Dokumentation 568 Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade Energie- und kosteneffiziente Lösungen für Neu- und Bestandsbau Stahl-Informations-Zentrum Dokumentation 568 Stahl-Informations-Zentrum Das Stahl-Informations-Zentrum ist eine Gemeinschaftsorganisation Stahl erzeugender und verarbeitender Unternehmen. Markt- und anwendungsorientiert werden firmenneutrale Informationen über Verarbeitung und Einsatz des Werkstoffs Stahl bereitgestellt. Verschiedene Schriftenreihen bieten ein breites Spektrum praxisnaher Hinweise für Konstrukteure, Entwickler, Planer und Verarbeiter von Stahl. Sie finden auch Anwendung in Ausbildung und Lehre. Vortragsveranstaltungen schaffen ein Forum für Erfahrungsberichte aus der Praxis. Messen und Ausstellungen dienen der Präsentation neuer Werkstoffentwicklungen und innovativer, zukunftsweisender Stahlanwendungen. Als individueller Service werden auch Kontakte zu Instituten, Fachverbänden sowie Spezialisten aus Forschung und Industrie vermittelt. Die Pressearbeit richtet sich an Fach-, Tages- und Wirtschaftsmedien und informiert kontinuierlich über neue Werkstoffentwicklungen und -anwendungen. Das Stahl-Informations-Zentrum zeichnet besonders innovative Anwendungen mit dem Stahl-Innovationspreis (www.stahl-innovations preis.de) aus. Er ist einer der bedeutendsten Wettbewerbe seiner Art und wird alle drei Jahre ausgelobt. Mitglieder des Stahl-Informations-Zentrums: • AG der Dillinger Hüttenwerke • ArcelorMittal Bremen GmbH • ArcelorMittal Commercial RPS S.à.r.l. • ArcelorMittal Duisburg GmbH • ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH • Benteler Steel Tube GmbH • Böllinghaus Steel GmbH • Gebr. Meiser GmbH • Georgsmarienhütte GmbH • Outokumpu VDM GmbH • Saarstahl AG • Salzgitter AG • ThyssenKrupp Bautechnik GmbH • ThyssenKrupp Electrical Steel GmbH • ThyssenKrupp Rasselstein GmbH • ThyssenKrupp Steel Europe AG • Wickeder Westfalenstahl GmbH 2 Die Internet-Präsentation (www.stahlinfo.de) informiert über aktuelle Themen und Veranstaltungen und bietet einen Überblick über die Veröffentlichungen des Stahl-Informations-Zentrums. Publikationen können hier bestellt oder als PDF-Datei heruntergeladen werden. Anmeldungen zu Veranstaltungen sind ebenfalls online möglich. Der Newsletter informiert Abonnenten per E-Mail über Neuerscheinungen, Veranstaltungen und Wissenswertes. Impressum Dokumentation 568 „Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade – Energie- und kosteneffiziente Lösungen für Neu- und Bestandsbau“ Ausgabe 2010, ISSN 0175-2006 Herausgeber: Stahl-Informations-Zentrum Postfach 10 48 42, 40039 Düsseldorf Autoren: Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne, Lehrstuhl für Stahl- und Leichtmetallbau, RWTH Aachen Dipl.-Ing. Matthias Köhler, ArcelorMittal Construction Deutschland GmbH, Brehna Dipl.-Ing. Ronald Kocker, bauforumstahl e.V., Düsseldorf Dr.-Ing. Ralf Podleschny, Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e.V. (IFBS) Dipl.-Ing. Hans Pöter, Pöter & Reichmann GmbH, Büro: Frankfurt am Main Prof. Dr.-Ing. Helmut Hachul, Fachbereich Architektur, FH Dortmund Redaktion: Stahl-Informations-Zentrum Ein Nachdruck dieser Veröffentlichung ist – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und bei Quellenangabe gestattet. Die zugrunde liegenden Informationen wurden mit größter Sorgfalt recherchiert und redaktionell bearbeitet. Eine Haftung ist jedoch ausgeschlossen. DIN-Normen: Wiedergegeben mit Erlaubnis des DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, erhältlich ist. Titelfoto: Firmensitz der D.Krings GmbH in Nordhorn (Foto: D.Krings GmbH, Nordhorn) Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade Inhalt Seite Vorwort ....................................................... 4 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle...................................... Einleitung .............................................. Nachhaltiges Bauen............................... Energieeffizientes Bauen ....................... Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise............................... Zusammenfassung und Ausblick........... Literaturangaben ................................... Bildquellen ............................................ Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand ................ Einleitung .............................................. Bauen im Bestand – Nachhaltigkeit ....... Aufgabenstellung und Anforderungen ... Vorteile von Stahlblechkonstruktionen ..................... Einsatzbereiche ..................................... Beispiele für Sanierungen ..................... Zusammenfassung ................................ Literaturangaben ................................... Bildquellen ............................................ Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen ....... Einleitung ............................................. Einsatzbereiche, Ausführung und Anforderungen .............................. Vorteile typengeprüfter Stahlhallen ...... Ausführungsunterlagen zur Typenprüfung ....................................... Zeitbudget............................................. Krankapazität ........................................ Zehn Schritte von der Planung bis zur fertigen Stahlhalle...................... Zusammenfassung ................................ Bildquellen ............................................ 6 6 7 12 14 18 19 19 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 5 5.1 20 20 20 21 5.2 21 23 27 29 29 29 5.4 5.3 5.5 5.6 5.7 5.8 30 30 31 32 33 34 34 34 35 35 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 Seite Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau ............................... 36 Einleitung ............................................. 36 Wärmeschutz ........................................ 36 Schallschutz .......................................... 38 Blitzschutz mit Metalldächern .............. 41 Korrosionsschutz .................................. 45 Literaturangaben ................................... 49 Bildquellen ............................................ 49 Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen für Industrie, Gewerbe und öffentlichen Bau ................................ An der Nutzung orientierte Gebrauchstauglichkeit .......................... Detaillösungen zum wirtschaftlichen Bauen mit Stahlleichtbauelementen ..... Dach- und Wandkonstruktionen für nicht, niedrig und normal beheizte Gebäude ................................. Aus der Nutzung herzuleitende Sonderausführungen ............................. Übersicht über die Anwendungsgebiete und Vergleich der Kosten der verschiedenen Dach- und Wandaufbauten ..................................... Zusammenfassung ................................ Literaturangaben ................................... Bildquellen ............................................ 68 71 71 71 Integrativ und anpassungsfähig – Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau ....... Einleitung ............................................. Bausysteme im Stahlleichtbau............... Die Gestaltung von Gebäudehüllen ...... Energetische Fassaden .......................... Zusammenfassung ................................ Literaturangaben ................................... Bildquellen ............................................ 72 72 72 78 85 85 86 86 50 50 52 57 63 3 Dokumentation 568 Vorwort Dr. Reinhard Winkelgrund, Stahl-Informations-Zentrum Das Leitbild der Nachhaltigkeit setzt neue Maßstäbe für eine lebenswerte Zukunft. Es umschreibt in seinem Kerngedanken die Verpflichtung der gegenwärtigen Generation, ihre Bedürfnisse im Hinblick auf die ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung so zu befriedigen, dass die Lebenschancen künftiger Generationen nicht gefährdet werden. Spürbare Klimaveränderungen, sich verknappende Rohstoffressourcen und zunehmende Umweltbeeinträchtigungen verpflichten auch alle am Bau Beteiligten zu nachhaltigem Handeln. Herstellung und Nutzung von Gebäuden sind in Deutschland für mehr als 35 % des gesamten Energieverbrauchs und für ebenfalls mehr als 35 % des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Weit mehr als die Hälfte des Abfallaufkommens ist Bauschutt. 50 % der weltweit abgebauten Rohstoffe werden für das Bauen eingesetzt. Diese Zahlen verdeutlichen die große Verantwortung, die Architekten, Ingenieuren und Bauherren, aber auch der Baustoffindustrie zukommt. Ein wichtiger Teilaspekt der Nachhaltigkeit ist das Bauen von energieeffizienten und wirtschaftlichen Dächern und Fassaden. Gefragt sind Abb. 1: Horizontal verlegte Wellprofile aus Stahl gliedern die Fassade des Produktions- und Verwaltungsgebäudes der Wenko GmbH in Hückelhoven (Foto: Juhr Architekturbüro, Wuppertal) 4 ressourcen- und umweltschonend hergestellte Baustoffe aus natürlichen und recyclingfähigen Materialien für besonders langlebige, werthaltige Bauwerke. Die Stahlindustrie stellt sich den globalen Herausforderungen. Sie bietet Produkte und Bauelemente an, die die an sie gestellten Anforderungen in besonderer Weise erfüllen und sich im modernen Industrie- und Gewerbebau bereits seit vielen Jahren bewährt haben. Optimierungen und neue Entwicklungen garantieren auch in Zeiten ständig steigender Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit. Wärmegedämmte Dachund Fassadenelemente wie Sandwichelemente, Trapez- oder Kassettensysteme mit Schalen, die weniger als 1 mm dick sind, umhüllen heute nicht nur Produktions- und Lagerhallen, sondern zunehmend auch moderne Büro- und Verwaltungsgebäude. Hochwertiger, auf den jeweiligen Einsatzzweck ausgerichteter Korrosionsschutz garantiert die Dauerhaftigkeit der Produkte. Das Verfahren der Bandbeschichtung von verzinktem Stahlblech – das sogenannte Coil-Coating – bietet hochwertige Beschichtungen in allen Farb- Abb. 2: Streifenförmige Paneele aus gekantetem, bandbeschichtetem Stahlblech verleihen der Fassade des Betriebsgebäudes der Clondiag GmbH in Jena eine markante Erscheinung (Foto: GOLDBECK GmbH, Bielefeld) Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade Abb. 3: Die Kraftwerksblöcke des neuen Braunkohlenkraftwerks in Grevenbroich-Neurath sind mit dunkel- bis hellblau beschichteten Stahl-Trapezprofilen verkleidet (Foto: Helmut Adler, www.fotodesigner.org) nuancen. Beim Bauen im Bestand sind es z. B. leichte Dach- und Fassadenpaneele, Dachpfannenprofile aus Stahlblech oder Stahlverbunddecken mit Trapezprofilen, die besonders nachhaltige Lösungen für Aufstockungen, Erweiterungen oder Einbauten erst ermöglichen. Stahlkonstruktionen können am Ende ihrer langen Nutzungszeit leicht demontiert und zu fast 100 % recycelt werden: für die Stahlindustrie ein selbstverständlicher Materialkreislauf. Qualitätsverluste wie bei einigen anderen Werkstoffen gibt es nicht. Diese herausragende Eigenschaft macht Stahl zu einem regenerativen Baustoff mit äußerst positiver Ökobilanz. Das Stahl-Informations-Zentrum veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V. Praxis-Seminare zum Thema „Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade“. Diese begleitende Dokumentation informiert über veränderte Normen und Richtlinien sowie bauphysikalische Anforderungen an die Ausführung von Dach- und Wandkonstruktionen. Anhand konkreter Berechnungsansätze und ausgeführter Projekte wird aufgezeigt, wie mit Bausystemen aus Stahl energetisch optimierte Dächer und Fassaden wirtschaftlich realisiert werden können. Abb. 4: Betriebshalle und Verwaltungsgebäude der GOLDBECK GmbH in Hamburg mit Stahl-Paneelelementen in der hinterlüfteten Fassade (Foto: GOLDBECK GmbH, Bielefeld) 5 Dokumentation 568 1 Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne 1.1 Einleitung „Nachhaltigkeit“ ist ein ursprünglich in der Forstwirtschaft verwendeter Begriff für eine Bewirtschaftungsform des Waldes, bei der in einer Periode nur so viel Holz entnommen wird, wie in der gleichen Zeit nachwächst. Im Brundlandt-Bericht [1] der Vereinten Nationen (1987) wird eine nachhaltige Entwicklung definiert als „eine Entwicklung, die den Bedürfnissen heutiger Generationen entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wahren“. Eine Entwicklung ist somit nachhaltig, wenn sie weltweit über Generationen hinweg fortgeführt werden kann, ohne dass Naturhaushalt und Gesellschaft in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden. Es wird ein qualitatives Wirtschaftswachstum befürwortet und zugleich ökologisch verträgliches Handeln als Voraussetzung dafür angesehen. Die Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales sollen gleichberechtigt und gleichwertig zueinander stehen und den interdisziplinären Charakter der Nachhaltigkeit ausdrücken. Ziel ist dabei die Sicherstellung und Verbesserung ökologischer, ökonomischer und sozialer Leistungsfähigkeit. Das Konzept der Nachhaltigkeit ist in allen Wirtschaftsbereichen anwendbar. Im Laufe der 1990er Jahre wurde der maßgebliche Einfluss des Bausektors auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt identifiziert; er gilt daher als ein Schlüsselbereich für eine nachhaltige Entwicklung. Der Bausektor steht besonders im Bereich Ökologie durch seinen großen Anteil an Energie- und Stoffströmen im Fokus der Politik. Die folgenden Zahlen sollen verdeutlichen, wie groß der Anteil des Bausektors in den Bereichen Abfallmengen, Energieverbrauch, Schadstoffemissionen und Verbrauch von Rohstoffen und Wasser ist. Die Errichtung und Nutzung von Bauwerken ist in Europa verantwortlich für etwa – 30 % des Abfallaufkommens, – 40 % des Energieverbrauchs, – 40 % der CO2-Emissionen, – 30 % des Rohstoffverbrauchs und – 20 % des Wasserverbrauchs. 6 Im Jahre 2001 veröffentlichte das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (heute: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, BMVBS) den „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ [2]. Er soll bei Baumaßnahmen des Bundes helfen, Lösungen zu finden, die sowohl ökologisch verträglich als auch ökonomisch akzeptabel sind, und dabei die Anforderungen der Menschen miteinbeziehen. Folgende Schutzziele für nachhaltiges Bauen werden definiert: – Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Luft und Wasser – Schutz von Natur und Landschaft – Schutz der stofflichen und energetischen Ressourcen – Schutz des Klimas – Erhaltung des Kapitals – niedrige laufende Betriebs- und Unterhaltungskosten – Schutz der menschlichen Gesundheit sowie gesellschaftlicher und kultureller Werte Wie diese Ziele zeigen, orientiert sich auch das nachhaltige Bauen am „Drei-DimensionenModell“ und berücksichtigt die Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales. Außerdem sind die Aspekte Technische Qualität sowie die Prozessund Standortqualität als Querschnittsqualitäten identifiziert worden, die Einfluss auf alle Teilaspekte der Nachhaltigkeit haben. Ein wichtiger Aspekt des nachhaltigen Bauens ist die Betrachtung des gesamten Lebensweges eines Gebäudes. Der Grundgedanke des „Leitfadens Nachhaltiges Bauen“ lautet: „Nachhaltiges Bauen strebt in allen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden – von der Planung, der Erstellung über die Nutzung und Erneuerung bis zum Rückbau – eine Minimierung des Verbrauches von Energie und Ressourcen sowie eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushaltes an.“ Nachhaltiges Bauen bedeutet somit nicht nur die Verwendung umweltverträglicher Bauprodukte, sondern umfasst die Analyse und Optimierung eines Gebäudes über den gesamten Lebensweg. Verglichen mit den meisten anderen Produkten haben Gebäude eine sehr lange Lebensdauer, was dazu führt, dass der Aufwand zur Nutzung und Erhaltung eines Gebäudes in Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle der Regel wesentlich höher ist als der Aufwand zur Herstellung. Neben der Nutzungsphase kommt auch dem Lebensende von Gebäuden eine besondere Bedeutung zu. So sind der Einsatz von recyclingfähigen Bauprodukten, die gute Rückbaubarkeit sowie die mögliche Wiederverwendbarkeit zentrale Aspekte des nachhaltigen Bauens. Um diese grundsätzlich anerkannten Ziele beim Planen und Bauen in konkretes Handeln umsetzen zu können, werden seit einiger Zeit Methoden entwickelt, die Aspekte der Nachhaltigkeit quantifizieren und bewerten. 1.2 Nachhaltiges Bauen 1.2.1 Allgemeines Im Dezember 2001 wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen das Gremium „Runder Tisch Nachhaltiges Bauen“ eingerichtet, in dem Verbände der Bauwirtschaft, die Industrie, Bauverwaltungen und die Wissenschaft vertreten sind. Es setzt sich mit generellen Leitlinien des nachhaltigen Bauens auseinander und gibt Empfehlungen, wie Erkenntnisse zum nachhaltigen Bauen in konkretes Handeln umgesetzt werden können. Im Juni 2007 gründete sich die „Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB)“, ein Zusammenschluss von Architekten, Ingenieuren, Wissenschaftlern, Industrieunternehmen und Investoren, die sich als Aufgabe gesetzt haben, nachhaltiges und wirtschaftlich effizientes Bauen in Zukunft noch stärker zu fördern und vor allem direkt umsetzbar zu machen. Ziel ist es, ein ganzheitliches Bewertungs- und Zertifizierungssystem für nachhaltige Bauwerke im In- und Ausland zu etablieren. Das DGNB-Zertifikat zeichnet umweltschonende, wirtschaftlich effiziente und nutzerfreundliche Gebäude aus. 1.2.2 Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen Auf der 7. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung am 27.11.2007 machte Bundeskanzlerin Angela Merkel folgende Aussage: „Es gibt bis jetzt kein wirksames Verfahren, das die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen, sozialen Auswirkungen und Auswirkungen auf die Umwelt verlässlich in den Blick nimmt und abbildet ... Das heißt, wir müssen versuchen, Nachhaltigkeit sozusagen fassbar zu machen.“ Für die Baubranche bedeutet das, ein System zu entwickeln, mit dem es möglich ist, Gebäude hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu bewerten. International wurden in den letzten Jahren verschiedene erfolgreiche Bewertungssysteme für Gebäude unter dem Dachverband des World Green Building Councils (World-GBC) verbreitet. Dieser World-GBC koordiniert und unterstützt die Arbeit der nationalen Organisationen, zu denen seit 2007 auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen gehört. Zu den wichtigsten internationalen Nachhaltigkeitszertifizierungssystemen, die teilweise schon seit Jahren erfolgreich auf dem Markt bestehen, gehören: – BREEAM – Building Research Establishment Assessment Method (England) – LEED – Leadership in Energy & Environmental Design (USA) – DGNB – Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (Deutschland) Das DGNB-System besteht aus über 50 Kriteriensteckbriefen, die die unterschiedlichen Themenfelder des nachhaltigen Bauens berücksichtigen. Dies sind die ökologische und ökonomische sowie die soziokulturelle und funktionelle Qualität. Darüber hinaus sind die technische Qualität und die Prozessqualität als Querschnittsqualitäten definiert, die sich auf alle Dimensionen der Nachhaltigkeit auswirken (Abb. 1.1). Die definierten Qualitäten werden unterschiedlich gewichtet: Die Bereiche Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Qualität sowie die technische Qualität gehen zu jeweils 22,5 % in die Gesamtnote ein, die Prozessqualität lediglich zu 10 %. Darüber hinaus erfolgt eine Gewichtung der einzelnen Kriterien innerhalb der übergeordneten Qualitätsziele nach ihrer Relevanz für die Schutzziele mit Hilfe eines sogenannten Bedeutungsfaktors. Das Zertifikat wird in den Stufen Gold, Silber und Bronze vergeben. Zusätzlich wird die Standortqualität des Gebäudes bewertet, die separat ausgezeichnet wird. Im Folgenden werden die einzelnen Themenfelder des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen kurz beschrieben und die Steckbriefe aufgeführt, mit deren Hilfe eine Bewertung der betreffenden Qualität erfolgt. 1.2.2.1 Ökologische Qualität Der Bereich der Ökologie wird im neuen deutschen Zertifizierungssystem in die Kriteriengruppen „Auswirkungen auf die globale und lokale Umwelt“ und „Ressourceninanspruch7 Dokumentation 568 Schutzgüter Schutzziele Bewertung Natürliche Umwelt Natürliche Ressourcen Ökonomische Werte Soziale und kulturelle Werte Schutz der Umwelt Senkung der Lebenszykluskosten Sicherung von Gesundheit/ Behaglichkeit im Gebäude Schutz der natürlichen Ressourcen Erhalt ökonomischer Werte Erhaltung sozialer und kultureller Werte Ökologische Qualität Ökonomische Qualität Soziokulturelle und funktionale Qualität 22,5% 22,5% 22,5% Technische Qualität 22,5% Prozessqualität 10% Standortqualität Abb. 1.1: Aufbau Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) nahme und Abfallaufkommen“ unterteilt, die wiederum aus neun bzw. sechs Einzelkriterien bestehen. Anhand dieser Kriterien soll beurteilt werden, ob die Schutzziele der ökologischen Nachhaltigkeit beim Bau eines Gebäudes eingehalten werden. Diese Schutzziele umfassen den Schutz der Ökosysteme, der menschlichen Gesundheit und der natürlichen Ressourcen. Das bedeutet, Ziel ist es, die Auswirkungen auf die globalen und lokalen Ökosysteme zu beachten, die Emissionsbelastung während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes zu minimieren und den Verbrauch von Energieträgern, Rohstoffen und Bodenoberfläche, bezogen auf den jeweiligen Nutzen, gering zu halten. 1.2.2.2 Ökonomische Qualität Die ökonomische Qualität eines Gebäudes hängt nicht nur von den Anschaffungs- bzw. Errichtungskosten ab, sondern insbesondere von den Baufolgekosten, die über die gesamte Nutzungs- bzw. Lebensdauer anfallen. Diese können die Errichtungskosten in der Praxis um ein Mehrfaches überschreiten. Eine Lebenszykluskostenanalyse (LCC, Life Cycle Costs) soll über die Errichtungs-, Nutzungs- und Rückbaukosten Aufschluss geben. Darüber hinaus ist die Entwicklung des Gebäudewerts von besonderem Interesse für die Immobilienbranche. 8 1.2.2.3 Soziokulturelle und funktionale Qualität Die soziokulturelle und funktionale Qualität betrachtet neben der Ästhetik und Gestaltung vor allem die Aspekte Gesundheitsschutz und der Behaglichkeit. Es wird unterschieden zwischen den Bereichen „Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit“, „Funktionalität“ und „Gestalterische Qualität“. Im Gegensatz zu den Einzelkriterien der ökologischen und ökonomischen Qualität sind viele der Steckbriefe nicht quantifizierbar, sondern lediglich qualitativ bewertbar. 1.2.2.4 Technische Qualität Die Qualität der technischen Ausführung ist eine sogenannte Querschnittsqualität, die sich auf alle Bereiche der Nachhaltigkeit auswirkt. So trägt beispielsweise die energetische Qualität der Gebäudehülle durch eine Verringerung des Energieverbrauchs zur Minderung sowohl der Lebenszykluskosten als auch der negativen Umweltauswirkungen bei. 1.2.2.5 Prozessqualität Die Qualität der Planung, Bauausführung und Bewirtschaftung eines Gebäudes kann, genau wie die technische Qualität, keiner der drei ursprünglichen Dimensionen der Nachhaltig- Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle keit (Ökologie, Ökonomie, Soziales) eindeutig zugeordnet werden. Da diese Aspekte aber als wichtig für die Qualität eines Gebäudes im Sinne der Nachhaltigkeit angesehen werden, sind sie explizit unter dem Oberbegriff „Prozessqualität“ als Querschnittsqualität in das deutsche Zertifizierungssystem aufgenommen worden. 1.2.2.6 Standortqualität Die Standortqualität geht nicht mit in die Gesamtnote des Zertifizierungssystems ein, sondern wird separat mit einer Note ausgezeichnet. 1.2.3 Ökobilanzierung Wird die energetische Optimierung des Gebäudes und der Anlagentechnik mit sehr hohem Aufwand vorgenommen (z. B. durch Einsatz großer Dämmstärken) und möglicherweise unter Verwendung von Produkten, die mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt hergestellt werden, kann der Fall eintreten, dass das Optimum hinsichtlich des Energiebedarfs für den Betrieb nicht gleichzeitig auch das Optimum darstellt, wenn die Umweltauswirkungen durch das Gebäude insgesamt bilanziert werden. In die Bewertung der ökologischen Qualität eines Gebäudes werden daher sowohl der Energiebedarf als auch die Umweltwirkungen als wesentliche Elemente aufgenommen. Grundsätzlich werden im Rahmen einer Ökobilanz die potenziellen Umweltwirkungen eines Produktes im Verlauf seines Lebensweges zusammengestellt und beurteilt. Der Lebensweg beinhaltet dabei die Rohstoffgewinnung, die Produktion, die Anwendung, die Abfallbehandlung sowie das Recycling („von der Wiege bis zur Wiege“ oder auch „cradle to cradle“) bzw. die Entsorgung („von der Wiege bis zur Bahre“ oder auch „cradle to grave“). Dies erfordert bei langlebigen Gütern Szenarien für die zukünftigen Teile des Lebenszyklus. Es werden alle mit dem Lebenszyklus verbundenen Umweltbeeinflussungen wie Emissionen in Luft, Wasser und Boden, Ressourcenverbrauch sowie Naturrauminanspruchnahme erfasst, kumuliert und hinsichtlich potenzieller Wirkungen zusammengefasst. Die Normenreihe DIN EN ISO 14040 ff. [3] regelt die Grundsätze und Rahmenbedingungen sowie Anforderungen und Anleitungen zur Ökobilanzierung. Sie umfasst folgende Schritte: 1. Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen 2. Sachbilanz 3. Wirkungsabschätzung 4. Auswertung Ein sehr wichtiger Aspekt bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens ist die Wahl der funktionellen Einheit. Sie dient als Maß für den Nutzen eines Produktes und charakterisiert so dessen Leistungsfähigkeit. Grundsätzlich sind im Bauwesen folgende funktionellen Einheiten denkbar: – Baustoff (z. B. 1 m3 Beton oder 1 kg Stahl) – Bauteil oder Bauelement (z. B. 1 m2 Außenwand, Tragkonstruktion) – Gebäude oder Gebäudenutzen (z. B. eine Industriehalle oder 1 m2 Wohnfläche) Ökobilanzen auf Baustoffebene werden bei der Erstellung von Umweltdeklarationen für Bauprodukte, den sogenannten EPDs (Environmental Product Declarations), verwendet. DIN EN ISO 14025 [4] und DIN EN 15804 [5] liefern hierfür Regeln und stellen sicher, dass alle EPDs für Bauprodukte, Dienstleistungen im Bausektor und Bauprozesse in einheitlicher Weise erstellt, geprüft und dargestellt werden. EPDs für verschiedene Bauprodukte sind beim Institut für Bauen und Umwelt (IBU) erhältlich, u. a. wurde unter der Federführung der Organisation >>bauforumstahl e.V. eine EPD für warmgewalzte Stahlprofile und Grobbleche erstellt [6]. Sie enthält alle für eine ökologische Bewertung relevanten Daten für diese Produkte. Um Erkenntnisse über die Umweltauswirkungen verschiedener Bauweisen für Tragwerk und Gebäudehülle im Industrie- und Gewerbebau zu erlangen, wurden im Rahmen einer Studie verschiedene Konstruktionsarten untersucht. Ziel der Untersuchungen war jedoch kein reiner Baustoffvergleich, sondern vielmehr die Betrachtung der einzelnen Baustoffe im Bauwerkskontext. Nähere Informationen zur Studie „Ökobilanzierung von Typenhallen“ befinden sich in Kapitel 1.4.4. 1.2.4 Einfluss der Gebäudehülle auf die Nachhaltigkeit eines Gebäudes Das deutsche Bewertungssystem berücksichtigt anhand von über 50 verschiedenen Kriteriensteckbriefen die unterschiedlichen Aspekte der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Abb. 1.2 zeigt, welche Nachhaltigkeitskriterien durch die vielseitigen Funktionen der Gebäudehülle beeinflusst werden können. 