Der Wasser-Fussabdruck der Schweiz Woher stammt das Wasser, das in unseren Landwirtschaftsprodukten steckt? Herausgeber: WWF Schweiz Stand: Februar 2010 Autoren: Anke Sonnenberg, Ashok Chapagain (WWF UK), Martin Geiger (WWF D), Dorothea August (WWF D) und Walter Wagner (WWF CH) Kontakt: Walter Wagner ([email protected]) Layout: astrid ernst, Text- und Webdesign, www.ernst-webdesign.de © 2010 WWF Schweiz Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Titelfoto: Wasser-Fussabdruck der Schweiz © Ashok Chapagain Inhalt Zusammenfassung ............................................................................................................................... 4 1 Einführung ....................................................................................................................................... 7 1.1 Virtuelles Wasser und der Wasser-Fussabdruck ....................................................................... 7 1.2 Ziel der Studie .......................................................................................................................... 8 2 Methodik ......................................................................................................................................... 9 3 Wasser-Fussabdruck der Schweiz .................................................................................................. 11 3.1 Gesamter Wasser-Fussabdruck .............................................................................................. 11 3.2 Externer Wasser-Fussabdruck der Schweiz ........................................................................... 13 3.3 Bedeutung des externen Wasser-Fussabdrucks der Schweiz für den Naturschutz ................. 16 3.4 Kritische Produkte ................................................................................................................. 19 3.4.1 Baumwolle, das weisse Gold ....................................................................................... 19 3.4.2 Mehr als eine Handvoll Reis ........................................................................................ 21 3.4.3 Nüsse ............................................................................................................................ 22 3.4.4 Zucker – der süsse Umweltsünder ................................................................................ 23 3.5 Globale Wege des (virtuellen) Wassers .................................................................................. 25 3.5.1 Brasilien ....................................................................................................................... 25 3.5.2 Indien ........................................................................................................................... 26 3.5.3 Spanien ......................................................................................................................... 28 3.5.4 Türkei ........................................................................................................................... 29 4 Lösungen und Handlungsvorschläge ............................................................................................. 31 4.1 Empfehlungen an Regierungen .............................................................................................. 31 4.2 Empfehlungen an Unternehmen ............................................................................................ 32 4.3 Empfehlungen an die Konsumenten ...................................................................................... 33 4.4 Ausblick ................................................................................................................................. 33 Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 34 Anhang .............................................................................................................................................. 37 Abkürzungen ..................................................................................................................................... 39 WWF Schweiz 3 Zusammenfassung Die Berechnung des Wasser-Fussabdrucks In den vergangenen Jahren ist der Wasserverbrauch sowohl in Schweizer Haushalten als auch im industriellen Bereich beständig gesunken. Dieser Trend ist begrüssenswert und muss weiter gefördert werden. Doch die dadurch verbrauchten Wassermengen stellen nur einen geringen Teil dessen dar, was wir wirklich jeden Tag beanspruchen. Ein wesentlich grösserer Anteil ist in unseren Lebensmitteln, der Kleidung oder anderen Produkten versteckt, die wir im Alltag ver- und gebrauchen, und zwar in Form von so genanntem virtuellem Wasser. Damit ist die Menge an Wasser gemeint, die zur Herstellung dieser Produkte benötigt wird. In Kombination mit der Information über die Herkunft dieses Wassers sprechen wir vereinfacht vom WasserFussabdruck. Bisher gab es für die Schweiz nur Schätzungen des Wasser-Fussabdrucks. Ziel dieser Studie war daher, diesen mit Fokus auf Agrarprodukte und deren Herkunftsländer zu analysieren. Diese Auswertung des umfassenden Datenmaterials liefert zugleich die Grundlage für Handlungsempfehlungen an Regierungen und Unternehmen, mit deren Hilfe sich die ökologischen, humanitären und ökonomischen Folgen des Wasser-Fussabdrucks reduzieren lassen. Basierend auf internationalen Handelsdaten für pflanzliche und tierische Produkte und deren Wasserverbrauch wurde für jedes Land und dessen klimatische Bedingungen der Gehalt an virtuellem Wasser bestimmter landwirtschaftlicher Produkte berechnet. Die Menge an Wasser, die zur Produktion aller innerhalb und ausserhalb der Schweiz erzeugten und in der Schweiz konsumierten Produkte notwendig ist, ergibt den landwirtschaftlichen Wasser-Fussabdruck der Schweiz. Zusammen mit dem Wasser, das effektiv in Haushalten, Gewerbebetrieben und der Industrie verbraucht wird, ergibt sich daraus der Gesamt-WasserFussabdruck der Schweiz, der sich auf 16,2 km³ Wasser pro Jahr beläuft. Jeder Einwohner der Schweiz verbraucht damit täglich 6’082 Liter Wasser, davon jedoch nur einen geringen Teil als Trinkwasser, zum Kochen oder für andere Haushaltsbedürfnisse. Der Grossteil steckt in den Lebensmitteln oder Produkten, die täglich konsumiert werden. Rund 62 Prozent des Schweizer Wasser-Fussabdrucks von landwirtschaftlichen Gütern steckt in importierten Produkten oder Nahrungsmitteln. Das bedeutet, dass 4 WWF Schweiz durch die Einfuhr dieser Güter auch Wasser in virtueller Form von dem Erzeugerland importiert wurde. Die Schweiz hat also dort seinen Wasser-Fussabdruck hinterlassen. Die importierten Güter mit dem höchsten Wasser-Fussabdruck sind - in abnehmender Reihenfolge - Kakao, Kaffee, Zucker, Nüsse, Weizen, Ölsaaten, Reis und Rindfleisch. Dabei entsteht der grösste Wasser-Fussabdruck der Schweiz in Ghana, der Elfenbeinküste, Brasilien, Frankreich, Italien, Deutschland und Spanien, ebenfalls in abnehmender Reihenfolge. Der externe Wasser-Fussabdruck der Schweiz Wie stark die Auswirkungen des Exports von virtuellem Wasser sind, hängt von den regionalen Klimabedingungen und Produktionstechnologien im jeweiligen Erzeugerland ab, insbesondere hinsichtlich der sich immer weiter ausbreitenden Bewässerungslandwirtschaft. Exemplarisch für die Auswirkungen bei der Produktion bestimmter Güter werden in dieser Studie der Anbau von Baumwolle, Nüssen, Reis und Zucker in verschiedenen Ländern der Welt näher betrachtet. In den Erzeugerstaaten werden unter verschiedenen klimatischen, geographischen und ökonomischen Bedingungen unterschiedliche Produktionsstandards angewandt. Beispielhaft werden vier Länder vorgestellt, in denen der Export von virtuellem Wasser - zumindest in einzelnen Regionen - negative Auswirkungen auf die natürlichen Ökosysteme sowie soziale und wirtschaftliche Bereiche hat: • Brasilien: Obwohl Brasilien generell ein wasserreiches Land ist, hat es dennoch ein erhebliches Problem mit seinen Wasserressourcen, vor allem aufgrund massiver Wasserverschmutzung in Folge des Bevölkerungswachstums und Abwässern aus Landwirtschaft und Fischerei, weshalb die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung nicht ausreichend gewährleistet werden kann. Kritische Produkte mit einem hohen Wasserverbrauch sind dabei Kaffee, Soja und Rindfleisch. Dies sind auch die Produkte mit dem höchsten Wasser-Fussabdruck, die durch die Schweiz importiert werden. • Indien: Der indische Agrarsektor wird ganz wesentlich vom Baumwollanbau geprägt, der in den nördlichen Bundesstaaten mit künstlicher Bewässerung negative Auswirkungen auf die Flusseinzugsgebiete und die Umwelt hat. Die erheblichen Schwächen in der Wasserbewirtschaftung führen auch zu weit reichenden sozialen und ökonomischen Problemen für die stark wachsende Bevölkerung des Landes. • Spanien und Türkei: Die Situationen in Spanien und in der Türkei sind sich hinsichtlich der Anbaubedingungen weitestgehend ähnlich. Während jedoch in Spanien in den vergangenen Jahren eine klare Trendwende in Richtung effizienterer Bewässerungstechnologien stattgefunden hat, werden in der Türkei noch immer über 90 Prozent der bewässerten Flächen geflutet. Sowohl Spanien als auch die Türkei sind wichtige Handelspartner für den europäischen Markt, auf dem die Schweiz ein wichtiger Handelspartner ist. Besonders gravierende Schäden entstehen in beiden Ländern durch illegale Wasserentnahme, die von staatlichen Behörden bisher nur unzureichend geahndet wird und weder angemessene Sanktionen noch abschreckende Bestrafungen nach sich zieht. Klimatische Bedingungen und Bodeneigenschaften bestimmen, welche Feldfrüchte jeweils angebaut werden können, was in Mitteleuropa die Auswahl an Kulturpflanzen stark eingrenzt. Unter den gegebenen Klimabedingungen ist hier meist nur eine Jahresernte möglich, im Gegensatz zu den oft ganzjährigen Anbauzyklen in den klimatisch günstiger gelegenen Regionen der Tropen und Subtropen. Für die Produktion landwirtschaftlicher Güter sind in diesen Regionen nicht wie in Mitteleuropa die Jahreszeiten und dadurch verursachte Temperaturschwankungen begrenzend, sondern die Verfügbarkeit von und der gesicherte Zugang zu Wasser. Um diese Beschränkung aufzuheben, wird dort immer häufiger künstlich bewässert. Dies geht jedoch zu Lasten des natürlichen Wasserhaushaltes und der Natur, und erhöht die Konkurrenz mit anderen Wassernutzern. Die ohnehin knappen nationalen Wasserressourcen werden oftmals nicht für die Sicherung der eigenen Versorgung, sondern für die Produktion von Exportgütern verwendet, durch deren Einfuhr die Importländer ihre eigenen Ressourcen entlasten. Handlungsempfehlungen des WWF und Ausblick Der externe Wasser-Fussabdruck der Schweiz macht fast zwei Drittel des gesamten Fussabdruckes des Landes aus. Akteuren in der Schweiz aber auch in den Herkunftsländern der importierten Produkte kommt daher eine besondere globale Verantwortung zu, einen Beitrag zu dessen Reduktion zu leisten. Dies betrifft derzeit in erster Linie die Regierungen und die Unternehmen, und erst in zweiter Linie die Konsumenten, da es bisher nur wenig Handlungsmöglichkeiten gibt, um über einen zielgerichteten Konsum den persönlichen Wasser-Fussabdruck zu senken. Den Regierungen der wichtigsten Herkunftsländer, aus denen die Schweiz besonders wasserintensive Produkte importiert, empfehlen wir, eine effiziente und legale Bewässerung der landwirtschaftlichen Produkte durch Anreize, aber auch Sanktionen und Strafen sicherzustellen. Die Zuteilung der Wasserressourcen für Landwirtschaft und Industrie, speziell des Grund- und Oberflächenwassers, darf zudem nicht dazu führen, dass Flüssen, Grundwasservorkommen oder Feuchtgebieten das Wasser nicht mehr in ausreichender Menge oder Qualität zur Verfügung steht. Die Schweiz kann durch Erhöhung der finanziellen Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit dort Anreize schaffen, wo Verbesserungen in der nachhaltigen Bewirtschaftung von Grundwasservorkommen angestrebt werden; aber auch in Einzugsgebieten von Flüssen, speziell in wasserknappen Regionen, in denen die Wasserressourcen nicht nachhaltig bewirtschaftet werden, um dort steuernd und unterstützend einwirken zu können. Auf europäischer Ebene ist es wichtig, auf die konsequente Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie für Flüsse und Grundwasserkörper zu drängen - speziell in den Mittelmeerländern Spanien, Italien und Griechenland, aber auch dem EU-Beitrittskandidaten Türkei sowie weiteren Anrainerstaaten. Den Unternehmen empfehlen wir, ihren Wasser-Fussabdruck entlang ihrer gesamten Zulieferketten zu erfassen und zu dokumentieren, um die damit verbundenen Risiken besser verstehen zu können. Zudem müssen sie die Auswirkungen ihrer Produkte vor allem in den Regionen reduzieren, die bereits jetzt oder in naher Zukunft unter Wasserknappheit leiden werden. Sie sollten darüber hinaus gemeinsam mit anderen