Geschäftsbereich Gesundheit Tuberkulose im Ostalbkreis • Aktuelle Informationen für Fachleute, Betroffene und Angehörige September 2009 Landratsamt Ostalbkreis Eine Dienstleistung vom Geschäftsbereich Gesundheit Geschäftsbereich Gesundheit Tuberkulose im Ostalbkreis • Aktuelle Informationen für Fachleute, Betroffene und Angehörige September 2009 Autoren: Francisca Geiger, TBC-Fürsorgeärztin Dr. Klaus Walter, Gesundheitsdezernent Landratsamt Ostalbkreis Geschäftsbereich Gesundheit Julius-Bausch-Straße 12 73430 Aalen Mail: [email protected] Internet: www.ostalbkreis.de Vorwort Sehr geehrte Klienten unseres Hauses, Infektionskrankheiten suchen seit der Antike den Menschen heim. Europa wurde damals und im Mittelalter mehrfach durch Seuchen entvölkert, vor allem Pest und Cholera haben viele Opfer gefordert. Heute führen neben der Tuberkulose die Krankheiten AIDS und Malaria die Liste der weltweit häufigsten Todesfälle an Infektionskrankheiten an. Die Tuberkulose verursacht keine großen Epidemien, sie war (und ist) aber so häufig, dass die Aussage von Robert Koch, dem Entdecker des Tuberkelbazillus 1882, auch heute noch gilt: ”Wenn die Zahl der Opfer, welche eine Krankheit fordert, als Maßstab für ihre Bedeutung zu gelten hat, dann müssen alle Krankheiten, namentlich aber die gefürchtetsten Infektionskrankheiten Pest und Cholera weit hinter der Tuberkulose zurückstehen.” Auch heute sterben weltweit zwei bis drei Millionen Menschen im Jahr an einer Tuberkulose, etwa genauso viel wie an AIDS oder Malaria. In Deutschland muss bei guter Behandlung kaum jemand an der Tuberkulose sterben, wir vergessen aber gerne, dass diese Krankheit auch bei uns nicht völlig verschwunden ist. Der Geschäftsbereich Gesundheit im Landratsamt Ostalbkreis sorgt dafür, dass die Bevölkerung unseres Kreises bestmöglichst geschützt wird und dass die bei uns im Ostalbkreis auftretenden Fälle an Tuberkulose keinen größeren Schaden anrichten. Dies ist nur durch ständige Aufmerksamkeit möglich. Freunde und Bekannte eines Erkrankten müssen auf eine Ansteckung getestet werden, durch ärztliche Untersuchungen und Röntgenbilder wird nach der Quelle der Infektion gefahndet. Dieser Bericht wurde jetzt aktualisiert, weil es neue Entwicklungen bei der Erkrankung „Tuberkulose“ gibt und damit auch das Vorgehen des Gesundheitsamts sich völlig verändert hat. Der Bericht soll die Abläufe transparent machen und um Verständnis zu werben für die notwendigen Maßnahmen des Gesundheitsamtes im Zusammenhang mit einer Tuberkulose-Erkrankung. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre, Klaus Pavel Landrat Dr. med. Klaus Walter Gesundheitsdezernent 3 Inhaltsverzeichnis Vorwort…………………………………………………………………………………………….. 3 Inhaltsverzeichnis……………………………………………………………… 4 1. Vorbemerkungen zur Tuberkulose…………………………………….. 1.1 ¾ ¾ 1.2 1.3 1.4 1.5 ¾ ¾ ¾ ¾ 1.6 1.7 5 Übertragungswege der Tuberkulose………………………………………………….. 5 Wie kann man sich anstecken?....................................................................... 5 Ansteckung mit Tuberkulosebakterien bedeutet nicht immer Krankheit………… 5 Erkrankungsrisiko der infizierten Person……………………………………………... 6 Krankheitszeichen…………………………………………………………………………6 Was bedeutet „offene“ und „geschlossene“ Tuberkulose?................................. 6 Diagnostische Verfahren…………………………………………………………….......6 Tuberkulose-Hauttest (Tuberkulin-Hauttest)…………………………………………. 6 Bluttest (Interferon-Gamma-Test)…………………………………………………….. 6 Röntgenaufnahme der Lunge……………………………………………………………7 Nachweis der Erreger……………………………………………………………………. 7 Behandlung……………………………………………………………………………….. 7 Tuberkuloseschutzimpfung (BCG-Impfung)………………………………………….. 8 2. Häufigkeit der Tuberkulose weltweit und in Deutschland……… 2.1 2.2 2.3 ¾ ¾ ¾ ¾ 8 Globale Sicht……………………………………………………………………………… 8 Infektionsstand in Deutschland………………………………………………………… 9 Tuberkulose im Ostalbkreis…………………………………………………………… 9 Merkmale der Tuberkulose-Fälle 2008 im Ostalbkreis…………………………… 9 Altersverteilung der Tuberkulose-Fälle im Jahr 2008 im Ostalbkreis…….............9 Herkunft der Tuberkulose-Fälle im Jahr 2008 im Ostalbkreis……………..............10 Tuberkulose-Fälle pro 100.000 Einwohner…………………………………..............10 3. Die Tuberkulose-Abteilung im Geschäftsbereich Gesundheit…… 3.1 3.2 ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ 10 Personal und technische Ausstattung………………………………………………… 10 Aufgabenbereiche…………………………………………………………………………11 Umgebungsuntersuchung……………………………………………………………… 11 Quellensuche……………………………………………………………………………….13 Überwachungsmaßnahmen…………………………………………………….............13 Beratung…………………………………………………………………………………….14 Epidemiologie und Statistik………………………………………………………………14 Weitere Aufgaben der Tuberkulose-Abteilung……………………………………… 15 4. Fazit………………………………………………………………………... 15 Ablaufschema………………………………………………………………………………………. 16 Mitarbeiterinnen der Tuberkulose Abteilung…………………………………………………… 17 Öffnungszeiten und telefonische Erreichbarkeit………………………………………………. 