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EXPERTEN STATEMENT
März 2013
Bevacizumab: neue Daten zur
optimalen Therapiedauer beim
metastasierten Kolorektalkarzinom
Zusammenfassung des Expertenmeeting vom 30.11.2012
Vorsitz: Univ.-Prof. Dr. Gabriela Kornek, Klinische Abteilung für Onkologie, MU Wien; Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Eisterer, Universitätsklinik für Innere Medizin I, MU Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. Werner Scheithauer, Klinische Abteilung für Onkologie, MU Wien
Expertengremium: Univ.-Prof. Dr. Thomas Bauernhofer, Department für Hämato-Onkologie, LKH Leoben; Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Armin Gerger, Klinische Abteilung für Onkologie, MU Graz; Priv.-Doz. FA Dr. Birgit Grünberger, Medizinische Abteilung, KH Barmherzige Brüder, Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr.
Felix Keil, 3. Medizinische Abteilung, Hanusch-KH, Wien; Prim. Univ.-Doz. Dr. Peter Krippl, Medizinische Abteilung, A.ö. LKH Fürstenfeld; Assoc.-Prof. Priv.Doz. Dr. Gerald Prager, Univ.-Klinik für Innere Medizin I, MU Wien; Ass.-Prof. Dr. Renate Schaberl Moser, Klinische Abteilung für Onkologie, MU Graz; Dr.
Thomas Winder, Abteilung für Innere Medizin, LKH Feldkirch
Schriftliche Mitarbeit: Priv.-Doz. Dr. Hannes Kaufmann, 1. Medizinische Abteilung, KH Rudolfstiftung, Wien; Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg, Klinische
Abteilung für Onkologie, MU Graz; Prim. Univ.-Doz. Dr. Ewald Wöll, Interne Abteilung, A.ö. KH St. Vinzenz Betriebs GmbH, Zams; OA Dr. Reinhard Ziebermayr, 1. Interne Abteilung, A.ö. KH der Elisabethinen Linz
B
ereits 1971 wurde erstmals die Angiogenesehemmung als antineoplastisches Wirkprinzip
vorgeschlagen. Es mussten jedoch noch Jahrzehnte vergehen, bevor wirksame Angiogenesehemmer wie Bevacizumab (Avastin®) für den klinischen
Einsatz zur Verfügung standen.
1. Wirkmechanismus
Der „Vascular Endothelial Growth Factor“ (VEGF) ist
ein Schlüsselfaktor der Angiogenese und wird von den
meisten Tumor- sowie einigen Arten von Tumor-StromaZellen exprimiert (1). Die physiologische Funktion von
VEGF besteht in der Förderung des Wachstums von Endothelzellen in arteriellen, venösen und in lymphatischen Gefäßen. Weiters wird die ­Endothelzell-Apoptose
behindert und die Gefäß­permeabilität gefördert (2).
Bevacizumab (BEV) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der an VEGF bindet und damit dessen
Bindung an seine an der Oberfläche von Endothelzellen gelegenen Rezeptoren (v.a. VEGFR-1 und VEGFR-2)
blockiert. Aufgrund der Tatsache, dass BEV nur an VEGF
bindet und damit dessen Downstream-Signalweg blockiert, werden unerwünschte Arzneimittel-Wirkungen
(UAW) aufgrund anderer, nicht VEGF-mediierter Mechanismen vermieden (1,3-6).
Es lassen sich drei Hauptwirkungen von BEV unterscheiden:
• Rückbildung bestehender Tumorgefäße (7-13),
• Normalisierung verbleibender Gefäße (10-12,14)
sowie
• Hemmung der Neoangiogenese durch den Tumor
(7,9,15,16).
Während die ersten beiden Effekte früh im Behandlungsverlauf eintreten, ist die Hemmung der Neoangiogenese durch den Tumor als längerfristige Wirkung zu
sehen. Zwar steigt im Verlauf der Tumorprogression die
Vielfalt der vom Tumor verwendeten angiogenetischen
Mechanismen (z.B. bFGF, TGFβ-1, PIGF, PDGF, Pleiotro-
EXPERTEN STATEMENT
phin), aber VEGF wird während der gesamten
Tumorentwicklung exprimiert und bleibt auch in
späteren Tumorstadien ein zentraler proangiogenetischer Stimulus (17,18).
