Ausarbeitung () - Server der Fachgruppe Physik der RWTH

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Seminar WS 2001/2002 RWTH
Moderne Methoden/Experimente der Teilchen- und
Astroteilchenphysik
Thema
Einführung in Teilchenbeschleuniger
Sprecher
Christoph Gehlen
Einleitung
Bedeutung hoher Teilchenenergien
Kräfte zur Beschleunigung
Entwicklung der Beschleuniger
Der Van de Graaff-Beschleuniger
Der Linearbeschleuniger
Das Zyklotron
Das Betatron
Das Synchrotron
Der Speicherring
Der „Lineare Collider“
-1-
Die Erforschung der Materie, ihrer Grundbausteine und der zwischen ihnen wirkenden Kräfte
ist ein elementares Anliegen in der Physik. Die zu untersuchenden Strukturen liegen im
Bereich von teilweise weit unter 10 ^(-15)m. Sichtbares Licht mit einer Wellenlänge von λ ~
500 nm reicht für die benötigte Ortsauflösung nicht aus. Benutzung von hochenergetischen
Photonen oder Teilchenstrahlen als brauchbares Werkzeug. Messung der Mikrostrukturen mit
ausreichender Ortsauflösung nur dann möglich, wenn die Wellenlänge klein gegenüber der
Dimension der zu messenden Struktur ist. Das erfordert Wellenlängen unter λ < 10^(-15)m.
Die Photonenenergie dieser Strahlung ist somit
E=hν=
hc
= 2 * 10 ^(-10) J ~ 1.2 *10^(3) MeV
λ
Erzeugt man Photonen als Bremsstrahlung mit Hilfe energiereicher Elektronenstrahlen, so
benötigt man Teilchenenergien :
E
e
= eU
mit
E e > Eγ
Analoge Gedanken gelten für Teilchenstrahlen, denn deren de Broglie Wellenlänge muß
ebenfalls klein sein gegenüber der Dimension der Struktur. Sie ist durch folgende
Beziehungen gegeben:
λ=
h
p
,
E = c⋅ p
⇒
λ=
h⋅c
p
Ein Vergleich mit der obersten Beziehung zeigt, dass hier ebenfalls hohe Energien
erforderlich sind.
Neben der Auflösung feinster Strukturen der Materie ist auch die Erzeugung neuer, meist sehr
kurzlebiger Teilchen eine wichtige Aufgabe in der Teilchenphysik. Die zur Erzeugung nötige
Energie geht unmittelbar aus der fundamentalen Beziehung
E = mc 2
(1)
hervor.
Dabei ist zu beachten, dass die meisten Teilchen nur paarweise mit ihren Antiteilchen erzeugt
werden können, wie z.B. die Erzeugung von Elektronen und Positronen aus
hochenergetischen γ-Strahlen. Aufgrund der Impulserhaltung kann eine solche Reaktion nur
in der Nähe eines schweren Kerns stattfinden. Dieser nimmt einen Teil des Impulses auf und
damit auch Energie, die der Teilchenerzeugung verloren geht. Daher ist die erforderliche
Energie der γ-Strahlen stets höher, als nach der Beziehung(1) zu erwarten ist. Also
Eγ > 2me c 2 = 1.637 ⋅10 −13 J = 1.02MeV
-2-
Das ist die Schwellenenergie zur Erzeugung von Elektron-Positron-Paaren, wobei das
Einzelteilchen die Masse me = 9.108 ⋅ 10 −31 kg hat, was der Ruheenergie von E 0 = 511keV
entspricht. Die Ruheenergien der heute zu Untersuchenden Elementarteilchen liegen
allerdings erheblich höher. Einige Beispiele :
Tabelle 1: Ruheenergien [Wi96]
Proton
E0 = 938MeV
b-Quark
t-Quark
Higgs - Boson
E0 = 4735MeV
E0 = 174000MeV
E0 = 110 − 1000GeV
Kräfte zur Beschleunigung von Teilchen
Da im Allgemeinen die Geschwindigkeit v der Elementarteilchen in den untersuchten
Stoßprozessen nahezu die Lichtgeschwindigkeit c erreichen, muß die Energie in der
relativistisch invarianten Form
E = m02 c 4 + p 2 c 2
(2)
geschrieben werden. Dabei ist der Impuls der einzige variable Parameter. Mit den üblichen
Beziehungen β =
Beziehung :
v
und γ = (1 − β 2 ) −1 / 2 , erhält man für den relativistischen Impuls die
c
p = m v = γ v m0
mit der energieabhängigen Teilchenmasse m = γm0 . Die Erhöhung der Teilchenenergie E ist
somit nach (2) identisch mit der Erhöhung des Teilchenimpulses p.
