Olaparib

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Pharmazeutische Chemie - Olaparib
Olaparib (LynparzaTM)
Olaparib (LynparzaTM) ist der erste Vertreter aus der Arzneistoffklasse der PARPInhibitoren (PARP: Poly-(ADP-Ribose)-Polymerase), der nun auf dem Markt
verfügbar ist (Strukturformel s. Abbildung 1). Olaparib ist ein zielgerichtetes
Zytostatikum. Der PARP-Inhibitor bekämpft maligne Zellen mit dem Gendefekt BRCA
(breast cancer). BRCA1 und BRCA2 sind Tumorsuppressorgene, die eine
entscheidende Rolle für die DNS-Doppelstrang-Reparatur, die sogenannte homologe
Replikation (HR) spielen. In Zellen, die die Gendefekte BRCA1 und BRCA2
aufweisen,
kann
nicht
mehr
auf
die
homologe
Replikation
als
Reparaturmechanismus für Doppelstrangbrüche zurückgegeriffen werden. Vielmehr
sind diese Zellen extrem abhängig von der Aktivität der PARP, dem Enzym, das an
einem zweiten, alternativen Reparaturmechanismus für Einzelstrangbrüche, der
sogenannten Basen-Exzisions-Reparatur (BER) beteiligt ist. (Bryant et al. 2005,
O’brien und Stokoe 2009). Olaparib hemmt nun die BER, indem der Wirkstoff die
PARP hemmt. Gesunde Zellen können als Kompensation auf die homologe
Replikation zurückgreifen. Bei Patientinnen mit BRCA-Mutationen bricht darauf hin
die komplette DNS-Reparatur zusammen und die Krebszellen sterben ab.
Abbildung 1
Olaparib (LynparzaTM) ist nun zugelassen als Monoerhaltungstherapie für
Patientinnen mit einem Platin-sensitiven Rezidiv eines BRCA-mutierten epithelialen
Ovarialkarzinoms, Eileiterkarzinoms oder primären Peritonealkarzinoms, wenn die
Tumoren auf eine Platin-Chemotherapie ansprechen. Vor der Anwendung von
LynparzaTM muss in der Keimbahn oder im Tumor die BRCA-Mutation mittels eines
Tests nachgewiesen sein. Olaparib ist oral bioverfügbar, das Fertigarzneimittel
LynparzaTM enthält jeweils 50mg Olaparib in einer Hartkapsel. Die Dosierung
beträgt 400mg (also 8 Kapseln) zweimal täglich, was einer Tagesdosis von 800mg
entspricht. Die Therapie mit Olaparib sollte spätestens 8 Wochen nach einer Platinbasierten Chemotherapie erfolgen (Fachinformation LynparzaTM 2015, Suh et al.
2015).
Poly-(ADP-Ribose)-Polymerasen sind Teil der sogenannten Basen-ExzisionsReparatur (BER), bei der ´DNS-Einzelstrangbrüche repariert werden, indem
fehlerhafte Basen unter Verbrauch von NAD+ ausgeschnitten und ersetzt werden. Zu
den PARPs werden insgesamt 17 Enzyme gezählt, die aufgrund struktureller
Übereinstimmungen und ähnlicher Funktionen zu einer Enzymklasse (PARP)
zusammengefasst werden (Zaremba und Curtin 2007). Dabei sind u.a. PARP-1 und
PARP-2 zwei Enzyme, die im Zellkern vorkommen, bei einer Schädigung der DNS
aktiviert werden und DNS-Einzelstrangbrüche im Verbund eines BER-Multiprotein1
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Komplexes reparieren. Die am besten untersuchte und verstandene PARPolymerase ist PARP-1. Dieses Enzym wurde erstmals 1963 in der Literatur erwähnt
(Chambon et al. 1963). PARP-1 umfasst insgesamt 1013 Aminosäuren und drei
Domänen: 1.) die N-terminal lokalisierte DNS-bindende Zink-Finger-Domäne; 2.) die
mittlere Automodifikations-Domäne; 3.) die C-terminal gelegene, NAD+-bindende
katalytische Domäne (Cherney et al. 1987).
Abbildung 2:
Strukturvergleich der PARP-Inhibitoren mit dem physiologischen PARP+
Substrat NAD ; die Nicotinamid-Partialstruktur ist blau unterlegt.
Über seine DNS-bindende Domäne erkennt PARP-1 mittels zweier Zink-FingerEinheiten DNS-Einzelstrangbrüche und bindet an diese. Dadurch wird die
katayltische Domäne aktiviert und synthetisiert ADP-Ribose-Polymere. Als Substrat
fungiert hierbei NAD+. Es ist diese C-terminale katalytische Domäne, die über alle
PARPs am höchsten konserviert vorliegt und als „PARP-signature“ bezeichnet wird
(de Murcia et al. 1994, Chen 2011, Plummer 2014). Fast alle PARP-Inhibitoren, die
derzeit die klinische Entwicklung durchlaufen und auch das jetzt bereits zugelassene
Olaparib haben als Zielstruktur diese katalytische Domäne und sind kompetitive
Inhibitoren von PARP (Ausnahme: Iniparib), indem sie mit dem physiologischen
Substrat NAD+ (β-Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) um die Bindung konkurrieren
(Plummer 2014). Die kompetitiven PARP-Inhibitoren wie Oliparib binden an das
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aktive Zentrum der DNS-assoziierten PARP und blockieren einerseits den Zugang
für NAD+, andererseits blockieren sie aber den Zugang zur Reparaturstelle für
andere, nachgeschaltete Enzyme des BER-Prozesses, da der Komplex aus DNS,
PARP und PARP-Inhibitor so stabil ist, dass sich PARP nicht mehr von der DNS
lösen kann und somit der Zugang für andere Enzyme versperrt bleibt.
