KDDR Faszientrainer-Ausbildung | Hamburg, Januar 2017 | Wolfgang Klingebiel Was sind Triggerpunkte? Einfach gesagt: Triggerpunkte sind kleinste Muskelverkrampfungen, die durch Überlastung von Muskelfasern entstehen und Schmerzen verursachen. Das Besondere bei Triggerpunkten ist, dass diese Schmerzen in Körperareale ausstrahlen können, die mit dem Ort des Triggerpunktes nicht zusammen liegen. Das Wort „trigger“ englisch für auslösen meint genau dieses Phänomen, einen Schmerz auszulösen der womöglich weit über das Areal des Triggerpunktes selber hinaus geht oder sogar gänzlich woanders wahrgenommen wird als am Ort des eigentlichen Auslösers. Ein oft verwendetes Beispiel ist ein Triggerpunkt im Bereich der Gesäßmuskulatur der einen Schmerz in der Wade auslöst. Der Patient kommt so mit Wadenschmerzen zum Arzt. Er berichtet, dass die Schmerzen immer nach längerem sitzen (z.B. Auto fahren) auftreten. Natürlich sind Patient und der Arzt zunächst einmal der Meinung, dass der Schmerz auch aus der Wade kommen muss, also wird hier untersucht. Aber alle modernen Verfahren wie Ultraschall, Röntgen, CT oder MRT werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an der schmerzenden Wade nichts ergeben. Genau dieses Phänomen macht es für Ärzte und Patienten so schwierig die Ursache der Schmerzen zu ergründen. Aber nur wenn die Ursache eines Problems bekannt ist, kann eine Behandlung auch erfolgreich sein. Ein anderes Beispiel ist der häufige ausstrahlende Schmerz vom Rücken ins Bein. Dieses Phänomen wird in der Regel als Ischiasschmerz bezeichnet. Halten die Schmerzen länger an wird nach einem Bandscheibenvorfall gesucht. Sofern die MRT-Bilder nichts Auffälliges zeigen, ist dies für den Patienten zumindest harmlos. Schlimmer wird es, wenn die MRT-Bilder eine Bandscheiben- Veränderung zeigen. Dann gehen meist alle Beteiligten davon aus, dass hier der Auslöser der ausstrahlenden Schmerzen gefunden wurde. Dabei sind degenerative Bandscheibenveränderungen (Osteochondrosen) oder gar Bandscheibenvorfälle (Prolaps) gar nicht so selten. Was die Wenigsten wissten ist, dass der Bandscheibenvorfall aber nicht zwangsläufig auch schmerzhaft sein muss. Therapeutische Ansätze wie z.B. Spritzen im Bereich der Bandscheiben und Nerven haben meist nur vorübergehende schmerzlindernde Wirkungen, die dem Patienten aber nicht helfen, da die Auslöser oftmals gar nicht die Bandscheiben, sondern unentdeckte Triggerpunkte in der Gesäßmuskulatur sind. Diese Patienten haben oft viele Ärzte / Heilpraktiker / Therapeuten aufgesucht und verschiedene Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ohne anhaltenden Erfolg über sich ergehen lassen. Der Hauptgrund war, dass die Ursache der Schmerzen nicht erkannt wurde, weil an der falschen Stelle gesucht und eine sehr häufige Ursache für ausstrahlende Schmerzen übersehen worden ist: Die Muskulatur und Ihre Faszien. Quelle: IGTM - Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V Seite 1 KDDR Faszientrainer-Ausbildung | Hamburg, Januar 2017 | Wolfgang Klingebiel Was geschieht genau in einem Triggerpunkt Das winzig kleine Areal von dauerhaft verkrampften Muskelzellen sorgt für eine lokale Entzündungsreaktion mit weitreichenden Folgen. Der Nachweis dieser Entzündungsreaktion gelang dem amerikanischen Forscher Jay Shah, der seine Forschungsergebnisse im Juli 2005 im Japanese Journal of applied Physiology veröffentlichte. Er konnte in Triggerpunkten erhöhte Konzentrationen von verschiedenen Neuropeptiden nachweisen: Substanz P (SP), Tumor Nekrose Faktor α (TNF-α),Interleukin-1β (IL-1 β), Interleukin-6 (IL-6) und Interleukin-8 (IL-8), Calcitonin Gene Related Peptide (CGRP), Bradykinin (BK), Serotonin (SE) und Norepinephrine (NE). Der pH-Wert des Gewebes war deutlich erniedrigt, d.h. es