Der
v Impuls kann nach dem 2. Newtonschen Axiom zufolge nur durch Wirkung einer Kraft
F auf das Teilchen geändert werden.
r& r
p=F
Um eine hohe kin. Energie zu erhalten muss also eine hohe Kraft auf das Teilchen wirken.
Einzig brauchbare Kraft ist hierbei die elektromagnetische.
v
Durchfliegt ein Teilchen mit der Geschwindigkeit v einen Raum, in dem das magn. Feld
v
v
B und das elektrische Feld E herrschen, so wirkt darauf die Lorentz-Kraft.
-3-
r r
r r r r
∆E = ∫ F d r = e ∫ ( v × B + E ) d r
r
r
Bei der Bewegung ist das Bahnelement dr stets parallel zum Geschwindigkeitsvektor v .
r r
r
v r r
Daher steht der Vektor v × B stets senkrecht auf dr , d.h. (v × B)dr ≡ 0. Das Magnetfeld
bewirkt somit keine Energieänderung. Die einzige mit Energieaufnahme verbundene
Beschleunigung kann nur mit Hilfe von elektrischen Feldern erreicht werden. Für den
Energiegewinn folgt somit
r r
∆E = e ∫ Edr = eU
Wobei U die vom Teilchen durchlaufene Spannung ist.
Die magnet. Felder tragen also nichts zur Energiebilanz der Teilchen bei, sind jedoch für die
Führung der Teilchen von großer Bedeutung, da dort Kräfte benötigt werden, die senkrecht
zur Flugrichtung des Teilchens stehen.
Der Linearbeschleuniger
Egal wie bei elektrostatischen Beschleunigern die Hochspannung erzeugt wurde, die nach
oben festgesetzte Grenze wurde immer durch die Koronabildung und der dadurch
resultierenden Überschläge verursacht. Der Schwede Ising schlug 1925 vor, statt der
Gleichspannung schnell wechselnde Hochfrequenzspannungen zu benutzen, worauf drei
Jahre später Wideröe (auch in Ac tätig) erste erfolgreiche Test mit einem auf diesem Prinzip
basierenden Linearbeschleuniger machte.
Abbildung 1: Linearbeschleuniger [Wi96]
Der Linearbeschleuniger besteht aus einer Reihe entlang der Strahlachse angeordneter
Driftröhren aus Metall, welche abwechselnd mit den beiden Polen des HF-Senders verbunden
sind. Dieser liefert Wechselspannung der Art U (t ) = U 0 sin(ω ⋅ t ) .
-4-
Während einer Halbperiode ist die Spannung so gerichtet, das sie für die aus der Ionenquelle
tretenden Teilchen beschleunigend wirkt. Teilchen erreichen die Driftröhre mit
Geschwindigkeit v1. Anschließend treten sie in die Driftröhre ein und werden durch diese ,
die wie ein Faradaykäfig wirken, von den äußeren Feldern abgeschirmt. In dieser Zeit
wechselt das HF-Feld seine Richtung. Wenn die Teilchen dann in den Spalt zwischen der 1.
und 2. Driftröhre gelangen, erfahren sie wieder eine Beschleunigung. Nach i Driftröhren
haben die Teilchen mit der Ladung q die Energie:
Ei = i ⋅ q ⋅ U 0 sinψ S
ψ S ist hier die mittlere Phase bzgl. der HF-Spannung, die das Teilchen beim Passieren der
Spalte sieht. Die Energie ist proportional zur Anzahl der durchlaufenen Stufen. Das
wesentliche hierbei ist jedoch, dass die Maximalspannung nie größer als U 0 wird.
Das Problem der Spannungsüberschlage ist somit behoben. Um die teure HF-Leistung mit
vertretbarem Aufwand erzeugen zu können muss die Frequenz konstant gehalten werden.
Aus diesem Grund müssen die Abstände zwischen den Driftröhren ebenfalls anwachsen.
In der i-ten Driftröhre ist die Energie des Teilchens auf [Wi96]:
Ei =
1
2
ν
i
m
2 0
angewachsen. Andererseits ist für die HF-Spannung beim Durchlaufen der Driftstrecke
gerade eine halbe Periodendauer τ HF / 2 vergangen. Daraus ergibt sich der Abstand zwischen
dem Spalt i und Spalt i+1 zu:
li =
viτ HF
vi
v ⋅λ
λ
=
= i HF = β i ⋅ HF
2
2 ⋅ν HF
2⋅c
2
β i ist hierbei die relative Geschwindigkeit vi / c . Für die gesuchte Länge li folgt :
li =
1
ν Hf
i ⋅ q ⋅ U 0 ⋅ sin(ψ S )
2⋅m
Die Abstände der Beschleunigungsspalte wachsen also mit i an.