Unternehmen für eine effizientere und nachhaltigere Bewirtschaftung der Wasserressourcen eintreten, die sowohl den Bewohnern dieser Regionen den Zugang zu Wasser ermöglicht als auch die ökologisch notwendigen Restwassermengen gewährleistet. Ausserdem ist es wichtig, dass die Unternehmen sich für die Entwicklung von Wasserstandards engagieren, wodurch Konsumenten dann in der Lage wären, zwischen Produkten mit einem hohen oder niedrigen Fussabdruck in kritischen Gebieten zu unterscheiden. Der WWF arbeitet bereits in einigen der wichtigsten Schwellen- und Entwicklungsländern, aus denen viele der in die Schweiz importierten Produkte stammen WWF Schweiz 5 (wie in Brasilien und Indien), sowie in Europa (u. a. Spanien und die Türkei) und den USA an einer effizienteren Wassernutzung in der Landwirtschaft. Darüber hinaus engagiert sich der WWF gemeinsam mit Unternehmen aktiv an der Entwicklung von globalen Wasserstandards für Produkte, der Entwicklung von Business- und Risikostrategien für den Umgang mit dem Wasser-Fussabdruck, und in den betroffenen Ländern bei der Umsetzung dieser Konzepte durch die Zulieferer und Exporteure. Insgesamt werden in naher Zukunft weltweit sowohl der Wasserverbrauch als auch unsere Anforderungen an Grundwasserkörper und Flusssysteme dramatisch zunehmen. Wesentliche Faktoren sind dabei die wachsende Weltbevölkerung und die Sicherstellung ihrer Ernährung, sowie ökonomisches Wachstum und damit verbunden eine Veränderung der Konsumgewohnhei- Obst- und Gemüsemarkt in der Türkei © WWF 6 WWF Schweiz ten. In China wurde beispielsweise in den letzten 50 Jahren immer mehr virtuelles Wasser zur Ernährung der Bevölkerung verbraucht, weil mit zunehmendem Wohlstand auch der Fleischkonsum anstieg [1]. Umso dringlicher ist es, dass sich Regierungen, Unternehmen und Konsumenten heute dieser Verantwortung stellen und in ein besseres und nachhaltiges Wassermanagement investieren - sowohl zum Wohle der lokalen Bevölkerung als auch aller von Wasser abhängigen Ökosysteme und den von ihnen erbrachten Leistungen, die wiederum auch für den Menschen sehr wichtig sind. 1 Einführung Die Einsicht, sparsam mit der Ressource Wasser umgehen zu müssen, hat sich in den vergangenen Jahren sowohl in Schweizer Haushalten als auch im industriellen Bereich durchgesetzt. Der tägliche Verbrauch in Haushalten ist von einem Spitzenwert von 280 Litern im Jahr 1989 auf 222 Liter pro Person und Tag in 2007 gesunken [2]. Auch in der Industrie ist dank des Einsatzes moderner Produktionsmethoden und der Verwendung von Wasserkreisläufen ein deutlicher Abwärtstrend zu beobachten [3]. Jedes Jahr werden in der Schweiz insgesamt etwa 1 km³ Trinkwasser gefördert, das sind rund zwei Prozent der jährlichen Niederschlagsmenge [4]. Dieser Trend ist begrüssenswert und muss weiter gefördert werden. Aber diese Wassermenge stellt nur einen sehr geringen Teil dessen dar, was wir wirklich jeden Tag verbrauchen. Der tatsächliche pro KopfWasserverbrauch bewegt sich weltweit zwischen 1’918 (China) und 6’795 (USA) Litern pro Tag, der globale Durchschnitt beträgt 3’397 Liter [5]. Der Wasserverbrauch der Schweiz ist mit 6’082 Litern täglich ähnlich hoch wie der der USA. Uns ist diese enorme Wassermenge deshalb nicht bewusst, weil der Grossteil davon in unseren Lebensmitteln, der Kleidung oder anderen Produkten versteckt ist, die wir im Alltag ver- und gebrauchen, und zwar in Form von so genanntem virtuellem Wasser. 1.1 Virtuelles Wasser und der WasserFussabdruck jedem Kilogramm Rindfleisch 6,5 Kilogramm Getreide, 36 Kilogramm Raufutter und 155 Liter Wasser stecken. Alleine für die Produktion der Futtermengen werden bereits 15’300 Liter Wasser benötigt. Und in dieser Rechnung ist noch nicht die Wassermenge berücksichtigt, die möglicherweise im Laufe der Aufzucht der Tiere oder während des Anbaus der Futterpflanzen verschmutzt wurde [6]. Das Konzept des virtuellen Wassers geht auf den britischen Wissenschaftler John Anthony Allan zurück, der es in den 1990ern als Hilfsmittel entwickelte, um neue Lösungen für die Wasserknappheit und dadurch drohende Konflikte im Mittleren Osten zu finden [6]. Um die Bedeutung dieses Konzeptes für Handel und Politik zu würdigen, wurde Allan 2008 mit dem Stockholmer Wasserpreis ausgezeichnet. Virtuelles Wasser besteht aus drei Komponenten: grünem, blauem und grauem Wasser. Grünes virtuelles Wasser gibt die Menge an Regenwasser an, die im Boden gespeichert ist und im Laufe des Wachstumsprozesses von den Pflanzen aufgenommen wird. Als blaues virtuelles Wasser wird bei industriellen Produkten und im häuslichen Gebrauch die Menge an Grundwasser oder Wasser aus Flüssen und Seen bezeichnet, die zur Herstellung eines Produktes genutzt wird, aber nicht mehr zurückgeleitet werden kann. Unter virtuellem Wasser versteht man die Gesamtmenge an Wasser, die während des Herstellungsprozesses eines Produktes, Lebensmittels oder einer Dienstleistung verbraucht oder verschmutzt wird, oder die dabei verdunstet. Bei der Berechnung des virtuellen Wassergehaltes eines Produktes wird dabei jeder einzelne Schritt im Herstellungsprozess einbezogen. In der Landwirtschaft werden die Wassermengen als blaues Wasser definiert, die zur Bewässerung auf die Felder ausgebracht und dort entweder von den Pflanzen aufgenommen werden oder verdunsten. Aber auch das Wasser, das aus den Bewässerungskanälen oder künstlichen Wasserspeichern verdunstet, ohne auf den Feldern anzukommen, zählt zum blauen Wasser. Hinter einem Kilogramm Rindfleisch verbergen sich beispielsweise rund 15’500 Liter virtuelles Wasser. Diese Summe kommt wie folgt zustande: in der Regel dauert es drei Jahre, bis ein Rind schlachtreif ist und etwa 200 Kilogramm knochenloses Fleisch liefert. In diesem Zeitraum hat jedes Tier fast 1’300 Kilogramm Getreide und 7’200 Kilogramm Raufutter wie Heu oder Silage gefressen. Dazu kommen etwa 24 m³ an Trinkwasser und weitere 7 m³ Wasser für die Reinigung der Ställe und anderes. Umgerechnet heisst das, dass in Unter grauem virtuellem Wasser ist die Wassermenge zu verstehen, die während des Herstellungsprozesses eines Produktes direkt verschmutzt wird und daher nicht mehr nutzbar ist, oder die im Prinzip dazu nötig wäre, um verschmutztes Wasser so weit zu verdünnen, dass allgemein gültige Standardwerte für die Wasserqualität wieder eingehalten würden [7]. WWF Schweiz 7 Aus ökologischer Sicht ist es meist zu bevorzugen, wenn ein Produkt einen höheren Anteil an grünem als an blauem virtuellem Wasser hat. Blaues Wasser wird aus den Oberflächengewässern oder dem Grundwasser entnommen und fehlt dadurch im natürlichen Wasserkreislauf. Ein hoher Verbrauch an grünem Wasser beeinflusst die natürlichen Wasserressourcen nur dann, wenn der Wasserbedarf der Kulturpflanzen höher ist als der der natürlichen Vegetation [8]. Bereits jetzt nutzen wir 40 bis 50 Prozent des verfügbaren blauen Wassers [9], Tendenz steigend. Vor allem in der Landwirtschaft fehlen jedoch meist Anreize, die zu einem sparsameren Umgang mit dem Oberflächen- und Grundwasser führen würden. Wasserpreise werden in vielen Ländern subventioniert, so dass die realen Kosten nicht an die Landwirte weitergegeben werden. Oftmals sind an den Wasserentnahmestellen keine Wasseruhren installiert, so dass die tatsächlich verbrauchten Wassermengen nicht einmal festgestellt oder gar dokumentiert werden können. Aufgrund fehlender Sanktionen und angemessener Strafen kommt es auch nicht zu einer wirksamen Bestrafung der Bauern, die illegal Wasser entnehmen, wodurch es keinen Lerneffekt gibt, in Zukunft Wasser sparender zu wirtschaften. Wasservergehen werden von den Behörden und Institutionen oft nur als Kavaliersdelikte eingestuft. Hier besteht noch grosser Handlungsbedarf für die politischen Entscheidungsträger, um einerseits solche Missstände zu beseitigen und andererseits wirksame Kontrollen zu etablieren. Der Wasser-Fussabdruck (WF) ist eine Weiterentwicklung des virtuellen Wasser-Konzeptes durch den niederländischen Wissenschaftler Arjen Y. Hoekstra. Durch den Wasser-Fussabdruck wird angegeben, wie viel Wasser durch die Nutzung eines Produktes oder einer Dienstleistung verbraucht wird. Mit der Ermittlung des Wasser-Fussabdruckes kann aber nicht nur die Höhe des Wasserverbrauches bestimmt werden, sondern auch, in welchem Land dieses Wasser zur Erzeugung der Produkte eingesetzt wurde. Der WasserFussabdruck hat also im Gegensatz zum virtuellen Wassergehalt auch eine regionale Komponente. Der Wasser-Fussabdruck kann sowohl für Einzelpersonen, Unternehmen oder Länder und sogar für ganze Kontinente berechnet werden. Er stellt einen Indikator dar, der sowohl den direkten als auch den indirekten Wasserverbrauch eines Konsumenten oder Herstellers 8 WWF Schweiz berücksichtigt und Auskunft darüber gibt, aus welcher Region das in dem Produkt enthaltene virtuelle Wasser stammt. Zur Unterscheidung des virtuellen Wassergehalts eines Produktes von dessen Wasser-Fussabdruck sollte man sich merken, dass sich der Gehalt an virtuellem Wasser auf die Menge bezieht, die bei der Herstellung dieses Produktes verbraucht wurde. Der Wasser-Fussabdruck eines Produktes hingegen zeigt, wie viel Wasser bei dessen Verbrauch verloren geht, und vor allem auch, woher dieses Wasser stammt. 1.2 Ziel der Studie Im Rahmen dieser Studie wird das Konzept des virtuellen Wassers und des Wasser-Fussabdrucks auf die Schweiz angewendet. Da die Schweiz einen grossen Teil ihres täglich verbrauchten virtuellen Wassers importiert, ist es wichtig zu wissen, welche Länder von diesem virtuellen Wasserhandel betroffen sind und welche Produkte dabei den grössten Wasserverbrauch verursachen. Ergebnisse vielfältiger Untersuchungen weltweit belegen, dass die Auswirkungen des globalen Handels auf regionale Wassersysteme mindestens ebenso gravierend sein können wie die Folgen des Klimawandels [10]. Für den WWF stellt das Konzept des Wasser-Fussabdrucks ein wichtiges Instrument dar, welches das Bewusstsein über unseren Wasserverbrauch fördern und sensibilisieren kann und schliesslich dabei hilft, den Wasserverbrauch und damit verbundene negative Auswirkungen auf die Umwelt zu vermindern. Es geht dabei nicht nur darum, dass Unternehmen oder ganze Länder ihren Verbrauch an sich verringern. Es ist vielmehr darauf zu achten, dass Einsparungen dort erfolgen, wo ein hoher virtueller Wasserverbrauch die stärksten negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur hat. Daher soll diese Studie nicht nur darüber informieren, in welchen Ländern die Schweiz ihren Wasser-Fussabdruck hinterlässt und welche Folgen dies hat. Unternehmen und Regierungen sollen mit diesem Bericht ebenso dazu angeregt werden, geeignete Massnahmen zu entwickeln und das Konzept des virtuellen Wassers in der Praxis einzusetzen, um so den Wasserverbrauch effektiv zu senken und gleichzeitig die Auswirkungen ihres Handelns in anderen Ländern zu verringern. 2 Methodik Die Schweiz ist ein wasserreiches Land und verfügt im Gegensatz zu vielen Entwicklungs- und Schwellenländern über eine fortschrittliche Gesetzgebung und Umsetzung bezüglich der Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten und Grundwasserkörpern. Der Fokus dieser Studie wurde daher explizit auf importierte Güter gelegt, auf die virtuell darin enthaltenen Wassermengen sowie die mit dem virtuellen Wasserhandel verbundenen möglichen Auswirkungen auf Mensch und Natur. Die Wasser-Fussabdruckwerte für in der Schweiz produzierte und konsumierte Güter werden dagegen nicht weiter ausgeführt. Die Schweiz importiert eine Vielzahl von Landwirtschaftsprodukten wie Kakao, Kaffee, Zucker, Getreide, Fleisch oder Baumwolle aus verschiedensten Teilen der Welt. Diese werden in erster Linie zur Ernährung, aber auch zur Herstellung von Bekleidung (z. B. Baumwolle) verwendet. Um den Wasser-Fussabdruck bestimmen zu können, den die Schweiz ausserhalb ihrer Grenzen hinterlässt, wurde für diese Studie der Wasserbedarf von insgesamt 503 Kulturpflanzen und 141 tierischen Produkten berücksichtigt. Mit Hilfe dieser Daten konnten die Wassermengen berechnet werden, die zur Erzeugung der in die Schweiz eingeführten Landwirtschaftsprodukte verbraucht wurden. Diese Berechnungen basieren auf den internationalen Handelsdaten PC-TAS [11] des International Trade Centers aus den Jahren 2004 bis 2006. Der Wasser-Fussabdruck eines pflanzlichen Landwirtschaftsproduktes ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der Wassermenge, die insgesamt für dessen Anbau verwendet wurde, und der geernteten Menge dieses Produktes. Die eingesetzte Wassermenge berücksichtigt dabei auch das verdunstete Wasser sowie die Menge, die während des Anbaus verschmutzt wurde und daher nicht mehr verwendet werden kann. Den Wasser-Fussabdruck von industriellen Produkten zu bestimmen ist schwieriger, da in einem Produkt oft verschiedene Rohstoffe verarbeitet werden und zahlreiche Fertigungsschritte nötig sind. Basierend auf