Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Besser leben mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa 2110506 Meda GmbH Otto-von-Guericke-Ring 9. 65205 Wiesbaden Telefon 06122/5068-0. Fax 06122/5068-22 e-mail [email protected] „Ja, das war natürlich ein Schock, da ich vorher so gut wie nie etwas von Morbus Crohn gehört hatte. Aber ich hab’ mich dann damit getröstet, dass es ja nur die zweitschlechteste aller Möglichkeiten ist; ich war ja mit der Eigendiagnose ‚Krebs’ zum Arzt gegangen! Mein Arzt hat mir dann auch gleich gesagt, dass das Ganze chronisch ist, na ja, da bin ich dann zu Hause gleich ins Internet – und war deprimiert, weil ich wohl gleich bei den schlimmsten Fällen gelandet war! Ich habe mich dann im Verwandten- und Bekanntenkreis umgehört und war dann überrascht, dass das Ganze doch stärker verbreitet ist, als mir das bewusst war.“ S. M., 49 Jahre Inhalt Prolog Prolog 3 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) – viele sind betroffen Die Diagnosen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Aufbau und Funktion des Verdauungstrakts Ursachen, Komplikationen und Verlauf der CED Anmerkungen zur Diagnostik Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Medikamente Alternativen? Operation u u u Exkurs: „Keine Angst vor Kortison“ Die Entdeckung und ein Nobelpreis Das „Wundermittel“ und die Angst Auf dem Weg zur besseren Verträglichkeit „Direkt vor Ort“ u u u u Was können Sie tun? Die Ernährung Körper, Geist und Seele Wissen und Eigenverantwortung Ausbildung, Beruf und Alltag u u u u Was Angehörige und Freunde tun können Sonstige Helfer – Selbsthilfegruppen „Wenn ich heute jemandem mit dieser Diagnose einen Rat geben müsste? Bleib’ gelassen und locker. Ich weiß ja, dass das schwer fällt, aber die Informationen, die man in Büchern liest oder aus dem Internet holt, sind oft dramatischer als die Krankheit selbst.“ T. K., 51 Jahre 4 5 7 8 10 12 12 13 14 15 15 16 17 18 20 20 22 23 25 27 29 Morbus Crohn, Colitis ulcerosa – vielleicht haben Sie von diesen Krankheitsbildern ja schon einmal gehört, oder Sie kennen sogar jemanden, der darunter leidet. Freilich sieht alles anders aus, wenn der Arzt einem verkündet: „Sie leiden an Morbus Crohn (oder Colitis ulcerosa).“ Vermutlich löste die Diagnose bei Ihnen Angst und Verunsicherung aus, vielleicht sind Sie nur froh, endlich die genaue Diagnose zu haben, und natürlich werden Sie rasch Antworten auf Fragen suchen wie: Wie verläuft die Krankheit? Was heißt „chronisch“ in diesem Zusammenhang? Was be- deutet die Erkrankung für meine Lebensgewohnheiten? Zu diesen Themen soll Ihnen die vorliegende Broschüre eine erste Hilfe sein – auch als Ratgeber für die Suche nach weitergehenden Informationen. Neben den Informationsbausteinen finden Sie Auszüge aus Gesprächen mit Patienten, bei denen ebenfalls Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn diagnostiziert wurde. Die Gespräche wurden im September 2005 geführt. Die Deutsche Morbus Crohn/ Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. Hilfreiche Adressen und Ratgeber Ihre Meinung ist gefragt 31 32 33 3 „Bei mir hat das Ganze 1971 angefangen, da wusste man von der Krankheit noch relativ wenig. Am Anfang hatte ich immer noch gedacht, dass das Ganze vielleicht nach ein paar Monaten ausgestanden ist. Dass das dann chronisch ist, habe ich erst bei einer Operation Jahre später von einer Krankenschwester erfahren. Die hat dann gesagt, seien Sie froh, dass das Morbus Crohn ist und kein Darmkrebs.“ L. A., 66 Jahre Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) – viele sind betroffen Man geht davon aus, dass in Deutschland heute etwa 300.000 Personen an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen leiden: Etwa 100.000 an Morbus Crohn und etwa 200.000 an Colitis ulcerosa. Die Zahl der neu erkrankten Crohn-Patienten ist seit Jahren konstant, bei Colitis ulcerosa gibt es dagegen Hinweise, dass die Zahl der Neuerkrankungen steigt. Bis heute sind die Ursachen und auslösenden Bedingungen von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nicht sicher bekannt. Eindeutig ist allein eine familiäre, also erbliche Komponente: Bei Verwandten ersten Grades von CED-Patienten ist das Risiko um den Faktor 30 erhöht. Zum Einfluss von Konsumgewohnheiten gibt es zahlreiche Untersuchungen – aber abgesehen vom Rauchen wenig gesicherte Ergebnisse: 4 Nikotin verschlechtert den Verlauf von Morbus Crohn. Ebenso wie die Ernährung ist der Einfluss von Umweltfaktoren auf die Entstehung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen noch mit vielen Fragezeichen versehen. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind auch kein Phänomen der „Moderne“. Die Symptomatik war den Ärzten schon lange vertraut, und der Begriff der „ulzerativen Kolitis“ wurde bereits vor rund 150 Jahren benutzt. Bis zur Abgrenzung des Morbus Crohn dauerte es dann allerdings bis 1932: Auf der Basis verbesserter diagnostischerMöglichkeiten beschrieb der amerikanische Arzt B. Crohn dann das nach ihm benannte Krankheitsbild. Die Diagnosen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Wie beschrieben, gehören Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zur Gruppe der chronisch entzündlichen Darmkrankheiten. Es gibt eine Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Krankheiten, das macht gerade in der Frühphase die Unterscheidung nicht immer einfach, allerdings gibt es auch wesentliche Unterschiede. Zu den Gemeinsamkeiten zählt, dass beide Krankheiten chronisch sind und häufig zweiphasig verlaufen: Zeiten weitgehender Gesundheit sind immer wieder von Phasen verstärkter Krankheitsaktivität mit heftigen Beschwerden – dazu zählen u. a. Bauchschmerzen und Durchfälle – unterbrochen. Von beiden Krankheiten sind zunehmend jüngere Menschen betroffen, und bei beiden ist bis heute die Ursache nicht bekannt. Morbus Crohn Die Erkrankung kann den gesamten Magendarmtrakt (Gastrointestinaltrakt) betreffen – vom Mund bis zum 5 „Deprimierend war das am Anfang schon. Aber ich denke positiv und habe mir gesagt, irgendwie geht es schon weiter. Ich wusste ja, dass man dagegen was tun kann, und häufig verläuft die Krankheit ja relativ milde. Und heute sehe ich, dass ich damit leben kann, na ja, so ähnlich wie andere zum Beispiel mit Diabetes.“ S. T., 49 Jahre Darmausgang. Besonders häufig sind jedoch der letzte Abschnitt des Dünndarms (terminales Ileum) und der Übergangsbereich zwischen Dünndarm (Ileum) und Dickdarm (Colon) betroffen. Charakteristisch ist der Befall aller Schichten der Darmwand. Die Entzündungen führen dann in der Folge zu einer Vernarbung der betroffenen Darmwandbereiche. Dabei wechseln sich im Darm entzündete Abschnitte mit Bereichen ab, in denen die Darmschleimhaut normal ist. Durch die beschriebenen Vernarbungen kann es zu einer deutlichen Verengung des Darmkanals kommen, so dass der Durchfluss von Darminhalt erschwert wird. Neben Bauchschmerzen und Durchfall kennzeichnen u. a. Gewichtsverlust, Blutarmut und Fieber, das sich nicht auf eine klare Ursache zurückführen lässt, die Symptomatik bei Morbus Crohn. Daneben kann es zu entzündlichen Erkrankungen außerhalb des Darms kommen. Davon betroffen sind z. B. Gelenke und Wirbelsäule oder Haut und Augen. 