Umgang mit schüchternen und zurückhaltenden Kindern

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Theaterpädagogik
Grundlagen des szenischen Spiels
„Kinder sind schüchtern, haben plötzlich Spielhemmungen, halten das Gefühl des
Beobachtet-Seins nicht aus, können nicht Augenkontakt halten.“
Bearbeitung der Aufgabenstellung
Bearbeitung durch
Mag. Wolfgang Rohm
Matr. Nr. 8003452
Ottensheim, 6. Juni 2011
Inhaltsverzeichnis
Aufgabenstellung 2..................................................................................................................... 4
Kinder sind schüchtern, haben plötzlich Spielhemmungen, halten das Gefühl des BeobachtetSeins nicht aus, können nicht Augenkontakt halten. ................................................................. 6
1. Bedürfnisse ......................................................................................................................... 7
A)
die Liebe ................................................................................................................... 8
B)
die rechtliche Anerkennung ..................................................................................... 9
C)
die soziale Wertschätzung ..................................................................................... 10
2. soziale Angst ..................................................................................................................... 11
3. Schüchterne Verhaltensweisen ........................................................................................ 14
4. Grundlagen der Theaterpädagogik .................................................................................. 15
5. Die Reduktion sozialer Ängste .......................................................................................... 17
mögliche theaterpädagogische Interventionen ............................................................... 19
persönlicher Kommentar ......................................................................................................... 23
Literatur .................................................................................................................................... 24
W. Rohm, 2011. Grundlagen szenischen Spiels – Aufgabenstellung 2
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AUFGABENSTELLUNG
Durch welche Übungen können folgende mögliche auftretende Probleme beim
Spiel/Rollenspiel gelöst werden?
Bearbeite eines von den sechs Statements unter Beachtung nachstehender Punkte:
• Theoretische Untermauerung
• Spielauswahl (3 – 5)
• Persönlicher Kommentar
1. Die Kinder sind aufgeregt, laut, überdreht, „kämpfen“ um die Rolle und machen Unsinn,
wenn sie nicht dran kommen.
2. Kinder sind schüchtern, haben plötzlich Spielhemmungen, halten das Gefühl des
Beobachtet-Seins nicht aus, können nicht Augenkontakt halten.
3. Kinder können Rollen nicht ausreichend mit Gestik und Mimik darstellen, Rolle „kommt
nicht rüber“
4. Kindern fällt mitten im Spiel kein Text ein – Spielblockaden.
5. Es wird im Spiel nicht auf einander eingegangen. Jeder spielt ohne Kooperation oder
Interaktion vor sich her.
6. Es drängen sich immer die selben Kinder zum Spiel und zur Übernahme einer Rolle,
manche Kinder wollen nur mit bestimmten Personen spielen.
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KINDER SIND SCHÜCHTERN, HABEN PLÖTZLICH SPIELHEMMUNGEN, HALTEN DAS
GEFÜHL DES BEOBACHTET-SEINS NICHT AUS, KÖNNEN NICHT AUGENKONTAKT
HALTEN.
Der öffentliche Auftritt ist oft
peinlich und mit einer Art Scham
behaftet, die eintritt, bevor es noch
etwas zu schämen gibt. Das
Versagen wird antizipiert und die
Reaktion des Schämens wird
vorweggenommen. Dahinter steht
die Angst zu versagen und die Angst
vor Zurückweisung, die Angst vor
dem Liebesentzug und schließlich
die Angst davor, alleine zu bleiben.
Versagen birgt stets ein Gefühl der Entwertung in sich sowie die Sorge um die soziale
Einschätzung der eigenen Person und um die Veränderung dieser Einschätzung ins Negative.
Es ist die Angst nicht zu entsprechen und damit einhergehend die Angst vor der sozialen
Ablehnung, die Angst geächtet und nicht geliebt zu werden (Rost 2005, S. 355). Den
Hintergrund dieser Ängste bildet das Grundbedürfnis nach Sozialkontakten, nach Annahme
und Zuwendung und nach Anerkennung. Schüchterne Zurückhaltung in den Sozialkontakten
kann ein Ausdruck ebensolcher Ängste sein. Damit einher gehen kann auch, dass diese
Kinder selbst noch das Gefühl des Beobachtet-Werdens als kaum auszuhalten empfinden.
Der direkte Kontakt wird vermieden und der Augenkontakt, als unmittelbare Verbindung
vom eigenen Inneren zum Inneren der Interaktionspartner kann nicht gehalten werden.
Hinsichtlich des Phänomens selbst lassen sich verschiedene Abstufungen beobachten.
Zunächst gibt es durchaus Kinder, die eher zurückhaltend sind, als höflich und
zuvorkommend erscheinen, die lediglich über eine geringe Anzahl an Sozialkontakten
verfügen und im Großen und Ganzen eher ruhig auftreten. Diese Kinder verfügen im
Allgemeinen zwar über eine gewisse Zurückhaltung, aber noch über keine ausgeprägte
Hemmung, sich auf einer Bühne (Schauspiel, Schule oder anderswo) zu zeigen. Werden sie
aufgefordert zu spielen, dann ist es dieser Gruppe von Kindern im Allgemeinen kein Problem,
auch aufzutreten.
Anders gelagert ist der Fall, wenn es sich um ein Kind handelt, das als in sich gekehrt
erscheint und unter seinen subjektiv erlebten Schwierigkeiten, soziale Kontakte aktiv
knüpfen zu können, leidet. Dieses entspricht dann auch am deutlichsten unserem Bild des
„schüchternen Kindes“. Dabei handelt es sich um solche Kinder, denen einerseits das
Knüpfen von Sozialkontakten ausgesprochen schwer fällt, ja bisweilen geradezu unmöglich
wird, und denen andererseits insbesondere verbale Anforderungen besondere
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Schwierigkeiten zu bereiten scheinen. Die extreme Ausprägung dieser Schüchternheit findet
sich schließlich in Form der Sozialphobie, also in der krankhaft übersteigerten Angst vor der
Begegnung mit anderen Menschen.
Hinsichtlich des Auftretens von als „schüchtern“ kategorisierte Verhaltensweisen sind
insbesondere zwei gesondert zu betrachtende Typen zu differenzieren, die zwar nach außen
hin mitunter als ident erscheinen, aber dennoch völlig unterschiedliche Ursachen aufweisen
und denen daher, will man nicht lediglich auf der Symptomebene verbleiben, auch auf
unterschiedlicher Weise zu begegnen ist.
a) Kinder, die auf Grund von Belastungserlebnissen Stressreaktionen zeigen und die
dann versuchen, diese Situation durch Rückzug zu bewältigen.
b) Kinder, die vor einer bestimmten Situation Angst erleben und aus dieser Angst heraus
den Rückzug in die Schüchternheit antreten.
Während die erste Situation eher zu plötzlichen und meist unvorhersehbaren Spiel- und
Textblockaden führt, ist es die zweite Situation, in der es zu Hemmungen kommt, obwohl
keine Spiel- und Textblockaden vorhanden sind. Hier soll vor allem die zweite Bedingung
unter folgendem Dreischritt untersucht werden: Bedürfnisse – Angst vor Nichterfüllung –
schüchternes Verhalten.
1. BEDÜRFNISSE
Das Leben des Menschen wird bestimmt durch mehr oder weniger bewusst gelebte
Bedürfnisse. Die bekannteste Darstellung dazu bildet die Bedürfnispyramide von Abraham
Maslow (1987), die von den physiologischen Grundbedürfnissen bis hin zum Bedürfnis auf
Selbstverwirklichung reicht und einen hierarchischen Aufbau aufweist. Die Theorie Maslows
besagt, dass stets erst die unteren Bedürfnisse befriedigt werden müssen, ehe sich höhere
zu Wort melden können. So plausibel und einleuchtend diese Theorie auch ist, so deutlich ist
ihr entgegen zu halten, dass sie empirisch nicht belegt ist und in Teilen auch gar nicht belegt
werden kann, womit die Wissenschaftlichkeit der dort getroffenen Aussagen in Frage zu
stellen ist.