den derzeit besten methodischen Ansätzen wurde jedoch für diese Studie eine grobe Einschätzung des industriellen Wasser-Fussabdrucks der Schweiz erstellt (siehe Tab. 1, vgl. [5]). Getreideernte in Mitteleuropa © WWF WWF Schweiz 9 Die Methodik zur Berechnung der industriellen Komponente des Wasser-Fussabdruckes bedarf noch der Weiterentwicklung, um sie besser in den gesamten Wasser-Fussabdruck integrieren zu können. Im Rahmen der vorliegenden Studie war dies allerdings nicht möglich. Daher liegt ihr Schwerpunkt auf dem landwirtschaftlichen Sektor. Genauere Ausführungen zur Berechnung des WasserFussabdruckes finden sich bei [5] und [12]. In Abbildung 1 ist schematisch dargestellt, aus welchen Komponenten sich der Wasser-Fussabdruck der Schweiz zusammensetzt. Zum einen gibt es den direkten Wasserverbrauch - also die Wassermenge, die in Haushalten zum Kochen, Putzen, Trinken, Waschen etc. genutzt wird. Zum anderen gibt es den indirekten Wasserverbrauch, der sich aus der Wassermenge zusammensetzt, die bei der Herstellung von Waren durch Wasserressourcen im eigenen Land verbraucht werden (interner Wasser-Fussabdruck, IWF) und dem Wasser, das in anderen Ländern zur Produktion von Gütern eingesetzt wird, die dann in die Schweiz exportiert und hier auch konsumiert werden (externer Wasser-Fussabdruck, EWF). Direkter und indirekter Wasserverbrauch bilden zusammen den Gesamt-Wasser-Fussabdruck der Schweiz. Wasserverbrauch im Haushalt (Kochen und Trinken, Putzen und Waschen, Abwässer etc). Wasserverbrauch für die Produktion von Waren in der Schweiz, die auch in der Schweiz konsumiert werden (= interner WF). Leider konnte im Rahmen dieser Studie bei der Berechnung des Wasser-Fussabdrucks, den die Schweiz in einem bestimmten Land hinterlässt, nicht unterschieden werden, in welchem hydrologischen Einzugsgebiet die jeweiligen Produkte angebaut wurden, was für eine genaue Einschätzung der tatsächlichen ökologischen und sozialen Folgen relevant wäre. Die vorliegenden Daten erlauben also zunächst nur allgemeine Informationen darüber, wie viel Wasser aus einem bestimmten Land in Form von Landwirtschaftsgütern entnommen wird. Obwohl durch diese Beschränkung keine Aussagen darüber möglich sind, in wie weit durch den Anbau eines bestimmten Produktes zum Beispiel ein besonders wertvolles Ökosystem geschädigt wird, ermöglichen die vorliegenden Ergebnisse trotzdem wichtige Aussagen und Prognosen. Bei Ländern mit akuter Wasserknappheit und solchen mit unzureichenden politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die Bewirtschaftung der Wasserressourcen sowie unzureichender Umsetzung dieser Vorgaben ist davon auszugehen, dass der virtuelle Wasserhandel erhebliche Auswirkungen auf die Wasserressourcen des Landes sowie dessen Umwelt und Bevölkerung hat. Direkter Wasserverbrauch Der Wasser-Fussabdruck der Schweiz Indirekter Wasserverbrauch Wasserverbrauch in anderen Ländern für Produkte, die in der Schweiz konsumiert werden (= externer WF). Abbildung 1: Schematische Darstellung der Komponenten, die in die Berechnung des Wasser-Fussabdrucks einfliessen. 10 WWF Schweiz 3 Wasser-Fussabdruck der Schweiz 3.1 Gesamter Wasser-Fussabdruck Der gesamte Wasser-Fussabdruck der Schweiz beläuft sich auf 16,2 Kubikkilometer (km³, entspricht 16,2 Mrd. m³) pro Jahr, wobei für die in der Schweiz konsumierten Produkte fast doppelt so viel Wasser ausserhalb der Schweiz verbraucht wird wie innerhalb des Landes. Das bedeutet, dass die Schweiz ihren aktuellen Wasserverbrauch nur etwa zu einem Drittel aus eigenen Ressourcen deckt (siehe Tab. 1). Insgesamt werden jährlich 10,6 km³ Wasser in der Landwirtschaft eingesetzt, 5,1 km³ für die Herstellung von industriellen Produkten, und nur 0,5 km³ werden pro Jahr im Haushalt genutzt. Auf die Bevölkerung umgerechnet ergibt sich daraus ein täglicher Wasserverbrauch von 6’082 Litern pro Person - das entspricht etwa 30 gefüllten Badewannen. Davon konsumiert jeder Schweizer im Schnitt 3’986 Liter am Tag in Form von landwirtschaftlichen Gütern und 1’932 Liter durch Industrieprodukte. Nur 164 Liter werden direkt im alltäglichen Leben verbraucht. Mit Ausnahme der im Haushalt verbrauchten 164 Liter beinhalten diese Zahlen sowohl die Wassermengen, die innerhalb der Schweiz verbraucht wurden (interner Wasser-Fussabdruck) als auch die Wassermengen, die durch die Herstellung der Produkte in anderen Ländern verbraucht wurden (externer Wasser-Fussabdruck). Wie oben erwähnt, beläuft sich der Schweizer Wasser-Fussabdruck für landwirtschaftliche Produkte im Ganzen auf 10,6 km³ pro Jahr. Der interne WasserFussabdruck ist dabei mit 4,05 km³ deutlich niedriger als der externe, der 6,5 km³ beträgt (siehe Tab. 1). Die Schweiz importiert also in Form dieser Produkte jedes Jahr eine Wassermenge, die dem Volumen des Thunersees entspricht (6,42 km³). Zu 63,2 Prozent wird der landwirtschaftliche Wasser-Fussabdruck der Schweiz von den ackerbaulichen Produkten bestimmt. Die Produktion tierischer Güter trägt zu 36,8 Prozent zum Wasser-Fussabdruck bei. Der Wasserverbrauch im Agrarsektor wird also deutlich von den pflanzlichen Produkten geprägt. Tierische Produkte stammen dabei überwiegend aus der Schweiz, während bei den ackerbaulichen Produkten der Wasser-Fussabdruck grösstenteils ausserhalb des Landes liegt (Abb. 2). Wie Abbildung 3 zeigt, wird der Wasser-Fussabdruck ackerbaulicher Produkte vor allem durch solche geprägt, die aufgrund der klimatischen Bedingungen nicht in der Schweiz angebaut werden können, wie Kakao, Kaffee, Ölsaaten oder Nüsse. Eigene Wasserressourcen werden vor allem für den Anbau von Weizen, Gerste und Futterpflanzen beansprucht. Über das Jahr gesehen summiert sich der externe und interne Wasserverbrauch der Schweiz durch die Produktion von Kaffee, Tee, Brot, Baumwollbekleidung und anderer pflanzlicher Landwirtschaftsprodukte auf eine Wassermenge von 6.7 km³ (Abb. 2) bzw. 913 m³ pro Person. Nur 13,8 Prozent der Wassermenge, die jedes Jahr zum Anbau Kulturpflanzen eingesetzt werden, stammen aus heimischen Wasserquellen, während die restlichen 86,2 Prozent in Form von importierten Gütern in die Schweiz gelangen (Abb. 2). Durch die Einfuhr dieser Güter werden also die eigenen Wasserressourcen geschont, aber zu Lasten der Erzeugerländer. Der Konsum von tierischen Produkten hingegen geht vor allem zu Lasten heimischer Wasserressourcen (Abb. 2 und 4). Insbesondere für die Milchproduktion werden dabei grosse Wassermengen benötigt. Aber auch Rind- und Schweineprodukte nehmen einen gewichtigen Platz ein. Der Wasserverbrauch durch tierische Produkte ist im Jahr mit total 3.9 km³ (Abb. 2) bzw. 541 m³ pro Person (Abb. 4) aber deutlich geringer als der Verbrauch durch Kulturpflanzen. Dies liegt daran, dass wir insgesamt gesehen weitaus mehr pflanzliche Produkte und Fasern nutzen und verbrauchen als tierische. Daher fällt der Wasser-Fussabdruck durch pflanzliche Güter in Relation auch deutlich höher aus. Tabelle 1: Zusammensetzung des Wasser-Fussabdrucks der Schweiz Intern Extern Gesamt (km³/Jahr) Landwirtschaft Industrielle Produkte Haushalt Gesamt (km³/Jahr) 4,05 1,07 0,5 5,6 6,5 4,05 10,6 10,6 5,1 0,5 16,2 Prozent von Gesamt 35% 65% 100% Prozent von Gesamt 65,5% 31,7% 2,8% 100% WWF Schweiz 11 38% Wasser-Fussabdruck (km³/Jahr) 62% Interner WF Externer WF Gesamter landwirtschaftlicher WF Kulturpflanzen Tierische Produkte Gesamt Abbildung 2: Aufteilung des landwirtschaftlichen Wasser-Fussabdrucks der Schweiz Wasser-Fussabdruck (m³/Person/Jahr) Interner 787 m³/ Person/Jahr Externer Andere Erbsen Bananen Gewürze, andere Mais Kartoffeln Frische Früchte, andere Erdnüsse Getreide, andere Futterpflanzen, andere Gerste Sonnenblumen Baumwolle Soja Trauben Reis Nüsse Ölsaaten, andere Zucker Weizen Kaffee Kakao 126 m³/ Person/Jahr Abbildung 3: Anteil ackerbaulicher Produkte am internen und externen Wasser-Fussabdruck der Schweiz. Gesamter WF für ackerbauliche Produkte = 913 m³/Person/Jahr 12 WWF Schweiz Interner 430 m³ Externer Wasser-Fussabdruck (m³/Person/Jahr) 111 m³ Milch Rind Schwein Eier Legehennen Schafe Vieh, andere Abbildung 4: Beitrag tierischer Produkte zum internen und externen Wasser-Fussabdruck der Schweiz. Gesamter WF bezogen auf tierische Produkte = 541 m³/Person/Jahr 3.2 Externer Wasser-Fussabdruck der Schweiz Die Ergebnisse des Wasser-Fussabdruckes von landwirtschaftlichen Gütern zeigen, dass die Schweiz einen nicht unerheblichen Teil dieser Erzeugnisse aus anderen Ländern einführt, insbesondere im Bereich der pflanzlichen Produkte (Abb. 2 bis 4). In Tabelle 2 sind die 15 wichtigsten Erzeugerländer aufgeführt, deren Waren den Grossteil des Schweizer Wasser-Fussabdrucks für Landwirtschaftsprodukte ausmachen. Die grösste Menge an virtuellem Wasser wird aus Ghana eingeführt, vor allem in Form von Kakao. Tabelle 3 führt diejenigen Produkte auf, die den grössten Beitrag zum externen landwirtschaftlichen WasserFussabdruck der Schweiz leisten. Eine vollständige Liste aller Produkte mit ihrem internen und externen Wasser-Fussabdruck findet sich im Anhang. Der grösste Wasser-Fussabdruck geht auf den Import von Kakao und Kaffee zurück. Aber auch die Einfuhr von Zucker, Nüssen, Ölsaaten und Weizen prägen den externen Wasser-Fussabdruck der Schweiz sehr stark. In den Kapiteln 3.4.3 und 3.4.4 wird daher näher darauf eingegangen, welche ökologischen Folgen der Anbau von Nüssen bzw. Zuckerpflanzen weltweit hat. Aber auch in der Elfenbeinküste, Brasilien und Frankreich werden zur Herstellung unserer Nahrungsmittel grosse Mengen Wasser verbraucht. Kapitel 3.5.1 beschäftigt sich näher mit der Wassersituation in Brasilien sowie den Folgen des Kaffee- und Sojaanbaus. WWF Schweiz 13 Tabelle 2: Die 15 wichtigsten Länder, in denen die Schweiz ihren externen Wasser-Fussabdruck hinterlässt Land 14 EWF (Mm³/Jahr) % des EWF (Mm³/Jahr) Wichtigste Importgüter für die Schweiz (EWF in Mm/Jahr) Kakao (664), Frische Früchte sonstige (3) Ghana 668 10% Elfenbeinküste 517 8% Kakao (505), Kaffee (8), Frische Früchte sonstige (1), Baumwolle (1), Nüsse (1), Zucker (1) Brasilien 488 7% Kaffee (183), Soja (127), Rind (107), Kakao (27), Vieh sonstige (15), Geflügel (10), Zucker (5), Mais (5) Frankreich 342 5% Weizen (59), Milch (42), Zucker (39), Trauben (36), Gerste (30), Sonnenblumen (24), Geflügel (17), Rind (14) Italien 320 5% Ölsaaten sonstige (51), Trauben (50), Vieh sonstige (36), Milch (34), Rind (26), Reis (25), Nüsse (23), Sonnenblumen (19) Deutschland 258 4% Vieh sonstige (43), Rind (33), Gerste (31), Schweine (24), Ölsaaten sonstige (23), Weizen (21), Milch (18), Legehennen (14) Spanien 216 3% Trauben (54), Nüsse (43), Ölsaaten sonstige (37), Frische Früchte sonstige (15), Vieh sonstige (13), Spargel (6), Rind (5), Pfirsiche und Nektarinen (5) Ecuador 216 3% Kakao (208), Bananen (4), Frische Früchte sonstige (2), Kaffee (2), Ölsaaten sonstige (1) Indien 196 3% Ölsaaten sonstige (53), Kaffee (49), Baumwolle (48), Reis (17), Nüsse (9), Erdnüsse (6), Zucker (4), Gewürze sonstige (2) USA 193 3% Soja (39), Nüsse (35), Weizen (28), Reis (23), Baumwolle (14), Getreide sonstige (11), Vieh sonstige (9), Sonnenblumen (7) Nigeria 192 3% Kakao (192) Türkei 183 3% Nüsse (139), Baumwolle (15), Trauben (11), Frische Früchte sonstige (5), Aprikosen (4), Gewürze sonstige (2), Vieh sonstige (1), Zucker (1) Kamerun 157 2% Kakao (146), Kaffee (9), Baumwolle (1) Kanada 144 2% Weizen (120), Ölsaaten sonstige (11), Vieh sonstige (7), Soja (3), Erbsen (1), Getreide sonstige (1) Togo 133 2% Reis (115), Vieh sonstige (5), Geflügel (4), Ölsaaten sonstige (2), Frische Früchte sonstige (2), Baumwolle (1), Zucker (1), Frisches Gemüse sonstige (1) Rest 2’340 36% Gesamt 6’563 100% WWF Schweiz Tabelle 3: Externer Wasser-Fussabdruck der wichtigsten in die Schweiz importierten Landwirtschaftsprodukte Produkte EWF (Mm³/Jahr) % des gesamten EWF Kakao 1’903 29% Ghana (664), Elfenbeinküste (505), Ecuador (208), Nigeria (192), Kamerun (146), Diverse** (43) Kaffee 1’009 15% Brasilien (183), Mexiko (102), Kolumbien (92), Uganda (91), Guatemala (52), Thailand (52), Indien (49) Zucker 375 6% Pakistan (40), Frankreich (39), Kuba (13), Swasiland (8), Mauritius (7), Diverse** (165) Nüsse 281 4% Türkei (139), Spanien (43), USA (35), Italien (23), Indien (9), Diverse** (7) Weizen 277 4% Kanada (120), Frankreich (59), USA (28), Deutschland (21), Ungarn (19), Österreich (6) Ölsaaten sonst. *) 277 4% Indien (53), Italien (51), Spanien (37), Deutschland (23), Malaysia (18), Indonesien (16) Reis 241 4% Togo (115), Myanmar (41), Italien (25), USA (23), Indien (17), Pakistan (4) Rinder 228 3% Brasilien (107), Deutschland (33), Italien (26), Frankreich (14), Südafrika (8), Spanien (5) Vieh sonstiges 212 3% Deutschland (43), Italien (36), Brasilien (15), Spanien (13), Frankreich (11), Ungarn (9), USA (9) Soja 203 3% Brasilien (127), USA (39), Argentinien (12), Frankreich (7), Paraguay (6), Diverse** (4) Baumwolle 191 3% Indien (48), Türkei (15), USA (14), China (12), Pakistan (11), Usbekistan (10) Trauben 178 3% Spanien (54), Italien (50), Frankreich (36), Türkei (11), Südafrika (7), Portugal (7) Sonnenblumen 158 2% Argentinien (43), Frankreich (24), Italien (19), Ungarn (16), Ukraine (15), USA (7) Milch 122 2% Frankreich (42), Italien (34), Deutschland (18), Niederlande (7), Österreich (3), Dänemark (3) Erdnüsse 103 2% Senegal (54), Argentinien (31), Indien (6), Sudan (3), USA (2), Ägypten (1) Getreide sonstiges 100 2% Finnland (38), Ungarn (12), Deutschland (11), USA (11), Frankreich (5), Schweden (4) Geflügel 86 1% Frankreich (17), Ungarn (16), China (15), Brasilien (10), Deutschland (7), Togo (4) Frische Früchte sonstige 83 1% Spanien (15), Italien (14), Türkei (5), Ghana (3), Frankreich (3); Diverse** (10) 535 8% 6’563 100% Rest Gesamt Erzeugerland und Höhe des EWF (Mm³/Jahr) *) Ölsaaten sonstige: Palmöl, Oliven, Senf, Raps, Leinsamen; Mohnsamen; Sesam, etc. **) aufgrund komplexer Handelsketten nicht einem bestimmten Ursprungsland zuzuordnen WWF Schweiz 15 3.3 Bedeutung des externen WasserFussabdrucks der Schweiz für den Naturschutz Die Resultate des Wasser-Fussabdrucks für landwirtschaftliche Güter, die hauptsächlich zu Lebensmitteln verarbeitet werden, können nicht ohne eine sorgfältige Analyse weiterer Faktoren interpretiert werden. Um sie fundiert und aussagekräftig bewerten zu können, müssen die klimatischen und geografischen Bedingungen der Produktionsgebiete ebenso berücksichtigt werden wie die Art des Anbaus, die aktuelle Nutzung der Flächen durch die Bevölkerung, die in der Zukunft wahrscheinliche Wasserverteilung in dem Gebiet wie auch die jeweilige Wasserverfügbarkeit aus Grund- und Oberflächengewässern. Die klimatischen Bedingungen bestimmen den regionalen Wasserhaushalt und häufig auch saisonale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit. Direkte Eingriffe in den natürlichen Wasserhaushalt und Veränderungen in Folge intensiver landwirtschaftlicher Nutzung können zunehmend negative Auswirkungen auf Qualität und Funktionalität der Ökosysteme und auf die Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt in den betroffenen Regionen haben, wie dies in vielen Gebieten bereits heute schon beobachtet werden kann. In der Schweiz, wie auch in der Europäischen Union, liefert die Wasser-Gesetzgebung einen sehr guten Handlungs- und Entwicklungsrahmen für den Schutz von Ökosystemen und Wasserkörpern. Die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben in der EU weist jedoch in den am stärksten von Wasserproblemen betroffenen Ländern, wie z.B. Griechenland, noch erhebliche Defizite auf. Auf aussereuropäischer Ebene fehlen jedoch oftmals vergleichbare verbindliche Rechtsgrundlagen, Richtlinien oder Indikatoren zur Abschätzung und Bewertung der Wassernutzung. Seitens des Handels und der Wirtschaft sind sich viele der besonders auf Wasserressourcen angewiesenen Branchen ihrer Abhängigkeit von einer nachhaltigen und rechtmässigen Wassernutzung nicht bewusst, wodurch viele – teils unwissentlich – die vorhandenen Ressourcen übernutzen und somit massgeblich zu einem Ungleichgewicht in der Wasserbilanz beitragen. Weltweit werden rund 80 Prozent der Landwirtschaftsflächen über die Niederschläge bewässert. Dort hängen die Ernteerträge dementsprechend von ausreichenden Niederschlagsmengen ab. Aride und semi-ari16 WWF Schweiz de Regionen haben zumindest zu bestimmten Zeiten im Jahr eine negative Wasserbilanz, was bedeutet, dass dann mehr Wasser verdunstet als dem System durch Niederschläge wieder zugeführt wird, wodurch die Bodenfeuchtigkeit stark abnimmt. Dadurch entsteht eine hohe Empfindlichkeit und Anfälligkeit der landwirtschaftlichen Erträge, für die nicht die Temperaturen, sondern die Wasserverfügbarkeit begrenzender Faktor ist. Um diesen Nachteil auszugleichen, werden Ackerflächen immer grossflächiger über Bewässerungssysteme, die Wasser aus dem Grund- und Oberflächenwasser entnehmen, versorgt. Ungefähr 18 Prozent der weltweiten Ackerflächen werden künstlich bewässert. Dies ermöglicht nicht nur eine rentable landwirtschaftliche Produktion in aufgrund ihrer klimatischen Bedingungen wasserarmen Regionen, sondern führt auch zu einer erheblichen Steigerung der Ernteerträge verglichen mit dem Anbau unter natürlichen Niederschlagsbedingungen. Die wegen des Bevölkerungswachstums notwendige Steigerung der Nahrungsmittelproduktion wird in Zukunft zu einem erheblichen Anstieg der bewässerten Landwirtschaftsflächen führen, da damit die Erträge noch erheblich gesteigert werden können. Zu den am stärksten von dieser Entwicklung betroffenen ariden und semi-ariden Gebieten in den Tropen und Subtropen zählen beispielsweise die Mittelmeerregion, Südasien, Australien und Südamerika. Abbildung 5 zeigt, dass der externe Wasser-Fussabdruck der Schweiz in den Ländern des Mittelmeerraums sowie in Südamerika besonders hoch ist. Der Import von Waren aus diesen Regionen hat also mit Sicherheit starke negative Folgen für die Wasserressourcen der Länder. Um die Beeinträchtigungen durch den externen Wasser-Fussabdruck der Schweiz abzuschätzen, wurden die Exportländer mit der grössten Beanspruchung ihrer Wasserressourcen weiter analysiert. Negative Auswirkungen auf die Wasserressourcen des jeweiligen Landes wurden als „Wasserstress“ definiert und durch einen Wasserstressindikator (WSI) charakterisiert (Abb. 6). Unter Berücksichtigung der notwendigen Wassermengen zum Erhalt der natürlichen Systeme wurde dabei berechnet, in wieweit die verbleibende Wassermenge für die menschlichen Bedürfnisse ausreichend ist. Nach dieser Methode ergeben sich vier Stress-Kategorien (Tab. 4). Externer WasserFussabdruck (km3/Jahr) Abbildung 5: Externer Wasser-Fussabdruck der Schweiz nach Regionen Der höchste Wasserstress entsteht in den Ländern der Gruppe D, durch hohe Wasserentnahme pro Flächeneinheit und den hohen externen Wasser-Fussabdruck der Schweiz (Abb. 6). Zu diesen Ländern zählen die in dieser Studie beispielhaft dargestellten Länder Indien, Spanien und Türkei, aber auch Deutschland, China, Pakistan und Südafrika. Die Folgen für den Erhalt der natürlichen Ökosysteme und deren Artenvielfalt lassen sich jedoch nicht allein am Volumen der genutzten Wassermenge abschätzen, sondern bedürfen der zusätzlichen Berücksichtigung von ökologischen, hydrologischen, sozialen und klimatischen Informationen für die jeweiligen ökologischen Einheiten, die meist über die Ländergrenzen hinausgehen. Negativen Auswirkungen Einhalt gebieten Die Länder, in denen viel Wasser zur Herstellung landwirtschaftlicher Produkte verbraucht wird, insbesondere aus den Gruppen C und D, zeigen eine starke Überschneidung mit der Lage der 238 Ökoregionen, die der WWF aufgrund ihrer biologischen Vielfalt und ökologischen Bedeutung weltweit als besonders wertvoll einstuft (Global 200). Doch nicht nur in diesen Regionen birgt die Intensivlandwirtschaft ein hohes Gefährdungspotential für die biologische Vielfalt und die natürlichen Ressourcen. Noch immer werden Feuchtgebiete, Flussauen und Moore mit dem Ziel der landwirtschaftlichen Nutzung trockengelegt und somit als natürliche Lebensräume zerstört bzw. durch Abwasser- oder Schadstoffeinträge geschädigt. Ungeachtet der jahreszeitlich wechselnden Wassermengen in Flüssen werden Flusseinzugsgebiete oft ganzjährig genutzt und/oder durch Staudämme zur Wasserspeicherung oder zur Energiegewinnung als Lebensräume und multifunktionale Ökosysteme zerstört. Durch die zunehmend ganzjährige Bewässerung werden dem Grund- und Oberflächenwasser beständig hohe Mengen entzogen, ohne dass sich diese selbst in regenreicheren Perioden regenerieren könnten. Das Verhältnis der Grundwasserneubildung zur Grundwassernutzung ist deshalb besonders kritisch zu betrachten. Insbesondere dort, wo mehr als die Hälfte der neu gebildeten Wasserressourcen beansprucht werden, wächst das Risiko von Wasserknappheit, Dürre und Wasserstress. Dies betrifft derzeit vor allem Süd- und Nordafrika, Asien sowie verschiedene Regionen Chinas, Indiens, Pakistans, Südeuropas und der USA, wo bereits mehr als 20 bis 50 Prozent der verfügbaren Wasserressourcen genutzt werden. Über die längerfristigen negativen Auswirkungen des aktuellen nicht-nachhaltigen Umgangs mit der Ressource Wasser in vielen Teilen der Welt, insbesondere in Entwicklungsländern, herrscht noch weitgehend Unklarheit. Bisher ist auch das Verständnis bezüglich der Auswirkungen der zunehmenden Wassernutzung auf die Gewässersysteme vor dem Hintergrund des Klimawandels noch unzureichend. Ähnliches gilt für die Folgen von Entwaldungs- und Erosionsprozessen für die Wasserqualität und -verfügbarkeit. Bereits heute ist jedoch klar, dass viele vom Klimawandel betroffene Regionen, selbst die mit einem sehr guten WassermaWWF Schweiz 17 EWF Schweiz Tabelle 4: Schematische Darstellung der Auswirkungen der Wasserentnahme auf die Wasserressourcen A Länder mit - hohem externen Wasser-Fussabdruck in der Schweiz - niedriger Wasserentnahme pro Flächeneinheit im Verhältnis zum verfügbaren Dargebot D Länder mit - hohem externen Wasser-Fussabdruck in der Schweiz - hoher Wasserentnahme pro Flächeneinheit im Verhältnis zum Verfügbaren Dargebot B Länder mit - niedrigem externen Wasser-Fussabdruck in der Schweiz - niedriger Wasserentnahme pro Flächeneinheit im Verhältnis zum verfügbaren Dargebot C Länder mit - niedrigem externen Wasser-Fussabdruck in der Schweiz - hoher Wasserentnahme pro Flächeneinheit im Verhältnis zum Verfügbaren Dargebot Wasserentnahme im Verhältnis zu erneuerbaren Wasserressourcen und Abflüssen = Wasserstress 1000.0 Ghana Brasilien Elfenbeinküste Frankreich Italien Ecuador Kamerun Kanada Togo Argentienien Indonesien Kolumbien 100.0 Deutschland Spanien Indien USA Türkei Nigeria Uganda Mexiko Ungarn Guatemala Niederlande Senegal Pakistan Thailand Österreich Finnland China Myanmar Costa Rica Südafrika Kenia Laos Australien Peru El Salvador Nicaragua Kuba Ukraine Philippinen Neuseeland Tansania Portugal Tschechien Malaisien Venezuela Dominikanische Republik Vietnam Dänemark Griechenland Polen Ägypten Äthiopien Bulgarien Tunesien Israel Russland Guinea Paraguay Äquatorial Guinea Bangladesch Rumänien Usbekistan Sudan Uruguay Mauritius Grossbritannien Swasiland Burundi Chile Marokko Schweden Haiti Sri Lanka Guyana Trinidad Tobago Iran Honduras 10.0 Papua New-Guinea Mosambik Kongo (Demokratische Rep.) 1.0 Zentralafrikanische Republik Island Angola Mali Malawi Burkina Faso Belize Ruanda Tschad Benin Estland Norwegen Namibia Fiji Guinea-Bissau Kambodscha Zambia Sierra Leone Mongolei 0.1 0% Irland Gambia Wasserstress = 0% Zimbabwe Jamaika Litauen Lettland Bolivien Liberia Gabun Panama 1% Nepal Syrien Moldavien Turkmenistan Algerien Tadschikistan Aserbaischan Zypern Kassachstan aktuelle Wasserentnahme erneuerbare Ressourchen - Ökosystembedarf 10% 100% Abbildung 6: Globale Verteilung des landwirtschaftlichen Wasser-Fussabdrucks der Schweiz und Einschätzung des Wasserstresses nagement, dringend Massnahmen zur Anpassung an diesen Wandel ergreifen müssen. Ein ausgeglichener Wasserhaushalt ist die Grundvoraussetzung dafür. Die immer weiter zunehmende Übernutzung der natürlichen Ressourcen muss dringend aufgehalten werden, um weitere negative Auswirkungen, wie beispielsweise einen noch grösseren Verlust an Ökosystemen, Arten und Lebensgrundlagen zu verhindern, aber auch, 18 WWF Schweiz um eine nachhaltige Landwirtschaftsentwicklung zu ermöglichen. Eine vertiefte Analyse darüber, welche Auswirkungen der Anbau bestimmter landwirtschaftlicher Produkte für den Schweizer Markt in den jeweiligen Erzeugerländern hat, ist hier einerseits aufgrund des Massstabs, andererseits aufgrund des fehlenden Wissens darüber, wo die Anbauflächen in den einzelnen Regionen und Flusseinzugsgebieten genau liegen, nur begrenzt möglich (vgl. Kap. 2). Dennoch bieten diese Ergebnisse schon vielfältige Ansatzpunkte für die Entwicklung und Umsetzung neuer Handlungsrichtlinien und Standards. 3.4 Kritische Produkte In diesem Kapitel werden vier Landwirtschaftsprodukte exemplarisch näher betrachtet, denen zum einen als Handelsgut eine grosse Bedeutung zukommt und deren Anbau andererseits grosse Mengen an Wasser verschlingt: Baumwolle, Nüsse, Reis und Zucker. Baumwolle, Reis und Zucker wurden ausgewählt, da der WWF in einer Studie, die in Zusammenarbeit mit der Weltbank/IFC entstand, zeigen konnte, dass gerade diese Produkte durch ihren hohen Wasserbedarf im Anbau in vielen für den WWF wichtigen Regionen erhebliche negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben [13]. Offenbar trägt die Schweiz durch den Import grosser Mengen dieser Produkte eine Mitverantwortung für diese Probleme. Die grosse Bedeutung von Nüssen war für uns eine Überraschung. Auf der anderen Seite hat die Schweiz laut FAO beispielsweise den grössten Pro-Kopf Verbrauch an Haselnüssen, der bei über zwei Kilogramm pro Jahr liegt [14]. Da diese mehrheitlich in der Türkei oder in der EU (Spanien, Italien) angebaut werden, könnte es interessant sein, diese Situation etwas genauer zu beleuchten. Anbaus – zumindest im Bezug auf die Wasserressourcen der Anbauländer – weniger gravierend sein als bei anderen Agrarprodukten, wie zum Beispiel Baumwolle oder Zucker. Zurzeit liegen dem WWF jedoch keine verlässlichen Daten zur Beurteilung der konkreten Situationen in den Anbauländern vor. Wegen des grossen Anteils von Kakao und Kaffee am Wasser-Fussabdruck der Schweiz werden wir aber in einem nächsten Schritt versuchen, diese Daten zu erheben. 