Bei diesem Hochfrequenzbeschleuniger gibt es jedoch noch ein Problem zu lösen. Die
Energie der Teilchen hängt empfindlich von der Spannung U 0 und der Sollphase ψ S ab. Bei
der Verwendung von sehr vielen Stufen führt daher eine kleine Abweichung von der
Sollspannung U 0 dazu, dass die Geschwindigkeit der Teilchen nicht mehr mit der durch die
Konstruktion vorgegebenen Driftlängen übereinstimmt, so dass die Teilchen bezüglich der
HF-Spannung einen Phasenschlupf erleiden. Die Synchronisation zwischen
Teilchenbewegung und HF-Feld ist nicht mehr gegeben. Man benötigt einen Mechanismus,
der bei Abweichungen die Teilchen automatisch wieder auf die Sollphase zurückführt.
-5-
Deshalb benutzt man zum Beschleunigen nicht die Phase ψ S = π / 2 und damit die
Spitzenspannung U 0 sondern einen Wert ψ S <π / 2 .
Abbildung 2: Phasendiagramm [Wi96]
Damit ist auch die effektive Beschleunigungsspannung U S <U 0 .
Hat ein Teilchen in den vorausgegangenen Stufen zuviel Energie aufgenommen, und ist im
Vergleich zu einem Sollteilchen zu schnell, so sieht es die mittlere HF-Phase
ψ = ψ S − ∆ψ und wird durch die Spannung
U ´ S = U 0 sin(ψ S − ∆ψ ) < U 0 sin(ψ S )
beschleunigt, welche unterhalb des Sollwertes liegt. Das Teilchen fällt dadurch zurück, bis es
die Sollgeschwindigkeit wieder erreicht hat. Ist ein Teilchen zu langsam, so läuft der Prozeß
umgekehrt ab. Tatsächlich führen alle Teilchen Schwingungen um die Sollphase ψ S aus.
Das Zyklotron
Mit Linearbeschleunigern lassen sich im Prinzip beliebig hohe Teilchenenergien erzeugen,
jedoch werden die Apparaturen dabei immer größer und somit immer teurer. Deshalb lag der
Gedanke nah Teilchen auf eine Kreisbahn zu schicken, um so die Beschleunigerstruktur
mehrfach zu nutzen. Der erste nach diesem Prinzip gebaute Beschleuniger ist das Zyklotron.
E.O. Lawrence schlug 1930 dieses Prinzip erstmals vor. Ein Jahr später bewies Lawrence
experimentell die Funktionstüchtigkeit dieses Prinzips nach. Beide zusammen bauten das
erste für Experimente brauchbare Zyklotron, welches eine Spitzenenergie von 1.2MeV hatte.
-6-
Abbildung 3: Zyklotron [Wi96]
Um das Teilchen auf eine Kreisbahn zu bringen, verwendet das Zyklotron
einenEisenmagneten, welcher zwischen den Polen ein homogenes Feld mit einer Stärke um B
~ 2T erzeugt. Die Teilchenbahn verläuft zwischen den beiden Polen in einer Ebene. Nehmen
wir an diese Ebene wird durch meine x-, y-Koordinaten aufgespannt. Das Magnetfeld hat
r
r
damit die Gestalt: B = B ⋅ e Z
Die Bewegungsgleichung
gewinnen wir aus der Lorentzkraft, wenn wir für das elektrische
v
Feld E = 0 setzen. Dann folgt
r r• d
r
r r
F = p = (mv ) = ev × B
dt
Die Teilchen laufen zwischen den Polen mit der Umlaufsfrequenz [Ge93]
ωZ =
e
BZ
m
welche die Zyklotron-, bzw. Lamor-Frequenz ist.
ωZ
hängt dabei nicht von der Geschwindigkeit ab, was daran liegt, dass mit steigender
Teilchengeschwindigkeit der Bahnradius und der damit zu durchlaufende Umfang
proportional wächst. Höhere Geschwindigkeit und größerer Umfang kompensieren sich
gerade, wenn die Masse m konstant bleibt, was natürlich nur nichtrelativistische Teilchen
-7-
erfüllen. Das Zyklotron besteht aus einem großen H-förmigen Magneten , dessen Spulen, von
einem konstantem Gleichstrom durchflossen werden. Zwischen den Polen liegt die
Vakuumkammer, die die zur Beschleunigung erforderlichen D-förmigen Elektroden enthält.