9 Dokumentation 568 Abb. 1.2: Einfluss der Gebäudehülle auf die Nachhaltigkeit eines Gebäudes 10 Kriterium Einfluss der Gebäudehülle Ökobilanz Durch die Optimierung des Materialeinsatzes können die durch die Herstellung und Entsorgung der verwendeten Baustoffe entstehenden Auswirkungen auf die Umwelt minimiert werden. Eine energieeffiziente Gebäudehülle trägt dazu bei, dass die Umweltauswirkungen während der Nutzungsphase verringert werden können. Risiken für die lokale Umwelt Material- und Stoffgruppen, die ein Risikopotenzial für die Umweltmedien Grundwasser, Oberflächenwasser, Boden und Luft darstellen, sollten vermieden werden. Mikroklima Albedo-Werte und Transmissionsvermögen (bei Verglasungen) bzw. Wärmeleitfähigkeit (bei opaken Bauteilen) der Dach- und Fassadenflächen müssen dokumentiert werden, um den Beitrag des Gebäudes zum Wärmeinseleffekt simulieren zu können. Gesamtprimärenergiebedarf/ Anteil erneuerbarer Energien Durch die Optimierung des Materialeinsatzes kann der für die Herstellung und Entsorgung der verwendeten Baustoffe erforderliche Gesamtprimärenergiebedarf minimiert werden. Eine energieeffiziente Gebäudehülle trägt dazu bei, dass der Gesamtprimärenergiebedarf während der Nutzungsphase verringert werden kann. Die Integration von erneuerbaren Energien in die Gebäudehülle leistet einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung. Frischwasserverbrauch Nutzungsphase Die Optimierung des Fensterflächenanteils führt zur Verringerung des Frischwasserverbrauchs zur Reinigung. Lebenszykluskosten Neben den reinen Herstellungskosten werden hier auch die Instandhaltungs- und Reinigungskosten, die Kosten für Rückbau und Entsorgung sowie die Nutzungskosten für das Gebäude betrachtet. All diese Kostenarten können durch eine optimierte Planung der Gebäudehülle positiv beeinflusst werden. Thermischer Komfort Der thermische Komfort an Arbeitsplätzen bildet die Grundlage für effizientes und leistungsförderndes Arbeiten. Darüber hinaus beeinflusst die Art, wie der thermische Komfort bereitgestellt wird, den Energieverbrauch von Gebäuden erheblich. Auch hier kann die Planung der Gebäudehülle positiv auf die Bewertung dieses Kriteriums einwirken. Innenraumhygiene Durch die Verwendung von geruchs- und emissionsarmen Bauprodukten für die Innenräume wird die Raumluftqualität unter hygienischen Gesichtspunkten gesichert. Akustischer Komfort Die raumakustische Qualität wird durch die Begrenzung der Nachhallzeiten gesichert. Visueller Komfort Eine gute Tageslichtnutzung bietet ein hohes Einsparpotenzial bei der künstlichen Beleuchtung und Kühlung. Die Sichtverbindung nach außen hat einen großen Einfluss auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Die Blendfreiheit bei Tageslicht wird durch entsprechende Blend- oder Sonnenschutzeinrichtungen gesichert, die in die Fassade integriert sein können. Einflussnahmemöglichkeiten des Nutzers Fassadenintegrierte Lüftungs-, Sonnen- oder Blendschutz- sowie Tageslichtsteuerungssysteme sollten Möglichkeiten zur Einflussnahme durch den Nutzer bieten. Gebäudebezogene Außenraumqualität Technikflächen auf dem Dach sind auf das notwendige Mindestmaß zu reduzieren bzw. zu integrieren. Fassadenintegrierte Außenraumflächen wie Balkone, Loggien oder Wintergärten werden positiv bewertet, da sie die Aufenthaltsqualität für den Nutzer steigern. Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle Kriterium Einfluss der Gebäudehülle Brandschutz Die Brandschutzanforderungen nach Landesbauordnung müssen eingehalten werden. Die Verwendung von Baustoffen, die im Brandfall giftige Dämpfe, eine starke Rauchentwicklung bzw. eine schnellere Ausbreitung des Feuers begünstigen, sollte vermieden werden. Die Realisierung erhöhter Feuerwiderstandsklassen kann im Brandfall Leben retten. Schallschutz Durch die Einhaltung der Schallschutzanforderungen nach DIN 4109 [7] werden unzumutbare Lärmbelästigungen ausgeschlossen. Darüber hinausgehende Anforderungen an den Schallschutz in Bürogebäuden sind die Vermeidung von Konzentrationsverlusten, die Wahrung des Vertraulichkeitsschutzes sowie die Berücksichtigung von Personen mit eingeschränktem Hörvermögen. Wärme- und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle Ziel ist die Minimierung des Wärmebedarfs für die Raumkonditionierung des Gebäudes bei gleichzeitiger Sicherstellung einer hohen thermischen Behaglichkeit und Vermeidung von Bauschäden. Dies soll erreicht werden durch – die Einhaltung von Grenzwerten für die mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der verschiedenen Außenbauteile, – die Einhaltung eines Grenzwertes für den Wärmebrückenzuschlag, – die Einteilung der Luftdurchlässigkeit der Fugen von Fenstern und Türen in Klassen, – den Nachweis zur Tauwasserbildung nach DIN 4108-3 [8], – die Ermittlung der Luftwechselrate n50 und – die Ermittlung des Sonneneintragskennwertes nach DIN 4108-2 [9]. Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit des Baukörpers Die leichte Zugänglichkeit der Außenglasflächen vermindert den Aufwand zur Reinigung und Instandhaltung und reduziert so während der Nutzungsphase des Gebäudes die Kosten und die Auswirkungen auf die Umwelt. Rückbaubarkeit, Recycling- und Demontagefreundlichkeit Je einfacher das betrachtete Gebäude wieder in seine Bestandteile zerlegt werden kann, umso besser ist seine Rückbaubarkeit zu beurteilen. Hierfür werden der Demontageaufwand und der Aufwand zur Trennung der einzelnen Materialien separat betrachtet. Zudem regelt ein Recycling-/Entsorgungskonzept die Organisation und die Zuständigkeiten für den kontrollierten Rückbau und die Entsorgung bzw. das Recycling in den verschiedenen Lebensphasen des Gebäudes. Baustelle/Bauprozess Durch die Vermeidung von Abfällen auf der Baustelle wird ein wichtiger Beitrag zur Ressourcenschonung geleistet. Gleichzeitig können Einsparungen durch geringere Entsorgungskosten realisiert werden. Eine lärmarme Baustelle trägt zum Gesundheitsschutz aller Beteiligten bei und fördert die Akzeptanz von Baumaßnahmen bei direkt betroffenen Anwohnern. Durch die Verringerung von Staub wird ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes auf der Baustelle geleistet. 11 Dokumentation 568 Abb. 1.3: Entwicklung der Bilanzierungsansätze (Nichtwohngebäude) 1.3 Energieeffizientes Bauen 1.3.1 Allgemeines Die Minimierung des Energieverbrauchs sowie die Begrenzung schädlicher Umweltauswirkungen sind zentrale Aspekte der Nachhaltigkeitsbewertung. Bereits seit Jahrzehnten ist die Energieeinsparung Gegenstand von Gesetzgebung und Normung. Die Steigerung der Energieeffizienz gehört zu den Schlüsselmerkmalen des nachhaltigen Bauens. Zum einen wird der Energiebedarf selbst bewertet, zum anderen werden die mit dem Energiebedarf verbundenen Umweltauswirkungen und die Kosten erfasst. Abb. 1.3 zeigt die Entwicklungen der letzten Jahre bei der Ermittlung des Energiebedarfs von Gebäuden. In der Wärmeschutzverordnung 1995 (WSVO 1995) ist nur der Heizwärmebedarf erfasst, d. h., es wird berechnet, wie viel Wärme im Raum benötigt wird. Der Aufwand für die Wärmeerzeugung und -verteilung sowie Verluste aufgrund von nicht idealer Regelung werden nicht berücksichtigt. Weiterhin werden Wärmebrückeneffekte bei den Transmissionswärmeverlusten nicht erfasst. In der EnEV 2002 werden diese Aspekte bereits mitberücksichtigt, so dass der Primärenergiebedarf für die Beheizung (einschl. Warmwasser) ermittelt werden kann. Mit Einführung der EnEV 2007 wurden zusätzliche Energiean12 wendungen im Gebäude für Beleuchtung und Kühlung erfasst. Das Anforderungsniveau wurde gegenüber der EnEV 2002 jedoch prinzipiell nicht verschärft. Wesentliche Neuerungen in der EnEV 2007 waren, dass die Gebäudenutzung innerhalb vorgegebener Nutzungsarten mitberücksichtigt wird, insbesondere Beleuchtung, Kühlung und der erforderliche Luftwechsel werden hiervon beeinflusst. Vorgegeben ist nicht mehr ein Sollwert für einen zulässigen Energiebedarf, sondern es wird eine Referenzausführung des zu untersuchenden Objektes zur Ermittlung des Sollwertes herangezogen. Nach EnEV 2007/2009 ist eine Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs für alle Nichtwohngebäude erforderlich, sobald mindestens ein Aspekt von Heizung, Kühlung, Be- und Entlüftung, Befeuchtung, Beleuchtung und Warmwasserversorgung gegeben ist. Neben den Anforderungen an den Primärenergiebedarf und der Begrenzung des Transmissionswärmetransfers werden zusätzlich generell geltende Anforderungen gestellt an die Bereiche: – Luftdichtheit, Mindestluftwechsel – Mindestwärmeschutz, Wärmebrücken – Anlagen der Heizungs-, Kühl- und Raumlufttechnik – Prüfung alternativer Energieversorgungssysteme – Energieausweise Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle Insbesondere die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz und die Luftdichtheit sowie die Berücksichtigung des zusätzlichen Wärmetransfers im Bereich von Wärmebrücken haben deutliche Auswirkungen auf die Planung und Ausführung von Dach- und Fassadensystemen. Mit der Einführung der neuen Energieeinsparverordnung 2009 (EnEV 2009) [10] ist von der Bundesregierung eine Verschärfung des Anforderungsniveaus um etwa 30 % vorgenommen worden. Eine nochmalige Verschärfung der Anforderungen um weitere 30 % ist für das Jahr 2012 geplant. 1.3.2 Energieeinsparverordnung 2009 Der Energiebedarf wird durch verschiedene bauliche und betriebliche Faktoren wie z. B. Wärmedämmstandard, Art der Lüftung, Verluste bei der Wärmeerzeugung, Beleuchtungskonzept und Kühlsystem beeinflusst. In der EnEV 2009 wird versucht, sämtliche Einflüsse auf den Energiebedarf eines Gebäudes in der Betriebsphase zu berücksichtigen. Zu erkennen ist das schon an der Komplexität des Berechnungsverfahrens. Bei der Bestimmung des Jahres-Primärenergiebedarfs für Nichtwohngebäude ist es erforderlich, die Randbedingungen (z. B. Innentemperatur, interne Wärmequellen, Luftwechselzahlen) entsprechend dem gewählten Nutzungsprofil für die Berechnungen anzupassen. Für die Bestimmung der zulässigen Höchstwerte wurde folgender Ansatz gewählt (§ 4 der EnEV 2009): „Zu errichtende Nichtwohngebäude sind so auszuführen, dass der Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Bauteil Dach Außenwand Fenster Lichtband Lichtkuppel Lüftung, Kühlung und eingebaute Beleuchtung den Wert des Jahres-Primärenergiebedarfs eines Referenzgebäudes gleicher Geometrie, Nettogrundfläche, Ausrichtung und Nutzung einschließlich der Anordnung der Nutzungseinheiten mit der in Anlage 2 Tabelle 1 angegebenen technischen Ausführung nicht überschreitet.“ Das sogenannte Referenzgebäudeverfahren verlangt eine zweite Berechnung des zu errichtenden Gebäudes, bei der für alle Elemente der Gebäudehülle (z. B. Verglasung, Sonnenschutz) sowie der Anlagentechnik (z. B. Heizung, raumlufttechnische Anlagen RLT, Beleuchtung) Referenzausführungen bzw. Sollwerte in Anlage 2 Tabelle 1 der EnEV 2009 vorgegeben werden. Weiterhin wird in der EnEV 2009 gefordert: „Zu errichtende Nichtwohngebäude sind so auszuführen, dass die Höchstwerte der mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmeübertragenden Umfassungsfläche nach Anlage 2 Tabelle 2 nicht überschritten werden.“ Die Höchst- und Referenzwerte für die Planung und Ausführung der Gebäudehüllen von Nichtwohngebäuden nach EnEV 2009 sind beispielhaft in Abb. 1.4 angegeben. Bei der Bestimmung der Wärmedurchgangskoeffizienten im Bereich der flächigen Bauteile nach Abb. 1.4 sind die regelmäßig vorkommenden punkt- und linienförmigen Wärmebrückeneinflüsse, z. B. infolge von metallenen Befestigungselementen, zu berücksichtigen. Bei der Bestimmung des Transmissionswärmetransfers der Gebäudehülle ist zusätzlich der Wärmebrückeneinfluss im Bereich der linienförmigen Bauteilanschlüsse (Traufe, Ortgang, Außenecke usw.) einzubeziehen. Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten U, bezogen auf den Mittelwert der jeweiligen Bauteile [W/(m2 · K)] Zonen mit Raum-Solltemperaturen im Heizfall ≥ 19 °C Zonen mit Raum-Solltemperaturen im Heizfall von 12 °C bis < 19 °C Höchstwert Referenzwert Höchstwert Referenzwert – U = 0,35 – U = 0,35 – U = 1,9 – U = 3,1 – U = 3,1 – U = 0,20 – U = 0,28 – U = 1,3 – U = 2,4 – U = 2,7 – U = 0,50 – U = 0,50 – U = 2,8 – U = 3,1 – U = 3,1 – U = 0,35 – U = 0,35 – U = 1,9 – U = 2,4 – U = 2,7 Abb. 1.4: Höchstwerte für Wärmedurchgangskoeffizienten nach EnEV 2009 13 Dokumentation 568 1.3.3 Energetische Qualität von Gebäudehüllen 1.4 Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise Die hohe energetische Qualität von Gebäudehüllen ist ein zentrales Ziel des nachhaltigen Bauens. Sie wird durch Wärmetransmissions- und Wärmekonvektionseigenschaften bestimmt. Die Wärmetransmission findet als eindimensionaler Wärmestrom im thermisch ungestörten Regelbereich von Elementen der Gebäudehülle statt, hinzu kommen zwei- und dreidimensionale Wärmeströme im Bereich von punkt- und linienförmigen Wärmebrücken. Normativ werden die Wärmetransmissionseigenschaften der Gebäudehülle mit folgenden Kenngrößen beschrieben: – Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten Ud [W/(m2 · K)] unter Berücksichtigung der regelmäßig im Elementbereich vorkommenden linien- und punktförmigen Wärmebrücken – Wärmebrückenzuschlag DUWB [W/(m2 · K)] für den thermischen Einfluss von linienförmigen Wärmebrücken im Bereich von Bauteilanschlüssen 1.4.1 Allgemeines Die Wärmekonvektion wird von der Luftdichtheit der Gebäudehülle beeinflusst. Dabei sind folgende Einzelgrößen zu berücksichtigen: – Fugendurchlasskoeffizient a [m3/(h · m· (daPa)n )] als Maß für die Luftdichtheit von Fugen – Luftwechselrate n50 [1/h] als Maß für die Luftdichtheit von Gebäuden – Luftdurchlässigkeit q50 [m3/(h · m2)] als Maß für die Luftdichtheit von Gebäudehüllen Die EnEV 2009 begrenzt mit ihren Anforderungen an zu errichtende Gebäude den Transmissionswärmetransfer der Gebäudehülle. Im thermischen Einflussbereich von Wärmebrücken muss ein Nachweis des Mindestwärmeschutzes erfolgen und der „zusätzliche“ Wärmetransfer bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs berücksichtigt werden. Bei beheizten und gut wärmegedämmten Gebäuden erreicht der Wärmetransfer über Undichtheiten in der Gebäudehülle einen nicht zu vernachlässigenden Anteil. Die Anforderung an die Dichtheit der Gebäudehülle soll dazu beitragen, unnötigen Wärmetransfer und Bauschäden zu vermeiden. Die Luftdichtheitsschicht soll verhindern, dass Bauteile von warmer, feuchtigkeitsbeladener Luft durchströmt werden. Leckagestellen in der Luftdichtheitsebene können zu Tauwasserschäden in der Konstruktion führen. 14 Die EnEV 2009 fordert, „dass zu errichtende Gebäude so auszuführen sind, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist“ und „dass der Einfluss konstruktiver Wärmebrücken auf den JahresHeizwärmebedarf nach den anerkannten Regeln der Technik und den im jeweiligen Einzelfall wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen so gering wie möglich gehalten wird“. In zunehmendem Maße werden in Europa Dach- und Außenwandkonstruktionen in Metallleichtbauweise geplant und ausgeführt. Mit dieser Bauweise sind Konstruktionen mit sehr guter Luftdichtheit und sehr hohem Wärmeschutzstandard möglich. Beim Zusammenfügen der Einzelelemente entstehen jedoch Fugen und Bauteilanschlüsse, die die Anforderungen an den Wärmeschutz und die Luftdichtheit ebenfalls erfüllen müssen. Der Wärmeschutz und die Luftdichtheit bestimmen die energetische Qualität der Gebäudehülle, die ein wichtiges Merkmal des nachhaltigen Bauens ist. 1.4.2 Energetische Qualität Einen wesentlichen Beitrag zum energieeffizienten Bauen liefert die Minimierung des Transmissionswärmetransfers durch z. B. eine Erhöhung des Wärmedämmstandards. Analysiert man Gebäude mit Hüllen in Metallleichtbauweise, so stellt man fest, dass eine Erhöhung der Wärmedämmstärke allein noch nicht zielführend ist, da bei dieser Bauweise erhebliche Einflüsse durch Wärmebrückeneffekte bestehen können. Neben einer ausreichenden Dämmstärke sind also die Anschlussdetails sowohl zwischen unterschiedlichen Bauteilen als auch innerhalb des Elementbereiches zu berücksichtigen und zu optimieren. Neben der Bedeutung für die Energieeinsparung ist die sorgfältige Detailausbildung auch erforderlich, um den Feuchteschutz (Vermeidung von Tauwasser und Schimmelpilz) zu realisieren und so Schäden zu vermeiden. Ein wichtiges Hilfsmittel hierzu stellt der vom IFBS herausgegebene Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise [11] dar. Bei zweischaligen Konstruktionen des Stahlleichtbaus (Abb. 1.5 und Abb. 1.6) sind im flächigen Regelbereich wärmetechnische Schwachstellen vorhanden, deren Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle Abb. 1.5: Kassettenwand Wärmebrückeneinfluss bei der Bestimmung des Bemessungswertes des Wärmedurchgangskoeffizienten U berücksichtigt werden muss. Mit dem vereinfachten Verfahren der IFBSSchrift 4.05 [12] ist es möglich, den Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten U für zweischalige Konstruktionen des Metallleichtbaus zu bestimmen. Die Ergebnisse von weiter gehenden numerischen Untersuchungen zeigen, dass linienförmige metallene Bauteile, die die wärmedämmende Schicht vollständig durchdringen, bei der Planung und Ausführung von Metallleichtbaukonstruktionen vermieden werden sollten. Ohne Anordnung einer außenseitigen zusätzlichen Wärmedämmebene erfüllen die in Abb. 1.5 und Abb. 1.6 dargestellten Konstruktionen nicht die Anforderungen an den Wärmedurchgangskoeffizienten nach EnEV 2009 (siehe Abb. 1.4). Abb. 1.7 zeigt technische Lösungen [13] [14] zur Wärmebrückenreduktion bei Kassettenwandkonstruktionen. Im Bereich der Metallleichtbauweise erfolgt die Berücksichtigung der Wärmebrückenwirkungen der Bauteilanschlüsse durch die pauschale Erhöhung der U-Werte aller Außenbauteile um Abb. 1.6: Zweischaliges Dach DUWB = 0,10 W/(m2 · K). Normativ gleichwertig ist die Berechnung des Wärmetransfers im Bereich dieser Wärmebrücken mit Hilfe von längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Y, siehe [11]. Bezüglich der Luftdichtheit fordert die Energieeinsparverordnung, dass „die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist“. Wird der Nachweis der Dichtheit des gesamten Gebäudes nach DIN EN 13829 [15] durchgeführt, so fordert die Energieeinsparverordnung, dass der Volumenstrom bei 50 Pa bezogen auf das beheizte Gebäudevolumen für Gebäude ohne raumlufttechnische Anlagen 3,0 h–1 und für Gebäude mit raumlufttechnischen Anlagen 1,5 h–1 nicht überschreitet. Einzelanforderungen an Fugen werden in der Energieeinsparverordnung explizit nur an Fenstern, Fenstertüren und Dachflächenfenstern gestellt. Zur Beurteilung der Gebäudehülle kann zusätzlich der hüllflächenbezogene Leckagestrom herangezogen werden, der nach DIN 4108-7 [16] den Wert von 3,0 m3/(h · m2) nicht überschreiten Abb. 1.7: Wärmebrückenreduktion bei Kassettenwänden durch thermische Trennung von Stahlkassette und Trapezblech mit Distanzverbinder 15 Dokumentation 568 Bezeichnung Luftwechselrate n50 Anforderung Gebäude ohne raumlufttechnische Anlage Gebäude mit raumlufttechnischer Anlage 3,0 h –1 1,5 h –1 Luftdurchlässigkeit q50 3,0 m3/(h · m2) Fugendurchlasskoeffizient a 0,1 m3/(h · m · (daPa)n) Abb. 1.8: Anforderungen an die Luftdichtheit von Gebäuden darf. Gemäß DIN 4108-2 [9] und DIN 18542 [17] darf der Fugendurchlasskoeffizient a nicht größer als 0,1 m3/(h · m · (daPa)n) sein (Abb. 1.8). Die vorgefertigten flächigen Elemente der Gebäudehüllen im Stahlleichtbau sind im Bereich der metallenen Deckschichten absolut luftdicht. Die Abdichtung der Fugen trägt dazu bei, die Dichtebenen über Element- und Bauabschnittsgrenzen fortzusetzen und die umfassende Forderung der Energieeinsparverordnung nach einer luftdichten Gebäudehülle zu erfüllen. Die IFBS-Schrift „Fugendichtheit im Stahlleichtbau“ [18] gibt Empfehlungen, wie Gebäudehüllen im Stahlleichtbau abgedichtet werden können. Als gebräuchlichste Technik hat sich im Bereich des Stahlleichtbaus das Abdichten mit Fugenbändern und Profilfüllern bewährt. Die Schrift enthält eine Vielzahl von Konstruktionsvorschlägen für die Ausbildung von Fugen und Bauteilanschlüssen. Eine luftdichte Gebäudehülle bedarf einer sorgfältigen Planung der Anschlusskonstruktionen. Vor Ort sollten gut ausgebildete Facharbeiter unter der Aufsicht einer erfahrenen Bauleitung die möglichen Leckagestellen abdichten und somit die Luftdichtheitsebene schließen. Abb. 1.9: Industriegebäude und vorhandene Variation der Fugenbreite 16 Die messtechnische Überprüfung der Luftdichtheit kann für gesamte Gebäude vor Ort mit dem Differenzdruckverfahren nach DIN EN 13829 [15] und für einzelne Bauteile im Labor nach DIN EN 12114 [19] erfolgen. Abb. 1.9 zeigt ein Industriegebäude und Fugendetails der Gebäudehülle. Zur Beurteilung der Luftdichtheit der Gebäudehülle können folgende messtechnische Untersuchungen vor Ort am Gebäude durchgeführt werden: – Leckageortung und Visualisierung mit Nebelmaschine und Thermografie – Druckdifferenztest (Blower-Door-Test) am Gesamtgebäude Die experimentellen Untersuchungen zur Fugendichtheit können sicher und reproduzierbar nur im Labor durchgeführt werden [20]. 1.4.3 Integration erneuerbarer Energien Ein wesentliches Ziel des nachhaltigen Bauens ist die deutliche Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Dabei kann die Integration von Systemen zur Energieerzeugung in die Gebäudehülle einen wichtigen Beitrag leisten. Die in Abb. 1.10 beschriebenen Prinzipien für die gebäudehüllenintegrierte Energieerzeugung sind von Bedeutung. Alle genannten Prinzipien können in Verbindung mit dem Stahlleichtbau eingesetzt werden und liefern integrale und damit vergleichsweise kostengünstige Lösungen. Das Auflaminieren von flexiblen Solarmodulen und künftig möglicherweise auch das Beschichten von Blechen sind gute Möglichkeiten, die spezifischen Merkmale des Stahlleichtbaus zu nutzen: Das äußere Blech wird zum Trägermaterial, die zusätzlichen Lasten sind gering, die großflächigen Elemente reduzieren den Verdrahtungsaufwand vor Ort. Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle Bezeichnung Fotovoltaik Warmwasserkollektor Luftkollektor Erzeugte Energie Wirkprinzip Strom Halbleiter, die bei Lichteinfall elektrische Spannung erzeugen Wärme für Brauchwasser, mit Einschränkungen Raumheizung Dunkle Absorberelemente werden durch Solarstrahlung erwärmt, Energie wird durch Aufheizung eines flüssigen Wärmeträgers abgeführt Wärme für Zuluftvorheizung oder Prozesse (z.B. Trocknung) Dunkle Absorberflächen werden durch Solarstrahlung erwärmt, diese Flächen werden von Luft durchströmt (Perforation) oder Luft wird an den Absorberflächen entlanggeführt und dadurch aufgeheizt Abb. 1.10 Prinzipien der Integration von Energieerzeugung in die Gebäudehülle Mit den Stahl-Sandwichelementen stehen selbsttragende Dämmsysteme zur Verfügung, die eine Weiterentwicklung zu thermischen Kollektoren ermöglichen. Für Kollektoren mit oder auch ohne Glasabdeckung stellen sie eine kostengünstige Basis für die Entwicklung und Fertigung von Kollektoren dar. Der Aufbau eines Luftkollektors auf einer Außenwand mit Vorhangfassade aus Blech stellt eine Möglichkeit dar, mit wenig zusätzlichem Aufwand einen einfachen Luftkollektor zu bauen. Auch hier ist es durch zusätzliche Glasabdeckungen möglich, höhere Temperaturdifferenzen zu erzielen. Ob dies sinnvoll ist, hängt von der konkreten Anwendung ab. Abb. 1.11 und Abb. 1.12 zeigen zwei Beispiele für eine fassadenintegrierte Energieerzeugung. Abb. 1.11: Fotovoltaikfassade 1.4.4 Ökobilanzierung von Typenhallen Die Ökobilanzierung ist durch die Einführung des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen (DGNB) zu einem festen Bestandteil der Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden geworden. Im Rahmen der Pilotphasen zur Bewertung und Zertifizierung von Industrie- und Gewerbegebäuden sind 2009 in Deutschland erstmals auch Ökobilanzen dieser Gebäudearten nach DGNB-Standard erstellt worden. Um Erkenntnisse über die Umweltauswirkungen verschiedener Bauweisen für Tragwerk und Gebäudehülle im Industrie- und Gewerbebau zu erlangen, wurden im Rahmen einer Studie im Auftrag von >>bauforumstahl e.V. verschiedene Konstruktionsarten untersucht [21]. Da ein Vergleich der Umweltleistung verschiedener Konstruktionen nur auf Bauwerksebene im Bauwerkskontext sinnvoll und aussagekräftig ist, wurde als Untersuchungsobjekt eine vereinfachte Typenhalle Abb. 1.12: Luftkollektorfassade 17 Dokumentation 568 [22] in verschiedenen Ausführungsvarianten gewählt. Diese soll durch ihren Modellcharakter Prinzipien und Grundsätze der Ökobilanzierung von hallenartigen Gebäuden aufzeigen. Neben dem in der Studie betrachteten gleichen Untersuchungsobjekt in verschiedenen Ausführungsvarianten ist eine identische Datengrundlage für einen sinnvollen Vergleich eine Grundvoraussetzung. Als Datenbasis für die Untersuchungen wurde die Ökobau.dat 2009 [23] verwendet. Ziel der Analyse war es, anhand von momentan verfügbaren Daten und Methoden die Umweltleistung der Typenhalle in verschiedenen Varianten des Industrie- und Gewerbebaus miteinander zu vergleichen und vorhandene Unsicherheiten und den daraus resultierenden Forschungsbedarf aufzuzeigen. Es wurden Vergleiche auf Bauteilebene durchgeführt, um dann das Gesamtgebäude in seinem gesamten Lebenszyklus inklusive der Nutzungszeit zu betrachten. Im Bereich von Dach und Außenwand wurden die Umweltauswirkungen von verschiedenen Konstruktionsarten mit nahezu gleichem Wärmedurchgang miteinander verglichen. Bei den Untersuchungen auf Bauwerksebene wurde deutlich, dass für die betrachteten Hallenvarianten mit ähnlichen wärmetechnischen Eigenschaften der Gebäudehülle etwa der gleiche Gesamtenergiebedarf für die Herstellung und Entsorgung der gesamten Konstruktion (Tragkonstruktion und Gebäudehülle), unabhängig von der Konstruktionsart, benötigt wird. Bei der Relation zwischen der benötigten Gesamtprimärenergie für die Herstellung und Entsorgung sowie für die Konditionierung der untersuchten Hallenvarianten lässt sich feststellen, dass der Gesamtprimärenergiebedarf für die Nutzungsphase auch bei verschärften energetischen Anforderungen und einem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren die dominierende Größe darstellt. Zukünftig gilt es, die Datenbasis für Umweltleistungen von Bauprodukten weiter auszubauen. Zum einen müssen Daten für noch mehr Bauprodukte erfasst werden (z. B. durch die Erstellung und Verbreitung von EPDs), zum anderen müssen für die vorhandenen Herstellungsprozesse entsprechende Informationen zum Einbau ins Gebäude, zur Instandhaltung und Reinigung sowie zum „End of Life“ bereitgestellt werden. 