschichten der Sandwichelemente entstehen
können (Abb. 5.21).
Bei der Vertikalverlegung hat die Verbindung der Sandwichelemente mit ihren Auflagern, also den Wandriegeln, so zu erfolgen
hat, dass sich die tragenden Stützen unter der
Abkühlung im Innern verkürzen können – ohne
Abstützung an den Wandelementen und ohne
Einleitung von Längskräften in die Wandelemente. Dazu müssen die Sandwichelemente über
Agraffen, die das vertikale Schieben zwischen
Wandelement und Wandriegel ermöglichen, mit
diesen verbunden werden (Abb. 5.22). Die
Agraffen ermöglichen auch ein horizontales
Spiel, was bei richtiger Abstimmung zwischen
den einzelnen Riegellagen eine effektive Minderung der Sandwichbeanspruchung infolge der
Temperaturdifferenzen zur Folge hat.
Eine Alternative zur Agraffenlagerung stellt
die Anordnung einer Vorsatzschale, z. B. aus
Trapezprofilen, dar (Abb. 5.20 b), die die thermische Beanspruchung der Wand erheblich
reduziert. Dies wird dann bei der Bemessung
der Sandwichelemente entsprechend berücksichtigt.
Häufig wird auch mit Erfolg versucht, die
Temperaturzwängungen durch eine statisch bestimmte Lagerung der Sandwichelemente als
Einfeldträger zu umgehen. Die Elemente werden
dann horizontal von Stütze zu Stütze verlegt.
Hierbei ist dann bei der luftdichten Gestaltung
aufgrund der zahlreichen Querstoßfugen ein
Mehraufwand zu berücksichtigen.
5.4.1.3 Reifelager, Gemüselager, Käserei
Eine Sonderform der Kühlhäuser und eine
besondere Herausforderung an Planer und Ausführende stellen temperierte Läger wie Gemüseläger und Käsereien dar. Zu den Betriebstemperaturen von ca. 0 °C bis +4 °C kommen auch
noch ungewöhnlich hohe Luftfeuchten von 75 %
bis 95 % hinzu. Da bei dieser Art der Nutzung
die warme Seite je nach Jahres-, Tag- oder Nachtzeit einmal innen und dann wieder außen liegen
kann, sind im zweischaligen Dachaufbau zwei
hinsichtlich ihres Sperrwerts aufeinander abgestimmte Dampfsperren anzuordnen – eine innen
und eine außen (Abb. 5.19 c). Die Dämmdicke
muss so berechnet werden, dass eine Kondensatbildung unterhalb der Dampfsperre ausgeschlossen werden kann.
Kräftespiel
Z = A*(a+b) / a
D= A*b/a
a = Hebelarm nach
Maßgabe der
Begrenzung der
Druckspannungen im
Schaum
s = Spiel nach Maßgabe der Verformungen des Sandwichelements unter
Temperaturbelastung
v = Verformung des
Wandriegels unter
dem Kälteschrumpfen
der Unterkonstruktion
Abb. 5.22: Agraffenlagerung für Sandwichelemente im
Tiefkühlhausbau
5.4.2 Sport- und Versammlungsstätten
Nutzung:
Turnhalle
Klimatisierung:
niedrig beheizt:
T = 15 °C, Luftfeuchte: 60 %–75 %
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium
verstärkte selbstklebende Bitumenbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle trittfest
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium
verstärkte selbstklebende Bitumenbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle als Filz oder trittfest
Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder
Stehfalzprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Wandsystem:
zweischalig:
Innenschale: Stahlkassettenprofil
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle als Filz oder trittfest, halbsteif
thermische Trennung:
thermischer Trennstreifen
Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder
Fassadenprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
65
Dokumentation 568
5.4.3 Druckereien, Papierfabrikation
Abb. 5.23:
Geschlossene
Sporthalle
Sportstätten (Abb. 5.23) stellen eine weitere
besondere Nutzungsart dar mit vergleichsweise
niedrigen Innentemperaturen von ca. +15 °C
und temporären Luftfeuchten von ca. 60 % bis
75 %. Daher sind im Hinblick auf die Lüftung
solcher Innenräume besondere Maßnahmen zu
planen, auszuführen und zu überwachen. Dies
liegt darin begründet, dass die Sportstätten nach
ihrer Nutzung bis in die späten Abendstunden
rundum abgeschlossen werden, ohne zuvor ausgelüftet worden zu sein. Die entstandene Raumfeuchte verbleibt im Innern. Das kann in den
frühen Morgenstunden und der dabei auftretenden Nachtabkühlung der Außenluft an vorhandenen Wärmebrücken, wie z. B. an den Ausrahmungen von Oberlichtern, zur Entstehung
von Kondensat führen, das auf den Sportboden
tropft. Das Pflichtenheft für den Bauherren muss
daher verbindliche Hinweise zur Nutzung und
regelmäßigen Wartung der Halle enthalten.
Abb. 5.24 a (links): Befeuchtungsanlage in Druckereibetrieb
Abb. 5.24 b (rechts): Schwitzwasserbildung infolge
unzureichender Dämmung der Türausrahmung
66
Nutzung:
Druckereibetrieb, Papierherstellung
Klimatisierung:
normal beheizt:
T = konstant 20 °C,
Luftfeuchte: konstant 50 %
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte
selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle trittfest
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte
selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle als Filz oder trittfest
Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder
Stehfalzprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Wandsystem:
zweischalig:
Innenschale: Stahlkassettenprofil
Dämmung: Mineralwolle halbsteif
thermische Trennung:
Dämmstoff auf den Obergurten
Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder
Fassadenprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Um die Formstabilität von Papier, insbesondere die Reißfestigkeit, während der Herstellung
und Verarbeitung zu gewährleisten, sind Papierfabriken und Druckereien in der Regel auf eine
konstante Innenraumtemperatur von ca. +20 °C
bei einer Luftfeuchte von ca. 50 % zu klimatisieren. Um die geforderte konstante Luftfeuchte
halten zu können, werden oft Luftbefeuchter
eingesetzt (Abb. 5.24 a). Unterhalb der Dachschale angeordnet, sprühen sie feine Wassernebel in die Halle. Dies erfordert besondere
Aufmerksamkeit bei Planung und Herstellung
der Luft- bzw. Dampfsperren zur Verhinderung
von Konvektion oder auch Dampfdiffusion in
Dach- und Wandaufbau. PE-Folien eignen sich
aufgrund der oftmals schwierigen Verarbeitung
vor Ort nicht dazu.
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Da durch die ständige Befeuchtung der
Raumluft am Übergang zu Dach und Wand
relative Luftfeuchten von deutlich mehr als 50 %,
lokal sogar bis zu ca. 90 %, auftreten können,
sind Außenwandkonstruktionen mit Kassettenprofilen nur unter zusätzlicher Dämmung der
Obergurte einsetzbar. Aus dem gleichen Grund
muss unbedingt auf die Ausbildung wärmebrückenreduzierter Schnittstellen in den Dachund Wandrandbereichen sowie an den Ausrahmungen für Dach- und Wandöffnungen geachtet werden, um Schwitzwasserbildung zu vermeiden (Abb. 5.24 b). Auf die luftdichte Gestaltung der Innenschale muss gesondert hingewiesen werden.