2. Indikation, Nebenwirkungen
und Kontraindikationen
Für die Behandlung des metastasierten Kolorektalkarzinoms (mCRC) ist BEV in Österreich in
Kombination mit einer Chemotherapie auf Fluoropyrimidin-Basis zugelassen.
Weitere zugelassene Indikationen für BEV
sind das metastasierte Mammakarzinom sowie
fortgeschrittene Karzinome der Lunge (NSCLC),
der Niere, des Ovars, des Eileiters und des Peritoneums.
Als eine der numerisch häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) von
BEV ist arterielle Hypertonie zu erwähnen, die
jedoch fast ausnahmslos mit Antihypertensiva
nach den geltenden Standards gut behandelbar
ist. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass
eine antihypertensive Therapie, die erst nach Beginn einer BEV-Behandlung notwendig wird,
nach dem Ende der BEV-Gabe auch wieder neu
evaluiert und abgesetzt wird. Sowohl bei vorbestehender als auch bei unter BEV neu auftretender Hypertonie sind tägliche Blutdruckkontrollen erforderlich.
Patienten unter BEV in Kombination mit Chemotherapie und kardiovaskulären Komorbiditä-
Tab.1
ten oder arterieller Thrombembolie in der Anam­
nese unterliegen einem erhöhten Risiko für
thromboembolische Ereignisse während der
Therapie. Bei der Behandlung dieser Patienten
mit BEV ist Vorsicht geboten (19). (Tab.1)
Als Kontraindikation gilt, neben Überempfindlichkeit auf den Wirkstoff oder andere Bestandteile der galenischen Zubereitung, vor allem Schwangerschaft. Hinsichtlich weiterer
Kontraindikationen verweist das Panel auf die
Austria Codex-Fachinformation (19).
3. Ausgangs-Studienlage
Eine als Meilenstein betrachtete Studie wurde
2004 von Hurwitz et al. im „New England Journal of Medicine“ publiziert (20). 813 zuvor
­unbehandelte Patienten mit mCRC wurden randomisiert in zwei Gruppen geteilt. Die experimentelle Gruppe (n=402) erhielt Irinotecan, Bolus-Fluorouracil und Leucovorin (IFL) plus BEV
(5mg/kg Körpergewicht, alle zwei Wochen) und
die Kontrollgruppe (n=411) IFL plus Plazebo.
Der primäre Endpunkt war die Gesamt-Überlebenszeit (OS), sekundäre Endpunkte waren das
progressionsfreie Überleben (PFS), die Ansprechrate, die Ansprechdauer, Sicherheit und
Lebensqualität. Es zeigte sich in der IFL/BEVGruppe eine signifikante Verlängerung des OS
(20,3 Monate) gegenüber IFL alleine (15,6 Monate; Hazard-Ratio [HR] 0,66; p<0,001). Auch
das mediane PFS war unter IFL/BEV-Therapie
s­ ignifikant länger (10,6 vs. 6,2 Monate; HR für
Progression: 0,54; p<0,001). Ähnliches galt für
die Ansprechraten (44,8% vs. 34,8%; p=0,004).
Das mCRC war damit die erste Indikation, in der
mit dem Angiogenesehemmer Bevacizumab in
einer randomisierten, kontrollierten Phase-IIIStudie ein klarer, auch klinisch signifikanter Nutzen für die Betroffenen erreicht werden konnte.