6 Colitis ulcerosa Im Gegensatz zu Morbus Crohn bleibt die Colitis ulcerosa auf den Dickdarm beschränkt. Häufig ist sogar lediglich der letzte Abschnitt, der Mastdarm, entzündet. Man spricht dann von einer Proktitis. Allerdings kann auch der gesamte Dickdarm kontinuierlich – im Gegensatz zum abschnittsweisen Befall bei Morbus Crohn – verändert sein (Rötung der Schleimhaut und leichte Blutungen). Die dabei sichtbaren oberflächlichen Geschwüre zeigen, dass die Colitis ulcerosa lediglich die oberen Schichten der Dickdarmwand erfasst. Die Symptomatik ist durch häufige und schwere Durchfälle schleimigen Stuhls, z. T. mit Blutbeimengungen, gekennzeichnet. In der Folge kann es zu starken Wasser-, Blutund Eiweißverlusten sowie Störungen des Mineralhaushaltes kommen. Aufbau und Funktion des Verdauungstrakts So ist der Verdauungsapparat (Gastrointestinaltrakt) aufgebaut. darm weiter aufgespaltet und in den Blutkreislauf geschleust (Resorption). Über das Blut gelangen sie dann zu den einzelnen Organen und Geweben. Im Dickdarm e uMundhöhle eSpeiseröhre (Ösophagus) rMagen r uLeber uGallenblase uBauchspeicheldrüse (Pankreas) tZwölffingerdarm (Duodenum) uWurmfortsatz (Appendix vermiformis) Milz iDünndarm (Jejunum und Ileum) oDickdarm (Colon) pMastdarm (Rektum) aAfter (Anus) t u Die Funktionen des Verdauungsapparates Die wichtigste Aufgabe des Gastrointestinaltrakts ist die Aufnahme und Verdauung von Nährstoffen und Wasser. Nach der Vorbereitung der Nährstoffe im Magen werden sie im Dünn- i o u p a schließlich wird der Speisebrei eingedickt, gespeichert und dann als Stuhl ausgeschieden. Eine zweite wichtige Funktion übernimmt der Darm im Rahmen der Immunabwehr des Körpers. Spezielle Zel- 7 „Am Anfang hatte ich überhaupt keine Probleme, außer den Durchfällen natürlich, bis dann die Komplikation mit der Fistel und dem Fisteldurchbruch auftrat. Ich musste mich dann einer Operation unterziehen. Da konnte ich dann natürlich einige Wochen nicht zur Arbeit gehen. Aber das war tatsächlich das erste Mal, dass ich wegen der Erkrankung ausgefallen bin.“ S. M., 49 Jahre len in der Darmschleimhaut (Lymphozyten, Plasmazellen) wirken dabei mit anderen Bestandteilen des Immunsystems zusammen, um schnell und effektiv auf Krankheitserreger zu reagieren. Die Darmflora – ein Ökosystem von Abermillionen unterschiedlicher Mikroorganismen und Bakterien im Darm – bildet dabei gleichsam die erste Verteidigungslinie im Körperinneren. Manchmal helfen Zahlen, um die Bedeutung von Phänomenen deutlich zu machen: In der Mikrowelt unseres Darmes leben rund 100 Billionen Bakterien auf einer Fläche von rund 200 Quadratmetern! Ursachen, Komplikationen und Verlauf der CED Beide Krankheiten, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sind durch Phasen weitestgehender Beschwerdefreiheit und erhöhten Leidensdrucks gekennzeichnet. Ebenso, wie bis heute nicht bekannt ist, welche Faktoren die Krankheiten überhaupt 8 erst auslösen, weiß man auch nicht, warum es im Einzelfall zu einem erneuten Krankheitsschub kommt. werten Buch von Hartmann und Jenss, siehe „Hilfreiche Adressen“ am Ende der Broschüre, entnommen): Morbus Crohn Im Verlauf der Erkrankung kann es u. a. zu Fistelbildungen, Eiteransammlungen und Darmverengungen kommen. Fisteln sind dabei spontane offene Verbindungen, z. B. zwischen Darmschlingen. Enden Fisteln dagegen als „Sackgasse“, kann es zu Eiteransammlungen (Abszessen) kommen. Als weitere Folge der Entzündungsvorgänge können Verengungen des Darmkanals, so genannte Stenosen, entstehen. Bei stark ausgeprägten Stenosen besteht die Gefahr eines Darmverschlusses (Ileus); deshalb werden solche Stenosen dann chirurgisch (oder endoskopisch) behandelt. Damit Sie diese Informationen richtig gewichten und einordnen können, sind vielleicht einige statistische Daten – gerade auch zum weiteren Verlauf der Krankheit – hilfreich (die folgenden Daten sind dem lesens- uWährend eines Jahres bleiben rund 50 % aller Patienten ohne Beschwerden. Im Verlauf der Krankheit bleiben immer mehr Patienten beschwerdefrei. Nach 10-jährigem Krankheitsverlauf sind 45 % der Patienten nicht operiert worden, 42 % einmal und 13 % zweimal oder mehr. Die Lebenserwartung ist bei Morbus Crohn – auch bei den Patienten, bei denen Operationen nötig sind – nicht verkürzt. Nur rund 5% der Patienten sind massiv bis zur Arbeitsunfähigkeit beeinträchtigt, 40 - 50 % der Patienten beklagen phasenweise auftretende Schmerzen (und nehmen Medikamente ein), weitere 40 - 50 % geben an, dass sie nahezu keine Schmerzen haben und ihre Lebensqualität alles in allem „gut“ ist. u u u u Colitis ulcerosa In Folge der „klassischen“ Symptome der Colitis ulcerosa, den zahlreichen, oft schleimigen Durchfällen und dem Blut im Stuhl, kommt es häufig zu Gewichtsverlust, Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Die folgenden Zahlen (wiederum aus dem Buch von Hartmann und Jenss) kennzeichnen den Verlauf der Colitis ulcerosa: u50 % aller Patienten blei- ben dauerhaft ohne Beschwerden, 30 % klagen über eine leicht erhöhte, 20 % über eine mäßig bis stark erhöhte Krankheitsaktivität. Nur sehr wenige Patienten haben kontinuierlich Beschwerden. Nach dem ersten Jahr der Erkrankung können 90 % der Patienten problemlos oder kaum beeinträchtigt ihrer beruflichen Arbeit nachgehen. Nur bei 30 % aller Betroffenen ist – über einen Zeitraum von rund 20 Jahren betrachtet – eine Operation nötig. u u u 9 Anmerkungen zur Diagnostik Bis zur eindeutigen Diagnose ist es manchmal ein langer Weg. Da die Ursachen unbekannt sind, gleicht die Diagnosestellung manchmal einem medizinischen Puzzle. Wichtige Mosaiksteine sind die Krankengeschichte (Anamnese), die unterschiedlichen Beschwerden, körperliche Untersuchungen, diverse Blut- und Stuhlproben und Analysen und die Ultraschalluntersuchung (Sonographie). Mit Hilfe der Sonographie können Komplikationen wie Fisteln oder Abszesse zuverlässig erkannt werden. Um allerdings chronisch entzündliche Darmerkrankungen sicher diagnostizieren und unterscheiden zu können, sind zusätzliche Röntgenaufnahmen und eine Darmspiegelung unerlässlich. Damit wird die Diagnose gesichert und Umfang und Lokalisation der entzündlichen Veränderungen werden deutlich. Gleichzeitig ergeben sich daraus wichtige Hinweise für die Therapie. 