Musikverein Regensburg e. V. Freitag, 20. Februar 2015, 19:30 Uhr, Vielberth-Gebäude der Universität (H 24) DUO LÖSCH/BÄHR Kathrin Lösch, Flöte Melanie Bähr, Klavier Die beiden Musikerinnen Kathrin Lösch und Melanie Bähr entdeckten bereits während ihrer Studien an der Karlsruher Musikhochschule die Kammermusik als ihre gemeinsame Leidenschaft, und so wurde schon bald ihr Musizieren als elegant, lebendig, farbig und geschmeidig beschrieben. Als Duo erhielten sie Unterricht bei A. Merkle, R. Greiss-Armin,H. Höll und M. Allin in Karlsruhe. Beide Musikerinnen studieren zurzeit in der Kammermusikklasse von Angelika Merkle an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (Main) und erhielten 2012 den Bad Homburger Förderpreis für Kammermusik, sowie 2013 ein Stipendium des Deutschen Musikwettbewerbs, woraufhin sie in die 58. Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler aufgenommen wurden. Im Sommer 2013 war das Duo bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen und beim Rheingau Musik Festival zu hören Die österreichische Flötistin Kathrin Lösch studierte bei Barbara Gisler-Haase an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und schloss ihr Masterstudium an der Hochschule für Musik Karlsruhe mit Auszeichnung ab. Nach mehreren ersten Bundespreisen beim nationalen Jugendmusikwettbewerb Prima la musica in Österreich war sie als 19Jährige Preisträgerin beim Internationalen Flöten-Wettbewerb Friedrich Kuhlau in Uelzen und wurde ein Jahr später in das Gustav Mahler Jugendorchester unter der Leitung von Claudio Abbado aufgenommen. 2012 bis 2013 war sie Akademistin im Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam, und seit Dezember 2012 ist sie als 1. Soloflötistin im Tiroler Symphonieorchester Innsbruck engagiert. Melanie Bähr, geboren in Lahr im Schwarzwald, war bis zum Abitur Schülerin von Manfred Kratzer. Während dieser Zeit gewann sie mehrere Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben, unter anderem einen ersten Preis beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Kategorie Klavier solo. An der Hochschule für Musik Karlsruhe studierte sie Klavier bei Carmen Piazzini und Sontraud Speidel sowie Liedgestaltung in der Klasse von Mitsuko Shirai und Hartmut Höll. Melanie Bähr erhielt mehrere Förderpreise. Konzerte führten sie zu verschiedenen Festivals, u. a. zum Internationalen Klavierduo-Festival Bad Herrenalb mit den „12 Pianisten“, zum Rheingau Musik Festival mit der Liedklasse der Karlsruher Musikhochschule sowie zu den Weingartner Musiktagen. -2- Programm Charles Marie Widor 1844 - 1937 Suite op.34 I. Moderato II. Scherzo: Allegro vivace III. Romance: Andantino IV. Final: Vivace Toshio Hosokawa geb. 1955 Lied für Flöte und Klavier Franz Schubert 1797 - 1828 Introduktion und Variationen über das Lied „Trockne Blumen“ D 802 --- Pause --- Johann Sebastian Bach 1685 - 1750 Sonate h-Moll BWV 1030 Andante Largo e dolce Presto Sergej Prokofjew 1891 – 1953 Sonate D-Dur op.94 Moderato Scherzo: Presto Andante Allegro con brio Charles Marie Widor: Suite op. 34 für Flöte und Klavier Der Name Charles-Marie Widors ist so eng mit der französischen Orgelmusik verbunden, dass meist vergessen wird, dass Widor nicht nur gewaltige Orgelsymphonien komponierte, sondern auch ein umfangreiches Oeuvre an Orchester- und Kammermusik schuf. Immerhin: Mögen Widors Sonaten für Violine oder Cello und seine Kompositionen für Klavier und Streicher vom Trio bis zum Quintett auf den Konzertpodien dank übermächtiger klassischer Konkurrenz kaum eine Chance erhalten, so erinnern sich doch wenigstens die Flötisten bei ihrem weit schmaleren Repertoire gerne an Widors Suite op. 34, die vermutlich 1877 komponiert wurde. Das spätromantische Werk ist ganz auf die spieltechnischen Möglichkeiten der Flöte zugeschnitten und nicht von ungefähr dem seinerzeit bedeutendsten Flötisten und Flötenlehrer in Frankreich, Paul Taffanel gewidmet, der es 1884 zur Uraufführung brachte. Trotz ihrer Bezeichnung verbindet Widors