18 1.5 Zusammenfassung und Ausblick Die Berücksichtigung der Prinzipien des nachhaltigen Bauens ist eine wichtige Voraussetzung für zukunftsfeste Gebäude. Bei guter integraler Planung können mit geringfügig höheren Baukosten energieeffiziente und nachhaltige Gebäude realisiert werden. Nachdem bis in die 1980er Jahre die Betonung auf dem Umweltschutz lag, wurde etwa ab 1990 eine neue, deutlich erweiterte Strategie eingeschlagen: die „nachhaltige Entwicklung“, die darauf abstellt, die dauerhafte Sicherung der Lebensgrundlagen auch als zentrales Handlungsfeld für die Wirtschaft zu erkennen. Dabei spielen die Lebenszykluskosten eine wichtige Rolle für Investoren, und Finanzdienstleister schauen bei Immobilien sorgfältiger auf den Faktor Zeit: Bis wann ist ein Gebäude wettbewerbsfähig? Wie bleibt es in puncto Nutzung flexibel sowie für Energie-Innovationen offen? Welchen Wert stellt es bei Abriss und Ersatz dar? Damit aber das geforderte Leitbild der Nachhaltigkeit wirksam werden kann, muss nachhaltiges Bauen quantifizierbar und damit nachweisbar gemacht werden. Eine Bewertung der Qualität des nachhaltigen Bauens kann mit Hilfe des Bewertungs- und Zertifizierungssystems der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erfolgen. Stahl ist einer der wichtigsten Baustoffe der Gegenwart. Für viele Produkte, Bauteile und Konstruktionen greift man auf die Verwendung von Stahl zurück, um die gewünschte Leistungsfähigkeit zu erreichen. Elemente aus und mit Stahl können bei richtiger Anwendung dazu beitragen, energieeffiziente und nachhaltige Gebäude herzustellen. Dabei sollten Vorteile wie das große Recyclingpotenzial des Werkstoffes, die leichte Rückbaubarkeit und die Wiederverwendbarkeit von Komponenten sowie die hohe Werthaltigkeit und Langlebigkeit der Bauteile in geeigneter Weise bei der Bewertung des nachhaltigen Bauens berücksichtigt werden. Durch modulare Systeme aus Stahl mit hoher Materialeffizienz lassen sich zudem die Konstruktionen leicht an die geplante Nutzungsdauer anpassen. Aktuell steht die deutliche Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden im Mittelpunkt der Diskussionen. Darüber hinaus gewinnen die Aspekte der Material- und Ressourceneffizienz bei steigenden Produktionskosten und abnehmender wirtschaftlicher Verfügbarkeit von Rohstoffen immer mehr an Bedeutung. Zukunftsweisendes und nachhaltiges Bauen bedeutet, die ökologische, ökonomische und soziale Qualität von Bauwerken zu optimieren. Energieeffizient und nachhaltig – Anforderungen an die Gebäudehülle 1.6 Literaturangaben [13] www.rockwool.de [1] Hauff, V. (Hrsg.): Unsere gemeinsame Zukunft – Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung; Eggenkamp Verlag, Greven 1987 [14] www.isover.de [2] Leitfaden Nachhaltiges Bauen, BMVBS (Hrsg.), Berlin 2001 [3] DIN EN ISO 14040:2009-11 „Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [4] DIN EN ISO 14025:2010-08 „Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Typ III: Umweltdeklarationen – Grundsätze und Verfahren“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [5] DIN EN 15804 (Entwurf):2008-04 „Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltdeklarationen für Produkte – Regeln für Produktkategorien“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [6] Umwelt-Produktdeklaration nach ISO 14025 „Baustähle – Offene Walzprofile und Grobbleche“, Deklarationsnummer EPD-BFS-2010111-D [7] DIN 4109:1989-11 „Schallschutz im Hochbau – Anforderungen und Nachweise“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [8] DIN 4108-3:2001-07 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [9] DIN 4108-2:2003-07 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [15] DIN EN 13829:2001-02 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden – Differenzdruckverfahren“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [16] DIN 4108-7:2001-08 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [17] DIN 18542:2009-07 „Abdichten von Außenwandfugen mit imprägnierten Fugendichtungsbändern aus Schaumkunststoff – Imprägnierte Fugendichtungsbänder – Anforderungen und Prüfung“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [18] IFBS-Fachinformation 4.02:2004-11 „Fugendichtheit im Stahlleichtbau“; IFBS e.V., Düsseldorf [19] DIN EN 12114:2000-04 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Luftdurchlässigkeit von Bauteilen – Laborprüfverfahren“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [20] Kuhnhenne, M.: Energetische Qualität von Gebäudehüllen in Stahl-Sandwichbauweise; Dissertation, Aachen 2009 [21] Kuhnhenne, M.; Döring, B.; Kocker, R.; Pyschny, D.; Feldmann, M.: Die Ökobilanz als Baustein der Nachhaltigkeitsbewertung im Industrie- und Gewerbebau; Stahlbau 6 (2010), S. 439–447 [22] Kocker, R.; Möller, R.: Typenhallen aus Stahl; >>bauforumstahl e.V., Düsseldorf 2009 [10] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV) vom 30.04.2009; BGBl. I, S. 954, 2009 [23] Ökobau.dat 2009: Ökobilanz-Datengrundlage für das Gütesiegel Nachhaltiges Bauen; www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-undgebaeudedaten/oekobaudat.html [11] IFBS-Fachinformation 4.03:2010-03 „Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise“; IFBS e.V., Düsseldorf 1.7 Bildquellen [12] IFBS-Fachinformation 4.05:2006-06 „Ermittlung der Wärmeverluste an zweischaligen Dachund Wandaufbauten“; IFBS e.V., Düsseldorf Abb. 1.5, 1.6: IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V. Abb. 1.7: Deutsche Rockwool Mineralwolle GmbH & Co. OHG, Saint-Gobain Isover G+H AG Abb. 1.9, 1.12: Markus Kuhnhenne Abb. 1.11: ThyssenKrupp Steel Europe AG 19 Dokumentation 568 2 Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand Dipl.-Ing. Matthias Köhler 2.1 Einleitung Bauelemente aus Stahlblech – was verbirgt sich dahinter? Was haben diese Produkte mit Bauen im Bestand zu tun? Diese Fragen werden immer wieder gestellt, da ein Zusammenhang zwischen der massiven Ausführung von Bestandsbauten und der empfundenen Leichtigkeit von Industrie- und Gewerbebauten selten gesehen wird. Doch gerade in der Kombination der Bauweisen und Baustoffe liegen die Vorteile des Stahlleichtbaus (Abb. 2.1). In diesem Beitrag sollen besonders die Bauweisen und Bauelemente betrachtet werden, bei denen entgegen der üblichen Anwendung im Industrie- und Gewerbebau als Gebäudehülle der Mehrwert für neue Einsatzgebiete im Vordergrund steht. Dabei stellt sich auch die Frage des „nachhaltigen Bauens“, das immer mehr in der wirtschaftlichen Betrachtung berücksichtigt werden muss und im Bauwesen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Verknüpfung von Nachhaltigkeit mit dem Bauen im Bestand wird im Folgenden dargestellt. 2.2 Bauen im Bestand – Nachhaltigkeit Ist das Bauen im Bestand eine nachhaltige Bauweise? Um diese Frage zu beantworten, sind die Begriffe etwas näher zu analysieren. Beim Abb. 2.1: Hochwärmedämmende Fassaden vereinen Leichtigkeit, Stabilität und energetische Effizienz 20 nachhaltigen Bauen werden bereits in der Planungsphase und bei der Auswahl der Baustoffe Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet. Eine wichtige Rolle kommt dabei dem schonenden Verbrauch natürlicher Ressourcen zu. Der sparsame Umgang mit zur Verfügung stehenden endlichen Rohstoffen betrifft dabei nicht nur den effektiven Einsatz neuer Baustoffe, sondern auch die Nutzung von bestehenden Objekten. Das heißt, wir sprechen nicht nur vom Einsatz großer Stoff- und Energieströme, sondern ebenfalls von der Flächeninanspruchnahme im Bauwesen, die unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ebenfalls gering ausfallen sollte. Diese Faktoren können und müssen aktiv in der Planung und bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise berücksichtigt werden, denn das Bauen und Nutzen von Gebäuden hat erheblichen Einfluss auf unsere Umwelt. Hier ist der Begriff des „nachhaltigen Bauens“ unmittelbar mit dem Bauen im Bestand verknüpft. Es müssen Lösungen und Konzepte erarbeitet werden, die ökologisch verträglich und ökonomisch akzeptabel sind. Das Schutzziel, stoffliche und energetische Ressourcen einzusparen, bringt Vorteile im Hinblick auf Ökonomie und Ökologie. Das größte Einsparungspotenzial lässt sich durch eine Fokussierung auf Bestandsbauten erbringen. Der Lebenszyklus eines Bauwerkes im Abschnitt der Nutzungsphase wird so wesentlich verlängert. Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand Eine Erhaltung und Modernisierung des Gebäudebestandes steigert die Langlebigkeit und fördert somit die Nachhaltigkeit. Ein weiterer Vorteil des Bauens im Bestand, im Bezug auf die Nachhaltigkeit, ist nicht nur die Erhöhung der Funktionalität des Bauwerkes, sondern auch das Einsparungspotenzial durch die Erschließung neuer Nutzungsflächen. 2.3 Aufgabenstellung und Anforderungen Im Industrie- und Gewerbebau, im öffentlichen Bau sowie im privaten Wohnungsbau werden die Anforderungen an das Bauen im Bestand unterschiedlich betrachtet. Unterschiedliche Baumaßnahmen finden dabei Berücksichtigung: – Modernisierung – Instandhaltung – Sanierung – Werterhaltung – Wertsteigerung – Umnutzung Dabei reichen die auszuführenden Maßnahmen von der einfachen Sanierung einer Dacheindeckung bis zu der vollständigen Entkernung und dem Wiederaufbau des Gebäudes (Abb. 2.2). Da die Einbindung der Bestandsbauten in die bestehende Bebauung und Infrastruktur einer anderen Auswahl an Baumaterialien und Bautechniken bedarf, ergeben sich für Planer und Ausführende neue, andere Aufgabenstellungen und Herausforderungen als beim Neubau. Im Vordergrund für eine detaillierte Planung stehen folgende Schwerpunkte: – Analyse der Bausubstanz und der architektonischen Gestaltung – Analyse der Infrastruktur und der Umgebungsbedingungen – Konzept der Bestandseinbindung in die bestehende Bebauung – Sicherung und Erhaltung der Gebäudeteile – Auswahl geeigneter Materialien und Baustoffe – Planung der bautechnischen Ausführung Das heißt, beim Bauen im Bestand liegen die Prioritäten nicht auf der Erhaltung des Lebenszykluss der Gebäude, sondern auf einer effektiven und wirtschaftlichen baulichen Umgestaltung. Bereits heute wird über die Hälfte des jährlichen Bauvolumens im Bestand ausgeführt. Dabei kommt der Stahlbauweise eine große Bedeutung zu. Die spezifischen Materialeigenschaften des Baustoffes Stahl sorgen dafür, dass Gebäude all jene Anforderungen erfüllen, die an eine nachhaltige Bauweise gestellt werden. Die Forderung der Erhaltung bestehender Gebäudeelemente sowie die Integration neuer Bausysteme zum Erhalt oder zur Erweiterung der Funktionalität bedarf geänderter Verarbeitungstechnologien. Traditionelle Baumethoden sind oft aus technischen Gründen nur bedingt für die Sanierung und Modernisierung geeignet. Stahlkonstruktionen hingegen sind aufgrund der Vielseitigkeit des Materials Stahl und der ausgereiften Verarbeitungstechnologie von großem Vorteil. Durch die Flexibilität in Verbindung mit ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften sind diese Systeme mit Bestandsmaterialien hervorragend kombinierbar. Abb. 2.2: Modernisierung und Erweiterung eines Museums mit Bauelementen aus Stahl 2.4 Vorteile von Stahlblechkonstruktionen Stahlprofile und Bauelemente aus Stahlblech können trotz ihrer leichten und schlanken Struktur hohe Lasten aufnehmen und große Spannweiten überbrücken. Das geringe Eigengewicht erlaubt eine wirtschaftliche Bauweise, wenn es um die Ertüchtigung oder Erweiterung von bestehender Bausubstanz geht. Die zusätzlichen Belastungen für bestehende Fundamente, Decken und Fassaden werden gering gehalten. Somit können nicht nur denkmalgeschützte Bauwerke umgenutzt, sondern auch Gewerbe- und Industriebauten, Schulen sowie Krankenhäuser effektiv durch eine Erweiterung der Nutzung aufgewertet werden. Für ein effizientes Bauen im Bestand ist die Abstimmung der einzusetzenden Baumaterialien eine Herausforderung, bei der die unterschiedlichen Eigenschaften und Vorzüge berücksich21 Dokumentation 568 Folgende Faktoren lassen sich dabei unterteilen: Architektonische Gestaltung – Filigrane, leichte Konstruktionen – Große Gestaltungsfreiheit – Kleine Flächenquerschnitte – Innovative Formgebung – Gute Kombinierbarkeit mit anderen Baustoffen Nutzungsaspekte – Große Spannweiten – Stützenfreie Flächen – Flexible Raumgestaltung – Leichte Modernisierung – Langlebige Baustruktur Bauprozessmanagement – Hoher Grad an Typisierung, Vorfertigung – Einsatz von Systembauteilen – Effizientes Zeit-/Kostenmanagement – Industrielle Qualitätssicherung Abb. 2.3: Saniertes Bestandsgebäude und moderner Anbau mit Fassade aus wetterfestem Baustahl – Jakob-Kemenate in Braunschweig tigt werden müssen. Die neuen Materialien müssen in Kombination mit dem Bestand eine wirkungsvolle, langfristige Haltbarkeit garantieren. 2.4.1 Kombination von Bestandsund Sanierungsmaterialien Für den Baustoff Stahl spricht seine sehr große Kombinationsfähigkeit und Variabilität. Das heißt, dieses Material ist durch seine Beschaffenheit mit allen traditionellen Materialien kombinierbar und ergänzt die Bausubstanz wirkungsvoll. Stahlkonstruktionen und besonders Stahlleichtbausysteme lassen sich unterschiedlich beurteilen und beweisen ihre Vorteile auf vielfältigste Art. Bestand Mauerwerk Holz Neue Materialien für Sanierung Mauerwerk Holz Beton Stahl + + + ++ + Beton Stahl Abb. 2.4: Eignung von Stahlprodukten als Sanierungsbaustoff 22 Abb. 2.5: Schlanke Tragwerke für neue Freiräume ++ + ++ ++ Abb. 2.6: Hoher Grad an Typisierung und Vorfertigung der Bauelemente für eine schnelle, einfache Montage Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand – – – – Kurze Bauzeit Geringer Transportaufwand Demontage und Wiederverwendung Reversible Rückgewinnung Rentabilitätsbetrachtung – Schnelle Nutzung durch kurze Bauzeit – Geringes Finanzierungskapital – Effizientes Raumnutzungsverhältnis – Freie Umnutzung und Gestaltung – Lange Nutzungsdauer – Kostenreduktion bei Demontage – Hohe Recyclinggewinne Umweltschonende Aspekte – Industrielle Herstellung – Geringe Emissionen bauseits – Trockenbauweise und Montage – Geringer Flächenbedarf bauseits – Weniger Transportaufwand – 100%iges Recycling Abb. 2.7: Einbau eines Stahlleichtbausystems in eine alte Werkhalle – Umnutzung in Büroräume 2.5 Einsatzbereiche Die aufgeführten Vorteile der Stahlleichtbauweise begründen den effektiven und wirtschaftlichen Einsatz im Gebäudebestand. Bei der Sanierung, Modernisierung bzw. Revitalisierung von bestehender Gebäudesubstanz müssen die einzelnen Aufgabenbereiche unterschieden werden, da darauf das Stahlleichtbausystem abgestimmt wird. Ein Bereich sind komplette Sanierungen. Hier ist die vorhandene Bausubstanz stark beeinträchtigt und teilweise zerstört. Bei diesen Gebäuden handelt es sich in der Regel um unter Denkmalschutz stehende, bauhistorische Objekte – sogenannte Kulturbauten. Das architektonische Sanierungsergebnis ist eine Mischung aus Kulturerbe und Moderne. Es besteht die Anforderung, leichte Konstruktionen mit bestehenden Fundamenten und tragenden Wänden zu kombinieren. Die äußeren Fassadenansichten bleiben in ihrer Substanz erhalten. Die Gebäude werden statisch und bauphysikalisch ertüchtigt sowie einer neuen Nutzung zugeführt. Eine weitere Bauaufgabe sind Modernisierungsmaßnahmen. Dabei besteht der Anspruch, die vorhandene Bausubstanz nicht nur optisch aufzuwerten, sondern insbesondere die bauphysikalischen Eigenschaften des Gebäudes zu verbessern. Modernisierungen werden auch durch Umnutzungen oder Erweiterungen notwendig, da hier die neuen energetischen Anforderungen umgesetzt werden müssen. Für die Erhöhung der Nutzfläche sowie die Ergänzung und Verstärkung der Gebäudestruktur können Stützen und Träger entfernt, hinzugefügt, versetzt oder verstärkt werden. Hier spielt insbesondere die hohe Tragfähigkeit der Stahlsysteme eine positive Rolle. 2.5.1 Stahlleichtbausysteme Mit der gezielten Anwendung und Kombination von leichten Bauelementen aus dünnwandigem Stahlblech für Dach, Wand und Decke ist eine wirtschaftliche Sanierung und Modernisierung durchzuführen. Die Vorteile dieser Produkte ermöglichen eine Kombination von wirtschaftlichem Einsatz, energiesparendem Bauen und architektonischer Gestaltung. Abb. 2.8: Industrielle Vorfertigung der Bauteile ermöglicht eine weitgehend emissionsfreie Montage 23 Dokumentation 568 Abb. 2.9: Stahldachpfannen für die Handmontage Entsprechend der durchzuführenden Baumaßnahme und dem jeweiligen Gebäudeteil können verschiedene Produktgruppen zur Anwendung kommen. Im Allgemeinen ist die Gebäudehülle mit Dach und Fassade als wesentlicher Bestandteil der Sanierung zu betrachten. Hier werden gleichzeitig Anforderungen an die Bauphysik als auch an eine optisch hochwertige Lösung gestellt. 2.5.1.1 Dachsanierung: Stahltrapezprofile und Stahl-Sandwichpaneele werden gleichzeitig als tragendes, gedämmtes Dachsystem und für einen effektiven Witterungsschutz angewendet. Die große, freitragende Spannweite ermöglicht einen wirtschaftlichen Materialeinsatz. Stahldachpfannen sind eine kostengünstige, leichte Dacheindeckung für eine wetterdichte Gebäudesicherung. Die Pfannenprofile werden in unterschiedlicher Optik und Struktur hergestellt und vereinen hohe Stabilität und Sturmsicherheit. Die hochwertige, farbige Kunststoffbeschichtung der feuerverzinkten, nur 0,5 mm dicken Stahlbleche verbindet Langlebigkeit und optische Eleganz (Abb. 2.9). Ein weiterer Aspekt des nachhaltigen Bauens ist die Nutzung vorhandener Dachflächen für die Energiegewinnung. Hier besteht ein enormes Potenzial für die Schonung natürlicher Ressourcen. Die zusätzliche Installation von Fotovoltaikanlagen belastet die Dachkonstruk- Abb. 2.11: Wandaufbau mit Vorhangfassaden aus Stahlleichtbauelementen Abb. 2.12: Vorhangfassaden aus hochwertigen Stahlleichtbauelementen für eine energetische Gebäudesanierung Stahlbleche bieten für das Bauen im Bestand folgende Vorteile: – geringes Eigengewicht – hohe Tragfähigkeit – große Spannweiten – angepasste Formgebung – hoher Vorfertigungsgrad – schnelle Montage – effektiver Witterungsschutz – optische Eleganz – lange Nutzungsdauer – vollständiges Recycling 24 Abb. 2.10: Installation einer Fotovoltaikanlage auf tragenden Stahltrapezprofilen Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand Abb. 2.13: Schematische Einbindung einer Stahlverbunddecke in das Bestandsgebäudes Abb. 2.14: Einbau der neuen Stahlverbundzwischendecke tion zusätzlich. Daher ist die Kombination von Solarmodulen und Stahlleichtbausystemen eine wirtschaftliche Alternative (Abb. 2.10). 2.5.1.2 Fassadensanierung Stahltrapezprofile, Stahl-Sandwichpaneele oder Sidings werden als raumabschließendes System integriert. Unterschiedliche Profilformen, Farben und Oberflächen lassen der architektonischen Gestaltung freien Lauf. Es lassen sich energetische Einsparungen effektvoll mit optischen Ansprüchen kombinieren (Abb. 2.11, 2.12). So wie Stahlleichtbausysteme in der Gebäudehülle ihren Einsatz finden, sind sie für den Innenausbau ebenfalls hervorragend geeignet. Gerade im Zusammenspiel zwischen existierender Bausubstanz und einer Verstärkung bzw. Erneuerung der Decken kommen die Vorteile von Stahlverbunddecken zur Geltung. Die schlanken, tragfähigen Bausysteme lassen sich montagefreundlich auch bei komplizierten Sanierungen einsetzen. Besonders bei der Schaffung neuer Zwischenebenen und neuer Geschosse oder bei Aufstockungen sind diese Bausysteme wirtschaftlich (Abb. 2.13, 2.14). 2.5.2 Sanierungsbereiche Eine weitere Unterscheidung der anzuwendenden Systeme wird nicht allein durch die Anwendung getroffen. Unterschiedliche bauliche Anlagen bedürfen einer speziellen Sanierungsmaßnahme mit geeigneten Produkten. 2.5.2.1 Sanierung alter Industrieanlagen Bei der Sanierung alter, innerstädtischer Industrieanlagen werden große Flächen einer neuen Nutzung zugeführt. Im Vordergrund stehen die städtebaulichen Aspekte. Für Neubaumaßnahmen sind die Platzverhältnisse nicht ausreichend. Angestrebt wird der Erhalt historischer, prägnanter Zweckbauten. Diese großen Industrieanlagen formten oftmals die Entwicklung ganzer Städte und sind als kulturelles Geschichtsgut zu erhalten. Sanierungsziel ist die Umwandlung zu Bürogebäuden, Apartmentanlagen oder Einkaufszentren. Die Stahlleichtbauprodukte kommen dabei für die Gestaltung der Gebäudehülle sowie als neue, tragende Zwischendecken zum wirtschaftlichen Einsatz (Abb. 2.15). Abb. 2.15: Aufstockung alter Silotürme – Erweiterung der Küppersmühle in Duisburg von Herzog & de Meuren 2.5.2.2 Sanierung historischer Gebäude Bei historischen Gebäuden sprechen wir von Museen, Burgen, Schlössern und Kirchen. Auch hier wird die Kombinierbarkeit des Baustoffes Stahl mit den historischen Materialien 25 Dokumentation 568 Abb. 2.17: Sanierung einer alten Seniorenresidenz mit Stahlverbund-Zwischendecken in Erfurt Abb. 2.16: Kombination von alt und neu mit einem neuen Tragsystem und leichte Deckenstrukturen aus Stahl zum Erhalt bzw. zur Steigerung der tragenden Bausubstanz genutzt. Diese Bauwerke haben nach außen hin einen eindrucksvollen gestalterischen Charakter, der erhalten bleiben soll. Die Fassade, als optisches Erscheinungsbild einer vergangenen Epoche, wird nur teilweise energetisch ertüchtigt. Die wesentliche Erneuerung vollzieht sich im Innern der Gebäude. Da die Bausubstanz nicht zusätzlich belastet werden darf, sind schlanke, leichte Konstruktionen auch für das Dach notwendig. Dazu bieten sich Stahldachpfannen als leichte, aber dennoch optisch anspruchsvolle Bauteile an. Eine neue vertikale und horizontale Raumstruktur wird dem zeitgemäßen Nutzungskonzept angepasst und durch Verbunddecken mit geringem Gewicht realisiert. Die neue Raumstruktur harmoniert mit den ursprünglichen Elementen (Abb. 2.16). 2.5.2.3 Sanierung öffentlicher Gebäude Viele Kulturbauten wie Theater, Museen oder Versammlungsstätten, die vor 30 bis 40 Jahren gebaut wurden, entsprechen in ihrer Raumaufteilung oder der akustischen Ausrichtung nicht mehr den heutigen Anforderungen. Hier sind Umbaumaßnahmen vorzunehmen, die eine Wohlfühlatmosphäre für die Besucher schaffen sollen. Dies kann die Erweiterung der Räumlichkeiten sein oder die komplette Erneuerung der Bausubstanz. Die bauphysikalischen Besonderheiten dieser Gebäude, wie zum Beispiel das Akustikverhalten und die Resonanz der Baukörper, sind bei der Raumgestaltung zu beachten und verlangen spezielle Sanierungskonzepte. Die Entkopplung und Schwingungsfreiheit von Stahldeckensystemen lassen sich mit Stahlkonstruktionen in unterschiedlichen Kombinationen effektiv lösen (Abb. 2.17). 26 2.5.2.4 Sanierung von Wohngebäuden Der zahlenmäßig größte Anteil von innerstädtischen Objekten mit alter Bausubstanz ist dem Wohnungsbau zuzurechnen. Hier zeigt sich ein enormes Sanierungspotenzial, bei dem Bauelemente aus Stahlblech ihre volle Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen können. Im Wohnungsbau sind traditionelle Bauweisen prägend. Neue Systeme oder Produkte werden hauptsächlich aus gestalterischen und architektonischen Gründen eingesetzt. Sichtbare Stahlsysteme dienen aber nicht nur gestalterischen Zwecken. Die filigrane, leichte Struktur begünstigt auch maßgeblich die Stabilisierung und die Gebäudeaussteifung. Der Umbau im Wohnungsbau reicht von der neuen Dacheindeckung bis zu der vollständigen Entkernung und dem mehrgeschossigen inneren Neuaufbau. Schlanke und leichte Stahlverbunddecken eröffnen ein neues Raumgefühl und schaffen einen höheren Nutzungsgrad. Abb. 2.18: Hochwertige Stahldachpfannen für die Sanierung im Wohnungsbestand Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand Abb. 2.19: Fassade mit Montageöffnung für das Einbringen der Stahlbauteile Abb. 2.20: Unterkonstruktion für die Montage der Stahlverbunddecken Für die energetische Sanierung kommen gedämmte Fassadensysteme zum Einsatz. Hier können bestehende Massivwände durch vorgehängte, hinterlüftete Metallfassaden aufgewertet werden. Ein wesentlicher Bereich für die Anwendung von Stahlleichtbauelementen sind die Dächer. Wirtschaftliche Stahldachpfannen ermöglichen die Nutzung von vorhandenen Dachstühlen ohne zusätzliche Verstärkung, da die neue Eindeckung eine geringe Eigenlast aufweist. Die Umsetzung der energetischen Anforderungen bedarf keines aufwendigen Eingriffs in die bestehende Bausubstanz. Stahldachpfannen sind feuerverzinkt und mit einer hochwertigen, farblichen Kunststoffbeschichtung versehen. Die Verschraubung der Pfannen an der Unterkonstruktion bietet Sturmsicherheit und ermöglicht eine lange Nutzungsdauer. Das geringe Eigengewicht ist auch bei Aufstockungen im Wohnungsbau von Vorteil, da keine hohen Zusatzlasten in der Gebäudestruktur abgeleitet werden müssen (Abb. 2.18). 2.6 Beispiele für Sanierungen Abb. 2.21: Aufstockung der historischen Bausubstanz mit einer Stahlkonstruktion Im Nachfolgenden werden Beispiele für den Einsatz von Stahlleichtbauelementen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen vorgestellt: 2.6.1 Industrieanlagen Nach der Entkernung einer alten Produktionshalle in Wittenberg und dem Einbau von Stahlverbund-Zwischendecken entstehen neue Verkaufsräume in dem sanierten Gebäude (Abb. 2.19, 2.20). 2.6.2 Historische Gebäude Das alte Burgmuseum in Halle (Saale) erhält nach der Sanierung erweiterte Ausstellungsflächen (Abb. 2.21, 2.22, 2.23). Abb. 2.22: Einbau von neuen Zwischendecken durch Lastabtragung über die Dachebene in das Bestandsgebäude Abb. 2.23: Museumsgebäude im fertiggestellten Zustand 27 Dokumentation 568 2.6.3 Öffentliche Gebäude Ein altes und nicht mehr zeitgemäßes Schulgebäude in Pößneck wird vollständig saniert und in eine Bibliothek umgenutzt (Abb. 2.24). 2.6.4 Wohngebäude Abb. 2.24: Neue Zwischendecken aus Stahlverbundsystemen in sichtbarer Ausführung Abb. 2.25: Wohnhaus vor der Sanierung der Dachflächen 28 Durch den Einsatz leichter Stahldachpfannen konnte der Dachstuhl des Wohnhauses ohne Verstärkungen weitergenutzt werden (Abb. 2.25, 2.26). Auch für anspruchsvolle Dachflächen im mehrgeschossigen Wohnungsbau mit Gauben und Versprüngen eignen sich Stahldachpfannen für die Dachsanierung (Abb. 2.27). Abb. 2.26: Nach der Sanierung der Dachflächen mit rot beschichteten Stahldachpfannen Leicht und stabil – Bauelemente aus Stahlblech für das Bauen im Bestand Abb. 2.27: Mehrfamilienhaus nach der Sanierung der Dachflächen mit Stahldachpfannen Abb. 2.28: Einbau einer neuen Decke mit tragenden Stahlverbundelementen in ein altes Schulgebäude Eine alte Schule in Markkleeberg wurde mit Stahlverbunddecken ertüchtigt und in Wohnraum umgenutzt (Abb. 2.28). 2.8 Literaturangaben 2.7 Zusammenfassung Dokumentation 591 „Bauen im Bestand – Lösungen in Stahl-Leichtbauweise“; Stahl-Informations-Zentrum, Düsseldorf 2007 Stahlleichtbausysteme eignen sich hervorragend für alle Anforderungen des Bauens im Bestand. Ihre Einsatzgebiete sind der Industrieund Gewerbebau, der öffentliche Bau sowie der Wohnungsbau. Das Anwendungsspektrum reicht von der einfachen Sanierung einer Dacheindeckung bis zur anspruchsvollen Komplettsanierung von Kulturbauten. Die Wirtschaftlichkeit der Systeme beruht im Wesentlichen auf dem geringen Eigenwicht im Verhältnis zur großen Stabilität. Dabei lässt sich der Baustoff Stahl hervorragend mit anderen Materialien des Bestandbaus kombinieren. Ein hoher Vorfertigungsgrad sowie die Lieferung abgestimmter Systemkomponenten von der stählernen Tragstruktur bis zu Stahlleichtbauelementen ermöglichen eine effektive und schnelle Montage. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist nicht nur die hohe Rohstoff- und Energieeffizienz bei der Herstellung, sondern insbesondere auch das 100%ige Rohstoffrecycling. Stahl kann durch Recycling immer wieder als vollwertiger Baustoff in gleichbleibend hoher Qualität neu eingesetzt werden. Bauen im Bestand mit Stahlprofilen, ArcelorMittal Dokumentation 594 „Werte bewahren mit Stahl – Neues Bauen im Bestand“; Stahl-Informations-Zentrum, Düsseldorf 2006 2.9 Bildquellen Abb. 2.1: GOLDBECK GmbH Abb. 2.2, 2.6, 2.11 bis 2.14, 2.16, 2.17, 2.19 bis 2.24, 2.28: ArcelorMittal Abb. 2.3: Fotoarchiv jakob-kemenate Abb. 2.5: James van Leuwen Abb. 2.7: Protektorwerk Florenz Maisch GmbH & Co. KG Abb. 2.8: TSB-Ingenieurgesellschaft mbH Abb. 2,9, 2.18, 2.25, 2.26, 2.27: Stahl-Informations-Zentrum Abb. 2.10: Phillipp Zinniker Abb. 2.15: Herzog & de Meuron 29 Dokumentation 568 3 Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen Dipl.