Im Zusammenhang mit der (Selbst-)darstellung in öffentlichen Szenen scheint vor allem das
Bedürfnis nach Anerkennung im Vordergrund zu stehen. Dabei handelt es sich um ein breit
gefächertes Grundbedürfnis des Menschen, das die wesentlichen Elemente des sozialen
Zusammenlebens umfasst. Der Theorie von Axel Honneth (1994) folgend, lässt sich dieses
Bedürfnis nach Anerkennung in drei Teilbereiche zerlegen, in denen Anerkennung möglich
ist:
• Die Anerkennung durch Liebe
• Die rechtliche Anerkennung durch Gleichstellung
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• Die Anerkennung der Leistungen, Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften.
Alle drei Formen zeigen grundlegende Auswirkungen auf das, wie Honneth dies bezeichnet,
„Selbstverhältnis“ und bilden so die Basis dessen, wie ein Mensch in öffentlichen Situationen
handelt.
A) DIE LIEBE
Honneth versteht unter dieser Form der Anerkennung alle Beziehungen, die nach den
Mustern der erotischen Zweierbeziehungen, Freundschaften und Eltern-Kind-Beziehungen
aus starken emotionalen Gefühlsbindungen zwischen wenigen Personen bestehen. Die Basis
dieser Form der Anerkennung bildet die affektive Zustimmung zur Person als Person. Als
Grundmuster dient dabei die zunächst symbiotische Beziehung zwischen Mutter und Kind,
die eine totale beidseitige Abhängigkeit mit sich bringt. Im Rahmen des Ablöseprozesses
lernt das Kind, dass es auf die liebevolle Zuwendung durch eine andere Person angewiesen
ist, die unabhängig von ihm selbst als Wesen mit eigenen Ansprüchen existiert. Die Liebe im
Erwachsenenalter stellt dann ein Wiederaufleben dieses ursprünglichen Verschmelzungserlebnisses dar. Eine solche kann allerdings nur dann entstehen, wenn der Partner als eine
unabhängige Person anerkannt wird. Liebe ist gekennzeichnet durch starke emotionale
Zuwendung und durch Unterstützung von Selbständigkeit durch die andere Person. Die
Anerkennung erfolgt in Form eines bedingungslosen Schätzens des Menschen, unabhängig
von dessen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die Erfahrung von Liebe stellt eine
unabdingbare Voraussetzung dar, um überhaupt am öffentlichen Leben teilnehmen zu
können.
Liebe, als Form sozialer Anerkennung, wirkt sich unmittelbar auf das Selbstvertrauen aus.
Ein Mangel an solcher emotionaler Zuwendung in Form von Vernachlässigung oder
Misshandlung stellt einen Angriff auf dieses dar und wirkt sich in weiterer Folge auf das
eigene Verhalten sowohl in Beziehungen und Begegnungen aus. Ein Mangel an
Selbstvertrauen schwächt das von Alfred Adler (1927/1966) so bezeichnete
Gemeinschaftsgefühl und baut im Gegenzug dazu das Gefühl von Minderwertigkeit auf, das
sich im pathologischen Fall, bis zum Minderwertigkeitskomplex zu steigern vermag. Der
Mensch wird, so die Theorie Adlers, ohnehin schon als Mängelwesen geboren und ist auf die
Zuwendung durch andere Menschen existentiell angewiesen. Nach außen hin wird dieser
Überhang an Minderwertigkeit gegenüber dem Gemeinschaftsgefühl zum einen durch
aggressive Handlungen sichtbar und zum anderen durch Zurückgezogenheit, Zaghaftigkeit
und Angst.
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B) DIE RECHTLICHE ANERKENNUNG
In traditionalen Gesellschaften ist die Anerkennung als Rechtsperson an die soziale
Wertschätzung eines Menschen auf Grund der ihm zukommenden sozialen Rolle und der
Zugehörigkeit zu einer sozialen Statusgruppe gebunden. Es entstehen asymmetrische,
hierarchische Anerkennungsverhältnisse. Zu beobachten ist ein solches Verhältnis recht
deutlich in Ländern wie beispielsweise in Saudi-Arabien, wo Frauen dafür bestraft werden,
ein Auto auf öffentlichem Grund gelenkt zu haben, oder bis zum Jahr 1974 in der Schweiz,
wo bis zu diesem Zeitpunkt Frauen das Wahlrecht versagt geblieben war. Frauen und
Männer verfügen in derartigen Gesellschaften über unterschiedliche, im Regelfall auch
religiös untermauerte Rollen und dem zu Folge auch über verschiedene Zugänge zur
rechtlichen Anerkennung. Wenn auch nicht so krass wie in Saudi-Arabien, aber dennoch mit
massiven Auswirkungen auf die Lebensgestaltung ist auch in einem Staat der vorgeblichen
Moderne, wie dies etwa Österreich darstellt, immer noch eine deutliche Trennung zwischen
Frauen und Männern hinsichtlich der sozialen Rollen und dem damit verbundenen Status zu
beobachten. Noch deutlicher ist dieser Unterschied in Organisationen mit expliziter
Hierarchie zu sehen: Krankenhäuser oder Schulen zum Beispiel. Während den Statushöheren
dort offensichtlich mehr Rechte zugestanden werden, wird von den Statusniedrigeren
erwartet, dass diese sich der vorgegebenen Hierarchie und Ordnung selbstverständlich
unterwerfen.
Dabei sind es nicht alleine die kodifizierten Normen, die da wirksam werden, sondern
durchaus auch und in einem kaum zu unterschätzenden Ausmaß, die informellen,
insbesondere Gruppennormen. Eine Schulklasse umfasst eine zu hohe Anzahl an
Schülerinnen und Schüler, als dass sich dort nicht von selbst Normen und Hierarchien
etablieren. Dabei entstehen Machtgefälle, die sich auch auf das Verhalten und darauf, wer
was tun darf und was nicht tun darf, auswirken. Wenn auch die kodifizierte Gleichstellung
durchaus vorhanden ist, so wirkt die informelle Ungleichstellung offenbar in einem stärkeren
Ausmaß und überlagert die kodifizierte Form der rechtlichen Anerkennung. Was der Eine tun
darf, ist dem Anderen noch lange nicht gestattet.
Die vollständige rechtliche Anerkennung beruht auf dem Prinzip der Gleichheit unter
Loslösung von der sozialen Rolle. Die Anerkennung erfolgt aufgrund von allgemeinen
Eigenschaften, die eine Person zur Person machen. Die Verhältnisse sind im Idealfall
symmetrisch.
Der Mangel an rechtlicher Anerkennung wirkt sich insbesondere auf die Selbstachtung aus,
die erst der vollen Achtung des Menschen als vollberechtigter Mensch entwachsen kann. Die
innere Freiheit des Anders-seins kann erst dort zur vollen Entfaltung kommen, wo die äußere
Freiheit nicht durch normative Einschränkungen beschnitten wird. Das gilt für die
Gleichbehandlung von Mann und Frau ebenso wie für die Behandlung von Menschen
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unterschiedlicher Herkunft wie auch für Szenen des Mikrokosmos einer Theaterbühne. Das
gleiche Recht für alle am Spiel Beteiligten stellt überhaupt erst das volle Teilnahmevermögen
sicher. Der Ausschluss von Rechten bewirkt ein mehr oder weniger massiv wirkendes Gefühl
der „Entrechtung“. Auf der Seite der Gemeinschaft im Kleinen oder der Gesellschaft im
Großen bewirkt die Unterstellung, dass eine Person nicht über die gleiche Rechtsfähigkeit
verfügt wie andere Personen, dass die Interaktionspartner sich schließlich als ungleichwertig
empfinden. Ein Prozess der Exklusion ist in Gang gesetzt, an dessen Ende der vollständige
Ausschluss und die Aberkennung des Existenzrechtes als Mensch stehen.