lag eine Übersäuerung vor. Der Sauerstoffanteil in dem Teil des Gewebes ist erniedrigt. Nach der Behandlung der Triggerpunkte reduzierte sich die Konzentration dieser Entzündungssubstanzen drastisch und der pH-Wert normalisierte sich wieder, d.h. die Übersäuerung ließ nach. Diese für Laien aber auch für viele Ärzte schwer zu verdauende Information über die Neurophysiologie der Triggerpunkte hilft die Entstehung chronischer, therapieresistenter Schmerzen zu erklären. Warum sind Triggerpunkte so schwer zu finden? "Man sieht nur, was man weiß." Triggerpunkte sind im Grunde nicht schwer zu finden, man muss nur wissen, wo und wie man sie suchen muss. Damit dieses Wissen auf hohem wissenschaftlichem Niveau im Rahmen eines etablierten und effektiven Untersuchungs- und Behandlungssystems vermittelt wird, bietet die IGTM die entsprechende Ausbildung zum Triggerpunkttherapeuten jedem Interessierten Arzt und Physiotherapeut an. Man muss dem Patienten zunächst einmal genau zuhören. In dem oben genannten Beispiel wäre die Aussage des Patienten, dass die Wadenschmerzen immer bei längerem sitzen auftreten ein wichtiger Hinweis, da die Wade beim Sitzen kaum belastet wird, wohl aber die Gesäßmuskeln Druck bekommen. Dann muss man den Patienten untersuchen und zwar mit den Händen. Man kann im Bereich von Triggerpunkten den Muskel hart und verspannt spüren. Man kann Stränge und Knoten in ihnen tasten. Diese Verhärtungen sind außerordentlich empfindlich auf Druck. Übt man längeren und kräftigeren Druck auf diese Muskelknoten aus, bemerkt der Patient einen Schmerz, den er aber an einer anderen Stelle im Körper spürt. Jedoch genau den Schmerz, der ihn immer wieder plagt. So findet man Triggerpunkte, eine der häufigsten Ursachen von Schmerzen. Quelle: IGTM - Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V Seite 2 KDDR Faszientrainer-Ausbildung | Hamburg, Januar 2017 | Wolfgang Klingebiel Wodurch entstehen Triggerpunkte? Die Überlastung eines Muskels ist schuld. Diese kann entweder plötzlich (akut) entstehen, zum Beispiel beim Sportler durch eine plötzliche Zerrung (Bspw. eine Adduktorenzerrung beim Fußballer) oder durch einen Unfall wie etwa einen Schlag oder Tritt gegen den Muskel beim Sport. Auch ein Autounfall kann die Halsmuskulatur akut überdehnen (sogenanntes Schleudertrauma). Triggerpunkte können aber auch ohne erkennbares plötzliches Ereignis entstehen. Beim Sportler durch zu intensives oder zu einseitiges Training mit zu kurzen Erholungspausen. Am häufigsten ist heutzutage sicherlich die chronische Fehlbelastung der Muskulatur durch einseitige berufliche Tätigkeiten (Bandarbeit) oder Fehlhaltungen, allen voran am Schreibtisch, im Büro oder vor dem PC. Obwohl die Muskeln wenig bewegt werden leisten sie mit der Haltearbeit des Kopfes und des Oberkörpers doch Höchstarbeit. Der Mensch und seine Muskeln sind von der Natur für Bewegung gemacht und nicht für ganztägiges Sitzen am Schreibtisch oder Stehen vor Maschinen. Hier betrifft es oft die Schulter, Nacken- Armmuskulatur. Es kommt zu Kopfschmerzen oder auch Armschmerzen mit Ausstrahlungen bis in die Finger. Oder einen sogenannten Mausarm (von der Computermaus). Können sich Triggerpunkte ausbreiten? Das Triggerpunktsyndrom / Das myofasziale Schmerzsyndrom Kommt es zu myofaszialen Triggerpunkten innerhalb eines Muskels, so wird dieser in seiner Funktion beeinträchtigt. Er kann weniger Kraft entwickeln und ist oft verkürzt. Das kann weitreichende Folgen haben. Durch die Kraftminderung werden bei Bewegungen vom Körper andere Muskeln aktiviert die dem schwachen „Kollegen“ helfen müssen, dass kann auch diese mit der Zeit überfordern. Durch die Verkürzung kann es zu Fehlstellung des Gelenkes kommen, an dem dieser Muskel ansetzt. Auch hier können mit der Zeit