-Ing. Ronald Kocker Abb. 3.1: Gestaltungsbeispiel für eine Typenhalle aus Stahl 3.1 Einleitung Im Industrie- und Gewerbebau fehlte es bisher an standardisierten Lösungen zur praxisorientierten und wirtschaftlichen Realisierung kleiner und mittelgroßer Stahlhallen. Die Organisation ››bauforumstahl e.V. schließt diese Lücke und bietet Architekten, Bauherren und ausführenden Unternehmen typengeprüfte Tragwerks- Abb. 3.2: Typenhallen aus Walzprofilen – Spannweitenvarianten 30 konzepte für 18 unterschiedliche Standardhallen für Spannweiten von 12 m, 15 m und 20 m an. Statische Berechnung, Übersichts-, Fertigungsund Montagepläne werden zur Verfügung gestellt. Damit kann man auf ausführungsreife Unterlagen zurückgreifen, die es ermöglichen, Stahlhallen bis zu einer Größe von 1.200 m2 ohne weiteren Planungsaufwand in kurzer Zeit zu errichten. Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen Die Konstruktion besteht aus elementierten, gewalzten Stahlprofilen, die in der Werkstatt vorgefertigt und anschließend auf der Baustelle montiert werden. Eine Kranbahn lässt sich integrieren. Die Ausbildung von Dach und Fassade ist auf die Anforderungen der EnEV 2009 abgestimmt und weitgehend frei wählbar. Als statische Systeme stehen Zweigelenkrahmen oder gelenkig an eingespannte Stützen angeschlossene Binder zur Verfügung. Grundlage der konstruktiven Durchbildung des Tragwerks ist die Minimierung des Fertigungs- und Montageaufwands bei optimalem Materialeinsatz. Die Typenentwürfe können unter www.bauforumstahl.de kostenfrei angefordert werden. Abb. 3.3: Isometrie – Tragkonstruktion mit Kranbahn 3.2 Einsatzbereiche, Ausführung und Anforderungen Die Standardhallen eignen sich für nahezu alle Nutzungen. Da sich die Typenprüfung auf geschlossene Hallen bezieht, können diese sowohl wärmegedämmt als auch ungedämmt ausgeführt werden. Die Fassadengestaltung kann der Nutzung entsprechend angepasst werden. Dazu stellt die Industrie eine breite Einsatzpalette von Bauelementen wie Sandwichelementen, Stahltrapezund Kassettenprofilen sowie Paneelen in unterschiedlichen Ausführungen zur Verfügung. Die Hallen schließen an Einzelfundamente an. Tragreserven aufgrund der Anbindung an eine Bodenplatte sind nicht berücksichtigt. Daher kann die Fußbodenausbildung frei gewählt werden. Die erforderlichen Korrosionsschutzmaßnahmen für den Stahlbau sind in DIN EN ISO 12944 geregelt. Der Korrosionsschutz für die Hüllelemente wird in DIN 18807-T1 mit Verweisen auf entsprechende Zulassungsbescheide behandelt. Für tragende dünnwandige Bauteile gilt DIN 55634. Beheizte Hallen, in deren Innenraum die Luftfeuchtigkeit im Jahresmittel nicht höher als 60 % ist, benötigen in der Regel keinen Korrosionsschutz. Abb. 3.4: Gestaltungsbeispiel für eine Hallenfassade 31 Dokumentation 568 – Einfache Erfüllung der Anforderungen der EnEV 2009 – Freie Wahl der Fußbodenausbildung – Schnelle und einfache Erweiterbarkeit in alle Richtungen durch modularen Aufbau 3.3.2 Kosten und Nutzung Abb. 3.5: Hallenbinder – Korrosionsschutz durch Feuerverzinken Bei Hallen bis 1.600 m2 kann der Brandschutz nach dem vereinfachten Verfahren der „Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau, Ausgabe 03/2000 (Muster-Industriebaurichtlinie)“ nachgewiesen werden. Darin wird sinngemäß ausgeführt, dass an Industriehallen bis zu dieser Größe im Allgemeinen keine Brandschutzanforderungen gestellt werden. Daher fallen in der Regel für die hier vorgestellten Typenhallen keine Kosten für Brandschutzmaßnahmen an. 3.3.3 Bauausführung Typengeprüfte Stahlhallen bieten Bauherren, Architekten, Tragwerksplanern und ausführenden Firmen eine Vielzahl von Vorteilen. – Der Einsatz gängiger Stahlsorten und Profilgrößen sichert deren kurzfristige Verfügbarkeit – Schnelle, passgenaue Fertigung durch Standardisierung und Minimierung der Anschlüsse – Hoher Automatisierungsgrad in der Fertigung (Stahlbaufirma) – Geringe Anzahl von Montageelementen, kleine Baugruppengewichte mit geringen Abmessungen – Reduzierter Transportaufwand durch leichte, filigrane Bauteile – Geringer Erdaushub erforderlich – Kleine Einzelfundamente – Minimale Krankapazitäten erforderlich – Schnelle Montage durch einfache Verbindungen und ebene Außenflächen 3.3.1 Planung und Gestaltung 3.3.4 Umweltaspekte – Kurze Planungs- und Bauzeiten dank typengeprüfter Planungsunterlagen – Lastannahmen für Schnee und Wind decken ca. 90 % aller möglichen Standorte in Deutschland ab – Hohe Qualität und Maßgenauigkeit durch Vorfertigung in der Werkstatt – Kreative Freiheit bei der Fassadengestaltung und -ausführung – Durch Trennung von Hüll- und Tragfunktion volle Flexibilität bei der Anordnung von Fenstern, Toren und Lüftungen in den Dach- und Wandflächen – Optimale Qualitätssicherung durch Werkstattfertigung – Geringer Flächenverbrauch durch filigrane Bauteile – Ressourcenschonung durch leichte Bauteile – Geringere Emissionen durch industrielle Vorfertigung in Werkstätten – Weniger Emissionen auf der Baustelle durch schnelle, staubfreie Montage – Geringere Belästigungen der Anwohner durch Montagelärm und Transportfahrzeuge – Kurze Bauzeiten minimieren Verkehrsbeeinträchtigungen 3.3 Vorteile typengeprüfter Stahlhallen 32 – Extrem kurze Planungs- und Bauzeiten – Kostenersparnis durch Bereitstellung vollständiger Planungsunterlagen – Einfache, elementierte Vorfertigung der Tragkonstruktion in der Werkstatt – Trockene Bauweise – Frühe Nutzung durch den Bauherren – Schnelle, einfache und kostengünstige Erweiterungsmöglichkeiten – Brückenkrane bis zu 3,2 t nachrüstbar ohne Nachweis Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen Abb. 3.6: Typenhalle in Würselen mit Walzprofilen – Montagezustand – Hohes Umnutzungspotenzial durch einfache An- und Umbauten – Einfache Demontierbarkeit und Wiederverwendbarkeit an anderen Standorten – 100%iges Recycling der Bauteile und Rückführung in den Werkstoffkreislauf ohne Qualitätsverlust 3.4 Ausführungsunterlagen zur Typenprüfung Für alle 18 typengeprüften Stahlhallen liegen folgende Unterlagen vor: – statische Berechnung – Schal- und Bewehrungspläne für die Fundamente Abb. 3.7: Werkstattzeichnung einer Hallenstütze 33 Dokumentation 568 – Werkstattpläne für alle Teile der tragenden Stahlkonstruktion – Stücklisten einschließlich der Kleinteile – Stahlbauübersichtspläne/Montagepläne – Verlegepläne für Dach- und Wandelemente – Befestigungspläne für die Dachtragschale – Übersicht über zugelassene Dach- und Wandelemente in Tabellenform 3.5 Zeitbudget Die Planungs- und Bauzeiten für die Typenhallen sind sehr kurz. Folgendes Zeitbudget kann zugrunde gelegt werden: 2. Der Architekt kann sich auf ein statisch geprüftes Bauwerk stützen (typengeprüft) und darauf seine Leistungen ausrichten. Diese werden insbesondere die Fassadengestaltung und die innere Nutzung betreffen. Bei Ausschreibungen zum Rohbau sowie zu Dach und Wand kann die Organisation ››bauforumstahl e.V. ergänzende Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen. – Einmessen 1/2 – Abtrag des Mutterbodens 1/2 –1 – Erdaushub für Fundamente und Frostschürzen 30 min/Fundament 30 min/Frostschürze – Fundamente (Sauberkeitsschicht, einschalen, bewehren, betonieren, ausschalen) 1 Tag/Fundament – Frostschürze herstellen (ggf. als Fertigteil vom Werk) 2 Tage/Halle – Anarbeitung/Stahlbaufertigung bis 5 Tage (große Halle) 1 Tag (kleine Halle) – Stahlbaumontage Tragwerk 2–3 Tage (je nach Größe der Halle) – Dach und Wand Bis zu 4 Wochen (je nach Größe der Halle) 3.6 Krankapazität 3. Der Bauherr möchte i. d. R. eine schlüsselfertige Übergabe seiner Halle. Kommt der Bauunternehmer aus dem Stahlbau, sucht er sich Partner für die übrigen Gewerke. Die maximale Krankapazität für die Montage wird bei der Hallenvariante mit einer Spannweite von 20 m benötigt. Sie beträgt je nach Montagekonzept: – max. 4,5 t für einen Riegel – max. 5,5 t für einen kompletten Rahmen 3.7 Zehn Schritte von der Planung bis zur fertigen Stahlhalle 1. Plant ein Bauherr die Errichtung einer kleinen bis mittelgroßen Halle, wendet er sich in der Regel an einen Architekten oder Bauunternehmer seiner Wahl. Beide müssen in den Prozess eingebunden werden, der Architekt für den kreativen Part und zur Einreichung der Bauunterlagen – in einigen Bundesländern 34 sind auch Tragwerksplaner/Bauingenieure vorlageberechtigt – sowie der Bauunternehmer als Ausführender. Tag Tag 4. Ein Bauunternehmer, der traditionell im Betonbau bzw. Mauerwerksbau zu Hause ist, kann mit einem Stahlbauer, Schlosser oder Metallbauer in seiner Nähe die Typenhallen gemeinsam errichten. 5. Die Ausschreibung für den Rohbau und die Stahltragkonstruktion kann auf Basis der Ausführungsunterlagen zur Typenprüfung erfolgen. 6. Für die Stahlkonstruktion liegen Stücklisten einschließlich Kleinteilen vor. Auf dieser Basis können vorab die Materialkosten kalkuliert werden. Standardisiert und schnell montiert – Typenhallen aus Walzprofilen 7. Der Bauunternehmer bzw. Stahl-/Metallbauer oder Schlosser bestellt auf Basis dieser Stücklisten das Material beim Stahlhändler in seiner Nähe. Da es sich um standardmäßig vorhandene Stahlsorten und Profile handelt, ist eine rasche Lieferung durch den Stahlhandel gesichert. 8. Die Werkstattpläne für alle Teile der tragenden Stahlkonstruktion sind Bestandteil der Typenprüfung und können direkt für die Fertigung eingesetzt werden. 9. Viele Stahlhändler stellen heute über die Distributionsfunktion hinaus in Service-Centern und Anarbeitungszentren eine umfassende Leistungspalette für ihre Kunden bereit. Mit Fachpersonal und leistungsstarken Bearbeitungsmaschinen verfügen die Unternehmen des Stahlhandels über ein breit gefächertes Angebot zur Bearbeitung von Blechen, Formstählen und Rohren. Sie bieten die Anarbeitung von Stahlprodukten zu einbaufertigen Komponenten und führen Stahlkonstruktionen im Hoch- und Brückenbau montagefertig aus. Bauunternehmen, kleine Stahl-/Metallbauer und Schlosser, die über keine Bearbeitungsmaschinen verfügen und keine Kapitalbindung in Form von teuren Maschinen und Anlagen eingehen wollen, können diese Serviceleistung des Handels zur Anarbeitung in Anspruch nehmen. Die Werkstattpläne der Typenprüfung dienen auch zur Anarbeitung. 10. Auf Basis der vorliegenden Stahlbaupläne können die Typenhallen dann innerhalb kürzester Zeit errichtet werden. 3.8 Zusammenfassung Die Zukunft des Bauwesens – dass gilt insbesondere für den funktionalen Gewerbebau – liegt eindeutig beim elementierten Bauen. Schnelle Realisierung, weitspannend, leicht und energieeffizient, dass sind die Anforderungen, die heute an moderne Hallen gestellt werden. Die Typenhallen der Organisation ››bauforumstahl e. V. wurden nach diesen Grundsätzen konzipiert. Darüber hinaus sind sie ausgesprochen wirtschaftlich. Die Planungsunterlagen für die Typenentwürfe bieten damit erstmals auch nicht im Stahlbau heimischen Baubeteiligten die Möglichkeit, diese vorteilhafte Bauweise für sich zu nutzen. Genauere Informationen sind über www.bauforumstahl.de erhältlich. 3.9 Bildquellen Abb. 3.1: ThyssenKrupp Steel Europe AG Abb. 3.4: Bührer & Wehling Projekt GmbH Abb. 3.5, 3.6, 3.8: Kerschgens Stahl & mehr GmbH Abb. 3.8: Typenhalle aus Walzprofilen für den ProKilo Markt in Würselen – fertig montierte Tragkonstruktion 35 Dokumentation 568 4 Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau Dr.-Ing. Ralf Podleschny 4.1 Einleitung Die technischen Anforderungen an die Ausführung der Gebäudehülle sind einem ständigen Wandel unterworfen. Die Gebäudehülle und damit die Produkte für Dach und Fassade bilden den äußeren Schutz eines Gebäudes. Sie muss den immer strengeren Anforderungen an den Wärmeschutz angepasst werden. Die Arbeitsschutzbestimmungen werden ständig verschärft, und der Lärmschutz der Mitarbeiter wird verbessert, ebenso wie der Schutz der umliegenden Nachbarschaft gegen Lärmimmissionen. Auch die Bewahrung des Gebäudes vor Schäden ist eine Aufgabe von Dach und Wand. Eine große Gefahr droht bei Blitzschlag, hier dient eine Gebäudehülle aus Metall als natürliche Blitzfangeinrichtung. Der Werterhalt wird durch einen sicheren Korrosionsschutz gewährleistet – auch dies eine Aufgabe des Stahlleichtbaus, um über Jahrzehnte die Funktion und das optische Erscheinungsbild der Gebäudehülle sicherzustellen. In den nachfolgenden Ausführungen werden neue Entwicklungen aus den zuvor beschriebenen Themenbereichen erläutert, um dem Planer Hilfestellung bei der konstruktiven Arbeit mit Bauelementen aus Stahl zu geben. Vertiefende Informationen sind im Fachregelwerk des Metallleichtbaus des IFBS zusammengestellt. In den folgenden Kapiteln wird auf die entsprechenden IFBS-Fachinformationen verwiesen. 4.2 Wärmeschutz 4.2.1 Grundlagen [1] Neben den Anforderungen der Energieeinsparverordnung 2009 [2] an den Primärenergiebedarf und an die Begrenzung des Transmissionswärmetransfers gelten zusätzliche Anforderungen im Bereich von Wärmebrücken. Insbesondere die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz sowie die Berücksichtigung des zusätzlichen Wärmetransfers im thermischen Einflussbereich von Wärmebrücken haben deutliche Auswirkungen auf die Planung und Ausführung von Dach- und Fassadensystemen. 36 4.2.2 Wärmebrückenatlas der Sandwichbauweise [1] Als Wärmebrücken werden örtlich begrenzte Stellen bezeichnet, die im Vergleich zu den angrenzenden Bauteilbereichen einen höheren Wärmetransfer aufweisen. Der zusätzliche Wärmetransfer führt zu niedrigen Oberflächentemperaturen auf der Bauteilinnenseite im thermischen Einflussbereich der Wärmebrücke. Dies kann zu Tauwasser- und Schimmelpilzbildung führen. Man unterscheidet in der Regel zwei Arten von Wärmebrücken. Geometrisch bedingte Wärmebrücken treten immer dort auf, wo aufgrund der Geometrie eines Bauteiles oder eines Anschlusses einer bestimmten wärmeaufnehmenden Innenoberfläche eine größere wärmeabgebende Außenoberfläche gegenübersteht (z. B. Gebäudekanten, Raumecken). Sind Materialien unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit nebeneinander angeordnet, spricht man von einer materialbedingten Wärmebrücke (z. B. Balkonkragplatte, Durchdringung). Werden Werkstoffe mit einer hohen Wärmeleitfähigkeit in der Gebäudehülle verwendet, kann es zu einer Überlagerung der thermischen Einflüsse von geometrisch- und materialbedingten Wärmebrücken auf den Wärmestrom kommen. Bauteile aus Metall in der Wärmedämmebene der Gebäudehülle stellen aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit metallischer Werkstoffe eine materialbedingte Wärmebrücke dar. Im thermischen Einflussbereich von Wärmebrücken müssen auch die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 [3] eingehalten werden. Außerdem muss der zusätzliche Wärmetransfer bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs berücksichtigt werden. Für Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen (12 °C bis 19 °C) stellt DIN 4108-2 lediglich Mindestanforderungen an den Wärmedurchlasswiderstand R von Bauteilen der Gebäudehülle. Für leichte Bauteile mit einer flächenbezogenen Masse m’ < 100 kg/m2, d. h. für Metall-Sandwichkonstruktionen, gilt als Mindestanforderung für den Wärmedurchlasswiderstand im Dachbereich R ≥ 1,20 (m2 · K)/W und im Bereich der Außenwand R ≥ 0,55 (m2 · K)/W. Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau Abb. 4.1: Isothermenbild eines OrtgangDetails Dicke SE [mm] Y [W/(m · K)] f 0,25 [–] L mit f 0,25 < 0,7 [mm] 60 0,057 0,79 0 80 0,058 0,81 0 200 0,044 0,87 0 Aufgrund dieser immer größere Bedeutung erlangenden gesetzlichen Verordnungen hat der IFBS einen Wärmebrückenatlas der Sandwichbauweise [1] herausgegeben. Der Wärmebrückenatlas enthält Informationen zu den Themengebieten – Energieeinsparverordnung – Mindestwärmeschutz – Wärmedurchgangskoeffizient eines Elementes, Un SE – Einfluss der Profilform – Einfluss der Längsfuge DUj 79 Bauteilanschlüsse sind berechnet worden, um die Wärmebrückenwirkung und die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes zu untersuchen. Der Wärmebrückenatlas enthält die betrachteten Detailzeichnungen, die zugehörigen Isothermenbilder, Angaben zu den ermittelten längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Y und zum Mindestwärmeschutz (Abb. 4.1). Einzelne Ergebnisse werden künftig auch in die europäische Produktnorm für Sandwichelemente DIN EN 14509 einfließen. Alle untersuchten Konstruktionen erfüllen die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 für Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen. Die Einhaltung der Anforderungen für normale Innentemperaturen, insbesondere im Bereich von Wärmebrücken, wird mit Hilfe numerischer Verfahren überprüft. 4.2.3 Hybridkonstruktionen Im Zuge vermehrter Sanierungsmaßnahmen wird eine neuartige Konstruktion für bestehende Hallenwände interessant. Eine Hybridkonstruktion aus innerem Kassettenprofil und außenliegender Sandwichschale ermöglicht die energetische Ertüchtigung, ohne in die Betriebsabläufe in einer Halle eingreifen zu müssen. Der IFBS untersucht zu diesem Zweck derzeit Hybridkonstruktionen in wärme-, schallund feuchtetechnischer sowie statischer Hinsicht. Erste Ergebnisse werden hier vorgestellt. In Abb. 4.2 ist eine klassische Kassettenwandkonstruktion und in Abb. 4.3 eine Hybridkonstruktion dargestellt. Abb. 4.2: Klassischer Aufbau einer Kassettenwand 37 Dokumentation 568 führung der neuen EnEV 2012 wird auch dieser Aufbau nicht mehr ausreichen. Bei einer Hybridkonstruktion werden hingegen U-Werte erreicht, die auch nach den verschärften Anforderungen der EnEV 2012 noch Bestand haben werden und langfristig gewährleisten, dass ein Gebäude den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend gedämmt ist. Die vorgestellte Hybridkonstruktion stellt eine Möglichkeit der energetischen Sanierung bestehender Hallen dar. Sie bietet aber auch Vorteile in schalltechnischer Hinsicht, die im folgenden Kapitel erläutert werden. Besonderheiten dieser Konstruktionsweise werden dort ebenfalls vorgestellt. Abb. 4.3: Hybridkonstruktion: Sandwichelement auf Kassette 4.3 Schallschutz Ein wie in Abb. 4.2 dargestellter klassischer Kassettenwandaufbau, bestehend aus – 160 mm Kassette, tN = 0,75 mm, – 160 mm MW-Dämmung, – Trennstreifen, Dicke 3 mm, – Trapezprofil, tN = 0,75 mm, ergibt einen Wärmedurchgangskoeffizienten von Um = 0,51 W/(m2 · K) und erfüllt nicht mehr die Anforderungen der EnEV 2009 für niedrig beheizte Gebäude zwischen 12 °C und 19 °C. Eine Verbesserung dieser Konstruktion besteht in der Verwendung von Mineralwolldämmungen die den Obergurt der Kassetten umfasst und so zu einer Verminderung der Wärmebrückenwirkung im Stegbereich beiträgt. Mit dieser Konstruktion können zurzeit noch die Kriterien der EnEV 2009 für normal beheizte Gebäude erfüllt werden (Abb. 4.4). Mit der Ein- Abb. 4.4: Wärmedurchgangskoeffizient bei verschiedenen Kassettenwandaufbauten 38 Kassettenwand 4.3.1 Grundlagen Nach den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes [4] sind die Betreiber gewerblicher und industrieller Betriebe u. a. verpflichtet, Lärmeinwirkungen von der Nachbarschaft fernzuhalten. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkung geplanter bzw. vorhandener Anlagen ist als Grundlage die TA Lärm [5] heranzuziehen. Die Anforderungen an die Schallabsorption von Industriewänden leiten sich im Allgemeinen von Arbeitsschutzmaßnahmen ab. Zur Gesamtbewertung der frequenzabhängigen Dämmkurve wird gemäß DIN EN ISO 717-1 [6] das bewertete Schalldämmmaß Rw durch einen rechnerischen Vergleich mit einer normierten Bezugskurve ermittelt. Das bewertete Schalldämmmaß kann bei vereinfachter Betrachtung Um [W/m 2 · K] Umax [W/m 2 · K] nach EnEV 2009 ≥ 19 °C ≥ 12 °C < 19 °C 160 mm Kassette, tN = 0,75 mm Trennstreifen, Dicke 3 mm Trapezprofil, tN = 0,75 mm 0,51 0,35 0,50 160 mm Kassette, tN = 0,75 mm 160 mm MW-Dämmung 40 mm MW-Dämmung Trapezprofil, tN = 0,75 mm 0,27 0,35 0,50 100 mm Kassette, tN = 0,75 mm 40 mm MW-Dämmung 200 mm MW-Sandwichelement 0,16 0,35 0,50 Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau wie ein mittleres Schalldämmmaß bei 500 Hz der verschobenen Bezugskurve aufgefasst werden. Der frequenzabhängige Schallabsorptionsgrad as wird ermittelt über Nachhallzeitmessungen im Hallraum, die mit und ohne Prüfling erfolgen. Der Schallabsorptionsgrad ergibt sich in vereinfachter Darstellung zu: absorbierte Schallenergie as = –––––––––––––––––––––––––––––––– auftretende Schallenergie Die Ergebnisse für den Schallabsorptionsgrad können dann z. B. unmittelbar verwendet werden, um den Lärmpegel in einer Halle aus Arbeitsschutzgründen abzusenken. Dies kann durch schallabsorbierende Außenbauteile, wie z. B. Akustikprofile mit Lochung (bei Bauten mittlerer Höhe meist nur Dächer, bei hohen Bauten auch Wandbereiche > 2 m über Boden), geschehen. Bei handelsüblichen Konstruktionen von Industriehallenwänden und -dachaufbauten mit Akustikprofilen werden mittlere Schallabsorptionsgrade von as = ca. 0,6 bis 0,9 nachgewiesen. as = 1,0 würde bedeuten, dass die Energie aller auf das Bauteil auftreffenden Schallwellen vollständig absorbiert wird. Metallleichtbau Werte im Wandbereich erzielt werden, die bislang nur mit aufwendigen Mitteln, wie der zusätzlichen Einbringung von Masse, möglich waren. Eine reine Sandwichwand erzielt lediglich Rw-Werte im Bereich von 26 dB (PU) bis maximal 33 dB (MW). Eine Hybridkonstruktion vereint somit die guten Wärmedämmeigenschaften einer Sandwichwand und die guten Schalldämmeigenschaften einer Kassettenwandkonstruktion. Eine Hybridkonstruktion ermöglicht auch bei Verwendung von Akustikkassettenwänden die gleichzeitige Schallabsorption im Halleninnenraum bei gleichzeitig hohen Wärmedämmund sehr guten Schalldämmwerten. Diese Kombination war bislang mit einer Akustikkassettenwand nicht zu erzielen. 4.3.3 Kassettenwandkonstruktionen – Schalldämmung Eine klassische Kassettenwand mit dem Aufbau – 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm, – 130 mm MW-Dämmung, – Trapezprofil, tN = 0,75 mm erzielt ein bewertetes Schalldämmmaß von 43 dB [7]. 4.3.2 Schallschutz im Metallleichtbau Der IFBS hat in den Jahren 1999 bis 2002 umfangreiche Messreihen an insgesamt 44 Konstruktionen des Metallleichtbaus durchführen lassen. Hierunter waren Kassettenwände mit und ohne Distanzkonstruktion, Akustikkassettenwände, ein- und zweischalige Dächer sowie Akustikdächer. Bei den durchgeführten Untersuchungen wurden gezielt konstruktive Parameter verändert, um deren Einfluss auf das Schalldämmverhalten und die Schallabsorptionseigenschaften von Wand- und Dachkonstruktionen im Stahlleichtbau zu untersuchen und deren Leistungsfähigkeit zu analysieren. Die erzielten Ergebnisse sind in einer umfangreichen IFBS-Fachinformation, IFBS 4.06 [7], veröffentlicht worden. In dieser Fachinformation sind neben den Analysen alle Messergebnisse in Bezug auf den konstruktiven Aufbau dargestellt. Der Katalog der geprüften Konstruktionen wird derzeit um die zuvor beschriebenen Hybridkonstruktionen erweitert. Die Montage von Sandwichelementen auf Kassettenprofilen, sei es zur nachträglichen Sanierung oder im Ersteinbau, ermöglicht die Erzielung hoher bewerteter Schalldämmmaße. Schalldämmmaße über 50 dB können erzielt werden. Somit können mit dem Eine Hybridkonstruktion mit gleichem Kassettenprofil, aber einem Sandwichelement als Außenschale erzielt bei einer relativ dünnen Außenschale von nur 80 mm schon Werte von 46 dB und 47 dB (Abb. 4.5). Rw [dB] 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm 130 mm MW-Dämmung 80 mm PUR-Stahl-Sandwichelement 46 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm 130 mm MW-Dämmung 80 mm MW-Stahl-Sandwichelement 47 Abb. 4.5: Bewertete Schalldämmmaße von Hybridkonstruktionen Wird die Außenschale nicht direkt auf dem Kassettenprofil befestigt, sondern auf einer Zwischenkonstruktion mit einem 40 mm hohen Z-Profil, können diese Werte weiter gesteigert werden. Wird der Zwischenraum noch mit Mineralwolle gedämmt, so sind bewertete Schalldämmmaße über 50 dB erzielbar (Abb. 4.6). Bemerkenswert ist, dass die Verwendung von Mineralwoll-Sandwichelementen im Vergleich zu Polyurethan-Sandwichelementen lediglich eine Steigerung des Rw-Wertes um 1 dB 39 Dokumentation 568 Abb. 4.6: Hybridkonstruktionen mit Zwischenkonstruktion Rw [dB] 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm 130 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 80 mm PUR-Stahl-Sandwichelement 48 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm 130 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 40 mm MW-Dämmung 80 mm PUR-Stahl-Sandwichelement 50 130 mm Kassette, tN = 0,75 mm 130 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 40 mm MW-Dämmung 80 mm MW-Stahl-Sandwichelement 51 4.3.4 Kassettenwandkonstruktionen – Schallabsorption ergibt. Der Wert 1 dB liegt jedoch im Bereich der prüfungsbedingten Messungenauigkeit und ist somit zu vernachlässigen. Prüfungen an Akustikkassettenprofilen ergaben, wie zu erwarten war, geringere bewertete Schalldämmmaße. Abb. 4.7 gibt eine Über- Abb. 4.7: Hybridkonstruktionen mit Akustikkassette und Zwischenkonstruktion Rw [dB] 100 mm Kassette, tN = 0,88 mm, 17,9% Lochanteil 100 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 120 mm MW-Stahl-Sandwichelement 41 100 mm Kassette, tN = 0,88 mm, 17,9% Lochanteil 100 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 40 mm MW-Dämmung 120 mm MW-Stahl-Sandwichelement 45 100 mm Kassette, tN = 0,88 mm, 17,9% Lochanteil 100 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 240 mm MW-Stahl-Sandwichelement 47 100 mm Kassette, tN = 0,88 mm, 17,9% Lochanteil 100 mm MW-Dämmung Kantprofil Z, 60/40/60 mm 40 mm MW-Dämmung 240 mm MW-Stahl-Sandwichelement 40 sicht über vier verschiedene Konstruktionen. Wird der Zwischenraum des Abstandsprofils ebenfalls mit Mineralwolle gefüllt, so ist in diesen Fällen mit Rw-Werten zu rechnen, die um 3 bis 4 dB über den Werten der Konstruktionen mit nicht ausgefüllten Zwischenräumen liegen. Die Akustiklochung vermindert das bewertete Schalldämmmaß wie bei der klassischen Kassettenwand um ca. 6 dB gegenüber der ungelochten Variante. Die Schallabsorptionsfähigkeit einer normalen Kassettenwand ohne Akustiklochung ist sehr gering. Der Schallabsorptionsgrad liegt hier zwischen 0 und 0,3. Zur Verbesserung der Schallabsorptionsfähigkeit werden daher Kassettenprofile mit Lochung angeboten. Dies führt jedoch gleichzeitig, wie zuvor beschrieben, zu einer Verschlechterung der Schalldämmeigenschaften der Konstruktion. Bei Akustikkassettenwänden muss wegen der Lochung der Kassetten die Dichtheit der Wand durch den Einbau einer Dampfsperre hergestellt werden. Diese Dampfsperre muss bei Wänden zwischen Schallschluckplatte und Wärmedämmung angeordnet sein. Die Dampfsperre wird kassettenweise eingebaut und an den Kassettenstegen befestigt. Hierdurch wird verhindert, dass die Dampfsperre vom warmen Innenbereich in den kalten Außenbereich geführt wird, da dies zu bauphysikalischen Problemen führen könnte. An den Stößen der Kassetten ist darauf zu achten, dass die Dampfsperre in horizontaler und vertikaler Richtung durchgehend ausgebildet wird. Im Folgenden werden die Messergebnisse von Hybridkonstruktionen aufgeführt (Abb. 4.8). Die Messergebnisse können mit den zu erzielenden Schallabsorptionsgraden der klassischen Kassettenwand in [7] verglichen werden. Die Werte liegen im gleichen Bereich wie die zuvor zitierten. 