C) DIE SOZIALE WERTSCHÄTZUNG
Diese Form der Anerkennung steht auf der Basis der sozialen Wertschätzung auf Grund von
Besonderheiten des Menschen. Individuelle Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Eigenschaften
sind es, worauf hier das Augenmerk gelegt wird. In diesem Fall muss die Anerkennung
erarbeitet werden und erfolgt im Wesentlichen auf Grund von Leistungen und durch vor der
Umwelt wahrgenommene Eigenschaften, welche als gesellschaftlich wertvoll erachtet
werden. Schule an sich wäre prädestiniert dafür, als Ort dieser Form der Anerkennung zu
fungieren. Selektionsmechanismen und Defizitorientierung stehen der Nutzung dieser
Chance allerdings entgegen. Prüfungen, insbesondere schriftliche Tests und Schularbeiten
werden im Regelfall nach der Anzahl der Fehler beurteilt. Das heißt, dass die Lehrperson sich
auf die Suche nach den gesetzten Fehlern macht und nicht nach dem, was richtig ist. Das
Falsche erregt die Aufmerksamkeit, das zu Korrigierende, das Defizit, das abgebaut werden
muss.
Das Gegenstück zur Anerkennung durch soziale Wertschätzung findet sich in der Beleidigung
und Entwürdigung des Menschen. Leistungen, Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Eigenschaften
werden als minderwertig angesehen und beurteilt und es kommt zu einer sozialen
Entwertung der Person. Schule als Ort, an dem es explizit zu Bewertungen von Leistungen
kommt, bildet daher auch einen wesentlichen Ort der Entwertung und der Demütigung des
Menschen.
Die soziale Wertschätzung zeigt seine unmittelbaren Auswirkungen auf den Selbstwert des
Menschen. Branden (2005, S. 18) bezeichnet das Vertrauen auf den eigenen Verstand und
das Wissen, dass man es wert ist, glücklich zu sein als die „Essenz“ des Selbstwertgefühls. Je
höher dieses Selbstwertgefühl im Menschen dosiert ist, desto stärker ist der Drang in ihm,
sich selbst zum Ausdruck zu bringen (ebd. S. 20). Ein geringer Selbstwert hindert den
Menschen am Ausdruckshandeln, macht ihn unsicher und schwächt ihn schließlich in seinem
sozialen Verhalten und in seiner sozialen Position. Menschen mit hohem Selbstwert
betrachten Andere nicht als eine Bedrohung und sind daher viel mehr dazu in der Lage, sich
selbst und ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf
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das Verhalten in unterschiedlichen Szenen, sei es im theatralen Spiel, sei es im schulischen
oder auch im alltäglichen Auftritt.
2. SOZIALE ANGST
Kinder, die schüchtern, zurückhaltend, leise und im Hintergrund agieren, sind oft betroffen
von Angst, die sich auf ihre Mitmenschen bezieht, eine Angst, die Folge des mangelhaft
entwickelten Selbstgefühls infolge fehlender oder defizitärer Anerkennung ist. Sie beinhaltet
Angst vor Menschen und bestimmten Situationen, vor dem Verhalten anderer Menschen
(beobachtet werden, ausgelacht zu werden), Angst vor dem eigenen Verhalten (z. B. in
Gesellschaft aufzufallen), Angst vor den eigenen Gefühlen und Gedanken und die Angst,
anderen die eigenen Gefühle und Gedanken mitteilen zu müssen. Die Angst der Kinder mit
schüchternen Verhaltensweisen hat viele Gesichter und bringt, ja nötigt mitunter Menschen
dazu, bestimmte Situationen und Begegnungen zu meiden.
Grundsätzlich kann ja das Verhalten von Menschen unterschieden werden in Annährungsund Vermeidungsverhalten. Das mag äußerlich mitunter völlig ident aussehen und ist
dennoch vom Motiv her betrachtet, das zur Handlung führt, sehr unterschiedlich. Nehmen
wir zum Beispiel das Lösen einer Gleichung im Rahmen der Mathematikhausübung. Von
einem Annäherungsverhalten ist zu sprechen, wenn diese Tätigkeit aus Interesse an der
Sache heraus in Angriff genommen wird. Ein Vermeidungsverhalten liegt dem gegenüber
dann vor, wenn negativen Konsequenzen (schlechte Noten, schimpfende Eltern, Hausarrest)
ins Haus stehen, aus dem Weg gegangen wird. Man kann ein Glas Bier trinken, weil es
schmeckt, oder man ein Glas Bier trinken, um sich nicht mit anderen Problemen befassen zu
müssen. Die Liste der Möglichkeiten, dass auf Grund unterschiedlicher Motive gleich
erscheinende Verhaltensweisen gesetzt werden, kann ins Unendliche fortgesetzt werden.
Schüchtern erscheinendes Verhalten ist also zuerst dahingehend zu differenzieren, ob es sich
um ein Annäherungsverhalten oder um ein Vermeidungsverhalten handelt, wobei davon
auszugehen ist, dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um ein Vermeiden von angstbesetzten
Situationen handelt (Schwäbisch; Siems. 1974. S. 38). Im darstellenden Spiel kann von
Annäherungsverhalten dann gesprochen werden, wenn etwa ein Kind aus Höflichkeit einem
anderen den Vortritt lässt, aber keineswegs dann, wenn das eigene Spiel- und
Handlungsinteresse in den Hintergrund gedrängt wird, um damit einer Angst auszuweichen.
Das Problem der Vermeidungshaltung besteht nicht in der Vermeidung an sich, sondern
darin, dass es sich mit der Zeit zu einem starren und unbeweglichen Muster verfestigt, an
dem mehr und mehr festgehalten werden „muss“, um sich nicht unbeliebt zu machen.
Darüber hinaus wird die Fassade der Ruhe und Unauffälligkeit, insbesondere bei länger
andauernden Sozialkontakten mit der Zeit unglaubwürdig. Das Kind erscheint dann in den
Augen der Anderen als nicht mehr „echt“. Und oft steht hinter dem freundlichen Gesicht
eines Kindes nichts Anderes als die Vermeidung angstmachender Situationen.
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Menschen, die Angst davor haben, von anderen verletzt, angegriffen oder abgelehnt zu
werden, beginnen verschiedene Rollen zu spielen. In einer Schulklasse kann dies
Verschiedenes sein: der Klassenkasper, der Held, der Sündenbock, der Draufgänger, der
Macho, der Chef, die Schöne, das Biest, ... Unzählige Möglichkeiten tun sich da auf. Dahinter
steht die Notwendigkeit, sich mittels Masken und Rollenspiel vor Verletzungen,
Ablehnungen und letztlich auch vor der eigenen Angst zu schützen. Verschiedene
Überlebensstrategien also, um den Alltag zu überstehen.
Vermeidungsstrategien können dabei hilfreich sein, um gegen das Gefühl, nicht akzeptiert zu
werden, anzukämpfen. Ihnen wohnt allerdings auch der Nachteil inne, dass die
ursprüngliche Angst nicht reduziert wird und im Unterbewusstsein ungehindert weiter wirkt.
Der Mensch entfernt sich immer weiter von sich selbst und gelangt schließlich zu einer mehr
oder weniger starken Selbst-Entfremdung.
EXKURS: BESTRAFUNG
Soziale Angst wird dort erzeugt, wo mittels Bestrafung in die Entwicklung eines Menschen
eingegriffen wird. Das kann formell in der Erziehung, in der Schule oder vor Gericht
geschehen, und das geschieht jedenfalls informell immer wieder in Gruppen durch
Entrechtung und Exklusion, also durch einen Mangel an rechtlicher Anerkennung.
Negative Konsequenzen in Form einer Bestrafung erzeugen Angst und ziehen ein
Vermeidungsverhalten nach sich, zumindest so lange, wie der Bestrafungsreiz wirksam ist.
