Kein Folientitel - Schizophrenie-Netz

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Psychopathologie der
Schizophrenie
• Denken und Sprache
– formale Denkstörungen
– inhaltliche Denkstörungen
• Ich-Störungen
– Erlebnisse des Gemachten und der Beeinflussung
• Störungen der Affektivität
• Katatone Symptome
• Halluzinationen
Epidemiologie
• Lebenszeit Prävalenz 1,0 - 1,5 %
• pro Jahr 0,025-0,05% in Behandlung
• Vorkommen bei Frauen = Männer
– Geschlechtsabhängiges Manifestationsalter
• Ubiquitär weitgehend identische Häufigkeit
Gesellschaftliche Bedeutung
• 15.000 Neuerkrankungen pro Jahr in BRD
• 20% der Ersterkrankungen heilen ohne
Rückfälle aus
• Auch unter optimaler Therapie 10% mit
dauerhafter Behinderung
• Behandlungskosten in BRD:
~5 Mrd. €/Jahr
Bedeutung in der Krankenversorgung
• 1982 in der damaligen BRD:
– 707.460 Krankenhausbetten
– 111.450 Krankenhausbetten belegt von
Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen
– 39.000 Krankenhausbetten belegt von
Patienten mit schizophrenen Psychosen
Vitale Gefährdung durch
Schizophrenie
• 20-50% unternehmen einen Suizidversuch
• 10-15% versterben durch Suizid
• insgesamt erhöhte Mortalitätsrate
– 50% körperlicher Erkrankungen nicht
diagnostiziert
– erhöhte Unfallgefahr
Komorbidität
•
•
•
•
•
75% rauchen
30-50% mit zusätzlicher Alkoholkrankheit
15-25% konsumieren Cannabis
5-10% konsumieren Cocain
Schizophrene Symptome häufiger bei
komplex fokalen Anfällen: v.a. bei
linksseitigem Fokus und Läsionen im
medialen Temporallappen
Historische Meilensteine I
• Esquirol (um 1800)
– Beschreibung akuter Wahnkrankheiten mit
späterer Persönlichkeitsänderung
• Ewold Hecker (1871)
– Beschreibung der Hebephrenie
• Karl Ludwig Kahlbaum (1874)
– Beschreibung der Katatonie
Historische Meilensteine II
• Emil Kraepelin (1893)
– manisch depr. Irresein - Dementia praecox
• Eugen Bleuler (1911)
– Dementia praecox - Gruppe der Schizophrenien
• Kurt Schneider (1946)
– Erstrangsymptome - Zweitrangsymptome
Begriff Schizophrenie
• Spaltung bzw. mangelhafte Einheit des
Denkens, Fühlens und des Wollens
• Elementare Schwäche der Integration der
Triebe und der Gefühle sowie des Denkens
• Ungünstiger Verlauf nicht notwendig
• Bleulers Konzept setzte sich eher in den
USA durch
nach Eugen Bleuler (1857-1939)
Symptome der Schizophrenie
nach Bleuler
• Grundsymptome
– Assoziative Auflockerung des Denkens
„Daß die Mäuse sich freuen, in der Wohnung bleiben zu
dürfen, wenn sie irgendetwas tun. Aber ich bin gar nicht so
sehr der Meinung, daß Tiere untereinander was tun. Also, ich
hab‘ da so eine Idee, wahrscheinlich ist es eine Entschuldigung
für das, was man tut, indem man tötet. Fleisch, usw., alles zum
Essen und Blumen abreißen, Ähren zusammenkrallen, die in
die Erde gehören, usw. Man kann das ruhig als Gaben
betrachten, die eigentlich gar nicht den anderen Sinn hatten, als
dazu zu dienen, obwohl es für uns auch, für mich so aussieht,
als wenn ein Tier unter einem Schlag oder einem Beil stirbt
und so, aber es ist keine Ausrede. Ich glaub nicht, daß es so ist,
denn wenn am letzten Ende seines Lebens für die Gaben dankt,
dann weiß man, daß es von Gott kommt und daß da niemand
gestorben ist, obwohl wir es so sehen, und ich nehme an, daß.“
nach Holm-Hadulla et al. 1991
Daß die Mäuse sich freuen, in der Wohnung bleiben zu dürfen,
wenn sie irgendetwas tun. Aber ich bin gar nicht so sehr der
Meinung, daß Tiere untereinander was tun. Also, ich hab‘ da
so eine Idee, wahrscheinlich ist es eine Entschuldigung für das,
was man tut, indem man tötet. Fleisch, usw., alles zum Essen
und Blumen abreißen, Ähren zusammenkrallen, die in die
Erde gehören, usw. Man kann das ruhig als Gaben betrachten,
die eigentlich gar nicht den anderen Sinn hatten, als dazu zu
dienen, obwohl es für uns auch, für mich so aussieht, als wenn
ein Tier unter einem Schlag oder einem Beil stirbt und so,
aber es ist keine Ausrede. Ich glaub nicht, daß es so ist, denn
wenn am letzten Ende seines Lebens für die Gaben dankt,
dann weiß man, daß es von Gott kommt und daß da niemand
gestorben ist, obwohl wir es so sehen, und ich nehme an, daß.