3.4.1 Baumwolle, das weisse Gold Durch den Import von Rohbaumwolle und Baumwollprodukten hinterlässt die Schweiz jährlich einen Fussabdruck in Höhe von 191 Mm³ - das sind drei Prozent ihres externen landwirtschaftlichen Wasser-Fussabdruckes. Und diese enorme Wassermenge wird nicht für ein Produkt verwendet, das der Ernährung dient, sondern vor allem zu Kleidung verarbeitet wird. Zu den Ländern, in denen die Schweiz durch den Import von Baumwolle den grössten Wasser-Fussabdruck hinterlässt zählen Indien, Türkei, die USA, China, Pakistan und Usbekistan (Tab. 5 & Abb. 7). Tabelle 5: Importländer für Baumwollprodukte, in denen die Schweiz den grössten EWF hinterlässt Land WF (Mm³/Jahr) Indien 48 Türkei 15 USA 14 China 12 Pakistan 11 Usbekistan 10 Obwohl die Schweiz durch den Import von Kakao und Kaffee mit Abstand den grössten externen WasserFussabdruck verursacht, werden diese beiden Produkte in der Folge nicht genauer betrachtet. Wie bereits früher erwähnt, ist ein hoher virtueller Wassergehalt eines Produktes alleine noch kein Hinweis darauf, dass dessen Anbau oder Produktion die Umwelt in dem Herkunftsland stark belasten. Um derartige Aussagen treffen zu können, muss darüber hinaus auch bekannt sein, ob das betreffende Produkt aus einem generell sehr wasserarmen Land kommt oder ob das Wasser zu seiner Herstellung während einer Phase entnommen wurde, in der Wasser in der Region sehr knapp war. Die äusseren Umstände spielen also eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Auswirkungen des virtuellen Wassergehalts eines Produktes. Baumwolle gehört zu den wasserintensivsten Kulturpflanzen. Im weltweiten Durchschnitt sind 11’000 Liter Wasser nötig, um ein Kilogramm Baumwollstoff zu erhalten. Nur 45 Prozent dieser Wassermenge werden jedoch tatsächlich von den Pflanzen aufgenommen. Extreme 41 Prozent des Bewässerungswassers verdunsten bereits aus Kanälen oder von den Feldern. Durchschnittlich 1’540 Liter sind graues Wasser – also theoretisch nötig, um das durch Pestizide, Düngemittel oder die bei der Baumwollverarbeitung eingesetzten Chemikalien verschmutzte Abwasser zu verdünnen. Sowohl Kaffee als auch Kakao werden in Regionen angebaut, in denen es hohe Niederschläge gibt. Ihr Anbau erfordert daher in der Regel keine künstliche Bewässerung. Deshalb dürften die ökologischen Folgen ihres Weltweit werden jedes Jahr etwa 256 km³ Wasser für den Baumwollanbau verbraucht, die sich auf 42 Prozent blaues Wasser, 39 Prozent grünes und 19 Prozent graues Wasser verteilen. Etwa 44 Prozent dieser WWF Schweiz 19 Gesamter EWF durch Baumwollprodukte = 191 Mm3/Jahr Externer Wasser-Fussabdruck durch den Konsum von Baumwollprodukten (Mm3/Jahr) Abbildung 7: Globale Verteilung des Schweizer Wasser-Fussabdrucks durch den Import von Baumwolle 256 km³ werden dafür verwendet, um für den Export bestimmte Baumwolle anzubauen. Der Baumwollanbau verbraucht schon 3,5 Prozent der Wassermengen, die weltweit für den Anbau von ackerbaulichen Produkten eingesetzt werden. China, die USA, Indien, Pakistan und Usbekistan liefern zusammen bereits 70 Prozent der weltweiten Baumwollmengen [15]. Die Türkei steht an siebter Stelle der wichtigsten Baumwollanbauländer mit einem Produktionsvolumen von 625’000 Tonnen im Jahr 2007/2008 (ICAC). In den letzten Jahren konnte sie die Produktion durch Intensivierung des Anbaus steigern. Die Anbaugebiete liegen vor allem in der Ägäis sowie im Süden und Südwesten der Türkei. Das grösste Problem, welches der Baumwollanbau verursacht, ist die Wasserverschmutzung durch extensiven Einsatz von Pestiziden und Insektiziden. Auch der Wasserverbrauch ist sehr hoch, da die Felder überwiegend durch Überflutungsbewässerung mit Wasser versorgt werden. Der Anbau im Verlauf der Sommermonate belastet die natürlichen Wasserressourcen in den Anbauregionen besonders stark. Bewässerungskanäle. Auch für den Baumwollanbau in Pakistan werden grosse Mengen an Pestiziden und Düngemitteln eingesetzt, die die Wasserqualität stark belasten. Bereits jetzt werden 31 Prozent des Wassers für die Bewässerung der Baumwollfelder aus dem Grundwasser entnommen [15]. Wie extrem die Auswirkungen des Baumwollanbaus sein können, zeigt zum Beispiel Usbekistan. Dort werden jedes Jahr 14,6 km³ Wasser für den Baumwollanbau eingesetzt, vor allem blaues Wasser. Als Folge der Übernutzung des Amu-Darja und Syr-Darja, den beiden Zuflüsse zum Aralsee, gelangt kaum noch Wasser in den See. Infolge dessen schrumpfte der See in den letzten 40 Jahren um etwa 85 Prozent, verbunden mit Versalzungsund weiteren Umwelt zerstörenden Prozessen. Pakistan baut allein im Indusbecken auf fast drei Millionen Hektar Baumwolle an, wofür 51,43 km³ Wasser benötigt werden. Die genutzte Bewässerungstechnik ist in Pakistan sehr ineffizient und führt dazu, dass 90 bis 97 Prozent der Wassermengen, die aus dem Indus entnommen werden, bereits von der Landwirtschaft verbraucht werden. Allerdings erreicht nur etwa ein Drittel davon tatsächlich die Felder. Der grössere Teil verdunstet auf dem Weg oder versickert durch marode Baumwollanbau in Indien © WWF 20 WWF Schweiz 3.4.2 Mehr als eine Handvoll Reis Der Import von Reis macht vier Prozent des externen landwirtschaftlichen Wasser-Fussabdrucks der Schweiz aus und entspricht der Einfuhr von immerhin 241 Mm³ Wasser. Ein Blick auf die Erzeugerländer zeigt, dass diese über erheblich weniger Wasserressourcen verfügen als die Schweiz und so durch den Anbau ihren Natur- und Wasserhaushalt belasten (Tab. 6). Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ist auf den Anbau von Reis zur Sicherung der Ernährung und/oder als wichtige Einkommensquelle angewiesen. Mehr als 90 Prozent der jährlich produzierten Reismengen werden in Asien angebaut, und auch dort konsumiert. Traditionelle Anbaumethoden benötigen zwischen 3’000 und 5’000 Liter für die Produktion von einem Kilogramm Reis. Weltweit werden auf rund 154 Millionen Hektar Reis angebaut. Die wichtigsten Exportländer sind dabei weltweit Thailand, Vietnam, China, USA, Pakistan und Indien. Im Indusbecken werden für den Reisanbau jährlich bis zu 70 Millionen m³ Wasser eingesetzt. Weltweit sind es über ein Fünftel der Wassermengen, die für den Anbau von ackerbaulichen Produkten verwendet werden. In Europa, Australien und den USA wird Reis noch immer nach der traditionellen Methode angebaut, also durch Überflutung der Felder. Weltweit betrachtet liegt der Wasserbedarf für Reis durch diese Anbaumethode bis zu fünfmal höher als der für den Anbau von Mais und Weizen, deren Anbau ebenfalls sehr wasserintensiv Reisanbau in China, Provinz Jünnern © WWF Tabelle 6: Länder, in denen die Schweiz den grössten EWF durch Reisimporte hinterlässt Land WF (Mm³/Jahr) Togo 115 Myanmar 41 Italien 25 USA 23 Indien 17 Pakistan 4 ist. Insgesamt werden etwa 63 Prozent aller Reisanbauflächen künstlich bewässert – das ist bereits mehr als ein Drittel aller in der Landwirtschaft bewässerten Flächen. Auf ihnen landen 85 Prozent der Wassermengen, die global zur Bewässerung in der Landwirtschaft eingesetzt werden [16]. Gesamter EWF der Schweiz durch Reisimporte = 241 Mm3/Jahr Externer Wasser-Fussabdruck durch den Import von Reis (Mm3/Jahr) Abbildung 8: Globale Verteilung des Schweizer Wasser-Fussabdrucks durch den Import von Reis WWF Schweiz 21 Zwei Drittel des in Europa produzierten Reises werden in Italien angebaut. In Europa ist Italien damit wichtigstes Anbauland. Die Anbauflächen befinden sich vor allem im Po-Becken, der am intensivsten landwirtschaftlich genutzten Region des Landes mit umfangreichen Umweltproblemen - von starken Dürreperioden bis zum Salzwassereintrag vom Meer. Italiens Reisexporte entsprechen ungefähr fünf Prozent der weltweit gehandelten Reismengen [17]. Der Einsatz von Pestiziden im Reisanbau wirkt sich aufgrund eines mangelnden Bewusstseins und fehlender Kontrollen vor allem ausserhalb Europas sehr negativ aus. Von allen weltweit verwendeten Pestiziden werden allein 13 Prozent von asiatischen Reisbauern eingesetzt. 3.4.3 Nüsse Der Import von Nüssen – also unter anderem Baumund Haselnüsse sowie Mandeln oder Pistazien - durch die Schweiz beansprucht vor allem die Wasserressourcen der Türkei (Tab. 7, Abb. 9). Aber auch in Spanien, den USA und Italien wird viel Wasser eingesetzt für den Anbau von Nüssen für den Schweizer Markt. Wichtigste Anbauländer für Haselnüsse sind die Türkei, Italien, die USA und Spanien. Dies sind auch die Länder, in denen die Schweiz für Nüsse den grössten Wasser-Fussabdruck hinterlässt. Rund vier Fünftel aller Haselnüsse werden für die Produktion von Schokolade verwendet. Der Rest wird in der Back- und Süsswarenindustrie und zu Snacks verarbeitet [18]. Tabelle 7: Länder, in denen die Schweiz den grössten EWF durch den Import von Nüssen hinterlässt Land Türkei WF (Mm³/Jahr) 139 Spanien 43 USA 35 Italien 23 Indien 9 Andere 7 Die Türkei ist sowohl bei weitem das wichtigste Erzeugerland als auch grösster Exporteur für Haselnüsse und für mehr als drei Viertel der weltweiten Produktion verantwortlich. Rund acht Millionen Türken sind direkt oder indirekt vom Haselnussanbau abhängig. Türkische Haselnüsse sind in der Regel von sehr guter Qualität. Allerdings sind die Ernteerträge vor allem im Vergleich zu den USA und Italien sehr gering. Das grösste und von den Bedingungen auch am besten geeignete Anbaugebiet liegt in Anatolien. Die meisten Haselnussplantagen liegen entlang der Schwarzmeerküste, wo es relativ niederschlagsreich ist. Dort besteht daher kaum die Notwendigkeit, die Haselnussplantagen zu bewässern. Allerdings breitet sich der Anbau seit Jahren immer weiter westwärts in die fruchtbaren Tieflandbereiche aus, wo das Klima jedoch weniger günstig ist. Gesamter EWF durch Import von Nüssen = 281 Mm3/Jahr Externer Wasser-Fussabdruck der Schweiz für die Einfuhr von Nüssen (Mm3/Jahr) Abbildung 9: Globale Verteilung des externen Wasser-Fussabdruckes der Schweiz durch den Import von Nüssen 22 WWF Schweiz Nach der Türkei ist Italien der wichtigste HaselnussProduzent weltweit, und der wichtigste innerhalb der EU. Die Anbaugebiete sind über das ganze Land verteilt. Die wichtigsten Gebiete sind dabei im nördlichen Piemont (Cuneo), in Viterbo im Zentrum des Landes sowie in der südlichen Provinz Avellino [19]. Diese drei Provinzen liefern bereits 65 Prozent der in Italien angebauten Haselnüsse. In Spanien gibt es insgesamt mehr als 600’000 Hektar Nuss- und Mandelplantagen. Die Haselnuss-Anbaugebiete liegen vor allem im Nordosten des Landes. Über 9’000 Hektar der Haselnuss- und fast 38’000 Hektar Mandelplantagen werden unnötigerweise bewässert, obwohl beide Pflanzen an die dort herrschenden Klimabedingungen angepasst sind. Mandeln sind recht anspruchsvoll im Anbau. Sie wachsen am besten in Regionen mit kalten und feuchten Wintern, gefolgt von einem milden Frühling und einem warmen Sommer mit geringen Niederschlägen. Für eine gute Blüte müssen Mandelbäume bis zu 500 Stunden lang Temperaturen unter 7° Celsius ausgesetzt sein. Spanien ist nach den USA das wichtigste Anbaugebiet für Mandeln [20]. 