Damit kann zwar für eine gewisse Zeit ein bestimmtes, auch sozial unerwünschtes Verhalten
unterdrückt werden, aber eine echte Umorientierung und Haltungsveränderung findet nicht
statt. Im Gegenteil: Erzeugt wird eine De-Formierung des Menschen mittels Angst. Angst
wiederum erzeugt Schuldgefühle, die lediglich dazu führen, dass die angstauslösenden
Bereiche nach und nach aus dem Leben des Menschen ausgeklammert werden. Die
bevorzugte Methode dafür ist die Verdrängung. Der Entstehung neurotischer Strukturen
wird Tür und Tor geöffnet. Der Bestrafung folgt beim Kind kaum eine
Verhaltensveränderung, sondern ein stetig steigender Mangel an Erfolgszuversicht und ein
Unterschätzen der eigenen Leistungsfähigkeit – ein wesentliches Kennzeichen der
sogenannten schüchternen Kinder.
Der Charakter der Strafe besteht grundsätzlich in einer Form der Machtausübung und des
Machterweises. Der/Die Bestrafende zeigt durch die Bestrafung an, wer hier das Sagen hat –
mehr eigentlich nicht. Bei dem bestraften Kind sind bestenfalls kurzfristige
Verhaltensadaptionen zu beobachten. Langfristig werden sich eher negative Folgewirkungen
einstellen. Strafen sind für die Erzielung einer Verhaltensveränderung eher unwirksam, ja
bisweilen durchaus kontraproduktiv und sind, im Gegenteil, in der Lage, das negative
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Verhalten sogar noch zu verstärken. Was durch Bestrafung allerdings erreicht werden kann,
ist eine kurzfristige Bekämpfung der eigenen Ohnmacht des/der Bestrafenden.
In Gruppensituationen, wie dies auch im Rahmen einer Theaterarbeit mit einer
Kindergruppe der Fall ist, kommen immer wieder verschiedene Formen der
Verhaltenssanktionierung zum Einsatz. Diese bestehen in Kommentaren sowohl durch den
Spielleiter/die Spielleiterin oder auch den Mitspielerinnen und Mitspielern. Negative
Rückmeldungen ohne Wertschätzung haben dabei den Charakter und die Auswirkungen von
Bestrafungen.
Die äußere Form der Bestrafung kann recht unterschiedlich sein. Die Palette reicht von der
körperlichen Züchtigung über Zwang zu Handlungen oder Unterlassungen, Liebesentzug bis
hin zu Anklagen in der Form: „Du bist ein schlimmes Kind!“. Alltägliche
Bestrafungshandlungen auf verschiedenen Ebenen zeigen sich beispielsweise durch
verletzen, auslachen, anklagen, ironisieren, herabsetzen, drohen, gehässig kritisieren,
anschreien, ausschimpfen, beleidigen, triumphierend provozieren, jammern und klagen,
Vorwürfe machen, ein leidendes Gesicht machen, sich zurückziehen. …
Subtiler erfolgen Bestrafungen etwa durch die Unterdrückung der forschenden Neugier
eines Kindes durch „Schutzmaßnahmen“, wenn beispielsweise einem Kind die
Entdeckungsreise ins Reich des Unbekannten verwehrt wird. Immer dann, wenn das Kind an
der freien Entfaltung gehindert wird, indem die Regungen des Kindes unterdrückt werden
oder notwendige Ressourcen nicht zur Verfügung gestellt werden, geschieht eine
Weichenstellung in Richtung der Entwicklung von sozialen Ängsten. Besonders groß ist diese
Gefahr dort, wo Kinder einer übergroßen Form der Behütung ausgesetzt sind, die es
verhindern will, dass diese Entdeckungen machen, aber auch, dass sie manchmal stolpern,
scheitern, Frustrationen erleiden oder sich weh tun. Die Mauern der familialen Schutzzone
erweisen sich dann als so mächtig, dass sie zum stahlharten Käfig werden können. Dem Kind
wird das schrittweise Verlassen dieses Käfigs verwehrt oder zumindest wesentlich erschwert.
Es reagiert mit Rückzug und Anpassung oder mit anderen Schutzmechanismen. Wenn Kinder
vermittelt wird, dass sie anders sein müssen, um akzeptiert zu werden (braver, netter,
freundlicher, gefälliger, …), dann werden sie versuchen, die Situation so weit als möglich zu
beherrschen. Der Rückzug hinter die Maske der Schüchternheit ist dabei nur ein Mittel unter
anderen. Ein anderes besteht darin, die Mitmenschen zu manipulieren, sich in den
Vordergrund zu schieben, oder auch durch besitzergreifendes Verhalten. Das sind dann
diejenigen Kinder, die sich vordrängen, vorausgehen wollen und ganz generell die Nähe und
Aufmerksamkeit der signifikanten Erwachsenen suchen, um von diesen Bestätigung zu
erhalten.
Eine Form der subtilen „Bestrafung“ besteht auch darin, das Kind Fehlanforderungen
auszusetzen. Das kann zum Einen geschehen durch Überforderung, gepaart mit darauf
folgenden negativen Rückmeldungen durch die Umwelt. Das kann aber auch geschehen
durch alle Kinder über einen Kamm scherende Standardisierungen, wie sie etwa dem
Schulwesen immanent sind. Solche „Leistungsstandards“, die für alle Schülerinnen und
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Schüler in der gleichen Weise gelten, sind dazu geeignet, einerseits die freie Entwicklung des
Kindes zu verhindern und andererseits dem Wachstum von Fehlanforderungen beständig
Nahrung zu geben. In der Arbeit mit Kindern einer Theatergruppe erscheint es daher als
unumgänglich, die Anforderungen aus dem Spiel mit den Möglichkeiten des Kindes zu
justieren.
3. SCHÜCHTERNE VERHALTENSWEISEN
„Da gibt es Schüler, die die Antwort wissen und die auf den Lehrer einen guten Eindruck
machen wollen, aber irgendetwas sorgt dafür, dass sie trotzdem stumm bleiben. Sie werden
am Handeln gehindert, weil der Wärter ihrem Inneren eingibt: ‘Du machst Dich lächerlich;
man wird dich auslachen; dies ist nicht der richtige Ort dafür; ich werde dir nicht die Freiheit
lassen, spontan zu handeln; lass deine Hand unten, melde dich nicht freiwillig, tanze nicht,
singe nicht, mach dich nicht bemerkbar; in Sicherheit bist du nur, wenn man dich nicht sieht
und nicht hört.’ Und der Gefangene in ihm beschließt, sich nicht auf die gefährliche Freiheit
eines spontanen Lebens einzulassen; er fügt sich brav.“ (Zimbardo, 1994, S. 16)
Schüchtern erscheinende Kinder leiden unter Situationen, in denen sie sich exponieren und
selbst präsentieren sollen. Das geschieht besonders häufig in der Schule und zwar
insbesondere in Prüfungssituationen. Durch die explizite Ankündigung der Bewertung der
Äußerungen des Kindes, wird die Situation dieser Kinder noch zusätzlich verschärft. Dabei
wird in derartigen Situationen von den Kindern erwartet, dass sie sich so in Szene setzen,
dass die Bewertung durch die Lehrerinnen und Lehrer positiv ausfällt. Der Vergleich zum
Theater liegt auf der Hand. Da wie dort ist zentraler Bestandteil der Situation das Gesehenwerden. Die Präsenz auf der Bühne ist der Präsenz in der Schule nicht unähnlich, wenn
Augen einen anstarren und Erwartungen gesetzt werden und jede Lebensäußerung einer
Bewertung unterliegt. In der Schule sind es die Noten, im Theater ist es die Kritik durch das
Publikum. Das Schweigen des Schüchternen im Unterricht ist dann vergleichbar mit dem
Schauspieler, der seinen Text nicht aufsagt, ja sogar bewusst verweigert, obwohl er ihn
kennt. Sie sind Gefangene ihrer selbst. Schüchterne inszenieren durch die Verweigerung ihre
Unauffälligkeit und Nichtanwesenheit.
