Weitere Files findest du auf www.semestra.ch/files DIE FILES DÜRFEN NUR FÜR DEN EIGENEN GEBRAUCH BENUTZT WERDEN. DAS COPYRIGHT LIEGT BEIM JEWEILIGEN AUTOR. 3. Kapitel: Forschung in der klinischen Psychologie Lobotomie: Chirurgisches Verfahren, entstanden in den 40er Jahren zur „Heilung“ von Schizophrenie (spitzes Instrument zerstört im Stirnlappen Gehirngewebe irreversible Gehirnschädigung) interne Validität (Kausalzusammenhang): die Genauigkeit, mit der eine Studie einen von mehreren möglichen Faktoren als Ursache eines Phänomens dingfest machen kann externe Validität (Generalisierbarkeit): Das Ausmass, in dem die Ergebnisse einer Studie sich über die unmittelbare Untersuchung hinaus verallgemeinern lassen. idiographische Information: Information über das gestörte Verhalten eines bestimmten Individuums nomothetische Wahrheiten: allgemeine Wahrheiten über Wesen, Ursachen und die Behandlung psychischer Störungen Die Aufgaben klinischer Forscher Suchen nach universellen Gesetzen des gestörten Erlebens und Verhaltens mittels wissenschaftlichen Methoden: systematisches sammeln und bewerten durch Beobachtung gewonnener Informationen Finden von Beziehungen zwischen Variablen (Variablen = alle Merkmale und Ereignisse, die variieren können, zeitlich, räumlich oder zwischen versch. Personen) Die Fallstudie Fallstudie = detaillierte und oftmals interpretierte Beschreibung einer Einzelperson. Schildert Hintergrund, gegenwärtige Lebensumstände und Symtome. (Manchmal auch Anwendung und Ergebnisse einer Behandlung und Spekulationen über die Entstehung der Probleme) Fallstudien werden meistens im Verlauf der Therapie verfasst. Der Wert der Fallstudie + Idiographische Information + dienen als Quellen von Hypothesen, können den Weg für Entdeckungen freimachen + können eine Theorie vorläufig bestätigen + können theoretische Annahmen in Frage stellen + Ideen für neue therapeutische Techniken (od. neue Anwendungen vorh. Verfahren) + ermöglichen Untersuchung von ungewöhnlichen Problemen, die selten auftreten Schwächen der Fallstudie - Nicht neutral und objektiv, eher subjektiv und unsystematisch - keine objektiven Beweise, ob die Störung wirklich durch die vom Therapeuten verantwortlich gemachten Ereignisse entstanden ist - Schlechte interne Validität - Schlechte externe Validität (Fallstudien lassen sich kaum generalisieren, Faktoren und Therapietechniken wirken in einem Fall, im andern nicht) Die Korrelationsstudie Aus ihnen können Kliniker breite Schlussfolgerungen über das Auftreten und die Eigenschaften psychischer Störungen insgesamt ziehen. Drei Merkmale gestatten nomothetische Einsichten: 1. Betrachtung vieler Individuen für genügend Infos und Daten als Basis für die Schlüsse 2. Einheitliche, genau vorgeschriebene Verfahren andere Forscher können Studien replizieren 3. die Ergebnisse können statistischen Tests unterzogen werden Korrelation: Ausmass, in welchem Ereignisse oder Merkmale gemeinsam variieren Operationalisierung: Das Übersetzen einer den Forscher interessierenden, abstrakten Variablen in diskrete, beobachtbare Einheiten oder Ereignisse Probanden / Versuchspersonen: Die für eine Studie ausgewählten Personen Stichprobe: Die für eine Studie ausgewählten Personen (kollektiv) Die Richtung der Korrelation Positive Korrelation: die Werte der beiden Variablen nehmen miteinander zu- oder ab Negative Korrelation: der Wert einer Variablen steigt, während der der andern sinkt unkorreliert: Die beiden Variablen sind unverbunden Linie der besten Anpassung: Eine Gerade, die so angelegt wird, dass