Sei haben ungefähr die Form einer flachen in der Mitte durchgeschnittenen Dose.
Zwischen diesen beiden Hälften wird die HF-Spannung von einem Sender eingespeist. Die
Teilchen treten aus einer Ionenquelle im Zentrum des Beschleunigers aus. Wenn sie auf ihrer
kreisförmigen Bahn den Spalt zwischen den Elektroden passieren werden sie weiter
beschleunigt und laufen auf einer Bahn mit größerem Radius weiter bis sie wieder den Spalt
passieren. Die Frequenz des HF-Senders wird so gewählt, dass sie identisch mit der
Zyklotronfrequenz ist. Ihr Wert liegt üblicherweise bei 10 MHz bei einer HF-Leistung von
100kW. Die Teilchen beschreiben mit wachsender Energie eine Spiralbahn, bis sie den
Randbereich des Magneten erreicht haben. Dort werden sie mittels einer kleinen Elektrode
oder eines kleinen Magneten zum Experiment gelenkt. In klassischen Zyklotrons werden
Protonen, Deuteronen und α-Teilchen auf etwa 22 MeV pro Elementarladung beschleunigt.
Bei diesen Energien ist die Bewegung noch hinreichend nichtrelativistisch, wodurch die
Umlaufsfrequenz weitgehend konstant bleibt. Bei höheren Energien nimmt die
Zyklotronfrequenz ab, wodurch man bei Herunterfahren der HF-Frequenz eine höhere
Teilchenenergie erreicht. Dieses Verfahren wird beim Synchrozyklotron angewandt. Da die
Hochfrequenz allerdings nur für Teilchen in einem begrenzten Energieintervall optimal ist,
lassen sich hier nur kurze Strahlimpulse beschleunigen wodurch auch die Intensität geringer
ist.
Das Betatron
Bei den bisher betrachteten Kreisbeschleunigern wird das Magnetfeld konstant gehalten,
wodurch der Bahnradius bei steigender Teilchenenergie immer größer wird. Beim Betatron
hingegen wird das Magnetfeld während des Beschleunigens so hochgefahren, dass die
kreisförmige Teilchenbahn konstant bleibt. Das beschleunigende elektrische Feld entsteht
dabei automatisch nach dem Induktionsgesetz aus dem sich zeitlich schnell ändernden
Magnetfeld. Eine besondere Beschleunigungsstrecke entfällt somit. Den ersten Beschleuniger
dieser Art baute D.W. Kerst im Jahre 1940 an der Universität von Illinois. Er konnte
Elektronen bis zu einer Energie von 2.3 MeV beschleunigen. Zwei Jahre später wurde ein 20
MeV-Betatron realisiert. Heutzutage finden Geräte in solchen Energiebereichen in der
Medizin Anwendung.
Für die Funktion des Betatrons ist es von elementarer Bedeutung das die Teilchenbahn
während der Beschleunigung konstant bleibt. Es muß demnach eine Stabilitätsbedingung
erfüllt werden. Da das Betatron auf der Anwendung des Induktionsgesetzes beruht, gilt
zunächst:
∇× E = −
1 ∂B
c ∂t
I)
Das Magnetfeld wird mit Hilfe der Erregerspulen durch Wechselstrom erzeugt und hat damit
r
r
einen sinusförmigen zeitlichen Verlauf: B (t ) = B0 sin(ω ⋅ t ) .
Wir betrachten den von der kreisförmigen Teilchenbahn umschlossenen
Induktionsfluß Φ a und die entsprechende mittlere Induktionsflussdichte
Beschleunigungsfeld).
-8-
Ba . ( Ba = magnet.
Der Radius r der Teilchenbahn sei während der Beschleunigung im zeitlichen Mittel konstant.
Damit erhalten wir eine Beziehung zwischen dem Führungsfeld
Beschleunigungsfeld
Bg und dem
Ba .
Abbildung 4: Betatron [Hi97]
Φ a = ∫ B ⋅ dA = π ⋅ r ⋅B a ,
2
r
U ind
1 •
π ⋅r2 •
E =
Ba = ⋅ Ba⋅ r
=
2 ⋅π ⋅ r 2 ⋅π ⋅ r
2
•
r
1 •
p = q ⋅ E = q ⋅ ⋅ B a ⋅ r = q ⋅ Bg ⋅ r
2
•
1 •
B g = ⋅ Ba
2
•
Wideröe-Bedingung
Das beschleunigende Magnetfeld
(siehe auch [Hi97])
Ba muß also doppelt so groß sein wie das Führungsfeld
Bg , damit sich der Teilchenstrahl im Betatron in einem stabilen Zustand befindet.