10 Die Darmspiegelung Nach einer sorgfältigen Reinigung des Darms von Nahrungs- und Stuhlresten – meist durch das Trinken einer speziellen Flüssigkeit am Abend vor der Untersuchung – wird ein ca. 1 cm dünnes, flexibles, schlauchförmiges Instrument (Koloskop) via After durch den Dickdarm bis zum Übergang zum Dünndarm vorgeschoben. Beim Zurückziehen werden Schleimhaut und Schleimhautveränderungen genau betrachtet. Durch die schmerzfreie – es gibt keine Schmerzrezeptoren auf der Darminnenwand – Entnahme von Gewebeproben (Biopsie) können Veränderungen der Darmschleimhaut anschließend mikroskopisch untersucht werden. Aufgrund der heute vielfach üblichen Video-Koloskopie (exakt müsste es Video-Ileo-Koloskopie heißen, da der letzte Teil des Ileums, d. h. des Dünndarms, mitbetrachtet wird!) können Sie vielleicht anschließend im Gespräch mit dem Arzt selbst einen Blick in Ihr „Innerstes“ werfen! Die Koloskopie ist heute ein sicheres diagnostisches Verfahren: Nur bei 1 von 1000 Untersuchungen kommt es zu Verletzungen der Darmwand. Freilich bleibt sie eine unangenehme Prozedur, die in der Regel 10 - 30 Minuten in Anspruch nimmt. Werden statt des gesamten Dickdarms lediglich Mastdarm und Analkanal gespiegelt, spricht man von einer Rektoskopie. In diesem Fall wird die Untersuchung möglicherweise auch mit einem starren Instrument durchgeführt und dauert nur rund 3 - 5 Minuten. Röntgenuntersuchung Eine Röntgenuntersuchung des Dickdarms wird üblicherweise nur dann eingeleitet, wenn eine Spiegelung, z. B. durch Verengung eines Darmabschnittes, nicht möglich ist. Standard dagegen ist diese Untersuchung zur Diagnostik des Dünndarms. Zur Aufdeckung entzündlicher Veränderungen der Dickdarmwände wird dazu ein Kontrastmittel gegeben. „Die Angst vorher ist natürlich da. Hauptsächlich durch Unwissenheit – und ehrlich, ich habe mich anfangs vor der Spiegelung richtig gedrückt. Ich habe jetzt die vierte, mit einer Beruhigungsspritze, hinter mir, und es ist halb so wild, es war schmerzfrei und eigentlich völlig problemlos. Ich denke, die Angst hat auch ein Stück mit Hemmungen zu tun, weil diese Untersuchung ja nun über den After im Darm stattfindet; das ist einfach auch ein psychisches Problem. Man fühlt sich dabei halt ziemlich ausgeliefert.“ S. M., 49 Jahre „Bei mir war die Koloskopie überhaupt kein Problem; für mich ist eher die Vorbereitung mit dem Trinken und den Abführmitteln zur Reinigung des Darmes unangenehm. Das viele Trinken, bei mir waren es bis zu 5 Liter, ist schon ein Hammer.“ G. M., 51 Jahre „Der „Abführtag“ vor der Untersuchung ist schon lästig. Mich schwächt das auch immer richtiggehend. Mit der Spiegelung selbst habe ich keine Probleme, die ist nicht schlimmer als andere Untersuchungen auch.“ L.A., 66 Jahre 11 „Kortison ist schon ein Booster, wahnsinnig wie das wirkt. Es ist ja auch kein Fremdstoff, sondern ein körpereigener Stoff, denn man hat Kortison ja ständig im Körper. Natürlich in viel geringeren Mengen. Und als ich dann die Nebenwirkungsliste sah, hatte ich schon Angst. Ehrlich, ich habe mich auch nicht immer an die Empfehlung gehalten: Manchmal habe ich schon mit dem Doktor diskutiert und gekämpft, wenn die Nebenwirkungen zu heftig waren; das war dann allerdings schon ein paar Monate nach dem Start der KortisonTherapie.“ R. H., 41 Jahre Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Gerade weil man über die Ursachen von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bis heute wenig weiß, setzt die Behandlung an unterschiedlichen Punkten an. Im Zentrum steht allerdings die medikamentöse Therapie – in der Regel mit so genannten 5-Aminosalicylsäuren und modernen Kortisonpräparaten. Daneben spielen körperliche Ruhe, ausgeglichene Lebensweise, auf den Einzelfall abgestimmte diätetische Aspekte und z. B. psychosomatische und sozialmedizinische Maßnahmen eine Rolle. Stärker als andere Erkrankungen setzen chronisch entzündliche Darmkrankheiten damit auch Kompetenz, Engagement und Wille zum Erfolg voraus. Übrigens auf beiden Seiten: beim Arzt und beim Patienten! Beim Arzt heißt dies Erfahrung und Bereitschaft, dauernd dazuzulernen, denn die Therapieoptionen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ent- 12 wickeln sich ständig weiter. Beim Patienten fängt das beim frühzeitigen Arztbesuch an, wenn die Beschwerden wieder zunehmen. Es setzt sich fort über die Einhaltung (Compliance) der Therapieschemata. Die Beschäftigung mit der eigenen Ernährung und dem Lebensstil gehört ebenfalls dazu! Medikamente Die Behandlung der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen stützt sich im Wesentlichen auf zwei Medikamentengruppen, 5-Aminosalicylsäure und Kortisonpräparate. Moderne Kortisonpräparate gelten dabei beim akuten Entzündungsschub als Goldstandard. Man wird sie um so eher einsetzen, je ausgeprägter die Krankheitsaktivität ist. Daneben wird in der akuten Erkrankungsphase 5-Aminosalicylsäure (Mesalazin), ein kortisonfreies entzündungshemmendes Mittel, verordnet. Um ein Wiederaufflammen der Erkrankung zu verhüten (Rezidivprophylaxe), werden Kortisonpräparate und Mesalazin – in geringerer Dosierung – verwendet. So genannte Immunsuppressiva, Medikamente, die die körpereigene Immunabwehr teilweise unterdrücken (z. B. Azathioprin, Methotrexat oder Cyclosporin), werden z. B. bei schweren Erkrankungsverläufen oder Kortisonunverträglichkeiten eingesetzt. Eine neue Therapiemöglichkeit bieten die monoklonalen Antikörper. Dies sind molekularbiologisch hergestellte Proteine, die z. B. Botenstoffe zwischen Entzündungszellen, den so genannten Tumornekrosefaktor TNF-alpha, binden und so die Ausbreitung einer Entzündungsreaktion verhindern. Bei Medikamentenauswahl, Dosierung und Dauer der Verabreichung wird der Arzt eine Vielzahl von Einzelfaktoren berücksichtigen: uWelche Diagnose liegt zugrunde – Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa? Geht es um eine Behandlung im Entzündungsschub oder um eine Rezidivprophylaxe? u uWie ist das Ausmaß der Krankheitsaktivität? Welche Erfahrungen gibt es aus vorangegangenen Behandlungsphasen? Ist beim Medikament der Wahl eine einschleichende und/oder ausschleichende Dosierung nötig (zu- oder abnehmende Dosierung)? Ist vielleicht eine Kombination unterschiedlicher Medikamente sinnvoll, um höhere Wirksamkeit oder Verringerung von Nebenwirkungen zu erreichen? u u u Alternativen? Dass bei einem hinsichtlich Ursache, Diagnostik und Therapie so komplexen Krankheitsbild wie den chronisch entzündlichen Darmkrankheiten Patienten immer wieder nach Alternativen zur klassischen Schulmedizin suchen, ist verständlich. Zu diesen alternativen Arzneimitteln gehören u. a. Probiotika und Weihrauch. Weihrauchpräparate stammen aus der indischen Medizin. Den darin enthaltenen Boswelliasäuren wird eine antientzündliche Aktivität 13 „Natürlich hatte ich auch Ängste. Aber ich denke, wenn man sich an das vorgeschriebene Dosierungsschema hält, kann man damit genauso gut umgehen wie mit anderen Medikamenten auch. Bei meiner Therapie über 8 Wochen hatte ich jedenfalls außer erhöhter Müdigkeit keine Probleme. Sehr wichtig ist eine offene, ehrliche Information vor der Behandlung.