Jahreskurs Makroökonomik, Teil 1

Werbung
Professor Dr. Oliver Landmann
SS 2004
Jahreskurs Makroökonomik, Teil 1
Abschlußklausur vom 26. Juli 2004
HINWEISE
1. Es sind alle Aufgaben zu beantworten.
2. Lesen Sie die Aufgaben genau.
3. Alle Aufgaben gehen mit dem gleichen Gewicht in die Bewertung ein.
4. Achten Sie auf eine sorgfältige Begründung bzw. Herleitung Ihrer Antworten.
5. Die Mehrzahl der Punkte, die es in jeder Aufgabe zu holen gibt, werden für die korrekte
qualitative Analyse der Fragestellung vergeben. Beantworten Sie daher die Teilfragen
auch dann sorgfältig, wenn es Ihnen nicht gelingen sollte, die jeweiligen numerischen
Lösungen vollständig zu ermitteln.
6. Zugelassenes Hilfsmittel: nicht-programmierbarer Taschenrechner.
7. Viel Erfolg!
Aufgabe 1
Eine geschlossene Volkswirtschaft wird durch folgende Angaben vollständig beschrieben:
In der Getreideproduktion werden Löhne und Gehälter in Höhe von 150 Euro gezahlt. Die
gesamte Getreideproduktion wird für 280 Euro von Unternehmen aufgekauft, die
damit Mehl produzieren. In der Mehlproduktion werden Löhne und Gehälter in Höhe von
100 Euro gezahlt. Die Mehlproduktion wird an die Brotindustrie für 500 Euro geliefert. Dort
fallen Löhne und Gehälter in Höhe von 250 Euro an. Verkauft wird die Brotproduktion für
280 Euro an den Staat und für 720 Euro an die Konsumenten. Die Gewinne aller
Unternehmen werden vollständig an die Haushalte ausgeschüttet. Die Haushalte zahlen
auf ihr Einkommen Steuern in Höhe von 20%. Es gibt keine Abschreibungen,
Investitionen, indirekten Steuern und Subventionen.
a) Stellen Sie das Kreislaufmodell für die betrachtete Volkswirtschaft dar. Bezeichnen
Sie alle Ströme und tragen Sie die dazugehörigen Werte ein. Aggregieren Sie
dabei die Unternehmen in einem Sektor.
b) Wie groß ist die Wertschöpfung auf jeder Produktionsstufe?
c) Erklären Sie kurz, was man unter der Berechnung des BIP nach der
Entstehungsberechnung versteht. Wie groß ist das Bruttoinlandsprodukt der
betrachteten Volkswirtschaft nach diesem Ansatz?
d) Wie groß ist das Bruttoinlandsprodukt nach der Verteilungsrechung? Erklären Sie
kurz, was man unter dieser Rechnung versteht.
e) Nach welcher oben noch nicht genannten Methode kann man das
Bruttoinlandsprodukt zudem berechnen? Kurze Erläuterung.
Aufgabe 2
Gehen Sie von einer Produktionsfunktion der Form
Y = K α N 1−α
mit 0< α <1 aus. Unterstellen Sie eine konstante Bevölkerung
und eine Situation ohne technischen Fortschritt.
a) Geben Sie die Pro-Kopf-Produktionsfunktion an. Welche Eigenschaft der
Produktionsfunktion impliziert, daß man den Pro-Kopf-Output als Funktion des ProKopf-Kapitaleinsatzes darstellen kann?
2
b) Berechnen Sie für gegebene Sparquote s und gegebene Abschreibungsquote d ,
wie sich die Kapitalintensität K N im Wachstumsgleichgewicht („steady state“)
bestimmt. Illustrieren Sie das Gleichgewicht grafisch.
c) Wie hoch ist der Output pro Kopf im steady state, wenn α = 1 3 , s =0,24 und
d =0,06. Wie verändert sich Ihr Ergebnis, wenn sich die Sparquote halbiert? Zeigen
Sie die Änderung auch in Ihrer Grafik.
d) Beschreiben Sie verbal, welche Prozesse einsetzen, wenn durch ein Erdbeben
weite Teile des Kapitalstocks der betrachteten Volkswirtschaft zerstört werden, die
Bevölkerung jedoch unversehrt bleibt und auch die Sparquote und
Abschreibungsrate konstant bleiben.