Eine Subanalyse der Hurwitz-Studie befasste
sich mit der Frage, welchen Einfluss der KRASStatus auf die Ergebnisse hatte (21). Der KRASStatus war in dieser Studie bei 230 Patienten
(28,3%) bestimmt worden. Das mediane PFS
war sowohl bei KRAS-Wildtyp (13,5 vs. 7,4 Monate; HR: 0,44; p<0,0001) als auch bei KRASMutationen (9,3 vs. 5,5 Monate; HR: 0,41;
p=0,0008) unter BEV-Therapie signifikant länger. Ein signifikant höheres Ansprechen auf IFL
plus BEV war allerdings nur bei KRAS-Wildtyp
zu beobachten (60,0% vs. 37,3%; p=0,006; bei
KRAS-Mutationen: 43,2% vs. 41,2%).
Auch mit einem Oxaliplatin basierten Schema
konnte in der NO 16966 eine signifikante Verbesserung des primären Endpunkts (PFS) erreicht werden. In dieser Studie wurde FOLFOX/
XELOX mit BEV gegen FOLFOX/XELOX mit Plazebo geprüft. Das PFS wurde durch die Zugabe
von BEV zu FOLFOX von 8 Monate auf 9,4 Monate (Hazard-Ratio=0,83; p=0,0023) signifikant
verbessert. Dabei erwies sich das Ergebnis einer
Subgruppenanalyse bemerkenswert, in der Patienten, die im Sinne einer Erhaltungstherapie
mit BEV bis zum Progress behandelt wurden,
Zusammenstellung von Grad-3/4-Nebenwirkungen aus Phase-II/III-Studien (19)
Bevacizumab – First-Line
Grad 3/4
AE (%)
a)
Hurwitz et al. (2004)
FU/LV +
Plazebo
(n=104)
IFL + BEV
(n=393)
IFL +
Plazebo
(n=397)
Saltz et al.
FOLFOX4
o. XELOX
+ BEV
(n=694)
Giantonio et al.
FOLFOX4
o. XELOX
+ Plazebo
(n=675)
FOLFOX4
+ BEV
(n=287)
FOLFOX4
(n=285)
ML18147 (TML)
Bevacizumab +
CT
(n=410)
CT
(n=409)
Bebyp
Bevacizumab +
CT
(n=92)
CT
(n=92)
Hypertension
16
3
11*
2*
4
1
6*
2*
7
5
2
1
Venöse Thromboembolie
–
–
9
5
8
5
–
–
5
3
3
1
Arterielle Thromboembolie
–
–
–
–
2
1
–
–
–
–
1
0
Thrombotische Ereignisse
–
–
–
–
–
–
3,4
2,5
–
–
–
–
Proteinurie
1
0
0,8
0,8
<1
0
0,7
0
4
0
Blutungen
5
3
3,1
2,5
2
1
3,4*,a
0,4
8
1
0
1
Magenperforation
2
0
1,5a
0
<1
<1
1a
0
2
1
0
0
Diarrhoe
39
40
32
25
–
–
18
13
10
8
Neutropenische Komplikationen
–
–
21
14
–
–
–
–
16
13
24
27
inkludiert Grad 5 Ereignisse
*statistisch signifikant
2
Kabbinavar et al.
FU/LV +
BEV
(n=100)
Bevacizumab – Second-Line
Abb.1
PFS von 9 First-Line-Phase-III-Studien mit BEV (20,22-35)
18
a) NO 16966
FOLFOX/XELOX + Avastin (n=699) on treatment
vs. FOLFOX/XELOX (n=701)
16
14
+ 2,5 Mo
+ 4,4 Mo
c) HORIZON III
FOLFOX + Avastin (n=713) vs. FOLFOX + Cediranib (n=709)
+ 2,8 Mo
10
d) Yalcin et al.
XELOX + AVASTIN  XELOX + Avastin (n=61)
XELOX + Avastin  Xeloda + Avastin (n=61)
4
2
0
a
b
c
d
e
Oxaliplatin
+ Bevacizumab
das PFS um ein weiteres Monat verbessert werden konnte (7,9 vs. 10,4; Hazard-Ratio=0,63;
p>0,0001). Das OS zeigte ebenfalls eine Verbesserung von 19,9 auf 21,3 Monate (HazardRatio=0,89; p=0,077). Selbst bei einer 5FU basierten Monotherapie konnte in der AGIT MAX
eine Verbesserung des PFS von 5,7 auf 8,5 Monate (HR=0,63; p<0,001) gezeigt werden. In
dieser drei-armigen Studien wurden Patienten
mit Capecitabine vs. Capecitabine mit BEV vs.