“ T. K., 51 Jahre nachgesagt. Probiotika zielen dagegen auf die Stärkung der Darmflora und die Verminderung der Darmentzündung durch Zuführung bestimmter Mikroorganismen. Im Vergleich zu den oben beschriebenen „konventionellen“ Präparaten, die ausführlich wissenschaftlich untersucht sind, bleiben bei den „Alternativen“ bis heute viele Fragen offen. Manche dieser „Alternativen“, wie Boswellia, sind in Deutschland nicht zugelassen, andere sind in der Apotheke sogar ohne Rezept erhältlich. Da der Erfolg der Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auf der guten, offenen Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient beruht, sollten Sie auch über eventuelle „Alternativen“ auf jeden Fall – vorher! – mit Ihrem Arzt sprechen! Operation Die Aussage, dass Morbus Crohn und Colitis ulcerosa chronisch, d. h. nicht heilbar, sind, gilt mit einer Ausnahme: 14 Bei Colitis ulcerosa könnte der gesamte Dickdarm entfernt und die Krankheit damit geheilt werden, allerdings um den Preis eines künstlichen Darmausgangs oder der Anlage eines Dünndarmreservoirs mit natürlichem Darmausgang. Vor diesem Hintergrund wird auch bei der Colitis ulcerosa die Chirurgie nur bei schweren, nicht medikamentös behandelbaren Verläufen eingesetzt. Ebenso zurückhaltend wird heute bei Morbus Crohn operiert. Lediglich bestimmte Komplikationen im Krankheitsverlauf wie Abszessbildungen, Darmverschluss oder nicht stillbare Blutungen machen einen operativen Eingriff unausweichlich. „Nach der OP hatte ich dann schon noch ein paar Probleme, z. B. beim Sitzen, und so ganz sicher bin ich mir nicht, ob die Belastbarkeit nicht vielleicht doch ein bisschen gelitten hat. Aber im Großen und Ganzen komme ich ganz gut damit zurecht und bin eigentlich ganz zufrieden.“ S. M., 49 Jahre Exkurs: „Keine Angst vor Kortison“ Wussten Sie, dass eines der berühmtesten Bilder aus der „Kunstgeschichte der Medizin“ La Cortisone heißt? Der französische Maler Raoul Dufy hat es vor rund 50 Jahren gemalt und nach dem Medikament benannt, das ihm die Beweglichkeit seiner Hände und Finger zurückgegeben hatte: Kortison. Dufy litt an chronischer Polyarthritis (rheumatoide Arthritis), einer schweren Entzündung der Gelenke. Nach 15-jähriger Krankheitsdauer war sein Pinselstrich steif und starr geworden. Und dann geschah das kaum Fassbare: Dufy gehörte zu den ersten Patienten, die mit Kortison behandelt wurden – mit außerordentlichem Erfolg. Die Beweglichkeit seiner Gelenke kehrte zurück. Zum ersten Mal seit langen Jahren konnte er wieder so malen, wie er es sich wünschte! Und obwohl auch er nicht von den Nebenwirkungen des neuen „Wundermedikaments“ verschont blieb, nannte er sein Blumenbild La Cortisone. Die Entdeckung und ein Nobelpreis Kortison gehört zu den Hormonen. Hormone sind körpereigene Stoffe, die – der aus dem Griechischen entlehnte Begriff lässt es erahnen – wahrhaft „bewegen“: Als Botenstoffe steuern sie an ihren Zielorganen eine große Anzahl von Prozessen. Wenn wir also umgangssprachlich davon sprechen „das liegt an den Hormonen“, dann trifft das tatsächlich in vielen Fällen zu! Erst 1937 wurde Cortisol, eines der in der Nebennierenrinde gebildeten Kortikosteroide, entdeckt, ein Jahr später künstlich hergestellt und 10 Jahre später zum ersten Mal bei Patienten eingesetzt – zunächst bei Patienten mit chronischer Polyarthritis: Man hatte gesehen, dass während der Schwangerschaft der Organismus mit Kortikosteroiden überschwemmt und gleichzeitig das Fortschreiten der Polyarthritis gestoppt wurde! Später erhielten dann auch Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Kortison (dieser Begriff steht heute synonym für die 15 unterschiedlichen Kortikosteroide). Hatte 40 Jahre vorher die Entdeckung von Insulin vielen Diabetikern das Leben gerettet, so hat die Einführung von Kortison die Lebenserwartung von Morbus-Crohn- und Colitis-ulcerosa-Patienten dramatisch angehoben. Die zum Teil phänomenalen Therapieerfolge trugen sicherlich ihren Teil dazu bei, dass die drei Entdecker der Kortikosteroide, die Amerikaner Kendall, Reichstein und Hench, schon 1950 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Übrigens auch hier eine Parallele zu Insulin und Diabetes: Die InsulinEntdecker erhielten noch im Jahr der ersten klinischen Anwendung „ihren“ Nobelpreis! Das „Wundermittel“ und die Angst Schon Raoul Dufy hatte allerdings erlebt, dass Licht und Schatten, Wirkung und Nebenwirkung eng beieinander liegen. Wie bei anderen Botenstoffen sind auch die von den Kortikoiden be- 16 einflussten Stoffwechselprozesse außerordentlich komplex. So wirkt Kortison nicht nur entzündungshemmend; es greift gleichzeitig in den Stoffwechsel, z. B. der Leber, der Knochen und der Muskeln ein. Zudem begünstigt es durch seinen Einfluss auf die Steuerung des Mineralhaushaltes die Wassereinlagerung im Körper. Hinzu kommt, dass sich die Rezeptoren, d. h. die Empfängerstellen für die Kortikoide, auf nahezu allen Zellen des menschlichen Körpers finden. Damit kann eine gezielte Veränderung der Hormonspiegel eben nicht nur erwünschte, sondern ebenso unerwünschte Wirkungen auslösen. Bis heute sind Kortikoide die stärksten entzündungshemmenden Medikamente, die in der Praxis verwendet werden. Auch dieses Phänomen liegt in der „Multifunktionseigenschaft“ der Kortikosteroid-Hormone begründet: Sie behindern ebenso die Vermehrung und Weiterentwicklung von Ent- zündungszellen im Knochenmark wie die Wanderung und Aktivierung dieser Zellen im Darm. Darüber hinaus beeinflussen Kortikosteroide Entzündungszellen direkt. Last but not least veranlassen sie die weißen Blutkörperchen, weniger Zytokine, also Entzündungsbotenstoffe, freizusetzen. Hier trifft sich der „Allrounder“ Kortison dann wieder mit modernsten Substanzen wie den schon angesprochenen TNFalpha-Antikörpern, die lediglich einen Eiweißkörper mit wachstumsfördernder Funktion, den Tumornekrosefaktor, hemmen. Auf dem Weg zur besseren Verträglichkeit Basierend auf den ersten Erfahrungen mit der praktischen Anwendung von Kortikosteroiden ging es in der Folgezeit darum, die Nebenwirkungen zu verringern – bei gleichbleibender oder sogar noch erhöhter Wirkstärke. Dabei verfolgte man zwei unterschiedliche Wege: uDie Molekülveränderung uDie Veränderung der Art und Weise der Anwendung. Der erste Weg führte zu den so genannten synthetischen, also künstlich hergestellten Kortikosteroiden wie z. B. Prednison und Prednisolon. Durch Moleküländerungen gelang es so, insbesondere die Kortison-(Neben-) wirkungen auf den Wasserund Mineralstoffhaushalt zu verringern. Die Kurzzeittherapie mit Kortison ist damit deutlich verträglicher geworden. Bei der Langzeittherapie, z. B. zur Verhinderung des Wiederauftretens der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, muss allerdings immer noch mit einer Reihe von Nebenwirkungen gerechnet werden (z. B. Mondgesicht, Dehnungsstreifen der Haut, Blutdruckanstieg, Erhöhung von Blutzucker und Cholesterin, Osteoporose, Infektionsanfälligkeit usw.). Zum Teil können diese Nebenwirkungen durch eine Verringerung der Dosis aufgefangen werden, zum Teil muss die Therapie 17 „Ich bin in die Therapie ziemlich blauäugig rein gegangen. Die Durchfälle sind rasch zurückgegangen, und da ich vorher wahnsinnig abgenommen hatte, war ich froh, dass ich beim Blick auf die Waage gesehen habe, dass es wieder aufwärts geht. Als ich dann aber im Spiegel mein Gesicht betrachtet habe, war ich doch überrascht, dass ich dort auch zugelegt hatte! Wir haben dann das Kortison ausgeschlichen. Heute nehme ich es nur bei akuten Schüben und habe mit der Verträglichkeit keine Probleme mehr.