Aufgabe 3
Gegeben seien die folgenden Gleichungen einer Volkswirtschaft:
Y = AN
(Produktionsfunktion)
 L−N
W = P e ⋅ F (u , z ) = P e ⋅ z ⋅ 1 −
(Lohngleichung)
L 

Dabei bezeichnet N die Beschäftigung und L das Arbeitskräftepotential.
a) Erläutern Sie kurz die ökonomische Bedeutung der Variablen und die Rolle, die sie
in den beiden Gleichungen spielen.
b) Bestimmen Sie Lohn- und Preissetzungskurve (WS und PS) unter der Annahme,
daß P = P e und daß die Unternehmen ihre Preise um einen Faktor (1 + µ ) oberhalb
ihrer Lohnstückkosten festsetzen. Zeichnen Sie Ihr Ergebnis in ein Diagramm ein,
in dem die Arbeitslosenquote u auf der Abszisse, und der Reallohn W P auf der
Ordinate abgetragen sind.
c) Ermitteln Sie den gleichgewichtigen Reallohn, die natürliche Beschäftigung sowie
die natürliche Arbeitslosenquote, falls A = 1, µ = 0,25, z = 8/9 und L = 80.
d) Wie wirkt sich eine Zunahme des Arbeitskräftepotentials in Ihrem Diagramm aus?
Wie ändern sich die natürliche Arbeitslosenquote, der gleichgewichtige Reallohn
und die Produktion? (Qualitative Antwort, kurze Begründung).
Aufgabe 4
Die gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage M d sei eine Funktion des Nominaleinkommens
PY und des Nominalzinses i : M d = PY (0,3 − i ) . Das Realeinkommen betrage Y = 200.
Der Realzins sei konstant bei r = 5%. Die Wirtschaftssubjekte halten 80% ihres Geldes in
Form von Sichtguthaben. Der Reservehaltungskoeffizient sei θ = 1/16.
a) Warum ist M d eine Funktion des Nominalzinses und nicht des Realzinses? Was
versteht man unter dem Reservehaltungskoeffizienten?
b) Wie groß muß die Geldbasis H sein, wenn die Zentralbank das Preisniveau bei
konstant P =1 stabilisiert?
c) Angenommen, die reale Produktionstätigkeit wachse ab sofort mit einer konstanten
Rate von 2%. Wie ändern sich langfristig P , M / P und i , wenn die Zentralbank die
Geldbasis weiterhin stabil hält?
Prof. Dr. Oliver Landmann
Jahreskurs Makroökonomik
Abschlussklausur Teil 1, SS 2004
Lösungsskizze zur Abschlussklausur Jahreskurs Makroökonomik, Teil 1
am 26. Juli 2004
Aufgabe 1
Lohn: 500
Gewinne:
Getreide: 280 – 150 = 130
Mehl: 500 – 280 – 100 = 120
Brot: 1000 – 500 – 250 = 250
⇒ Gewinne: 500
⇒ Einkommen: 1000
– 20 % Steuern ⇒ 200
⇒ verfügbar: 800
⇒ Konsum 90 %: 720
a)
Geldströme
Güterströme
Kreislaufmodell
Industrie
280
500
Getreide
Arbeit
Lohn
500
Mehl
Brot
Gewinne
500
Brotkäufe
720
HH
Steuern
200
Brotkäufe
280
Staat
Saldo: - 80
b)
Wertschöpfung
= Produktionswert ./. Vorleistung
→ Getreide: 280 – 0 = 280
→ Mehl: 500 – 280 = 220
→ Brot: 1000 – 500 = 500
→Σ
Σ = 1000
-1-
Prof. Dr. Oliver Landmann
Jahreskurs Makroökonomik
c)
Abschlussklausur Teil 1, SS 2004
BIP = 1000 (gemäss b.))