17 4 1. Vorbemerkungen zur Tuberkulose Um 1890 starb jeder siebte Deutsche an der ”Schwindsucht”, wie die Krankheit früher genannt wurde. nismus Abwehrkräfte, die in den meisten Fällen ausreichen um die Weiterverbreitung und Vermehrung der Tuberkulose-Bakterien im Organismus zu verhindern. In dieser Zeit schlummert der Erreger als latenter Herd im Körper. Das Immunsystem kann zwar diese latenten Herde im Körper nicht abtöten, aber deren Wachstum in den meisten Fällen so erfolgreich kontrollieren, dass die Krankheit nicht ausbricht. Heute, mehr als 125 Jahren nach der Entdeckung ihres Erregers, ist die Tuberkulose immer noch weltweit die häufigste zum Tode führende behandelbare bakterielle Infektionskrankheit. Diese Abwehrbereitschaft kann jedoch durch z. B. Immunschwäche wie HIV-Infektion oder Aids, Suchterkrankung, Diabetes usw. beeinflusst werden. Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die durch den Erreger Mycobacterium tuberculosis hervorgerufen wird. Er wurde 1882 von Robert Koch entdeckt. Das war der erste wichtige Schritt zur Bekämpfung der Tuberkulose. 1.1 Übertragungswege der Tuberkulose ¾ Wie kann man sich anstecken? Die Ansteckung mit Tuberkulosebakterien erfolgt heute praktisch nur noch über die Atemwege von Mensch zu Mensch. Der an offener Tuberkulose Erkrankte gibt beim Sprechen, Husten und Niesen mit seinem Atem feinste Tröpfchen ab, die Tuberkulosebakterien enthalten. Diese können von anderen Menschen eingeatmet werden (Tröpfcheninfektion). Eine Ansteckung durch Ausscheidungen von Tuberkulosebakterien aus anderen Organen außer der Lunge oder über infizierte Gegenstände oder Kleidung ist sehr selten. offene Lungentuberkulose Wenn sich die Tuberkulose-Bakterien in der Lunge vermehren, kommt es zu einer Erkrankung an Tuberkulose in der Lunge (oder seltener auch in anderen Organen wie z. B. Niere, Lymphknoten oder Knochen). Die Ansteckungsgefahr ist umso größer je länger und enger der Kontakt war je mehr Tuberkulosebakterien der Erkrankte ausgeschieden hat Ca. 5% bis 10% der Infizierten erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Tuberkulose, oder anders ausgedrückt: 90 % bis 95% der Infizierten bleiben gesund. Der Zeitraum von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit, die sogenannte Inkubationszeit, liegt zwischen 3 Monaten und mehreren Jahren. Das Risiko des Ausbruchs der Erkrankung ist in den ersten beiden Jahren nach der Infektion am höchsten. Die Reaktivierung latenter Herde kann jedoch noch nach Jahrzehnten auftreten. ¾ Ansteckung mit Tuberkulosebakterien bedeutet nicht immer Krankheit Wenn eine Person sich mit Tuberkulosebakterien angesteckt hat, bedeutet es nicht, dass diese Person krank ist oder wird. Man unterscheidet zwischen „Ansteckung mit Tuberkulosebakterien“ und „Erkrankung an Tuberkulose“. Nach einer Ansteckung (Infektion) mit Tuberkulosebakterien entwickelt der eigene Orga- 5 1.2 Erkrankungsrisiko der infizierten Person Die Tuberkulose ist eine Krankheit, die alle Organe befallen kann. Meist wird jedoch die Lunge betroffen. Bei der Lungentuberkulose vermehren sich die Tuberkulose-Bakterien in der Lunge und zerstören das Gewebe. Man unterscheidet zwischen „geschlossene“ und „offene“ Lungentuberkulose. Kleine Kinder (unter 5 Jahren) und Personen mit einer Immunschwäche erkranken häufiger und schwerer an Tuberkulose. Besonderes Risiko besteht z. B. für: • HIV-Infizierte • Organtransplantierte • Chronisch kranke Patienten (Staublunge, Diabetes, Nierenkrankheiten) • Therapie mit Kortikoiden oder anderen Medikamenten, die die körpereigene Abwehr dämpfen. Solang die Infektionsherde in der Lunge, zu Beginn der Erkrankung, keinen Kontakt zum Bronchialsystem haben, können die Bakterien nicht nach außen gelangen dann spricht man von einer „geschlossenen Lungentuberkulose“. Im Krankheitsverlauf können aber die Infektionsherde durch Gewebezerfall Anschluss an das Bronchialsystem finden und die Bakterien gelangen beim Sprechen, Niesen und Husten mit der Atemluft in die Umgebung. Jetzt spricht man von einer „offenen Lungentuberkulose“. 1.3 Krankheitszeichen Die Tuberkulose anderer Organe (extrapulmonale Tuberkulose) wie z. B. Niere, Lymphknoten oder Knochen, sind „geschlossene Tuberkulosen“. Die Diagnose einer Tuberkulose ist nicht einfach zu stellen, weil es keine charakteristischen Krankheitszeichen gibt. Häufig beginnt die Erkrankung mit wenigen Symptomen. Zu diesen gehören: • • • • • • • 1.5 Diagnostische Verfahren Einschränkungen des Allgemeinbefindens Husten oder Hüsteln, im späten Stadium mit Blutbeimengungen Müdigkeit Appetitlosigkeit Nachtschweiß Gewichtsabnahme leichtes Fieber (um 38°C), besonderes in den Nachmittagsstunden Da die Symptome der Tuberkulose recht uncharakteristisch sind, ist die Labor- und Röntgendiagnostik weiterhin das wichtigste Mittel zur Diagnose der Erkrankung. ¾ Tuberkulose-Hauttest (TuberkulinHauttest) Der Tuberkulose-Hauttest wird am Unterarm angelegt und muss nach 3-7 Tagen abgelesen werden. Wenn eine Verhärtung der Teststelle eintritt (positives Ergebnis), ist dies ein Hinweis auf eine mögliche Ansteckung mit Tuberkulosebakterien. In diesem Fall folgt in der Regel ein Bluttest (Interferon-Gamma-Test). Auch Schwangere und kleine Kinder können getestet werden. 