nach Holm-Hadulla et al. 1991
Aktivierung des
semantischen Netzwerkes
Fokussierte Aktivierung
Ähren
Blumen
Getreide
Essen
Garbe
Fleisch
Maus
Tier
Katze
Inhibition
Defokussierte Aktivierung
Hund
Gabe
Gott
Tod
Sterben Leben
Konkretismus
Untersucher:
Patient:
Sie gehen auf dünnem Eis.
Ja, gestern hat es geschneit
zitiert nach Bychowski (1943)
Frage:
Antwort:
Wo ist Ihr Mann?
Auf unserem Hochszeitsbild
nach Peters 1991
Symptome der Schizophrenie
nach Bleuler
• Grundsymptome
–
–
–
–
Assoziative Auflockerung des Denkens
Affektive Störung
Autismus
Ambivalenz
• Akzessorische Symptome
– Halluzinationen
– Wahn
Syptome ersten Ranges nach
Kurt Schneider
• kommentierende und dialogisierende Stimmen
• Gedankenlautwerden
• Gedankeneingebung, Gedankenentzug,
Gedankenausbreitung
• leibliche Beeinflußungserlebnisse
• Willensbeeinflußung
• Wahnwahrnehmung
Syptome zweiten Ranges nach
Kurt Schneider
• Sonstige akustische Halluzinationen,
optische und olfaktorische Halluzinationen,
gustatorische Halluzinationen
• einfache Eigenbeziehung
• Wahneinfall
• Ratlosigkeit
• depressive und frohe Verstimmungen
• erlebte Gefühls- und Antriebsverarmung
Positivsymptome
•
•
•
•
Halluzinationen
Wahn
Motorische Erregung
Desorganisiertes Denken und Verhalten
Negativsymptome
•
•
•
•
•
Allgemeiner Interessenverlust
Rückzug aus sozialen Bezügen
Apathie
Verflachter und inadäquater Affekt
Rückgang an Gefühlsintensität und
Erlebnisfähigkeit
• Antriebsarmut
• Teilnahmslosigkeit
• Gedankliche Verarmung
ICD-10 Kriterien Schizophrenie
• grundlegende und charakteristische Störungen von Denken
und Wahrnehmung, inadäquate oder verflachte Affekte bei
Bewußtseinsklarheit und erhaltenen intellektuellen Fähigkeiten
• wichtigste Symptome sind Gedankenlautwerden,
Gedankeneingebung, Gedankenentzug,
Gedankenausbreitung, Wahnwahrnehmung, Kontrollwahn,
Beeinflussungswahn oder das Gefühl des Gemachten,
Stimmen, die in der dritten Person den Patienten
kommentieren oder über ihn sprechen, Denkstörungen und
Negativsymptome
• Verlauf entweder kontinuierlich episodisch mit zunehmenden
oder stabilen Defiziten, oder eine oder mehrere Episoden mit
vollständiger oder unvollständiger Remission
Krankheitsentwicklung
•
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•
•
•
•
•
Prämorbide Auffälligkeiten
Prodrome
Vorpostensyndrome
Schizophrene Episode
Postremissives Erschöpfungssyndrom
Persistierende Alteration (Residuum, Defekt)
„zweiter positiver Knick“
Prämorbide Auffälligkeiten
•
•
•
•
•
Entwicklung von Sprache und Motorik
Kognitive Funktionen
Soziale Kontaktfähigkeit
Affekt
Belastbarkeit
Prodrome und Vorpostensyndrome
• Prodrome
– Mehrere Jahre vor Erstmanifestation
• Vorpostensyndrome
– Etwa 6 Monate vor Erstmanifestation
• Symptome
–
–
–
–
pseudoneurasthenisch
coenästhetisch
depressiv
Antriebsveränderungen (häufig alternierend)
Die beginnende Schizophrenie
• Trema
–
–
–
–
Abnormes Bedeutungsbewußtseins
in den Mittelpunkt rücken
Einengung der Freiheitsgrade
Spannungszustand
• Apophänie und Anastrophe´
– Verlust der Fähigkeit zum Überstieg
• Apokalyptik
– Zerreißen des Situationszusammenhanges
– Verlust der Ordnung der Denkzusammenhänge
• Kopernikanische Wende
Conrad, 1958
Unterformen
• Paranoid-halluzinatorische Form
– >50% paranoid-halluzinatorisches
Initialstadium
•
•
•
•
•
Katatone Form
Hebephrene (desorganisierte) Form
Schizophrenia Simplex
Coenästhetische Form
Schizophrenes Residuum
Paranoid-halluzinatorische Form
• Wahnbildung (häufig systematisch)
• Halluzinationen (überwiegend akustisch)
• häufiger bei späterer Manifestation
Katatone Form
• Psychomotorische Hyperkinese
• Psychomotorische Hypokinese
– Mutismus, Akinese, Amimie
– Flexibilitas Cerea, Katalepsie
• Manierismen, Stereotypien
• Echolalie, Echopraxie
• Sonderform: perniziöse oder febrile Katatonie
Aus dem Notizbuch
eines Katatonikers
nach E. Bleuler (1983)
Hebephrene Form
• Affektstörung
– Heiter-läppisch oder apathisch-indifferent
•
•
•
•
•
•
Enthemmung (distanzlos albernes Benehmen)
Geziertheit, pathetischer Ausdruck
Aktivitätsstörung
Formale Denkstörungen
Desorganisiertes Verhalten
Überwiegend früher Beginn (42% vor 20. Lj.)