5.4.4 Schwimmbäder und
Schlachtbetriebe
Nutzung:
Schwimmhalle, Schlachterei
Klimatisierung:
Schwimmbad:
normal beheizt: T = 25 °C,
Luftfeuchte: 75 %–80 %
Schlachtbetrieb:
niedrig beheizt: T < 19 °C,
Luftfeuchte: bis 90 %
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte
selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle trittfest
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte
selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als
Filz oder trittfest
Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder
Stehfalzprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Wandsystem:
zweischalig:
nicht geeignet
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Abb. 5.25: Schlachthof mit hoher Luftfeuchte bei niedrigen
Temperaturen
Bei dieser Art der Nutzung von Gebäuden
fallen besonders hohe Luftfeuchten in den
Innenräumen an. Während in Schwimmbädern
in der Regel Innenraumtemperaturen von ca.
+25 °C bei Luftfeuchten von 75 % bis 80 % vorzufinden sind, können in Schlachtereien bei
niedrigeren Temperaturen im Zuge der täglichen Innenreinigung noch wesentlich höhere
Luftfeuchten anfallen (Abb. 5.25). Aus diesem
Grund sind Wandaufbauten aus Sandwichelementen mit Polyurethan-Hartschaumkern wegen
der besseren Beherrschbarkeit von Wärmebrücken für diesen Einsatzzweck besser geeignet.
Neben der Beachtung bauphysikalischer
Belange sind auch zusätzliche Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf einen ausreichenden
Korrosionsschutz der einzelnen Bauteile erforderlich. Hallenschwimmbäder und Schlachtbetriebe können im Bereich der Metalldachkonstruktion Atmosphären mit erhöhter Konzentration von Chlorionen aufweisen, was eine
besondere Beanspruchung aller zu Spannungsrisskorrosion neigenden Bauelemente, wie z. B.
der Schrauben, hervorruft. Bereiche, die nicht
regelmäßig durchlüftet werden, können zudem
hohe Feuchtekonzentrationen aufweisen, was
bei der Heizung und der Belüftung des Hallenraumes besonders zu berücksichtigen ist. Das
Innere von Schlachtereien wird außerdem durch
Wasser in Verbindung mit korrosionsfördernden
Desinfektionsmitteln belastet. Deshalb ist eine
regelmäßige Ablüftung der Bauelementoberflächen zwingend erforderlich.
67
Dokumentation 568
5.4.5 Gießereien und Ziegeleien
Abb. 5.26:
Zwängungsfreie
Endauflagerung
von Kassettenprofilen zur
Vermeidung von
Verformungen in
der Fläche
Nutzung:
Gießhalle, Ziegelherstellung
Klimatisierung:
Gießhalle:
Prozesswärme T = 35 °C–40 °C,
Luftfeuchte: bis 90 %
Ziegelei:
Prozesswärme T = 35 °C–40 °C,
Luftfeuchte: << 50 %
Dachsystem:
einschalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium
verstärkte selbstklebende Bitumenbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte,
Mineralwolle trittfest
Oberschale: Dachabdichtung
zweischalig:
Unterschale: Stahltrapezprofil
Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium
verstärkte selbstklebende Bitumenbahn
Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als
Filz oder trittfest
Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder
Stehfalzprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Wandsystem:
zweischalig:
Innenschale: Stahlkassettenprofil
Dämmung: Mineralwolle halbsteif
thermische Trennung: kann ggf. entfallen
Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder
Fassadenprofil
alternativ:
Stahl-Sandwichelement
Bei der Ziegelfabrikation sorgen die eingesetzten Brennöfen fortlaufend für hohe Innenraumtemperaturen von 35 °C bis 40 °C, dies
allerdings bei einer vergleichsweise niedrigen
Innenraumfeuchte. Demgegenüber treten bei
Gießereien aufgrund der Fertigungsabläufe zwar
ähnlich hohe oder gar höhere Innenraumtemperaturen auf, aber immer gepaart mit hohen
und stoßweise auftretenden Luftfeuchten. Aufgrund der hohen Temperaturen kann es auch
zu einer extrem hohen Temperaturstrahlung
kommen, von der insbesondere die Dachunterschale betroffen ist. Deshalb sind schon in der
Planung bei der Auswahl der Materialien für
die Dach- und Wandinnenschalen die auftretenden hohen Temperaturen im Hinblick auf die
Lagerung und Befestigung dieser Materialien
besonders zu berücksichtigen.
Treten z.B. in Ziegeleien in Wandnähe hohe
Temperaturen auf, hervorgerufen durch laufende
Brennöfen, kann es erforderlich sein, Bauteile
verschieblich zu lagern (Abb. 5.26 a). So wird
die ungehinderte Ausdehnung unter hoher
Betriebstemperatur ermöglicht und Schäden in
Form von bleibenden Verformungen in den
Oberflächen der Innenschalen (Abb. 5.26 b)
oder gar das Abscheren von Verbindungselementen werden verhindert.
Bei Gießereien ist aufgrund der stoßweise
auftretenden hohen Luftfeuchten in Verbindung
mit extrem hohen Temperaturen außerdem auf
die Auswahl des passenden Korrosionsschutzsystems zu achten.
5.5 Übersicht über die Anwendungsgebiete
und Vergleich der Kosten der
verschiedenen Dach- und Wandaufbauten
5.5.1 Übersicht über die Anwendungsgebiete
von Dach- und Wandaufbauten
Zur besseren Übersicht werden die oben
beschriebenen und an der Nutzung der Gebäude
orientierten Dach- und Wandaufbauten (Abb.
5.27, 5.28) sowie die hierfür zu empfehlenden
Dampfsperrmaterialien (Abb. 5.29) noch einmal
tabellarisch zusammengefasst dargestellt. Dabei
handelt es sich um das Ergebnis langjähriger
Erfahrungen. Im Einzelfall können begründet
auch andere Schichtenaufbauten oder Materialien mit Erfolg eingesetzt werden.
68
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
Nutzung
Temperatur/Luftfeuchte
Lagerhalle/Vordach
Einschalig,
ungedämmt
Einschalig,
gedämmt
Zweischalig,
gedämmt
•
Sandwich
•
+12 °C < +19 °C/< 50 %
•
•
•
≥ +19 °C/> 50 %
•
•
•
Kühlhaus
•
Versammlungs-/Sportstätte
•
•
•
Druckerei/Papierfabrikation
•
•
•
Schwimmbad/Schlachtereibetrieb
•
•
•
Gießerei/Ziegelei
•
•
•
Einschalig,
gedämmt
Zweischalig,
gedämmt
Sandwich
Nur innen
Abb. 5.27: An der Nutzung orientierte Dachaufbauten
Nutzung
Temperatur/Luftfeuchte
Lagerhalle/Vordach
Einschalig,
ungedämmt
•
+12 °C < +19 °C/< 50 %
•
•
≥ +19 °C/> 50 %
•
•
Kassette Zusatzdämmung
•
Kühlhaus
•
Versammlungs-/Sportstätte
•
•
Druckerei/Papierfabrikation
Kassette Zusatzdämmung
•
Schwimmbad/Schlachtereibetrieb
•
Gießerei/Ziegelei
•
•
•
Abb. 5.28: An der Nutzung orientierte Wandaufbauten
Nutzung
Temperatur/Luftfeuchte
PE-Folie
Selbstklebende
Alu-Butylbahn
Lagerhalle/Vordach
•
•
+12 °C < +19 °C/< 50 %
•
•
≥ +19 °C/> 50 %
•
Kühlhaus
Versammlungs-/Sportstätte
BitumenSchweißbahn
•
•
•
•
Druckerei/Papierfabrikation
•
•
Schwimmbad/Schlachtereibetrieb
•
•
Gießerei/Ziegelei
•
•
Abb. 5.29: An der Nutzung orientierte Dampfsperren
69
Dokumentation 568
Nutzung
Temperatur/Luftfeuchte
Lagerhalle/Vordach
Dach,
einschalig
Dach,
gedämmt,
einschalig
Folie
Dach,
gedämmt,
zweischalig
•
+12 °C < +19 °C/> 50%
Wand,
einschalig
Dach
Sandwich
Wand
Sandwich
Kosten
Index*
•
•
75
95
•
•
100
113
101
•
•
•
•
123
135
120
•
145
•
•
100
101
•
•
•
123
120
•
•
•
123
120
•
•
100
101
•
•
100
101
•
•
•
≥ +19 °C/> 50%
Wand,
gedämmt,
zweischalig
•
•
•
nicht möglich
•
Kühlhaus
•
Versammlungs-/
Sportstätte
•
Druckerei/
Papierfabrikation
•
Schwimmbad
•
Schlachtereibetrieb
Ziegelei
Gießerei
•
•
•
•
nicht möglich
nicht möglich
•
•
•
75
* Bei diesen Zahlen handelt es sich ausschließlich um auf ein Referenzgebäude bezogene Richtwerte.