1.4 Was bedeutet „offene“ und „geschlossene“ Tuberkulose? ¾ Bluttest (Interferon-Gamma-Test) Der Interferon-Gamma-Test ist ein indirekter Test zum Nachweis einer Infektion mit Tuberkulose-Bakterien. Bei allen Kontaktpersonen die positiv auf den Tuberkulose - Hauttest reagieren ist ein Bluttest vorgesehen (Interferon-Gamma-Test), der 6 Das wichtigste für die Behandlung der Tuberkulose, unabhängig ob offen oder geschlossen, ist die regelmäßige und konsequente Einnahme der Medikamente. Die Behandlung wird in der Regel mit einer Kombination von drei bis vier verschiedenen Medikamenten (sog. Antituberkulostatika) durchgeführt, die als Tabletten eingenommen werden. Die Mehrfachtherapie ist sehr wichtig, um die Resistenzentwicklung der Keime zu verhindern. auch vom Geschäftbereich Gesundheit durchgeführt wird. Diese Blutuntersuchung ist notwendig, um ein positives Ergebnis des Tuberkulose-Hauttests zu bestätigen. Somit werden unnötige Röntgenaufnahmen vermieden (z. B. bei falsch positivem Tuberkulose-Hauttest wegen einer früheren Tuberkulose-Impfung oder bei atypischen Mykobakteriosen). ¾ Röntgenaufnahme der Lunge Wenn der Tuberkulose-Hauttest und/oder der Bluttest eine Infektion anzeigen oder wenn der Verdacht auf eine Erkrankung an Tuberkulose besteht (z. B. bei Beschwerden), wird eine Röntgenaufnahme der Lunge angefertigt. Die Röntgenuntersuchung der Lunge ist notwendig, um festzustellen, ob eine akute Erkrankung an Lungentuberkulose vorliegt. Zusätzlich kann eine Untersuchung auf Tuberkulosebakterien im Auswurf notwendig sein. Bereits zwei bis vier Wochen nach Behandlungsbeginn einer offenen Tuberkulose scheiden 70 bis 80% der Patienten keine Keime mehr aus. Trotzdem muss die Therapie bis zur völligen Ausheilung weitergeführt werden. Sie muss lange genug erfolgen, um Rezidive (Rückfälle) und Bildung von resistenten Keimen zu vermeiden. Sie dauert üblicherweise sechs Monate. Ohne Behandlung sterben heute noch etwa 50% der Erkrankten, etwa 25% erleiden einen Rückfall und nur bei 25% der Erkrankten kommt es zu einer Spontanheilung. ¾ Nachweis der Erreger ¾ Die endgültige Diagnose ”Tuberkulose” kann man nur durch den Nachweis des Erregers stellen. Bei der Lungentuberkulose werden die Bakterien im Auswurf (Sputum) oder auch im respiratorischen Sekret wie Bronchiallavage oder im Magensaft des Patienten nachgewiesen. Befindet sich eine große Anzahl von Erregern im untersuchten Medium, so spricht dies für eine hohe Ansteckungsfähigkeit, befinden sich nur wenige Erreger in der Probe, werden diese erst nach wochenlangem Wachstum sichtbar. Werden Keime im Direktausstrich gefunden (mikroskopisch offene Lungentuberkulose), so ist eine höhere Ansteckungsfähigkeit gegeben als wenn man die Keime erst nach mehrwöchigem kulturellem Wachstum findet (kulturell offene Lungentuberkulose). Bei der multiresistenten Tuberkulose ist den Tuberkuloseerreger gegen zwei der wichtigsten Antibiotika zur Behandlung der Tuberkulosekrankheit (Isoniazid und Rifampcin) resistent. Multiresistente Tuberkulose Die Behandlung einer multiresistenten Tuberkulose dauert mindestens 24 Monate, ist sehr kostenintensiv und zeigt häufig unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen. In diesen Fällen wird in der Regel eine konsequent überwachte Kombinationstherapie durchgeführt. Dies bedeutet: Der Patient geht täglich zum Geschäftsbereich Gesundheit oder in die Arztpraxis und nimmt dort seine Medikamente unter Aufsicht ein. Diese sogenannte DOTS (= Directly Observed Treatment short course) wird seit 1991 von der WHO insbesondere für die Behandlung der multiresistenten Tuberkulose („MDR-Tuberkulose“) empfohlen. 1.6 Behandlung Im Jahr 2006 meldete die WHO das Auftreten einer solchen, kaum noch behandelbaren Tuberkulose-Form in Südafrika, die noch dazu ungewöhnlich schnell fortschreitet und innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen kann. Diese sogenannten extrem resistenten Stämme („XDRTuberkulose“) sind mittlerweile in allen Teilen der Welt nachgewiesen, auch bei einzelnen Fällen in Deutschland. Die Tuberkulose ist eine gut behandelbare und heilbare Krankheit geworden. Eine rechtzeitige Diagnose ermöglicht eine problemlose Behandlung, die unter bestimmten Voraussetzungen zuhause durchführbar ist. Schwere Erkrankungen müssen in der Klinik behandelt werden, ansonsten findet die Therapie der Tuberkulose meist ambulant bei niedergelassenen Ärzten statt. 7 1.7 Tuberkuloseschutzimpfung (BCG-Impfung) ¾ Präventive Behandlung In besonderen Fällen, wenn der TuberkuloseHauttest und/oder Blutuntersuchung (InterferonGamma-Test) eine Infektion anzeigen (positives Ergebnis) kann mit Medikamenten verhindert werden, dass die Erkrankung ausbricht. Bei kleinen Kinder und Personen mit Immunschwäche ist dies sehr wichtig. Gängiges Vorgehen ist, kleine Kinder unabhängig von Testresultat sofort präventiv zu behandeln. Über die Notwendigkeit einer eventuell präventiven Behandlung werden die Kontaktpersonen im Geschäftsbereich Gesundheit aufgeklärt. 