4.3.5 Resümee Hybridkonstruktionen 50 Die hier betrachteten Hybridkonstruktionen, bestehend aus einer Kassettenschale und einem Sandwichelement, bieten hervorragende Ergebnisse hinsichtlich ihrer schalltechnischen und wärmetechnischen Eigenschaften. Eine reine Sandwichwand erzielt lediglich Rw-Werte im Bereich von 26 dB (PU) bis maximal 33 dB (MW). Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau Eine Hybridkonstruktion vereint somit die guten Wärmedämmeigenschaften einer Sandwichwand und die guten Schalldämmeigenschaften einer Kassettenwandkonstruktion und kann Rw-Werte bis zu 51 dB erzielen. Neben diesen Vorzügen sind jedoch auch die besonderen statischen Erfordernisse zu beachten. Für die hier vorgestellten Konstruktionen sind zurzeit noch besondere Tragsicherheitsnachweise erforderlich. Auch ist der Luftdichtheit besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es muss in jedem Fall vermieden werden, dass feuchte Luft in die Konstruktion eindringt und es dort zur Kondensation kommt, was die Dauerhaftigkeit der Gesamtkonstruktion beeinträchtigen könnte. Hybridkonstruktionen stellen eine vielversprechende Alternative zur Sanierung bestehender Hallenkonstruktionen dar, liefern aber auch Möglichkeiten, neue Industriegebäude zu konzipieren, die den hohen Anforderungen an Wärmeschutz, Luftschalldämmung und Schallabsorption gleichermaßen gerecht werden. In jedem Fall bedarf es beim Einsatz der hier vorgestellten Konstruktionen weiterer Untersuchungen. Somit repräsentieren diese Konstruktionen zunächst einen Zwischenstand laufender Untersuchungen. Abb. 4.8: Schallabsorptionsgrad as bei Hybridkonstruktionen Abb. 4.9: Blitzeinschlag in den Eiffel-Turm im Jahre 1902 4.4 Blitzschutz mit Metalldächern [8] 4.4.1 Grundlagen Wie alle baulichen Anlagen können auch Gebäude mit Metalldächern vom Blitz getroffen werden. Aus diesem Grund wünschen viele Eigentümer oder Nutzer den Einbau eines Blitzschutzsystems auf ihrem Gebäude. In manchen Fällen schreiben auch die Bauordnungen einen Blitzschutz vor. Ein Blitzschutz wird an baulichen Anlagen durch Fangleitungen realisiert, die über Ableitungen mit der Erde verbunden sind (Abb. 4.10). Sie haben auf Metalldächern nur eine Fangwirkung in einem schmalen Bereich (ca. 1 m Breite) entlang der Fangleitung. Fangleitungen auf First und Ortgang schützen diese gegen direkte Einschläge. Die Dachfläche neben diesen Leitungen wird dadurch nicht geschützt. Soll auch die Dachfläche gegen direkte Einschläge geschützt werden, sind dort in Abständen von wenigen Metern weitere Fangleitungen zu montieren, auf denen in Abständen von wiederum wenigen Metern Fangspitzen (Abb. 4.11) mit 15 bis 40 cm Höhe befestigt werden müssen („Igeldach“). Viele Architekten lehnen derartige Anlagen auf dem Gebäudedach ab, da sie den optischen Gesamteindruck erheblich stören. Abb. 4.10: Biltzfangeinrichtungen auf Gebäudedächern 41 Dokumentation 568 4. Das Metalldach muss wie jedes andere Dach auch nach jedem Blitzeinschlag kontrolliert und eventuell ausgebessert werden. 5. Die Materialdicken müssen den Werten der Tabelle 3 der DIN EN 62305-3 entsprechen. Für Stahl beträgt die Mindestblechdicke 0,5 mm. Abb. 4.11: Fangspitzen auf einem Metalldach Abb. 4.12: Höhe der Fangspitzen nach DIN EN 62305-3 Drahtabstand Höhe der Fangspitzen 3m 0,15 m 4m 0,25 m 5m 0,35 m 6m 0,45 m Nach der geltenden Blitzschutznorm DIN EN 62305-3 [9] gilt für variierende Drahtabstände eine daraus resultierende Höhe der Fangspitzen (Abb. 4.12). Es stellt sich die Frage, ob Blitzfangeinrichtungen auch auf jedes Metalldach montiert werden müssen. Die Montage von Blitzfangeinrichtungen ist jedoch nach DIN EN 62305-3 für Metalldächer nicht erforderlich. Nach DIN EN 62305-3 gilt wie bisher gemäß der nationalen Vornorm DIN V VDE V 0185, dass Metalldächer weiterhin als „natürliche Fangeinrichtung“ für den Blitzschutz geeignet sind. Zu diesem Zweck müssen die Dachelemente derart miteinander verbunden sein, dass der Blitzstrom zu den Anschlussstellen der Ableitungen und mit den Ableitungen in die Erde geführt werden kann. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Beschichtete oder unbeschichtete MetallDachelemente sind in geringen Abständen miteinander verschraubt oder vernietet. 2. Dachelemente aus unbeschichtetem Metall sind durch Falzen, Löten oder Schweißen verbunden. 3. Das Metalldach muss fachgerecht, d. h. entsprechend dem anzuwendenden Regelwerk (z.B. Normen und Richtlinien der Bauaufsicht, Anweisungen von Herstellern und Fachverbänden, Fachregeln der Handwerker), ausgeführt und mit seiner Unterkonstruktion standsicher verbunden sein. 42 Bei der Nutzung eines Metalldaches als natürliche Blitzfangeinrichtung kann ab einer bestimmten Blitzstärke und -charakteristik (die lediglich 7 % aller Blitze aufweisen) am Einschlagpunkt eines Blitzes ein örtliches Durchschmelzen des Bleches auftreten. Die Größe des zu erwartenden Loches beträgt jedoch maximal nur wenige Quadratzentimeter. Je nach Dachform, Gebäudeabmessungen und geografischer Lage schlägt ein solch starker Blitz, statistisch gesehen, im ungünstigsten Fall einmal in 160 Jahren in ein Metalldach ein. Zwar definiert die Norm auch Metalldicken, die im Falle eines Blitzeinschlags nicht durchschmolzen werden, aber diese liegen mit Werten von mehreren Millimetern außerhalb der im Metallleichtbau verwendeten Dickenbereiche. Um die Folgen eines Blitzeinschlags in ein Metalldach besser zu verstehen, wurden seit dem Jahr 2000 Untersuchungen über die Stromtragfähigkeit an üblichen Verbindungen der Metalldachelemente untersucht. Es zeigte sich, dass Metalldächer bei entsprechender Ausführung in der Lage sind, den Blitzstrom von der Einschlagstelle zu den Ableitungen zu führen, ohne Schaden zu nehmen. Anschließend wurde in der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) im Komitee 251 „Blitzschutz“ ein Arbeitskreis aus Fachleuten der Dachhersteller und Fachleuten des Blitzschutzes gebildet, in dem die notwendigen Voraussetzungen für die Nutzung von Metalldächern als „natürlichem Bestandteil“ der Fangeinrichtung im Blitzschutz festgelegt wurden. 4.4.2 Nachweis der Eignung, Stromtragfähigkeit Der Nachweis der Eignung als Fangeinrichtung ist in folgenden Fällen nach DIN EN 62305-3 Beiblatt 4 [10] erbracht: – Das Dach ist aus blankem Metall, z. B. nichtrostender Stahl, legierverzinkter Stahl – Das Dach ist aus beschichtetem Metall und die Einzelteile sind mit Schrauben oder Nieten oder durch Schweißen oder Löten miteinander verbunden Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau – Das Dach ist aus beschichtetem Metall und die Einzelteile sind gefalzt, geklemmt, gepresst, gebördelt, ineinandergeschoben oder aneinandergelegt. In diesen Fällen muss ein Nachweis durch die Vorlage eines Prüfzeugnisses über eine Typenprüfung mit der entsprechenden Ausführung des Daches erbracht werden oder, bei Abweichung davon, durch ein zusätzliches Gutachten eines dafür anerkannten Sachverständigen. Für die Typenprüfung wurde eine Prüfvorschrift erarbeitet. Diese Festlegungen sind auch in Abb. 4.13 aus DIN EN 62305-3 Beiblatt 4 enthalten. Nach DIN EN 62305-3 Beiblatt 4, 3.2 gilt außerdem: Metalldächer, deren Elemente durch Löten, Schweißen, Schrauben oder Nieten verbunden sind, entsprechen natürlichen Bestandteilen eines äußeren Blitzschutzsystems nach DIN EN 62305-3, Abschnitt 5, gleichgültig, ob die Bleche blank oder mit Kunststoff beschichtet sind. Eine dünne Beschichtung mit Farbe oder 1 mm Bitumen oder 0,5 mm PVC ist nicht als Isolierung zu betrachten. Damit ist die Errichterfirma des Blitzschutzsystems in der Lage, die notwendigen Ableitungen mit den ebenfalls geprüften Klemmen an- zubringen und das Metalldach mit der Erde zu verbinden. Die mit der Montage des Daches betraute Firma trägt die Verantwortung für die Ausführung des Daches entsprechend den Vorgaben aus der Typenprüfung. Der Blitzschutzbauer übernimmt die Verantwortung für den richtigen Anschluss der Ableitungen zur Erdung und eventuell der Verbindungsleitungen der Dachteile. Die Abnahmeprüfung oder die Wiederholungsprüfungen des Gebäudeblitzschutzes müssen daher von der mit der Montage des Daches betrauten Firma und der Errichterfirma des Blitzschutzsystems durchgeführt werden. Jeder prüft den von ihm zu verantwortenden Teil, beide gemeinsam prüfen die Verbindungsklemmen und deren richtigen Sitz. 4.4.3 Mechanische Einwirkungen Gegen die mechanische Komponente des Blitzeinschlages wirkt die kraftschlüssige Verbindung eines Metalldaches mit seiner Unterkonstruktion. Wegen ihres großflächigen Formates sind die Profiltafeln noch dazu meistens über mehrere Verbindungen an der Tragkon- Metalldächer Oberfläche des Metalls Verbindung Montage nach 1 Nach DIN EN 62305-3 Typengeprüfte Dachelemente Abweichungen von typengeprüften Dachelementen Eignung ohne weitere Anforderung Eignung ohne weitere Anforderung Eignung nur durch Gutachten von Sachverständigen 1 Beschichtet Unbeschichtet Beschichtet Beschichtet Löten, Schweißen, Schrauben, Nieten Löten, Schweißen, Schrauben, Nieten, Falzen, Bördeln, Pressen, Klemmen Einhängen, Bördeln, Falzen, Pressen, Klemmen Einhängen, Bördeln, Falzen, Pressen, Klemmen und andere Verbindungsarten Montagerichtlinien der Hersteller bzw. Verbände auf der Grundlage bestehender Prüfberichte Gutachten auf der Grundlage bestehender Montagerichtlinien und Prüfberichte Montagerichtlinien der Hersteller bzw. Verbände Abb. 4.13: Eignung von Metalldächern Ein Gutachten kommt nur zur Anwendung bei einer Modifikation der funktionalen Eigenschaften von bereits geprüften Dächern und anderen Verbindungsarten. Anmerkung: Nach Auffassung der Hersteller von Metalldächern braucht kein Gutachter eingeschaltet zu werden, wenn keine signifikanten die Funktion betreffenden Änderungen vorliegen. Unterschieden wird zwischen funktionalen und dekorativen Eigenschaften (z.B. Änderung der Schichtdicke oder der Farbgebung). Durch einen Gutachter wird festgestellt, ob die Änderungen gegenüber der vorliegenden Typenprüfung signifikant sind und eine weitere Typenprüfung erforderlich ist. 43 Dokumentation 568 4.4.5 Auswirkungen eines Blitzeinschlages auf die Regendichtheit Abb. 4.14: Einschlagstellen an der Rinne struktion befestigt. Außerdem zeichnen sich diese Verbindungen durch eine vielfach empirisch abgesicherte Verformungsfähigkeit aus, so dass das ganze Dachsystem wie eine Kombination von Federn wirkt. Der mechanische Impuls eines Blitzes kann örtlich zur Bildung plastischer Verformungen führen. Aber durch die Duktilität des Systems ist mit größeren Deformationen, sich aus den Verbindungen lösenden Profiltafeln oder dem Versagen der Verbindungen nicht zu rechnen. Überdies sind aus der Praxis keine derartigen Schäden bekannt. 4.4.4 Auswirkungen eines Blitzeinschlages auf das Brandverhalten Metalle sind nach DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ [11] ohne und mit organischer Beschichtung in die Baustoffklasse A1/A2 „nicht brennbar“ eingestuft. Hinsichtlich des Brandverhaltens müssen alle Dachwerkstoffe mindestens die Baustoffklasse B2 („normal entflammbar“) aufweisen. Auch mit unterseitig angeordneten Dämmschichten aus B2-Baustoffen sind die Profiltafeln gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähige Bedachungen. Metalldächer sind also nicht brennbar und tragen auch nicht zur Brandlast von Gebäuden oder zur Brandweiterleitung bei. Experimentelle Untersuchungen an verschiedenen Prüfstellen, auch mit unüblichen Materialien, wie z. B. Holzwolle, Papier oder Staub unmittelbar unter der Dachdeckung, haben gezeigt, dass auch nach dem Durchschmelzen sowohl Entstehung als auch Weiterleitung von Bränden durch einen Blitzschlag unter einem Metalldach ausgeschlossen werden können. 44 Starke Blitze, die in der Lage sind, ein Metalldach zu durchschmelzen, schlagen immer in die hochstehenden Querschnittsteile der Profiltafeln ein, also oberhalb der wasserführenden Ebene. Bei Profiltafeln mit großen Baubreiten (z. B. Klemmrippen-, Stehfalzprofile) befinden sich an diesen Stellen die Längsstöße mit doppelten Blechdicken, die eine größere Blitzstärke zum Durchschmelzen bedingen oder durch das untenliegende Blech eine Dichtreserve aufweisen. An den Dachrändern First und Ortgang tritt weder bauart- noch lagebedingt Niederschlagswasser in größeren Mengen auf. Außer den dort direkt auftreffenden Tropfen kann kein Wasser eindringen. Lediglich an den Traufen ist mit nach unten laufendem Wasser zu rechnen, z. B. auf den schmalen Obergurten von Trapezprofilen – bei Falzdächern o. Ä. mit scharfkantigen oder runden Erhebungen ist das auszuschließen. Bei Dächern mit innenliegenden Rinnen hinter Attiken wird der Blitz in diese einschlagen, nur bei vorgehängten Rinnen wäre es eventuell möglich, dass der Blitz nicht gleich in die Rinne selbst (als äußere Begrenzung des Daches), sondern in das traufseitige Ende der Profiltafeln einschlägt (Abb. 4.14). Dieses Ende befindet sich bei vorgehängten Rinnen normalerweise nicht mehr über dem eigentlichen Gebäude, so dass dort eindringendes Ablaufwasser unterhalb der Dachdeckung höchstens nicht mehr in die Rinne selbst, sondern dahinter laufen würde. Da gemäß Blitzschutznorm die Pflicht besteht, nach jedem Blitzeinschlag die Funktion des Daches als Fangeinrichtung zu überprüfen, kann das geschmolzene Loch leicht entdeckt und, je nach Werkstoff, z. B. durch Schweißen, Kleben, Löten oder Eindichten, geschlossen werden. Es wird also nur so lange bestehen, bis das Gewitter, von dem es verursacht worden ist, wieder abgezogen ist. 4.4.6 Qualitätssicherung Um sicherzustellen, dass das ausgeführte Metalldach den Vorgaben der Norm oder dem Dach entspricht, das bei der Typenprüfung geprüft wurde, muss der Lieferant des Dachsystems dem Errichter eine Anweisung für die Errichtung geben. Dies kann z. B. in Form einer Montagerichtlinie von hierfür zuständigen Verbänden erfolgen. Die Arbeitskräfte müssen in der Anwendung der Montagerichtlinie entsprechend geschult sein. Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau Der Errichter des Dachsystems gibt nach Fertigstellung eine Bestätigung [12] über die geforderte Ausführung an den Auftraggeber und direkt an den Errichter des Blitzschutzsystems. Dieser stellt die Anschlüsse zur Erdung her und übergibt das gesamte Blitzschutzsystem dem Auftraggeber. Besondere Maßnahmen für den Anschluss der Ableitungen/Verbindungsleitungen an das Metalldach werden zwischen der für die Montage des Metalldachs verantwortlichen Firma und der Errichterfirma des Blitzschutzsystems abgestimmt. Die Gewährleistung trägt jedes der beiden Unternehmen für das von ihm errichtete Gewerk. 4.4.7 Fazit – Das Metalldach ist ein perfekter Blitzschutz, wenn es mit der Erde leitend verbunden ist – Die Einschlagwahrscheinlichkeit eines Blitzes ist abhängig von der geografischen Lage und den Abmessungen eines Gebäudes – Die Einschlagwahrscheinlichkeit ist nicht abhängig von der Art des Dachbaustoffes – Nach einem Blitzeinschlag in ein Metalldach werden die Funktionen Witterungsschutz, Brandschutz und Standsicherheit nicht beeinträchtigt. Auch die Fangeigenschaft für Blitze bleibt erhalten. – Ein Blitz einer gewissen, aber seltenen Stärke kann ein kleines Loch in die hochstehenden Querschnittsteile (Falze, Bördel, Rippen) und bevorzugt in die Ränder des Daches (First, Traufe, Ortgang) schmelzen. Bei regelmäßiger Wartung des Daches kann die Schadstelle mit vernachlässigbarem Aufwand geschlossen werden. – Wenn der Blitzstrom abfließen kann, werden keine weiteren Schäden an dem Dach entstehen – Je nach Dachform, Gebäudeabmessungen und geografischer Lage schlägt solch ein starker Blitz statistisch gesehen im ungünstigsten Fall einmal in 160 Jahren in ein Metalldach Als Konsequenz aus diesem Verhalten darf ein Metalldach nach DIN EN 62305-3 als natürliche Fangeinrichtung für den Blitzschutz eingesetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Blitzstrom von der Einschlagstelle über die Profiltafeln des Daches zu den Anschlussstellen und von dort in die Erde geleitet wird. 4.5 Korrosionsschutz 4.5.1 Grundlagen Wie bei einer Reihe anderer Werkstoffe ist auch bei dem Werkstoff Stahl die Neigung zur Korrosion im ungeschützten Zustand zu berücksichtigen. Zur Erhaltung der Bauwerkssicherheit über die vorgesehene Nutzungsdauer ist Stahl daher in aller Regel vor Korrosion zu schützen. Oft müssen gleichzeitig auch ästhetische Anforderungen erfüllt werden, die in diesem Zusammenhang jedoch weitgehend außer Betracht bleiben sollen. Korrosion ist definiert als die Reaktion eines metallischen Werkstoffes mit seiner Umgebung, die eine messbare Veränderung des Werkstoffes bewirkt und im weiteren Verlauf zu einer Beeinträchtigung des metallischen Systems führen kann. Korrosionsschutz sollte nicht Selbstzweck sein, sondern immer der vorgesehenen Nutzung und Nutzungsdauer des jeweiligen Objektes im Einzelfall angepasst werden. Hierbei sind auch Fragen der architektonischen Gestaltung, der Ästhetik und der Farbgestaltung zu berücksichtigen. In jedem Fall besteht die Forderung nach einer optimalen, d. h. zeitlich vernünftigen und wirtschaftlichen Lösung, hinsichtlich der Schutzdauer. Die Frage nach der Eignung eines bestimmten Korrosionsschutzsystems wird sich daher nicht ohne Kenntnis der zu erwartenden Nutzungsdauer, der jeweiligen Einsatzbedingungen und der konstruktiven Ausführung beantworten lassen. Veränderungen im Verlauf der Nutzungsdauer wie z. B. eine Zunahme der standortbedingten Korrosionsbelastung und eine Zunahme der unmittelbaren Korrosionsbelastung des Objektes, z. B. aus einer Nutzungsänderung, sind im Allgemeinen nicht vorhersehbar und können zu einer wesentlichen Einschränkung der Nutzungsdauer führen. Der Korrosionsschutz muss sich an den technischen Erfordernissen orientieren. Nach DIN EN ISO 12944-1 [13] werden für die Schutzdauer drei Zeitspannen angegeben: – niedrig (L – engl.: low) 2 bis 5 Jahre – mittel (M – engl.: medium) 5 bis 15 Jahre – hoch (H – engl.: high) über 15 Jahre Die Schutzdauer ist keine Gewährleistungszeit. Sie ist ein technischer Begriff, der eine ordnungsgemäße Wartung und Pflege voraussetzt und dem Auftraggeber helfen kann, ein Instandsetzungsprogramm festzulegen. Die Gewährleistungszeit ist ein juristischer Begriff, der Gegenstand von Vertragsbedingungen ist. 45 Dokumentation 568 Sie ist im Allgemeinen kürzer als die Schutzdauer. Es gibt keine Regeln, die beide Begriffe miteinander verbinden. Da eine regelmäßige Inspektion an unzugänglichen Bereichen nicht ohne Weiteres möglich ist, ist dies bereits bei der Auswahl des Korrosionsschutzsystems zu berücksichtigen. 4.5.2 Korrosionsschutz tragender dünnwandiger Bauteile aus Stahl Bislang war der Korrosionsschutz für dünnwandige Bauteile aus Stahl in DIN 55928-8, 1994-07, geregelt. Diese Norm lieferte Angaben zu den Korrosionsschutzklassen I bis III, in Abhängigkeit von der Anwendung der Bauelemente, in Verbindung mit DIN 18807-1 [14] (siehe Abb. 4.15). Im April 2010 ist die neue Korrosionsschutznorm DIN 55634 [15] erschienen – als Nachfolgenorm der DIN 55928-8. Die neue Norm gliedert sich wie folgt: – Anwendungsbereich – normative Verweisungen – Begriffe – Korrosivitätskategorien – Korrosionsschutzsysteme: Bandbeschichtung + Stückbeschichtung Abb. 4.15: Korrosionsschutzklassen für Wandsysteme nach DIN 18807-1 – Schutzdauer – Verpackung, Transport, Lagerung und Montage von Bauteilen – Prüfungen zur Qualitätssicherung – Überwachung – Kennzeichnung des Korrosionsschutzsystems – Anhang A (informativ) – Beispiele für Beschichtungssysteme mit Korrosivitätskategorien Gegenüber DIN 55928-8:1994-07 wurden folgende Änderungen vorgenommen: – Die Norm wurde redaktionell überarbeitet, wobei nun auf die aktuellen, ins deutsche Normenwerk übernommenen europäischen und internationalen Normen verwiesen wird – Die Einteilung der Korrosionsbelastung wurde auf die in DIN EN ISO 12944-2 definierten Korrosivitätskategorien bezogen. Zu den bisher in DIN 55928-8 angegebenen Korrosionsschutzklassen wird jedoch jeweils der Bezug hergestellt, da diese noch in verschiedenen geltenden Produktnormen angegeben werden (Abb. 4.16). Die Norm gilt für den Korrosionsschutz tragender dünnwandiger Bauteile aus unlegiertem oder niedriglegiertem Stahl, deren Nennblechdicke bis zu 3 mm beträgt und die atmosphäri- Korrosionsschutzklassen für Wandsysteme Außenseite Innenseite Einschalig, ungedämmt Einschalig, wärmegedämmt III 1 III II 1, 2 II 2 Zweischalig, hinterlüftet mit zwischenliegender Wärmedämmung Außenschale Zwischenriegel 3 Innenschale III II 2 a) Über trockenen, überwiegend geschlossenen Räumen II 2 a) Bei trockenen, überwiegend geschlossenen Räumen I b) Über Räumen mit hoher Feuchtelastung III b) Bei Räumen mit hoher Feuchtebelastung III a) Bei trockenen, überwiegend geschlossenen Räumen I Außenwandbekleidung III II b) Bei Räumen mit hoher Feuchtebelastung III 1 2 3 46 Für untergeordnete Bauwerke, wie z.B. Geräte- und Lagerschuppen in der Landwirtschaft oder Stellplatzüberdachungen, bei denen die Trapezprofile nicht zur Stabilisierung herangezogen werden, ist die Einstufung in Korrosionsschutzklasse I zulässig. Korrosionsschutzklasse I ist zulässig bei trockenen, überwiegend geschlossenen Räumen und ausreichender Zugänglichkeit. Und gleichartige lastverteilende und/oder versteifende Stahlblechteile. Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau Korrosivitätskategorie/ Korrosionsbelastung nach DIN EN ISO 12944-2 Schutzdauer C1 unbedeutend Niedrig Mittel Beispiele für Umgebungen (nur zur Information) Außen Innen Hoch Korrosionsbeständigkeitskategorie Geheizte Gebäude mit neutralen Atmosphären, z.B. Büros, Läden, Schulen, Hotels. RC1 Korrosionsschutzklasse a Zugänglich Unzugänglich I I I I I I C2 gering Niedrig Mittel Hoch Atmosphären mit geringer Verunreinigung. Meistens ländliche Bereiche. Ungeheizte Gebäude, wo Kondensation auftreten kann, z.B. Lager, Sporthallen. RC2 I I I II II III C3 mäßig Niedrig Mittel Stadt- und Industrieatmosphäre, mäßige Verunreinigungen durch Schwefeldioxid. Küstenbereiche mit geringer Salzbelastung. Produktionsräume mit hoher Feuchte und etwas Luftverunreinigung, z.B. Anlagen zur Lebensmittelherstellung, Wäschereien, Brauereien, Molkereien. RC3 II II III III II III Hoch C4 stark Niedrig Mittel Hoch Industrielle Bereiche und Küstenbereiche mit mäßiger Salzbelastung. Chemieanlagen, Schwimmbäder, Bootsschuppen über Meerwasser. RC4 III III III III III –c C5-I sehr stark (Industrie) Niedrig Mittel Industrielle Bereiche mit hoher Feuchte und aggressiver Atmosphäre. Gebäude oder Bereiche mit nahezu ständiger Kondensation und mit starker Verunreinigung. RC5 III III –c –c –c –c C5-M sehr stark (Meer) Niedrig Mittel Küsten- und Offshorebereiche mit hoher Salzbelastung. Gebäude oder Bereiche mit nahezu ständiger Kondensation und mit starker Verunreinigung. III III –c –c –c –c Hoch Hoch scher Korrosionsbelastung ausgesetzt sind. Andere Schutzfunktionen, wie der Schutz gegen – Mikroorganismen (Bewuchs, Bakterien, Pilze usw.), – Chemikalien (Säuren, Alkalien, organische Lösemittel, Gase usw.), – mechanische Belastungen (Abrieb usw.) und – Brand, sind darin nicht erfasst. Die Norm gilt für Bandund Stückbeschichtungen. Die Beschichtung kann sowohl im Werk als auch auf der Baustelle ausgeführt werden. Der betrachtete Korrosionsschutz erfasst: – metallische Überzüge – organische Beschichtungen – metallische Überzüge mit organischen Beschichtungen (Duplex-Systeme) Bei Korrosionsbelastungen und einer geforderten Schutzdauer, die nicht in die definierten Korrosivitätskategorien einzuordnen sind, ist diese Norm nicht anwendbar. Bei diesen Belastungen und Bedingungen sind die erforderlichen Maßnahmen jeweils im Einzelfall festzulegen. DIN 55634 kann auch für nicht tragende dünnwandige Bauteile angewendet werden. DIN 55634 enthält Tabellen mit Beispielen für die erwartete Schutzdauer von Zink- und Zinklegierungsüberzügen ohne Beschichtung (Abb. 4.17) bzw. Tabellen mit Beispielen für die erwartete Schutzdauer von Beschichtungssystemen. Folgende Beispiele für Beschichtungssysteme sind aufgeführt: Beispiele für Beschichtungssysteme auf Basis von – Flüssig- und Pulverbeschichtungsstoffen (Bandbeschichtung) auf Bandverzinkung/Bandlegierverzinkung (Abb. 4.18), – Flüssigbeschichtungsstoffen auf stückverzinktem Stahl (Duplex-Systeme), – Flüssigbeschichtungsstoffen auf unlegiertem oder niedriglegiertem Stahl, – Flüssigbeschichtungsstoffen (Stückbeschichtung) auf Bandverzinkung/Bandlegierverzinkung, – Pulverbeschichtungssystemen auf unlegiertem Stahl oder niedriglegiertem Stahl und – Pulverbeschichtungssystemen auf stückverzinktem Stahl (Duplex-Systeme). Abb. 4.16: DIN 55634, Tab. 1, Korrosivitätskategorien bzw. Korrosionsbeständigkeitskategorien bzw. Korrosionsschutzklassen Hervorzuheben ist, dass die in Tabelle A.1 von DIN 55634 definierten Schutzdauern die Schutzdauer für einen metallischen Überzug angeben. In den sich daran anschließenden Tabellen sind die Schutzdauern für organische Beschichtungen angegeben. Hierbei sind die Versagenskriterien andere als für metallische Überzüge. Es kann also durchaus sein, dass ein metallischer Überzug im Einzelfall eine höhere Schutzdauer aufweist als eine organische Beschichtung auf metallischem Überzug. 47 Dokumentation 568 System Nr. Überzugsdicke a µm Überzug Erwartete Schutzdauer (siehe 5.3 und DIN EN ISO 12944-1) C2 L A1.1 10 A1.2 20 A1.3 Zink 40 A1.5 ≥ 50 A1.6 10 Zink-Aluminium 30 A1.9 10 Aluminium-Zink L M H L M H L M C5-M H L M H 20 A1.11 a H C5-I 20 A1.8 A1.10 M C4 30 A1.4 A1.7 C3 25 Zur Beziehung Überzugdicke bzw. Auflagemasse siehe Tabelle 2. Abb. 4.17: DIN 55634, Tab. A.1 – Beispiele für Zink- und Zinklegierüberzüge (ohne Beschichtung) Empfohlene Auflage: Z275 g/m2, bzw. ZA255 g/m2, bzw. AZ150 g/m2 (etwa 20 µm Sollschichtdicke des Überzungs) Substat: Bandverzinkung oder Legierverzinkung nach DIN 10346 System Nr. Grundbeschichtung(en) Deckbeschichtung Beschichtungssystem Binde- Anzahl Soll- Binde- Anzahl SollAnzahl Gesamtmittel- Schichten schicht- mittel- Schichten schicht Schichten schichtdicken typ dicke typ dicke µm µm µm A2.1 – – – EP 1 10 1 10 A2.2 – – – SP 1 15 1 15 A2.3 SP 1 5 SP 1 20 2 25 A2.4 SP 1 10 SP 1 25 2 35 A2.5 SP 1 10 SP 2 35 3 45 A2.6 SP 1 5 HDP 1 20 2 25 A2.7 SP 1 15 HDP 1 20 2 35 A2.8 SP 1 10 HDP-PA 1 25 2 35 A2.9 PUR 1 20 HDP-PA 1 25 2 45 A2.10 SP 1 5 PUR 1 20 2 25 A2.11 PUR 1 10 PUR 1 25 2 35 A2.12 SP 1 10 PUR-PA 1 25 2 35 Erwartete Schutzdauer (siehe 5.3 und DIN EN ISO 12944-1) C2 L M H C3 C5-I L M H L M H L M H Abb. 4.18: DIN 55634, Tab. A.2 – Beispiele für Beschichtungssysteme (Bandbeschichtung) 48 C4 C5-M L M H Innovativ und zukunftsweisend – aktuelle Entwicklungen im Stahlleichtbau Wenn die Schutzdauer eines organischen Beschichtungssystems abgelaufen ist, kann diese Beschichtung versagen, der z. B. Zinküberzug ist aber noch unversehrt. Für den Bauherren ist aber die Grenze der Schutzdauer erreicht, da die geforderte Oberfläche nicht mehr den optischen Ansprüchen genügt. Zurzeit fehlt noch eine Verknüpfung zwischen den Tabellen 1 (siehe Abb. 4.15) und 2 von DIN 18807-1 und DIN 55634, es gibt keine Verbindung zwischen Einsatzzweck eines Bauteils und der Korrosivitätskategorie bzw. Schutzdauer. Diese Regelungslücke soll zukünftig über eine Nachfolgenorm der DIN 18807 geschlossen werden. 