“ G. M., 51 Jahre allerdings auch abgebrochen werden. Erfolgversprechender scheint daher der zweite Lösungsansatz – die Änderung der Art der Anwendung. Bei der Einnahme von Tabletten gelangt der Wirkstoff nach der Aufnahme im Gastrointestinaltrakt über die Blutbahnen an alle möglichen Empfängerstellen für die Kortikoide im Körper (noch rascher wird der Wirkstoff natürlich nach einer Spritze verteilt!). Damit kommt es nicht nur zur erwünschten Wirkung, der Entzündungshemmung in der Darmschleimhaut, sondern zu weiteren – unerwünschten – Wirkungen in anderen Bereichen des Organismus. Also musste man versuchen, Kortison direkt an den Entzündungsort zu befördern. Neben der so genannten systemischen (den gesamten Blutkreislauf betreffenden) Anwendung war damit die Idee der topischen, d. h. der lokalen Anwendung geboren. Auch für die Realisierung dieser Idee gibt es wiede- 18 rum zwei unterschiedliche Ansätze. Entweder bringt man Kortison in geeigneter Darreichungsform direkt dort ein, wo man sich die Wirkung wünscht, oder man verändert die Tabletten so, dass Kortison erst am gewünschten Wirkungsort freigesetzt wird. In diesem Fall werden die Tabletten mit einem speziellen Überzug versehen, so dass sie die Passage in den ersten Abschnitten des Magen-Darm-Traktes unbeschadet überstehen. „Direkt vor Ort“ Für den zweiten Weg, die „Direkt-vor-Ort-Methode“, sind zwei Darreichungsformen entwickelt worden, die so genannten Klysmen, also der altbekannte Einlauf, und Schaumpräparate. Mit einem Schaumpräparat wird Kortison in Schaum verpackt über einen speziellen Dosierungsapplikator direkt über den After ins Rektum gesprüht. Dort verteilt sich der Kortisonschaum rasch bis in den mittleren Dickdarmbereich. Im Vergleich zur systemischen Anwendung (Tabletten oder Spritzen) gelangt so nur ein Bruchteil des Kortisons, weniger als 5 %, in den Blutkreislauf. Folglich ist das Risiko von Kortison-Nebenwirkungen erheblich verringert. Gegenüber den Klysmen, die als topische Anwendungsform ebenfalls nur in sehr geringem Umfang resorbiert werden, haben Schaumpräparate aus Sicht der Patienten weitere Vorteile. Ein Aspekt ist dabei die einfache Anwendung und die geringe Schaummenge, die für eine wirksame Behandlung benötigt wird: Je weniger ins Rektum eingebracht wird, desto geringer ist der Stuhldrang, desto länger kann das Arzneimittel auf die Schleimhaut einwirken. Mit den topischen Darreichungsformen ist es tatsächlich gelungen, die Forderung „weniger Nebenwirkungen bei Erhalt der Wirkung“ zu erfüllen. Freilich gilt auch hier – um Raoul Dufys Blumenbild noch einmal aufzunehmen – die alte Weisheit „keine Rose ohne Dornen“! Mit den lokal wirksamen Darreichungsformen lassen sich bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn in der Regel nur die unteren Abschnitte im Dickdarm erfolgreich und gut verträglich behandeln. Sind andere Areale des Gastrointestinalbereichs entzündet, muss auf jeden Fall auf die systemische Kortisontherapie (oder andere Medikamente) zurückgegriffen werden. „Na ja Kortison, das weiß man ja, das ist ein zweischneidiges Schwert. Ich habe das dann auch noch in einer tierisch hohen Dosierung bekommen. Gefreut habe ich mich nicht darauf, aber da die Beschwerden sehr schnell zurückgegangen sind, war mir das erst einmal egal. Ich nehme Kortison nun immer noch in relativ hoher Dosierung, und außer Hautrötungen habe ich eigentlich keine Nebenwirkungen gespürt. Aber irgendwie denke ich schon, dass ich mal wieder davon wegkommen müsste. Auch mein Arzt meint, dass wir nun versuchen, das auszuschleichen und auf andere Medikamente umzustellen.“ R.H., 41 Jahre 19 Was können Sie tun? Die Ernährung Strenge Vorschriften oder verbindliche Diäten für Morbus-Crohn- und Colitis-ulcerosa-Patienten spielen heute kaum noch eine Rolle. Am wichtigsten ist eigentlich eine ganz einfache Regel: „Gut ist, was Sie vertragen.“ Das allerdings muss jeder für sich selbst herausfinden (dazu eignet sich übrigens ein Tagebuch!). Darüber hinaus sind zur ersten Orientierung die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für eine vollwertige Mischkost hilfreich: uVielseitig – jedoch nicht zu viel ! uWeniger Fett und fettreiche Lebensmittel uWürzig – aber nicht salzig uWenig „Zuckersüßes“ uMehr Vollkornprodukte uViel Gemüse, Kartoffeln und Obst uWeniger (Fleisch) 20 tierisches Eiweiß uViel trinken – aber wenig Zuckerhaltiges und Alkohol nur in Maßen Lieber mehrere kleine als zwei große Mahlzeiten Schmackhaft und nährstoffschonend zubereiten! u u Gleichwohl haben sich einige spezielle Empfehlungen zur Ernährung gerade für Crohn-Patienten herauskristallisiert: uRaffinierter Zucker, also vor allem Süßigkeiten, zuckerreiche Limonaden und Fruchtsaftgetränke, sollten in Maßen genossen werden. Vorrang hat eine ausgewogene Mischkost aus Getreide und Kartoffeln, Gemüse und Obst, Milch, Fisch, Fleisch und Eiern; der Schwerpunkt sollte dabei grundsätzlich auf ballaststoff- und faserreichen Nahrungsmitteln liegen (bei Verengungen des Darmkanals sollte allerdings der Ballaststoffanteil verringert werden). Auf stark blähende Nahrungsmittel wie Hülsenfrüchte u sollte man lieber verzichten. Bei der oben beschriebenen „Tagebuch-Aktion“ sollte man auch auf eine mögliche Unverträglichkeit von Milch und Milchprodukten achten. Während einer Phase mit erhöhter Krankheitsaktivität gehen gerade wegen der vermehrten Durchfälle Nährstoffe verloren. Gleichzeitig steigt nicht zuletzt durch den Stress der Energiebedarf. Als Konsequenz müsste die Kalorien-Zufuhr deutlich erhöht werden. Genau dies kann allerdings – gerade wenn längere Abschnitte entzündet sind – den Darm überfordern! Bei lang andauernden Krankheitsschüben ist deshalb die so genannte Astronautendiät eine gute Alternative. Die verschiedenen Nährstoffe liegen hierbei in kleinen Bruchstücken vor und werden in flüssiger Form über die Nase in einer Ernährungssonde im Magen oder Dünndarm abgegeben. Auch wenn es auf u u den ersten Blick etwas kompliziert klingt: Das „Astronautendiät-Set“ ist für den ambulanten Gebrauch konzipiert! Nach Abklingen eines akuten Schubs wird der Darm dann langsam wieder an eine normale, ballaststoffreiche Mischernährung gewöhnt. Gerade bei längeren Phasen einer Mangelernährung geht es darum, den Verlust an Vitaminen, Spurenelementen, Zink und Eisen auszugleichen. u „Ich achte schon auf meine Ernährung, d. h. ich bemühe mich, halbwegs gesund zu essen. Gerade Fleisch steht heute viel weniger auf dem Speiseplan als früher. Statt Riesensteaks gibt’s heute schon mehr Gemüse, das hatte ich vor meiner Erkrankung eigentlich immer links liegen gelassen! Oder Obst, das steht heute auch viel öfter auf dem Tisch. Spezielle Diätregeln habe ich nicht, ich versuche einfach, mich ausgeglichen zu ernähren.