jeder Datenpunkt möglichst dicht an ihr liegt Die Stärke der Korrelation Stärke der Korrelation: Wie eng hängen die beiden Variablen zusammen? Sind die Datenpunkte sehr dicht an der Linie der besten Anpassung, können die Forscher präzise Voraussagen machen. Der Korrelationskoeffizient r Perfekt positive Korrelation r = + 1.00 , perfekt negative Korrelation r = -1.00 Je näher r an .00 liegt, desto schwächer ist der Zusammenhang. Die meisten in der psychologischen Forschung gefundenen Korrelationen weisen keinen perfekt positiv oder negativen Zusammenhang auf. Die statistische Analyse von Korrelationsdaten statistische Analyse: Die Wissenschaftler können nie ganz sicher sein, dass die gefundene Korrelation wirklich charakteristisch ist für die Population. Bis zu einem gewissen Ausmass können sie ihre Schlüsse aber durch eine statistische Anasyse ihrer Daten prüfen. statistisch signifikant: Wenn es eine Wahrscheinlichkeit von weniger als fünf Prozent gibt, dass die Ergebnisse einer Studie zufällig sind ( p<.05) gelten die Ergebnisse als statistisch signifikant. Stärken und Schwächen der Korrelationsmethode + Mehr externe Validität als eine Fallstudie - Mangel an interner Validität (Korrelationsstudien können die Beziehungen zwischen Variablen zwar beschreiben, aber nicht erklären (Ursache = unklar) zwei Besondere Formen der Korrelationsmethode 1. Epidemiologische Studien Epidemiologische Studien: Bestimmen die Inzidenz und die Prävalenz einer Störung in der gegebenen Population Inzidenz: Anzahl neuer Fälle einer Störung in der Bevölkerung innerhalb eines bestimmten Zeitraums Prävalenz: Gesamtzahl aller Fälle (bestehende und neue Fälle zusammen) 2. Längsschnittuntersuchungen (Hochrisikostudien, Langzeitstudien) Längsschnittuntersuchungen: Das Untersuchen von Merkmalen oder Verhalten derselben Versuchsperson bei vielen Gelegenheiten über einen längeren Zeitraum + Da Längsschnittstudien die zeitliche Folge von Ereignissen dokumentieren, liefern sie deutlichere Hinweise als konventionelle Korrelationsstudien. 3.4. Das Experiment Experiment: In einem Experiment manipuliert man eine Situation und beobachtet die Wirkungen. Unabhängige Variable: Die manipulierte Variable in einem Experiment Abhängige Variable: Die beobachtete Variable Störvariablen Störvariablen / konfundierte Variablen : Andere Variablen (als die UV), die ebenfalls auf die AV einwirken. Zur Kontrolle von Störvariablen gibt es drei wichtige Merkmale: Kontrollgruppen, Randomisierung und Blindversuche. Die Kontrollgruppe Kontrollgruppe: Vpn, die der UV nicht ausgesetzt werden, denen sonstige Erfahrungen jedoch denen der Experimentalgruppe gleichen. (z.B. Therapie ohne Buttermilch, nur Gespräch) Randomisierung Randomisierung: Eine Testbedingung, bei der die Versuchspersonen zufällig der Kontroll- oder der Experimentalgruppe zugewiesen werden, damit die Wahrscheinlichkeit, dass bereits vorher zwischen den Gruppen bestehende Unterschiede die Ergebnisse beeinflussen, so gering wie möglich gehalten wird. Also alle Selektionsverfahren, die dafür sorgen, dass eine Vp mit gleich grosser Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Gruppe kommt. Der Blindversuch Ein letztes Störvariablenproblem liegt in Verzerrungseffekten von Vpn oder VL Blindversuch: Ein Experiment, bei dem die Probanden nicht wissen, ob sie der Kontroll- oder der Experimentalgruppe angehören Probandeneffekte: z.B. Verzerrungen der Ergebnisse durch Kooperation /Nichtkooperation etc. oder Placebo-Effekt: Die von Placebos bewirkte Besserung ist oftmals real und