Diagnostische Leukapherese zur Isolation zirkulierender

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Diagnostische Leukapherese zur Isolation
zirkulierender Tumorzellen beim Mammakarzinom
T. Fehm1, F. Meier-Stiegen1,D. Niederacher1, J. Fischer2, N. Stoecklein3
1. Frauenklinik Düsseldorf, Universitätsklinikum Düsseldorf
2. Institut für Transplantationsdiagnostik und Zelltherapeutika, Universitätsklinikum Düsseldorf
3. Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf
Das Mammakarzinom wird bereits
in frühen Stadien als systemische Erkrankung gewertet, charakterisiert
durch die hämatogene Dissemination von Tumorzellen. Werden diese
Zellen im peripheren Blut nachgewiesen, spricht man von zirkulierenden Tumorzellen (CTC) [1]. Der
quantitative Nachweis von CTCs ist
sowohl in der primären als auch in
der metastasierten Situation von
prognostischer Relevanz. So ist eine
Konzentration von mindestens 5
CTCs/7,5ml Blut mit einem signifikant verringerten Gesamt- sowie
progressionsfreien Überleben assoziiert. Diese klinische Relevanz des
CTC-Nachweises wurde in den letzten Jahren in zahlreichen klinischen
Studien überprüft [2, 3].
Die aktuelle Herausforderung besteht in der Beantwortung der Frage, inwieweit die Charakterisierung
der CTCs als zusätzlicher prognostischer bzw. als prädiktiver Marker
eingesetzt werden kann. Die klinische Notwendigkeit hierzu ergibt
sich aus der mehrfach gezeigten
Diskrepanz zwischen Primärtumor
und Metastase hinsichtlich der Expression von prognostischen als
auch prädiktiven Markern, die zur
Charakterisierung des Primärtu-
kasto - Fotolia.com
Die Charakterisierung zirkulierender Tumorzellen (CTC) stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Optimierung von Therapieentscheidungen beim Mammakarzinom im Rahmen einer Liquid Biopsy dar.
Aufgrund der Heterogenität und der zum Teil geringen Anzahl von CTCs im Blut ist eine Erhöhung der
Detektionsrate notwendig, um klinisch relevante und valide Aussagen treffen zu können. Eine Möglichkeit, die Detektionswahrscheinlichkeit zu erhöhen, ist die Nutzung der diagnostischen Leukapherese (DLA), die durch das Düsseldorfer Forschungsnetzwerk „DCC-Net“ etabliert wurde.
mors verwendet werden und der
Therapieentscheidung dienen [4,
5]. Die empfohlene Phänotypisierung von Metastasen zur Optimierung der Therapieentscheidung ist
oftmals nicht klinisch umsetzbar.
Wäre es stattdessen eine valide Option, die CTCs, die den Phänotyp der
Metastasen widerspiegeln, als Surrogatmarker zu charakterisieren,
würde diese Liquid Biopsy eine
neue Möglichkeit zur personalisierten Therapie des Mammakarzinoms
darstellen. Durch genetische und
funktionelle Charakterisierung der
CTCs könnte eine für die jeweilige
Situation der Patientin optimierte
zielgerichtete Therapie ermöglicht
werden. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es, technische Herausforderungen der spezifischen Isolierung der im Blut mit niedriger Frequenz vorhandenen CTCs sowie deren molekulare Analyse zu bewältigen. Die Etablierung dieser Techniken ist aktuell Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.
Im Bereich der nicht-metastasierten
Situation ergibt sich durch die geringe Anzahl der Zellen sowie durch
das geringe Blutvolumen, welches
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zur CTC-Analyse zur Verfügung
steht, die Gefahr, aufgrund der dadurch limitierten Sensitivität vorhandene CTCs nicht zu detektieren.
Die Erhöhung des untersuchten
Blutvolumens könnte hier entscheidenden Einfluss auf die Anzahl und
Detektionsrate von CTCs und damit
auf die klinische Relevanz der CTCAnalyse in frühen Krankheitsstadien haben.