Capecitabine mit BEV und Mitomycin geprüft.
Der Mytomycin-Arm brachte keine weiteren Verbesserungen (8,4 Monate). (22)
In Summe wurde BEV in der Erstlinientherapie des mCRC in insgesamt neun Phase-III- und
zahlreichen Phase-II-Studien in Kombination
mit unterschiedlichen Irinotecan- und/oder Oxaliplatin-hältigen oder Fluoropyrimidin-hältigen
Chemotherapieregimen untersucht und dessen
Wirksamkeit bestätigt (20,22-35). (Abb.1)
In einer weiteren Phase-III-Studie mit 829 Patienten konnte auch für die Zweitlinientherapie
bei mCRC-Patienten durch Zugabe von BEV zu
FOLFOX-4 ein signifikant besseres PFS und OS
erreicht werden (36).
4. Datenlage zur Therapiedauer
mit Bevacizumab
Die bereits zum Zeitpunkt der vorigen Fassung
dieses Expertenstatements vorliegende Evidenz
e)MACRO
XELOX + AVASTIN  XELOX + Avastin (n=238)
vs. XELOX + Avastin  Avastin (n=238)
Nicht Unterlegenheit
6
Nicht Unterlegenheit
8
Nicht Unterlegenheit
Monate
12
b) CAIRO 2
XELOX + Avastin (n=368) vs. XELOX + Avastin + Cetuximab (n=368)
f
f) Hurwitz et al.
IFL + Avastin (n=402) vs. IFL (n=411)
g) Pectasides et al.
XELIRI + Avastin (n=143) vs. FOLFIRI + Avastin (n=142)
g
h
Irinotecan
+ Bevacizumab
Cap
+ Bev
i
OX/Irino
+ Bev
h) AGIT MAX
Capecitabine + Avastin (n=157) vs. Capecitabine (n=156)
i)PACCE
Oxali/Irino based + Pan + Ava vs. Oxali/Irino based + Ava
zur Frage, ob BEV bis zur Progression gegeben
werden soll, lässt sich anhand der folgenden
Daten darstellen.
4.1 Therapie bis zur Progression
Die MACRO-Studie (multizentrisch, randomisiert, Phase-III) untersuchte 480 Patienten mit
mCRC, die in der palliativen Situation noch nicht
vorbehandelt waren (37). Alle Patienten erhielten zunächst sechs Zyklen (alle drei Wochen)
des XELOX/BEV-Regimes (Capecitabin, Oxaliplatin, BEV). Danach erhielt eine Gruppe
(n=239) XELOX/BEV weiter, die andere eine
BEV-Erhaltungstherapie ohne Chemo-Partner
(„BEV-Mono“), jeweils bis zur Progression.
Nach einer medianen Beobachtungszeit von 16
Monaten ergaben sich sowohl beim PFS als
auch beim OS und der objektiven Ansprechrate
keine statistisch signifikanten Unterschiede. Die
Autoren kamen zu dem Schluss, dass BEVMono aufgrund der niedrigen Nebenwirkungsrate eine valide Option für die Erhaltungstherapie nach XELOX/BEV-Induktion darstellen könnte.
Dies könnte vor allem auch für ältere Patienten gelten. Eine Analyse von 896 Patienten ≥65
Jahre aus der BRITE-Kohorte zeigte, dass BEV
mit First-Line-Chemotherapie auch dieser
Gruppe einen Nutzen bringt, allerdings mit reduziertem medianem Überleben (38).