substantiell, auch wenn eigentlich gar keine Therapie stattfindet Diese Versuchspersoneneffekte lassen sich durch einen Blindversuch verhindern Versuchsleitereffekt (Rosenthal-Effekt): Erwartungen, die der VL den Vpn unter-schwellig vermittelt und die den Ausgang des Experimentes beeinträchtigen können. Doppelblindversuch: Sowohl Vpn wie auch VL sind „blind“ (die meisten klinischen Experimente zur Wirksamkeit von angstlösendenm, antidepressiven und antipsychotischen Medikamente sind heute so angelegt) Dreifachblindversuch: unabhängige Beurteiler bewerten die Fortschritte der Patienten, auch sie wissen nicht, welcher Gruppe ein Patient angehört. Die statistische Analyse experimenteller Daten Auch die Ergebnisse des Experimentes müssen statistisch analysiert werden. Auch hier gilt: wenn die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis per Zufall zustande gekommen ist weniger als fünf Prozent beträgt (p< .05), gelten die beobachteten Unterschiede als statistisch signifikant. In dieses Resultat gehen verschiedene Aspekte des Experimentes ein: Stichprobengrösse, zentrale Tendenz (Werte jeder Gruppe, d.h. Mittelwert und Variabilität). Je grösser die Stichprobe, je grösser der beobachtete Unterschied und je geringer die Variabilität der Gruppenwerte, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ergebnismuster statistisch signifikant ist. Abwandlungen des experimentellen Designs Es ist schwierig, ein Experiment zu konstruieren, das angemessen kontrolliert und auch aufschlussreich ist. Die Kontrolle aller möglicher Störvariablen wird in der Praxis selten erreicht. Ebenfalls kommen ethische und praktische Einschränkungen dazu. Aus diesen Gründen geben sich die Forscher oft mit unvollkommenen Abwandlungen des idealen experimentellen Designs zufrieden Quasiexperimentelle Versuchspläne Quasiexperiment / gemischtes Design: Vpn werden nicht zufällig auf Kontroll- und Experimentalgruppe verteilt, sondern verwendet bereits real existierende Gruppen, der Forscher „korreliert“ die bereits bestehenden Unterschiede formal mit allen Manipulationen, die er dann in der Studie anstellt. (z.B. Die Forschung zur Kindesmisshandlung) Parallelisierte Kontrollgruppen: Für jedes Kind aus der Experimentalgruppe wird ein Kind für die Kontrollgruppe gestellt. Dieses Kind hat eine Reihe potentieller Störvariablen mit dem andern Kind gemeinsam wie Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Stellung in der Geschwisterreihe, Kinderzahl der Familie, sozioökonomischer Status und Wohngegend. Forscher hoffen, dass durch die sorgfältige und gezielte Auswahl der paralellisierten Kontrollgruppe störvariabelbedingte Unterschiede zu beseitigen. Natürlich werden aber nur die Störvariablen beseitigt, die bewusst ausbalanciert wurden. - Quasiexperimente sind weniger verlässlich als Experimente mit Randomisierung Naturexperiment Naturexperimente: Diese finden in einer natürlichen Umgebung statt. Dieser Versuchsplan wird eingesetzt, wenn man die psychologischen Wirkungen ungewöhnlicher und unvorhersagbarer Ereignisse studieren will (Übewrschwemmungen, Flugzeugabstürze, Feuerbrünste). Naturexperimente leiden an denselben Schwächen wie andere Quasi-experimente: Störvariablen können die Wirkung verursachen. Sie haben aber noch mehr Schwächen: - sie können nicht beliebig wiederholt werden (weil sie auf unerwarteten Ereignissen basieren) - solche „Katastrophen“ sind immer einzigartig, breite Verallgemeinerungen auf der G rundlage einer einzigen Studie können falsch sein + Naturstudien ermöglichten die indentifizierung