Zusammenfassung Theoretische Mechanik Grundlage: Skript von Dirk-Gunnar Welsch Mario Chemnitz 26. Juli 2007 1. Krummlinige Koordinatensysteme Definition kovariante Basisvektoren: ~gi := ∂~r ∂xi Definition kontravariante Basisvektoren: ~ i ~g i := ∇x Kronecker-Symbol: g~i · ~g k = δik Schreibweise eines beliebigen Vektors ~q in den jeweiligen Koordinaten: ~q = q k · ~gk = qk · ~g k (mit q k als kontra- und qk als kovarinate Komponente von ~q) Skalarprodukt zweier Vektoren ~q und p~ ~q · p~ = qi pi = q i pi ~q · p~ = gik q i pk = g ik qi pk gik heißt metrische Fundamentaltensor. Dieser sieht für ein dreidimensionales Orthogonalsystem wie folgt aus: 2 λ1 0 0 λ2 2 0 gik = 0 0 0 λ3 2 Änderung des Ortsvektors d~r = ~gi dxi = λi ~ei dxi = ~g i dxi 1 Bogenelement ds2 = d~r · d~r = gik dxi dxk (gilt nur f ür Orthogonalsystem) = λ2i dxi2 Volumenelement dV dx1 dx2 dx3 |~g1 · (~g2 × ~g3 )| | {z } = 123 ...Levi−Civita−T ensor p √ 123 = det gik = g √ g dx1 dx2 dx3 dV = 123 123 = 1; gik = ~gi · ~gk Parallelität zwischen ko- und kontravarianten Basisvektoren gilt, wenn ~gi = λ2i · ~g i Einheitsvektoren ~ei = ~gi = λi~g i λi Definition Geschwindigkeit ~r˙ = ẋi ~gi = ẋi λi ~ei Definition Beschleunigung ~r¨ = ẋi ~g˙ i + ẍi ~gi d i (ẋ λi ) ~ei + ẋi λi ~e˙ i = dt Beispiel Zylinderkoordinaten x = ρ cos ϕ ds2 ~r˙ ~r¨ y = ρ sin ϕ = dρ2 + ρ2 dϕ2 + dz 2 =⇒ λρ = 1 λϕ = ρ = = z=z λz = 1 ρ̇ ~eρ + ϕ̇ρ ~eϕ + ż ~ez ρ̈ + ϕ̇2 ρ ~eρ + (ϕ̈ρ + 2ρ̇ϕ̇) ~eϕ + z̈~ez 2 Beispiel Kugelkoordinaten x = ρ cos ϕ sin ϑ ds2 ~r˙ ~r¨ y = ρ sin ϕ sin ϑ z = ρ cos ϑ = dρ2 + ρ2 dϑ2 + ρ2 sin2 ϑ dϕ2 =⇒ λρ = 1 λϑ = ρ λϕ = ρ sin ϑ = = + + ρ̇ ~eρ + ϑ̇ρ ~eϑ + ϕ̇ρ sin ϑ ~eϕ ρ̈ − ϑ̇2 ρ − ϕ̇2 ρ sin2 ϑ ~eρ 1 d h 2i 2 ϑ̇ρ − ϕ̇ ρ sin ϑ cos ϑ ~eϑ ρ dt 1 d 2 2 ϕ̇ρ sin ϑ ~eϕ ϑ ρ sin ϑ dt 2. Newton’sche Mechanik 1. Newton’sches Axiom (Trägheitsgesetz) Jeder Körper beharrt im Zustand der Ruhe oder gleichförmig geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird diesen Zustand zu ändern. F~ = 0 ⇒ ~r˙ = const 2. Newton’sches Axiom (Grundgesetz der Dynamik) Die auf einen Massenpunkt (eines Körpers) wirkende Kraft ist gleich dem Produkt aus Masse und Beschleunigung des Massenpunkts. F~ = m · ~r¨ = p~˙ (. . . f ür m = const) 3. Newton’sches Axiom (Wechselwirkungsgesetz) Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich, oder die Wirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich und von entgegengesetzter Richtung. F~12 = −F~21 4. Newton’sches Axiom (Superpositionsprinzip) Die auf einen Massenpunkt einwirkende Kräfte lassen sich vektoriell addieren und somit