Eine weitere Studie (NO16966) mit 1.401 Patienten verwendete ein faktorielles 2x2-Design,
wobei einerseits zwei Chemotherapie-Regime
3
(XELOX und FOLFOX), andererseits BEV mit Plazebo verglichen wurden. Der primäre Endpunkt
war das progressionsfreie Überleben. Im Vergleich BEV plus XELOX/FOLFOX vs. Plazebo plus
XELOX/FOLFOX zeigte sich insgesamt eine signifikante Verlängerung des PFS durch BEV (9,4
vs. 8,0 Monate; HR 0,83; p=0,0023), während
die Verlängerung des OS keine statistische
­Signifikanz erreichte (21,3 vs. 19,9 Monate;
p=0,077).
Dass die Gabe bis zur Progression mit einer
Verlängerung des PFS zusammenhängt, lässt
sich anhand von zwei bereits erwähnten Studien demonstrieren. In der Studie von Hurwitz
et al. (20) ergab sich aus der Tatsache, dass der
Großteil der Patienten unter BEV bis zur Progression therapiert wurde (mediane Therapiedauer 40,4 Wochen) im Median eine PFS-Verlängerung von 4,4 Monaten. In dieser Studie
lag die Hazard-Ratio für die Reduktion des Progressionsrisikos durch die BEV-Gabe insgesamt
bei 0,54.
Da in der NO16966 (26) nur 29% der Patienten mit BEV bis zur Progression behandelt wurden, lag die mediane Behandlungsdauer im
BEV-Arm bei rund 27 Wochen. In der NO16966Studie konnte durch BEV-Therapie eine HR von
0,83 für PFS erreicht werden. Bei den 29% der
Patienten, die mit BEV bis zum Progress therapiert wurden, konnte jedoch eine HR für PFS
von 0,63 erzielt werden (alle Unterschiede BEV
zu Plazebo signifikant).
EXPERTEN STATEMENT
4.2 Therapie über die
Progression hinaus
Tab.2
Die wichtigsten Einschlusskriterien der ML18147-Studie (39)
Histologisch bestätigtes mCRC
Alter ≥18 Jahre
ECOG-Performance-Status 0–2
Tumorklassifikation nach RECIST
Vorbehandlung mit BEV plus Standard-First-Line-Chemotherapie
(inkl. Fluoropyrimidin plus entweder Oxaliplatin oder Irinotecan)
Kein Kandidat für primäre Metastasektomie
Keine PD unter Therapie <3 Monate
Keine Progression >3 Monate nach letzter BEV-Gabe
BEV in der First-Line nicht weniger als drei kontinuierliche Monate
Wesentliche neue Daten zur Fortsetzung der
BEV-Therapie nach der ersten Progression eines
mCRC brachte die ML18147-Studie (39). Es
handelte sich um eine offene, internationale
Phase-III-Studie, die an 220 vorwiegend europäischen Zentren, u.a. auch in Österreich,
durchgeführt wurde. 820 Patienten nahmen teil
(Einschlusskriterien s. Tab.2).
Die Patienten erhielten – 1:1 randomisiert –
eine Second-Line-Chemotherapie entweder
mit oder ohne BEV. Die BEV-Dosis betrug entweder 5mg/kg alle 2 Wochen oder 7,5mg/kg
alle 3 Wochen. Das Chemotherapieregime beruhte entweder auf Oxaliplatin oder Irinotecan
jeweils in Kombination mit infusionalem 5-FU,
abhängig von der First-Line-Therapie (es
wurde jeweils auf die andere Option umgestellt) (Abb.2). Der primäre Endpunkt war das
OS.
Das mittlere OS unter BEV plus Chemotherapie betrug 11,2 Monate, unter Chemotherapie
alleine nur 9,8 Monate (HR 0,81; p=0,0062) ab
Randomisierung. Das UAW-Profil entsprach den
bereits bekannten Daten (Tab.1).
In einer Subgruppenanalyse hinsichtlich
KRAS-Mutationsstatus zeigte sich eine signifikante Verlängerung des PFS für beide Gruppen,
eine signifikante Verlängerung des OS hingegen
nur für die Gruppe der KRAS-WT-Patienten (40).