-9-
Um die so vorgegebene Idealbahn führen die Teilchen transversale Schwingungen aus, die
man als Betatronschwingungen bezeichnet. Heutzutage benennt man alle transversalen
Teilchenschwingungen in Beschleunigern so.
Das Synchrotron
Die Entwicklung in der Elementarteilchenphysik erfordert immer höhere Strahlenenergien,
die sich mit den kompakten Anlagen nicht mehr erreichen lassen. Für relativistische Teilchen
mit der Energie E wächst der Bahnradius entsprechend an.
E
R=
e⋅c⋅ B
Da man Magnetfelder nicht beliebig stark machen kann und bei Energien > 1 GeV der Radius
auf mehrere Meter anwächst, was zu einer Magnetdimension führt die sich technisch kaum
noch realisieren lassen. Daher wurde ein Konzept entwickelt, bei dem die ortsfeste
Teilchenbahn mit im Prinzip beliebig großem Radius durch einzelne schmale Ablenkmagnete
festgelegt wird, die nur im Bereich des Strahls ein Feld haben. Aufgrund der Konstanz des
E
Bahnradius muss das Verhältnis konstant gehalten werden. Somit muss das Magnetfeld B
B
synchron mit der Energie E hochgefahren werden. ⇒ Synchrotron
Das Prinzip des Synchrotrons wurde 1945 fast gleichzeitig von E.M. McMillan in Kalifornien
und von V. Veksler in der Sowjetunion entwickelt. Im selben Jahr begann der Bau des ersten
320MeV-Elektronen-Synchrotrons. Ein Jahr später gelang F.G. Gouard und D.E. Barnes in
England an einer sehr kleinen Maschine mit der Endenergie von 8 MeV der Beweis der
theoretischen Vorhersagen über die Funktion eines Synchrotrons. Anfang der 50´ger Jahre
baute man in Brookhaven das Cosmotron, ein 3 GeV Protonen-Synchrotron. Ende der
fünfziger Jahre entwickelte man eine Reihe von Synchrotrons, die Protonen als auch
Elektronen beschleunigen konnten.
Abbildung 5: Aufbau des Synchrotrons [WWW1]
Schmale einzelne Ablenkmagnete mit Polbreiten um 0.2 m und homogenem Feld legen die
geschlossene annähernd kreisförmige Idealbahn fest. Da die Teilchen viele tausend mal
- 10 -
umlaufen, ist wegen ihrer unvermeidlichen Divergenz eine Fokussierung durch gesonderte
Magnete erforderlich. Deshalb wählt man vor allem für Elektronen-Synchrotrons getrennte
Elemente für die Strahlablenkung und die Strahlfokussierung.
Wie sind nun jedoch diese beiden Magnettypen für die jeweilige Aufgabe konstruiert?
Für die Ablenkung der geladenen Teilchen auf einer gekrümmten Bahn benutzt man
Dipolmagnete, die entlang der Teilchenbahn ein konstantes Feld haben. Der Dipol besteht
somit aus zwei parallelen Eisenpolen.
Abbildung 6: Aufbau des Dipols [Wi96]
Ein Problem ist jedoch die Sättigung, die ab einer bestimmten Stromstärke zwangsläufig
erreicht wird. Bei kleinen Feldstärken (B < 1T) ist der Zusammenhang zwischen Strom und
Magnetfeld weitgehend linear. Oberhalb von 1T bleibt das Feld hinter der Erregung zurück
und strebt im Bereich von 2 T einer Sättigung entgegen.
In der Praxis versucht man jedoch einen Wert von 1.5 T nicht zu überschreiten.
Da man jedoch bei Protonenbeschleunigern mit Energien von weit über 100GeV arbeitet und
weil bei der Erzeugung von Synchrotronstrahlung in einem extrem kurzwelligen Bereich
Felder von über 5 T erforderlich sind, muss man sich nach Alternativen umschauen. Felder
dieser Größenordnung sind nur durch Luftspulen zu realisieren, da bei Eisen der bekannte
Sättigungseffekt auftritt. Hier besteht jedoch die Problematik, dass die benutzten Leiter eine
extrem hohe Stromdichte verkraften müssen. Möchte man z.B. ein Feld von 5 T im Abstand
von 5 cm von einem Leiter erzeugen, so benötigt man einen Strom von I = 1.25 ⋅ 10 6 A . Hat
der Leiter selbst einen Durchmesser von 3 cm, ist die Stromdichte bei etwa 100 A / mm 2 , was
mit „normalen“ Leitern nicht zu realisieren ist. Das Problem ist der ohmsche Widerstand des
Materials, der zu einer so großen Erwärmung
Grafik 1: Supraleitung [Wi96]
führt, dass der Leiter trotz Kühlung schmilzt. Die
gefundene Lösung dieses Problems liegt in der
Benutzung von Supraleitern. Eine technisch
häufig benutzte Legierung ist Niob-Titan, die
unterhalb der Sprungtemperatur TC ~ 10 K
supraleitend wird. Die Supraleitung hängt jedoch
nicht nur von der Temperatur ab sondern wird
auch durch das äußere Magnetfeld beeinflusst.