Kinder, die unter Schüchternheit leiden, weisen eine reduzierte Wahrnehmung ihrer eigenen
Fähigkeiten und Kompetenzen auf. Sie fühlen sich den anderen Kindern gegenüber
unterlegen und unterschätzen dabei ihr eigenes Leistungsvermögen. Also wollen sie auch
nicht auffallen und ziehen sich zurück. Sie haben Angst, den Erwartungen, die an sie
herangetragen werden, nicht zu entsprechen. Dabei beeinträchtigen diese Kinder das Ideal
des „lebendigen Spiels“ im Theater ebenso wie das Ideal des „guten und lebendigen
Unterrichts“ in der Schule, mit dem Effekt, dass auf Seiten der Spielleiterinnen und
Spielleiter/Lehrerinnen und Lehrer Unmut, Ärger oder auch Hilflosigkeit erzeugt wird und
mitunter auch die eigene Eitelkeit als „guter“ Spielleiter/Lehrer gekränkt wird. Diese Kinder
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entsprechen dann in der Tat nicht den Erwartungen und bestätigen durch ihr Verhalten
schließlich ihre eigene Selbsterwartung, nicht entsprechen zu können. Eine Spirale der sich
selbst erfüllenden Prophezeiung ist in Gang gesetzt und dreht sich immer weiter nach unten.
Mitunter wird diesen Kindern dann auch ein Mangel an Interesse und an Motivation zum
Vorwurf gemacht.
Schüchterne Kinder verhalten sich ruhig und unauffällig. Es sind Kinder, die im Wesentlichen
keine Probleme bereiten und die insbesondere dort besonders positiv hervorgehoben
werden, wo das Leben und die Energie der anderen Kinder in aggressives Handeln
umschlagen. Unsere Aufmerksamkeit wird angezogen durch das Bewegte, durch das Laute,
durch das Verhalten, das sich in den Vordergrund drängt. Das Unbewegte und Ruhige bleibt
daneben oft unbeachtet und unberücksichtigt. Viele Kunststücke der Illusion und Zauberei
leben geradezu von diesem Effekt. Für die „schüchternen“ Kinder bringt dies zunächst den
vordergründig durchaus erwünschten Effekt mit sich, unauffällig und im Hintergrund zu
bleiben. Andererseits wird aber gerade dadurch die Angst und das Leiden, das damit
verbunden ist, weiter prolongiert.
4. GRUNDLAGEN DER THEATERPÄDAGOGIK
Was unter dem Begriff der „Pädagogik“ zu verstehen ist, mag noch den meisten Menschen
irgendwie klar sein. Etwas mit Erziehung der Kinder muss es sein; und eine Wissenschaft,
wegen dem –agogik am Ende des Wortes. Was das Ziel von Erziehung hingegen ist, darüber
gehen die Meinungen schon wieder auseinander. Gehorsam, Unterordnung, brav-sein, keine
Drogen nehmen und ähnliches mehr lässt sich hören, befragt man Menschen aus dem Volk.
Adorno (1971) erklärte die „Mündigkeit“ des Menschen zum Ziel der Erziehung und damit
auch zu dem, worum es in der Pädagogik gehen soll und muss.
Theaterpädagogik ist dann eine Form der Erziehung zur Mündigkeit vermittels theatraler
Mittel und Methoden. Knitsch (2007) definiert Theaterpädagogik als eine Form der
Kommunikation in ästhetischer Formgebung und spricht in weiterer Folge auch von
„ästhetischer Kommunikation“ (S. 13). Diese Art der Kommunikation eröffnet einen direkten
Zugang zur persönlichen Lebenswelt der jeweiligen Spielerinnen und Spieler. Wie auch
andere künstlerische Medien erfüllt das Spiel eine Brückenfunktion vom Spielleiter zur
Spielerin/zum Spieler und von diesem wiederum zurück zum Spielleiter sowie zu den
Mitspielerinnen und –spielern.
Kunst, und in besonderer Weise die Spiel-Kunst, übt darüber hinaus eine Mittlerfunktion
zwischen der Phantasie und der Realität aus. Durch das und im künstlerischen Schaffen wird
das Erhandelte durch den Schaffenden auch kognitiv verständlich, wodurch eine
Übertragung in den Alltag des Schaffenden möglich wird.
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Die ästhetische Form der Verfremdung, wie sie im Rahmen allen Kunstschaffens stattfindet,
bringt es mit sich, dass die Spieler/Maler/Bildhauer aus ihrer kognitiven und habituellen
Erstarrung herausgeholt und ihnen im Rahmen des Schaffensprozesses Alternativen zu
bisher gelebten und erfahrenen Mustern des Denkens und Handelns angeboten werden. Der
Patient heilt und das Kind erzieht sich schließlich selbst und der Erzieher/die Erzieherin tritt
nach und nach in den Hintergrund – wesentliche Schritte in Richtung Mündigkeit werden so
gesetzt. Darüber hinaus bringt das Spiel den nicht unangenehmen Nebeneffekt der
Erfahrung von Glück und von Spaß mit sich selbst und mit Anderen. Es setzt den Spieler
buchstäblich in Bewegung, oft in ungewohnte und neue Bewegung, und verführt diesen so
zum Handeln.
Die ästhetische Kommunikation des Spiels reicht aber über die Erfahrungen des Einzelnen
mit sich selbst hinaus. Vom Ich zum Du zum Wir. Der Einzelne ist nicht nur Individuum,
sondern stets auch Spiegelbild der Gesellschaft wie auch der gesellschaftlichen
Unterdrückung in der er lebt. Theaterpädagogik ist daher immer auch politisch zu
betrachten. Im Spiel erfolgt die Kontaktaufnahme zunächst vom Ich zum Du und vom Du
schließlich zum Wir der Gesellschaft und zum Empfinden der Gruppenzugehörigkeit.
Die Ausdrucksfähigkeit von Menschen stellt das Handwerkszeug für den sozialen Alltag dar.
Der Zugewinn an Sprache, Gestik, Mimik stellt damit auch einen Zuwachs an Fähigkeiten dar,
sich im Alltag in der Kommunikation und in der Begegnung mit anderen Menschen zu
behaupten.
Theaterpädagogik ist ressourcenorientiert. Das bedeutet, dass die bereits vorhandenen
Fähigkeiten der Spielerinnen und Spieler genutzt und entwickelt werden. Diese stellen
tragende Säulen des Ich zur Selbst-Seelenheilung dar. In der Theaterpädagogik werden die
schon vorhandenen Stärken genutzt, um das schöpferische Ich der Spielerinnen und Spieler
zu inspirieren.
Das Theater ermöglicht es, die schöpferische Kraft zu aktivieren und einen heilenden
Reinigungsprozess für die Seele in Gang zu setzen. Indem die Spielerinnen und Spieler dem
Spiel ihren Lauf lassen, gelangen sie zu Erlebnisse, die, in sinnhafter Verknüpfung zu anderen
Erlebnissen zu Erkenntnissen verdichtet werden. Diese lagern sich im Gedächtnis ab,
sedimentieren und bilden den Bodensatz für neue Erkenntnisse (Berger; Luckmann
1969/1980).
Theater ermöglicht darüber hinaus, die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen zu entdecken,
zu aktivieren und zur Entfaltung zu bringen. Das ermöglicht auch, andere als die bisher
gewohnten und eingefahrenen Denkschienen zu verlassen und neue, ungewohnte und
bisher nicht eingeschlagene Richtungen des Denkens und Handelns zu versuchen. Theater
als Denk-, Handlungs- und Erfahrungsexperiment. Im geschützten und vertrauensvoll
geleiteten Bereich des Spiels kann es Kindern schließlich möglich werden, ihr eigenes
Verhältnis zu sich selbst zu modifizieren und so zu neuen Lebensäußerungen zu gelangen.