zu einer einwirkenden Gesamtkraft zusammenfassen. X F~ = F~i i 3 Konservative Kräfte Kraft ist genau dann konservativ, wenn gilt: rotF~ = ∂Fz ∂y ∂Fx ∂z ∂Fy ∂x − − − ∂Fy ∂z ∂Fz ∂x ∂Fx ∂y =0 3. Bewegte Bezugssysteme In Σ : In Σ0 : ~r d~r dt |{z} Ortsvektor ~r = ~r(t) Ortsvektor ~r˜ = ~r˜(t) = ~r0 + ~r0 = d~r0 d˜~r˜ + +ω ~ × ~r˜ dt dt |{z} |{z} ~v˜ ~v ~v0 | ~v ~v˜ ~v0 ~vF ... ... ... ... d~v dt = {z ~vF } Absolutgeschwindigkeit Relativgeschwindigkeit T ranslationsgeschwindigkeit F ührungsgeschwindigkeit (f ür ~v˜ = 0) d˜~v˜ d~v0 d~ω ˜ ~ + × ~r + ω ~ × (ω × ~r˜) + |2~ω{z × ~v˜} + | {z } dt |{z} dt dt ~acor ~az ~a | 0 {z } ~aF ~a0 . . . ~az . . . ~acor . . . ~aF . . . T ranslationsbeschleunigung Zentrif ugalbeschleunigung Coriolisbeschleunigung F ührungsbeschleunigung (f ür ~v˜ = 0; zeitl. Ableitung der F ührungsgeschwindigkeit) Grundgleichung der Dynamik ¨ ˙ m~r˜ = F~ − m~r¨0 − mω ~˙ × ~r˜ − m~ω × (~ω × ~r˜) − 2m~ω × ~r˜ 4 4. Erhaltungssätze 1. Impulsbilanz Die zeitliche Änderung des Impulses ist gleich der einwirkenden Gesamtkraft. d~p = F~ dt Aus der Impulsbilanz folgt für F~ = 0 der Impulserhaltungssatz: d~p =0 dt ⇒ p~ = const 2. Energiebilanz m~r¨ = F~ | · ~r˙ d 1 ˙ 2 ¨ ˙ m~r · ~r = m ~r = F~ · ~r˙ =: P dt 2 Die zeitliche Änderung der kinetischen Energie ist gleich der Leistung der einwirkenden Gesamtkraft. dT =P dt Unter der Einbeziehung eines Potentials U (konservative Kraft) folgt: i ~ · ~r˙ = − ∂U dx = − dU P = F~ · ~r˙ = −∇U ∂xi dt dt Hieraus folgt der Energieerhaltungssatz: d (T + U ) = 0 dt ⇒ T + U = E = const Berechnung des Potentials einer konservativen Kraft F~ = −gradU 1. Möglichkeit Z U =− 5 F~ d~r 2. Möglichkeit Z ∂U Fx = − ∂x ∂U Fy = − ∂y ∂U Fz = − ∂z → U =− Fx dx + f1 (y, z) Z → U =− Fy dy + f2 (x, z) Z → U =− Fz dz + f3 (x, y) Für ein Massenpunktsystem gilt: • Die gesamte kinetische Energie des MP-Systems ergibt sich aus der Summe der kin. Energie des Gesamtkörpers (Energie des Massenmittelpunktes) und der kin. Energien aller MPs in demselben Körper“. ” N 1 2 X1 2 T = mṙc + mν r̃˙ν 2 2 ν=1 • Die gesamte potentielle Energie des MP-Systems ergibt sich aus der Summe der auf jeden einzelnen Massenpunkt wirkenden externe pot. Energie (bspw. Erdanziehung) und aller pot. Energien die zwischen den Massenpunkten wirken (bspw. Anziehungskräfte). N N X 1 X Uνµ (rνµ ) + Uν (rν ) U= 2 ν,µ=1 ν=1 3. Drehimpulsbilanz ~r × | m~r¨ = F~ ¨ × ~r = d ~r × ~r˙ = ~r × F~ =: M m~r dt Die zeitliche Änderung des Drehimpulses ist gleich dem einwirkenden Gesamtdrehmoment. ~ dL ~ =M dt ~ = 0 der Drehimpulserhaltungssatz: Aus der Drehimpulsbilanz folgt für M ~ dL =0 dt ⇒ 6 ~ = const L Für Massenpunktsysteme gilt: Die zeitliche Änderung des Gesamtdrehimpulses eines MP-Systems ist gleich dem Gesamtdrehmoment der äußeren Kräfte, sofern die inneren Zentralkräfte sind. ~ dL ~ ext =M dt 4. Massenmittelpunktsatz (Schwerpunktsatz) Dieser Satz findet nur in Massenpunktsystemen Anwendung. In solchen gilt (2. N.A. für N Körper): N X ext ¨ ~ ~ Fν = mν ~rν = Fν + F~νµ µ=1 Summation über die N Bewegungsgleichungen ergibt: N X mν ~r¨ν = ν=1 N X N X N X F~νext + ν=1 F~νµ ν=1 µ=1 | {z } ~νµ =−F ~µν =0 weil F = N X F~νext = F~ ext ν=1 M it p~ = N X p~ν = ν=1 N X mν ~r˙ν f olgt : ν=1 d~p = F~ ext dt Die zeitliche Änderung des Gesamtimpulses eines MP-Systems ist gleich der Resultante der auf das System einwirkenden äußeren Kräfte P P Aus ~rc = m1 mν ~rν und m = mν ergibt sich für den Gesamtimpuls X p~ = mν ~r˙ν = m~r˙c und somit für den Schwerpunktsatz: m~r¨c = F~ ext Der Massenmittelpunkt eines MP-Systems bewegt sich so, als ob in ihm die gesamte Masse des Systems konzentriert wäre und an ihm die Resultante aller äußeren Kräfte wirkte. 7 5. Virialsatz Der zeitliche Mittelwert der kinetischen Energie ist gleich dem halben Virial des MP-Systems. T = 1X 1X ~ νU mν ṙν2 = ~rν · ∇ 2 2 5. Das D’Alembert’sche Prinzip Arten von Nebenbedingungen: • Holonome NB sind Zwangsbedingungen, die als Gleichungen formulierbar sind. Sie sind weiter unterteilt in: – Skleronome (starre) Zwangsbedingungen, wenn diese nicht explizit von der Zeit abhängen. – Rheonome (fließende) Zwangsbedingungen, wenn diese explizit von der Zeit abhängen. 3N X ∂fk ∂fk dxi + dt = 0 fk (~x, t) = 0 ⇒ dfk = ∂xi ∂t i=1 • Anholonome NB sind Zwangsbedingungen, die nicht in dieser Form formulierbar sind, z.B. Ungleichungen. Bspw.: – Beschränkung des Massenpunktes auf einen Raumbereich – Abhängigkeit der Beschränkungen von der Geschwindigkeit – D.h. es existiert keine Funktion fk , sodass gilt dfk = 3N X fki (~x, t)dxi + fk0 (~x, t)dt = 0 i=1 Virtuelle Verrückungen Unter einer virt. Verrückung δ~ri verstehen wir eine gedachte Ortsveränderung der i-ten Punktmasse, die folgende Bedingungen erfüllt: 1. δ~ri ist infinitisimal klein, 2. δ~ri ist mir den Nebenbedingungen vereinbar, 3. δ~ri ist nur für δt = 0 definiert, d.h. Verrückung erfolgt zu einem festen Zeitpunkt. 8 D’Alembert’sches Prinzip Zwangskräfte leisten bei virtuellen Verrückungen keine Arbeit. 