dann Folgeprobleme auftreten. Das Problem kann sich ausbreiten bis zu dem Punkt, an dem ganz normale Aktivitäten wie Gehen, Stehen, Sitzen, Bücken, Heben etc. Schmerzen auslösen ohne dass Röntgenbilder oder MRT Bilder schwerwiegende Veränderungen zeigen. Man spricht dann vom Triggerpunktsyndrom oder auch myofaszialem Schmerzsyndrom. Quelle: IGTM - Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V Seite 3 KDDR Faszientrainer-Ausbildung | Hamburg, Januar 2017 | Wolfgang Klingebiel Können auch junge, gesunde Menschen Triggerpunkte bekommen? Es gibt keine Alterbegrenzung für Triggerpunkte. Auch junge Menschen können Triggerpunkte bekommen. Dies ist auch gar nicht selten bei Triggerpunkten durch sportliche Überlastung oder auch einen Unfall. Bei diesen akuten Auslösern von Triggerpunkten bilden sich diese jedoch oftmals auch von alleine wieder zurück. Wenn dies aber einmal nicht der Fall ist können entsprechend ausgebildeter Therapeuten helfen. Interessanterweise ist die Behandlung von Triggerpunkten im Hochleistungssport unter Ärzten und Physiotherapeuten wesentlich bekannter als in der Breitenmedizin, da dieses Problem hier gehäuft auftritt und die Spitzensportler auf jede Art muskulärer Beeinträchtigung sehr empfindlich und mit einem Leistungsabfall reagieren. Wie werden Triggerpunkte behandelt? Mittlerweile gibt es unterschiedliche Behandlungsmethoden um Triggerpunkte effektiv zu therapieren. Zum einen die manuelle Behandlung, also die Therapie mit den Händen des Therapeuten ggf. unter Zuhilfenahme von „Massagehölzchen“ Dabei werden die gefunden Triggerpunkte einem festen, für den Patienten noch erträglichen, Druck ausgesetzt. Das Muskelareal wird dabei gedehnt, die Verkrampfung gelöst und die Entzündungsstoffe beseitigt. Anschließend wird eine Art kleine Massage in diesem Areal erfolgen, gefolgt von speziellen Hausaufgaben für den Patienten. Eine andere Methode ist das sogenannte „dry-needling“ als trockene Nadelung zu übersetzen, das bedeutet den Triggerpunkt mittels einer Akupunkturnadel anzustechen. Die Infiltration eines Medikamentes ist hierbei nicht notwendig und auch dies führt zu einer Entspannung und Normalisierung des Entzündungsprozesses. Schließlich wird noch die Stosswelle als Werkzeug zu Behandlung von Triggerpunkten eingesetzt. Hierbei werden radiale oder fokussierte Stoßwellen auf den Triggerpunkt geleitet, durch die sich die Triggerpunkte auflösen lassen. Diese Methode eignet sich besonders bei tiefliegenden Punkten oder bei großflächiger Anwendung (Triggerpunktsyndrom) Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt von der Erfahrung und Vorliebe des Therapeuten oder aber auch von der Lage der Triggerpunkte ab. Häufig werden diese Methoden auch kombiniert eingesetzt. Das dry-needling ist in Deutschland nur Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten. Quelle: IGTM - Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V Seite 4 KDDR Faszientrainer-Ausbildung | Hamburg, Januar 2017 | Wolfgang Klingebiel Ist die Behandlung gefährlich? Die Triggerpunktbehandlung, egal mit welcher Methode (siehe oben), ist sofern sie fachgerecht ausgeübt wird, ungefährlich. Die IGTM engagiert sich mit der Organisation einer standardisierten hochqualifizierten Ausbildung von Ärzten und Physiotherapeuten diese effektive und nebenwirkungsarmen Behandlungsmethode weiter zu verbreiten, damit mehr Patienten davon profitieren können. Es sollte hier nicht verschwiegen werden, dass eine Triggerpunktbehandlung in der Regel schmerzhaft ist. Es werden die Schmerzen des Patienten "aufgesucht" und die Behandlung mit Druck durch die Hand des Therapeuten oder der Stosswelle ist ebenfalls schmerzhaft. Allerdings ist dieser Schmerz gut zu ertragen, da der Patient selber bestimmt wie viel Schmerz