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Der Notwendigkeit der Schüchternheit kann so nach und nach der Boden abgegraben
werden, indem Neues erfahren und erlernt wird.
5. DIE REDUKTION SOZIALER ÄNGSTE
Ganz generell ist festzuhalten, dass Angst nicht nur negativ und das Leben behindernd ist,
sondern durchaus auch über eine notwendige Schutzfunktion verfügt. Ohne Angst im Leben
würden wir uns wahrscheinlich ständig irgendwelchen Gefahren aussetzen und unser Leben
wäre dann vermutlich von eher kurzer Dauer.
Es geht also in Wirklichkeit nicht um ein Auslöschen der Angst, sondern um ein Beherrschen
dieser und um einen bewussten Umgang damit. Und es ist auch nicht die Angst vor
bestimmten Situationen, die uns das Leben schwer macht, sondern die Angst davor, dass
Angst bei Begegnungen mit bestimmten Menschen aufkommen wird. Ziel der Bemühungen
sollte es also nicht sein, die Angst an sich zu verlieren, sondern die Angst vor der Angst zu
reduzieren (Schwäbisch; Siems. 1974, S. 49).
Was lässt sich nun also darüber sagen, wie man Kindern dabei helfen kann, ihre sozialen
Ängste in den Griff zu bekommen und schließlich so weit als möglich zu überwinden?
Schwäbisch und Siems (1974) halten dazu grundlegend fest: „Ganz allgemein kann man
sagen, daß sich soziale Angst in einer akzeptierenden Umwelt verringert, in der der Einzelne
nicht ständig unter dem Druck steht, sich durch Leistung zu bestätigen, und in der er nicht
fürchten muß, sich für ‘falsches’ Verhalten zu genieren, schämen und entschuldigen zu
müssen.“ (S. 47) Was das für den schulischen Alltag bedeuten kann und muss, lässt sich nur
erahnen, ist dieser doch in einem sehr hohen Ausmaß davon geprägt, dass Kinder sich
ständig durch Leistungen bestätigen müssen, wobei die Furcht vor negativen Bewertungen
allgegenwärtig ist. Schule, so ließe sich hier sagen, ist potentiell gut dazu geeignet, soziale
Ängste zu schüren.
Für den theaterpädagogischen Prozess stellt sich die Herausforderung, zu allererst ein Klima
der Akzeptanz und der Freiheit zu schaffen. Das bedeutet, dass dem theatralen Handeln die
Freiheit der Entfaltung zu eröffnen und dem Handeln der Akteure ein hohes Maß an
Akzeptanz entgegen zu bringen ist. Das forschende Tun in der Erschaffung von Szenen kann
ein brauchbares Mittel darstellen, um den vergangenen Frustrationserfahrungen wirksam
entgegen zu treten. Das Spiel ohne Leistungsdruck und die explizite Erlaubnis zum
(fröhlichen) Scheitern sind notwendige Vorbedingungen dafür, dass Ängste auch bei
schüchternen Kindern abgebaut werden können. Dann kann das Experiment mit neuen
Verhaltensweisen beginnen.
Ist ein solches Klima der Akzeptanz geschaffen, wird es nach und nach möglich, die eine oder
andere Verhaltensweise auszuprobieren, zu verändern, einzuüben und zu spüren, wie es ist,
wenn es anders ist. Das sind die Ingredienzien für eine echte Verhaltensveränderung, aber
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auch, dafür, es schüchternen Kindern überhaupt erst zu ermöglichen, aus sich selbst heraus
zu treten und sich in neue, bisher verwehrt gebliebene Bereiche hinein zu bewegen – es
zuzulassen, gesehen und beobachtet zu werden. Für den Spielleiter erscheint es daher als
ratsam, den Kindern die Freiheit zu eröffnen, gerade nicht seinen Erwartungen zu
entsprechen, sie aber andererseits auch nicht durch „Ermutigungen“ oder anderen
Techniken dazu zu drängen.
Die im Spiel mögliche Selbstannahme und Akzeptanz bildet die Voraussetzung für
persönliche Weiterentwicklungen. Der Mut zum Selbst wächst und die Angst, nicht zu
entsprechen, kann schrumpfen. Vielleicht steht am Ende des Prozesses ein völlig verändertes
Kind oder auch ein Kind, das weiterhin sehr ruhig ist – aber ruhig aus einer inneren
Sicherheit heraus und nicht aus Angst vor den Konsequenzen ruhig gestellt. Damit sind wir
im Zentrum der Theaterpädagogik an sich angelangt. Rellstab (2000, S. 45) postuliert dazu:
„Theaterpädagogik will auf spielerische Weise Wertvolles zum Blühen und Missstände zum
Verschwinden bringen und will Veränderung, Entwicklung.“ Und Jürgen Weintz hält im
Vorwort zu Augusto Boal (1999, S. 9 f.) fest, dass es darum geht, dass der Mensch Befreiung
aus seiner Unterdrückung erlebt und durch die Verwandlung eines passiven, erleidenden
und erduldenden Objekts zu einem handelnden Subjekt im Schonraum der Bühne geführt
wird. Dabei geht es nicht nur um Formen der äußeren Unterdrückung, sondern insbesondere
auch der inneren, internalisierten. Es geht, wie Weintz weiter ausführt, um nicht weniger als
die „Befreiung des Ich“. ( ebd. S. 8)
Die Reduktion sozialer Ängste funktioniert letztlich nur durch die Erfahrung von
angstmachenden Situationen, in denen das befürchtete Ereignis (Herabwürdigung,
Verletzung, Ablehnung) nicht eingetreten ist. Auf diese Art und Weise kann das verletzte und
„schüchterne“ Kind nach und nach aus dem Zimbardoschen inneren Gefängnis (siehe oben,
Kapitel 3) heraus und ins Licht der Freiheit geführt werden.
Die Angstreduktion geschieht ganz generell in kleinen Schritten. Ein Kind, das Angst vor
Hunden hat, in einen Zwinger mit drei Rottweilern zu stecken, wäre nicht besonders
hilfreich. Dort würde es zwar einer angstmachenden Situation begegnen und vielleicht auch
die Erfahrung machen, dass es durch die Hunde nicht angegriffen wird, die Situation wäre
aber dennoch eine Nummer zu groß und würde das Kind überfordern. Es gilt also, das Kind
Schritt für Schritt in einer für das Kind ungefährlichen Dosis an die Bewältigung seiner
Ängste, auch seiner sozialen Ängste heran zu führen.
Zur Bewältigung sozialer Ängste muss zunächst bei der Selbstwahrnehmung angesetzt
werden. Angst verdeckt das Fühlen des eigenen Körpers und das Empfinden für die eigenen
Emotionen. Hier sollte demnach auch die Reise beginnen. Nach erfolgter Sensibilisierung der
Selbstwahrnehmung kann auch die Sensibilität für Sozialkontakte durch verschiedene
Übungen gefördert werden. Es erfolgt also ein Dreischritt: Selbstwahrnehmung –
Wahrnehmung der Anderen – Aufbau von und Experimente mit Kontakten.
Theaterpädagogische Methoden scheinen für eine solche Vorgehensweise in besonderer
Weise geeignet zu sein.