Komposition wenig mit der barocken Suite als einer Folge von Tanzsätzen. Eher handelt es sich bei diesem Werk um eine verkappte -3viersätzige Sonate, bei der ein relativ bewegtes „Moderato“ und ein „Vivace“ die schnellen Rahmensätze bilden. Dazwischen stehen ein munteres Scherzo und eine „Romance“, welche die Position des langsamen Satzes vertritt. Der erste Satz lehnt sich, wenn auch ohne ausgesprochenen Themendualismus, an die Sonatenform an. Als Aufbruchssignal wirkt ein im Klavier sforzato intoniertes steigendes Septintervall mit anschließendem Sekundfall. Dieses Motiv wird von der Flöte echoartig wiederholt. Erst nach einer Zäsur in Form einer Fermate kommt die Musik richtig in Gang: mit einem weitgeschwungenen Thema der Flöte, das mit dem bereits zweifach vernommenen Septanstieg beginnt. In unablässiger Sechzehntelbewegung steigert sich die Musik vom Piano und Pianissimo bis zu einem Fortissimo-Mittelteil, in dem die Flötenstimme über wogenden Arpeggien des Klaviers in höchste Regionen aufsteigt. Ein Flötensolo führt zur stark veränderten Reprise des Anfangs, nach der ein weiterer Alleingang des Blasinstruments das ganz lapidare Ende des Satzes in c-Moll ankündigt - der Grundtonart, die jedoch über weitere Strecken mehr verschleiert als deutlich gemacht wird. Im Scherzo, das eigentümlicherweise nach e-Moll ausweicht, schickt Widor abermals dem eigentlichen Beginn des Satzes ein Signal voraus: einen den Themenbeginn vorwegnehmenden doppelten Oktavsprung nach oben. „Leggiero assai sempre staccato“ begleitet das Klavier anschliessend mit kurz abgerissenen Akkordrepetitionen das kleingliedrig phrasierte Scherzo-Thema der Flöte. Mehr sanglich gehalten ist der Mittelteil, in dem zunächst das Klavier führt, bevor seine Melodie in die Flötenstimme gelangt. Tonal in die Nachbarregion des Kopfsatzes zurück führt das As-Dur-Andantino, bei welchem das Klavier mit bewusst simplen Akkordbrechungen den „Romanzen“-Vortrag der Flöte grundiert. Im Mittelteil des Satzes, der im Pianissimo beginnt, deuten sich neue Energien zunächst im Klavierpart und einem markanten Quartsprungmotiv der Flöte an. Dennoch ist es überraschend, wenn sich die Musik in der Folge dramatisch verdichtet und in einem kurzen Vivo-Abschnitt kulminiert, nach dem eine hochvirtuose Flötenkadenz zur Wiederholung der Romanze zurückleitet. Unruhig treibende Sextolenfiguren des Klaviers eröffnen den Finalsatz und bilden die Grundierung für ein leise ertönendes, aber weitgeschwungenes und expressives Thema der Flöte, dem sich ein zweiter, in Vierteln stufenweise schreitender Gedanke anschließt. Nach entwickelnder Wiederholung dieser beiden musikalischen Komplexe weicht der Mittelteil des Satzes kurz nach As-Dur aus und hebt mit einer im Tempo zurückgenommenen Variante des zweiten Gedankens an. Die Wiederaufnahme des Anfangs ist neuerlich umgestaltet (mit völlig anderem Begleitpart) und mündet in einen großen, durch Fortissimotriller des Klaviers und exaltierte Sprünge und Passagen der Flöte markierten Höhepunkt. Die kurze Coda steigert sich schnell aus ruhigem Beginn zu einem kraftvoll-brillanten Schluss. Toshio Hosokawa: Lied für Flöte und Klavier „Musik ist eine Kalligraphie durch Klänge, die auf der Leinwand des Schweigens gemalt wird.“ Mit dieser Aussage zeigt der 1955 in Hiroshima geborene japanische Komponist Toshio Hosokawa seine Affinität zur fernöstlichen Schriftkunst und zu den Prinzipien asiatischer Philosophie. Zwar verbrachte Hosokawa längere Studienjahre in Deutschland, nämlich ab 1976 in Berlin bei Isang Yun und von 1983 bis 1986 nochmals in Freiburg bei Klaus Huber. Doch gerade die intensive Begegnung mit der westlichen Musiktradition ließ ihn den Wert -4der eigenen kulturellen Wurzeln erkennen. Während in der europäischen Kultur Musik erst als Folge von Tönen Gestalt gewinnt, lebt in der asiatischen Musik schon der Ton für sich. Vom Ansatz bis zum Verklingen ist er Wandlungen unterworfen, schwebt und vibriert, ändert seine Dynamik, schwankt in der Höhe und