Der Einfluss des KRAS-Status auf das Ergebnis
wurde mittels Interaktionstest überprüft und erwies sich als negativ. Damit wurde die Wirksam-
Abb.2 Studiendesign der ML18147 (39)
Standard-Second-Line-CT (Oxaliplatin
oder Irinotecan) bis PD (n=411)
BEV + Standard-FirstLine-CT
(entweder Oxaliplatin
oder Irinotecan)
(n=820)
Randomisiert 1:1
PD
BEV (2,5mg/kg/Woche) +
Standard-Second-Line-CT (Oxaliplatin
oder Irinotecan) bis PD (n=409)
CT Umstellung:
Oxaliplatin  Irinotecan
Irinotecan  Oxaliplatin
keit in beiden Subgruppen (KRAS-WT, KRASMT) nachgewiesen (Abb.3).
Auch bei einer Reihe anderer Subgruppen
zeigte sich weitgehendste Konsistenz bezüglich
OS- und PFS-Benefit (Abb.4) (41).
Eine prospektive Phase-II-Studie (BEBYP) einer italienischen Gruppe untersuchte ebenfalls
den Einsatz von BEV über die Progression hinaus
beim mCRC (42). Die Teilnehmer hatten BEV
plus First-Line-Chemotherapie mit einem Fluoropyrimidin-Regime (FOLFIRI, FOLFOX, FOLFOXIRI
oder 5-FU alleine) erhalten und bekamen nun
randomisiert entweder Chemotherapie (FOLFOX
oder FOLFIRI) allein oder zusammen mit BEV.
Es war geplant, 262 Patienten zu randomisieren. Der primäre Endpunkt war das PFS.
Die Patientenrekrutierung wurde jedoch im
Mai 2012 gestoppt, nachdem die Resultate der
ML18147-Studie bekannt geworden waren,
weil es unethisch erschienen wäre, den Patienten nach Progression die Therapie mit BEV vorzuenthalten.
Abb.3 KRAS-Subgruppenanalyse der ML18147-Studie (40)
PFS in der KRAS-Gruppe
OS in der KRAS-Gruppe
KRAS-Mutation
KRAS-Wildtyp
1,0
0,8
0,8
HR: 0,61
95% CI: 0,49–0,77
p<0,0001 (log-rank test)
0,6
0,4
HR: 0,70
95% CI: 0,56–0,89
p=0,0027 (log-rank test)
0,4
4,5
6,4
0
4,1
5,5
1,0
0,8
0,8
HR: 0,69
95% CI: 0,53–0,90
p=0,00521 (log-rank test)
0,6
0,4
0
0 6 1218 24303642
0 6 1218 24303642
Monate
Monate
N at risk
CT 165
50721 000
BEV+CT
151
802063 220
1,0
138
40611 000
164
731421 000
CT
BEV + CT
HR: 0,92
95% CI: 0,71–1,18
p=0,4969 (log-rank test)
0,6
0,4
0,2
0,2
0,2
0,2
0
CT
BEV + CT
0,6
KRAS-Mutation
Interaktionstest des KRAS-Status ist negativ (p=0,1266)
OS geschätzt
1,0
PFS geschätzt
PFS geschätzt
Interaktionstest des KRAS-Status ist negativ (p=0,4436)
OS geschätzt
KRAS-Wildtyp
11,1
15,4
0
10,0
10,4
0 6 1218 2430 36 4248
0 6 1218 2430 36 4248
Monate
Monate
N at risk
CT 165
122
77271131 00
BEV+CT
151
126
88311883 00
136
107
5312521 1 0
164
131
6718620 0 0
4
EXPERTEN STATEMENT
Abb.4 Subgruppenanalyse der ML18147-Studie (41)
OS
Kategorie
Subgruppe
Alle
Patientenpopulation
Alle
AIO
ML18147
Geschlecht
Weiblich
Männlich
Alter
<65 Jahre
≥65 Jahre
ECOG-Performance-Status
0
≥1
First-Line-PFS
≤9 Monate
>9 Monate
First-Line-CT
Oxaliplatin-basiert
Irinotecan-basiert
Zeit vom letzten BEV