Isolation und Nachweis
von CTCs
Um die Heterogenität der CTCs sowie eine eventuelle klinische Relevanz der untersuchten Charakteristika darstellen zu können, ist die
Analyse möglichst vieler CTCs einer
Patientin auf Einzelzellebene notwendig.
Derzeit ist eine Vielzahl an Methoden zur Markierung, Anreicherung
sowie ggf. Isolation von CTCs aus
Blut kommerziell erhältlich. Sie beruhen hauptsächlich auf dem Nachweis und der Nutzung biologischer
Eigenschaften der Zellen wie z. B.
der spezifischen Expression epithelialer Marker oder auf der Nutzung
physikalischer Eigenschaften wie z.
B. der Größe der Zellen [Übersicht
bei 6]. Dabei weisen alle Methoden
spezifische Vor- und Nachteile auf:
Während sich die Anreicherung auf
Basis der Expression von Markern
durch hohe Sensitivität auszeichnet, ist doch bislang kein spezifischer Marker bekannt, der alle Tumorzellen einer Entität charakterisiert, weshalb eine Selektion von
Subpopulationen erfolgt. Die größenbasierte Anreicherung von CTCs
ist einerseits markerunabhängig,
andererseits aber auch weniger spezifisch.
Diagnostische Leukapherese
Aus den genannten Herausforderungen ergibt sich das Ziel, die Zahl
der CTCs, die für eine Charakterisierung zur Verfügung stehen, zu ma-
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ximieren. Dies ist nur über die Analyse eines vergrößerten Blutvolumens möglich. Eine Möglichkeit
hierfür ist die Nutzung der diagnostischen Leukapherese (DLA) [7]. Sie
wurde etabliert durch das Düsseldorfer Forschungsnetzwerk „DCCNet“ (Disseminated Cancer Cell),
bestehend aus verschiedenen kooperierenden Arbeitsgruppen der
Düsseldorfer Universitätsklinik unter federführender Leitung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und
Kinderchirurgie, des Instituts für
Transplantationsdiagnostik
und
Zelltherapeutika sowie der Frauenklinik. Die ersten, im Folgenden dargestellten
Forschungsergebnisse
wurden in den Proceedings of the
National Academy of Sciences veröffentlicht [7].
Bei der diagnostischen Leukapherese werden CTCs und Blutzellen, deren Dichte im Bereich zwischen 1,05
und 1,088 g/l liegt, extrakorporal separiert. CTCs zählen ebenso wie mononukleäre Blutzellen zu dieser
Zellpopulation. Die Durchführung
der diagnostischen Leukapherese
erfolgt analog zur therapeutischen
Leukapherese mit dem Unterschied, dass die Mobilisierung von
Stammzellen durch die Gabe von GCSF nicht erforderlich ist. Durch die
Reduktion des insgesamt prozessierten Blutvolumens auf 2,6l
(0,8–6,2l) wird die Dauer der Apherese auf ca. 1h verkürzt.
Bei der Etablierung der DLA wurde
zunächst untersucht, ob epitheliale
Tumorzellen in Apheresaten von
Mammakarzinompatientinnen
nachgewiesen werden konnten. Im
Rahmen einer Pilotstudie wurden
aus kryokonservierten Apheresaten, die vor und nach einer Hochdosischemotherapie
gewonnenen
wurden, CTCs mittels Immunzytochemie nachgewiesen. Die isolierten CTCs wurden retrospektiv auf
genomische Instabilität per compa-
rativer Genomhybridisierung (Array-CGH) untersucht.
Im Anschluss an diese Pilotphase erfolgte die Etablierung und Validierung eines halbautomatisierten Systems zum Nachweis bzw. zur Quantifizierung der CTCs. Hierzu wurde
das CellSearch-System verwendet,
welches derzeit als einziges Nachweisverfahren von der FDA (American „Food & Drug Administration“)
zur Detektion von CTCs bei metastasierten Patienten mit Mammakarzinom, Prostatakarzinom und Kolorektalkarzinom zugelassen ist. Bei
diesem System erfolgt in einem
zweistufigen Verfahren zunächst
die Anreicherung EpCAM-positiver
Zellen mithilfe magnetischer Nanopartikel. Daran anschließend erfolgt die Identifizierung der CTCs
mittels Immunfluoreszenz-Färbung
der Epithelzell-Marker Cytokeratin
8, 18 und 19. Der Ausschluss von
Leukozyten wird durch den Nachweis von CD45 ermöglicht, die Detektion intakter Zellen mittels DAPIFärbung [2].