“ R. H., 41 Jahre 21 „Ich habe die Medikamente auch einmal eigenmächtig abgesetzt, na ja, und prompt hatte ich dann einen Rückfall; Also ich denke heute schon, dass die Medikamente wichtig sind. Ich habe schon das Gefühl, dass Sorgen und Stress sich negativ auswirken: Jedenfalls hatte ich, als die Erkrankung zum ersten Mal aufgetreten ist, große Sorgen wegen meinem großen Sohn. Ich versuche deswegen heute, viele Dinge einfach etwas entspannter anzugehen.“ G. H., 41 Jahre „Erst habe ich versucht, Dutzende von Ernährungsvorschlägen zu beherzigen – ohne jeden Erfolg. In der Klinik dann erhielt ich leichte Vollkost, die ich sehr gut vertragen habe. Wichtiger dabei war vielleicht sogar der psychologische Aspekt: Durch die relativ normale Ernährung hatte ich nicht mehr so stark das Gefühl, krank zu sein! Die weitgehend normale Ernährung war für mich wie ein erster Schritt zu einem weitgehend normalen Leben.“ T. K., 51 Jahre „Ich denke, ich habe mich früher schon recht gesund ernährt. Insofern habe ich nicht viel verändert – außer dass ich noch weniger Süßigkeiten esse!“ G. M., 51 Jahre „Ich esse, was mir gut tut. Und was mir nicht gut tut, das sind eigentlich die Sachen, die sowieso nicht zu einer gesunden Ernährung gehören wie Alkohol, fettige Sachen, Schokolade, starke Gewürze.“ L. A., 66 Jahre „Süßigkeiten lass’ ich ganz weg, obwohl ich die früher so gern gegessen habe. Alkohol natürlich auch. Ansonsten esse ich eigentlich alles. Aber ich esse anders als früher! Das, was ich esse, esse ich mit Genuss, wirklich ganz bewusst. Und natürlich hab ich mit dem Rauchen aufgehört. Ach ja, das Frühstück hab ich umgestellt. Ich mache mir zu Hause etwas und nehme das dann mit auf die Arbeit. Dort frühstücke ich dann. Früher habe ich es immer kaum geschafft zwischen Zuhause und der nächsten Toilette im Büro!“ S. T., 49 Jahre Körper, Geist und Seele „Viele Wege führen nach Rom“, heißt es. Zu diesen Wegen kann neben der medikamentösen Therapie, die eine feste Basis darstellt, auch die Beschäftigung mit dem eigenen Lebensstil, die 22 Art und Weise der Stressbewältigung oder schlicht und einfach der Umgang mit sich selbst gehören. Vielleicht werden Sie bei sich Denk- und Verhaltensmuster feststellen, die nicht unbedingt gesundheitsfördernd sind; und vielleicht haben Sie ja schon lange mit dem Gedanken gespielt, sich mehr zu bewegen, eine Entspannungstechnik (wie die progressive Muskelentspannung oder autogenes Training) zu erlernen! Viele Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen suchen parallel zur klassischen Therapie nach ergänzenden Hilfen, angefangen von der psychologischen Beratung und Verfahren der traditionellen chinesischen Medizin einschließlich der Akupunktur bis hin zur Homöopathie. Aus streng naturwissenschaftlicher Sicht sind dabei in mancher Hinsicht Fragezeichen angebracht. In dieser Suche kommt freilich auch der Wunsch nach einem ganzheitlichen Therapieansatz zum Ausdruck. „Mit Kollegen und Chefs hab’ ich über die Krankheit gesprochen. Viel wichtiger aber ist für mich, dass ich dabei auch an meinem Verhalten etwas geändert habe: Früher hab’ ich alles in mich „hinein gefressen“; heute „spucke“ ich das raus, und das befreit mich kolossal! Das ist ein unwahrscheinlich gutes Gefühl. Ich musste zum Beispiel richtiggehend lernen, auch einmal Nein zu sagen. Das war für mich sehr schwer. Ich hab mein Leben um 180 Grad herumgedreht: Erst einmal ich, dann die Familie und dann sehen wir mal weiter!“ G. M., 51 Jahre Wissen und Eigenverantwortung Wenn Sie bis hierher gelesen haben, werden Sie sich vielleicht fragen: „Die Ursache von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa kennt man nicht, klare Vorschriften zur Ernährung existieren nicht, die medikamentösen Therapien variieren zwischen Wirksamkeit und Verträglichkeit ... und trotzdem soll ich die Therapieanwei- 23 sungen meines Arztes ‚gehorsam’ einhalten?“ Ja, natürlich, erstens, weil Sie ihm vertrauen, und zweitens, weil Sie sich informiert haben! Gerade weil die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ein so komplexes Bild bieten und individuell unterschiedliche Verlaufsmuster aufweisen, sind Sie gefordert. Und auch deswegen, weil sich Diagnostik und Therapie immer weiter entwickeln, ist es wichtig, dass Sie ein informierter, kompetenter Partner Ihres Arztes sind. Genau dazu möchte Sie diese Broschüre motivieren. Zu einer erfolgreichen Therapie gehört auch Vertrauen, Vertrauen in die Kompetenz Ihres Arztes. Und da diese Beziehung „chronisch“ ist, gehört auch hier, wie bei jeder Beziehung, die Prüfung dazu! 24 „Die Informationen sind wichtig und hilfreich, um kompetenter und informierter mit dem Arzt über Krankheit und Behandlung sprechen zu können. Für mich ist wichtig, dass ich durch meine Information über die Krankheit auch in gewisser Weise Herr des Verfahrens bin und entsprechend verantwortlich für mich selbst agieren kann. Deshalb denke ich auch, dass der größte Teil der Krankheitsbewältigung bei mir selbst liegt – in der Einstellung zur Erkrankung und im eigenen Umgang mit der Krankheit.“ T. K., 51 Jahre „Na ja, manchmal habe ich schon das Gefühl, dass ich in Teilbereichen besser informiert bin als die Profis. Für mich ist es wichtig, dass ich jemanden habe, mit dem ich reden kann, ja auch ein Stück verhandeln! Wenn ein Arzt nur sagt, das wird so und so gemacht, dann komme ich damit nicht zurecht!“ S. M., 49 Jahre „Die Informationen rund um meine Krankheit sind schon sehr wichtig für mich. Einfach damit ich überhaupt weiß, was in einem vorgeht, und dass die Psyche vielleicht auch eine Rolle spielt.“ R. H., 41 Jahre „Ja, informiert zu sein, ist schon O.K., aber man muss auch akzeptieren, dass man einfach krank ist und das Beste daraus machen. Dabei muss jeder selbst ausloten, was für ihn das Richtige ist.“ G. M., 51 Jahre „Eigentlich habe ich mich mit meiner Erkrankung gar nicht so intensiv auseinander gesetzt. Ich nehme sie hin und vertraue da auf die Ärzte.