Abb. 5.30:
Kostenvergleich
zwischen
Gebäuden mit
an der Nutzung
orientierten
Dach- und Wandaufbauten
70
5.5.2 Vergleich der Kosten von Gebäuden
mit an der Nutzung orientierten
Dach- und Wandaufbauten
Dass es sich beim Stahlleichtbau um eine
besonders wirtschaftliche Bauweise handelt, ist
mittlerweile in ausreichendem Maße dadurch
belegt, dass im Wirtschaftshochbau nahezu alle
Dachaufbauten mit mindestens einer Dachschale
aus Stahlleichtbauprofilen erstellt werden. Bei
den Dächern mit oberer Dachabdichtung in
Form von Folien oder Metalltafeln besteht die
tragende Dachunterschale in der Regel aus von
Binder zu Binder freispannenden Stahltrapezprofilen, gelegentlich auch aus Stahlkassettenprofilen, während Pfettendächer mit Stahl-Sandwichelementen eingedeckt werden.
Im Wandaufbau finden zweischalige Wandaufbauten mit von Stütze zu Stütze spannenden
Stahlkassettenprofilen als tragender Wandinnenschale sowie Stahl-Sandwichelemente gegenüber
solchen in Massivbauweise zunehmend Anwen-
dung. Vor diesem Hintergrund beschränkt sich
der nachfolgende Kostenvergleich auf die Unterschiede zwischen den oben im Einzelnen beschriebenen und für die verschiedenen Nutzanwendungen der Gebäude einsetzbaren Dachund Wandaufbauten. Als Referenzgröße (100 %)
wird ein normal beheiztes (T > +19 °C) Gebäude
mittlerer Größe mit flach geneigtem Satteldach
und folgenden Abmessungen gewählt:
Länge = 61 m
Breite = 25 m
Höhe = 6 m
Dachneigung = 10 °
Da die Größe und die Anzahl von Wandöffnungen durch die Nutzanwendung des Gebäudes bestimmt sind, wird für den Kostenvergleich auf die Berücksichtigung von Wandöffnungen und das hierfür erforderliche Zubehör
verzichtet (Abb. 5.30).
Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen
5.6 Zusammenfassung
5.7 Literaturangaben
Vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz,
so wie sie in der DIN 4108 und den zwischenzeitlich bauaufsichtlich eingeführten Energieeinsparverordnungen vorgegeben sind, kommt
im Hinblick auf das nachhaltige Bauen der an
der Nutzung des Bauwerks orientierten Vorplanung besondere Bedeutung zu. Neben den Maßnahmen zum Erreichen der erforderlichen Tragsicherheit und der damit verbundenen Auswahl
des hierfür erforderlichen Korrosionsschutzes
von Stahlleichtbauelementen nimmt der Wärmeund Feuchteschutz inzwischen eine gleichgewichtige Position im Baugeschehen ein.
Die zukünftige Nutzung eines Gebäudes ist
damit Richtschnur für die Auswahl des für Dach
und Fassade einzusetzenden Systems. Hier erweist sich die Stahlleichtbauweise als besonders
flexibel. Für die unterschiedlichsten Nutzanwendungen stehen für den Dach- und Wandaufbau
Leichtbauelemente aus oberflächenveredeltem
Stahlblech zur Verfügung, die mit der Erfüllung
der Nutzungsanforderung zugleich auch eine
besonders wirtschaftliche Alternative zu anderen
Bauweisen darstellen.
Dass Stahlleichtbauelemente in herausragender Weise geeignet sind, die gestiegenen
Anforderungen an die Bauweisen gerade auch
im Sinne des nachhaltigen Bauens zu erfüllen,
beweisen die vielfältigen Einsatzgebiete (Abb.
5.31), in denen Dach- und Wandelemente aus
Stahlblech dank ihrer besonderen Eigenschaften
zur Anwendung kommen.
[1] Fachregeln des Industrieverbands für Bausysteme im Metallleichtbau e. V. (IFBS), Düsseldorf
[2] DIN 4108 „Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden“ – Teil 1 bis 10; Beuth
Verlag GmbH, Berlin
[3] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik
bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung –
EnEV) vom 30.04.2009, BGBL. I
5.8 Bildquellen
Abb. 5.1, 5.7, 5.9 bis 5.15, 5.21, 5.23 bis 5.26:
Hans Pöter
Abb. 5.2: Zeman Bauelemente Produktionsgesellschaft mbH
Abb. 5.5, 5,6: Industrieverband für Bausysteme
im Metallleichtbau e.V. (IFBS)
Abb. 5.16: Mainka/Paschen: Wärmebrückenkatalog
Abb. 5.17: Saint-Gobain Isover G+H AG
Abb. 5.31 a: Hammersen Elementbau GmbH &
Co. KG, Osnabrück
Abb. 5.31 b: EJOT Holding GmbH & Co. KG,
Bad Berleburg
a
Abb. 5.31: Stahlleichtbauelemente im Einsatz für
unterschiedlichste Nutzanwendungen
a) Werkhallen, b) Festspielhaus Bregenz
b
71
Dokumentation 568
6 Integrativ und anpassungsfähig – Gestaltung von
Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Prof. Dr.-Ing. Helmut Hachul
6.1 Einleitung
Bei der Gestaltung von Stahlfassaden im
Industrie- und Gewerbebau sind zwei Parameter
für eine erfolgreiche Umsetzung besonders entscheidend: die konstruktiven Grundlagen der
jeweiligen Bauweise sowie die ästhetische Auseinandersetzung mit der geplanten Fassadenoberfläche.
Während die technologischen Anforderungen in der Regel umfassend beschrieben sind
und ihren Niederschlag in technischen Regelwerken und Empfehlungen finden (vgl. Literatur), stellt die Frage der konkreten Fassadenausgestaltung die Planer oft vor große Herausforderungen.
Die zu gestaltenden Flächen von Industrieund Gewerbehallen weisen einerseits Abmessungen auf, deren Größe in der klassischen Fassadengestaltung selten vorkommt (Abb. 6.1),
andererseits erfordern die oft dominanten Kubaturen ein hohes Maß an Durchgestaltung. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Gliederung
über sichtbare Gesimse, Vorsprünge oder Fenster oft nicht stattfinden kann. Da im Stahlleichtbau zudem Korrosionsschutzmaßnahmen gefordert sind, stellt sich dem Planer ferner die Frage
nach der Ausführung der äußersten Lage – der
Farbbeschichtung.
