14.04.2011 Ambulante psychotherapeutische Versorgung Ergebnisse einer empirischen Analyse von Krankenkassendaten Peter Lehndorfer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Vizepräsident der Bundespsychotherapeutenkammer 3. Workshop: „"Kinder- und jugendpsychiatrische und -psychotherapeutische Versorgung im ambulanten Setting“ im Rahmen des Projekts „Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in Deutschland Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse“ der Aktion Psychisch Kranke e.V. 14. Juni 2016 Analyse von Versichertendaten § Studie der BPtK zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen § § Forschungsdatenbank des Health Risk Instituts: Daten von rund 7 Millionen Versicherten aus rund 80 gesetzlichen Krankenversicherungen (BKKs und Innungskrankenkassen) aus dem Jahr 2010 Stichprobe: Kinder und Jugendliche (bis 18 Jahren) mit einer psychischen Störung, bei denen erstmals im Jahr 2010 eine psychotherapeutische Behandlung begonnen wurde (N=1.566) bzw. die nach einer probatorischen Sitzung in 2010 eine Psychotherapie begonnen haben (N=1.922) 2 1 14.04.2011 Fragen n n n n Wer behandelt psychisch kranke Kinder und wie lange? Unter welchen psychischen Störungen bzw. Erkrankungen leiden Kinder und Jugendliche? Vorbehandlungen von Kindern und Jugendlichen in ambulanter Psychotherapie? Wie viele psychisch kranke Kinder und Jugendliche erhalten Psychotherapie oder niederschwellige Leistungen? 3 Psychotherapeutische Leistungserbringer in der vertragsärztlichen Versorgung • • • Mit Stand vom 31.12.2015 waren zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit zugelassen: 4.942 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten 17.605 Psychologische Psychotherapeuten à zwischen 17 – 25 % der Psychologischen Psychotherapeuten in den KVen behandeln zu mind. 25% auch Kinder und Jugendliche • • 1.038 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und – psychotherapie 6.084 Ärztliche Psychotherapeuten Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Statistische Informationen aus dem Bundesarztregister Bundesgebiet insgesamt, Stand: 31.12.2015, http://www.kbv.de/media/sp/2015_12_31.pdf 4 2 14.04.2011 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten stellen psychotherapeutische Behandlung im Bereich der Richtlinien-Psychotherapie sicher Verteilung der Versicherten, die 2010 eine Psychotherapie erhalten haben nach Fachgruppen 5 Psychotherapeutische Leistungserbringer in der vertragsärztlichen Versorgung § Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sehen im Quartal durchschnittlich 43 Kinder und Jugendliche (KBV, 2014). § Hochrechnung: Damit können in Deutschland von KJP innerhalb eines Quartals rund 212.500 Kinder und Jugendliche ambulant psychotherapeutisch gesehen bzw. versorgt werden. Beispiel Bayern (Quelle: KVB,6/2016) § ¨ • • Ambulante Psychotherapie in der GKV: 28.100 Fälle (bis einschl. 21 Jahre) im 4. Quartal 2015 durch KJP bzw. PP gesehen bzw. psychotherapeutisch behandelt 20.800 Fälle unter 18 Jahren 6 3 14.04.2011 Kinder und Jugendliche mit einer psychischen Erkrankung, die Psychotherapie erhalten haben § Anteil der Kinder und Jugendlichen mit einer F-Diagnose an allen Versicherten mit einer F-Diagnose § 3,2 % der Kinder und Jugendlichen mit einer FDiagnose haben eine genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen erhalten. § 4,8 % der Kinder und Jugendlichen mit einer FDiagnose haben in 2010 probatorische und/oder genehmigungspflichtige Leistungen erhalten. § (n=4.490 bzw. n=6.797/N=141.505) 7 Geschlechterverteilung in der Psychotherapie 80% 69,3% 70% 60% 55,3% 53,0% 50% 47,0% 53,5% 47,5% 44,7% 40% 30,7% 30% 20% 10% 0% 0-6 Jahre Mädchen 7-13 Jahre 14-17 Jahre Gesamt KJ Jungen Anteil Jungen und Mädchen an allen Versicherten mit einer F-Diagnose in 2010, die nach einer erstmaligen probatorischen Sitzung in 2010 eine Psychotherapie in Anspruch genommen haben /N=1.922) Quelle: Datenbank des Health RiskInstituts, Elsevier Health Analytics, eigene Darstellung 8 4 14.04.2011 Häufigste psychische Diagnosen von Kindern und Jugendlichen mit und ohne ambulante Psychotherapie Emotionale Störungen des Kindesalters Anpassungsstör un ge n 7,5 (F93) 25,4 6,9 (F43.2-F43 .9; F 43. 