“ L. A., 66 Jahre Ausbildung, Beruf und Alltag Obwohl mehr als 90 % aller Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung arbeitsfähig sind und Beruf (oder Schule und Universität) weitgehend problemlos meistern, ist das Leben im Alltag manchmal durch Unverständnis und Intoleranz der Mitmenschen geprägt; spätestens dann, wenn Sie sich an einer Schlange vor einer Toilette mit dem Hinweis auf eine Durchfallerkrankung „vorkämpfen“ wollen! Und in der Schule und im Beruf stellt sich die Frage nach dem „Outing“, sag’ ich’s oder sag’ ich’s nicht. Dabei geht es oft um eine Gratwanderung zwischen Selbstausgrenzung und Ausgrenzung durch die Kollegen, Vorgesetzte oder Mitschüler. Die Antwort wird natürlich um so leichter fallen, je vertrauensvoller die Zusammenarbeit und der Umgang miteinander sind. Apropos Selbstausgrenzung: Insbesondere am Anfang, 25 nach der Diagnosestellung, und später in Phasen eines akuten Entzündungsschubs, wird die Versuchung groß sein, sich aus sozialen Kontakten zurückzuziehen, um bloß kein Risiko einzugehen und ja nichts falsch zu machen. Sprechen Sie dann mit Ihrer Familie, Ihren Freunden über Ihre Ängste und suchen Sie gemeinsam einen Weg. „Ich gehe mit meiner Krankheit ganz offen um und habe das jedem erzählt, der das hören wollte. Ich bin fest davon überzeugt, dass man das auch ganz offensiv sagen sollte. Und ich habe auch das Gefühl, dass das für die Kollegen und meinen Vorgesetzten kein Problem ist. Auch wenn ich heute häufiger mal zum Arzt gehen muss. Vielleicht hat sich der eine oder andere auch mal belästigt gefühlt, aber insgesamt war die Reaktion in den allermeisten Fällen positiv. Natürlich werde ich dann immer wieder mal darauf angesprochen, aber meist nicht im Sinne „du armer Kerl“, sondern man macht doch eher mal ein Witzchen drüber, und das finde ich ganz O.K.“ S. M., 49 Jahre 26 „Nach dem Ausbruch der Krankheit war ich durch die Durchfälle so geschwächt, dass eine normale Berufsausübung nicht möglich war. Ich habe über die Erkrankung offen gesprochen und war überrascht, dass auch im näheren Bekanntenkreis einige an CED erkrankt waren.“ T. K., 51 Jahre „Ich habe darüber nicht offen geredet, einfach weil ich Angst um den Arbeitsplatz habe. Ich denke, ich habe schlechte Karten, wenn mein Arbeitgeber das mitbekommt. Frei nach dem Motto, alles was Sie sagen, kann später gegen Sie verwendet werden. Auf jeden Fall vermeide ich, Ross und Reiter zu nennen, also konkret die Aussage, dass das alles chronisch ist und schwer verlaufen kann. Denn es kann ja auch so gut weitergehen wie bisher, so dass ich meinen Job völlig normal machen kann. Warum sollte ich also heute bei meinem Arbeitgeber irgendwelche Ängste auslösen?“ R. H., 41 Jahre Was Angehörige und Freunde tun können Das Wichtigste zuerst: Sie sollten einfach da sein! Mit Verständnis und Hilfe und manchmal auch mit Trost. Mit Trost, weil jeder einmal „abstürzen“ kann und sich dann vielleicht in Selbstmitleid ergeht oder mit Aggression reagiert. Mit Verständnis, um auch die Zeiten zu akzeptieren, in denen der Crohnoder Colitis-Patient einfach mehr Ruhe und Zurückgezogenheit braucht. Mit Hilfe, um ihn aus einem selbst gewählten Schneckenhaus herauszuholen (oder ihn an der schon erwähnten Schlange vor der Toilette in die „pole position“ zu bugsieren!). Und natürlich sind Angehörige und Freunde – neben dem Arzt – wichtige Begleiter bei der Suche nach einem noch besseren Umgang mit der Krankheit. Vielleicht als Sparringspartner vor wichtigen Gesprächen (z. B. einer Bewerbung), vielleicht als Ratgeber bei der Suche und Bewertung von Informationen, vielleicht als Impuls- geber, um endlich das Tagebuch über die Verträglichkeiten und Unverträglichkeiten der Ernährung systematisch zu führen! „Eigentlich habe ich meine Freunde schon vor der Diagnose belästigt – mit meiner Eigendiagnose! Da dachte ich allerdings noch, ich hätte etwas ganz anderes. Nach dem Arzttermin habe ich rasch mit Verwandten und Freunden ganz offen darüber gesprochen. Natürlich war da mancher erst betroffen und hat Mitgefühl gezeigt. Ich habe da in keiner Weise irgendwie etwas Negatives, irgend eine Art von Ablehnung gespürt. Und auch heute tut mir das gut, dass da einer mal nachfragt, ich fühle mich da irgendwie doch ein bisschen aufgehoben.“ S. M., 49 Jahre „Meine Familie hat mich sehr unterstützt, bei der ersten Diagnose waren meine Kinder noch klein, und da war es extrem wichtig, dass meine Mutter und meine Schwester eingesprungen sind.“ L. A., 66 Jahre 27 „Zuhause ist das kein Problem mit meinen Durchfällen – aber im Urlaub schränkt das mich und meinen Partner schon ein. Und natürlich denke ich heute schon vor dem Urlaub darüber nach, wie man mein Problem bei der Planung ein bisschen berücksichtigen kann. Und wenn es heißt: „Wir wollen weg“, dann sag’ ich immer: „Schön und gut, aber wenn nicht eine Toilette in der Nähe ist, funktioniert gar nichts!“ Das hat uns ein bisschen eingeschränkt, aber es gibt immer eine Lösung.“ S. T., 49 Jahre 28 „Ich habe das mit meiner Diagnose dann eher so nebenbei erzählt. Und war dann überrascht, dass sich viele unter der Krankheit gar nichts vorstellen konnten. Manche haben das mit einem ganz normalen Durchfall gleichgesetzt, andere haben gleich an das andere Extrem, also an Krebs, gedacht. Aber insgesamt hat es mir schon geholfen, dass ich mit meinen Bekannten darüber gesprochen habe.“ G. M., 51 Jahre „Die meisten wollen helfen, einen irgendwie geistig und moralisch aufpäppeln. Und sie kommen dann auch vorbei und wollen mich mit auf die Piste nehmen. Ich frage dann immer als erstes: „Habt ihr an meine Toilette gedacht?“ Ich glaube manchmal können sie es auch nicht verstehen, wenn ich mich so fühle, als würdest du beim Luftballon die Luft rauslassen. Ich versuche also einen Mittelweg zwischen Mitmachen und Ruhe zu finden.“ R. H., 41 Jahre Sonstige Helfer – Selbsthilfegruppen „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, heißt es. Und das fällt manchmal in der Gruppe leichter als allein. Hinzu kommt, dass die zur Krankheit zusammen getragenen Informationen aus Büchern, dem Internet und natürlich aus dem Gespräch mit dem Arzt manchmal abstrakt bleiben, die konkrete Umsetzung in den Alltag und auf die individuellen Bedürfnisse fehlt. Deswegen kann es sinnvoll sein, sich mit Betroffenen auszutauschen. Das ist am einfachsten möglich, wenn es eine Selbsthilfegruppe vor Ort gibt. Ein Anruf bei der Deutschen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. genügt, um den Kontakt herzustellen. Primär geht es in den Selbsthilfegruppen um den Austausch von Erfahrungen, von praktisch erprobtem Wissen. Dadurch ergeben sich für den Einzelnen immer wieder Ideen für seine Krankheitsbewältigung, die er allein möglicherweise nicht entwickelt hätte. Neben dem Wissens- und Erfahrungsaustausch kann eine Selbsthilfegruppe eine wichtige psychische Stütze sein, gerade in Zeiten, in denen es den Betroffenen besonders schlecht geht. Natürlich ist eine Selbsthilfegruppe keine Einbahnstraßenveranstaltung – sie lebt vom Prinzip des Austauschs, und das setzt auch voraus, dass man sich der Gruppe öffnet. 