zweier mit Angst verbundenen Symptommuster: akute Belastungsstörung und die posttraumatische Belastungsstörung. Analogexperiment Analogexperiment: Die Vpn eines Laborversuchs werden dazu gebracht, sich in einer Weise zu verhalten, die nach Meinung der Forscher dem realen gestörten Verhalten funktional analog ist. Oftmals Tiere als Versuchsteilnehmer: Sie sind einfacher zusammenzubringen und es gibt weniger ethisch Probleme. Martin Seligman untersuchte in Analogiestudien mit grossem Erfolg die Ursachen der Depression beim Menschen. Gelernte Hilflosigkeit: Seligman schuf dieses Verhaltensmuster mit Hunden unter Laborbedingungen, es ähnelt der Depression beim Menschen - Analogforschung gestattet den Forschern, Variablen leichter zu kontrollieren und zu manipulieren, doch sie können nie sicher sein, ob die Phänomene, die sie im Labor beobachten, den psychischen Störungen entsprechen, die sie erforschen wollen. Einzelfallexperiment Einzelfallexperiment / experimentelle Fallstudie: Ein Experiment mit nur einer Versuchsperson. Die Vpn wird untersucht und gemessen, bevor die Manipulation der UV erfolgt Baseline-Daten: Beobachtungszeitraum, in dem die Ausgangshäufigkeit eines bestimmten Merkmals erhoben wird. Diese beschreiben, wie sich ein Proband ohne die Einwirkung irgendwelcher Manipulationen verhält und schafft somit einen Standart für den späteren Vergleich nach Einsetzen der UV. ABAB-Design / Umkehrplan: Die Reaktionen einer Vpn werden nicht nur nach einer BaselinePhase (A) und nach der Einführung der UV (B) gemessen, sondern nochmals, nachdem die UV wieder entfernt wurde (A) und wiederum nach dem erneuten Einführen (B). Dieses Verfahren wird oft angewendet, um die Wirksamkeit einer bestimmten Therapie zu prüfen. Versuchsplan mit multiplen Ausgangshäufigkeiten Versuchsplan mit multiplen Ausgangshäufigkeiten: Der Versuchsleiter wählt zwei oder mehr Verhaltensweisen eines Probanden aus und beobachtet, wie sich die Manipulation einer UV auf jede dieser Verhaltensweisen auswirkt. (Bsp. Junge der Unterricht stört durch Reden und Grimassen schneiden) Durch Auswahl von mehr als einem Baseline-Verhalten zur Beobachtung, kann ein Forscher systematisch Störvariablen aus seiner Interpretation ausschalten. + Einzelfallexperiment besitzt grössere interne Validität als die Fallstudie - begrenzte externe Validität (andere Vpn könnten anders reagieren) Fallstudie Korrelationsstudie Experiment idiographische Information Nomothetische Information (Kausalzusammenhang) interne Validität Externe Validität + - + + + + + (Generalisierbarkeit) Die Grenzen Klinischer Forschung die problematischsten Umstände, welche die Fortschritte der Forschung behindern: 1. Vpn haben Bedürfnisse und Rechte, welche die Forscher achten müssen (Ethik) Menschen - und BürgerInnenrechte respektieren, keine Quälereien an Menschen, um die Wirkung zu untersuchen, keine künstliche Herbeiführung von Katastrophen, ... 2. Die Ursprünge des menschlichen Erlebens und Verhaltens sind vielschichtig Menschliches Verhalten wird von unzähligen Faktoren, die zusammenwirken beeinflusst 3. Menschen ändern sich Stimmung, Verhalten und Gedanken schwanken ständig. Variabilität eines Menschen ist gross, Variationen zwischen den Menschen noch grösser begrenzt die Schlüsse, die man ziehen kann 4. Die menschliche Selbstbewusstheit kann die Resultate klinischer Untersuchungen beeinflussen Vpn die beobachtet werden, verhalten sich evtl. anders ans gewöhnlich 5. Klinische Forscher sind auf besondere Weise mit ihren Problemen verbunden Forscher erfahren