3.4.4 Zucker – der süsse Umweltsünder Jährlich werden weltweit mehr als 145 Millionen Tonnen Zucker in rund 120 Ländern hergestellt, 60 bis 70 Prozent davon aus Zuckerrohr. Und der Verbrauch steigt jedes Jahr um weitere zwei Millionen Tonnen an. Der Anbau von Zuckerrohr hat wahrscheinlich mehr Arten ausgerottet als sonst eine Kulturpflanze. Im brasilianischen Bundesstaat Alagoas beispielsweise ist der Anbau von Zuckerrohr zur Herstellung von Bioethanol dafür verantwortlich, dass nur noch drei Prozent der ursprünglichen Regenwaldfläche übrig geblieben sind. Auch ein Grossteil der Zerstörung der Cerrado-Vegetation des Landes ist mit dem Zuckerrohr zuzuschreiben [21]. Zudem gehört Zuckerrohr neben Reis und Baumwolle zu den Kulturpflanzen mit dem höchsten Wasserverbrauch. Die mehrjährige Pflanze verbraucht im Jahr zwischen 7 und 45 m³ Wasser pro Hektar Anbaufläche. Selbst in Gegenden, wo die Felder nicht bewässert werden, hat dies schwere Folgen für das Wasserregime, da dadurch die Niederschläge abgefangen werden und in den Flüssen fehlen [22]. Die Schweiz hinterlässt in Pakistan (Zuckerrohr) und Frankreich (Zuckerrüben) den grössten Wasser-Fussabdruck durch den Import von Zucker (Tab. 8). Tabelle 8: Länder, in denen die Schweiz den grössten EWF durch den Import von Zucker und Zuckerpflanzen hinterlässt Land WF (Mm³/Jahr) Pakistan 40 Frankreich 39 Kuba 13 Swasiland 8 Mauritius 7 Der Zuckerrohranbau wird im Pakistan fast vollständig bewässert, meist durch Überflutung der Felder. Jährlich werden rund 23 Milliarden m³ Wasser verbraucht. Als Folge der hohen Wasserentnahme durch die Landwirtschaft führt der Indus, Pakistans wichtigster Fluss, im Mündungsbereich ins Arabische Meer kaum noch Wasser. Auch die Grundwasservorkommen im Indusbecken sind stark übernutzt [23]. Die wichtigsten Anbauländer für Zuckerrohr sind Brasilien und Indien mit 29 bzw. 21 Prozent der weltweiten Produktion. Zuckerrohr wird in Brasilien vor allem in São Paulo und den benachbarten Staaten angebaut. Da die Flächen fast nur durch Niederschläge bewässert werden, ist der Anbau stark von den meteorologischen Bedingungen abhängig [24]. Die Zuckerrohr-Anbaugebiete Indiens liegen vor allem südlich des Himalajas sowie im Südwesten des Landes. Gerade dort ist Wasser jedoch bereits sehr knapp. Trotzdem werden in der Provinz Maharashtra zum Beispiel mehr als die Hälfte der in der Bewässerung eingesetzten Wassermengen alleine für die Zuckerrohrfelder verbraucht, obwohl diese nur rund vier Prozent der ackerbaulich genutzten Flächen ausmachen. Dafür werden auch grosse Mengen an Grundwasser entnommen, so dass der Wasserspiegel in den letzten 20 Jahren in einigen Regionen um bis zu 50 Meter abgesunken ist. [21]. Insgesamt sind rund 90 Prozent des Zuckerrohr-Anbaus in Indien bewässert [24]. Der Wasser-Fussabdruck von unverarbeitetem Zuckerrohr der einzelnen Anbauländer unterscheidet sich sehr stark. Zum einen liegt das an dem unterschiedlichen Wasserbedarf der Pflanzen in den verschiedenen Ländern, zum anderen an den verschieden hohen Ernteerträgen. Peru, Ägypten oder Kolumbien beispielsweise WWF Schweiz 23 Gesamter EWF der Schweiz durch Zucker = 375 Mm3/Jahr Externer Wasser-Fussabdruck für den Zuckerkonsum (Mm3/Jahr) Abbildung 10: Übersichtskarte des Wasser-Fussabdrucks, den die Schweiz weltweit durch Zuckerimporte hinterlässt haben einen geringen WF aufgrund ihrer hohen Ernteerträge, China durch den niedrigen Wasserbedarf. Im weltweiten Durchschnitt beläuft sich der WasserFussabdruck für raffinierten Rohrzucker auf 1’500 Liter pro Kilogramm Zucker. Davon sind 45 Prozent grünes Wasser, 49 Prozent blaues und nur 6 Prozent graues virtuelles Wasser. Brasilien, das wichtigste Anbauland, liegt mit 1’285 Litern Wasser pro Kilogramm unterhalb des weltweiten Durchschnitts, Indien mit 1’570 Litern leicht darüber [8, 23]. Zuckerrüben wiederum werden vor allem in den USA (11 Prozent der weltweiten Produktion) und Europa angebaut, dort vor allem in Frankreich, Deutschland, Russland, der Ukraine und der Türkei [8]. Rund ein Fünftel der Anbaufläche von Zuckerrüben wird künstlich bewässert, obwohl sie meist in niederschlagsreichen Gebieten angebaut werden, wo eigentlich weniger die Wasserverfügbarkeit als die Temperaturen ihr Wachstum bestimmen. Dazu kommen noch grosse Wassermengen, die für die Reinigung der Rüben notwendig werden. Zwischen 10 und 30 Prozent des Erntegewichts bei Zuckerrüben sind nur anhaftende Erde [21]. In einer traditionellen Zuckerrübenfabrik werden zwischen 2,5 und 4,5 m³ Wasser pro Tonne Rüben verbraucht, das Meiste davon zum Waschen [23]. In der spanischen Provinz Andalusien führt der Anbau von Zuckerrüben vor allem im Sommer zu einem Absinken der Flusspegel, so dass wichtige Feuchtgebiete wie beispielsweise die Doñana nicht mehr ausreichend 24 WWF Schweiz versorgt werden [21]. Im türkischen Konya-Becken, wo bereits hauptsächlich Zuckerrüben angebaut werden, plant die türkische Regierung den Bau von Staudämmen und Wassertransfers aus anderen Regionen, um eine intensive Bewässerung zu ermöglichen. Im Schnitt stecken in einer Tonne Zuckerrüben 935 m³ virtuelles Wasser. Aufgrund der wasserintensiveren Reinigung liegt dabei der graue Anteil mit 16 Prozent deutlich höher als bei Zuckerrohr. Fast die Hälfte des WF von Zuckerrüben wird durch den blauen Anteil gebildet, die restlichen 35 Prozent sind grünes Wasser. Aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen und hoher Ernteerträge ist der Wasser-Fussabdruck in den nordwesteuropäischen Ländern relativ niedrig. In Spanien liegt der WF mit 700 m³ pro Tonne deutlich unterhalb des weltweiten Durchschnitts, in der Türkei beträgt er jedoch 1’050 m³ [8, 23]. 3.5 Globale Wege des (virtuellen) Wassers Die Schweiz hinterlässt in fast 200 Staaten der Welt einen relevanten Wasser-Fussabdruck (Abb. 11), der abhängig vom Produkt sowie den klimatischen und naturräumlichen, aber auch den technologischen Standards die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, unterschiedlich hoch ist. Diese Werte können je nach Lage und Situation wiederum unterschiedlichste Auswirkungen auf die natürlichen Wasser- und Landressourcen sowie die lokale und nationale Ökonomie haben. Im Folgenden werden beispielhaft einige Länder vorgestellt, in denen die Exporte von virtuellem Wasser negative Konsequenzen für die von der Produktion betroffenen Regionen des Landes haben. In den ausgewählten Ländern setzt sich der WWF zugleich aktiv für die Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Ressourcen ein und fördert Initiativen einer nachhaltigen Entwicklung. Zahl an durch Wasser übertragener Krankheiten. Schuld an der Verschmutzung sind zum einen das rasche Bevölkerungswachstum, zum anderen Abwässer aus der Landwirtschaft und der Fischerei. Schätzungsweise geht ein Drittel des Trinkwassers zudem aufgrund maroder Leitungssysteme verloren, wodurch es vor allem in den Städten zu Versorgungsengpässen kommt [25]. Brasilien steht an dritter Stelle der Länder, in denen die Schweiz den grössten Wasser-Fussabdruck durch den Import von landwirtschaftlichen Gütern hinterlässt (Tab. 2). Jährlich importieren wir von dort 488 Mm³ virtuelles Wasser in Form von Landwirtschaftsgütern. Die wichtigsten Produkte sind dabei Kaffee (183 Mm³), Soja (127 Mm³) und Rindfleischprodukte (107 Mm³) (Tab. 9). Tabelle 9: Aus Brasilien importierte landwirtschaftliche Produkte mit dem höchsten Wasser-Fussabdruck Produkt WF (Mm³/Jahr) 3.5.1 Brasilien Kaffee 183 Brasilien ist sehr wasserreich: schon der über 6’400 Kilometer lange Amazonas enthält ein Fünftel der weltweiten Süsswasserressourcen. Insgesamt birgt Brasilien 12 bis 14 Prozent des weltweit vorhandenen Süsswassers. So paradox dies erscheinen mag, trotzdem befindet sich Brasilien in einer Wasserkrise. Hauptgrund ist die unkontrollierte Wasserverschmutzung, so dass ein grosser Teil der Bevölkerung nicht mit sauberem Trinkwasser versorgt werden kann. Dies führt zu einer hohen Soja 127 Rind 107 Kakao 27 Vieh sonstige 15 Geflügel 10 Zucker 5 Mais 5 Landwirtschaftlicher externer Wasser-Fussabdruck (km3/Jahr) Abbildung 11: Externer Wasser-Fussabdruck der Schweiz in der Welt WWF Schweiz 25 3.5.2 Indien Indien hängt mit seiner Ökonomie sehr stark von der Landwirtschaft ab, die wiederum immer stärker auf Bewässerung setzt. Obwohl grosse Flüsse wie Ganges, Indus oder Brahmaputra das Land speisen und umfangreiche Grundwasservorkommen existieren, leidet das Land bereits jetzt unter Wassermangel [28]. Dies zeigt sich in fallenden Grundwasserspiegeln und sinkenden Flussständen. Allerdings sind nicht alle Regionen des Landes gleich stark betroffen. Vor allem im Osten Indiens sowie in Bereichen im Südwesten ist die Lage noch vergleichsweise gut [24]. Intensivanbau von Sojabohnen in Brasilien © WWF Sojaanbau und Fleischkonsum Brasilien ist nach den USA das zweitwichtigste Anbauland für Soja. Die Hälfte der Produktion ist für den Export bestimmt, Hauptabnehmer ist mit 40 Prozent die EU. Aufgrund des wachsenden Fleischkonsums hat sich die Produktion von Soja als Futtermittel in den letzten 20 Jahren weltweit verdoppelt. Die steigende Nachfrage wird dabei fast ausschliesslich von Südamerika gedeckt. Der Sojaanbau spielt eine bedeutende Rolle bei der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes. Da die Grundstückspreise für Sojaanbauflächen deutlich höher sind als jene für extensives Weideland, werden Rinderzüchter von ihren Flächen vertrieben. Diese brandroden bis dahin noch unberührte Regenwaldgebiete und wandeln sie in Weideland um, welches wiederum nach einiger Zeit von Sojafarmern übernommen wird. Jährlich werden dadurch etwa 1,4 Millionen Hektar des Amazonas zerstört [26]. Um ein Kilogramm Soja zu erhalten werden im globalen Durchschnitt etwa 1’800 Liter im Anbau investiert. Brasilianischer Kaffee Brasilien ist mit einem Marktanteil von etwa 30 Prozent international der wichtigste Produzent von Kaffeebohnen. Je nach den klimatischen Bedingungen werden jährlich bis zu 1,8 Millionen Tonnen exportiert, dazu kommen noch einmal 600’000 Tonnen für den eigenen Verbrauch, was Brasilien zum Land mit dem dritthöchsten Kaffeekonsum macht [27]. Im weltweiten Durchschnitt werden gewaltige 22’500 Liter Wasser benötigt, um ein Kilogramm Röstkaffee herzustellen. Das sind umgerechnet 140 Liter Wasser für 125 ml Bohnenkaffee. 26 WWF Schweiz Die indischen Bauern entnehmen jährlich rund 250 km³ Wasser für die Bewässerung ihrer Felder, aber nur 150 km³ werden durch Niederschläge wieder ersetzt [29]. Insbesondere die Grundwasservorkommen leiden darunter [24]. Eines der grossen Probleme der Zukunft wird daher sein, neben der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung noch ausreichend Wasser für die Bewässerung bereitstellen zu können [28] und dabei noch genügend Wasser in den Flüssen und Grundwasserkörpern zu belassen, damit diese ihre natürlichen Funktionen erfüllen können. Aktuell liegen die landwirtschaftlichen Erträge und die Effizienz der Bewässerung in Indien weit hinter den technischen Möglichkeiten zurück [30]. Der indischen Regierung ist es jedoch zugleich wichtig, dass das Land sich weiterhin selbst versorgen kann [31]. Angesichts der hohen Beanspruchung der Ressourcen durch die Landwirtschaft und dem Bedarf für die wachsende Bevölkerung ist es jedoch fraglich, ob dies in Zukunft gelingen wird. Insgesamt importiert Indien nur 1,6 Prozent der Wassermengen, die es jährlich verbraucht - grösstenteils in Form von Landwirtschaftsprodukten [32]. Tabelle 10: Aus Indien importierte landwirtschaftliche Produkte mit dem grössten Wasser-Fussabdruck Produkt WF (Mm³/Jahr) Ölsaaten sonstige 53 Kaffee 49 Baumwolle 48 Reis 17 Nüsse 9 Erdnüsse 6 Zucker 4 Gewürze sonstige 2 Baumwolle als wichtiger Wirtschaftsfaktor Baumwolle ist eines der wichtigsten Wirtschaftsprodukte für Indien und wird von fast vier Millionen Bauern angebaut. Schätzungsweise 60 Millionen Inder sind insgesamt in irgendeiner Form vom Baumwollsektor abhängig. Mit etwa neun Millionen Hektar Anbaufläche (mehr als das Doppelte der Fläche der Schweiz) stellt Indien allein schon 30 Prozent der weltweiten Baumwollanbauflächen. Gleichzeitig weist Indien jedoch sehr niedrige Ernteerträge auf. Während laut ICAC 2008 im weltweiten Durchschnitt auf einem Hektar etwa 760 Kilogramm Baumwolle produziert wurden, waren es in Indien nur rund 520 Kilogramm. Trotz der grössten Anbaufläche produziert Indien daher nur 16 Prozent der Baumwollmenge der Welt. Bisher werden rund ein Drittel der Baumwollfelder Indiens künstlich bewässert. Die bewässerten Flächen liegen überwiegend im Norden des Landes, im Flusseinzugsgebiet des Ganges. Der Baumwollanbau in den zentralen und südlichen Regionen ist dagegen mehrheitlich von Niederschlägen abhängig. Obwohl der Baumwollanbau nur 5 Prozent der landwirtschaftlichen nutzbaren Flächen Indiens ausmacht, werden dort 54 Prozent aller Pestizide verbraucht. Dies belastet gleich- zeitig die Wasserqualität und führt zu massiven gesundheitlichen Beeinträchtigung der Bauern und ländlichen Bevölkerung [28]. Der WWF und die „Better Cotton Initiative“ (BCI) Um praxistaugliche Möglichkeiten zu finden, die ökologischen Folgen des Baumwollanbaus weltweit zu reduzieren und gleichzeitig den Einsatz von Wasser und Chemikalien zu senken, hat der WWF die „Better Cotton Initiative“ (BCI) mitbegründet. In dieser Initiative arbeiten neben anderen Nicht-Regierungs-Organisationen auch grosse Firmen wie Adidas, IKEA, Gap und H&M zusammen, um gemeinsam einen Standard zu entwickeln, nach dessen Kriterien der Baumwollanbau ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltiger gestaltet werden kann. Der WWF hat dazu unter anderem in Zusammenarbeit mit IKEA Pilotprojekte in Indien und Pakistan gestartet, in denen es möglich war, durch verbesserte Anbaumethoden bis zu drei Viertel an Wasser und Pestiziden einzusparen, während gleichzeitig die Nettogewinne der Bauern bis zu 70 Prozent stiegen. Eines dieser Projekte wurde 2006 in der Region Andhra Pradesh mit etwa 40 Familien ins Leben gerufen. Heute erstreckt sich das Projekt über 18 Dörfer mit insgesamt etwa 600 Baumwollbauern. 