In diesem Beitrag soll vor allem der Aspekt
der Fassadengestaltung untersucht werden. Nach
einer kurzen Übersicht über die konstruktiven
Ausbildungen moderner Bauelemente und die
damit einhergehenden strukturellen Ordnungen
folgen Vorschläge zur gestalterischen Herangehensweise. Damit der Planer im jeweiligen architektonischen Umfeld zur passenden Lösung
finden kann, steht weniger ein gestalterisches
Dogma als vielmehr das Aufzeigen potenzieller
Ausführungsmöglichkeiten im Vordergrund.
6.2 Bausysteme im Stahlleichtbau
Die Ausbildung von Fassaden im Industrieund Gewerbebau erfolgt in erster Linie unter
wirtschaftlichen Aspekten. Außenbauteile aus
Stahlblech haben sich durchgängig qualifiziert,
da sie vielfältige Vorteile in sich vereinen, u. a.:
– Lastabtragung und Wetterschutz
– Minimierung der Unterkonstruktion
– geringes Gewicht
– große Lieferlängen
– schnelle Montage
– hohe Maßhaltigkeit
– erprobte Bausysteme
– hohe Korrosionsbeständigkeit
Abb. 6.1: Die Kubaturen von Industrie- und Gewerbebauten sind nicht das Werk eines Künstlers, sondern ergeben sich
pragmatisch aus den jeweiligen Nutzungsparametern
72
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Das 1829 von Palmer patentierte Wellprofil
bildet die Keimzelle der leichten Wand- und
Dachbauteile. Durch die einfache Wellung des
Stahlblechs vergrößert sich die konstruktive
Höhe der Oberfläche: Gegen Biegung ist nun
nicht allein die Blechdicke aktiv, sondern der
neue, gewellte Querschnitt (Abb. 6.2). Dermaßen konstruktiv ertüchtigt, kann das Bauteil
selbst zur Lastabtragung eingesetzt werden,
während es zusätzlich die Rolle der wetterfesten
Gebäudehülle übernimmt. Wenngleich die homogene Wellenform statisch noch nicht das Optimum darstellt, hat es als Wegbereiter dem Stahlleichtbau doch zum Durchbruch verholfen. In
der Bündelung der Parameter Lastabtragung und
Gebäudehülle, die mit einer leichten Herstellbarkeit einhergehen, liegt der Erfolg der leichten
Bauteile aus Stahlblech begründet. Als einlagiges,
selbsttragendes Element wird das Wellprofil in
horizontaler oder vertikaler Anordnung nur
noch selten verbaut, häufiger ist es als äußere
Schicht von Sandwichelementen zu finden.
Wellprofile können versetzt oder mit übereinanderliegenden Querstößen angeordnet
werden. Zur Vermeidung von Fugenklaffungen
bei Überlappungen können vertikale Trennprofile (Lisenen, Abb. 6.3) an den Querstößen eingesetzt werden. Die Baubreite beträgt 800 bis
1.064 mm bei Höhen von 18 bis 55 mm. Durch
die gleichmäßige Wellenform kommt es zu
einem weichen optischen Übergang zwischen
Ober- und Untergurt, was der Fläche ein waschbrettartiges Erscheinungsbild gibt (Abb. 6.4).
Licht- und Schattenflächen sind annähernd
gleich groß. Wie bei anderen horizontal angeordneten Baugliedern muss die Problematik des
Oberflächenwassers beachtet werden, das je
nach Helligkeit der Oberfläche und Luftschadstoffen zu sichtbaren Verlaufsspuren führen
kann.
Abb. 6.3: Wellprofil auf Kassettenwand. Die horizontale
Verlegung macht eine vertikale Unterkonstruktion erforderlich, hier Hutprofile. Um Klaffungen an der Querfuge zu vermeiden, empfiehlt sich der Einbau einer vertikalen Lisene.
Abb. 6.4: Vertikal und horizontal verlegtes Wellprofil.
Durch die sinusförmige Welle sind helle und schattige
Bereiche klar getrennt und bilden ein ausgewogenes
Verhältnis.
Abb. 6.2: Vom aufgeschnittenen Rohr zur Welle: Durch
den Versatz der Hälften entsteht eine durchgängige und
tragende Haut. Die Biegetragfähigkeit ist bedingt durch
die Geometrie noch nicht optimal.
An steigende Anforderungen wie Energieeinsparung und Nachhaltigkeit lassen sich Gebäudehüllen aus Stahlfeinblech bestens anpassen, somit werden sie auch künftig wesentliche
Elemente im Industrie- und Gewerbebau darstellen. Um die prinzipiellen Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen, werden nachfolgend
die gängigen Systeme kurz beschrieben.
6.2.1 Wellprofile
73
Dokumentation 568
6.2.2 Trapezprofile
Trapezprofile stellen die statisch schlüssige
Weiterentwicklung der Wellprofile dar. Die
Steigerung der Tragfähigkeit, die eine Vergrößerung der Spannweite und damit auch eine
Reduktion von Nebenträgern zur Folge hat, geht
in erster Linie auf die statische Optimierung der
Geometrie zurück (Abb. 6.5). Geschickt wird
die leichte Verformbarkeit des Stahlblechs dahingehend ausgenutzt, dass die Materialkonzentration überwiegend in den hochbelasteten Zugund Druckzonen stattfindet. Beachtlich ist die
Höhenentwicklung der Profile in den letzten
Jahrzehnten: Von anfänglichen 70 mm bis hin
zu 210 mm (Abb. 6.6) bei heutigen Systemen
geht die Profilhöhe linear mit einer Steigerung
der Spannweite einher. Solchermaßen optimiert,
lassen sich Felder von 10 m Länge mühelos überspannen.
Hohe Trapezprofile aus Stahlfeinblech werden heute meist als tragende Lage eines Warmdaches verbaut. Geringer profilierte Trapezprofile bilden meist die äußere Schicht von Kassettenwandsystemen (Abb. 6.7). Der geringe
Abb. 6.5: Profiloptimierung Trapez: Durch eine andere
Flächenanordnung im Profil ergibt sich eine deutlich
größere Tragfähigkeit.
1. Generation
Profilhöhe ~ 70 mm
2. Generation
Profilhöhe ~ 140 mm
3. Generation
Profilhöhe ~ 210 mm
Abb. 6.6: Unterschiedliche Generationen von Trapezprofilen im Vergleich: Durch immer größere Bauteilhöhen
wächst die Spannweite; gleichzeitig verringert sich die
Bauteilbreite. Eingewalzte Sicken in den Flächen erhöhen
die Beulsteifigkeit und sorgen für eine optische Differenzierung der Fläche.
74
Abb. 6.7: Der Klassiker: Trapezprofil auf Stahlkassettenwand, kombinierbar in Positiv- und Negativlage (breiter
Gurt außen oder innen) und in vertikaler und horizontaler
Verlegerichtung. Bei Horizontalität ist eine Distanzkonstruktion zur Kassette erforderlich, die Querfugenausbildung sollte wie beim Wellprofil erfolgen.
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Riegelabstand erlaubt hier die Verwendung
schlanker Profilierungen, was sich positiv auf
die Baubreite der Tafeln von etwa 1 m niederschlägt. Ebenfalls Verwendung finden die eher
flachen Profiltafeln als äußere Lage von Sandwichelementen. Wie bei der Welle steigern sie
die Tragfähigkeit der äußeren Lage und sorgen
für eine optische Differenzierung. In der Fassade
kann neben der Negativlage auch die Positivlage
verbaut werden, es entsteht in beiden Fällen
eine gerippte Optik mit unterschiedlich großen
Licht- und Schattenflächen (Abb. 6.8). Bei der
horizontalen Verlegung empfiehlt sich die Ausbildung einer sichtbaren Fuge im übereinanderliegenden Querstoß. Die Baubreite der Profile
liegt zwischen 750 und 1.075 mm, die Bauhöhen betragen 19 bis 210 mm.