≤42 Tage
>42 Tage
Lebermetastasen
Nein
Ja
Anz. d. Organe mit Metastasen
1
>1
PFS
n
HR
(95% CI)
n
HR
(95% CI)
819
260
559
294
525
458
361
357
458
449
369
343
476
630
189
592
226
307
511
0,81
0,86
0,78
0,99
0,73
0,79
0,83
0,74
0,87
0,89
0,73
0,79
0,82
0,82
0,76
0,81
0,79
0,83
0,77
(0,69–0,94)
(0,67–1,11)
(0,64–0,94)
(0,77–1,28)
(0,60–0,88)
(0,65–0,98)
(0,66–1,04)
(0,59–0,94)
(0,71–1,06)
(0,73–1,09)
(0,58–0,92)
(0,62–1,00)
(0,67–1,00)
(0,69–0,97)
(0,55–1,06)
(0,67–0,97)
(0,59–1,05)
(0,64–1,08)
(0,64–0,94)
819
260
559
294
525
458
361
357
458
449
369
343
476
630
189
592
226
307
511
0,68
0,65
0,69
0,85
0,60
0,66
0,71
0,59
0,76
0,75
0,58
0,68
0,67
0,72
0,56
0,68
0,68
0,74
0,64
(0,59–0,78)
(0,51–0,84)
(0,58–0,82)
(0,67–1,07)
(0,50–0,72)
(0,55–0,80)
(0,57–0,87)
(0,48–0,74)
(0,63–0,92)
(0,62–0,90)
(0,47–0,72)
(0,55–0,85)
(0,56–0,81)
(0,61–0,85)
(0,41–0,75)
(0,57–0,80)
(0,52–0,89)
(0,59–0,94)
(0,53–0,77)
HR
0
185 Patienten waren bis zu diesem Zeitpunkt
bereits randomisiert worden. Das PFS war in der
Gruppe mit Chemotherapie plus BEV signifikant
länger als unter Chemotherapie allein (6,77 vs.
4,97 Monate; p=0,0062). In einer hinsichtlich
der Stratifizierungsfaktoren sowie Alter und Geschlecht korrigierten Analyse fand sich ebenfalls
eine signifikante Verlängerung des PFS in der
BEV-Gruppe (HR 0,70; p=0,032). Bezogen auf
die Verträglichkeit zeigten sich auch in dieser
Studie keine neuen Sicherheitsbedenken. Die
positiven Ergebnisse der ML18147-Studie
konnten damit in einer zweiten prospektiven
randomisierten Studie bekräftigt werden.
Untermauert werden diese Ergebnisse von älteren Daten aus zwei prospektiven observationellen Kohortenstudien (BRITE (43), ARIES (44)),
die zwar von der Beweiskraft her schwächer
waren als randomisierte, kontrollierte Studien,
andererseits jedoch den Vorteil haben, der klinischen Praxis eher entsprechendes Patientenkollektiv zu erfassen und somit der klinischen Realität näher zu kommen. Diese Daten dienten als
Rationale für die Durchführung von ML18147
und BEBYP.
5. Internationale Empfehlungen
5.1 Erhaltungstherapie
Zu einer BEV-Monotherapie zwecks Erhaltung
einer mittels Chemotherapie + BEV erzielten
Remission oder Krankheitsstabilisierung sagen
1
2
HR
die aktuellen ESMO-Leitlinien, dass die Datenlage für eine Empfehlung noch nicht ausreichend ist (45).
Gleiches trifft für die Leitlinien des „National
Comprehensive Cancer Networks (NCCN)“ zu
(46).
5.2 Über die Progression hinaus
Die ESMO-Guidelines sprechen klar aus, dass
die Fortsetzung einer BEV-Therapie über die
Progression hinaus mit Wechsel des Chemotherapie-Partners das OS in der Second-Line nach
Progression unter First-Line-BEV plus Chemotherapie verlängert (45).