Durch die erfolgreich quantifizierbare Detektion von Zellen der
Mammakarzinomzelllinie SKBR-3,
die den Apherese-Produkten gesunder Kontrollpersonen zugesetzt
wurden, erfolgte der Nachweis,
dass das CellSearch-System auch zur
Detektion von CTCs in diesem Ausgangsmaterial geeignet ist.
In Spiking-Experimenten zeigte sich
eine Wiederfindungsrate der SKBR-3 Zellen von durchschnittlich
95% im CellSearch-System über einen Bereich von 1-220 zugesetzten
Zellen vor einem Hintergrund von
0,76x108 Leukozyten.
Bei der Analyse von frischem Apheresat von vierzehn nicht erkrankten
Spendern wurde eine Cytokeratinpositive, CD45-negative Zelle mittels CellSearch-System nachgewiesen.
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Korreliert man die Zahl der detektierten CTCs mit der Zahl der Leukozyten im Apheresat, entspricht dies
rein rechnerisch einer medianen
CTC-Zahl von 0,03 CTCs/106 mononukleären Zellen. Vergleicht man in
allen untersuchten Tumorentitäten
die Anzahl detektierter CTCs im peripheren Blut mit der Anzahl detektierter CTCs im Apheresat, jeweils
bezogen auf die Anzahl mononukleärer Zellen in den Proben, zeigt
sich eine hohe Kongruenz. Dies lässt
darauf schließen, dass sich CTCs
gleichmäßig im Apheresat ansammeln und sich die höhere Zahl detektierter CTCs durch das stark vergrößerte Analysevolumen ergibt.
Diskussion
Der Nachweis zirkulierender Tumorzellen im metastasierten Mammakarzinom ist von prognostischer
Relevanz, wie in zahlreichen klinischen Studien belegt werden konnte [2, 3]. Die Beantwortung dieser
Fragestellung in der adjuvanten Situation wird durch die niedrige Frequenz der CTCs im Blut erschwert.
Neben der prognostischen Relevanz ist die mögliche Nutzung von
CTCs als prädiktivem Marker von
besonderem Interesse. Auch die
hierzu benötigte molekulare Charakterisierung der CTCs wird, bedingt durch deren Heterogenität, in
Zukunft nur bei der Analyse möglichst vieler Zellen zur Beantwortung klinischer Fragestellungen
herangezogen werden können.
1200
900
600
300
Anzahl CTC
120
100
80
60
40
Es gibt derzeit mehrere Technologien, das zu analysierende Blutvolumen zu erhöhen. Der CellCollector™ besteht aus einem mit anti-EpCAM-Antikörpern beschichteten
Draht, der für 30min in der Vene des
Patienten verbleibt. EpCAM-positive CTCs aus dem am Draht vorbeifließenden Blut binden am Draht
und können durch Immunfluoreszenz-Färbung identifiziert und charakterisiert werden [9].
Ein weiterer Ansatz ist die in der
vorliegenden Übersicht dargestellte Methode der diagnostischen Leukapherese [7]. In verschiedenen Tumorentitäten, hier exemplarisch
gezeigt am Beispiel des Mammakarzinoms, konnte die effektive Isolierung zirkulierender Tumorzellen
20
DL
A
PB
0
CT
C
C
Die Analyse größerer Blutvolumina
ist hier die logische Schlussfolgerung, um die oben genannten Fragestellungen sowohl im adjuvanten
als auch im metastasierten Setting
beantworten zu können. Mit Hilfe
eines mathematischen Modells und
der Extrapolation der CTC-Frequenz konnten Coumans et al. berechnen, dass bei der theoretischen
Analyse von 5l Blut 99% aller Patienten mit einem metastasierten
Karzinom als CTC-positiv vor Therapiebeginn gelten würden. Die zukünftige Nutzung der liquid biopsy
würde demzufolge nur durch eine
massive Steigerung des analysierten Blutvolumens für die Mehrheit
der Patienten möglich sein [8].