4.6 Literaturangaben [1] IFBS-Fachinformation 4.01 „Bauphysik – Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise“; IFBS e. V., Düsseldorf 03/2010 [2] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV) vom 30.04.2009; BGBl. I, S. 954, 2009 [3] DIN 4108-2:2003-07 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [4] Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG), in der Fassung vom 26. September 2002, BGBl. I, S. 3830, zuletzt geändert am 11. August 2010, BGBl. I, S. 1163 [5] Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz – Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26.08.1998, (gemeinsames Ministerialblatt 1998, Nr. 26, S. 503 ff.) [7] IFBS-Fachinformation 4.06 „Bauphysik – Schallschutz im Stahlleichtbau“; IFBS e. V., Düsseldorf 08/2003 [8] IFBS aktuell 1/07 „Blitzschutz mit Metalldächern“, Dipl.-Ing. Karlfriedrich Fick, Dr. Franz Pigler, Dr.-Ing. Ralf Podleschny; IFBS e. V., Düsseldorf 2007 [9] DIN EN 62305:2006-10 „Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen“ (IEC 62305-3:2006, modifiziert); Beuth Verlag GmbH, Berlin [10] DIN EN 62305-3:2008-01 Beiblatt 4 „Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen – Beiblatt 4: Verwendung von Metalldächern in Blitzschutzsystemen“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [11] DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [12] IFBS-Fachinformation 6.07 „Brandschutz – Blitzschutz mit Metalldächern“; IFBS e. V., Düsseldorf 06/2007 [13] DIN EN ISO 12944-1:1998-07 „Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 1: Allgemeine Einleitung“ (ISO 12944-1:1998)“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [14] DIN 18807-1:1987-06 „Trapezprofile im Hochbau – Stahltrapezprofile – Allgemeine Anforderungen, Ermittlung der Tragfähigkeitswerte durch Berechnung“; Beuth Verlag GmbH, Berlin [15] DIN 55634:2010-04 „Beschichtungsstoffe und Überzüge – Korrosionsschutz von tragenden dünnwandigen Bauteilen aus Stahl“; Beuth Verlag GmbH, Berlin 4.7 Bildquellen [6] DIN EN ISO 717-1 „Akustik – Bewertung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen – Teil 1: Luftschalldämmung“ (ISO 717-1: 1996 + AM1:2006), deutsche Fassung EN ISO 717-1:1996 + A1:2006; Beuth Verlag GmbH, Berlin Abb. 4.9, 4.11: IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V. 49 Dokumentation 568 5 Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen für Industrie, Gewerbe und öffentlichen Bau Dipl.-Ing. Hans Pöter 5.1 An der Nutzung orientierte Gebrauchstauglichkeit Die Anforderungen an die Planung und Ausführung von Gebäuden werden immer komplexer. In der Vergangenheit waren vor allem Funktionalität, niedrige Baukosten und bei repräsentativen Gebäuden auch die architektonische Qualität wichtige Kriterien für den Bauherren. Seit einigen Jahren erfordert die energetische Optimierung den Einsatz hochwärmedämmender Dächer und Fassaden. Dach- und Wandkonstruktionen, die mit Bauelementen aus oberflächenveredeltem Stahlblech, wie Sandwichelementen sowie Trapez- und Kassettenprofilen, errichtet werden, weisen nicht nur ausgezeichnete Wärmedämmwerte auf, sondern sie erweisen sich über ihre Lebensdauer auch als besonders wirtschaftlich. Dies beginnt mit Abb. 5.1: Umnutzung eines ehemaligen Getreidespeichers in ein Bürogebäude 50 ihrer Entstehung: Sie sind effektiv vorzufertigen und einfach zu montieren. Darüber hinaus sichern sie mit ihren leicht zu verändernden, flexiblen Strukturen den langfristigen Werterhalt von Gebäuden. Schließlich können Stahlleichtbauelemente am Ende ihrer Nutzungszeit einfach demontiert und nahezu ohne Substanzverlust recycelt werden. Dass Gebäude lange Bestand haben und auch künftige Generationen sie noch nutzen werden, ist keine neue Entwicklung, sondern von alters her geübte Praxis. Wie anders hätten heutige Planer den Reiz alter Gebäudesubstanz wiederentdeckt (Abb. 5.1) und sie erfolgreich neuen Nutzungszwecken zugeführt? Dabei ist durchaus bemerkenswert, dass dünnwandige Flächenbauteile aus Stahl (Abb. 5.2) gerade auch bei der Umwidmung alter Gebäudesubstanz eine immer wichtigere Rolle insbesondere dann Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Abb. 5.2: Dachneuaufbau auf einer Werkhalle älterer Bauart mit werkseitig vorgekrümmten und freispannenden Stahltrapezprofilen spielen, wenn eine auf die zukünftige Nutzung ausgerichtete, qualitativ hochwertige und zugleich kostengünstige Lösung gesucht wird. In der derzeitigen Umbruchphase des Baugeschehens mit den in kurzen Zeitabständen aufeinander folgenden Energieeinsparverordnun- gen mit ihren jeweils steigenden Anforderungen an die Bauweisen zur Energieeinsparung ist zu beobachten, dass die gewohnte ganzheitliche Betrachtungsweise, die auf ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Planung und Errichtung des Bauwerks achtet, in den Hintergrund zu treten scheint. Dabei ist es doch die Aufgabe eines jeden Planers, nicht nur die gestiegenen Vorgaben für den Wärme- und Feuchteschutz abzudecken, sondern zugleich auch alle aus der zukünftigen Nutzung des Gebäudes herzuleitenden Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit zu erfüllen, und dies innerhalb eines ausgewogenen Kostenrahmens. In welchem Umfang die Nutzung von Gebäuden und damit deren Gebrauchstauglichkeit während der letzten Jahrzehnte in den Vordergrund gerückt ist, kann man u. a. an Folgendem ablesen: Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts richteten Planer ihr Augenmerk vorrangig auf das Tragwerk, für das sie dann einen geeigneten Raumabschluss in Form einer Dachdeckung und Wandbekleidung sowie eine einfache Gebäudetechnik auszuwählen hatten. Heute steht bei der Planung zunächst die Nutzung mit einer darauf ausgerichteten Gebäudeausrüstung und somit die Gebrauchstauglichkeit einer Baumaßnahme im Vordergrund, bevor ein hierfür geeignetes Tragwerk entworfen wird (Abb. 5.3). Abb. 5.3: Entwicklung des Planungsprozesses: Neben der Tragsicherheit eines Bauwerks tritt heute dessen Gebrauchstauglichkeit in den Vordergrund 51 Dokumentation 568 – keine nennenswerten Feuchtepuffer, – ein relativ geringes Schalldämmvermögen und – die Tendenz zu großen Verformungen. Die luftdichte Gebäudehülle wird grundsätzlich auf der warmen Seite – also in der Regel innen – hergestellt. Die Wärmedämmung verläuft homogen unter Vermeidung von Wärmebrücken. Ungeachtet dieser Besonderheiten hat sich die Stahlleichtbauweise für Dach und Fassade seit ihrer Einführung in den 1950er Jahren im Industrie-, Gewerbe- und öffentlichen Bau durchgesetzt. Dies ist allein darauf zurückzuführen, dass Bauelemente aus Stahlblech und die mit ihnen herstellbaren Varianten für Dachund Wandaufbauten in hervorragender Weise geeignet sind, auch die ständig erweiterten Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit von Gebäuden der unterschiedlichsten Nutzungsarten zu erfüllen. 5.2 Detaillösungen zum wirtschaftlichen Bauen mit Stahlleichtbauelementen Abb. 5.4: Führung der Dampfsperre zur Herstellung der Luftdichtheit entlang der Innenseite des Gebäudes Dabei müssen zugleich die unter dem Begriff der Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks zusammengefassten Einzelkriterien – und dies über die von den DIN-Normen geforderte Beschränkung der Tragwerksverformungen hinaus – deutlich erweitert werden: – Nutzung (Raumaufteilung, Platzangebot, Möglichkeiten zur zukünftigen Umnutzung) – Gestaltung Gestaltung des Äußeren, repräsentatives Erscheinungsbild – Feuchte- und Wärmeschutz (Energieeinsparung) Luftdichtheit, Vermeidung von Wärmebrücken, Kondensatfreiheit – Brandschutz Vorbeugender Brandschutz, Schutzdauer – Schallschutz Luft- und Körperschall, Dämpfung von Emissionen oder Immissionen Während die Stahlleichtbauweise insgesamt gut geeignet ist, die oben genannten Einzelkriterien zu erfüllen, ist bei der Planung zu berücksichtigen, dass diese Bauweise einige Besonderheiten aufweist, die zur Erfüllung der Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit besonderer Beachtung bedürfen. So haben Stahlprofiltafeln – keine thermischen Kapazitäten (Wärmespeicher), 52 Bevor man sich den Besonderheiten, die sich aus der unterschiedlichen Nutzung von Gebäuden ergeben, zuwendet, ist ein Blick auf die Fachregeln des IFBS – Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e. V. [1] erforderlich. Diese werden unter Berücksichtigung der sich ändernden Vorgaben, z. B. der Energieeinsparverordnungen, fortlaufend überarbeitet und geben mit den dargestellten Regeldetails wichtige Hilfestellungen für das Bauen mit dünnwandigen Bauelementen. Einige der bisher gültigen Detaillösungen sind in dieser Form nicht mehr in vollem Umfang geeignet, die Forderungen der EnEV zur Reduzierung von Wärmebrücken und zur Luftdichtheit der Gebäudehülle zu erfüllen. Deshalb werden sie in den jüngsten Ausgaben der Fachregeln aktualisiert. Hierzu gehören insbesondere die Schnittstellen in den Dach- und Wandrandbereichen sowie Detailausbildungen von Dachund Wandöffnungen. Neben der Reduzierung von Wärmebrücken liegt ein weiterer Schwerpunkt der Planung in der Herstellung luftdichter Anschlüsse der Stahlleichtbauelemente und der Dampfsperren, sowohl untereinander als auch zu den anschließenden Bauteilen oder Gewerken. Dabei wird vorausgesetzt, dass für niedrig und normal beheizte Gebäude die Luftdichtheit in aller Regel an der Innenseite des Dach- und Wandaufbaus herzustellen ist (Abb. 5.4). Abb. 5.5 für zweischalige Dach- und Wandaufbauten und Abb. 5.6 für Dach- und Wandaufbauten aus Stahl-Sandwichelementen zeigen einige der überarbeiteten und in den IFBS-Fachregeln veröffentlichten Regeldetails. Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Abb. 5.5, Teil 1: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für den zweischaligen Dach- und Wandaufbau (IFBS-Info 4.01) Zweischaliger Wandaufbau für niedrig beheizte Gebäude T < 19 °C Stahlkassettenprofile mit eingelegter Dämmung und thermischer Trennung Sockelanschluss (Verlegung der Außengurte nach oben weisend) Fensteröffnung 53 Dokumentation 568 Abb. 5.5, Teil 2: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für den zweischaligen Dach- und Wandaufbau (IFBS-Info 4.01) Toröffnung Dach-/ Wandanschluss und Dachöffnung Zweischaliger Wandaufbau für normal beheizte Gebäude T ≥ 19 °C Stahlkassettenprofil mit Zusatzdämmung des Außengurtes Anmerkung: Die Schnittstellendetails wie oben unter Austausch der thermischen Trennung gegen Dämmmaterial 54 Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Abb. 5.6, Teil 1: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für Dach und Wand aus Stahl-Sandwichelementen (IFBS-Info 4.01) Wandaufbau aus Stahl-Sandwichelementen für niedrig und normal beheizte Gebäude Dach-/ Wandanschluss Gebäudeecke und Sockelanschluss Fensteröffnung 55 Dokumentation 568 Abb. 5.6, Teil 2: Regeldetails zur Erfüllung der Vorgaben der EnEV 2009 für Dach und Wand aus Stahl-Sandwichelementen (IFBS-Info 4.01) Toröffnung Türöffnung Dachöffnungen Firstausbildung 56 Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen 5.3 Dach- und Wandkonstruktionen für nicht, niedrig und normal beheizte Gebäude Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzungsarten von Gebäuden werden nachfolgend einige der mit Stahlleichtbauelementen herstellbaren Dach- und Wandsysteme vorgestellt. Beschrieben wird, in welcher Zusammensetzung sie die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit in Abhängigkeit von der Nutzung eines Gebäudes erfüllen und so ihren Beitrag zum „nachhaltigen Bauen“ leisten. Es werden Detaillösungen für Dach und Wand vorgestellt, die bei fachgerechter Erstellung die Aufgabe des an die Nutzung angepassten Wärme- und Feuchteschutzes zuverlässig erfüllen können. Auf Anforderungen des Schallund Brandschutzes wird ausdrücklich nicht eingegangen. 5.3.1 Unbeheizte oder offene Bauwerke Nutzung: Lagerhalle, Unterstand, offene Überdachung, Vordach Klimatisierung: unbeheizt: Luftfeuchte: mit dem Außenklima wechselnd Dachsystem: einschalig: Pfannen-, Well- oder Trapezprofil, Steh- und Klemmfalzprofil, ggf. unterseitige Antitropfbeschichtung, belüftet alternativ: Stahl-Sandwichelement in geringer Dicke Wandsystem: einschalig: Well- oder Trapezprofil, belüftet alternativ: Stahl-Sandwichelement in geringer Dicke Bei unbeheizten und offenen Gebäuden, bei denen keine oder nur untergeordnete Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz bestehen, wie beispielsweise in der Landwirtschaft oder bei Lägern sowie für Unterstände und Überdachungen, können auch einschalige Deckungen ohne Wärmedämmung eingesetzt werden. Zur Anwendung kommen gelegentlich noch Pfannenprofile, meist aber Well- und Trapezprofile sowie Klemm- und Stehfalzelemente. Sie werden auf Pfettenprofilen von der Traufe beginnend zum First hin verlegt. Einschalige Deckungen dienen als Wetterschutz und sind als wasserführende Dachschale zugleich ein einfacher oberseitiger Raumabschluss. Je nach Art der Nutzung des Gebäudes, z. B. als Sportstätte oder Lagerhalle, kann es erforderlich sein, das Abtropfen von Kondensat von der Dachunterseite zu verhindern. Zwei Möglichkeiten stehen zur Verfügung: – Antitropfbeschichtung an der Unterseite der Dachelemente (Abb. 5.7) – Dachaufbau aus Stahl-Sandwichelementen Abb. 5.7: Deckung einer unbeheizten Lagerhalle für Holzprodukte aus Stahltrapezprofilen mit unterseitiger Antitropfbeschichtung 5.3.1.1 Einschaliger Dachaufbau mit Antitropfbeschichtung Um Abtropferscheinungen infolge Kondensatbildung an der Unterseite von einschaligen Dächern zu vermeiden, kommen Antitropfbeschichtungen zum Einsatz. Hierzu können entweder schon das Vormaterial für die Dachelemente oder nach deren Profilierung die Dachelemente selbst mit einer kondensatabsorbierenden Beschichtung versehen werden. Der häufig gebrauchte Begriff „Antikondensatbeschichtung“ ist irreführend. Die Beschichtung verhindert nicht das Entstehen von Kondensat, sondern speichert es bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Klimawechsel stattfindet und die gespeicherte Feuchte durch Ablüften wieder an die Umgebung abgegeben werden kann. Daraus folgt, dass bei Dachdeckungen, die unterseitig über eine Antitropfbeschichtung verfügen, eine ausreichende Belüftung in Form von Zuluftöffnungen entlang der Traufe und Abluftöffnungen entlang des Firstes, z.B. in Form eines Lüfterfirstes (Abb. 5.8 a), zu gewährleisten ist. Ebenso sind die Kontaktflächen der Dachelemente wie Längs- und Querstoßüberdeckungen von Beschichtungsstoff freizuhalten, um eine dauerhafte Durchfeuchtung an diesen Stellen zu vermeiden. Schließlich ist darauf zu achten, dass der Luftstrom von der Traufe bis zum First nicht behindert wird. Dazu sollte der 57 Dokumentation 568 – Gebäude, die sich in Schlauchmündungen, eingedeichten Zonen bzw. schmalen und feuchten Tälern befinden Einsatz einer mineralischen Beschichtung Werden Dachelemente erst vor ihrer Montage mit einer Beschichtung versehen, geschieht dies mit Hilfe eines mineralischen Materials, das über das Speichern von Kondensat hinaus auch zur Schalldämpfung geeignet ist. Es besteht aus einem Gemisch hochporösen, feuchteabsorbierenden Mineralgranulats mit hellgrauem, verputzähnlichem Aussehen. Durch die Zugabe von Bindemitteln bleibt die Schutzschicht an den metallisch blanken oder beschichteten Oberflächen haften. Die Dicke der Beschichtung ist variabel und richtet sich in Abhängigkeit von der Absorptionsfähigkeit des Materials nach dem zu erwartenden Feuchteanfall. Als Orientierung kann bei einer Schichtdicke von 1 mm eine Absorption von 700 g/m2 bis 750 g/m2 angenommen werden. Im Gegensatz zu den Beschichtungen aus Faservlies ist bei mineralischen Stoffen eine Behandlung mit Fungiziden nicht erforderlich. Es gelten auch hier die oben aufgelisteten Voraussetzungen und Einschränkungen. Abb. 5.8: Ausführungsdetails bei Einsatz einer Antitropfbeschichtung 58 Abstand der Pfetten das Zehnfache der Pfettenhöhe, also das Größenverhältnis e : h = 10 :1, nicht unterschreiten (Abb. 5.8). Einsatz einer Vliesbeschichtung Wird bereits das Vormaterial mit einer Antitropfbeschichtung versehen, kommen Vliese auf Zellulosebasis zur Anwendung. Die Dicke des Vlieses beträgt mindestens 400 µm, seine Absorptionsleistung liegt dann bei 300 g/m2 mit einer durchschnittlichen Absorptions- bzw. Desorptionsgeschwindigkeit von 13 g/h/m2 bei 95 % Luftfeuchte. Das Faservlies ist mit einem Pilzschutzmittel zur Behinderung der Schimmelpilzbildung behandelt. Faservliese werden ausschließlich in Räumen mit unbelasteten und damit nicht aggressiven Raumbedingungen sowie bei sporadisch auftretender geringer oder mittlerer Luftfeuchtigkeit eingesetzt. Faservliese dürfen nicht eingesetzt werden in gefährdeten Innen- und Außenbereichen. Hierzu zählen: – Räume mit starker Präsenz von Menschen bzw. Tieren – Räume mit starker Bildung von Wasserdampf bzw. Dampf von ätzenden chemischen Stoffen – Räume mit kontrollierter Luftfeuchtigkeit, die zur Fertigung von Produkten erforderlich ist – Räume mit starker Staubbildung 5.3.1.2 Einschaliger Wandaufbau Beim einschaligen Wandaufbau kommen vorrangig vertikal angeordnete Well- und Trapezprofile zum Einsatz. Ihre Querschnittsgeometrie sollte so beschaffen sein, dass der zur Ablüftung des an der Wandinnenseite anfallenden Kondensats erforderliche Luftstrom vom Sockel zur Traufenöffnung im Bereich der Wandriegel möglichst nicht behindert wird. Das Entstehen von Kondensat an der Wandinnenseite ist unkritisch, da es an der Wand ablaufen und am Sockel nach außen austreten kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der übliche Mindestabstand zwischen dem Querrand des Wandelements und dem darunter angeordneten Sockelprofil mit mindestens 10 mm eingehalten ist (Abb. 5.8 b). 5.3.1.3 Ausführung mit Stahl-Sandwichelementen Als Alternative zur einschaligen Deckung, die eventuell Zusatzmaßnahmen gegen das Abtropfen entstehenden Kondensats an der Dachunterseite erfordert, können auch Stahl-Sandwichelemente eingesetzt werden. Voraussetzung ist aber, dass die Gebäudehülle im Hinblick auf eine mögliche Umnutzung in ein beheiztes Gebäude luftdicht hergestellt wird. Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen 5.3.2 Niedrig beheizte Werkoder Lagerhallen Nutzung: Werkhalle, Lagerhalle, Umschlaghalle Klimatisierung: niedrig beheizt: T = +12 °C < +19 °C, Luftfeuchte: < 50 % Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle trittfest Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder Stehfalzprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Wandsystem: zweischalig: Innenschale: Stahlkassettenprofil Dämmung: Mineralwolle halbsteif thermische Trennung: thermischer Trennstreifen Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder Fassadenprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Niedrig beheizte Lager- und Werkhallen sowie Umschlaghallen, die der Herstellung, Lagerung und dem Umschlag von Gütern dienen, gehören in der Regel zu den Gebäuden mit niedrigen Innentemperaturen ein Bereich von +12 °C ≤ T < +19 °C. Besondere Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz über die geltenden Vorgaben der DIN 4108 [2] und der Energieeinsparverordnung EnEV 2009 [3] hinaus sind bei dieser Art der Nutzung in der Regel nicht gegeben. Dennoch müssen auch hier die Anforderungen der Norm und der EnEV 2009 erfüllt werden, Wärmebrücken und die Bildung von Schwitzwasser im Innern zu vermeiden. 5.3.2.1 Zweischalige Konstruktionen Bei zweischaligen Dach- und Wandkonstruktionen werden zur Reduzierung von Wärmebrücken thermische Trennstreifen oder je nach Abb. 5.9: Thermische Trennung zwischen Kassettenaußengurt, Randaussteifungswinkel und Außenschale Erfordernis des Wärmeschutznachweises Zusatzdämmungen (Abb. 5.17) zwischen der Unteroder Distanzkonstruktion und der äußeren Deckschale eingebaut. Bei Stahlkassettenprofilen als Wandinnenschale geschieht dies, indem ein thermischer Trennstreifen zwischen den Kassettenobergurten und der Außenschale angeordnet wird. Dieser muss die Gesamtbreite der Gurte vollständig abdecken. Das gilt auch für Gurte oder Schenkel von eingebauten Randaussteifungsprofilen und Auswechslungen (Abb. 5.9). Außerdem ist die Dicke der Wärmedämmung so zu wählen, dass die Stahlkassettenprofile bis zu den thermischen Trennungen hin vollständig ausgefüllt sind. Das Gleiche gilt sinngemäß auch für den zweischaligen Dachaufbau. Die Dämmung sollte zur Vermeidung von Hohlräumen zweilagig und im Versatz verlegt werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die jeweils oberste Lage aus komprimierbarem Dämmfilz auszubilden, um das Entstehen von Hohlräumen unter der Deckschale, in denen in den Dachaufbau eingedrungene feuchtwarme Innenraumluft vagabundieren kann, zu vermeiden. Hierzu wird die Dämmung um ca. 20 mm dicker ausgelegt als erforderlich, was am Beispiel einer 120 mm dicken Dämmung wie folgt geschehen kann: Einsatz von Rollfilz: 1. Schicht mit d = 80 mm + 2. Schicht mit d = 60 mm = 140 mm Einsatz von zwei Schichten trittfester Mineralwollplatten in Kombination mit 1. Schicht aus Rollfilz: 1. + 2. Schicht mit je d = 50 mm + 3. Schicht mit d = 40 mm = 140 mm Auch für niedrig beheizte Gebäude ist die Dach- und Wandkonstruktion einschließlich aller Schnittstellen luftdicht herzustellen. Hierzu gehört, dass die Dampfsperrbahnen im ein- wie 59 Dokumentation 568 Abb. 5.10: Luftdicht hergestellte Dampfsperrüberdeckung mit beidseitig klebendem Band auch im zweischaligen Dachaufbau untereinander und an den Schnittstellen zu Dachrändern und Öffnungen luftdicht verklebt (Abb. 5.10) bzw. an die Innenseiten der benachbarten Bauteile angeschlossen sind. Bei niedrig beheizten Gebäuden ist eine kostengünstige PE-Folie mit einem sD-Wert > 100 m als Dampfsperre in der Regel ausreichend. Bei der zweischalig ausgebildeten Kassettenwand übernimmt das Stahlkassettenprofil selbst die Funktion der Dampfsperre. Hierzu werden zwischen den Kassettenstegen entlang der inneren Biegeschultern zum Kassettenuntergurt und an den Auflagern komprimierbare Dichtbänder eingebaut. Dabei ist darauf zu achten, dass die Bänder die Untergurtsicken der Profile vollständig ausfüllen. Ist dies nicht vollständig gegeben, müssen zuvor zusätzlich kleine Dichtbandstücke in die Sicken eingebaut werden, um die erforderliche Luftdichtheit herzustellen (Abb. 5.11). Luftdurchgang Stegdichtung Falsch Richtig Abb. 5.11: Zusatzmaßnahme zur Abdichtung von Untergurtsicken am Auflager des Kassettenprofils 60 5.3.2.2 Dach- und Wandaufbau aus Stahl-Sandwichelementen Bei Dach- und Wandkonstruktionen aus Sandwichelementen sind die Längsstoßüberdeckungen luftdicht herzustellen. Dies geschieht, indem man während der Montage Schubwerkzeuge einsetzt, die das Ineinanderschieben der Sandwichelemente entlang ihrer Längsränder erleichtern (Abb. 5.12). Während die Dampfsperre im Dachaufbau luftdicht an die Innenseiten der Wand-Sandwichelemente angeschlossen wird (Abb. 5.13), ist darauf zu achten, dass auch die Lücken zwischen den Längsstoßfugen der Sandwichelemente und den angrenzenden Bauteilen mit Dichtstoff oder kleinen Dichtbandstücken luftdicht verschlossen werden (Abb. 5.14). 5.3.3 Normal beheizte Gebäude Nutzung: Werkhalle, Bürogebäude, Versammlungsstätte Klimatisierung: normal beheizt: T ≥ +19 °C, Luftfeuchte: > 50 % Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle trittfest Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder Stehfalzprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Wandsystem: zweischalig: Innenschale: Stahlkassettenprofil Dämmung: Mineralwolle halbsteif thermische Trennung: mind. 40 mm Dämmstoff auf den Obergurten Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder Fassadenprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Abb. 5.12: Setzen eines Sandwichelementes mit Hilfe einer Schubvorrichtung Normal beheizte Gebäude, dazu gehören z. B. Bürobauten (Abb. 5.15), dienen dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Die Innenraumtemperaturen liegen zumindest bei +19 °C, bei Bürogebäuden in der Regel bei ca. +20 °C, und dies bei einer relativen Innenraumfeuchte von 50 % bis 60 %. Da die Gebäude zum permanenten Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, muss auch die Anforderung einer gewissen Behaglichkeit erfüllt werden. Damit ist neben der Herstellung der dauerhaften Luftdichtheit der Gebäudehülle und der Vermeidung von Wärmebrücken auch die an den Dachund Wandinnenschalen sich einstellende Oberflächentemperatur von besonderer Bedeutung. Eingebautes Dichtband Anschluss der Dampfsperre Abdichtung der Querstoßüberdeckung Abb. 5.13: Luftdichte Anbindung der tragenden Dachunterschale an eine Attika aus Stahl-Sandwichelementen Im Dachaufbau Am Sockel Abb. 5.14: Luftdichter Abschluss des Spalts zwischen Sandwichelementlängsfuge und dem angeschlossenen Bauteil mit Dichtstoff oder Dichtband 61 Dokumentation 568 5.3.3.1 Zweischalige Konstruktionen Die hohen Anforderungen an den Feuchteund Wärmeschutz in normal beheizten Gebäuden führen dazu, dass die bei zweischaligen Konstruktionen niedrig beheizter Gebäude üblichen thermischen Trennstreifen zwischen der Unter- oder Distanzkonstruktion und der äußeren Deckschale zur Reduzierung der Wärmebrücken nicht mehr ausreichend sind. Um die Entstehung von Schwitzwasser zu vermeiden, ist es erforderlich, auf die Kassettenobergurte eine zusätzliche Wärmedämmschicht von mind. d = 40 mm aufzubringen. Hierzu stehen halbsteife Mineralwollelemente zur Verfügung, die die Obergurte der Stahlkassettenprofile umfassen und damit die Wandaußenschale auf Abstand halten. Die Verbindung der Außenschale an die Kassettenobergurte erfolgt mit Spezialschrauben durch die Dämmung hindurch in die Obergurte der Stahlkassettenprofile. Diese Schrauben besitzen über der Bohrspitze einen abstützenden Bund, wodurch die Kippsicherung der Obergurte trotz des Abstandes zur Außenschale noch gegeben ist (Abb. 5.17). Ist auch diese Art des Wandaufbaus zur Erreichung des geforderten Wärmeschutzes nicht mehr ausreichend, werden Sonderkonstruktionen erforderlich. Als Dampfsperren erweisen sich für normal beheizte Gebäude selbstklebende und mit Aluminium verstärkte Butylbahnen und traditionelle Bitumen-Schweißbahnen als zuverlässigere Materialien. Sie lassen sich fehlerfrei im Bereich von Schnittstellen anschließen. Abb. 5.15: Bürogebäude mit Fassade aus Stahlpaneelen Abb. 5.16: Temperaturverlauf im Fugenbereich eines Stahl-Sandwichelements In solchen Fällen ist der Einsatz von Stahl-Sandwichelementen bei hoher Fugendichtheit von Vorteil (Abb. 5.16). Das Bild zeigt anhand des Temperaturverlaufs auf der Innenseite, dass bei einer nach dem Stand der Technik luftdichten Fuge keine nennenswerten Wärmebrücken vorhanden sind. 5.3.3.2 Dach- und Wandaufbau aus Sandwichelementen Besteht der Dach- und/oder Wandaufbau aus Stahl-Sandwichelementen, sind über die Ermittlung der ausreichenden Dämmdicke hinaus Abb. 5.17: Dämmstoffplatte zur Einbettung der Kassettenaußengurte in die Dämmebene Gedämmte Außengurte 62 Bundschraube zur Kippsicherung der Außengurte Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Abb. 5.18: Bauphysikalischer Schichtenaufbau bei Dach und Wand bei beheizten Gebäuden Abb. 5.19: Schichtenaufbau bei Dach und Wand in Abhängigkeit von der Nutzung und unter Beachtung der in Kapitel 5.2 vorgestellten Detaillösungen keine weiteren Maßnahmen zur Gewährleistung des Wärme- und Feuchteschutzes erforderlich. Bei der Ausführung von Dach- und Wandkonstruktionen sind auch die im Rahmen des Kapitels 5.3.2 vorgestellten Anschluss- und Abdichtungsmaßnahmen zu beachten. Auf eine fachgerechte Montage, die eine nach dem Stand der Technik dauerhafte Dichtheit der Fuge garantiert, sei nochmals ausdrücklich hingewiesen. 