ihm zugemutet wird. Nach Beendigung der Behandlung hört auch der Behandlungsschmerz rasch auf und der Patient ist nicht weiter beeinträchtigt. Wie oft muss behandelt werden? Diese Frage ist nicht einheitlich zu beantworten da Ursache und Dauer der Schmerzen so unterschiedlich sind wie die Patienten selber und jeder Patient unterschiedlich auf die Behandlung anspricht. Bei einer leichten akuten Oberschenkelzerrung die nach 2 Wochen nicht ausgeheilt ist und bei der Triggerpunkte verblieben sind kann eine einzige Sitzung ausreichen. Bei einem chronischen Schmerz der sich über Jahre entwickelt hat und ganze Körperareale betrifft können Monate vergehen bis der Patient von seinem Triggerpunktsyndrom befreit ist. In der Regel findet eine Behandlung pro Woche statt. Die Erfahrung zeigt, dass schnelle und häufige Behandlungsfolgen nicht zu einem schnelleren oder besseren Ergebnis führen. Können Triggerpunkte wiederkommen, wie kann man dem vorbeugen? Je nach Auslöser der Triggerpunkte (akut oder chronisch) können diese auch nach der Behandlung erneut auftreten. Ist ein Unfall oder Sportereignis Ursache gewesen ist die Behandlung der Triggerpunkte als kausal anzusehen. D. h. die Ursache ist beseitigt. Quelle: IGTM - Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V Seite 5 KDDR Faszientrainer-Ausbildung | Hamburg, Januar 2017 | Wolfgang Klingebiel Liegt eine chronische Fehlhaltung am Arbeitsplatz zugrunde muss diese vom Therapeuten erkannt werden und es sollte vom Patienten eine Änderung dieser Gewohnheit erfolgen sonst droht ein wiederauftreten der Beschwerden (Rezidiv). Liegt eine strukturelle Veränderung des Skelettes vor, wie zum Beispiel eine Hüftarthrose oder Wirbelsäulenverbiegung, so ist die eigentliche Ursache nicht behandelt. Hier wäre ggf. das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenkes angezeigt. Die Erfahrung zeigt jedoch das gründlich behandelte Triggerpunkte auch bei zugrundeliegender Hüftarthrose lange verschwunden bleiben. Auf diese Art kann oft eine Operation hinausgezögert werden. Wenn man die betroffenen Muskeln und deren Funktion kennt, kann man gezielt die Haltung am Arbeitsplatz verändern, man kann ein Trainingsprogramm anpassen und man kann die Muskulatur durch wiederholtes dehnen vor einer erneuten Verkrampfung bewahren. Besonderheit Fibromyalgie und Triggerpunkte In Vielem von dem was oben erklärt wurde, werden sich die Patienten wiederfinden denen man erklärt hat sie leiden unter einem Fibromyalgiesyndrom. In der Tat gibt es Ähnlichkeiten bei diesen Krankheitsbildern. Es ist uns ein Anliegen an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es Fibromyalgie gibt, aber die Wissenschaft es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschafft hat, genau herauszufinden welche Krankheitsursache hinter dieser Schmerzkrankheit steht. Es gibt noch keinen Bluttest und kein anderes Verfahren das diese Krankheit nachweisen kann. Aus diesem Grund gibt es auch noch keine effektive Therapie oder Heilung. Man spricht in der Medizin bei der Fibromyalgie von einer Ausschlussdiagnose, d.h. wenn man alle anderen Ursachen für die vom Patienten geschilderten Beschwerden ausgeschlossen hat und bestimmte Kriterien erfüllt sind wird diese Krankheit Fibromyalgie genannt. Das bedeutet aber auch, dass die Möglichkeit von Triggerpunkten als Ursache ausgeschlossen werden muss und dies ist bei vielen Patienten nicht erfolgt. Man schätzt, dass ca. 20% der Patienten die ausgeprägte Triggerpunkte haben auch Fibromyalgie haben und ca. 70% der Fibromyalgiepatienten auch Triggerpunkte. Man kann also „Läuse und Flöhe“ haben und zumindest den einen Teil könnte man mit der Triggerpunktbehandlung verbessern. Quelle: IGTM - Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V Seite 6