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MÖGLICHE THEATERPÄDAGOGISCHE INTERVENTIONEN
A) DIE SELBSTWAHRNEHMUNG
Bei allen Interventionen bei Kindern mit schüchternen Verhaltensweisen ist jedenfalls zu
berücksichtigen, dass diese es ganz grundsätzlich vermeiden, in den Mittelpunkt gestellt zu
werden. Sobald dies dennoch geschieht, ziehen sie sich zurück. Es ist also darauf zu achten,
diesen Kindern eine zu hohe Dosis an Exposition zu ersparen und gleichzeitig die
Selbstwahrnehmung und die Fähigkeit zur Kontaktaufnahme zu fördern. Ein häufiges in den
Mittelpunkt stellen (beispielsweise durch häufiges Fragen) bewirkt bei diesen Kindern das
genaue Gegenteil. Sie werden sich noch mehr zurück ziehen. Wirksamer ist dagegen,
zunächst den Einzelkontakt zu suchen und eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Über
diese Brücke kann es dem Kind dann ermöglicht werden, den Kontakt zu den
Mitspielerinnen und Mitspielern aufzubauen.
Wirksam sein können zunächst verschiedene körperliche Auf- und Anwärmübungen, in
denen sich die Spielerinnen und Spieler auch selbst in der einen oder anderen Form
wahrnehmen und erleben können. Meditationen und Entspannungsübungen sind für diese
Zwecke gut geeignet. Eine andere, durchaus lustvolle Form der Übung zur
Selbstwahrnehmung kann durch verschieden Schreiübungen erfolgen. Der Schrei erfolgt von
innen nach außen und wenn Kinder in der Gruppe schreien können, dann kann dies auch den
schüchternen Kindern gelingen. Wichtig dabei ist, das Kind keinem Leistungsdruck
auszusetzen. So laut oder leise es seine Stimme erhebt, so ist es in Ordnung:
Der Statiktest: Der Spielleiter zieht ein „Messgerät“ aus der Tasche (kann auch ein Handy
sein) und erklärt, dass dies ein Messgerät ist, um die Tragfähigkeit der Statik des Gebäudes
zu testen, damit dieses nicht auf Grund der Lautstärke und der dadurch erzeugten
Schwingungen zum Einsturz gebracht wird. Das „Messgerät“ wird sichtbar in die Höhe
gehalten. Dann werden die Kinder angewiesen, erst ganz leise zu sein und dann immer lauter
zu werden, um schließlich die maximale Schreikraft zu erreichen. Unterstützt werden kann
dies durch Armsignale. Ist der Arm des Spielleiters ganz unten, dann herrscht absolute Stille.
Ist der Arm des Spielleiters ganz oben, dann herrscht maximale Lautstärke. Das lässt sich
variieren und es kann eine richtige Lautstärkenchoreographie entstehen.
Beobachtung: Dieses Spiel ist gut dazu geeignet, einen ersten Kontakt zwischen dem
Spielleiter und der Gruppe herzustellen. Die Kinder „glauben“ auch, dass es sich bei dem
Handy in der Tat um ein Messgerät handelt, oder hinterfragen es zumindest nicht, da der
Spaßfaktor den Realitätsfaktor bei Weitem übersteigt. Aus der Beobachtung an Workshops
mit Schulklassen ist auch festzustellen, dass dieses Spiel tatsächlich in den meisten Fällen
auch insoferne funktioniert, als es auch gelingt, die ruhigen und unauffälligen Kinder zum
Schreien zu bringen. Und hier stellt sich ein erster erwünschter Effekt ein – das schüchterne
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Kind schreit aus Leibeskräften und ist auch in der Lage, dieses Schreien selbst zu erleben,
ohne dass dabei der Himmel einstürzt.
Trommelfeuer: Der Spielleiter trommelt auf einem Gegenstand herum. Das kann eine
Tischplatte, ein Sessel, ein Kochtopf oder natürlich auch eine echte Trommel sein. Wichtig ist
dabei nur, dass das Trommeln auch gehört wird. Sobald der Spielleiter eine Trommelpause
einlegt, beginnt das Trommelfeuer der Kinder. Diese erhalten die Aufgabe, sich nach
Leibeskräften mit Zahlen anzuschreien.
Beobachtung: Auch diese Übung ist durchaus geeignet, schüchterne Kinder aus ihrem
Schneckenhaus heraus zu locken und ihnen die Erfahrung des Schreiens zu bieten. Durch die
Aufforderung, sich anzuschreien, wird das aggressive Potential geweckt und gefördert.
Durch die Aufforderung, dies mit Zahlen zu tun, fällt auch die Hemmung, dass dabei Grenzen
der Beleidigung und der Peinlichkeit überschritten werden. Auch diese Übung enthält eine
gehörige Portion des Lustfaktors.
B) DIE WAHRNEHMUNG DES/DER ANDEREN
Die Wahrnehmung des/der Anderen erfolgt im Regelfalle über das Sehen. Der Blickkontakt
stellt dabei schüchterne Kinder vor besondere Herausforderungen. Dieser kann durch
verschieden Spiele, in denen es nahezu zwangsläufig zu Blickkontakten kommt, gefördert
werden.
Der Kameramann/Die Kamerafrau und ihr Modell: Die Spielerinnen und Spieler finden sich
paarweise zusammen. Ein Spieler/Eine Spielerin ist das Modell und der/die andere der
Fotograf/die Fotografin, bzw. der Kameramann/die Kamerafrau. Das Modell setzt sich in eine
Pose auf den Sessel. Der Spielpartner fotografiert oder filmt das Modell nun aus
unterschiedlichen Entfernungen und Perspektiven. Dann Wechsel. Durch dieses Spiel wird
einerseits die Wahrnehmung des Anderen gefördert und zum Anderen das Aushalten des
Gesehen-Werdens geübt. Beide Übungsrichtungen stellen für schüchterne und
zurückhaltende Kinder wichtige Bausteine für ihre Entwicklung dar.
Grimassenmemory:
Ein besonders lustiges Spiel, in dem insbesondere die Fähigkeit zur Mimik, aber auch der
Wahrnehmung gefördert wird. Es ist angelehnt am normalen Memory-Kartenspiel. Zwei
Spielerinnen/Spieler werden ausgewählt. Sie treten dann gegeneinander an.
Die Gruppe teilt sich in Paare, wobei jedes Paar idente Grimassen vereinbart. Die erste
Hürde besteht schon einmal darin, lustige Grimassen zu finden und dann auch noch mit
seinem Partner/seiner Partnerin eine erkennbare Übereinstimmung zu finden. Die beiden
Spielerinnen/Spieler müssen nun erraten, wer mit wem ein Paar bildet. Wer die meisten
Paare gefunden hat, ist Sieger.
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C) KONTAKTAUFBAU
Spots in movement: Diese Übung ist in besonderer Weise dazu geeignet, Kontakte zu den
Mitspielerinnen und Mitspielern aufzunehmen. Die Kinder sind ständig in Bewegung. Auf
Grund der Geschwindigkeit, in der die einzelnen Übungen ablaufen, kommen sie gar nicht
dazu, sich nicht zu beteiligen.
Die Spielerinnen und Spieler bewegen sich so lange durch den Raum, bis die Bewegung
durch einen „Stopp“-Ruf des Spielleiters gestoppt wird. Die Kinder frieren in der
momentanen Position ein und erhalten einen Auftrag, den sie während der folgenden goPhase zu erfüllen haben. Unterstützt kann dies auch durch Musik werden. Während die
Musik spielt, bewegen sich die Kinder im gleichen Rhythmus durch den Raum. Sobald die
Musik unterbrochen wird, folgt eine Stopp-Phase, während der die Kinder die ihnen gestellte
Aufgabe zu erfüllen haben. Wichtig ist die Geschwindigkeit und dass die einzelnen Übungen
nicht zur Langeweile führen. Es ist auch völlig unwichtig, ob die Aufgaben zur Gänze erfüllt
werden.
Mögliche Aufgaben:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Einander die Hände schütteln,
Möglichst vielen Mitspielerinnen und Mitspielern auf die Schulter klopfen
Alle vier Wände berühren,
Möglichst vielen Mitspielerinnen und Mitspielern die Ferse berühren, ohne selbst an
der Ferse berührt zu werden,
Möglichst viele Autogramme der Mitspielerinnen und Mitspieler sammeln (Material
bereitlegen!)