Abb. 6.9: Schematische Darstellung der
Kassettenwand. Der hohe C-förmige Querschnitt (links)
trägt das Eigengewicht und die Wärmedämmung, die
oberen und unteren Enden (rechts) werden als Riegellage
aktiv und nehmen die Horizontallasten auf.
6.2.3 Kassettenprofile
Der Einsatz von Stahlkassetten für Hallenwände ermöglicht ebene innere Wandflächen
und gleichzeitig den Entfall von Nebenträgern
in der vertikalen Primärkonstruktion. Begünstigt
wird dies durch die intelligente Bauteilgeometrie: Der obere und untere Bereich des
C-förmigen Wandbauteils fungiert statisch als
Riegellage, die abschließende Rückwand trägt
das Eigengewicht und die eingebrachte Dämmung (Abb. 6.9). Neben ihren Trag- und
Abb. 6.8: Nahansicht des Trapezprofils. Bei der Verlegung
in Negativlage (oben) tritt der schmale Gurt stärker hervor
und zeichnet sich in der Fassade als gut sichtbare Linie
ab. Die Positivlage (unten) betont mit dem breiten Gurt
eher die Flächigkeit. Bei vertikaler Verlegung sind Überlappungen am Querstoß einfach realisierbar.
Dämmeigenschaften verfügen Kassetten aus
Stahlfeinblech auch über ein gutes Schalldämmvermögen.
Kassettenelemente sind der innere Teil
eines zweilagigen Wandsystems; sie werden
an der Außenseite meist durch vertikal oder
horizontal verlegte Trapezprofile ergänzt. Alternativ hierzu lassen sich auch andere einlagige
Leichtbauelemente aus Stahlblech wie Wellprofile oder Stahlpaneele anschließen. Für das
äußere Erscheinungsbild spielen Kassettenelemente keine Rolle, sie können aber durch eine
geschickte Farbwahl hervorragend in das Innenraumkonzept einbezogen werden (Abb. 6.10).
Die Baubreiten der Elemente liegen bei ca.
600 mm, mit Bauteiltiefen von 90 bis 160 mm
lässt sich der Dämmwert gut steuern.
Abb. 6.10:
Es muss nicht
immer grau
sein ...
Durch eine farbig differenzierte
Ausbildung lässt
sich auch der
Innenraum
ansprechend
gestalten.
75
Dokumentation 568
6.2.4 Sandwichelemente
Wie Well- oder Trapezprofile machen sich
Sandwichelemente eine Vergrößerung des inneren Hebelarms zur Erzielung besserer Trageigenschaften zu Nutze. Im Gegensatz zu ihnen
erreichen dies Sandwichelemente nicht durch
eine Verformung des Bleches, sondern durch
eine innere Dämmlage aus Polyurethanschaum
(PUR) oder Mineralwolle. Dadurch erfährt das
Metallblech seine statisch effiziente Positionierung in der Zug- und Druckzone des Bauteils,
während die Füllung hauptsächlich für die
Abtragung der Schubkräfte verantwortlich ist
(Abb. 6.11). Durch die konstruktive Ausbildung
der Sandwichelemente werden die innere und
die äußere Blechlage thermisch getrennt, was
Abb. 6.11: Längsstoß eines Mineralwolleelementes.
Die Trennung der Blechlagen innerhalb des Elementes
sorgt für einen optimalen Wärmeschutz.
einen hervorragenden Wärmeschutz ermöglicht. Über die Bauteildicke und die Art der Füllung lassen sich sowohl Tragfähigkeit als auch
Wärmedämmfähigkeit steuern, die Verlegung
der Elemente kann horizontal und vertikal erfolgen (Abb. 6.12 und 6.13). Der Querstoß der
Elemente wird idealerweise linear angrenzend
ausgeführt und mit einem Abdeckblech geschlossen. Dies gewährleistet ein Höchstmaß an Dichtigkeit, die optische Unterbrechung muss allerdings bei der Gestaltung berücksichtigt werden.
Die Deckschalen von Sandwichelementen
reichen von glatten oder feinstrukturierten
Oberflächen bis hin zur Ausbildung als Welle
oder Trapez. Herstellungsbedingt sind letztere
in PUR-Ausführung üblich.
Abb. 6.12: Aufbaubeispiel eines horizontal verlegten
Sandwichelementes. Je nach Verlegerichtung und
Ausführung der Deckschale lassen sich Ansichten wie
bei der Welle und dem Trapez erzielen.
Abb. 6.13: Sandwichelemente in vertikaler und horizontaler Einbaulage. Wichtiger Bestandteil der Gestaltung
ist die Abdeckleiste über den Querstößen (rechts).
76
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Abb. 6.14: Kassettiertes Bausystem, hier in wärmegedämmter Ausführung. Der Vertikalstoß verläuft meist
durchgehend, horizontale Stöße können in unterschiedlichen Höhen ausgeführt werden.
Abb. 6.15: Ansicht eines Kassettensystems. Durch unterschiedliche Fugen und Oberflächenausbildungen ist eine
variable Gestaltung möglich.
6.2.5 Kassettierte Systeme
6.2.6 Paneele
Eine Ergänzung zu obigen Bausystemen stellen kassettierte Systeme dar. Bei diesen handelt
es sich in der Regel um ebene, plattenförmige
Bauteile aus Feinblech, die in modularer Weise
horizontal und vertikal angeordnet werden können (Abb. 6.14 und 6.15). Im Gegensatz zu rollgeformten Profilen werden die kleinteiligen Kassetten konventionell über Kantungen erstellt
und können ungedämmt oder als gedämmtes
Element ausgeführt werden. Da kassettierte
Systeme modular aufgebaut sind und eine variable Anordnung ermöglichen, ist bei ihnen
zwangsläufig eine zusätzliche Unterkonstruktion erforderlich.
Statisch agieren gedämmte Kassettensysteme
wie lineare Sandwichelemente und verfügen
über ähnliche Stoßfugen. Die konstruktive Ausbildung der Elemente besteht wiederum aus
einem Sandwich mit zwei Deckblechen und
einem Kern aus Mineralwolle. Der statisch geringeren Belastbarkeit gegenüber PUR-Füllungen
steht hier der Vorteil einer besseren Brandschutzklassifizierung (z. B. nicht brennbar, A2-s1, d0)
gegenüber. Durch variable Modulgrößen der
meist horizontal verlegbaren Elemente ist eine
feinere Ausbildung der Fassade möglich. Gedämmte Elemente sind in Plattendicken von
80 bis 160 mm herstellbar, Längen und Höhen
variieren je nach Hersteller.
Blechpaneele oder Sidingelemente sind
streifenförmige, ungedämmte Bauteile. Durch
den Herstellungsprozess des Rollumformens
sind auch sie in großen Längen und feinen geometrischen Abstufungen herstellbar. Je nach Typ
unterscheiden sie sich daher in ihrer Tragfähigkeit und Oberflächenausbildung. Die Paneele
lassen sich vertikal und horizontal in der Fassade
verlegen, erfordern aber je nach Art und Verlegerichtung eine separate Unterkonstruktion
(Abb. 6.16 und 6.17). Da Paneele wesentlich
geringere Baubreiten als Trapez- oder Sandwichprofile aufweisen (ca. 20 bis 40 cm), lassen sich
Abb. 6.16: Sidingelemente unterschiedlicher Höhen auf
einer Kassettenwand. Bei horizontaler Montage ist eine
vertikale Unterkonstruktion obligatorisch.