2010 sollen weitere „Better Cotton“-Pilotprojekte in Indien sowie in Pakistan, Westafrika und Brasilien starten, durch die genügend Baumwolle nach den „Better Cotton“-Standards produziert werden sollen, um Textilhersteller und Einkäufer in grösseren Mengen mit nachhaltig erzeugter Baumwolle beliefern zu können. Falsch geplanter Bewässerungskanal in der Provinz Andhra Pradesh in Indien © WWF WWF Schweiz 27 3.5.3 Spanien Spanien ist das am stärksten von Trockenheit geprägte Land in der EU [33]. Trotz dieser ungünstigen Wasserverhältnisse wird dort ein Grossteil der Obst- und Gemüseprodukte für den europäischen Markt angebaut. Etwa 3,3 Millionen Hektar der Landwirtschaftsflächen Spaniens werden bewässert, wodurch jedes Jahr rund 24 km³ Wasser verbraucht werden. Dies entspricht drei Viertel des gesamten Wasserverbrauchs Spaniens. Die Agrarwirtschaft ist also bei weitem der grösste Wasserverbraucher. Obwohl sich effiziente und moderne Bewässerungstechniken wie die Tröpfchenbewässerung immer mehr durchsetzen, liegen die Wasserbedürfnisse der Landwirtschaft noch deutlich über der verfügbaren Menge. Allein in der Provinz Andalusien entsteht jährlich ein Wasserdefizit von 270 Millionen m³ [34]. Landesweit werden noch immer knapp die Hälfte (45,3%) der Ackerflächen durch verschwenderische Überflutung bewässert [33]. Begünstigt wird dieser verschwenderische Umgang mit Wasser durch extrem niedrige und subventionierte Wasserpreise, die bei weitem nicht die realen Kosten an die Bauern weitergeben. Verheerender ist jedoch die grosse Anzahl illegaler Brunnen. Nach Angaben der spanischen Umweltbehörde beläuft sich deren Zahl auf ca. 500’000, durch die mindestens 3,6 km³ Grundwasser pro Jahr entnommen werden. Die legale Grundwasserentnahme beläuft sich im Vergleich auf 4,5 km³. Das bedeutet, dass mindestens 45 Prozent des Grundwassers illegal genutzt werden. Mit dieser Wassermenge liesse sich die Wasserversorgung von 58 Millionen Menschen in Spanien sichern. Sie wird jedoch zur Bewässerung von etwa einem Sechstel der Landwirtschaftsflächen, aber auch zum Unterhalt der zahlreichen Golfplätze genutzt. Viele mit öffentlichen Geldern finanzierte wasserbauliche Massnahmen wie Dammbauten, Kanäle oder Wassertransferprojekte sollen die negativen Auswirkungen dieser illegalen Machenschaften korrigieren. So wird beispielsweise durch den Júcas-Vinalopí-Transfer, dessen Kosten sich auf rund 231,5 Millionen Euro belaufen, ein illegal übernutzter Grundwasserkörper rehabilitiert. Die spanischen Wasserbehörden verfügen weder über funktionierende Instrumente der Wasserbewirtschaftung noch eine ausreichend stringente rechtliche Handhabe, um effektiv gegen die illegalen Machenschaften vorzugehen. Der Hauptanreiz, Wasser illegal zu entnehmen, liegt in den hohen wirtschaftlichen Gewinnen, vor allem in der Landwirtschaft, dem Tourismus und dem Siedlungs28 WWF Schweiz Tabelle 11: Aus Spanien importierte landwirtschaftliche Produkte mit dem grössten Wasser-Fussabdruck Produkt WF (Mm³/Jahr) Trauben 54 Nüsse 43 Ölsaaten sonstige 37 Frische Früchte, sonstige 15 Vieh, sonstiges 13 Spargel 6 Rind 5 Pfirsiche und Nektarinen 5 bau. Die illegale Übernutzung der Oberflächengewässer und Grundwasserkörper gefährdet aber nicht nur die Wasserversorgung der Bevölkerung, sondern hat unabschätzbare Folgen für die Umwelt. Dies zeigt sich insbesondere im Süden Spaniens, wo der Grossteil der Obst- und Gemüseplantagen des Landes liegen. Andalusien in Wassernot Etwa ein Viertel der Wirtschaft in der andalusischen Region Almeria basiert auf der Landwirtschaft. Dies ist ein extrem hoher Anteil, wenn man bedenkt, dass der landesweite Durchschnitt nur bei 3,7 Prozent liegt [35]. Auf einer Fläche von 50’000 Hektar – 35’000 davon unter Plastikzelten - werden rund um Almeria im Jahr 2,7 Millionen Tonnen Obst und Gemüse angebaut. Fast die Hälfte der Produktion ist für den Export bestimmt, vor allem für Europa, aber auch den kanadischen und US-Markt. Fast die Hälfte des Umsatzes wird mit Intensivkulturen wie Tomaten und Peperoni erwirtschaftet [36]. Der steigende Wasserbedarf der Region führt dazu, dass die Grundwasserkörper übernutzt werden. Als Folge entstehen immense Wasserdefizite, und die Grundwasserkörper versalzen durch eindringendes Meerwasser [35]. Teilweise wird vier- bis fünfmal mehr Wasser entnommen als durch die Regenfälle zur Grundwasserneubildung führen könnte. Ökologische Belastungen durch den Erdbeeranbau Zu den wichtigen Produkten Andalusiens gehören die Erdbeeren, die vor allem in der Region Huelva angebaut werden. Auf ca. 6’000 Hektar Erdbeerplantagen werden über 60 Prozent der spanischen Erdbeeren produziert. Auch weltweit gesehen ist Huelva das wichtigste Anbaugebiet. Dort befindet sich fast ein Viertel der europäischen Erdbeerproduktion. Von den für die Bewirtschaftung der Plantagen anfallenden 3.5.4 Türkei Die Agrarwirtschaft ist in der Türkei ein wichtiger Wirtschaftszweig. Von den etwa 400’000 km² landwirtschaftlichen Nutzflächen werden 59 Prozent für Ackerbau und 35 Prozent für Weidewirtschaft genutzt. Bereits heute beansprucht die Landwirtschaft mehr als die Hälfte der Landesfläche und wird sich in Zukunft weiter ausbreiten. Etwa ein Zehntel des türkischen Bruttoinlandsproduktes wird durch die Landwirtschaft erzeugt. Fast drei Viertel davon erbringt alleine der Getreideanbau, aber auch Früchte, Gemüse und Vieh sind wichtige Produkte. Illegale Wasserentnahme aus einem Naturschutzgebiet für den Erdbeeranbau in der Provinz Huelva, Spanien © WWF, D. August Investitionskosten in Höhe von etwa 24’500 Euro pro Hektar entstehen nur 3,42 Prozent durch die Bewässerung. Neben den extrem niedrigen Wasserpreisen liegt dies auch am hohen Anteil illegal genutzten Wassers. Nach offiziellen Schätzungen gibt es 1’000 illegale Brunnen in der Region Huelva. Jährlich werden für den Erdbeeranbau allein 20 Millionen m³ Wasser benötigt. Dies entspricht bereits einem Drittel der in der Region verfügbaren Wasserressourcen. Die negativen Auswirkungen treffen insbesondere den Nationalpark Coto de Doñana, ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung, das sowohl als Nationalpark als auch Weltnaturerbe ausgewiesen ist. Aufgrund der hohen Wasserentnahmen sowohl aus dem Grund- wie Oberflächenwasser sinken die Pegel der Zuflüsse in die Feuchtgebiete der Doñana seit Jahren, und der Grundwasserspiegel ist ebenfalls massiv gefallen. Der WWF für die Erhaltung der Doñana Der WWF setzt sich bereits seit 1964 aktiv für den Schutz und die Erhaltung der Doñana ein. Um die Doñana in Zukunft vor den negativen Auswirkungen der Intensivlandwirtschaft zu schützen, verfolgt der WWF verschiedene Ansätze. Vor dem Hintergrund der starken Lebensraumzerschneidung wurden Schutzkorridore für die wandernden Tierarten identifiziert und deren Umsetzung mit Landwirten und Gemeinden voran gebracht. In enger Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Erzeugern in der Region werden Wasser sparende Bewässerungstechniken und Instrumente in der Praxis gefördert. Ausserdem arbeitet der WWF eng mit Bauern und Supermarktketten zusammen, um nachhaltige Standards für den Anbau zu erarbeiten. Die Landwirtschaft verbraucht bereits 71 Prozent der Wasserressourcen der Türkei, die hauptsächlich zur Bewässerung eingesetzt werden. Hier besteht ein hohes Einsparungspotential, da die Bewässerung bisher zu 94 Prozent durch Überflutung der Felder erfolgt, nur auf sechs Prozent der Flächen werden Tröpfchenbewässerung oder Sprinkleranlagen eingesetzt [33]. Die Türkei ist auch ein wichtiger Baumwolllieferant. 2007 stand sie an sechster Stelle der weltweiten Baumwollproduzenten. Auf rund 500’000 Hektar wurden im Erntejahr 2007/08 etwa 625’000 Tonnen Baumwolle angebaut (ICAC). Die wichtigsten Anbaugebiete liegen dabei in der Region Ostanatolien. Für ihren Anbau werden rund 9’630 m³ Wasser pro Hektar benötigt, dies ergibt umgerechnet 3’100 Liter pro Kilogramm Baumwolle. Als Folge des hohen Wasserbedarfs in der Landwirtschaft werden die Grundwasserressourcen immer stärker übernutzt. Insgesamt stehen in der Türkei zwar über 14’000 km³ Grundwasser pro Jahr zur Verfügung, von denen aber bereits 37 Prozent alleine von der Landwirtschaft genutzt werden. Oft wird das Grundwasser illegal entnommen. Nach Schätzungen der türkischen Regierung gab es 2008 im Einzugsgebiet des KonyaFlusses in Zentralanatolien 92’000 Brunnen, von denen über zwei Drittel (66’000) illegal waren. Dazu kommt, dass in den letzten Jahren die Niederschlagsmengen in der Türkei eindeutig zurückgegangen sind, so dass die Grundwasserkörper auch nicht mehr ausreichend wiederaufgefüllt werden. Alleine 2007 beliefen sich die Dürreschäden in der Landwirtschaft auf 2,5 Milliarden Euro [33]. Die türkische Regierung setzt auf den Bau von Staudämmen, um das Wasserproblem zu lösen. Beispiels- WWF Schweiz 29 Tabelle 12: Aus der Türkei importierte landwirtschaftliche Güter mit dem grössten Wasser-Fussabdruck Produkt WF (Mm³/Jahr) Nüsse 139 Baumwolle 15 Trauben 11 Frische Früchte, sonstige 5 Aprikosen 4 Gewürze, andere 2 Vieh, sonstige 1 Zucker 1 Illegale Grundwassernutzung zur Bewässerung im Konya Gebiet in der Türkei © WWF weise sollen im Rahmen des so genannten Südost-Anatolien-Projektes (GAP) insgesamt 22 grosse Stauseen an Euphrat und Tigris gebaut werden. Der im Rahmen dieses Projektes bereits fertig gestellte Atatürk-Stausee ist der grösste in dem Vorhaben und soll die Bewässerung für 1,7 Millionen Hektar Land sicherstellen. Die Sicherung des Baumwollanbaus ist dabei eines der Ziele. Da die Türkei mehr Baumwolle verbraucht als sie derzeit selber anbaut, ist die türkische Regierung bestrebt, die Baumwollproduktion stark zu erhöhen. Soweit bekannt, plant die Türkei, in den kommenden Jahren über 550 Staudammprojekte umzusetzen. Zusätzlich zu der Übernutzung der Wasserressourcen wird die Lage auch durch die sich stetig verschlechternde Wasserqualität verschärft. Städtische Abwässer gelangen ungeklärt in Flüsse und Seen, dazu kommen grosse Mengen an Pestizid- und Düngemittelrückständen aus der Landwirtschaft. Ein Teil der Trinkwasserversorgung der Türkei wurde bereits an private Unternehmen vergeben. Nun plant die türkische Regierung zusätzlich, auch Flüsse und Seen an Privatunternehmen zu verkaufen. Um dies zu ermöglichen, bedarf es einer Änderung im Grundgesetz, wodurch die bisher noch beschränkte private Kontrolle von Oberflächengewässern und Küstengebieten und die Wahrung des öffentlichen Interesses als oberste Priorität aufgehoben würden. Die Regierung erhofft sich von den potentiell investierenden Unternehmen eine Förderung und Finanzierung von Dammbauprojekten und dadurch die Lösung lokaler Wasserprobleme. Kleinbauern und Gemeinden fürchten jedoch, dass ihnen der Zugang zu den Wasserressourcen in Zukunft verwehrt wird. 30 WWF Schweiz Der WWF in der Türkei Durch Kampagnen und Pilotprojekte bemüht sich der WWF, in der Türkei Verständnis für die Notwendigkeit eines nachhaltigen und kontrollierten Wassermanagements aufzubauen und umweltverträgliche Wassergesetze auf den Weg zu bringen. So war eine 2005 vom WWF durchgeführte Kampagne zum Thema Wasserverbrauch Anlass für die türkische Regierung, 18 Pilotprojekte zur Einrichtung moderner Bewässerungssysteme zu fördern und 1’500 Landwirte in Wasser sparenden Methoden zu schulen [33]. Zudem ist der WWF bemüht, den Schutzstatus wichtiger Ökosysteme wie beispielsweise des Gediz-Deltas zu erhalten. Durch die Arbeit des WWF konnten in den letzten Jahren zudem zwei neue Ramsar-Schutzgebiete im Konya-Einzugsgebiet ausgewiesen werden. In weiteren 21 Pilotprojekten im Konya-Einzugsgebiet und am Bafasee sollen die Bauern den Umgang mit modernen Bewässerungstechniken schätzen lernen, durch die mehr als die Hälfte der Wassermengen beim Anbau von Zuckerrüben, Baumwolle und Mais eingespart werden können. 4 Lösungen und Handlungsvorschläge Es gibt bisher nur wenige Länder, in denen mit der gleichen tiefgehenden Methodik und Datengrundlage eine derart detaillierte Untersuchung durchgeführt wurde, wie in vorliegender Studie. Derzeit veröffentlicht sind bisher nur vergleichbare Studien in Grossbritannien und Deutschland, weitere werden im Laufe des Jahres 2010 für Belgien und Schweden folgen. Während die Schweiz ihren Wasser-Fussabdruck für landwirtschaftliche Güter überwiegend ausserhalb des Landes hinterlässt, gibt es in Deutschland nur einen geringen Unterschied zwischen dem internen und externen Wasser-Fussabdruck, wobei der externe leicht höher liegt. In Deutschland ist der Wasser-Fussabdruck für ackerbauliche Produkte insgesamt ebenfalls deutlich höher als der für tierische Produkte. Aber auch bei diesen beiden Produktgruppen ist der Unterschied zwischen internem und externem Wasser-Fussabdruck in der Schweiz deutlich ausgeprägter als in Deutschland. Der gesamte landwirtschaftliche Wasser-Fussabdruck Deutschlands beträgt 117,6 km³ pro Jahr und ist damit mehr als siebenmal höher als der der Schweiz, was aufgrund der höheren Bevölkerungszahl allerdings nicht überrascht. Als bessere Referenz ist daher der Wasser-Fussabdruck pro Person geeignet. Während in der Schweiz wie in Kapitel 3.1 darstellt pro Person und Tag 6’082 Liter Wasser verbraucht werden, sind es in Deutschland nur 5’282 Liter [37]. Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz bei der Deckung ihres Bedarfs an landwirtschaftlichen Gütern extrem stark auf ausländische Wasserressourcen angewiesen ist, kommt uns eine besondere globale Verantwortung zu, der wir gerecht werden sollten. Dies betrifft derzeit in erster Linie die Regierungen und die Unternehmen, und erst in zweiter Linie die Konsumentinnen und Konsumenten, da es bisher nur beschränkte Handlungsmöglichkeiten gibt, über zielgerichteten Konsum den persönlichen Wasser-Fussabdruck zu senken. 4.1 Empfehlungen an Regierungen Die Empfehlungen an staatliche Institutionen setzen auf zwei Ebenen an, nämlich in der Schweiz auf der Ebene des Bundes, und auf der Ebene der Regierungen der Herkunftsländer unserer Produkte. Dem Bund empfehlen wir: • Ein wesentlich stärkeres Engagement und höhere Investitionen im Rahmen der bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit zur Schaffung der notwendigen Grundlagen für eine nachhaltigere Bewirtschaftung von Wasserressourcen. Dies gilt insbesondere für Flusseinzugsgebiete und Grundwasserkörper in solchen Regionen, in denen Wasser immer knapper und zudem derzeit schlecht bewirtschaftet wird, sowie für jene Staaten, aus denen die Schweiz die wasserintensivsten Produkte importiert; • Vermehrt angewandte Forschung zu unterstützen, welche auf den Wasser-Fussabdruck der Schweiz auf globaler Ebene fokussiert ist und aufgrund welcher sich zukünftige Trends, konkrete Massnahmen und notwendige Umsetzungsschritte ableiten lassen. Auf Grundlage dieser Forschungsergebnisse müssen gemeinsam mit Unternehmen Strategien entwickelt werden, wie wir einer globalen Wasserkrise entgegen wirken können. Vor allem die Methodik zur Analyse des Wasser-Fussabdrucks für Industrieprodukte muss weiter entwickelt werden, um auch in diesem Bereich die Grundlagen für eine Standardsetzung und Überprüfung von Produkten mit einheitlicher und akzeptierter Bewertung zu ermöglichen; • Die Erfahrungen der Schweizer Wasserwirtschaft und der schweizerischen Gewässerschutzgesetzgebung als Grundlage zur Entwicklung einer nachhaltigen Wasserbewirtschaftung auch für andere Regionen der Welt aktiv zur Verfügung zu stellen; • Die Entwicklung von Wassereffizienz-Standards in Zusammenarbeit mit Unternehmen international zu unterstützen und sorgfältig zu prüfen, inwieweit als erster Schritt zumindest die Legalität der Wasserversorgung in der aussereuropäischen Landwirtschaft nicht als ein Mindeststandard für die Einfuhr von Produkten in die Schweiz etabliert werden könnte. WWF Schweiz 31 • Über geeignete internationale Gremien den WasserFussabdruck der Industrieländer im Allgemeinen und der Schweiz im Speziellen zu thematisieren und sich für nachhaltige Lösungen im wasserarmen Produktionsländern einzusetzen. Die Regierungen in den Schwellen- und Entwicklungsländern, aus denen wir unsere „Wasser“-Importe beziehen, werden dazu angehalten: • Eine Wasserpolitik gesetzlich einzuführen, die eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen unter Einhaltung von angemessenen Restwassermengen für Grund- und Oberflächenwasser sichert und konsequent umsetzt, und bei Bedarf deren unzureichende Umsetzung auch strafrechtlich verfolgt; • Zu Prüfen, ob es aus Sicht ihrer nationalen Entwicklungsstrategie für landwirtschaftliche oder Industrieproduktion nicht sinnvoller wäre, Produkte mit einem hohen virtuellen Wasserinhalt zu importieren statt sie selbst anzubauen und sogar zu exportieren. Einige Länder wie Marokko, Jordanien, Israel und Ägypten (alles virtuelle Wasser-Importeure) haben den virtuellen Wasserhandel bereits in ihrer Wasserpolitik berücksichtigt und Strategien zur Verringerung des Exports wasserintensiver Produkte, insbesondere von Feldfrüchten, erarbeitet. Die Einbindung von virtuellem Wasser in die Politik setzt jedoch voraus, dass die Folgen und Wechselwirkungen des virtuellen Wasserhandels auf die sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturellen Bedingungen vor Ort verstanden werden [38]. 32 WWF Schweiz 4.2 Empfehlungen an Unternehmen Unternehmen empfehlen wir: • Ihren Wasser-Fussabdruck entlang ihrer gesamten Zulieferkette zu analysieren, um die damit verbundenen Risiken besser zu verstehen, zu messen und zu dokumentieren; • Die Auswirkungen ihres WF vor allem in aktuell oder zukünftig wasserknappen Regionen durch konkrete Vorgaben und Zusammenarbeit mit den Zulieferern der Produkte oder Rohstoffe zu reduzieren; • Gemeinsam mit anderen Unternehmen auf politischer Ebene in den jeweiligen Wassereinzugsgebieten und Ländern für eine effizientere und nachhaltigere Bewirtschaftung der Wasserressourcen einzutreten, die auch den Zugang der Bevölkerung zu Wasser und die ökologischen Abflüsse sichert; • Sich aktiv für die Entwicklung, Anwendung und umfassende Umsetzung von Wasserstandards und der zu Grunde liegenden Methodik für Produkte zu engagieren, die es dem Konsumenten leichter machen, zwischen Produkten mit einem hohen oder niedrigen Fussabdruck in kritisch wasserknappen Gebieten zu unterscheiden. Entsprechende Initiativen zur Standardentwicklung gibt es bereits, so zum Beispiel die Alliance for Water Stewardship oder das CEO Water Mandate. Derzeit beteiligen sich jedoch nur sehr wenige Schweizer Firmen aktiv an den Prozessen. GlobalGAP, der Standard nach dem weltweit Obst und Gemüse zertifiziert wird, befindet sich derzeit in Überarbeitung. Dies bietet die Chance eventuell Kriterien zum Wasserverbrauch aufzunehmen, speziell in Bezug auf die Legalität der Wassernutzung für die Bewässerung. Auch die Entwicklung, Förderung und Verbreitung von Standards für einen besseren Anbau von Baumwolle, Zuckerrohr oder Soja liefert einen wichtigen Beitrag für zukünftige Wasserstandards, und ein weiteres Engagement von Schweizer Firmen wäre hier wünschenswert. 4.3 Empfehlungen an die Konsumenten 4.4 Ausblick Die Konsumenten haben ebenfalls, wenn auch derzeit in weit geringerem Masse als Regierungen und Unternehmen, die Möglichkeit, den virtuellen Wasserverbrauch zu verringern bzw. die Auswirkungen ihres (Wasser)Konsums auf die Umwelt so niedrig wie möglich zu halten. Der Wasserverbrauch und damit der Nutzungsdruck auf Grundwasserkörper und Flusssysteme werden in naher Zukunft weiter dramatisch zunehmen. Wesentliche Belastungsfaktoren sind die wachsende Weltbevölkerung und die Sicherstellung ihrer Ernährung, sowie ökonomisches Wachstum und damit verbunden eine Veränderung der Konsumgewohnheiten in immer mehr Ländern. In China wurde beispielsweise in den letzten 50 Jahren immer mehr virtuelles Wasser zur Ernährung der Bevölkerung eingesetzt, weil dort mit zunehmendem Wohlstand auch der Fleischkonsum anstieg [1]. Umso dringlicher ist es, dass sich Regierungen, Unternehmen und Konsumenten heute dieser Verantwortung stellen und in ein besseres und nachhaltiges Wassermanagement investieren, sowohl zum Wohle der Menschen vor Ort als auch der vom Wasser abhängigen Ökosysteme und deren zukünftigen, auch für die Menschen wertvollen Ökosystemleistungen. Konsumenten können: • Vornehmlich regionales und saisonales Gemüse und Obst einkaufen, da vor allem die aus dem Mittelmeerraum, Nordafrika, Israel und der Türkei importierten Produkte derzeit nur in den wenigsten Fällen den Anforderungen an eine effiziente Bewässerung genügen oder einen sorgsamen Umgang mit der knappen Ressource Wasser garantieren können; • Bei Unternehmen nachfragen, ob sie eine Analyse des Wasser-Fussabdruckes der von ihnen produzierten oder verkauften Produkte vorgenommen und entsprechende Massnahmen ergriffen haben, dessen Wirkungen zu reduzieren; • Den Bundesrat und das Parlament auffordern, auf europäischer Ebene, aber vor allem auch in der Entwicklungszusammenarbeit, in noch stärkerem Masse auf eine nachhaltigere Wasserbewirtschaftung hinzuarbeiten. Da es derzeit aber keine akzeptierten und etablierten Standards in Bezug auf den Wasser-Fussabdruck von Produkten und deren Wirkungen gibt, wird es auch in naher Zukunft für Konsumenten schwierig sein, neben einer Verringerung des virtuellen Wasserverbrauchs auch tatsächlich zielgerichtet auf die Reduzierung der negativen Wirkungen der konsumierten Produkte hinzuarbeiten. Erst wenn es diese Standards gibt, die Unternehmen direkt und umfassend über ihren WasserFussabdruck berichten und diese Themen auch offen und transparent dargestellt sind, können Konsumenten eine informierte Entscheidung bei der Wahl von Produkten und Konsumgewohnheiten treffen. WWF Schweiz 33 Literaturverzeichnis [1] Liu, J. und H.G. Savenije (2008): Food consumption patterns and their effect on water requirement in China. Hydrol. Earth Syst. Sci. 12: 887–898. 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Anhang Landwirtschaftlicher Wasser-Fussabdruck der Schweiz nach Produktkategorien (WF in Mm³/Jahr) Kategorie Äpfel Verbrauch Virtueller heimischer Wasserimport Wasserressourcen für den Anbau Virtueller Wasserexport Heimische Importierte Produktion Produkte Wasser-Fussabdruck Gesamt Intern Extern Gesamt 26 5 5 1 6 21 4 25 Aprikosen 3 12 0 0 0 3 12 15 Bananen 0 32 0 1 1 0 31 31 Baumwolle 0 834 0 642 642 0 191 191 Birnen 4 4 0 0 0 4 4 8 Blaubeeren 0 0 0 0 0 0 0 0 Blumen 0 3 0 0 0 0 3 3 Blumenkohl 1 3 0 0 0 1 3 4 Bohnen 1 1 0 0 0 1 1 2 Chicorée 0 3 0 0 0 0 3 3 Chili & Paprika 0 2 0 0 0 0 2 2 Erbsen 10 19 0 1 1 10 18 28 Erdbeeren 1 4 0 0 0 1 4 5 Erdnüsse 0 105 0 2 2 0 103 103 Frisches Gemüse sonstige 9 13 0 0 0 8 13 21 Frischobst sonstige 2 106 0 24 24 2 82 85 115 8 0 0 0 115 8 122 76 87 1 1 3 75 86 161 172 130 79 59 138 93 70 164 Getreide sonstige 26 93 1 25 27 25 68 92 Gewürze sonstige 0 38 0 4 4 0 35 35 Gurken und Essiggurken 0 1 0 0 0 0 1 2 Himbeeren 1 5 0 0 0 1 5 6 Hülsenfrüchte 0 9 0 13 13 0 -5 -5 Johannisbeeren 0 0 0 0 0 0 0 0 Kaffee 0 1’223 0 214 214 0 1’009 1’009 Kakao 0 2’079 0 177 177 0 1’902 1’902 Karotten 2 1 0 0 0 2 1 3 46 19 0 4 15 5 1 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 46 19 0 4 15 5 1 2 61 23 1 6 Futterpflanzen sonstige Geflügel Gerste Kartoffeln Kirschen Knoblauch Kohl WWF Schweiz 37 Kategorie Virtueller Wasserexport Heimische Importierte Produktion Produkte Wasser-Fussabdruck Gesamt Intern Extern Gesamt Kokosnuss 0 27 0 0 0 0 27 27 Kopfsalat 4 1 0 0 0 4 1 5 Legehennen 33 65 0 0 0 33 65 99 Mais 58 49 33 28 61 25 21 46 Mate 0 0 0 0 0 0 0 0 Milch 1’719 139 211 17 228 1’508 122 1’630 Nüsse 8 283 0 2 2 8 280 288 Ölsaaten sonstige 48 329 4 52 56 44 277 321 Orangen 0 45 0 78 78 0 -33 -33 Pfeffer, Weiss/ Schwarz 0 4 0 0 0 0 4 4 Pfirsiche und Nektarinen 0 14 0 0 0 0 14 14 21 5 0 0 0 21 5 27 Reis 0 309 0 69 69 0 241 241 Rind 1’062 253 108 26 133 955 228 1’182 Roggen 9 2 1 0 1 8 2 11 Schafe 17 35 1 2 3 16 33 49 543 67 6 1 7 536 67 603 5 316 2 113 115 3 203 206 Sonnenblumen 14 171 1 12 13 13 158 171 Spargel 0 19 0 0 0 0 19 19 Spinat 1 0 0 0 0 1 0 1 Tabak 2 72 2 69 71 0 3 3 Tee 0 35 0 17 17 0 18 18 Tomaten 1 3 0 0 0 1 3 4 Trauben 37 179 0 1 1 37 178 215 Vieh sonstige 8 235 1 23 23 7 212 219 Wassermelonen 0 3 0 0 0 0 3 3 387 327 59 50 109 328 277 605 0 6 0 0 0 0 6 6 69 484 0 109 109 69 376 444 1 2 0 0 0 1 2 3 4’566 8’325 516 1’834 2’351 4’049 6’491 10’541 Pflaumen Schweine Soja Weizen Zitronen und Limetten Zucker Zwiebeln Total 38 Verbrauch Virtueller heimischer WasserimWasserport ressourcen für den Anbau WWF Schweiz Abkürzungsverzeichnis BCI Better Cotton Initative EU Europäische Union EWF Externer Wasser-Fussabdruck FAO Food and Agricultural Organisation GAP Südostanatolien-Projekt (türkisch: Güneydoğu Anadolu Projesi) ICAC International Cotton Advisory Committee IWF Interner Wasser-Fussabdruck km³ Kubikkilometer m³ Kubikmeter ml Milliliter Mm³ Millionen Kubikmeter PC-TAS Personal Computer Trade Analysis System WF Wasser-Fussabdruck WWF World Wide Fund for Nature WWF Schweiz 39 Der WWF will der weltweiten Naturzerstörung Einhalt gebieten und eine Zukunft gestalten, in der Mensch und Natur in Harmonie leben. Deshalb müssen wir gemeinsam • die biologische Vielfalt der Erde bewahren, • erneuerbare Ressourcen naturverträglich nutzen und • die Umweltverschmutzung verringern und verschwenderischen Konsum eindämmen. WWF Schweiz Hohlstrasse 110 Postfach 8010 Zürich Tel.: +41 44 297 21 21 Fax: +41 44 297 21 00 E-Mail: [email protected] www.wwf.ch © Copyright des WWF International ® Warenzeichen des WWF International • Stand: Februar 2010 Der WWF Schweiz ist Teil des World Wide Fund For Nature (WWF) - einer der grössten unabhängigen Naturschutzorganisationen der Welt. Das globale Netzwerk des WWF ist in mehr als 100 Ländern aktiv. Weltweit unterstützen uns über fünf Millionen Förderer.