Einen Mitspieler/einer Mitspielerin am Rücken kraulen
Einem Mitspieler/einer Mitspielerin ein Loch in den Bauch reden
Einen Mitspieler/eine Mitspielerin zum Lachen bringen
…
Der Vielfalt der möglichen Aufgaben sind keine Grenzen gesetzt. Darüber hinaus kann bei
dieser Übung auch schon eine Annäherung an das geplante Thema vorgenommen werden.
Bilder abnehmen: Förderung der Kommunikation, der Begegnung, des Kontakts und der
Wahrnehmung – alles Ziele dieser recht einfachen aber sehr effektiven Übung. Darüber
hinaus werden die Spielerinnen und Spieler zum Auf-einander-eingehen hingeführt.
Schüchternheit wird hier automatisch und für die Betroffenen nahezu unmerklich
überwunden.
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Zwei Spielerinnen/Spieler stehen einander gegenüber und geben sich die Hand wie bei einer
Begrüßung. Dann friert eine Spielerin ihre Haltung ein und bleibt stehen, während die
andere sich in eine andere Körperhaltung in Bezug zur ersten Spielerin begibt. Dann friert
auch die zweite Spielerin ihre Haltung ein. Sobald die zweite Spielerin steht, bewegt sich
wieder die erste usw.
Variante: Einsatz einfacher Requisiten, z. B. ein Sessel (was verändert sich durch die
Hereinnahme von Gegenständen?)
Variante: Eine ganze Gruppe von Spielerinnen legen sternförmig je eine Hand zusammen.
Die Spielerinnen zählen ab und dann beginnt die Nr. 1, gefolgt von 2, von 3 usw.
Da nehm ich mir mit:
Auch durch diese kleine Übung kann der Kontakt unter den Kindern gefördert werden.
Darüber hinaus wird schon eine kleine Bühnensituation geschaffen, die es auch den Kindern
mit schüchternen Verhaltensweisen ermöglicht, auf die Bühne zu treten und gesehen zu
werden.
Die Kinder stehen im Kreis. Am Boden liegt ein Teppich oder ein durch ein Seil abgegrenzter
Bereich – die Bühne. Ein Spieler/eine Spielerin betritt die Bühne und sagt: „Ich bin … (z. B.
ein Baum)“. Dann tritt der nächste Spieler/die nächste Spielerin hinzu und sagt: „Ich bin … (z.
B. ein Hund)“ und positioniert sich zum Baum. Dann tritt der dritte Spieler hinzu und
positioniert sich ebenfalls. Ist diese Szene arrangiert, dann verlässt der erste Spieler die
Bühne und nimmt sich einen der beiden Mitspieler/Mitspielerinnen mit. Der verbliebene
Spieler/Die verbliebene Spielerin wiederholt noch einmal, wer er/sie ist und zwei neue
Spielerinnen und Spieler haben die Möglichkeit sich zu positionieren. Tun sich einige
besonders hervor oder begeben sich einige überhaupt nicht auf die Bühne, dann kann eine
Reihenfolge vereinbart werden. Das geht zwar auf Kosten der Kreativität, schafft aber die
Möglichkeit, dass alle zum Zug kommen. Wollen Kinder hier dennoch nicht auf die Bühne,
dann ist das zu akzeptieren. In der Akzeptanz der Verweigerung liegt auch die Chance darauf,
dass das Kind bei der nächsten Runde dann doch auf die Bühne steigt.
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PERSÖNLICHER KOMMENTAR
„Wenn Sie auf einer Party sind und sie dort niemanden kennen, fällt es Ihnen dann leicht,
mit anderen Menschen in Kontakt zu treten?“ – da würde ich gerne mit „ja“ antworten. Dem
ist aber nicht so. Auch wenn es oft den Anschein macht, dass ich nicht von Schüchternheit
betroffen wäre, ist dennoch das Gegenteil der Fall. Und es ist die Angst, dass mir nichts
einfällt, was ich sagen könnte, es ist der Mangel an Fähigkeit zum small-talk und es ist die
mächtige Angst vor der Ablehnung, die mich gleich von vorneherein davon abhält, zu
scheitern – indem ich es erst gar nicht probiere.
Es ist schon eine gute Portion erlernter Überwindung, die mir dazu verholfen hat, dass ich
heute nicht ein Dasein in Einsamkeit friste, sondern sowohl in Beruf als auch privat durchaus
Anerkennung gefunden habe und über intakte soziale Beziehungen verfüge. Das ist
keineswegs selbstverständlich gewesen und bedurfte einigen Aufwandes. Dass ich da stets
Berufe ausübte, in denen gerade kommunikative Kompetenzen gefragt waren und sind, kann
wohl mit Alfred Adler als eine Form der Über-Kompensation gewertet werden. Immer
wieder war und bin ich so gezwungen, in Szenen einzutreten, in denen Kommunikation mit
Anderen notwendig und Improvisation durchaus gefragt ist.
Szenisches Spiel eröffnet Räume. Und zwar gerade für diejenigen, denen der Sozialkontakt
nicht leicht fällt. Das Spiel stellt neben dem Spaßfaktor immer auch einen geschützten
Rahmen dar, innerhalb dessen die Kontaktaufnahme unauffällig und quasi nebenher
geschieht. In diesem Rahmen mit anderen zu sprechen, sich anzusehen und überhaupt in
Kontakt zu treten und diesen aufrecht zu erhalten, ist im Spiel wesentlich weniger gefährlich
als in freier Wildbahn. Und neue Verhaltensweisen sind nur dort zu lernen, wo es für das
Selbst relativ ungefährlich ist. Darüber hinaus besteht ja immer auch noch die Möglichkeit,
sich nach dem Spiel wieder ins Gewohnte und Geschützte zurückzuziehen. Aber je mehr an
neuen Erfahrungen gesammelt werden, desto lustvoller wird es, sich auf diesem neuen
Terrain zu bewegen.
Ich selbst erlebe das Spiel und das Auftreten in theatralen Szenen durchaus als Überwindung
wie auch als Bereicherung, wobei der geschützte Rahmen der Ausbildung hier durchaus eine
wesentliche Rolle spielt. Letztlich entspreche ich nur den Erwartungen, wenn ich springe,
hüpfe, schreie oder auch in improvisierten Szenen keine zündende Idee habe. Das ist gut und
befreit, auch weil ich andere, denen es vermutlich nicht viel anders ergeht, dabei
beobachten kann.
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LITERATUR
Adler, Alfred. 1927/1966. Menschenkenntnis. Frankfurt/Main: Fischer
Adorno, Thodor W. 1971. Erziehung zur Mündigkeit. Frankfurt/Main: Suhrkamp
Berger, Peter L.;Luckmann, Thomas. 1969/1980. Die gesellschaftliche Konstruktion der
Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt/Main: Fischer
Branden, Nathaniel. 2005. Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls. Erfolgreich und zufrieden
durch ein starkes Selbst. München: Piper
Honneth, Axel. 1994. Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte.
Frankfurt/Main: Suhrkamp
Knitsch, Norbert. 2007. Theater der Stille. Theaterpädagogik in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie. Theorie, Übungen, Stücke für Therapie und Pädagogik. Leer:
Wissenschaftlicher Autorenverlag.
Maslow, Abraham. 1987. Motivation and Personality. New York
Rellstab, Felix.2000. Handbuch Theaterspielen Bd. 4. Theaterpädagogik. Wädenswil: Stutz
Rost, Wolfgang. 2005. Emotionen. Elixiere des Lebens. Berlin: Springer
Schwäbisch, Lutz;Siems, Martin. 1974. Anleitung zum sozialen Lernen für Paare, Gruppen
und Erzieher. Kommunikatins- und Verhaltenstraining. Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt
Zimbardo, Philip G. 1994. Nicht so schüchtern. So helfen Sie sich selbst aus Ihrer
Verlegenheit. München: mvg
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