77
Dokumentation 568
Abb. 6.17: Nahansichten. Sidingelemente lassen sich in
unterschiedlichen Farben und Oberflächenstrukturen
ausbilden. Bei horizontaler Verlegung ist ein vertikaler
Fugenversatz möglich.
mit ihnen prinzipiell an der Fassade feinere Aufteilungen vornehmen. Die Lieferlängen betragen
bis zu 13 m, der seitliche Abschluss der Bauteile
kann durch eine Kopfkantung erfolgen.
6.2.7 Sonderkantungen
Der prismatische Querschnitt einer Tragschale aus Stahlblech lässt sich praktisch auch
in Stückfertigung erzielen. Vorab sind mit den
ausführenden Betrieben die maximale Elementlänge (z. B. 6 m) sowie die mögliche Geometrie
hinsichtlich Biegeradien und Gesamtgeometrie
abzustimmen (Abb. 6.18). Hier gilt: Je höher
die Profilierung ausfällt, desto größer ist auch
die Tragfähigkeit des Bauteils. Die Verarbeitung
mit Gesenkbiegemaschinen gestattet die größte
gestalterische Freiheit im Bauteilquerschnitt.
Der individuellen Gestaltungsfreiheit steht die
Kostenintensität des Verfahrens gegenüber.
Die Stückfertigung bedingt nicht nur höhere
Fertigungskosten, sondern auch die Zulassung
im Einzelfall, die Gestalter und Tragwerksplaner gleichermaßen beansprucht.
Optional bieten Systemhersteller auch freiere
Bauteilgeometrien an, deren Herstellung auf
dem bekannten Rollumformen beruht. Diese
Elemente sind kostengünstiger als die stückgefertigte Variante. Zudem kann durch teilweise
asymmetrische Geometrien ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten auf der
Fassade generiert werden.
6.3 Die Gestaltung von Gebäudehüllen
6.3.1 Welche Farbe hat Stahl?
Stahl ist ein Hightech-Werkstoff, der im
Wesentlichen aus einer stabilen Eisen-SauerstoffVerbindung hervorgeht (Abb. 6.19). Nachdem
im Stahlwerk die gewünschten technologischen
Werkstoffparameter genau eingestellt worden
sind, wird der Stahl auf die gewünschte Blechdicke ausgewalzt. Da Stahl eine natürliche
Abb. 6.18: Sonderprofile. Über Kantpressen oder Rollumformer lassen sich in das leicht formbare Blech
vielfältige Geometrien einbringen.
78
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Abb. 6.19: Erz, chemische Verbindung von Eisen,
Sauerstoff und Beimengungen. Ursprung von Eisen und
Stahl, Eisengehalt je nach Sorte 30% bis 70%.
fängliche Glanz geht, je nach korrosiver Beanspruchung, bald in ein mattes Grau über, das
je nach Standort und Größe der Gebäudefläche
monoton oder deplatziert wirken kann. Nachhaltiger und ressourcenschonender ist ein zusätzlicher Farbauftrag auf die Bleche. Die während der Produktion bandbeschichteten Bleche
(Duplex-Systeme, erhältlich in RAL- oder NCSFarben, Abb. 6.21) weisen nicht nur eine wesentlich höhere Lebensdauer auf, sie gestatten
dem Planer zudem einen nicht minder wichtigen Aspekt: die farbliche Bespielung der Oberfläche. Je nach Vermögen und Absicht kann
die Fassadenfläche damit abseits ihrer funktionalen Oberfläche einen Dialog mit dem umgebenden Stadt- oder Landschaftsraum aufnehmen
und damit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Gebäudeintegration leisten. Die Antwort
auf die Frage, welche Farbe technische Bausysteme aus Feinblech besitzen, lautet also:
theoretisch jede!
6.3.2 Monochrom oder polychrom?
Tendenz zur Verbindung mit Sauerstoff hat, muss
er wirksam gegen Korrosion geschützt werden
(z.B. durch Bandverzinkung). Dies gilt für leichte
Außenbauteile aus Blech umso mehr, als sie über
eine große bewitterte Oberfläche verfügen, der
nur eine geringe Bauteildicke entgegensteht.
Korrosionsschutzsysteme mit Bestandteilen
aus Zink oder Mischungen mit Magnesium oder
Aluminium sind Stand der Technik und stellen
so gesehen die „ursprüngliche Farbigkeit“ von
leichten Stahlbauteilen dar (Abb. 6.20). Der an-
Die Frage nach der Farbigkeit oder deren
Durchmischung lässt sich vom Standpunkt der
Wirtschaftlichkeit aus einfach beantworten:
Ein einziger Farbton ist günstiger als mehrere
Farbtöne, zumal jeder Farbton bei Bandbeschichtungsanlagen eine Mindestmenge von etwa
400 m2 erforderlich macht. Kleinere Chargen
lassen sich zwar via Stücklackierung, Pulverbeschichtung oder Folienbeschichtung realisieren, erhöhen aber die Kosten.
Abb. 6.20: Bandverzinkte Blechcoils unterschiedlicher
Stahlsorten, Dicken und Breiten. Der jeweilige Überzug
(z.B. Zink) ist wählbar.
Abb. 6.21: Bandbeschichtungsanlage. Eine wirtschaftliche
Lösung zur Farbbeschichtung. Die beiden Blechseiten
lassen sich unterschiedlich beschichten.
79
Dokumentation 568
Abb. 6.22: Volkswerft Stralsund: 300 m lang, 108 m breit,
75 m hoch. Eine einfarbige Metallhülle wäre eindeutig die
wirtschaftlichste Lösung gewesen – aber auch die beste?
Abb. 6.23: Die realisierte Ausführung ist farbig differenziert und leichter – für die Umgebung verträglicher (Farbentwurf Friedrich Ernst von Garnier).
Aus Sicht der Ökonomie spricht also vieles
für eine monochrome Fläche, angesichts der
Dominanz mancher Fassadenflächen (Abb. 6.22
und 6.23) sollte diese Entscheidung im Hinblick
auf angrenzende Lebensräume jedoch wohl bedacht werden. Wenn bei der Gestaltung großer
Hallenflächen eher ein Dialog mit der Umgebung denn ein Monolog stattfindet, erwirbt die
Architektur einen höheren Grad an Schlüssigkeit
und Akzeptanz. Gängige Gestaltungsklischees
(kostengünstig = grau, technisch = silberfarben,
selbstbewusst = grell) müssen, sofern eine ästhetische Eingliederung in die Umgebung nicht
völlig gleichgültig ist, stets hinterfragt werden.
Kostenintensiver, aber auch dialogfähiger
ist die Variante der polychromen Fassade. Ein
überzeugendes Bild zeichnet sich dann ab, wenn
die Anordnung von Farbfeldern auf der Fassade
eine abstrakte Brücke zur umgebenden Naturoder Stadtlandschaft schlagen kann, ohne gleichzeitig deren Verlauf bildhaft platt „nachzumalen“.
6.3.3 Farbarbeit
Wie oben erwähnt, besteht eine Gestaltungsmöglichkeit darin, Farbinformationen der
Umgebung pipettenhaft aufzunehmen und in
80
abstrahierter Weise in die neue Gebäudefassade
einzubringen. Vorausgesetzt, dass jedes Bauelement individuell farbig bespielbar ist, erschließen sich damit nahezu unendliche Kompositionsmöglichkeiten. Ein Mittel zur Konkretisierung und inhaltlichen Ausrichtung ist das Einbringen einer vom Planer gesetzten Stimmung
in das farbliche Ensemble.