0) 23,9 15,2 18,3 Einfache Aktivitäts- und … Störung des Sozialverhaltens Kombinierte Störungen Hyperkinetische Entwicklungsstöru ng en Störung, schwer (F32.2, F32.3, … Störung, nicht näher bezeichnet … gemischt Somatoforme Generalisierte 6,8 0,5 (F41.2) 4,7 8,6 8,8 5,5 7,9 Störung … Zwangsstörun g Belastungsstöru ng Angststörung 0,5 2,9 0,4 2,3 0,92,1 (F42) (F43.1) (F41.1) 0,2 1,8 Soziale Phobie (F40.1) Panikstörung/Ag or ap ho bie 4,8 0,2 0,8 1,7 Störung (F45) und emotionale (F40.0, 0,41,7 F41.0) 0,9 1,7 0,3 2,4 0,11,1 Spezifische Phobie (F40.2) Anorexie (F50.0, F50.1) Bulimie (F50.2, F50.3) Essstörung 50,4 3,38 0,5 Depressive Posttraumatisch e 6,1 11,6 0,4 (F32.0, F33.0) Depressive Sonstige Verhaltens- 10,2 7,7 3,1 (F80; F82-F89) Störung, leicht (F32.0, F33.0) Störung, mittelgradig Angst und Depression Quelle: Datenbank des Health Risk Instituts, Elsevier Health Analytics, eigene Darstellung 1,8 Störung des Sozialverhaltens … Depressive Depressive 5,4,0 (F91) des Sozialverhaltens … 1,3 2,0 nnb (F50.9) 0 5 10 15 20 25 30 % keine Psychotherapie in 2010 Psychotherapie 12 in 2010 10 häufigste Diagnosen in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie Enuresis (F98.0) 3,3 Neurotische Störung nnb (F48.9) 3,3 Depressive Episode, mittelgradig (F32.1) 3,5 Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (F93.2) 3,7 Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung (F92.0) 3,7 Angst und Depression gemischt (F41.2) 5,0 5,3 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0) 6,6 Sonstige emotionale Störung des Kindesalters (F93.8) 7,8 Anpassungsstörung (F43.2) 16,1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Anteil in Prozent 13 5 14.04.2011 10 häufigste Diagnosen in der Verhaltenstherapie Störungen des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten (F91.3) 2,7 Sonstige näher bezeichnete Verhaltens- oder emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F98.8) 2,9 Emotionale Störung des Kindesalters nnb (F93.9) 3,0 Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0) 3,0 Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (F93.2) 3,1 Depressive Episode, mittelgradig (F32.1) 4,2 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) 6,1 Sonstige emotionale Störung des Kindesalters (F93.8) 6,8 Anpassungsstörung (F43.2) 12,4 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) 14,1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Anteil in Prozent 14 Mehr als die Hälfte Kurzzeittherapien 100% 90% Kumulierte Prozentanteile 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Anzahl der Therapiesitzungen in Kategorien Verhaltenstherapie Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie Analytische Psychotherapie (inkl.TP+AP) 15 6 14.04.2011 Behandlung mit Psychopharmaka vor Beginn der ambulanten Psychotherapie 16 Krankenhausaufenthalte wegen psychischer Krankheit im Vorzeitraum 17 7 14.04.2011 Fazit n n n n n Wenige Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen werden – z.T. auch bei bestehender Indikation – psychotherapeutisch behandelt Aber fast ein Drittel der Kinder und Jugendlichen mit einer F-Diagnose erhalten zumindest niederschwellige Leistungen im GKV-System (z.B. Gesprächsleistungen) Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde und der Akutbehandlung sind erste wichtige Schritte Qualitative und quantitative Ausdifferenzierung des psychotherapeutischen Versorgungsangebots sinnvoll Entwicklungspotentiale ¨ ¨ Übergänge ambulant - stationär; SGB V – SGB VIII Gesundheitswesen – Schule/Bildung 18 Die Zukunft? 19 8 14.04.2011 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Peter Lehndorfer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Vizepräsident Bundespsychotherapeutenk ammer Klosterstraße 64 10179 Berlin Email: [email protected] Homepage: www.bptk.de 20 9