Fokus 2008_4 Titelseite.qxd 23.10.2008 Das Schildkrötenjournal 19:00 Seite 1 ISSN 1612-7900 1. November 2008 Und es geht doch Zeckenbefall Klein aber fein Testudo kleinmanni – wie man Nachzuchten zur Nachzucht bringt Erstaunliche Unterschiede bei Bulgariens Landschildkröten Kinosternon leucostomum – vielseitig, interessant und gut zu vermehren Seite 3 Seite 21 Seite 23 www.schildkroeten-im-fokus.de Fokus 2008_4 Inhalt.qxd 23.10.2008 19:13 Seite 3 Schildkröten im Fokus, Bergheim 5 (4), 2008: 3–15 Alrun Reinarz, Lübeck Testudo kleinmanni – Haltung und Nachzucht der Ägyptischen Landschildkröte Zur Haltung von Testudo kleinmanni kam ich nach einigen Jahren Erfahrung in der Pflege von Schildkröten verschiedener europäischer Arten. Ich fand den Winter einfach langweilig, da alle meine Landschildkröten in Winterstarre waren. So durchforstete ich meine Literatur auf der Suche nach einer Art, die genau dann ihren Aktivitätsschwerpunkt hat, und stieß auf die Beschreibung von Testudo kleinmanni. Schon rein optisch fand ich diese kleinbleibende Art ansprechend, so begann ich nach diesen Tieren Ausschau zu halten. Zu meiner großen Freude gelang es mir, 1999 die ersten beiden Nachzuchttiere von einem deutschen Züchter zu erwerben, im Jahre 2000 kamen weitere drei Tiere hinzu. Diese fünf Tiere sind inzwischen adult, stammen von zwei verschiedenen Züchtern und machen bis heute meine Zuchtgruppe aus. Ich habe bewusst darauf verzichtet, weitere Tiere zu der bestehenden Gruppe zu erwerben, da das Risiko, sich Krankheiten einzuschleppen, mit jedem Neuerwerb steigt. Abb. 1 Meine heutige Zuchtgruppe habe ich aus Nachzuchten aufgebaut – inzwischen sorgen die Tiere selbst regelmäßig für Nachwuchs – hier ein bei mir geschlüpftes Jungtier SCHILDKRÖTEN IM FOKUS 5 (4), 2008 3 Fokus 2008_4 Inhalt.qxd 23.10.2008 19:13 Seite 4 ALRUN REINARZ Abb. 2a-b Die adulten Tiere leben in einem Wintergarten (a). Die Becken können bei schönem Wetter unter das UVdurchlässige Vordach gerollt werden (b, noch im Bau), so dass die Tiere ohne Umsetzten in eine neue Umgebung direktes UV-Licht und Freilandaufenthalt bekommen. 4 SCHILDKRÖTEN IM FOKUS 5 (4), 2008 Fokus 2008_4 Inhalt.qxd 23.10.2008 19:14 Seite 5 Haltung und Nachzucht der Ägyptischen Landschildkröte Unterbringung und Einrichtung Meine adulten Tiere leben ganzjährig in einem Wintergarten. Das Dach ist mit Hoklartherm-Doppelstegplatten gedeckt, so dass UV-Licht einfällt. Im Sommer komme ich bei gutem Wetter komplett ohne zusätzliche Beleuchtung aus. Bei Schlechtwetterperioden – sowie während der kälteren Jahreszeiten – werden entsprechend der Witterung Lampen, in die Wände der Becken integrierte Heizmatten oder, wenn es sehr kalt wird, auch im Bodensubstrat verlegte Heizkabel zugeschaltet. Den großen Vorteil dieser Haltungsform stellt meiner Meinung nach die hohe Temperaturvarianz dar. Auf diese Weise kann ich deutlichere Nachtabsenkungen erreichen als in jedem Wohnzimmerterrarium, und während des Sommers herrschen im Wintergarten so hohe Temperaturen, wie ich sie ohne Hilfe des natürlichen Sonneneinfalls nie erreichen könnte. Genau diese große Bandbreite scheint die Ägyptischen Landschildkröten optimal zu stimulieren und das ist sicher ausschlaggebend für meine guten Nachzuchterfolge. Auch im natürlichen Habitat von Testudo kleinmanni treten starke Temperaturschwankungen im Jahresverlauf auf, so dass meine Wintergartenbedingungen diesen ungefähr entsprechen. Selbst die Schlüpflinge setze ich gleich diesen Bedingungen aus, ohne dass es bisher zu Problemen kam. Zwecks besserer Überwachung leben sie allerdings in ihrem jeweils ersten Winter in einem Zimmerterrarium. Das Bodensubstrat der Becken besteht aus lehmhaltigem Sand. Zunächst hatte ich meine Gehege mit losem Spielsand eingerichtet. Nachteilig war jedoch, dass der Sand wegen der