Ein Beispiel für die freie Abstrahierung einer
Bildstimmung in eine körperhafte Farbigkeit liefern die Abbildungen studentischer Arbeiten
(Abb. 6.24). Bei der Übung wurden die gewählten Stimmungen der Bildvorlagen frei in eine
willkürlich festgelegte städtebauliche Kubatur
übertragen. Trotz Abstraktion bleibt die Grundstimmung des Bildes erhalten.
Der gelungene nachhaltige Farbentwurf
einer polychromen Fassade reagiert daher nicht
nur mit einer an die Umgebung angepassten
Farbigkeit, sondern transportiert darüber hinaus
noch eine Stimmung, die dem neuen Ort seine
eigene Identität verleiht. In den Abb. 6.25 bis
6.33 sind Beispiele für verschiedene Ausführungsvarianten aufgezeichnet.
In der Sekundärliteratur findet der Gestalter
nicht nur Hinweise zum Umgang mit zeitgemäßen, elektronischen Planungswerkzeugen,
sondern auch differenzierte Angaben zu Farbtonverläufen und deren Komposition. Um eine
schlüssige Interpretation zu finden, lohnt aber
auch ein Blick in die Natur. Hier bilden Licht
und Schatten in der Regel ein variantenreiches
Bild von meist wenigen Farben und deren Aufhellungen und Verdunklungen.
Als weitere, wenn auch kostenintensivere
Variante, bietet sich zudem die Option an, über
spiegelnde Stahloberflächen (z. B. Edelstahlbleche) die Landschaft reflexiv ins Gebäude zu
integrieren. Eine vom französischen Architekten
Dominique Perrault angewandte Variante bezieht ihren Reiz aus vertikal angeordneten, im
Querschnitt dreieckig gekanteten Edelstahllamellen. So wird durch die Kantung eine versetzte
Reflexion erzielt und eine direkte Spiegelung
vermieden (vgl. auch Beispiel Abb. 6.34). Die
einfache Kantung der Stahlbleche begünstigt
hier weitere geometrische Variationen und Lichtspiele.
Die Belohnung für den anspruchsvollen Gestaltungsprozess liegt hier nicht nur auf Seiten
der gebauten und gewachsenen Umgebung,
vielmehr kann eine gelungene Farbarbeit übergeordnete Qualitäten im Sinne einer Corporate
Identity entwickeln und damit selbst zur Marke
werden.
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Abb. 6.24: Abstraktionsübung:
Reduktion der Bildstimmung auf
wenige Farbfelder und deren
Applikation auf eine willkürliche
Struktur (hier Blockstrukturen).
Entwurf: Martin Smyk, Boris Mense,
Sascha Auer, Bastian Schlösser,
Christina Moehring.
81
Dokumentation 568
Abb. 6.25:
Bestand: Typische Halle
innerhalb eines stereotypen
städtischen Gewerbegebietes. Die Wandfarbe im
Beigeton erscheint ohne
Bezug und zu hell, der weiße
Sockel lässt die Fassade
zusätzlich leuchten. Diese
Halle ist Ausgangsbasis der
Deklinationsübung.
Abb. 6.26:
Heute mal ganz silbergrau:
Sandwichprofile horizontal,
weniger hell, aber auch
nicht passender. Der dunkel gehaltene Sockel lässt
die Fassade schweben.
Das Fassadenbild wirkt
bekannt und einfallslos.
Abb. 6.27:
Hallo, hier bin ich!
Mit vertikalem Trapezprofil
(Positivlage) ebenfalls eine
günstige Lösung, die Farbe
wirkt in der Umgebung
aber sehr selbstbezogen
und dominant.
Abb. 6.28:
Ein tiefer Griff in den Farbtopf – es könnte auch das
Lager einer Buchhandlung
sein. Interessante Idee zur
Corporate Identity, aber
angesichts der Umgebung
wiederum sehr wichtig und
grell. Das Trapezprofil ist
vertikal verlegt.
Abb. 6.29:
Der Beginn eines Konzeptes: Bezugnahme auf den
Grünraum auf der linken
Seite, dann jedoch ein
unentschlossenes Pulsieren verschiedener Farbverläufe. Die Sandwichelemente sind vertikal
angeordnet.
82
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
Abb. 6.30:
Tarnung ist alles. Durch die
Anordnung der kleinteiligen
Kassettenelemente und
die Belegung mit matten
Grün- und Grautönen verschwindet das Gebäude in
der Umgebung. Eine unaufdringliche, aber auch unentschlossene Lösung.
Abb. 6.31:
Sidingelemente erlauben
eine stärkere horizontale
Ausrichtung und eine
höhere Durchmischung der
farbigen Elemente. Der Verlauf von Grün (links) zu
Grau (rechts) erscheint noch
zu zögerlich und zu hell, das
Fassadenbild ist unruhig.
Abb. 6.32:
Sidingelemente vertikal:
Die Fassade wirkt insgesamt verdichteter, der
Übergang vom Grünen
ins Hellblaue betont die
Gebäudekante.
Abb. 6.33:
Die Sandwichelemente
sind vertikal verlegt. Über
grüne und erdige Töne ins
Grau der Stadt. Es entsteht
eine unauffällige, wenig
störende, aber auch nicht
langweilige Kombination.
Abb. 6.34:
Gekantete Edelstahlpaneele dienen als Reflektor: Je nach Umgebung
und Investitionsbereitschaft lohnt der Blick in
den Spiegel. Sicher keine
Lösung für jede Bausituation. Die Blendung von
Nachbarn muss vermieden
werden!
83
Dokumentation 568
Abb. 6.35: Eine Kubatur, zwei Verlegerichtungen: Bei monochromen Flächen kann die Linierung der Blechoberfläche
eine Richtung betonen (z.B. Negativlage, Trapezprofil).
6.3.4 Vertikal oder horizontal?
Wie unter Abschnitt 6.2 angedeutet, sind
mit den Bausystemen aus Stahlblech viele Einbaulagen möglich. Je nach Gebäudekubatur
(eher flach, eher hoch) lassen sich mit den Elementen allein durch die Verlegerichtung Dimensionen überhöhen oder abmindern (Abb. 6.35).
Bei Trapezprofilen kann durch die Negativlage
eine stärkere Linierung in der Fassade betont
werden. Dies ist bei monochromen Flächen besonders wichtig.
Bei horizontaler Verlegung ist die erwähnte
Problematik der Querstoßfuge zu beachten, die
eine konstruktive und gestalterische Integration verlangt. Ebenfalls ist zu beachten, dass je
nach Einbaulage sichtbare Schmutzspuren durch
Oberflächenwasser entstehen (horizontale Verlegung ist hier empfindlicher) (Abb. 6.36). Dies
trifft helle Flächen besonders, da sich hier dunkle
Schmutzspuren wesentlich prägnanter abzeichnen als bei dunklen Fassadenoberflächen.
Abb. 6.37: Eine gute Möglichkeit zur Homogenisierung und
Glättung der Oberfläche bieten Prägungen und Linierungen
(oben). Wenn die Farbbeschichtung über die Nahbetrachtung hinaus eine räumliche Tiefe entwickeln soll, sind
große Muster zu wählen (unten).
6.3.5 Prägungen und Muster –
eine Frage der Distanz
Abb. 6.36: Tropfkante: Bei waagerechter Verlegung und
hellen Flächen muss besonders auf die richtige Entwässerung geachtet werden. Falls möglich, ist ein Überfließen
der Oberfläche zu vermeiden.