2. Seit 1998 ist die BCG-Impfung in Deutschland keine empfohlene Impfung mehr. Die Gründe dafür sind die günstige epidemiologische Situation in Deutschland, eine nicht sichere Wirksamkeit der Impfung und die nicht seltenen unerwünschten Nebenwirkungen des BCG-Impfstoffes. Anders ist dies in den Entwicklungsländern, wo eine neue Tuberkuloseimpfung dringender den je benötigt wird. Häufigkeit der Tuberkulose weltweit und in Deutschland 2.1 Globale Sicht Die unregelmäßige und zu kurze Einnahme der Medikamente ist die Hauptursache zur Entstehung der sogenannten multiresistenten Tuberkulose (MDR), bei der die Bakterien sehr widerstandsfähig gegen die Medikamente sind. Ne ben den afrikanischen Ländern südlich der Sahara und Südostasien ist die Tuberkulose besonderes in Indien und einigen lateinamerikanischen Staaten sehr häufig. Deshalb ist in den stark betroffenen Länder die Kurzzeittherapie mit Medikamenteneinnahme unter Aufsicht (sog. DOTS = Directly Observed Treatment Shortcourse) einer der wichtigsten Maßnahme zur Bekämpfung dieser Krankheit. Weltweit gehört die Tuberkulose immer noch zu den Erkrankungen, an denen Millionen von Menschen jährlich sterben. Nach Angaben der WHO, ereignet sich in jeder Sekunde irgendwo auf der Erde eine Neuinfektion. Insgesamt ist gegenwärtig ein Drittel der Weltbevölkerung infiziert, ca. 9,2 Millionen Menschen erkranken jährlich neu an Tuberkulose, mehr als 80% davon in Entwicklungsländern. Jährlich sterben insgesamt 1,7 Millionen Menschen daran. Dieser Krankheit fallen jedes Jahr 100.000 Kinder zum Opfer. Ein Drittel der weltweiten Zunahme der Tuberkuloseerkrankungen in den vergangenen Jahren wird auf eine gleichzeitig bestehende HIV – Infektion bzw. AIDS zurückgeführt. Neben der multiresistenten Tuberkulose geben derzeit auch sogenannte extrem resistente Tuberkulosestämme (XDR) Anlass zur Sorge. Diese hochresistente Tuberkulose ist medikamentös kaum noch behandelbar und führt bei Patienten mit HIV-Infektion innerhalb kurzer Zeit zum Tode. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein HIV-infizierter Patient nach einem Kontakt mit Tuberkulosebakterien auch eine Tuberkulose entwickelt, ist 100fach höher als bei einem nicht HIV-infizierten Menschen. Zwei Drittel der Tuberkuloseerkrankungen in Europa entfallen auf das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Aufgrund der geographischen Nähe und der Migration aus diesen Region ergab sich hieraus in den vergangenen Jahren eine besondere Relevanz für Deutschland. Von einer Lösung des Problems ”Tuberkulose” kann also nicht gesprochen werden. Gerade in den ärmeren Ländern fehlt das Geld für eine konsequente Therapie. Wichtig ist auch, dass die Therapie regelmäßig und lange genug durchgeführt wird. Hier ist die Zuverlässigkeit des Patienten gefordert, die oft genug nicht vorhanden ist. 8 2.2 Infektionsstand in Deutschland 2.3 Tuberkulose im Ostalbkreis Nach Angaben vom Robert Koch Institut erkrankten 2007 in Deutschland 5.020 Personen an einer aktiven Tuberkulose, das sind 7% weniger als 2006 (Die bundesweiten Zahlen liegen nur für das Jahr 2007 vor). ¾ Aufgetretene Tuberkulose-Fälle pro Jahr im Ostalbkreis 1998 -2008 40 Die Inzidenz (d. h. die Neuerkrankungsrate) im Jahr 2007 liegt bei 6,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern (2006: 6,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Die bereits in den Vorjahren bestehende rückläufige Tendenz setzte sich weiter fort. Mit einer Inzidenz von deutlich unter 20/100.000 Einwohner zählt Deutschland schon seit Jahren zu den so genannten „Niedrig-Inzidenz-Ländern“. 35 35 27 25 23 21 20 15 15 10 Aalen S.G m ünd O stalbkreis 30 30 12 15 17 20 19 16 16 10 14 11 5 24 7 11 14 15 8 9 8 5 12 10 8 4 4 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Im Jahr 2007 betrug die Tuberkuloseinzidenz der ausländischen Mitbürger 22,8/100.000 Einwohner und war damit das Fünffache der Inzidenz deutscher Staatsbürger (4,2/100.000 Einwohner). Die Abbildung zeigt den Verlauf der Tuberkulose-Fälle der letzten zehn Jahre im Ostalbkreis. Im Jahr 2008 wurden im Ostalbkreis insgesamt 12 Tuberkulose-Fälle gemeldet, 8 Fälle im Bereich Aalen (2007 waren dies 4) und 4 Fälle im Bereich Schwäbisch Gmünd (2007 waren dies 10). Insgesamt erkrankten 2007 in Deutschland Männer häufiger an einer Tuberkulose als Frauen (2007: Inzidenz 7,3 Männer vs. 4,9 Frauen pro 100.000 Einwohner). ¾ Auch bei der Kindertuberkulose zeigt sich eine rückläufige Entwicklung. Im Jahr 2007 erkrankten 180 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren an Tuberkulose. Merkmale der Tuberkulose-Fälle 2008 im Ostalbkreis Bei zehn der Erkrankungsfällen bestand eine Tuberkulose der Atmungsorgane, der Rest wies eine TBC anderer Organe auf. Erfreulicherweise hatten wir im Jahr 2008 keine Meldung von multiresistenter Lungentuberkulose (2005 war dies 1 Fall, 2006: 3 Fälle, 2007: 1 Fall). Im Jahr 2008 erkrankten Männer häufiger als Frauen an einer Tuberkulose. Im vorherigen Jahr dagegen waren es ebenso viele Männer wie Frauen. Im Jahr 2007 bestand bei den Erkrankungsfällen überwiegend eine Tuberkulose der Atmungsorgane (80,4%), die restlichen Fälle wiesen eine Tuberkulose anderer Organe auf. Ähnlich wie in den Vorjahren finden sich im Jahr 2007 die höchsten Tuberkuloseinzidenzen pro 100.000 Einwohner den Bundesländern Hamburg (9,0), Bremen (8,6) und Berlin (7,9). ¾ Die in den letzten Jahren beobachtete besorgniserregende Tendenz der Zunahme multiresistenter Tuberkulose-Erreger hat sich im Jahr 2007 nicht fortgesetzt. Für das Jahr 2007 zeigt sich erstmals eine Abnahme des Anteils der multiresistenten Tuberkulose, von 2,2% (79 Fälle) im Jahr 2006 auf 2,0% (66 Fälle) im Jahr 2007. Altersverteilung der Tuberkulose-Fälle im Jahr 2008 im Ostalbkreis bis 15Jahren 16 bis 30J: 17% 25% 31 bis 45J. 46 bis 60J. 24% 17% 17% 9 über 60J. Tuberkulose-Häufigkeit besteht, eine Röntgenaufnahme der Lunge anzufertigen. Die Altersverteilung ist in der zuvor stehenden Grafik dargestellt. Die Erkrankung