5.4.1 Kühlhäuser 5.4 Aus der Nutzung herzuleitende Sonderausführungen Über die Art der Beheizung von Gebäuden und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Ausführung von Dach- und Wandaufbauten hinaus gibt es einige Arten von Gebäudenutzungen, die besondere Innenklimata zur Folge haben. Im Hinblick auf den erforderlichen Wärme- und Feuchteschutz sind dann zusätzliche Überlegungen zur Ausbildung von Dachund Wandaufbau anzustellen. Während der Dach- und Wandaufbau für beheizte Gebäude grundsätzlich aus einer innenliegenden Dampfsperrschicht, gefolgt von einer Dämmschicht und einer Deck- oder Abdichtschicht (Abb. 5.18) besteht, kann sich dieser Schichtenaufbau je nach der Art der Nutzung des Gebäudes und in Abhängigkeit von der Klimatisierung im Innern grundlegend ändern (Abb. 5.19). Nutzung: Kühlhaus, Tiefkühlhaus, Gemüselager, Käserei Klimatisierung: temperiert: T = +4 °C > –8 °C, Luftfeuchte: bis zu 95 % tiefgekühlt T bis hinab zu –30 °C, Luft entfeuchtet Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil 1. Dampfsperre: Bitumen-Schweißbahn (entfällt beim Tiefkühlhaus) Dämmung: Mineralwolle trittfest 2. Dampfsperre: Bitumen-Schweißbahn Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Die Eignung ist in jedem Einzelfall zu prüfen alternativ: Stahl-Sandwichelement nur bei temperierten Lagern oder im Inneneinsatz Wandsystem: zweischalig: nicht geeignet alternativ: Stahl-Sandwichelement Kühlhäuser, insbesondere Tiefkühlhäuser mit Betriebstemperaturen von bis zu –30 °C, stellen ganz besondere Anforderungen an die Planung und Ausführung von Dach- und Wandkonstruktionen. Drei gebräuchliche Arten der Nutzung als Kühlhaus sind zu unterscheiden: – Kühlzelle innerhalb eines Gebäudes – Tiefkühllager – Reifelager, Gemüselager, Käserei 63 Dokumentation 568 Abb. 5.20: Raumabschluss bei Kühlhausbauten 5.4.1.1 Kühlzelle innerhalb eines Gebäudes Kühlzellen können innerhalb von Lagerund Umschlaghallen eingebaut werden, so dass ihre Decken und Wände unabhängig von der Gebäudehülle erstellt werden. Sie sind deshalb äußeren Belastungen wie Niederschlag, Wind und Sonneneinstrahlung nicht ausgesetzt. Für die Bemessung von Decke und Wand einer Kühlzelle sind nur deren Eigenlast, Druckdifferenzen und die Innenraumtemperaturen der Zelle selbst gegenüber den im sie umgebenden Gebäude herrschenden Temperaturen maßgebend. Aus diesem Grund werden für Kühlzellen häufig Baukonstruktionen mit hohen, unbelasteten Trennwänden und lediglich durch Abb. 5.21: Tiefkühllager mit Knitterfalten in den äußeren Deckschalen infolge höherer Außentemperaturen 64 Inspektionslasten belastete Deckenkonstruktionen aus Stahl-Sandwichelementen (Abb. 5.20 a) gefordert. Gelegentlich sind auch großformatige freitragende Kühlkanäle auszuführen, deren Wände und Decken aus Sandwichelementen bestehen sollen. Für diese Anwendungsvarianten liegen bislang keine baurechtlichen Regelungen vor, so dass ihr Einsatz nur unter Abweichung von den in den Zulassungsbescheiden des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) definierten Anwendungsbereichen vorgenommen werden kann. Sofern es sich um Sandwichelemente mit Polyurethan-Hartschaumkern mit gesicherter Qualität handelt und keine extremen Anforderungen vorliegen, kann die Tragsicherheit näherungsweise anhand der im Zulassungsbescheid protokollierten Materialdaten kombiniert mit elementaren Regeln der Statik nachgewiesen werden. Vorsicht ist immer geboten bei Sandwichelementen mit Mineralfaserkern. In den Fällen, in denen mit konzentrierten Lasten – z. B. beim häufigen Begehen von Deckenplatten – zu rechnen ist, ist zu berücksichtigen, dass die Fasern des Mineralwollkerns infolge „Overpressing“ in den Randzonen zu den Deckschalen brechen können. Dadurch geht die erforderliche Verbundwirkung und damit wiederum die Tragfähigkeit verloren. 5.4.1.2 Tiefkühlhaus In den meisten Fällen werden Gebäude errichtet, die insgesamt als Kühl- oder Tiefkühlzelle genutzt werden. Hierbei sind neben den äußeren Einwirkungen wie Niederschlag, Wind und Außentemperaturen die jeweils mit der Nutzung als Kühl- oder Tiefkühlzelle verbundenen Betriebstemperaturen von bis zu –30 °C zusätzlich zu berücksichtigen. Während der Wandaufbau für diese Bauwerke in der Regel aus Sandwichelementen mit Stahldeckschalen und einem Kern aus Polyurethan-Hartschaum gebildet wird, kommt als Dachaufbau ein Einschalendach mit oberseitiger Dämmung und Dachabdichtung zur Anwendung. Bei der Planung des Schichtenaufbaus für Tiefkühlhäuser ist grundsätzlich zu beachten, dass die warme Seite der Gebäudehülle aufgrund der extrem niedrigen Innentemperaturen in aller Regel außen liegt. Folglich ist der Schichtenaufbau gegenüber einem beheizten Gebäude umzukehren mit der Folge, dass im Dach die Dampfsperre außen anzuordnen ist (Abb. 5.19 b). Bei entsprechender Farbgebung der Außenwand ergibt sich während der warmen Jahreszeit leicht eine Temperaturdifferenz von ca. 100 °K. Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Hieraus resultiert für den Wandaufbau aus Sandwichelementen (Abb. 5.20 c) die Notwendigkeit, die Konstruktion so zu gestalten, dass unter der außen stattfindenden Temperaturerwärmung keine Knitterfalten in den äußeren Deckschichten der Sandwichelemente entstehen können (Abb. 5.21). Bei der Vertikalverlegung hat die Verbindung der Sandwichelemente mit ihren Auflagern, also den Wandriegeln, so zu erfolgen hat, dass sich die tragenden Stützen unter der Abkühlung im Innern verkürzen können – ohne Abstützung an den Wandelementen und ohne Einleitung von Längskräften in die Wandelemente. Dazu müssen die Sandwichelemente über Agraffen, die das vertikale Schieben zwischen Wandelement und Wandriegel ermöglichen, mit diesen verbunden werden (Abb. 5.22). Die Agraffen ermöglichen auch ein horizontales Spiel, was bei richtiger Abstimmung zwischen den einzelnen Riegellagen eine effektive Minderung der Sandwichbeanspruchung infolge der Temperaturdifferenzen zur Folge hat. Eine Alternative zur Agraffenlagerung stellt die Anordnung einer Vorsatzschale, z. B. aus Trapezprofilen, dar (Abb. 5.20 b), die die thermische Beanspruchung der Wand erheblich reduziert. Dies wird dann bei der Bemessung der Sandwichelemente entsprechend berücksichtigt. Häufig wird auch mit Erfolg versucht, die Temperaturzwängungen durch eine statisch bestimmte Lagerung der Sandwichelemente als Einfeldträger zu umgehen. Die Elemente werden dann horizontal von Stütze zu Stütze verlegt. Hierbei ist dann bei der luftdichten Gestaltung aufgrund der zahlreichen Querstoßfugen ein Mehraufwand zu berücksichtigen. 5.4.1.3 Reifelager, Gemüselager, Käserei Eine Sonderform der Kühlhäuser und eine besondere Herausforderung an Planer und Ausführende stellen temperierte Läger wie Gemüseläger und Käsereien dar. Zu den Betriebstemperaturen von ca. 0 °C bis +4 °C kommen auch noch ungewöhnlich hohe Luftfeuchten von 75 % bis 95 % hinzu. Da bei dieser Art der Nutzung die warme Seite je nach Jahres-, Tag- oder Nachtzeit einmal innen und dann wieder außen liegen kann, sind im zweischaligen Dachaufbau zwei hinsichtlich ihres Sperrwerts aufeinander abgestimmte Dampfsperren anzuordnen – eine innen und eine außen (Abb. 5.19 c). Die Dämmdicke muss so berechnet werden, dass eine Kondensatbildung unterhalb der Dampfsperre ausgeschlossen werden kann. Kräftespiel Z = A*(a+b) / a D= A*b/a a = Hebelarm nach Maßgabe der Begrenzung der Druckspannungen im Schaum s = Spiel nach Maßgabe der Verformungen des Sandwichelements unter Temperaturbelastung v = Verformung des Wandriegels unter dem Kälteschrumpfen der Unterkonstruktion Abb. 5.22: Agraffenlagerung für Sandwichelemente im Tiefkühlhausbau 5.4.2 Sport- und Versammlungsstätten Nutzung: Turnhalle Klimatisierung: niedrig beheizt: T = 15 °C, Luftfeuchte: 60 %–75 % Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle trittfest Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder Stehfalzprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Wandsystem: zweischalig: Innenschale: Stahlkassettenprofil Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest, halbsteif thermische Trennung: thermischer Trennstreifen Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder Fassadenprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement 65 Dokumentation 568 5.4.3 Druckereien, Papierfabrikation Abb. 5.23: Geschlossene Sporthalle Sportstätten (Abb. 5.23) stellen eine weitere besondere Nutzungsart dar mit vergleichsweise niedrigen Innentemperaturen von ca. +15 °C und temporären Luftfeuchten von ca. 60 % bis 75 %. Daher sind im Hinblick auf die Lüftung solcher Innenräume besondere Maßnahmen zu planen, auszuführen und zu überwachen. Dies liegt darin begründet, dass die Sportstätten nach ihrer Nutzung bis in die späten Abendstunden rundum abgeschlossen werden, ohne zuvor ausgelüftet worden zu sein. Die entstandene Raumfeuchte verbleibt im Innern. Das kann in den frühen Morgenstunden und der dabei auftretenden Nachtabkühlung der Außenluft an vorhandenen Wärmebrücken, wie z. B. an den Ausrahmungen von Oberlichtern, zur Entstehung von Kondensat führen, das auf den Sportboden tropft. Das Pflichtenheft für den Bauherren muss daher verbindliche Hinweise zur Nutzung und regelmäßigen Wartung der Halle enthalten. Abb. 5.24 a (links): Befeuchtungsanlage in Druckereibetrieb Abb. 5.24 b (rechts): Schwitzwasserbildung infolge unzureichender Dämmung der Türausrahmung 66 Nutzung: Druckereibetrieb, Papierherstellung Klimatisierung: normal beheizt: T = konstant 20 °C, Luftfeuchte: konstant 50 % Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle trittfest Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder Stehfalzprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Wandsystem: zweischalig: Innenschale: Stahlkassettenprofil Dämmung: Mineralwolle halbsteif thermische Trennung: Dämmstoff auf den Obergurten Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder Fassadenprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Um die Formstabilität von Papier, insbesondere die Reißfestigkeit, während der Herstellung und Verarbeitung zu gewährleisten, sind Papierfabriken und Druckereien in der Regel auf eine konstante Innenraumtemperatur von ca. +20 °C bei einer Luftfeuchte von ca. 50 % zu klimatisieren. Um die geforderte konstante Luftfeuchte halten zu können, werden oft Luftbefeuchter eingesetzt (Abb. 5.24 a). Unterhalb der Dachschale angeordnet, sprühen sie feine Wassernebel in die Halle. Dies erfordert besondere Aufmerksamkeit bei Planung und Herstellung der Luft- bzw. Dampfsperren zur Verhinderung von Konvektion oder auch Dampfdiffusion in Dach- und Wandaufbau. PE-Folien eignen sich aufgrund der oftmals schwierigen Verarbeitung vor Ort nicht dazu. Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Da durch die ständige Befeuchtung der Raumluft am Übergang zu Dach und Wand relative Luftfeuchten von deutlich mehr als 50 %, lokal sogar bis zu ca. 90 %, auftreten können, sind Außenwandkonstruktionen mit Kassettenprofilen nur unter zusätzlicher Dämmung der Obergurte einsetzbar. Aus dem gleichen Grund muss unbedingt auf die Ausbildung wärmebrückenreduzierter Schnittstellen in den Dachund Wandrandbereichen sowie an den Ausrahmungen für Dach- und Wandöffnungen geachtet werden, um Schwitzwasserbildung zu vermeiden (Abb. 5.24 b). Auf die luftdichte Gestaltung der Innenschale muss gesondert hingewiesen werden. 5.4.4 Schwimmbäder und Schlachtbetriebe Nutzung: Schwimmhalle, Schlachterei Klimatisierung: Schwimmbad: normal beheizt: T = 25 °C, Luftfeuchte: 75 %–80 % Schlachtbetrieb: niedrig beheizt: T < 19 °C, Luftfeuchte: bis 90 % Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle trittfest Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn, BitumenSchweißbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder Stehfalzprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Wandsystem: zweischalig: nicht geeignet alternativ: Stahl-Sandwichelement Abb. 5.25: Schlachthof mit hoher Luftfeuchte bei niedrigen Temperaturen Bei dieser Art der Nutzung von Gebäuden fallen besonders hohe Luftfeuchten in den Innenräumen an. Während in Schwimmbädern in der Regel Innenraumtemperaturen von ca. +25 °C bei Luftfeuchten von 75 % bis 80 % vorzufinden sind, können in Schlachtereien bei niedrigeren Temperaturen im Zuge der täglichen Innenreinigung noch wesentlich höhere Luftfeuchten anfallen (Abb. 5.25). Aus diesem Grund sind Wandaufbauten aus Sandwichelementen mit Polyurethan-Hartschaumkern wegen der besseren Beherrschbarkeit von Wärmebrücken für diesen Einsatzzweck besser geeignet. Neben der Beachtung bauphysikalischer Belange sind auch zusätzliche Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf einen ausreichenden Korrosionsschutz der einzelnen Bauteile erforderlich. Hallenschwimmbäder und Schlachtbetriebe können im Bereich der Metalldachkonstruktion Atmosphären mit erhöhter Konzentration von Chlorionen aufweisen, was eine besondere Beanspruchung aller zu Spannungsrisskorrosion neigenden Bauelemente, wie z. B. der Schrauben, hervorruft. Bereiche, die nicht regelmäßig durchlüftet werden, können zudem hohe Feuchtekonzentrationen aufweisen, was bei der Heizung und der Belüftung des Hallenraumes besonders zu berücksichtigen ist. Das Innere von Schlachtereien wird außerdem durch Wasser in Verbindung mit korrosionsfördernden Desinfektionsmitteln belastet. Deshalb ist eine regelmäßige Ablüftung der Bauelementoberflächen zwingend erforderlich. 67 Dokumentation 568 5.4.5 Gießereien und Ziegeleien Abb. 5.26: Zwängungsfreie Endauflagerung von Kassettenprofilen zur Vermeidung von Verformungen in der Fläche Nutzung: Gießhalle, Ziegelherstellung Klimatisierung: Gießhalle: Prozesswärme T = 35 °C–40 °C, Luftfeuchte: bis 90 % Ziegelei: Prozesswärme T = 35 °C–40 °C, Luftfeuchte: << 50 % Dachsystem: einschalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle trittfest Oberschale: Dachabdichtung zweischalig: Unterschale: Stahltrapezprofil Dampfsperre: PE-Folie, mit Aluminium verstärkte selbstklebende Bitumenbahn Dämmung: PU-/PS-Platte, Mineralwolle als Filz oder trittfest Oberschale: Stahltrapez-, Klemmfalz- oder Stehfalzprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Wandsystem: zweischalig: Innenschale: Stahlkassettenprofil Dämmung: Mineralwolle halbsteif thermische Trennung: kann ggf. entfallen Außenschale: Stahltrapez-, Well- oder Fassadenprofil alternativ: Stahl-Sandwichelement Bei der Ziegelfabrikation sorgen die eingesetzten Brennöfen fortlaufend für hohe Innenraumtemperaturen von 35 °C bis 40 °C, dies allerdings bei einer vergleichsweise niedrigen Innenraumfeuchte. Demgegenüber treten bei Gießereien aufgrund der Fertigungsabläufe zwar ähnlich hohe oder gar höhere Innenraumtemperaturen auf, aber immer gepaart mit hohen und stoßweise auftretenden Luftfeuchten. Aufgrund der hohen Temperaturen kann es auch zu einer extrem hohen Temperaturstrahlung kommen, von der insbesondere die Dachunterschale betroffen ist. Deshalb sind schon in der Planung bei der Auswahl der Materialien für die Dach- und Wandinnenschalen die auftretenden hohen Temperaturen im Hinblick auf die Lagerung und Befestigung dieser Materialien besonders zu berücksichtigen. Treten z.B. in Ziegeleien in Wandnähe hohe Temperaturen auf, hervorgerufen durch laufende Brennöfen, kann es erforderlich sein, Bauteile verschieblich zu lagern (Abb. 5.26 a). So wird die ungehinderte Ausdehnung unter hoher Betriebstemperatur ermöglicht und Schäden in Form von bleibenden Verformungen in den Oberflächen der Innenschalen (Abb. 5.26 b) oder gar das Abscheren von Verbindungselementen werden verhindert. Bei Gießereien ist aufgrund der stoßweise auftretenden hohen Luftfeuchten in Verbindung mit extrem hohen Temperaturen außerdem auf die Auswahl des passenden Korrosionsschutzsystems zu achten. 5.5 Übersicht über die Anwendungsgebiete und Vergleich der Kosten der verschiedenen Dach- und Wandaufbauten 5.5.1 Übersicht über die Anwendungsgebiete von Dach- und Wandaufbauten Zur besseren Übersicht werden die oben beschriebenen und an der Nutzung der Gebäude orientierten Dach- und Wandaufbauten (Abb. 5.27, 5.28) sowie die hierfür zu empfehlenden Dampfsperrmaterialien (Abb. 5.29) noch einmal tabellarisch zusammengefasst dargestellt. Dabei handelt es sich um das Ergebnis langjähriger Erfahrungen. Im Einzelfall können begründet auch andere Schichtenaufbauten oder Materialien mit Erfolg eingesetzt werden. 68 Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen Nutzung Temperatur/Luftfeuchte Lagerhalle/Vordach Einschalig, ungedämmt Einschalig, gedämmt Zweischalig, gedämmt • Sandwich • +12 °C < +19 °C/< 50 % • • • ≥ +19 °C/> 50 % • • • Kühlhaus • Versammlungs-/Sportstätte • • • Druckerei/Papierfabrikation • • • Schwimmbad/Schlachtereibetrieb • • • Gießerei/Ziegelei • • • Einschalig, gedämmt Zweischalig, gedämmt Sandwich Nur innen Abb. 5.27: An der Nutzung orientierte Dachaufbauten Nutzung Temperatur/Luftfeuchte Lagerhalle/Vordach Einschalig, ungedämmt • +12 °C < +19 °C/< 50 % • • ≥ +19 °C/> 50 % • • Kassette Zusatzdämmung • Kühlhaus • Versammlungs-/Sportstätte • • Druckerei/Papierfabrikation Kassette Zusatzdämmung • Schwimmbad/Schlachtereibetrieb • Gießerei/Ziegelei • • • Abb. 5.28: An der Nutzung orientierte Wandaufbauten Nutzung Temperatur/Luftfeuchte PE-Folie Selbstklebende Alu-Butylbahn Lagerhalle/Vordach • • +12 °C < +19 °C/< 50 % • • ≥ +19 °C/> 50 % • Kühlhaus Versammlungs-/Sportstätte BitumenSchweißbahn • • • • Druckerei/Papierfabrikation • • Schwimmbad/Schlachtereibetrieb • • Gießerei/Ziegelei • • Abb. 5.29: An der Nutzung orientierte Dampfsperren 69 Dokumentation 568 Nutzung Temperatur/Luftfeuchte Lagerhalle/Vordach Dach, einschalig Dach, gedämmt, einschalig Folie Dach, gedämmt, zweischalig • +12 °C < +19 °C/> 50% Wand, einschalig Dach Sandwich Wand Sandwich Kosten Index* • • 75 95 • • 100 113 101 • • • • 123 135 120 • 145 • • 100 101 • • • 123 120 • • • 123 120 • • 100 101 • • 100 101 • • • ≥ +19 °C/> 50% Wand, gedämmt, zweischalig • • • nicht möglich • Kühlhaus • Versammlungs-/ Sportstätte • Druckerei/ Papierfabrikation • Schwimmbad • Schlachtereibetrieb Ziegelei Gießerei • • • • nicht möglich nicht möglich • • • 75 * Bei diesen Zahlen handelt es sich ausschließlich um auf ein Referenzgebäude bezogene Richtwerte. Abb. 5.30: Kostenvergleich zwischen Gebäuden mit an der Nutzung orientierten Dach- und Wandaufbauten 70 5.5.2 Vergleich der Kosten von Gebäuden mit an der Nutzung orientierten Dach- und Wandaufbauten Dass es sich beim Stahlleichtbau um eine besonders wirtschaftliche Bauweise handelt, ist mittlerweile in ausreichendem Maße dadurch belegt, dass im Wirtschaftshochbau nahezu alle Dachaufbauten mit mindestens einer Dachschale aus Stahlleichtbauprofilen erstellt werden. Bei den Dächern mit oberer Dachabdichtung in Form von Folien oder Metalltafeln besteht die tragende Dachunterschale in der Regel aus von Binder zu Binder freispannenden Stahltrapezprofilen, gelegentlich auch aus Stahlkassettenprofilen, während Pfettendächer mit Stahl-Sandwichelementen eingedeckt werden. Im Wandaufbau finden zweischalige Wandaufbauten mit von Stütze zu Stütze spannenden Stahlkassettenprofilen als tragender Wandinnenschale sowie Stahl-Sandwichelemente gegenüber solchen in Massivbauweise zunehmend Anwen- dung. Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der nachfolgende Kostenvergleich auf die Unterschiede zwischen den oben im Einzelnen beschriebenen und für die verschiedenen Nutzanwendungen der Gebäude einsetzbaren Dachund Wandaufbauten. Als Referenzgröße (100 %) wird ein normal beheiztes (T > +19 °C) Gebäude mittlerer Größe mit flach geneigtem Satteldach und folgenden Abmessungen gewählt: Länge = 61 m Breite = 25 m Höhe = 6 m Dachneigung = 10 ° Da die Größe und die Anzahl von Wandöffnungen durch die Nutzanwendung des Gebäudes bestimmt sind, wird für den Kostenvergleich auf die Berücksichtigung von Wandöffnungen und das hierfür erforderliche Zubehör verzichtet (Abb. 5.30). Effizient und wirtschaftlich – nutzungsorientiertes Bauen 5.6 Zusammenfassung 5.7 Literaturangaben Vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an den Wärme- und Feuchteschutz, so wie sie in der DIN 4108 und den zwischenzeitlich bauaufsichtlich eingeführten Energieeinsparverordnungen vorgegeben sind, kommt im Hinblick auf das nachhaltige Bauen der an der Nutzung des Bauwerks orientierten Vorplanung besondere Bedeutung zu. Neben den Maßnahmen zum Erreichen der erforderlichen Tragsicherheit und der damit verbundenen Auswahl des hierfür erforderlichen Korrosionsschutzes von Stahlleichtbauelementen nimmt der Wärmeund Feuchteschutz inzwischen eine gleichgewichtige Position im Baugeschehen ein. Die zukünftige Nutzung eines Gebäudes ist damit Richtschnur für die Auswahl des für Dach und Fassade einzusetzenden Systems. Hier erweist sich die Stahlleichtbauweise als besonders flexibel. Für die unterschiedlichsten Nutzanwendungen stehen für den Dach- und Wandaufbau Leichtbauelemente aus oberflächenveredeltem Stahlblech zur Verfügung, die mit der Erfüllung der Nutzungsanforderung zugleich auch eine besonders wirtschaftliche Alternative zu anderen Bauweisen darstellen. Dass Stahlleichtbauelemente in herausragender Weise geeignet sind, die gestiegenen Anforderungen an die Bauweisen gerade auch im Sinne des nachhaltigen Bauens zu erfüllen, beweisen die vielfältigen Einsatzgebiete (Abb. 5.31), in denen Dach- und Wandelemente aus Stahlblech dank ihrer besonderen Eigenschaften zur Anwendung kommen. [1] Fachregeln des Industrieverbands für Bausysteme im Metallleichtbau e. V. (IFBS), Düsseldorf [2] DIN 4108 „Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden“ – Teil 1 bis 10; Beuth Verlag GmbH, Berlin [3] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV) vom 30.04.2009, BGBL. I 5.8 Bildquellen Abb. 5.1, 5.7, 5.9 bis 5.15, 5.21, 5.23 bis 5.26: Hans Pöter Abb. 5.2: Zeman Bauelemente Produktionsgesellschaft mbH Abb. 5.5, 5,6: Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e.V. (IFBS) Abb. 5.16: Mainka/Paschen: Wärmebrückenkatalog Abb. 5.17: Saint-Gobain Isover G+H AG Abb. 5.31 a: Hammersen Elementbau GmbH & Co. KG, Osnabrück Abb. 5.31 b: EJOT Holding GmbH & Co. KG, Bad Berleburg a Abb. 5.31: Stahlleichtbauelemente im Einsatz für unterschiedlichste Nutzanwendungen a) Werkhallen, b) Festspielhaus Bregenz b 71 Dokumentation 568 6 Integrativ und anpassungsfähig – Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Prof. Dr.-Ing. Helmut Hachul 6.1 Einleitung Bei der Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau sind zwei Parameter für eine erfolgreiche Umsetzung besonders entscheidend: die konstruktiven Grundlagen der jeweiligen Bauweise sowie die ästhetische Auseinandersetzung mit der geplanten Fassadenoberfläche. Während die technologischen Anforderungen in der Regel umfassend beschrieben sind und ihren Niederschlag in technischen Regelwerken und Empfehlungen finden (vgl. Literatur), stellt die Frage der konkreten Fassadenausgestaltung die Planer oft vor große Herausforderungen. Die zu gestaltenden Flächen von Industrieund Gewerbehallen weisen einerseits Abmessungen auf, deren Größe in der klassischen Fassadengestaltung selten vorkommt (Abb. 6.1), andererseits erfordern die oft dominanten Kubaturen ein hohes Maß an Durchgestaltung. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Gliederung über sichtbare Gesimse, Vorsprünge oder Fenster oft nicht stattfinden kann. Da im Stahlleichtbau zudem Korrosionsschutzmaßnahmen gefordert sind, stellt sich dem Planer ferner die Frage nach der Ausführung der äußersten Lage – der Farbbeschichtung. In diesem Beitrag soll vor allem der Aspekt der Fassadengestaltung untersucht werden. Nach einer kurzen Übersicht über die konstruktiven Ausbildungen moderner Bauelemente und die damit einhergehenden strukturellen Ordnungen folgen Vorschläge zur gestalterischen Herangehensweise. Damit der Planer im jeweiligen architektonischen Umfeld zur passenden Lösung finden kann, steht weniger ein gestalterisches Dogma als vielmehr das Aufzeigen potenzieller Ausführungsmöglichkeiten im Vordergrund. 6.2 Bausysteme im Stahlleichtbau Die Ausbildung von Fassaden im Industrieund Gewerbebau erfolgt in erster Linie unter wirtschaftlichen Aspekten. Außenbauteile aus Stahlblech haben sich durchgängig qualifiziert, da sie vielfältige Vorteile in sich vereinen, u. a.: – Lastabtragung und Wetterschutz – Minimierung der Unterkonstruktion – geringes Gewicht – große Lieferlängen – schnelle Montage – hohe Maßhaltigkeit – erprobte Bausysteme – hohe Korrosionsbeständigkeit Abb. 6.1: Die Kubaturen von Industrie- und Gewerbebauten sind nicht das Werk eines Künstlers, sondern ergeben sich pragmatisch aus den jeweiligen Nutzungsparametern 72 Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Das 1829 von Palmer patentierte Wellprofil bildet die Keimzelle der leichten Wand- und Dachbauteile. Durch die einfache Wellung des Stahlblechs vergrößert sich die konstruktive Höhe der Oberfläche: Gegen Biegung ist nun nicht allein die Blechdicke aktiv, sondern der neue, gewellte Querschnitt (Abb. 6.2). Dermaßen konstruktiv ertüchtigt, kann das Bauteil selbst zur Lastabtragung eingesetzt werden, während es zusätzlich die Rolle der wetterfesten Gebäudehülle übernimmt. Wenngleich die homogene Wellenform statisch noch nicht das Optimum darstellt, hat es als Wegbereiter dem Stahlleichtbau doch zum Durchbruch verholfen. In der Bündelung der Parameter Lastabtragung und Gebäudehülle, die mit einer leichten Herstellbarkeit einhergehen, liegt der Erfolg der leichten Bauteile aus Stahlblech begründet. Als einlagiges, selbsttragendes Element wird das Wellprofil in horizontaler oder vertikaler Anordnung nur noch selten verbaut, häufiger ist es als äußere Schicht von Sandwichelementen zu finden. Wellprofile können versetzt oder mit übereinanderliegenden Querstößen angeordnet werden. Zur Vermeidung von Fugenklaffungen bei Überlappungen können vertikale Trennprofile (Lisenen, Abb. 6.3) an den Querstößen eingesetzt werden. Die Baubreite beträgt 800 bis 1.064 mm bei Höhen von 18 bis 55 mm. Durch die gleichmäßige Wellenform kommt es zu einem weichen optischen Übergang zwischen Ober- und Untergurt, was der Fläche ein waschbrettartiges Erscheinungsbild gibt (Abb. 6.4). Licht- und Schattenflächen sind annähernd gleich groß. Wie bei anderen horizontal angeordneten Baugliedern muss die Problematik des Oberflächenwassers beachtet werden, das je nach Helligkeit der Oberfläche und Luftschadstoffen zu sichtbaren Verlaufsspuren führen kann. Abb. 6.3: Wellprofil auf Kassettenwand. Die horizontale Verlegung macht eine vertikale Unterkonstruktion erforderlich, hier Hutprofile. Um Klaffungen an der Querfuge zu vermeiden, empfiehlt sich der Einbau einer vertikalen Lisene. Abb. 6.4: Vertikal und horizontal verlegtes Wellprofil. Durch die sinusförmige Welle sind helle und schattige Bereiche klar getrennt und bilden ein ausgewogenes Verhältnis. Abb. 6.2: Vom aufgeschnittenen Rohr zur Welle: Durch den Versatz der Hälften entsteht eine durchgängige und tragende Haut. Die Biegetragfähigkeit ist bedingt durch die Geometrie noch nicht optimal. An steigende Anforderungen wie Energieeinsparung und Nachhaltigkeit lassen sich Gebäudehüllen aus Stahlfeinblech bestens anpassen, somit werden sie auch künftig wesentliche Elemente im Industrie- und Gewerbebau darstellen. Um die prinzipiellen Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen, werden nachfolgend die gängigen Systeme kurz beschrieben. 