84
Um die optische Ebenheit zu erhöhen und
den Kratzschutz zu verbessern, werden Edelstahloberflächen oder Sandwichdeckbleche teilweise mit feinen Prägungen und Linierungen
verfeinert (Abb. 6.37). Bei der Planung der Fassade sollte hier der spätere Standort des Betrachters berücksichtigt werden: Wie nah kommt dieser an das Gebäude heran, was ist wirklich sichtbar? Einer Gewerbefassade im innerstädtischen
Bereich fällt hier eine andere Rolle zu als einer
Industriehalle „auf der grünen Wiese“. Die
gleiche Regel gilt, wenn die Sichtbarmachung
mehrfarbiger Lackstrukturen angestrebt wird, die
manche Beschichtungen offerieren (z. B. Zinkblume). Auch hier sollte je nach Betrachtungsabstand eine entsprechende Strukturgröße vor-
Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau
gesehen werden (Abb. 6.38), andernfalls ergibt
sich aus größerer Distanz wieder eine monochrome Flächigkeit der Fassade ohne optische
Tiefe.
gen halten den Preis und das Gewicht der Bauelemente niedrig. Angebotene Systeme unterteilen sich in kaltgeformte Paneele und Sandwichelemente.
Mit Fotovoltaikmodulen beschichtete Paneele sind in mehreren Farben und Ausführungen erhältlich. Die Baubreite liegt bei ca. 40 cm,
die Lieferlänge beträgt etwa 5 m. Die leichten
Paneele lassen sich an der Fassade vertikal und
horizontal verlegen und benötigen eine entsprechende Unterkonstruktion (Abb. 6.40).
Ebenfalls verfügbar sind mit Fotovoltaikmodulen beschichtete Sandwichelemente, die
zusätzlich Dämmeigenschaften einbringen. Auch
hier ist eine vertikale und horizontale Verlegung
möglich. Der Stromanschluss erfolgt wie bei
den Paneelen auf der Rückseite der Elemente.
Abhängig vom Bausystem und von der Verlegeart kann mit den dunklen Flächen der Fotovoltaikschichten zusätzlich eine optische Gliederung der Fassade erfolgen. Je heller die Grundfarbe gewählt wird, desto größer wird der Kontrast und damit auch die Sichtbarkeit der stromerzeugenden Oberfläche (Abb. 6.41, 6.42).
6.4 Energetische Fassaden
6.5 Zusammenfassung
Mit Stahlleichtbauelementen für Dach und
Fassade können nicht nur konstruktive und gestalterische Anforderungen an die Gebäudehülle
umgesetzt werden, die Bausysteme sind auch
hervorragend zur Gewinnung von Energie geeignet. Eine sinnvolle Ergänzung zu additiven
Systemen (Fotovoltaikmodule als zusätzliche
Bauelemente, Abb. 6.39) stellen integrierte
Dach- und Fassadensysteme dar. In der Regel
werden die Solarzellen hier auf ein duplexbeschichtetes Stahlblech in mehreren Schichten
aufvulkanisiert, die Produkte dienen neben der
Dach- oder Fassadeneindeckung gleichzeitig
auch der Stromerzeugung. Die automatisierte
Herstellung und der Verzicht auf Glasabdeckun-
Die vorgestellten Bausysteme bieten große
Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich Oberflächengeometrien, Verlegerichtung und Strukturierung. Kombiniert mit weiteren Optionen, z. B.
nachhaltigen Beschichtungssystemen oder der
Option der Energiegewinnung, steht dem Gestalter eine sehr breite Klaviatur von Möglichkeiten
zur Verfügung, die Fassade im Dialog stimmig in
das gebaute Umfeld oder den Naturraum zu integrieren. Gemessen an der voluminösen Präsenz
von Industrie- und Gewerbebauten gibt es daher
vielfältige Möglichkeiten, dem Gebäude eine
angemessene und nachhaltige Erscheinung zu
geben, deren Selbstverständlichkeit und Schlüssigkeit auch zukünftig Gültigkeit haben wird.
Abb. 6.39: Fotovoltaikmodule als additives System,
hier mit Stahl-Sandwichelementen als Unterkonstruktion.
Die Wasserführung kann unterhalb der Module erfolgen.
Abb. 6.40: Ausgeführtes Beispiel von Stahlpaneelen mit
integrierten Fotovoltaikmodulen. Die Verlegung sollte vom
First zur Traufe erfolgen (Entwässerung), eine Abdeckleiste schützt den Bauteilstoß.
Abb. 6.38: Ausgeführtes Beispiel mit grober Zinkblume,
Ville Verdi, Wien. Das Muster verhilft der Fläche zu einem
differenzierten, tiefen Ausdruck.
85
Dokumentation 568
Abb. 6.41: Fotovoltaikmodule lassen sich in Länge,
Montagerichtung und Positionierung auf der Fassade
variieren – der solare Ertrag wird dadurch nicht
beeinträchtigt (Farbentwurf Friedrich Ernst von Garnier)
Abb. 6.42: Nahansicht des Paneels, die Überlappung
zum darunterliegenden Paneel ist gut sichtbar, ebenso
die farblich gut abgestimmten Abdeckleisten
6.6 Literaturangaben
Siegel, C.: Strukturformen der modernen Architektur; Verlag Georg D. W. Callwey, München
1960
Benad, M.; Opiz, J.: Farbgestaltung am Computer;
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009
Benad, M.: Architekturfarben; Verlag der Anton Siegl Fachbuchhandlung GmbH, München
2007
Bruno, A.; Bollinger, K.; Davies, J. M.; Feldmann,
M.; Grohmann, M.; Mazzolani, F. M.:
featuring steel; Institut für internationale Architektur-Dokumentation, München 2009
v. Garnier, F. E.: Meine farbigere Welt; Verlag
Matthias Ess, 2007
Hachul, H.: Neue Strukturformen und Technologien für Tragkonstruktionen aus Feinblech;
Dissertation, Aachen 2006
Informationsstelle Edelstahl Rostfrei:
Dokumentation 961 „Fassaden aus Edelstahl
Rostfrei“; Düsseldorf 2006
Stahl-Informations-Zentrum:
Dokumentation 555 „Dach und Fassade im
Wirtschaftsbau“; Düsseldorf 2002
Dokumentation 558 „Bausysteme aus Stahl für
Dach und Fassade“; Düsseldorf 2010
Dokumentation 588 „Dach- und Fassadenelemente aus Stahl – Erfolgreich planen und konstruieren“; Düsseldorf 2007
Dokumentation 592 „Baukultur im Alltag – Farbe
im Industrie und Gewerbebau“; Düsseldorf 2008
v. Uffelen, C.: Factory Design, Braun Publishing
AG; Berlin 2009
6.7 Bildquellen
Abb. 6.1 bis 6.19, 6.22, 6.24 bis 6.37, 6.41, 6.42:
Helmut Hachul
Abb. 6.20, 6.21: Stahl-Informations-Zentrum
Klein, B.: Leichtbau-Konstruktion – Berechnungsgrundlagen und Gestaltung; 6. Auflage; Verlag
Vieweg, Braunschweig 2001
Abb. 6.23, 6.38, 6.40: ThyssenKrupp Steel
Europe AG
Koschade, R.: Die Sandwichbauweise; Ernst &
Sohn, Berlin 2000
Abb. 6.39: ArcelorMittal Construction
Deutschland GmbH
Krauss, F.; Führer, W.; Jürges, T.: Tabellen
zur Tragwerkslehre; Verlagsgesellschaft Rudolf
Müller, Köln 2006
86
Stahl-Informations-Zentrum
im Stahl-Zentrum
Postfach 10 48 42 · 40039 Düsseldorf
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