betrifft alle Altersgruppen, auch zwei Kinder bis 15 Jahre erkrankten an einer aktiven Tuberkulose. Im Ostalbkreis setzte sich auch die rückläufige Tendenz, nach einem Anstieg im Jahr 2006, weiter fort. ¾ Herkunft der Tuberkulose-Fälle im Jahr 2008 im Ostalbkreis Wie die Abbildung zeigt, ist in den letzten Jahren die Neuerkrankungsrate in Baden Württemberg rückläufig (2007: 5,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Bei der Herkunft der Erkrankten hat sich eine Verschiebung ergeben. Der Anteil der ausländischen Erkrankten hat sich, im Vergleich zum Vorjahr, deutlich verringert und machte ein Drittel der Tuberkulose Fälle aus. Im Vorjahr war es die Hälfte. Die Neuerkrankungsrate im Ostalbkreis lag 2007 bei 4,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und damit unter dem Landsdurchschnitt. Allerdings sind bei den zehn deutschen Erkrankten drei Spätaussiedler aus osteuropäischen Ländern, in denen die Tuberkulose viel häufiger vorkommt als in Deutschland. Im Vorjahr waren es vier. ¾ Tuberkulose Fälle pro 100.00 Einwohner Vergleich: Baden-Württemberg und Ostalbkreis 8% 13,3 14 Deutschland 25% 12,7 12 Kasachstan 10 Türkei 11,2 Ostalbkreis 10,9 11,6 10,7 10,6 8 11,2 9,9 8,3 8,4 7,4 8,6 7,9 6 67% Baden-Württemberg 8,4 8,2 6,7 6,6 6,7 6,3 4 5,9 5,4 5,6 4,5 2 0 Die Grafik zeigt die Herkunftsländer der im Ostalbkreis aufgetreten Erkrankungen. 96 97 98 99 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Diese Zahlen zeigen, dass es sinnvoll ist, bei Migranten aus Ländern, in denen eine hohe 3. Die TBC-Abteilung im Geschäftsbereich Gesundheit 3.1 Personal und technische Ausstattung Untersuchungen auf Tuberkulose können in Aalen und in Schwäbisch Gmünd durchgeführt werden. über eine entsprechende klinische Ausbildung und spezifische Erfahrung im Bereich der Tuberkulose-Diagnostik und Therapie. Die Assistentinnen sind ausgebildete Med. Techn. Assistentinnen (MTAs), Krankenschwestern oder Arzthelferinnen und in die speziellen Aufgaben der Tuberkulosefürsorge eingearbeitet. Der Tätigkeitsbereich umfasst nicht nur medizinische Inhalte, Das Tuberkulosefürsorgeteam im Geschäftsbereich Gesundheit Ostalbkreis besteht aus einer Ärztin und je zwei Teilzeit-Assistentinnen in Aalen und Schwäbisch Gmünd. Die Ärztin verfügt 10 2007 sondern hat auch soziale und organisatorische Aspekte. In Einzelfällen müssen die Mitarbeiterinnen auch aufsuchend tätig werden, wenn sich die zu untersuchenden Personen nicht kooperativ zeigen. nationstherapie sind die Patienten nach 2-3 Wochen meist nicht mehr infektiös. Eine Ausheilung der Erkrankung dauert jedoch wesentlich länger und erfordert eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten über mehrere Monate. In beiden Standorten (Aalen und Schwäbisch Gmünd) ist die entsprechende Labor- und Röntgeneinrichtung im Haus vorhanden. Dies ist notwendig für eine sichere Diagnose und die Verlaufskontrolle dieser Krankheit. Umgebungsuntersuchung Überwachungsmaßnahmen Die im Rahmen der Tuberkulosebekämpfung durchgeführten Untersuchungen vom Geschäftsbereich Gesundheit sind für die Bevölkerung kostenlos. Beratung 3.2 Aufgabenbereiche Epidemiologie Statistik Aufgaben der Tuberkuloseabteilung Quellensuche Untersuchung von Risikogruppen Die Aufgabe des Geschäftsbereichs Gesundheit im Landratsamt Ostalbkreis bei der Bekämpfung der Tuberkulose umfassen: ¾ Umgebungsuntersuchung -Fallfindung -Aufdeckung von Infektionsketten und Eine Umgebungsuntersuchung wird veranlasst, wenn eine offene Lungentuberkulose an den Geschäftsbereich Gesundheit gemeldet wurde. -Verhütung der Weiterverbreitung dieser Krankheit Die engen Kontaktpersonen (d. h. Familienmitglieder, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen) eines ansteckenden Erkrankten müssen vorsorglich untersucht werden, denn sie könnten sich angesteckt haben, später manifest erkranken und wieder weitere Personen anstecken. Diese Untersuchung nennt man Umgebungsuntersuchung. Je nach Einzelfall sind mehrere Untersuchungen durchzuführen. Die Tuberkulose ist nach §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eine meldepflichtige Krankheit. Das bedeutet, dass ein Labor, Krankenhaus oder niedergelassener Arzt jede neue Erkrankung an Tuberkulose an den Geschäftsbereich Gesundheit melden muss. Die spezialisierte Tätigkeit der Tuberkulosebekämpfung im Geschäftsbereich Gesundheit erfordert fachkompetente, rasche, flexible und unbürokratische Zusammenarbeit mit den Betroffenen und ihren Angehörigen, niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern, Sozialversicherungsträgern, Betrieben, Speziallabors, unter Umständen der Staatsanwaltschaft, Polizei, Asylbewerbern, Sozial- und Ordnungsämtern. Die Personen, die mit dem Erkrankten (Indexfall) Kontakt hatten, werden ermittelt. Dazu wird der Erkrankte gebeten, eine Liste der Kontaktpersonen zusammenzustellen. • Wer soll untersucht werden? Nach einer Tuberkulosemeldung übernimmt der Geschäftsbereich Gesundheit die notwendigen seuchenhygienischen Ermittlungen. Der Geschäftsbereich Gesundheit muss sicherstellen, dass die Patienten eine Therapie erhalten und im Bedarfsfall isoliert werden. Damit soll die Infektionsgefahr für die Kontaktpersonen beseitigt werden. Unter einer wirksamen antituberkulösen Kombi- Im März 2007 wurden neue Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchung bei Tuberkulose veröffentlicht (Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchung bei Tuberkulose - Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose - DZK). Das Infektions- und Erkrankungsrisiko wird unter anderem von Häufigkeit, Dauer und Intensität des Kontaktes bestimmt, deshalb ist zwischen 11 Der Tuberkulose-Hauttest wird sinnvoller Weise acht Wochen nach der letzten Infektionsmöglichkeit (letzter Kontakt mit der an Tuberkulose erkrankten Person) angelegt, da beim negativen Ergebnis ansonsten ein Wiederholungstest erforderlich ist. Dieser wird frühestens am 3. Tag, spätestens am 7. Tag nach dem Anlegen abgelesen. Wenn sich an der Teststelle eine Verdickung der Haut gebildet hat wird der Test als positiv, wenn keine Verdickung zu spüren/tasten ist wird dies als negativ bewertet. engem und geringem Kontakt zu unterscheiden. Es wird empfohlen, in eine Umgebungsuntersuchung diejenigen Personen einzubeziehen, die in den letzten 2 -6 Monaten vor der Diagnosestellung, einen engen Kontakt zum Indexfall hatten, und zwar oder mit dem Indexfall intime Kontakte hatten oder in der gleichen Wohnung, im gleichen Zimmer oder sonstigen geschlossenen Räumen gelebt haben Ein negatives Testergebnis, 8 Wochen nach der letzten Infektionsmöglichkeit, zeigt an, dass keine Infektion mit Tuberkulosebakterien stattgefunden hat und insofern weitere Untersuchungen nicht erforderlich sind. besonders intensive, auch einmalige Kontakte mit dem Indexfall in geschlossenen Räumen hatten (und hier sind nicht nur intime Kontakte gemeint), wie sie z. B. vorkommen Bei allen Kontaktpersonen die positiv auf den Tuberkulose-Hauttest reagieren, ist einen Bluttest vorgesehen (Interferon-Gamma-Test) der auch vom Geschäftsbereich Gesundheit durchgeführt wird. Diese Blutuntersuchung ist notwendig, um ein positives Ergebnis vom TuberkuloseHauttest zu bestätigen und unnötige Röntgenaufnahmen zu vermeiden. -bei engen körperlichen Kontakten (Tanzen, Kampfsportarten, etc.) -bei pflegerischen Verrichtungen oder Atemgymnastik -bei zahnärztlicher oder HNO-ärztlicher Untersuchung sowie Lungenspiegelung (Bronchoskopie) oder Bei einem positiven Ergebnis des Bluttests (Interferon-Gamma-Test) ist eine Röntgenaufnahme der Lunge erforderlich. In der Regel muss die Röntgenuntersuchung nach 9 Monaten wiederholt werden. Bei entsprechenden Beschwerden wird auch der Auswurf untersucht. Personen die insgesamt mindestens 8 Stunden (bei der Meldung einer mikroskopischen offenen Lungentuberkulose) bzw. 40 Stunden (bei der Meldung einer kulturellen offenen Lungentuberkulose) in geschlossenen Räumen oder Verkehrsmitteln miteinander verbracht haben. Über die Notwendigkeit einer eventuell präventiven Behandlung werden die Kontaktpersonen im Geschäftsbereich Gesundheit aufgeklärt. Ausnahme sind Kontaktpersonen die evt. diese Kriterien nicht erfüllen aber zu einer Risikogruppe gehören (siehe Seite 6) und Kinder. Diese Vorgehensweise bei der Umgebungsuntersuchung unterscheidet sich bei Kindern unter 15 Jahren und Personen, die über 50 Jahre alt sind: Zur Duldung der entsprechenden Untersuchungen sind die Kontaktpersonen nach §§ 16, 25 und 26 IfSG verpflichtet. Vorgehensweise bei Kontaktpersonen unter 15 Jahren: Kinder sollen unverzüglich, nach Stellung der Diagnose beim Indexfall mittels eines Tuberkulose-Hauttests getestet werden. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit mit den betreuenden Kinderärzten zwecks klinischer Verlaufsbeobachtung und präventiver Behandlung sehr wichtig. Bei negativem Ergebnis des Tuberkulose-Hauttests wird dieser in ca. 8 (12) Wochen wiederholt. Bei einem positiven Ergebnis aber sind weitere Untersuchungen notwendig, um eine aktive Tuberkulose auszuschließen. Die beim Geschäftsbereich Gesundheit im Rahmen einer Umgebungsuntersuchung durchgeführten Untersuchungen sind kostenfrei. • Wie läuft eine Umgebungsuntersuchung ab? Nach Eingang der Kontaktpersonenliste werden die Kontaktpersonen benachrichtigt und ins Geschäftsbereich Gesundheit zu den notwendigen Untersuchungen eingeladen. 12 völlig beschwerdefrei, sodass die Tuberkuloseerkrankung ohne die Untersuchung vom Geschäftsbereich Gesundheit erst in einen späterem Stadium entdeckt worden wäre. Im Schnitt steckt ein unentdeckter Erkrankter pro Jahr 10 bis 15 weitere Personen an. Vorgehensweise bei Kontaktpersonen, die 50 Jahre oder älter sind: Die Röntgenaufnahme der Lunge ist für diese Gruppe die Untersuchung der Wahl. Die Durchführung des Tuberkulose-Hauttests wird nicht empfohlen, da ab Vollendung des 50. Lebensjahres gehäuft mit falsch-negativen Tuberkulinreaktionen zu rechnen ist. Ab dem 50. Lebensjahr ist mit einem größeren Risiko von unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen (z. B. Hepatitis) zu rechnen. ¾ Überwachungsmaßnahmen Der Geschäftsbereich Gesundheit hat die Aufgabe, den Verlauf der Krankheit zu begleiten und die Ausheilung sicherzustellen und zu überprüfen. Mit diesen Maßnahmen sollen bisher unerkannte Ansteckungsquellen und frisch angesteckte Personen entdeckt werden. Die Therapie der Tuberkulose dauert lange. Auch nach der medikamentösen Therapie, insbesondere wenn die Medikamente nicht regelmäßig und lange genug eingenommen wurden, kann es in den ersten Jahren zu einem erneuten Aufflammen der