Der unterhalb von TC gekühlte Supraleiter wird
ab einem bestimmten Magnetfeld plötzlich wieder
normalleitend. Ab einer bestimmten Feldstärke
wird selbst am absoluten Nullpunkt keine
Supraleitung mehr erreicht.
- 11 -
Auf Grund des Meissner-Ochsenfeld-Effekts wird das Magnetfeld beim Übergang zur
Supraleitung aus dem Leiter verdrängt. Das bedeutet aber , das auch der Strom nur im Bereich
der Oberfläche fliessen kann. Daher ergeben sich auf der Leiteroberfläche sehr lokale
Stromdichten und Magnetfelder, die sich mit den äußeren Feldern überlagern und den
Arbeitsbereich in die normalleitende Zone verschieben. Dieser ab einer bestimmten
Feldstärke plötzlich einsetzende Übergang vom supraleitenden in den normalleitenden
Zustand bezeichnet man als „Quenchen“. Dieses Quenchen begrenzt die maximal
erreichbaren Feldstärken. Beim Bau von Supraleitern zur Erzeugung von extrem hohen
Feldstärken ist es nötig eine sehr große Leiteroberfläche zu haben. Erreicht wird dies dadurch,
dass man den Leiter aus vielen Filamenten zusammensetzt. Die einzelnen Filamente aus
Niob-Titan haben einen Durchmesser von 10 µm und werden zu Strängen von einigen 1000
zusammengefasst. Zur mechanischen Stabilisierung und zur guten Kühlung werden sie von
einem Kupfermantel umgeben. Bei unzureichender Kühlung verhindert der Kupfermantel ein
Durchschmelzen der Filamente, indem er die Stromleitung teilweise übernimmt.. Mehrere
derartige kupferummantelte Filamentstränge werden zu rechteckförmigen Kabeln
zusammengefasst, welche durch Kapton und Glasband zusammengehalten werden.
Abbildung 7: Aufbau des Supraleiters [Wi96]
- 12 -
Strahlfokussierung
Zur Strahlfokussierung benutzt man Quadrupolfelder, welche auf der Strahlachse
verschwinden und mit dem transversalen Abstand x linear ansteigen. Um diesen geforderten
Feldverlauf zu bekommen, müssen die vier Pole eine hyperbelförmige Fläche haben, die
abwechselnd gepolt sind. Durch diesen Feldverlaufs wirkt ein in horizontaler Ebene
fokussierender Magnet in vertikaler Richtung defokussierend. Deshalb ist es notwendig zwei
Quadrupole hintereinander zu schalten, deren Polarität um 90 Grad gegeneinander verdreht
ist.
Abbildung 8: Strahlfokussierung im Quadrupol [Hi97]
Beschleunigung
Die Beschleunigung erfolgt in zylindrischen Hohlleitern, sogenannten Cavity´s. In diese
Hohlleiter werden elektromagnetische Wellen eingespeist, auf denen die Teilchen „reiten“
und somit beschleunigt werden. Um auf die Teilchen jedoch eine beschleunigende Kraft
ausüben zu können, muß die elektromagnetische Welle durch den Einbau von
Blenden(Disc´s) angepasst werden.
- 13 -
Injektion
Eine sehr elegante Methode, praktisch kontinuierlich in den Ringbeschleuniger
einzuschießen, bietet die Verwendung einer „Stripping“-Folie. Dieses Verfahren ist jedoch
nicht auf Elektronenstrahlen anwendbar und wird primär bei der Injektion von Protonen
benutzt. In einer Ionenquelle werden mit Elektronen angereicherte H − -Ionen erzeugt, die
vorbeschleunigt werden und dann nach dem Eintritt in den Ringbeschleuniger einen
Ablenkmagneten durchlaufen, der sie auf den Orbit biegt. Danach treffen sie auf eine Folie, in
der die H − -Ionen ihre Elektronen abstreifen. Aus der Folie treten nun positiv geladene
Protonen aus. gelangen diese nach einem Umlauf wieder an den Ablenkmagneten, so werden
sie aufgrund der Ladungsänderung genau andersherum gelenkt.