3N X F̃i ∂xi = i=1 3N X (mi ẍi − Fi ) ∂xi = 0 i=1 Gleichgewichtsfall (ẍi = 0) ⇒ Prinzip der virtuellen Arbeit Ein MP-System ist nur dann im Gleichgewicht, wenn die gesamte virtuelle Arbeit der am System angreifenden eingeprägten Kräfte verschwindet bzw. nicht positiv ist. 3N X Fi ∂xi ≤ 0 i=1 Die Erhaltungsstze bleiben weiterhin gültig, wenn unter den einwirkenden Kräften alle wirkenden Kräfte verstanden werden. X F~νµ F~ν = F~νext + µ 6. Lagrange’sche Mechanik Lagrange’sche Gleichungen I. Art Aus dem D’Alembert’schen Prinzip und anholonomen Bedingungen 3N X fki dxi + fk0 dt = 0 (k = 1, 2, . . . , r) i=1 folgt mit δt = 0 und nach einem Durchmultiplizieren mit einem Lagrange’schen Multiplikator λk : ! 3N r X X mi ẍi − Fi − λk fki ∂xi = 0 (3N − r = f ) i=1 k=1 ⇒ Lagrange-Gleichung I.Art: mi ẍi = Fi + r X λk fki k=1 9 (i = 1, 2, . . . , 3N ) Für die Zwangskräfte gilt: F̃i = r X λk fki k=1 Speziell für holonome Bedingungen gilt: F̃i = r X k=1 λk ∂fk ∂xi Lagrange’sche Gleichungen II. Art d ∂L ∂L − = 0 dt ∂ q̇i ∂qi (i = 1, 2, . . . , f ) M it L = T − U Zyklische Koordinaten . . . sind generalisierte Koordinaten, von den die Lagrange-Funktion nicht abhängt. Sie geben Anlass zu Erhaltungssätzen: ∂L =0 ∂qi ⇒ ⇒ d ∂L =0 dt ∂ q̇i ∂L = const ∂ q̇i 7. Hamilton’sche Mechanik Hamilton’sche Prinzip (Prinzip der kleinsten Wirkung) Die von einem MP-System (im Konfigurationsraum) tatsächlich durchlaufene Bahnkurve zeichnet sich gegenüber den zugelassenen Vergleichsbahnen dadurch aus, dass für sie die Wirkung einen Extremwert - meist ein Minimum - annimmt. (∂S = 0) Zugelassene Vergleichsbahnen sind in ihrem Verlauf nur in ihren Endpunkten invariant zur eigentlichen Bahn, und diese entsprechen auch den Endpunkten der tatsächlichen Bahn. Wikipedia: Das Prinzip besagt, dass für ein physikalisches System mit einer Lagrange-Funktion L das Wirkungsintegral Z S(q) = L dt 10 minimal (oder stationär) sein muss. Die Integration erfolgt dabei über einen festen Zeitbereich und für genau eine formell mögliche Realisierung des Systems, q genannt. Von allen möglichen Realisierungen q finden in der Natur nach dem Prinzip der stationären Wirkung genau solche qstat statt, bei denen S(qstat ) stationär ist. Hamilton-Funktion H= f X pi q̇i − L i=1 Die in Aufgaben gesuchte Hamilton-Funktion hängt in der Regel nur von qi , pi und t ab. Somit ist ein Weg zu finden um q̇i zu ersetzen und die Hamilton-Funktion neu aufzuschreiben. Hängt die Hamilton-Funktion nicht explizit von der Zeit ab, ist diese gerade die Energie des Systems. dH ∂H =0 → =0 → H = T + U = const ∂t dt Kanonische Gleichungen ṗi = − ∂H , ∂qi q̇i = ∂H ∂pi Andere nützliche Gleichungen ∂H ∂L =− , ∂t ∂t 11 pi = ∂L ∂ q̇i