Auch die NCCN-Leitlinien empfehlen bei mit
BEV in der First-Line behandelten Patienten eine
Therapie nach der Progression mit – je nach Vorbehandlung – FOLFIRI ± BEV, Irinotecan ± BEV,
FOLFOX ± BEV oder CapeOX ± BEV (46).
0
1
2
rapie und darüber hinaus (bis zur Progression in
der Second-Line) das progressionsfreie und das
Gesamtüberleben verlängert.
Falls in einer Erstlinien-Kombinationstherapie
mit BEV der Chemotherapieanteil nicht bis zur
Progression fortgeführt werden kann, erachtet
das Panel aufgrund der vorliegenden Daten
eine Fortsetzung von BEV, idealerweise in Kombination mit Capecitabine, als wirksame und
verträgliche Behandlungsoption.
Bei Patienten, die länger als drei Monate unter BEV-Therapie progressionsfrei waren und
BEV gut vertragen haben, hält das Panel die
Fortsetzung des Antikörpers in der Zweit-Linie
für einen sinnvollen Therapiealgorithmus
(Abb.5).
Abb.5 Möglicher Therapie­algorithmus
6. Zusammenfassende Empfehlung
der Autoren
Bevacizumab +
Oxaliplatin- oder Irinotecan-basierte Chemotherapie
Aufgrund der Datenlage ist die Zulassung für die Fortführung von BEV über
den Progress hinaus seitens EMEA mit
12.12.2012 erfolgt.
Bevacizumab +
Wechsel des Chemotherapie-Backbones
PD 1
Basierend auf den vorher angeführten Daten
besteht ausreichende Evidenz, dass bei mCRC
die Gabe von BEV in Kombination mit Chemotherapie bis zur Progression in der Erstlinienthe-
PD 2
EGFR-Inhibitor + Irinotecan
PD 3
Regorafenib
Quelle: Vortrag Univ.-Prof.Dr. Eisterer, mCRC Advice Meeting, 30.11.2012
5
EXPERTEN STATEMENT
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Avastin® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jeder Milliliter enthält 25 mg Bevacizumab. Jede Durchstechflasche enthält 100 mg
Bevacizumab in 4 ml bzw. 400 mg in 16 ml, entsprechend 1,4 bis 16,5 mg/ml bei Verdünnung gemäß Empfehlung. Bevacizumab ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper, der mittels
DNA-Technologie aus Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO-Zellen) gewonnen wird. Anwendungsgebiete: Avastin (Bevacizumab) wird in Kombination mit einer Chemotherapie auf FluoropyrimidinBasis zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem Kolon- oder Rektumkarzinom angewendet. Avastin wird in Kombination mit Paclitaxel oder Docetaxel zur First-Line-Behandlung von Patienten mit
metastasiertem Mammakarzinom angewendet. Zu weiteren Informationen wie auch zum HER2-Status siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.1 „Pharmakodynamische Eigenschaften“. Avastin
wird zusätzlich zu einer Platin-haltigen Chemotherapie zur First-Line-Behandlung von Patienten mit inoperablem fortgeschrittenem, metastasiertem oder rezidivierendem nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom, außer bei vorwiegender Plattenepithel-Histologie, angewendet. Avastin wird in Kombination mit Interferon alfa-2a zur First-Line-Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem und/oder metastasiertem Nierenzellkarzinom angewendet. Gegenanzeigen: - Überempfindlichkeit gegen den arzneilich wirksamen Bestandteil oder einen der sonstigen Bestandteile. - Überempfindlichkeit gegen CHOZellprodukte oder andere rekombinante humane oder humanisierte Antikörper. - Schwangerschaft (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.6 „Schwangerschaft und Stillzeit“). Liste der sonstigen
Bestandteile: α,α-Trehalose 2 H2O, Natriumphosphat, Polysorbat 20, Wasser für Injektionszwecke. Inhaber der Zulassung: Roche Registration Limited, 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7
1TW, Vereinigtes Königreich. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Monoklonale Antikörper; ATC-Code:
L01X C07. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
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