selbst Stimmungsänderungen, Denkstörungen, Familienprobleme Identifikation, persönliche Überzeugungen (Bez. Des Forschers zum Gegenstand, Rosenthal-Effekt...) Klinische Wissenschaftler müssen unterschiedliche Methoden einsetzen, um gestörtes Erleben und Verhalten zu untersuchen. Zwar löst jedes Verfahren eines der damit zusammenhängenden Probleme, doch keines überwindet sie alle. Jede Forschungsmethode ist als einen Teil einer ganzen Batterie aus verschiedenen Verfahren zu betrachten, die gemeinsam psychische Störungen zu einem Gutteil aufklären können. Wenn eine bestimmte Störung mit mehr als einer Methode erforscht wurde und die Ergebnisse in die selbe Richtung weisen, stehen die klinischen Forscher wahrscheinlich kurz vor der Aufklärung oder einer wirksamen Therapie dieser Störung. Exkurse 3.1.: Artefakte: Stress und der Manager-Affe Jährlich werden Riesenmengen wissenschaftlicher Forschungsergebnisse produziert, die gemeinsam allmählich ein ganzes ergeben können. Gelegentlich erbringt jedoch eine einzige Studie so zwingende Ergebnisse, dass sie das Denken einer ganzen Forschergeneration beeinflusst. Falls solch ein Resultat aber die kollegiale Kritik übersteht und einen bedeutenden Ruf gewinnt, können die Folgen peinlich für den Forscher und schädlich für die Disziplin sein. Im Manager-Affen Experiment sagte der Psychologe J.V. Brady voraus, dass die Affen, die keinen Einfluss auf die Stromstösse haben (keinen Hebel), Magengeschwüre entwickeln würden. Doch zu seinem Erstaunen entwickelten die Affen am Hebel, die Manager-Affen alle Magengeschwüre und starben, die andern Affen blieben unbeeinträchtigt. Dieses Ergebnis widersprach der Theorie der gelernten Hilflosigkeit, die voraussagt, dass die Affen ohne Kontrolle stärker unter den Elektroschocks leiden würden als diejenigen mit Kontrolle. Dieses Ergebnis bestätigte die allgemeine Meinung, dass Menschen mit Führungspositionen anfälliger für Magengeschwüre seien. Dreizehn Jahre lang beeinflussten Bradys Ergebnisse die psychologische Sicht. Zwar liess sich das Experiment nicht replizieren, aber Forscher untersuchten das ursprüngliche Vorgehen genaustens und stiessen auf einen krassen Fehler: Brady hatte in seinem Experiment nicht randomisiert. Die vier Affen, die zuerst den Hebel drückten, wurden die Manager-Affen. Es stellte sich heraus, dass Tiere mit einer höheren Reaktionsgeschwindigkeit mit höherer Wahrscheinlichkeit Magengeschwüre entwickeln. Bradys Ergebnis war ein Artefakt, ein Produkt seiner eigenen Tätigkeit und nicht der der Affen. 3.2. Verzerrende Einflüsse in der Forschung - Geschlecht, Hautfarbe und Alter Manchmal begeht eine ganze Forschergemeinschaft Fehler. Viele westliche Wissenschaftler bevorzugten beispielsweise lange Zeit junge, weisse Männer als Vpn. Damit mangelt es solchen Studien gravierend an externer Validität und ihre Ergebnisse gelten nicht unbedingt für Menschen mit anderem Geschlecht, Hautfarbe und Alter. So stellte sich z.B. heraus, dass das Neuroleptikum Haloperidol (bei Schizophrenie verordnet) asiatische Menschen viel schneller verstoffwechseln und deshalb mit geringeren Dosen die selbe Wirkung erzielt werden kann. Zwar gibt es Fortschritte, vermehrt wird mit Faktoren wie Geschlecht, Hautfarbe und Alter bewusster umgegangen, aber die Verbesserungen genügen noch nicht. Die Forschung dürfte nicht verzerrenden Einflüssen dieser Art unterliegen. 3.3. Lob des Placebos Seit Jahrhunderten wissen Ärzte, dass Patienten mit verschiedenen Krankheiten auf Substanzen ansprechen, die keine pharmakologische Wirkung haben. Das Placebo ist zu einem sehr genau untersuchten Phänomen als auch zu einer weithin verbreiteten Therapie geworden. 