Entstehungsrechnung: Summierung der Produktionswerte der einzelnen Wirtschaftssektoren. Ermittlung der Wertschöpfung durch Subtraktion aller Vorleistungen (vgl. Folie 9
zu Kapitel 2, Siebert, Tab. 15.4).
d)
Verteilungsrechnung: (= Aufspaltung nach Einkommensarten)
Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit
+ Unternehmertätigkeit und Vermögen
= 500 (Löhne) + 500 (Gewinne) = 1000
e)
Verwendungsrechnung: (= Aufspaltung nach Nachfragekomponenten)
BIP = C + I + G + NX
= 720 + 0 + 280 + 0
Aufgabe 2
a)
Pro-Kopf-Output:
α
Y K α N 1 −α  K 
=
= 
N
N
N
Konstante Skalenerträge
b)
K
Y 
K
∆ = 0 =s  − d  
N
N
N
Y 
K
⇒ s  = d  
N
N
K
⇒ s 
N
α
Steady-State-Bedingung
Y
N
d⋅
K
= d 
N
K
N
s⋅
Y
N
s neu ⋅
Y
N
1
*
K
 s  1 −α
⇒  = 
N
d
c)
1
α = ; s = 0 ,24 ; d = 0 ,06
3
*
K
  =8
N
*
Y 
  =2
N
*
*
K
 
 N  neu
3
*
K
Y 
s = 0 ,12 :   = 2 2 ;   = 2
N
N
*
*
K
Y 
⇒ sowohl   ↓ und   ↓
N
N
-2-
*
K
 
N
K
N
Prof. Dr. Oliver Landmann
Jahreskurs Makroökonomik
Abschlussklausur Teil 1, SS 2004
Nicht mehr in steady state: K ↓ ⇒
d)
d
K
↓
N
K
Y
< s ⇒ Abschreibungen < Investitionen
N
N
K
⇒
steigt im Zeitverlauf , bis der alte steady state wieder erreicht ist .
N
Aufgabe 3
a) Lohngleichung:
Nominallohn W hängt ab von:
•
Pe
positiv :
W
von Interesse,
P
zukünftiges P nicht bekannt
Preisniveau relevant, da
→ erwartetes P
•
•
b)
u=
L−N
L
z:
negativ :
positiv :
W
= z (1 − u )
P
PS : P = (1 + µ ) MC
höheres u schwächt Verhandlungsposition der Arbeitnehmer
→ niedrigeres W muss akzeptiert werden.
z umfasst andere Determinanten z. B. AL-Versicherung, Höhe
des Mindestlohns, Arbeitsschutzbestimmungen,…
WS :
Kosten : WN = W
W
A
=
⇒
P 1+ µ
MC = Grenzkosten
Y
W
⇒ MC =
A
A
W
P
PS
A
1+ µ
c)
WS
Gleichgewicht:
W 4
=
Re allohn
P 5
⇒ u N = natürliche ALQ = 0 ,1 =
uN
1
10
natürliche Beschäftigung:
N n = (1 − u N ) ⋅ L = 72
-3-
u
Prof. Dr. Oliver Landmann
Jahreskurs Makroökonomik
d)
Abschlussklausur Teil 1, SS 2004
Zunahme des Arbeitskräftepotentials, d. h. L ↑ .
W
bleiben unverändert,
P
da bei der Gleichgewichtsbestimmung L (Höhe von L ) keine Rolle spielt.
Im Diagramm ändert sich nichts! d. h. u N und gleichgew.
Produktion steigt, da N n = (1 − u N ) L steigt.
Aufgabe 4
a)
- M d hängt von Nominalzins ab, da dieser Opportunitätskosten der Geldhaltung beschreibt.
(i = r + π e )
Anstieg von i verringert die Liquiditätspräferenz.
- Reservehaltungskoeffizient:
θ=
b)
R
=
D
Menge an Reserven R , die Geschäftsbanken pro Euro Sichteinlage D halten.
im Gleichgewicht: M d = M s
⇔ PY (0 ,3 − i ) = (Multiplikator ) ⋅ H
Multiplikator =
1
1
, wobei c = 0 ,2 und θ =
16
c + (1 − c )θ
⇒ Multiplikator = 4
Preisniveau bei P = 1 stabil ⇒ π e = 0
⇒ i = r +πe = r
Gleichgewicht:
c)
H=
200 ⋅ 0 ,25
= 12 ,5
4
reale Produktionstätigkeit wächst mit 2 %, d. h. gY = 0 ,02 .
Quantitätsgleichung: M ⋅ V = P ⋅ Y
⇒
g + gV = π + g Y
M
=0
⇒ π = − gY = −2%
⇒ Deflation!
Fisher-Gleichung: ⇒ i = r + π = 3%
M
P
i
P
⇒ i↓
M
↑ , da P ↓ und M konstant.
P
Zeit
-4-
Herunterladen