CT
Im Anschluss daran erfolgte zunächst die Untersuchung der Apheresate von 23 onkologischen Patienten, darunter sieben Mammakarzinom-Patientinnen. Die Stadieneinteilung nach UICC ergab Stadien
zwischen 1a und 3a. Es erfolgte jeweils die parallele Analyse von
Apheresat sowie 7,5ml Vollblut.
Bei der Analyse von 7,5ml peripherem Blut im CellSearch-System
konnten bei fünf von sieben Patientinnen keine CTCs detektiert werden. Im Gegensatz dazu waren bei
der Untersuchung der jeweils zugehörigen Apheresate vier der fünf
Patientinnen CTC-positiv. Bezogen
auf das gesamte Volumen des
Apheresats ergab sich eine mediane
CTC-Zahl von 108 (0-1148). Ein Vergleich der CTC-Zahl in peripherem
Blut und Apheresat ist in E Abb. 1
dargestellt.
Abb. 1: Identifizierung von CTCs im peripheren Blut sowie in Apheresaten von
Mammakarzinom-Patientinnen (n=7).
Dargestellt ist die CTC-Anzahl, detektiert in 7,5ml Blut bzw. im Apheresat, bezogen auf dessen Gesamtvolumen.
nachgewiesen werden. Die Einbindung der DLA in den klinischen präoperativen Ablauf konnte gut umgesetzt und ohne Komplikationen
für die Patientinnen durchgeführt
werden. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die Durchführung der
diagnostischen Leukapherese für
die Patienten von Vorteil sein könnte – frühere Arbeiten konnten zeigen, dass die Retransplantation gereinigter CD34+ Stammzellen aus
Leukapherese bei Patienten nach
Hochdosischemotherapie mit einem signifikant längeren Überleben korrelierte [10].
Die vorgestellten Daten zeigen die
mögliche Nutzung der diagnostischen Leukapherese zur molekularen Charakterisierung von CTCs.
Möglichkeiten hierzu sind beispielsweise Untersuchungen zur genomischen Instabilität (Array-CGH), Mutationsanalysen oder Expressionsanalysen (Immuncytochemie). Die
Vorgehensweise zur molekularen
Charakterisierung isolierter CTCs
nach DLA ist in E Abb. 2 dargestellt.
Die molekulare Charakterisierung
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Abb. 2: Vorgehensweise zur molekularen Charakterisierung vereinzelter CTCs nach
Anreicherung mittels DLA.
A) Im Rahmen der diagnostischen Leukapherese erfolgt die extrakorporale Separierung von Zellen mit einer Dichte zwischen 1,05 und 1,088 g/l (CTCs und weiße Blutkörperchen). B) Die Anreicherung und Identifizierung der CTCs erfolgt mittels CellSearchSystem. C) Isolierte CTCs können mittels unterschiedlicher Verfahren molekular weiter
charakterisiert werden mit dem Ziel der Identifizierung prognostischer und prädiktiver Marker. Möglich sind hier z. B. Untersuchungen zur genomischen Instabilität (Array-CGH), Mutations- und Expressionsanalysen.
der CTCs soll helfen, zukünftig Therapieentscheidungen bei metastasierten Patienten auf Basis der CTCs
als Surrogatmarker der systemischen Erkrankung treffen zu können. Das Ziel, alle Patienten mit einer individualisierten Therapie zu
behandeln, könnte so einen Schritt
näher rücken.
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18(1): 125-33.
Dieser Beitrag ist in Ausgabe 3/ 2015
in der Zeitschrift DZKF – Deutsche
Zeitschrift für Klinische Forschung
unseres Verlagshauses erschienen.
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Tanja Fehm
Universitätsfrauenklinik Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
[email protected]
Prof. Dr. med.
Tanja Fehm
Universitätsfrauenklinik Düsseldorf
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