1975 fand man heraus, dass das Gehirn opiatähnliche Substanzen produziert, die Endorphine. Diese schmerzlindernden Substanzen binden sich an bestimmte Rezeptoren im Gehirn. Es war unklar, warum diese Substanzen erzeugt wurden und was ihre Ausschüttung verursacht. Ende der 70er fanden Mediziner eine Teilantwort: Sie verabreichten während einer zahnärztlichen Untersuchung zwei Patientengruppen eine unwirksame Substanz, der einen Gruppe zusammen mit dem Medikament Naloxon, das die Wirkung von Endorphinen blockiert. Nur die Gruppe ohne Naxolon berichtete von einer Schmerzreduktion. Placebos bewirken also auf irgend eine Weise die Ausschüttung von Endorphinen im Gehirn. Placebos wirken nicht nur bei körperlichen Beschwerden, auch bei psychischen Störungen trifft man häufig auf den Placebo-Effekt. Manche Forscher vermuten sogar, dass dieser ein wichtiger Bestandteil vieler Psychotherapien ist. Dies wird in Experimenten geprüft und zeichnet sich als wahr ab. Deshalb enthalten heutige wissenschaftliche Studien häufig eine Placebo-Gruppe als Kontrollgruppe. Welcher Aspekt der Psychotherapie löst den Placebo-Effekt aus? Es könnte die einzigartige und komplexe Beziehung zwischen TherapeutIn und PatientIn sein, auch die ritualistischen Elemente einer Psychotherapie kommen in Frage. 3.4. Versuchspersonen haben Rechte Die Planung sinnvoller Forschungsprojekte steckt voller ethischer Fussangeln. Der beste ethische Schutz besteht darin, die Vpn umfassend zu informieren und dann ihre Zustimmung zur Teilnahme einzuholen. Schwierig wird es, zu entscheiden, welche Menschen Störungen haben, die ihre Urteilsfähigkeit beeinträchtigen können. Das US Gesundheitsministerium erliess Richtlinien für Forscher. Potentielle Vpn müssen über acht Grundprobleme informiert werden: 1. Dass sie an einem Experiment teilnehmen und welche Verfahren benutzt werden 2. Alle möglichen voraussehbaren Risiken 3. Alle Vorteile für sie selbst oder andere 4. Alternative dem Patienten zur Verfügung stehende Verfahren 5. Ob Teilnahme und Tätigkeiten vertraulich sind oder nicht 6. Ob sie Entschädigung erhalten, wenn sie bei dem Experiment geschädigt werden oder nicht 7. An wen sie sich wenden können, wenn sie Fragen zum Experiment haben 8. Dass ihre Teilnahme freiwillig ist und dass sie keine Nachteile erleiden, wenn sie die Teilnahme ablehnen Es gibt keine Richtlinien, mit denen man feststellen könnte, ob eine Person fähig ist, diese Probleme zu verstehen und eine wirklich aufgeklärte Entscheidung zu treffen. Heute werden Kommissionen eingerichtet, die das Wohlergehen der Versuchsteilnehmer überwachen. Es werden sogar Ethikfachleute ausgebildet, die sich mit Philosophen, Psychologen, Ärzten, Verfassungs-rechtlern und andern Menschen beraten, um akzeptable Leitlinien zu entwickeln. Es muss ein Weg zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und individuellen Rechten gefunden werden. 3.5. Versuchstiere haben ebenfalls Rechte Seit einigen Jahren protestieren Tierschützer gegen die häufig grausamen Forschungsprojekte mit Tieren. Sie bezweifeln, ob die den Versuchstieren zugefügten Qualen immer gerechtfertigt sind. Die Debatte hat sich verschärft, Irgendwo zwischen der Aussage der Tierschützer, das die Forscher gefühlslose Ungeheuer seien und der Meinung der Forscher, dass dien Tierschützern mehr an den Tieren als an den Menschen läge, liegt ein schwerwiegendes ethisches Problem, das bewältigt werden muss.