Erkrankung kommen. Um dies rechtzeitig zu erkennen, ist eine ärztliche Überwachung während und nach der Behandlung notwendig. ¾ Quellensuche Nach der Meldung einer geschlossenen Tuberkulose (d. h. eine Tuberkulose ohne KeimAusscheidung) werden die Kontaktpersonen ebenfalls untersucht. In diesem Fall wird nach einer Quelle gesucht, d. h. nach einer Person, die in der Umgebung des Erkrankten lebt und selbst krank ist und ihn infiziert hat. Diese Untersuchung nennt man Quellensuche. Die Behandlung und die Überwachung von Patienten mit Tuberkulose wird in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten durch den Geschäftsbereich Gesundheit durchgeführt. Da Kinder unter 10 Jahren als Ansteckungsquelle nur selten in Frage kommen, werden bei der Quellensuche in der Regel alle mindestens 10 Jahre alten Personen, die in den letzten zwei bis sechs Monaten engen Kontakt mit dem Indexfall gehabt haben, untersucht. Um sicherzustellen, dass die Einnahme der Medikamente jeden Tag zuverlässig erfolgt, sind regelmäßige Kontakte bzw. Nachfragen mit dem Patienten, Kontakte mit den behandelnden Ärzten und eventuell auch Hausbesuche erforderlich. In besonderen Fällen, wenn die Einnahme von Medikamenten nicht zuverlässig ist, organisiert der Geschäftsbereich Gesundheit eine überwachte Therapie, die im Geschäftsbereich Gesundheit, in einer Arztpraxis oder durch eine Sozialstation erfolgen kann. Diese sogenannte DOTS (= Directly Observed Treatment short course) wird seit 1991 von der WHO insbesondere für die Behandlung der multiresistenten Tuberkulose („MDR-Tuberkulose“) empfohlen. Für Kontaktpersonen ohne Symptome im Alter zwischen 10 bis unter 50 Jahren kommt ein Tuberkulose-Hauttest und/oder InterferonGamma-Test in Betracht. Im Fall eines positiven Testergebnisses ist eine Röntgenuntersuchung der Lunge erforderlich. Bei symptomatischen Kontaktpersonen ist eine Röntgenuntersuchung der Lunge vorrangig notwendig. Abgesehen von der Abklärung fraglicher Befunde bedarf es keiner Nachuntersuchung. Wenn ein Tuberkulose-Patient sich der notwendigen Behandlung entzieht oder sich nicht an die notwendigen Isolationsmaßnahmen hält, besteht nach dem Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit, eine sogenannte „Zwangsweise Absonderung“ in einem geschlossenen Krankenhaus anzuordnen. Dies bedeutet einen Freiheitsentzug zum Schutz der Umgebung. Hierzu Im Geschäftsbereich Gesundheit Ostalbkreis wurden im Jahr 2008 für Umgebungsuntersuchungen und Quellensuchen 387 Personen zur Untersuchung eingeladen. Sie sind je nach Sachlage ein- bis dreimal untersucht worden. Bei diesen Untersuchungen wurden zwei neue Tuberkulosefälle entdeckt. Alle beiden Personen hatten keine typischen Beschwerden oder waren 13 Auch heute noch meiden die Kontaktpersonen den Erkrankten aus Angst. Der Patient und seine Familie fühlen sich ausgegrenzt und diskriminiert. Leider ist in vielen Bevölkerungsgruppen eine Erkrankung an Tuberkulose immer noch ein Grund zur Kündigung von Arbeitsplatz oder Wohnung und Feindseligkeit auch innerhalb von Familien. ist eine richterliche Anordnung erforderlich, die auf Antrag von Gesundheits- und Ordnungsamt erfolgt. Multifaktorielle Problemlagen wie Drogen- oder Alkoholproblematik, Multiresistenzen, fehlende Krankheitseinsicht, Arbeitslosigkeit und eine zunehmende Verschlechterung der sozialen Verhältnisse erfordert eine engmaschige Überwachung, die sehr aufwendig sein kann. Durch die Beratung beim Geschäftsbereich Gesundheit werden die Familie und Umgebung des Patienten über die Tuberkuloseerkrankung, Übertragungswege, Behandlung und Maßnahmen, die die Weiterverbreitung der Tuberkulose verhindern, wie z. B. Umgebungsuntersuchung, Quellensuche oder Präventive Behandlung der Tuberkulose, informiert. Bei manchen Fällen können die auftretenden Schwierigkeiten sehr vielfältig sein. Die Sicherstellung der hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung, die Suche einer Unterkunft für einen Patient ohne festen Wohnsitz sowie klärende Anrufe bei Ämtern und Institutionen wie Krankenkassen, bis zur Organisation von Terminen und eventuell Begleitung zu Ärzten sind Aufgaben, die den Arbeitsalltag der Mitarbeiterinnen der Tuberkulose-Abteilung bestimmen. Im Einzellfall, wenn der Patient nicht mehr für sich selbst sorgen kann, regen wir eine Betreuung nach dem Betreuungsgesetz an. In Aufklärungsgesprächen informieren die Mitarbeiterinnen der Tuberkulose-Abteilung im Geschäftsbereich Gesundheit die Patienten und Kontaktpersonen und bauen so Vorurteile und Ängste ab. Im Rahmen von größeren Umgebungsuntersuchungen z. B. in Firmen, Heimen oder Schulen, werden die Kontaktpersonen vor Ort informiert (Vorträge, Infomaterial, Elternabend) und untersucht. Nach der Behandlung bleiben diese Patienten weiterhin in der Tuberkulose-Überwachung, bis eine Reaktivierung als nicht mehr wahrscheinlich gilt. Je nach Ablauf der Erkrankung oder nach dem Vorhandensein von Risikofaktoren, die eine Reaktivierung begünstigen, kann diese Überwachung mehrere Jahre dauern. Solche Risikofaktoren sind z. B. multiresistente TuberkuloseErreger, nicht konsequent durchgeführte Therapie durch unregelmäßige Tabletteneinnahme, Ausdehnung des Restbefundes in der Lunge, Zweiterkrankung wie HIV-Infektion oder Alkoholmissbrauch. Die Tuberkulose-Sprechstunde steht