6.2.1 Wellprofile 73 Dokumentation 568 6.2.2 Trapezprofile Trapezprofile stellen die statisch schlüssige Weiterentwicklung der Wellprofile dar. Die Steigerung der Tragfähigkeit, die eine Vergrößerung der Spannweite und damit auch eine Reduktion von Nebenträgern zur Folge hat, geht in erster Linie auf die statische Optimierung der Geometrie zurück (Abb. 6.5). Geschickt wird die leichte Verformbarkeit des Stahlblechs dahingehend ausgenutzt, dass die Materialkonzentration überwiegend in den hochbelasteten Zugund Druckzonen stattfindet. Beachtlich ist die Höhenentwicklung der Profile in den letzten Jahrzehnten: Von anfänglichen 70 mm bis hin zu 210 mm (Abb. 6.6) bei heutigen Systemen geht die Profilhöhe linear mit einer Steigerung der Spannweite einher. Solchermaßen optimiert, lassen sich Felder von 10 m Länge mühelos überspannen. Hohe Trapezprofile aus Stahlfeinblech werden heute meist als tragende Lage eines Warmdaches verbaut. Geringer profilierte Trapezprofile bilden meist die äußere Schicht von Kassettenwandsystemen (Abb. 6.7). Der geringe Abb. 6.5: Profiloptimierung Trapez: Durch eine andere Flächenanordnung im Profil ergibt sich eine deutlich größere Tragfähigkeit. 1. Generation Profilhöhe ~ 70 mm 2. Generation Profilhöhe ~ 140 mm 3. Generation Profilhöhe ~ 210 mm Abb. 6.6: Unterschiedliche Generationen von Trapezprofilen im Vergleich: Durch immer größere Bauteilhöhen wächst die Spannweite; gleichzeitig verringert sich die Bauteilbreite. Eingewalzte Sicken in den Flächen erhöhen die Beulsteifigkeit und sorgen für eine optische Differenzierung der Fläche. 74 Abb. 6.7: Der Klassiker: Trapezprofil auf Stahlkassettenwand, kombinierbar in Positiv- und Negativlage (breiter Gurt außen oder innen) und in vertikaler und horizontaler Verlegerichtung. Bei Horizontalität ist eine Distanzkonstruktion zur Kassette erforderlich, die Querfugenausbildung sollte wie beim Wellprofil erfolgen. Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Riegelabstand erlaubt hier die Verwendung schlanker Profilierungen, was sich positiv auf die Baubreite der Tafeln von etwa 1 m niederschlägt. Ebenfalls Verwendung finden die eher flachen Profiltafeln als äußere Lage von Sandwichelementen. Wie bei der Welle steigern sie die Tragfähigkeit der äußeren Lage und sorgen für eine optische Differenzierung. In der Fassade kann neben der Negativlage auch die Positivlage verbaut werden, es entsteht in beiden Fällen eine gerippte Optik mit unterschiedlich großen Licht- und Schattenflächen (Abb. 6.8). Bei der horizontalen Verlegung empfiehlt sich die Ausbildung einer sichtbaren Fuge im übereinanderliegenden Querstoß. Die Baubreite der Profile liegt zwischen 750 und 1.075 mm, die Bauhöhen betragen 19 bis 210 mm. Abb. 6.9: Schematische Darstellung der Kassettenwand. Der hohe C-förmige Querschnitt (links) trägt das Eigengewicht und die Wärmedämmung, die oberen und unteren Enden (rechts) werden als Riegellage aktiv und nehmen die Horizontallasten auf. 6.2.3 Kassettenprofile Der Einsatz von Stahlkassetten für Hallenwände ermöglicht ebene innere Wandflächen und gleichzeitig den Entfall von Nebenträgern in der vertikalen Primärkonstruktion. Begünstigt wird dies durch die intelligente Bauteilgeometrie: Der obere und untere Bereich des C-förmigen Wandbauteils fungiert statisch als Riegellage, die abschließende Rückwand trägt das Eigengewicht und die eingebrachte Dämmung (Abb. 6.9). Neben ihren Trag- und Abb. 6.8: Nahansicht des Trapezprofils. Bei der Verlegung in Negativlage (oben) tritt der schmale Gurt stärker hervor und zeichnet sich in der Fassade als gut sichtbare Linie ab. Die Positivlage (unten) betont mit dem breiten Gurt eher die Flächigkeit. Bei vertikaler Verlegung sind Überlappungen am Querstoß einfach realisierbar. Dämmeigenschaften verfügen Kassetten aus Stahlfeinblech auch über ein gutes Schalldämmvermögen. Kassettenelemente sind der innere Teil eines zweilagigen Wandsystems; sie werden an der Außenseite meist durch vertikal oder horizontal verlegte Trapezprofile ergänzt. Alternativ hierzu lassen sich auch andere einlagige Leichtbauelemente aus Stahlblech wie Wellprofile oder Stahlpaneele anschließen. Für das äußere Erscheinungsbild spielen Kassettenelemente keine Rolle, sie können aber durch eine geschickte Farbwahl hervorragend in das Innenraumkonzept einbezogen werden (Abb. 6.10). Die Baubreiten der Elemente liegen bei ca. 600 mm, mit Bauteiltiefen von 90 bis 160 mm lässt sich der Dämmwert gut steuern. Abb. 6.10: Es muss nicht immer grau sein ... Durch eine farbig differenzierte Ausbildung lässt sich auch der Innenraum ansprechend gestalten. 75 Dokumentation 568 6.2.4 Sandwichelemente Wie Well- oder Trapezprofile machen sich Sandwichelemente eine Vergrößerung des inneren Hebelarms zur Erzielung besserer Trageigenschaften zu Nutze. Im Gegensatz zu ihnen erreichen dies Sandwichelemente nicht durch eine Verformung des Bleches, sondern durch eine innere Dämmlage aus Polyurethanschaum (PUR) oder Mineralwolle. Dadurch erfährt das Metallblech seine statisch effiziente Positionierung in der Zug- und Druckzone des Bauteils, während die Füllung hauptsächlich für die Abtragung der Schubkräfte verantwortlich ist (Abb. 6.11). Durch die konstruktive Ausbildung der Sandwichelemente werden die innere und die äußere Blechlage thermisch getrennt, was Abb. 6.11: Längsstoß eines Mineralwolleelementes. Die Trennung der Blechlagen innerhalb des Elementes sorgt für einen optimalen Wärmeschutz. einen hervorragenden Wärmeschutz ermöglicht. Über die Bauteildicke und die Art der Füllung lassen sich sowohl Tragfähigkeit als auch Wärmedämmfähigkeit steuern, die Verlegung der Elemente kann horizontal und vertikal erfolgen (Abb. 6.12 und 6.13). Der Querstoß der Elemente wird idealerweise linear angrenzend ausgeführt und mit einem Abdeckblech geschlossen. Dies gewährleistet ein Höchstmaß an Dichtigkeit, die optische Unterbrechung muss allerdings bei der Gestaltung berücksichtigt werden. Die Deckschalen von Sandwichelementen reichen von glatten oder feinstrukturierten Oberflächen bis hin zur Ausbildung als Welle oder Trapez. Herstellungsbedingt sind letztere in PUR-Ausführung üblich. Abb. 6.12: Aufbaubeispiel eines horizontal verlegten Sandwichelementes. Je nach Verlegerichtung und Ausführung der Deckschale lassen sich Ansichten wie bei der Welle und dem Trapez erzielen. Abb. 6.13: Sandwichelemente in vertikaler und horizontaler Einbaulage. Wichtiger Bestandteil der Gestaltung ist die Abdeckleiste über den Querstößen (rechts). 76 Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Abb. 6.14: Kassettiertes Bausystem, hier in wärmegedämmter Ausführung. Der Vertikalstoß verläuft meist durchgehend, horizontale Stöße können in unterschiedlichen Höhen ausgeführt werden. Abb. 6.15: Ansicht eines Kassettensystems. Durch unterschiedliche Fugen und Oberflächenausbildungen ist eine variable Gestaltung möglich. 6.2.5 Kassettierte Systeme 6.2.6 Paneele Eine Ergänzung zu obigen Bausystemen stellen kassettierte Systeme dar. Bei diesen handelt es sich in der Regel um ebene, plattenförmige Bauteile aus Feinblech, die in modularer Weise horizontal und vertikal angeordnet werden können (Abb. 6.14 und 6.15). Im Gegensatz zu rollgeformten Profilen werden die kleinteiligen Kassetten konventionell über Kantungen erstellt und können ungedämmt oder als gedämmtes Element ausgeführt werden. Da kassettierte Systeme modular aufgebaut sind und eine variable Anordnung ermöglichen, ist bei ihnen zwangsläufig eine zusätzliche Unterkonstruktion erforderlich. Statisch agieren gedämmte Kassettensysteme wie lineare Sandwichelemente und verfügen über ähnliche Stoßfugen. Die konstruktive Ausbildung der Elemente besteht wiederum aus einem Sandwich mit zwei Deckblechen und einem Kern aus Mineralwolle. Der statisch geringeren Belastbarkeit gegenüber PUR-Füllungen steht hier der Vorteil einer besseren Brandschutzklassifizierung (z. B. nicht brennbar, A2-s1, d0) gegenüber. Durch variable Modulgrößen der meist horizontal verlegbaren Elemente ist eine feinere Ausbildung der Fassade möglich. Gedämmte Elemente sind in Plattendicken von 80 bis 160 mm herstellbar, Längen und Höhen variieren je nach Hersteller. Blechpaneele oder Sidingelemente sind streifenförmige, ungedämmte Bauteile. Durch den Herstellungsprozess des Rollumformens sind auch sie in großen Längen und feinen geometrischen Abstufungen herstellbar. Je nach Typ unterscheiden sie sich daher in ihrer Tragfähigkeit und Oberflächenausbildung. Die Paneele lassen sich vertikal und horizontal in der Fassade verlegen, erfordern aber je nach Art und Verlegerichtung eine separate Unterkonstruktion (Abb. 6.16 und 6.17). Da Paneele wesentlich geringere Baubreiten als Trapez- oder Sandwichprofile aufweisen (ca. 20 bis 40 cm), lassen sich Abb. 6.16: Sidingelemente unterschiedlicher Höhen auf einer Kassettenwand. Bei horizontaler Montage ist eine vertikale Unterkonstruktion obligatorisch. 77 Dokumentation 568 Abb. 6.17: Nahansichten. Sidingelemente lassen sich in unterschiedlichen Farben und Oberflächenstrukturen ausbilden. Bei horizontaler Verlegung ist ein vertikaler Fugenversatz möglich. mit ihnen prinzipiell an der Fassade feinere Aufteilungen vornehmen. Die Lieferlängen betragen bis zu 13 m, der seitliche Abschluss der Bauteile kann durch eine Kopfkantung erfolgen. 6.2.7 Sonderkantungen Der prismatische Querschnitt einer Tragschale aus Stahlblech lässt sich praktisch auch in Stückfertigung erzielen. Vorab sind mit den ausführenden Betrieben die maximale Elementlänge (z. B. 6 m) sowie die mögliche Geometrie hinsichtlich Biegeradien und Gesamtgeometrie abzustimmen (Abb. 6.18). Hier gilt: Je höher die Profilierung ausfällt, desto größer ist auch die Tragfähigkeit des Bauteils. Die Verarbeitung mit Gesenkbiegemaschinen gestattet die größte gestalterische Freiheit im Bauteilquerschnitt. Der individuellen Gestaltungsfreiheit steht die Kostenintensität des Verfahrens gegenüber. Die Stückfertigung bedingt nicht nur höhere Fertigungskosten, sondern auch die Zulassung im Einzelfall, die Gestalter und Tragwerksplaner gleichermaßen beansprucht. Optional bieten Systemhersteller auch freiere Bauteilgeometrien an, deren Herstellung auf dem bekannten Rollumformen beruht. Diese Elemente sind kostengünstiger als die stückgefertigte Variante. Zudem kann durch teilweise asymmetrische Geometrien ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten auf der Fassade generiert werden. 6.3 Die Gestaltung von Gebäudehüllen 6.3.1 Welche Farbe hat Stahl? Stahl ist ein Hightech-Werkstoff, der im Wesentlichen aus einer stabilen Eisen-SauerstoffVerbindung hervorgeht (Abb. 6.19). Nachdem im Stahlwerk die gewünschten technologischen Werkstoffparameter genau eingestellt worden sind, wird der Stahl auf die gewünschte Blechdicke ausgewalzt. Da Stahl eine natürliche Abb. 6.18: Sonderprofile. Über Kantpressen oder Rollumformer lassen sich in das leicht formbare Blech vielfältige Geometrien einbringen. 78 Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Abb. 6.19: Erz, chemische Verbindung von Eisen, Sauerstoff und Beimengungen. Ursprung von Eisen und Stahl, Eisengehalt je nach Sorte 30% bis 70%. fängliche Glanz geht, je nach korrosiver Beanspruchung, bald in ein mattes Grau über, das je nach Standort und Größe der Gebäudefläche monoton oder deplatziert wirken kann. Nachhaltiger und ressourcenschonender ist ein zusätzlicher Farbauftrag auf die Bleche. Die während der Produktion bandbeschichteten Bleche (Duplex-Systeme, erhältlich in RAL- oder NCSFarben, Abb. 6.21) weisen nicht nur eine wesentlich höhere Lebensdauer auf, sie gestatten dem Planer zudem einen nicht minder wichtigen Aspekt: die farbliche Bespielung der Oberfläche. Je nach Vermögen und Absicht kann die Fassadenfläche damit abseits ihrer funktionalen Oberfläche einen Dialog mit dem umgebenden Stadt- oder Landschaftsraum aufnehmen und damit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Gebäudeintegration leisten. Die Antwort auf die Frage, welche Farbe technische Bausysteme aus Feinblech besitzen, lautet also: theoretisch jede! 6.3.2 Monochrom oder polychrom? Tendenz zur Verbindung mit Sauerstoff hat, muss er wirksam gegen Korrosion geschützt werden (z.B. durch Bandverzinkung). Dies gilt für leichte Außenbauteile aus Blech umso mehr, als sie über eine große bewitterte Oberfläche verfügen, der nur eine geringe Bauteildicke entgegensteht. Korrosionsschutzsysteme mit Bestandteilen aus Zink oder Mischungen mit Magnesium oder Aluminium sind Stand der Technik und stellen so gesehen die „ursprüngliche Farbigkeit“ von leichten Stahlbauteilen dar (Abb. 6.20). Der an- Die Frage nach der Farbigkeit oder deren Durchmischung lässt sich vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit aus einfach beantworten: Ein einziger Farbton ist günstiger als mehrere Farbtöne, zumal jeder Farbton bei Bandbeschichtungsanlagen eine Mindestmenge von etwa 400 m2 erforderlich macht. Kleinere Chargen lassen sich zwar via Stücklackierung, Pulverbeschichtung oder Folienbeschichtung realisieren, erhöhen aber die Kosten. Abb. 6.20: Bandverzinkte Blechcoils unterschiedlicher Stahlsorten, Dicken und Breiten. Der jeweilige Überzug (z.B. Zink) ist wählbar. Abb. 6.21: Bandbeschichtungsanlage. Eine wirtschaftliche Lösung zur Farbbeschichtung. Die beiden Blechseiten lassen sich unterschiedlich beschichten. 79 Dokumentation 568 Abb. 6.22: Volkswerft Stralsund: 300 m lang, 108 m breit, 75 m hoch. Eine einfarbige Metallhülle wäre eindeutig die wirtschaftlichste Lösung gewesen – aber auch die beste? Abb. 6.23: Die realisierte Ausführung ist farbig differenziert und leichter – für die Umgebung verträglicher (Farbentwurf Friedrich Ernst von Garnier). Aus Sicht der Ökonomie spricht also vieles für eine monochrome Fläche, angesichts der Dominanz mancher Fassadenflächen (Abb. 6.22 und 6.23) sollte diese Entscheidung im Hinblick auf angrenzende Lebensräume jedoch wohl bedacht werden. Wenn bei der Gestaltung großer Hallenflächen eher ein Dialog mit der Umgebung denn ein Monolog stattfindet, erwirbt die Architektur einen höheren Grad an Schlüssigkeit und Akzeptanz. Gängige Gestaltungsklischees (kostengünstig = grau, technisch = silberfarben, selbstbewusst = grell) müssen, sofern eine ästhetische Eingliederung in die Umgebung nicht völlig gleichgültig ist, stets hinterfragt werden. Kostenintensiver, aber auch dialogfähiger ist die Variante der polychromen Fassade. Ein überzeugendes Bild zeichnet sich dann ab, wenn die Anordnung von Farbfeldern auf der Fassade eine abstrakte Brücke zur umgebenden Naturoder Stadtlandschaft schlagen kann, ohne gleichzeitig deren Verlauf bildhaft platt „nachzumalen“. 6.3.3 Farbarbeit Wie oben erwähnt, besteht eine Gestaltungsmöglichkeit darin, Farbinformationen der Umgebung pipettenhaft aufzunehmen und in 80 abstrahierter Weise in die neue Gebäudefassade einzubringen. Vorausgesetzt, dass jedes Bauelement individuell farbig bespielbar ist, erschließen sich damit nahezu unendliche Kompositionsmöglichkeiten. Ein Mittel zur Konkretisierung und inhaltlichen Ausrichtung ist das Einbringen einer vom Planer gesetzten Stimmung in das farbliche Ensemble. Ein Beispiel für die freie Abstrahierung einer Bildstimmung in eine körperhafte Farbigkeit liefern die Abbildungen studentischer Arbeiten (Abb. 6.24). Bei der Übung wurden die gewählten Stimmungen der Bildvorlagen frei in eine willkürlich festgelegte städtebauliche Kubatur übertragen. Trotz Abstraktion bleibt die Grundstimmung des Bildes erhalten. Der gelungene nachhaltige Farbentwurf einer polychromen Fassade reagiert daher nicht nur mit einer an die Umgebung angepassten Farbigkeit, sondern transportiert darüber hinaus noch eine Stimmung, die dem neuen Ort seine eigene Identität verleiht. In den Abb. 6.25 bis 6.33 sind Beispiele für verschiedene Ausführungsvarianten aufgezeichnet. In der Sekundärliteratur findet der Gestalter nicht nur Hinweise zum Umgang mit zeitgemäßen, elektronischen Planungswerkzeugen, sondern auch differenzierte Angaben zu Farbtonverläufen und deren Komposition. Um eine schlüssige Interpretation zu finden, lohnt aber auch ein Blick in die Natur. Hier bilden Licht und Schatten in der Regel ein variantenreiches Bild von meist wenigen Farben und deren Aufhellungen und Verdunklungen. Als weitere, wenn auch kostenintensivere Variante, bietet sich zudem die Option an, über spiegelnde Stahloberflächen (z. B. Edelstahlbleche) die Landschaft reflexiv ins Gebäude zu integrieren. Eine vom französischen Architekten Dominique Perrault angewandte Variante bezieht ihren Reiz aus vertikal angeordneten, im Querschnitt dreieckig gekanteten Edelstahllamellen. So wird durch die Kantung eine versetzte Reflexion erzielt und eine direkte Spiegelung vermieden (vgl. auch Beispiel Abb. 6.34). Die einfache Kantung der Stahlbleche begünstigt hier weitere geometrische Variationen und Lichtspiele. Die Belohnung für den anspruchsvollen Gestaltungsprozess liegt hier nicht nur auf Seiten der gebauten und gewachsenen Umgebung, vielmehr kann eine gelungene Farbarbeit übergeordnete Qualitäten im Sinne einer Corporate Identity entwickeln und damit selbst zur Marke werden. Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Abb. 6.24: Abstraktionsübung: Reduktion der Bildstimmung auf wenige Farbfelder und deren Applikation auf eine willkürliche Struktur (hier Blockstrukturen). Entwurf: Martin Smyk, Boris Mense, Sascha Auer, Bastian Schlösser, Christina Moehring. 81 Dokumentation 568 Abb. 6.25: Bestand: Typische Halle innerhalb eines stereotypen städtischen Gewerbegebietes. Die Wandfarbe im Beigeton erscheint ohne Bezug und zu hell, der weiße Sockel lässt die Fassade zusätzlich leuchten. Diese Halle ist Ausgangsbasis der Deklinationsübung. Abb. 6.26: Heute mal ganz silbergrau: Sandwichprofile horizontal, weniger hell, aber auch nicht passender. Der dunkel gehaltene Sockel lässt die Fassade schweben. Das Fassadenbild wirkt bekannt und einfallslos. Abb. 6.27: Hallo, hier bin ich! Mit vertikalem Trapezprofil (Positivlage) ebenfalls eine günstige Lösung, die Farbe wirkt in der Umgebung aber sehr selbstbezogen und dominant. Abb. 6.28: Ein tiefer Griff in den Farbtopf – es könnte auch das Lager einer Buchhandlung sein. Interessante Idee zur Corporate Identity, aber angesichts der Umgebung wiederum sehr wichtig und grell. Das Trapezprofil ist vertikal verlegt. Abb. 6.29: Der Beginn eines Konzeptes: Bezugnahme auf den Grünraum auf der linken Seite, dann jedoch ein unentschlossenes Pulsieren verschiedener Farbverläufe. Die Sandwichelemente sind vertikal angeordnet. 82 Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau Abb. 6.30: Tarnung ist alles. Durch die Anordnung der kleinteiligen Kassettenelemente und die Belegung mit matten Grün- und Grautönen verschwindet das Gebäude in der Umgebung. Eine unaufdringliche, aber auch unentschlossene Lösung. Abb. 6.31: Sidingelemente erlauben eine stärkere horizontale Ausrichtung und eine höhere Durchmischung der farbigen Elemente. Der Verlauf von Grün (links) zu Grau (rechts) erscheint noch zu zögerlich und zu hell, das Fassadenbild ist unruhig. Abb. 6.32: Sidingelemente vertikal: Die Fassade wirkt insgesamt verdichteter, der Übergang vom Grünen ins Hellblaue betont die Gebäudekante. Abb. 6.33: Die Sandwichelemente sind vertikal verlegt. Über grüne und erdige Töne ins Grau der Stadt. Es entsteht eine unauffällige, wenig störende, aber auch nicht langweilige Kombination. Abb. 6.34: Gekantete Edelstahlpaneele dienen als Reflektor: Je nach Umgebung und Investitionsbereitschaft lohnt der Blick in den Spiegel. Sicher keine Lösung für jede Bausituation. Die Blendung von Nachbarn muss vermieden werden! 83 Dokumentation 568 Abb. 6.35: Eine Kubatur, zwei Verlegerichtungen: Bei monochromen Flächen kann die Linierung der Blechoberfläche eine Richtung betonen (z.B. Negativlage, Trapezprofil). 6.3.4 Vertikal oder horizontal? Wie unter Abschnitt 6.2 angedeutet, sind mit den Bausystemen aus Stahlblech viele Einbaulagen möglich. Je nach Gebäudekubatur (eher flach, eher hoch) lassen sich mit den Elementen allein durch die Verlegerichtung Dimensionen überhöhen oder abmindern (Abb. 6.35). Bei Trapezprofilen kann durch die Negativlage eine stärkere Linierung in der Fassade betont werden. Dies ist bei monochromen Flächen besonders wichtig. Bei horizontaler Verlegung ist die erwähnte Problematik der Querstoßfuge zu beachten, die eine konstruktive und gestalterische Integration verlangt. Ebenfalls ist zu beachten, dass je nach Einbaulage sichtbare Schmutzspuren durch Oberflächenwasser entstehen (horizontale Verlegung ist hier empfindlicher) (Abb. 6.36). Dies trifft helle Flächen besonders, da sich hier dunkle Schmutzspuren wesentlich prägnanter abzeichnen als bei dunklen Fassadenoberflächen. Abb. 6.37: Eine gute Möglichkeit zur Homogenisierung und Glättung der Oberfläche bieten Prägungen und Linierungen (oben). Wenn die Farbbeschichtung über die Nahbetrachtung hinaus eine räumliche Tiefe entwickeln soll, sind große Muster zu wählen (unten). 6.3.5 Prägungen und Muster – eine Frage der Distanz Abb. 6.36: Tropfkante: Bei waagerechter Verlegung und hellen Flächen muss besonders auf die richtige Entwässerung geachtet werden. Falls möglich, ist ein Überfließen der Oberfläche zu vermeiden. 84 Um die optische Ebenheit zu erhöhen und den Kratzschutz zu verbessern, werden Edelstahloberflächen oder Sandwichdeckbleche teilweise mit feinen Prägungen und Linierungen verfeinert (Abb. 6.37). Bei der Planung der Fassade sollte hier der spätere Standort des Betrachters berücksichtigt werden: Wie nah kommt dieser an das Gebäude heran, was ist wirklich sichtbar? Einer Gewerbefassade im innerstädtischen Bereich fällt hier eine andere Rolle zu als einer Industriehalle „auf der grünen Wiese“. Die gleiche Regel gilt, wenn die Sichtbarmachung mehrfarbiger Lackstrukturen angestrebt wird, die manche Beschichtungen offerieren (z. B. Zinkblume). Auch hier sollte je nach Betrachtungsabstand eine entsprechende Strukturgröße vor- Gestaltung von Stahlfassaden im Industrie- und Gewerbebau gesehen werden (Abb. 6.38), andernfalls ergibt sich aus größerer Distanz wieder eine monochrome Flächigkeit der Fassade ohne optische Tiefe. gen halten den Preis und das Gewicht der Bauelemente niedrig. Angebotene Systeme unterteilen sich in kaltgeformte Paneele und Sandwichelemente. Mit Fotovoltaikmodulen beschichtete Paneele sind in mehreren Farben und Ausführungen erhältlich. Die Baubreite liegt bei ca. 40 cm, die Lieferlänge beträgt etwa 5 m. Die leichten Paneele lassen sich an der Fassade vertikal und horizontal verlegen und benötigen eine entsprechende Unterkonstruktion (Abb. 6.40). Ebenfalls verfügbar sind mit Fotovoltaikmodulen beschichtete Sandwichelemente, die zusätzlich Dämmeigenschaften einbringen. Auch hier ist eine vertikale und horizontale Verlegung möglich. Der Stromanschluss erfolgt wie bei den Paneelen auf der Rückseite der Elemente. Abhängig vom Bausystem und von der Verlegeart kann mit den dunklen Flächen der Fotovoltaikschichten zusätzlich eine optische Gliederung der Fassade erfolgen. Je heller die Grundfarbe gewählt wird, desto größer wird der Kontrast und damit auch die Sichtbarkeit der stromerzeugenden Oberfläche (Abb. 6.41, 6.42). 6.4 Energetische Fassaden 6.5 Zusammenfassung Mit Stahlleichtbauelementen für Dach und Fassade können nicht nur konstruktive und gestalterische Anforderungen an die Gebäudehülle umgesetzt werden, die Bausysteme sind auch hervorragend zur Gewinnung von Energie geeignet. Eine sinnvolle Ergänzung zu additiven Systemen (Fotovoltaikmodule als zusätzliche Bauelemente, Abb. 6.39) stellen integrierte Dach- und Fassadensysteme dar. In der Regel werden die Solarzellen hier auf ein duplexbeschichtetes Stahlblech in mehreren Schichten aufvulkanisiert, die Produkte dienen neben der Dach- oder Fassadeneindeckung gleichzeitig auch der Stromerzeugung. Die automatisierte Herstellung und der Verzicht auf Glasabdeckun- Die vorgestellten Bausysteme bieten große Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich Oberflächengeometrien, Verlegerichtung und Strukturierung. Kombiniert mit weiteren Optionen, z. B. nachhaltigen Beschichtungssystemen oder der Option der Energiegewinnung, steht dem Gestalter eine sehr breite Klaviatur von Möglichkeiten zur Verfügung, die Fassade im Dialog stimmig in das gebaute Umfeld oder den Naturraum zu integrieren. Gemessen an der voluminösen Präsenz von Industrie- und Gewerbebauten gibt es daher vielfältige Möglichkeiten, dem Gebäude eine angemessene und nachhaltige Erscheinung zu geben, deren Selbstverständlichkeit und Schlüssigkeit auch zukünftig Gültigkeit haben wird. Abb. 6.39: Fotovoltaikmodule als additives System, hier mit Stahl-Sandwichelementen als Unterkonstruktion. Die Wasserführung kann unterhalb der Module erfolgen. Abb. 6.40: Ausgeführtes Beispiel von Stahlpaneelen mit integrierten Fotovoltaikmodulen. Die Verlegung sollte vom First zur Traufe erfolgen (Entwässerung), eine Abdeckleiste schützt den Bauteilstoß. Abb. 6.38: Ausgeführtes Beispiel mit grober Zinkblume, Ville Verdi, Wien. Das Muster verhilft der Fläche zu einem differenzierten, tiefen Ausdruck. 85 Dokumentation 568 Abb. 6.41: Fotovoltaikmodule lassen sich in Länge, Montagerichtung und Positionierung auf der Fassade variieren – der solare Ertrag wird dadurch nicht beeinträchtigt (Farbentwurf Friedrich Ernst von Garnier) Abb. 6.42: Nahansicht des Paneels, die Überlappung zum darunterliegenden Paneel ist gut sichtbar, ebenso die farblich gut abgestimmten Abdeckleisten 6.6 Literaturangaben Siegel, C.: Strukturformen der modernen Architektur; Verlag Georg D. W. Callwey, München 1960 Benad, M.; Opiz, J.: Farbgestaltung am Computer; Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009 Benad, M.: Architekturfarben; Verlag der Anton Siegl Fachbuchhandlung GmbH, München 2007 Bruno, A.; Bollinger, K.; Davies, J. M.; Feldmann, M.; Grohmann, M.; Mazzolani, F. M.: featuring steel; Institut für internationale Architektur-Dokumentation, München 2009 v. Garnier, F. E.: Meine farbigere Welt; Verlag Matthias Ess, 2007 Hachul, H.: Neue Strukturformen und Technologien für Tragkonstruktionen aus Feinblech; Dissertation, Aachen 2006 Informationsstelle Edelstahl Rostfrei: Dokumentation 961 „Fassaden aus Edelstahl Rostfrei“; Düsseldorf 2006 Stahl-Informations-Zentrum: Dokumentation 555 „Dach und Fassade im Wirtschaftsbau“; Düsseldorf 2002 Dokumentation 558 „Bausysteme aus Stahl für Dach und Fassade“; Düsseldorf 2010 Dokumentation 588 „Dach- und Fassadenelemente aus Stahl – Erfolgreich planen und konstruieren“; Düsseldorf 2007 Dokumentation 592 „Baukultur im Alltag – Farbe im Industrie und Gewerbebau“; Düsseldorf 2008 v. Uffelen, C.: Factory Design, Braun Publishing AG; Berlin 2009 6.7 Bildquellen Abb. 6.1 bis 6.19, 6.22, 6.24 bis 6.37, 6.41, 6.42: Helmut Hachul Abb. 6.20, 6.21: Stahl-Informations-Zentrum Klein, B.: Leichtbau-Konstruktion – Berechnungsgrundlagen und Gestaltung; 6. Auflage; Verlag Vieweg, Braunschweig 2001 Abb. 6.23, 6.38, 6.40: ThyssenKrupp Steel Europe AG Koschade, R.: Die Sandwichbauweise; Ernst & Sohn, Berlin 2000 Abb. 6.39: ArcelorMittal Construction Deutschland GmbH Krauss, F.; Führer, W.; Jürges, T.: Tabellen zur Tragwerkslehre; Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 2006 86 Stahl-Informations-Zentrum im Stahl-Zentrum Postfach 10 48 42 · 40039 Düsseldorf Sohnstraße 65 · 40237 Düsseldorf E-Mail: [email protected] · www.stahl-info.de