Abbildung 9: Injektion von Protonenstrahlen [Wi96]
Probleme der Elektronenbeschleunigung
Bei der Beschleunigung von Protonen gibt es keine Verluste, wodurch hohe Energien bis über
900 GeV erreichbar sind. Bei Elektronen tritt jedoch eine mit der Strahlenergie stark
ansteigende Abstrahlung von elektromagnetischen Wellen auf. Dieser Energieverlust der
durch die sogenannte Synchrotronstrahlung verursacht wird, wächst entsprechend [Wi96]
∆EVerlust
E4 1
∝
⋅
R m4
Beispiel:
Hera
(Umfang L = 6,3 km)
Max. Energie für Protonen ~ 900 GeV
Max. Energie für Elektronen ~ 30 GeV
- 14 -
Synchrotrons können nicht von der Energie E = 0 an beschleunigen, da ein Magnetfeld, das
exakt bei Null beginnt und sich mit der erforderlichen Präzision langsam hochfahren lässt
nicht realisierbar ist. Dies ist auf die Koerzitivfelder der Eisenmagnete zurück zuführen, da
diese untereinander stark erregungsabhängig streuen. Dadurch ergeben sich erhebliche
Abweichungen der Teilchenposition von der Idealbahn, und dies führt zu Strahlungsverlusten.
Hinzu kommt das Erdmagnetfeld, welches einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die
gesamte Apparatur hat. Aus diesem Grund startet man bei einer Mindestenergie von 20 MeV.
Die Probleme des Beschleunigens im Synchrotron werden bei steigender Einschussenergie
immer geringer.
Der Speicherring
Der Speicherring ist ein Kreisbeschleuniger, der dem Synchrotron sehr ähnlich ist. Hier laufen
jedoch zwei Strahlen gleichzeitig (Elektronen/Positronen), wobei man hier die Tatsache
ausnutzt, dass die in Magnetfeldern im Uhrzeigersinn laufende Elektronen dieselbe Kraft
erfahren wie die im Gegensinn laufenden Positronen.
r
r r
r r
F = e ⋅ (v × B ) = − e ⋅ ( − v × B )
Abbildung 10: Aufbau eines Speicherrings [WWW1]
Daher kann man die gleiche Magnetstruktur und Vakuumkammer für beide Strahlen benutzen.
- 15 -
Vorteile des Speicherrings
Abbildung 11: Inelastischer Stoß [Wi96]
Ein sehr elementarer Prozeß zur
Erzeugung von schweren Teilchen ist der
tief inelastische Stoß von
hochenergetischen Elektronen-PositronenPaaren. Bei dieser Reaktion von einem
Teilchen und seinem Antiteilchen werden
beide vollständig vernichtet und es
entsteht ein virtuelles γ−Quant das die
gesamt Energie des Prozesses enthält.
Das ist einmal die Ruheenergie
2 ⋅ me ⋅ c 2 und zum anderen die kinetische
Energie der beiden Teilchen vor dem
Stoß, die bei der relativistischen
Bewegung bei weitem überwiegt. Da dieser Prozess eine sehr klare Dynamik besitzt, ist er zur
Untersuchung komplexer Teilchenstrukturen sehr gut geeignet. Prinzipiell könnte man die
e + − e − -Reaktion auf einfache Weise realisieren. Man nimmt einfach einen
Teilchenbeschleuniger, der Positronen auf eine Energie E1 bringt. Diese werden dabei aus
dem β−Zerfall oder aus der Paarerzeugung gewonnen. Schießt man sie auf ein ruhendes
Target aus festem Material, so treffen sie auf die Elektronen in der Atomhülle, was zu der
gewünschten Reaktion führt. Das ganze hat nur den Nachteil, dass vor allem bei
relativistischen Energien d.h. γ = E / me c 2 >>1 fast die gesamte Energie durch den Rückstoß
verloren geht.
Wollen wir nun für beide Fälle die Schwerpunktsenergie berechnen, so benutzen wir dazu den
Viererimpuls:
 PX

r  PY
P=
P
 Z
E








Mit Hilfe des wie folgt definierten Skalarproduktes:
r r r2
rr
PP = P = E 2 − pp = m 2
und dem Quadrat der Schwerpunktsenegie :
r r 2
S = ( P1 + P2 )
erhalten wir für den Fall der kollidierenden Strahlen eine Schwerpunktsenergie der Größe:
S = 2⋅E
- 16 -
Die gesamte Energie beider Strahlen steht für den Teilchenprozeß zur Verfügung.