Somit besitzen die meisten PARP-inhibitoren wie Olaparib einen dualen
Wirkmechanismus: 1.) sie hemmen die katalytische Aktivität der PARP durch
kompetitive Bindung an das aktive Zentrum und 2.) sie wirken als sogenannte
„PARP-poisons“, indem sie den DNS-PARP-Komplex derart stabilisieren, dass PARP
nicht mehr von der DNS dissoziieren kann (Ferraris 2010, Penning 2010, Murai et al.
2012, Murai et al 2014).
Wie erwähnt, sind die meisten der derzeit in der klinischen Prüfung befindlichen
PARP-Inhibitoren sowie das neue Olaparib kompetitive Inhibitoren, die mit dem
physiologischen Substrat um die Bindung im aktiven Zentrum konkurrieren.
Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass strukurelle
Gemeinsamkeiten festzustellen sind. Alle PARP-Inhibitoren imitieren die NicotinamidEinheit des NAD+ und in allen ist diese Nicotinamid-Partialstruktur wiederzufinden
(Murai et al. 2012, Murai et al. 2014) (s. Abbildung 2). Der erste PARP-Inhibitor, der
identifiziert werden konnte, war - wenig verwunderlich - Nicotinamid in 1971. Die
meisten der nachfolgenden Inhibitoren sind nichtselektiv und hemmen mindestens
sowohl PARP-1 als auch PARP-2 (Rouleau et al. 2010, Anwar et al. 2015). Olaparib
(LynparzaTM) ist ein potenter Inhibitor von PARP-1, PARP-2 und PARP-3
(Fachinformation LynparzaTM 2015). Die Nicotinamid-Partialstruktur ist integriert in
einen 2H-Phthalazin-1-on-Ring (s. Abbildung 2). An Position 4 des Heterozyklus sitzt
ein langer flexibler Substituent mit insgesamt 3 Zyklen (Fluorophenyl, Piperazin und
Cylopropyl)
insbesondere
zur
Verbesserung
der
pharmakokinetischen
Eigenschaften. Olaparib ist ein oral wirksamer PARP-Inhibitor.
Zahlreiche weitere PARP-Inhibitoren befinden sich in der klinischen Prüfung (s.
Abbildung 2): Veliparib ist ein oral bioverfügbarer PARP-1- und PARP-2-Inhibitor, der
sich aufgrund seiner ZNS-Gängigkeit von den anderen Substanzen unterscheidet
(Davar et al. 2012). Veliparib besitzt eine Benzimidazol-Partialstruktur als zentralen
Baustein. Niraparib, ebenfalls oral wirksam, ist ein Indazol-Derivat. Das sterisch sehr
rigide trizyklische Indol Rucaparib ist ein i.v. zu applizierender PARP-Inhibitor (Yuan
et al. 2011). CEP-8983 ist die Wirkform seines oral wirksamen Prodrugs CEP-9722
mit Pyrrolocarbazol-Struktur. Iniparib (4-Iod-3-nitrobenamid) unterscheidet sich von
den anderen PARP-Inhibitoren durch seinen irreversiblen Wirkmechanismus. Es war
als i.v. zu applizierender PARP-Inhibitor gedacht, seine klinische Entwicklung wurde
aber 2013 gestoppt.
Literatur:
Anwar, M. et al. Hered Cancer Clin Pract 2015, 13, 4
Bryant, H.E. et al. Nature 2005, 434, 913
Chambon, P. et al. Biochem Biophys Res Commun 1963, 11, 39
Chen, A. Chin J Cancer 2011, 30, 463
Cherney, B.W. et al. Proc Natl Acad Sci USA 1987, 84, 8370
Davar, D. et al. Curr Med Chem 2012, 19, 3907
de Murcia, G. et al. Trend Biochem Sci 1994, 19, 172
Fachinformation LynparzaTM 2015, AstraZeneca AB
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Ferraris, D.V. J Med Chem 2010, 53, 4561
Murai, J. et al. Cancer Res 2012, 134, 649
Murai, J. et al. Mol Cancer Ther 2014, 13, 433
O’brien, T. und Stokoe, D. EMBO Mol Med 2009, 1, 297
Penning, T.D. Curr Opin Discov Devel 2010, 13, 577
Plummer, R. Clin Oncol 2014, 26, 250
Rouleau, M. et al. Nat. Rev Cancer 2010, 10, 293
Suh, D.H. et al. J Gynecol Oncol 2015, 26, 156
Yuan, Y. et al. J Hematol Oncol 2011, 4, 16
Zaremba, T. und Curtin, N.J. Anticancer Agents Med Chem 2007, 7, 515
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