jedem ratsuchenden Bürger offen. Nicht nur Betroffene oder Angehörige, sondern auch Bürgerinnen und Bürger, die Fragen zur Tuberkulose haben, können den Rat vom Geschäftsbereich Gesundheit in Anspruch nehmen. ¾ Epidemiologie und Statistik Insgesamt ist die Anzahl der Tuberkulosefälle rückläufig, die Zahl von schwierigen Fällen, in denen eine Krisenintervention erforderlich ist, hat jedoch zugenommen. Im Jahr 2008 befanden sich insgesamt 67 Personen in der Überwachung (während und nach der Behandlung) durch den Geschäftsbereich Gesundheit im Ostalbkreis. Der Geschäftsbereich Gesundheit im Ostalbkreis erstellt monatliche und jährliche Statistiken über aktive und inaktive Tuberkulosefälle im Ostalbkreis. Alle eingegangenen Tuberkulosemeldungen werden an das Landesgesundheitsamt in Stuttgart übermittelt und von dort weiter an das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin gesendet. Dort werden Daten zur epidemiologischen Situation der Tuberkulose in Deutschland gesammelt und fachlich ausgewertet. Die Ergebnisse werden mit fachlichen Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie an die Gesundheitsämter und die Ärzteschaft zurückgegeben. ¾ Beratung Die Tuberkulose ist noch immer eine Krankheit, die als diskriminierend angesehen wird. Dies ist historisch bedingt, denn in der Nachkriegszeit war es eine Krankheit, die mit einem Kuraufenthalt in einem Sanatorium ohne Kontakt zur Außenwelt verbunden war. Öfters als heute verliefen die Erkrankungsfälle schwer und endeten tödlich. 14 ¾ Weitere Aufgaben der TuberkuloseAbteilung Untersuchungen zur Aufenthaltserlaubnis - Untersuchung für die Bereitschaftspolizei - Untersuchung von Risikogruppen wie Asylbewerber, Flüchtlinge, Obdachlose oder Häftlinge Zusätzlich ist die Tuberkulose-Abteilung verantwortlich für die Durchführung weiterer Untersuchungen im Geschäftsbereich Gesundheit, bei denen eine Tuberkuloseerkrankung auszuschließen ist, wie zum Beispiel: 4. Fazit • Mit diesem Bericht möchten wir die Bevölkerung über die Aufgaben der TuberkuloseAbteilung im Geschäftsbereich Gesundheit informieren. • Er wurde geschrieben, um die Arbeit der Tuberkulose-Fürsorge transparent zu machen und um Verständnis zu werben für die notwendigen Maßnahmen vom Geschäftsbereich Gesundheit im Zusammenhang mit einer Tuberkulose-Erkrankung. • Wir zeigen die Situation der Tuberkulose weltweit, in Deutschland und speziell im Ostalbkreis auf. • Die Tuberkulose ist keineswegs besiegt und macht durch die Zunahme der modernen Armut, Flüchtlingsströme, Drogensucht und Erregerresistenzen zunehmend auf der ganzen Welt Probleme. • • Nur durch Aufklärung/Beratung der Bevölkerung, Überwachung der Erkrankten sowie Veranlassung von Umgebungsuntersuchungen (wie zuvor beschrieben) können wir die Infektionsketten unterbrechen, die Weiterverbreitung der Tuberkulose verhindern und einen weiteren Rückgang der Krankheit fördern. • Die Tuberkulose-Abteilung im Geschäftsbereich Gesundheit Ostalbkreis ist in der Lage, für die Bevölkerung des Kreises eine Röntgenuntersuchung der Lunge im Amt in Aalen und in Schwäbisch Gmünd anzubieten. Das ist in Verbindung mit einer qualifizierten Beratung entscheidend für die rasche Entdeckung erkrankter und infektiöser Personen und für eine schnell einsetzende Therapie. • Zusammenfassend kann der Geschäftsbereich Gesundheit im Landratsamt Ostalbkreis in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern eine effektive Tuberkulosebekämpfung gewährleisten. Die aktuelle Statistik in unserem Kreis zeigt, dass auch bei rückläufigen Erkrankungszahlen bei uns kein Grund zur Entwarnung besteht. Im Ostalbkreis hatten wir in den letzten vier Jahren fünf Meldungen von offener multiresistenter Lungentuberkulose. 15 Tuberkulose Meldung Geschlossene Tuberkulose Offene Tuberkulose Geschäftsbereich Gesundheit Umgebungsuntersuchung Tuberkulose-Haut-Test 8 Wochen nach letztem Kontakt + Tuberkulose-Hauttest Ohne Wartezeit Beratung - Keine weiteren Maßnahmen Blutuntersuchung (Interferon-Gamma-Test) - - Röntgenuntersuchung der Lunge unauffällig nein Röntgenkontrolle nach Abschluss - + Röntgenuntersuchung der Lunge auffällig Präventive Behandlung + unauffällig Weitere Untersuchungen erforderlich + Weitere Untersuchungen erforderlich + ja Röntgenkontrolle nach 9 Monaten auffällig Tuberkulose Behandlung Ablaufschema 16 Blutuntersuchung (Interferon-Gamma-Test) + Quellensuche Mitarbeiterinnen der Tuberkulose-Abteilungen Francisca Geiger TBC-Fürsorgeärztin In Aalen Maria-Luise Dostal und in Schwäbisch Gmünd Doris Waibel Evelyn Schwarz Christel Meyer-Frank Öffnungszeiten und Erreichbarkeiten vom Landratsamt Ostalbkreis, Geschäftsbereich Gesundheit 73430 Aalen Julius-Bausch-Straße 12 (im Arbeitsamt) Tel.: 07361 503-1122 od.: 07361 503-1120 73523 Schwäbisch Gmünd Oberbettringer Str. 166 Tel.: 07171 32-4150 od.: 07171 32-4142 Mo., Mi., Do. und Freitag vormittags 08:15 - 11:45 Uhr Mo., Mi., Do. und Freitag vormittags 08:15 - 11:45 Uhr Mo. und Di. nachmittags 14:00 - 16:00 Uhr Mo. und Di. nachmittags 14:00 - 16:00 Uhr Donnerstag nachmittags 14:00 - 18:00 Uhr Donnerstag nachmittags 14:00 - 18:00 Uhr Tbc-Sprechstunde: Dienstag und Donnerstag 08:00 - 12:00 Uhr und nach Vereinbarung Tbc-Sprechstunde: Dienstag und 14:00 - 16:00 Uhr Freitag 08:00 - 12:00 Uhr und nach Vereinbarung 17