Für den Fall, das sich nur ein Teilchen bewegt und das andere ruht, erhalten wir eine
Schwerpunktsenergie von:
2
S = 2 ⋅ me + 2 ⋅ Ekin ⋅ me
Diese ist aufgrund der auftauchenden, sehr kleinen Größe me deutlich geringer .
Die im Prinzip einfache Idee, zwei Strahlen gleicher Energie gegeneinander laufen zu lassen,
lässt sich nicht ohne Probleme realisieren. Die Teilchendichte der Strahlen ist im Vergleich
zur festen Materie extrem gering. Deshalb existiert nur eine geringe Trefferwahrscheinlichkeit
in den kollidierenden Strahlen. Daher muss man dafür sorgen, dass eine möglichst hohe
Ereignisrate erreicht wird. Die Zahl der Ereignisse pro Sekunde erhält man aus der Beziehung
[Wi96]
•
NP =σP ⋅L
Der Wirkungsquerschnitt σ P der Teilchenreaktion wird von der Natur vorgegeben, während L
ein Maß für die Trefferwahrscheinlichkeit in den kollidierenden Strahlen ist. Dieser Faktor
(Luminosität) gibt mir die direkte Leistungsfähigkeit der Beschleunigeranlage an. Er kann auf
folgende Weise berechnet werden [Wi96].
L=
1 f u ⋅ N1 ⋅ N 2
⋅
4 ⋅π
σ x ⋅σ z
Logischerweise ist L proportional zur Teilchenanzahl N i der Einzelstrahle, bzw. zur
Frequenz f u mit der die Strahlen gegeneinander geschossen werden. Eine Verkleinerung der
horizontalen und vertikalen Strahldimension σ x und σ z im Bereich der Kollision führen zu
einer Vergrößerung von L.
Die erfolgreichste Methode hochenergetische Teilchen miteinander kollidieren zu lassen ist
dabei der Speicherring. Da die Teilchenstöße bei fest vorgegebene Energien stattfinden
müssen, wird die Energie der Strahlen während der Messung nicht verändert. Die Erregung
der Magnete wird in sehr engen Grenzen konstant gehalten. Der Speicherring ist somit kein
Beschleuniger im eigentlichen Sinne. Da bei jeder Kollision nur wenige Teilchen einen
zentralen Stoß ausführen, bleibt die Gesamtintensität der Strahlen praktisch konstant. Die
einmal in den Speicherring eingeschossenen Teilchen verbleiben dort bei konstanter Energie
ohne Nachfüllung während des Messzyklus. Sie sind also gespeichert. Aufgrund der langen
Aufenthaltszeit der Teilchen im Speicherring, muss der Vakuumdruck um drei
Größenordnungen geringer sein als im Synchrotron, um die unerwünschten Kollisionen mit
Restgasmolekülen möglichst klein zu halten.(10^(-7)Pa). Zusätzlich muss die Fokussierung
und Strahlführung sorgfältiger geplant werden, da durch die mehrfachen Umläufe kleine
Ungenauigkeiten zu merklichen, nachteiligen Effekten führen. Aufgrund der hohen
- 17 -
Abstrahlung elektromagnetischer Energie beim Umlauf der Teilchen müssen zusätzliche
Beschleunigerstrecken eingebaut werden, um diesen Verlust auszugleichen.
Der „Lineare Collider“
Der Energieverlust der im Speicherring umlaufenden Elektronen durch Abstrahlung
E4
elektromagnetischer Energie steigt mit der Teilchenenergie stark an und zwar ∝
. Um
R
diesen Energieverlust auszugleichen wird entsprechend viel HF-Leistung benötigt. Um jedoch
e + − e − -Reaktionen oberhalb von 100 GeV untersuchen zu können, muß man die Teilchen
auf einer geraden Bahn in Linacs beschleunigen, da die bei longitudinaler Beschleunigung
auftretende Abstrahlung praktisch vernachlässigbar ist. Daher hat man Ideen entwickelt, um
mit Hilfe von Linacs Teilchenkollisionen zu realisieren.
Beispiel:
Zukunftsprojekt TESLA (TeV-Energy Superconducting Linear Accelerator)
Abbildung 12: Tesla [WWW3]
Die voraussichtlichen Kosten betragen ungefähr 2 Milliarden Euro, weshalb dieses Projekt
nur durch internationale Kooperation durchführbar sein wird.
In welchem Land TESLA realisiert werden soll, ist jedoch noch nicht gesichert. Potentielle
Orte sind Amerika, Japan und Deutschland.
- 18 -
Literatur
[Wi96]
Klaus Wille, Physik der Teilchenbeschleuniger und
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