Lauffreudigkeit der Tiere komplett verschleppt wurde. So entstanden ungewollte Hügel, an anderen Stellen war das Becken dann annähernd substratfrei. Auch die Bepflanzung ist bei losem Sand schwierig, da die Tiere gern im Wurzelbereich der Bepflanzung ruhen, sich also ein- und die Pflanzen dabei ausgraben. Das passiert zwar auch Abb. 3 Die Jungtiere verbringen den ersten Winter in einem oben offenen Zimmerterrarium Abb. 4 Bei längeren Schlechtwetterperioden wird auch im Wintergarten ein Strahler zugeschaltet SCHILDKRÖTEN IM FOKUS 5 (4), 2008 5 Fokus 2008_4 Inhalt.qxd 23.10.2008 19:15 Seite 6 ALRUN REINARZ Abb. 5 Der Bodengrund besteht aus lehmhaltigem Sand – hier können sich die Schildkröten auch für die Trockenruhe eingraben und direktes UV-Licht und Freilandaufenthalt bekommen. Abb. 6 Ägyptische Landschildkröten, die während der Sommerruhe kurzfristig aktiv sind, werden gezielt mit einer Einmalspritze getränkt. 6 SCHILDKRÖTEN IM FOKUS 5 (4), 2008 noch bei lehmhaltigem Bodengrund, aber doch in einem erheblich geringeren Ausmaß. Meine Bepflanzung wechselt immer mal wieder, da nur wenige Arten der Dauerbelastung – wenig Wasser bei gleichzeitigem Angriff auf den Wurzelbereich sowie Abknabberattacken – standhalten. Am längsten haltbar sind einige Agavenarten (Agave filifera, A. stricta, A. toumeyana), wenn sie dem Habitat auch von der Herkunft nicht ganz entsprechen. Außerdem setze ich immer mal wieder Seggen in die Becken ein. Sie vertrocknen zwar mit der Zeit, haben aber trotzdem noch einen gewissen Zierwert und werden von den Tieren gern als Versteckplätze genutzt. Auch hochstämmige Sukkulenten beispielsweise Crassula ovata (Geldbaum) sind zur Bepflanzung geeignet. Unterschlüpfe aus Steinplatten sowie Totholz, um die Becken besser zu strukturieren, vervollständigen die Einrichtung. Da die adulten Tiere nur sehr selten aus Wasserschälchen trinken, halte ich es nicht für sinnvoll, diese dauerhaft im Becken zu belassen. Durch die hohe Lauffreudigkeit der Tiere sind Trinkgefäße ohnehin innerhalb kürzester Zeit verschmutzt bzw. voll Substrat geschleppt. Wässert man hingegen das Becken mittels Wäschesprenger, werden Tropfen von Pflanzen und Steinen gierig durch die Nase aufgesogen. Während des Winters sprenge ich jeden zweiten Tag. Wasserpfützen auf Steinplatten trocknen binnen kurzer Zeit wieder aus. Auch das Substrat trocknet schnell wieder ab. Macht ein Weibchen Anstalten, zur Eiablage zu schreiten, werden potentielle Stellen gewässert, um die Grabfähigkeit des Substrates zu erhöhen. Auch die Pflanzen werden gelegentlich gegossen. Vor dauerhaft nassen Stellen möchte ich in diesem Zusammenhang aber deutlich warnen, da das die idealen Areale sind, in denen sich Feuchtkeime (z. B. Pseudomonas sp.) ansiedeln können. Jahresrhythmus Die Saison beginnt Ende November, Anfang Dezember mit den ersten Paarungsaktivitäten der Männchen. Ein Männchen belasse ich ganzjährig bei den drei weiblichen Tieren, das zweite Männchen kommt nur tageweise kontrolliert zu den Weibchen, da es sehr aggressiv ist und die weiblichen Schildkröten bei dauerhafter Vergesellschaftung extrem stresst. Die Paarungsversuche sind nicht zu überhören, da die Fokus 2008_4 R ckseite.qxd 23.10.2008 19:36 Seite 1 Inhalt EDITORIAL / IMPRESSUM 2 ALRUN REINARZ Testudo kleinmanni – Haltung und Nachzucht der Ägyptischen Landschildkröte 3 JOB STUMPEL Siamesische Zwillinge bei der Dreistreifen-Klappschildkröte (Kinosternon baurii, GARMAN, 1891) 16 HANS-JÜRGEN BIDMON WISSENSCHAFT IM FOKUS 18 STEFAN GABRIEL Zeckenbefall an Europäischen Landschildkröten in Bulgarien 21 EWALD MISTELBAUER Die Weißmaul-Klappschildkröte Kinosternon leucostomum DUMÉRIL, BIBRON & DUMÉRIL, 1851, im Fokus 23 IM FOKUS 2. Landschildkröten-Workshop der Schildkröten im Fokus 35 SCHILDKRÖTEN IM FOKUS ist in BIOSIS® Zoological Record gelistet