Schizophrenia Simplex
•
•
•
•
•
Blander schleichender Wesenswandel
Antriebsstörung
Affektstörung
Autistischer Kontaktverlust
Formale Denkstörungen
Symptome des Residuums
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Kognitive Störungen
Körperliche und geistige Erschöpfbarkeit
Störung des Allgemeinbefindens, Leistungsinsuffizienz
Einbußen an Spannkraft, Energie, Ausdauer, Geduld
Coenästhesien
Erhöhte Erregbarkeit, Irritierbarkeit
Intoleranz gegen Streß
Empfindlichkeit gegen Witterung und Geräusche
Schlafstörungen
Verstimmung
Residuale Form
• Anamnestisch psychotische Symptome
• Aktuell noch im wesentlichen Negativsymptome
– abgeflachter Affekt
– exzentrisches Verhalten
Coenästhetische Schizophrenie
• nur kurze psychotische Exazerbationen
• Fluktuierende qual. eigenartige Leibgefühlstörungen
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Taubheits-, Steifigkeits-, Fremdheitserlebnisse
Sensationen motorischer Schwäche
Umschriebene oszillierende Schmerzzustände
Wandersensationen, Elektrisierungssensationen
Thermische Sensationen
Bewegungs-, Zug- oder Druckempfindungen im Köperinnern
Erlebnisse abnormer Schwere oder Leichtigkeit
Erlebnisse der Verkleinerung und Schrumpfung
Kinästhetische Sensationen (Scheinbewegungserlebnisse)
Prognose
• 1/3 gute Remission
– psychopathologisch und sozial geringe
Restsymptome
• 1/3 mäßiggradige Residualbildung
• 1/3 schwere Endzustände
– weitgehend auf Versorgung angewiesen
Suizide und Suizidversuche bei
schizophrenen Patienten
• 20-50% unternehmen einen Suizidversuch
• 10-15% versterben an Suizid
• Ein Jahr nach Suizidversuch waren von 24
schizophrenen Patienten
– 8% durch Suizid verstorben
– hatten 20% einen erneuten SV unternommen
nach Steinböck 1988
Risikofaktor psychiatrische Erkrankung
• Diagnosen bei Suizidopfern
– Depressionen: 40-60%
– Alkoholkrankheiten: 20-30%
– schizophrene Psychosen:8-10%
• Suizidrisiko bei stationären psychiatrischen
Patienten ~200/100 000/Jahr
Neurotransmitter
• Dopamin
• Noradrenalin
• Serotonin
• Aminosäuren
– GABA
– Glutamat
Schizophrene Psychosen in Familien
Verwandte 1. Grades
Verwandte 2. Grades
Allgemeinbevölkerung
1%
Ehegatten
2%
Vettern
2%
Onkel/Tanten
2%
Neffen/Nichten
Enkel
Halbgeschwister
4%
5%
6%
Kinder
Geschwister
13%
9%
Geschw + ein Elter
17%
ZE-Zwillinge
17%
Eltern
6%
EE-Zwillinge
48%
Nachkommen zweier
betroffener Eltern
0
46%
10
20
30
40
50%
Wahrscheinlichstes genetisches
Modell
• polygen vermittelte Krankheitsbereitschaft
mit einem Schwellenwert für genotypische
Gefährdung
Fokale Störung
• Präfrontallappen (PFC)
• Temporallappen (v.a. li. temporal)
• Limbisches System
•
•
•
•
Basalganglien
Hippocampus - PFC
Zerebellum
Gestörte Hemisphärenspezialisierung
Neuronale Entwicklungsstörung
• häufigeres Auftreten
– bei Geburt im Januar – April (nördliche
Hemisphäre) bzw. Juli – September
(südliche Hemisphäre)
– nach Hungerperioden im zweiten Trimenon
– nach fetaler viraler Infektion
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