29 Das bedeutet auch, dass Selbsthilfegruppen, ihre Struktur, ihre thematischen Schwerpunkte, entscheidend von den Gruppenmitgliedern selbst gestaltet werden. Bei den einen wird der Aspekt des rationalen Wissens- und Erfahrungstransfers im Vordergrund stehen (bis hin zur aktiven Teilnahme an wissenschaftlichen Untersuchungen), bei einer anderen Gruppe dominiert vielleicht der Aspekt der seelischen Hilfe, wieder andere verstehen sich vielleicht eher als Plattform für gemeinsame Aktivitäten – sei es im Freizeitbereich, sei es zur verstärkten Information der Öffentlichkeit über chronisch entzündliche Darmkrankheiten. Die Selbsthilfegruppen bilden damit ein buntes Mosaik, und ob die grundsätzliche Intention und „Ihre“ lokale Gruppe zu Ihren Wünschen und Interessen passen, müssen Sie selbst herausfinden! 30 „In einer Selbsthilfegruppe bin ich zumindest derzeit nicht. Vielleicht geht’s mir ja noch zu gut. Ich habe natürlich auch im Internet die Informationen und Angebote der Selbsthilfegruppen gesehen – nur manchmal deprimiert es einen auch, wenn man das dauernd liest oder die schwereren Fälle sieht.“ T. K., 51 Jahre „Ehrlich, ich fühle mich noch zu wohl für eine Selbsthilfegruppe. Ich sehe das eher für schwerere Fälle, die im normalen Leben noch stärker eingeschränkt sind. Dann ist es bestimmt gut, wenn man mit Betroffenen darüber reden kann oder vielleicht auch zusammen etwas unternimmt.“ S. T., 49 Jahre „Ich hab’ eigentlich immer alles selbst bewältigt und bin eigentlich auch ganz stolz darauf, dass ich das immer so gut geschafft habe.“ L. A., 66 Jahre Die Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. uOrganisation Die DCCV ist eine Deutschland weit aktive Selbsthilfeorganisation für Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Sie wird von Betroffenen organisiert und gehört mit rund 17.000 Mitgliedern zu den größten Patientenorganisationen Deutschlands. Die Arbeit der DCCV wird durch einen Beirat aus Ärzten und Wissenschaftlern unterstützt. u Zu Ihren Aufgaben zählt die DCCV u. a. die persönliche Beratung der Betroffenen (auch in sozialmedizinischen Fragen, z. B. gegenüber Krankenkassen, Versorgungsämtern, Rentenversicherungsträgern usw.), spezielle Hilfen für betroffene Kinder und ihre Eltern, Vermittlung von Kontakten zu Selbsthilfegruppen, spezialisierten Ärzten, Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken, von Fortbildungsveranstaltungen für Betroffene, Angehörige, Ärzte und Pflegepersonal, gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung für die Probleme der Betroffenen, Interessenvertretung gegenüber der Politik auf Bundes- und Landesebene mit dem Ziel, die Lebensqualität und die rechtliche Situation chronisch Kranker zu verbessern, Ideengebung und Intensivierung der Forschung rund um chronisch entzündliche Darmerkrankungen. u u u u Adresse: Geschäftstelle der DCCV e.V. Paracelsusstraße 15 51375 Leverkusen Tel.: 0214/87608-0 Fax: 0214/87608-88 Internet: www.dccv.de u 31 Hilfreiche Adressen und Ratgeber Neben dem schon erwähnten Buch von H. Jenss, F. Hartmann: Wirksame Hilfe bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, 6. Auflage 2003, gibt es eine ganze Reihe von weiteren Veröffentlichungen über chronisch entzündliche Darmerkrankungen, sowohl in Form von Gesamtdarstellungen als auch für spezielle Themenbereiche wie Ernährung oder Stress und Entspannungstechniken. Natürlich können Sie sich auch im Internet umsehen. Empfehlenswert sind hier vor allem die Seiten der DCCV. Unter www.dccv.de finden Sie zu vielen Themen praxisnahe Informationen. Das vom DCCV herausgegebene Mitgliederjournal Bauchredner informiert zudem viermal jährlich über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung. Darüber hinaus sind über die Selbsthilfeorganisation ergänzende Broschüren zu einzelnen Themen wie Ernährung, Sozialrecht, Begleiter- 32 krankungen oder Rehabilitation erhältlich. Eine weitere wichtige Informationsquelle ist das Kompetenznetzwerk Darmerkrankungen. Dahinter verbirgt sich ein Forschungsverbund, der Grundlagenforschung, klinische Forschung und Patientenversorgung vernetzt und den Datenaustausch und Wissenstransfer erleichtern soll. Im Internet finden sich unter www.kompetenznetz-ced.de auch interessante Informationen für Patienten, z. B. über Medikamente, laufende oder geplante Studien und Informationsveranstaltungen. Ihre Meinung ist gefragt Wir wollen Ihnen mit dieser Informationsbroschüre eine erste Orientierung zu den Fragen rund um die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen geben. Ob das gelungen ist, können nur Sie beurteilen! Wir würden uns jedenfalls sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Meinung dazu mitteilten (Meda GmbH, Referat CED, Otto-von-Guericke- Ring 9, 65205 Wiesbaden). Das gibt uns die Chance, schon in der nächsten Auflage der Broschüre Ihre Kritik und Ihre Anregungen zu berücksichtigen. Und wenn Sie jetzt noch Ihr auf den letzten 32 Seiten neu erworbenes Wissen rund um Morbus Crohn und Colitis ulcerosa testen wollen, dann machen Sie mit bei den Fra- gen unseres kleinen Rätsels! Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Erfolg! Wir wünschen Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute. Vor allem auch die Kraft, sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen und selbstbewusst damit umzugehen. „Am Anfang habe ich eigentlich nur auf der Couch gelegen und nicht mehr gekonnt. Ich denke, auf einen neuen Entzündungsschub wäre ich viel besser vorbereitet, ich weiß nun, was es ist und was ich dagegen tun kann.“ G. M., 51 Jahre „Ich komme bis heute eigentlich prima zurecht. Jedenfalls hatte ich nach dem Krankheitsausbruch keine Schübe mehr.“ T. K., 51 Jahre 33 hu b Silbenrätsel Die wichtigste Untersuchung, um chronisch entzündliche Darmerkrankungen zu diagnostizieren Name des Arztes, der Morbus Crohn zum ersten Mal beschrieben hat _____ ______________ 5 7 Eine topische Kortison-Darreichungsform ______ Bezeichnung für eine akute Verstärkung der Krankheitsaktivität _____ 1 2 Spezielle Ernährung in Raumschiffen (nicht nur dort!) _______________ 9 ____________ Französischer Maler mit Vorname Raoul ______ 10 ____ 3 Medizinischer Begriff für „Rückfall, Wiederauftreten der Krankheit“ _______ Abkürzung einer bundesweiten Selbsthilfeorganisation 8 ____ 4 Stärkste verfügbare Arzneisubstanz zur Entzündungshemmung ________ 6 ______ c Name des letzten Dickdarmabschnittes im „Mediziner-Latein“ Lebensmittel, das man nur – nicht nur bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen! – in kleinen Mengen konsumieren sollte t ro z i z u s o n s p i e te n te r t i t u m d ar m dc c v i di v d u n h o r c s a d t f ae um sc i f y g e ke r ko r ek r f re a r ier lung nau n a sch 11 Mein Lösungswort lautet ___________ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 (das Lösungswort wurde übrigens schon einmal erwähnt – im Abschnitt „Hilfreiche Adressen“) 34 35