wird mit Verzierungen ausgestaltet. Aus solchen Tönen, immer wieder durchsetzt von Momenten der Stille, entwickelt sich die Zeichenschrift von Hosokawas Musiksprache. Ein Stück derartiger Kalligraphie ist auch sein „Lied“ für Flöte und Klavier, das dem Hörer trotz des Titels keine sangbare Melodik im herkömmlichen Sinn bietet. Von einem Anfangston in der tieferen Lage beginnend entwickelt die Flöte aus der Ruhe heraus einzelne, durch Pausen abgegrenzte Phrasen, die sich allmählich einen weiteren Tonraum erobern. Das Klavier sekundiert mit kurzen Einwürfen: Klangtupfern und Clustern, Arpeggien und Tongirlanden. Die Musik wird bewegter und entwickelt im Mittelteil des etwa fünf Minuten dauernden Stücks einen leichtgewichtigen, kapriziösen Scherzandoton. Sie beginnt zu schillern und zu gleißen, wenn beide Instrumente sich in ihre höchsten Register bewegen. Eine lange Zäsur geht dem wieder ruhigeren Schlussteil voraus, in dem sanfte Tremoli der Flöte allmählich mit reinen Lufthauchen und bloßen Anblasgeräuschen durchsetzt werden, bevor sich dieses „Lied“ völlig ins Nichts auflöst. Franz Schubert: Introduktion und Variationen über ein Thema aus den Müller-Liedern op. 160 (D 802) Seine Variationen über das eigene Lied „Trockne Blumen“ aus dem Zyklus „Die schöne Müllerin“ komponierte Schubert 1824 wahrscheinlich für den Freund Ferdinand Bogner, einen begabten Flötisten. Der Textgehalt des Liedes - die Trauer eines Unglücklichen über erkaltete Liebe, verbunden mit Todesphantasien - tritt in diesen Instrumentalvariationen völlig in den Hintergrund. Schon das Thema ist gegenüber der Liedfassung geändert: es beginnt in e-Moll und wendet sich dann im zweiten Teil nach E-Dur, ohne, wie in der Liedvorlage, nach Moll zurückzuführen. Die folgenden Variationen sind vor allem daraufhin angelegt, dem Flötisten Raum zur Entfaltung geradezu halsbrecherischer virtuoser Künste zu geben; aber auch das Klavier - z.B. in der zweiten Variation mit ihren Staccato-Oktavgängen im Bass - ist in diese Virtuosität einbezogen. Dazu kontrastieren die Variation 3 als lyrischer Ruhepunkt und die nach cis-Moll ausweichende, imitatorisch geführte Nr. 6. Während eine vorangestellte Introduktion mit düsteren und dramatischen Zügen dem Inhalt des Liedes noch am ehesten nahezustehen scheint, ist in der abschließenden Variation 7 davon nichts mehr zu spüren: ein triumphaler E-Dur-Marsch rundet das Werk musikalisch brillant ab. Johann Sebastian Bach: Sonate h-Moll BWV 1030 Recht verschiedene Gattungstraditionen treffen in Bachs h-Moll-Sonate für Flöte und Tasteninstrument zusammen und ergeben dennoch ein einheitliches Ganzes. Da ist einmal das barocke Concerto, das mit seiner Satzfolge schnell - langsam - schnell der h-Moll-Sonate den äußeren Rahmen vorgibt und das in der Mitte stehende Largo e dolce auch satztechnisch prägt. Hier hat die Flöte als Soloinstrument fast ausschließlich das Wort, während der Klavierpart bis auf wenige überleitende Phrasen auf eine reine Begleitrolle im Sinne eines Basso continuo beschränkt ist. -5Anders ist dies im Einleitungssatz, der trotz der Tempobezeichnung „Andante“ durch seinen inneren Bewegungsreichtum die Stelle eines schnellen Kopfsatzes vertritt. Dieses sehr ausgedehnte Andante erscheint bis auf wenige harmonische Ausfüllungen als dreistimmiger Triosonatensatz mit zwei in Bewegung und thematischem Gehalt völlig gleichberechtigten Oberstimmen. Das in sich zweigeteilte Presto-Finale beginnt sogar noch strenger: als dreistimmige Fuge, in der keine der Stimmen jemals pausiert und der auch kontrastierende freiere Zwischenspiele völlig fehlen. Überraschend ist es, wenn diese im Alla-breve-Takt notierte Fuge – so, als würde die Sonate abschließend zur Suite - überraschend in eine hüpfende Gigue im 12/16Takt umschlägt. Doch hängt beides eng zusammen, was der Hörer allerdings ohne Blick in die Noten kaum merkt: Das Thema dieser ebenfalls imitatorisch gearbeiteten Gigue ist in seinem Tonhöhenverlauf ganz aus dem anfänglichen Fugenthema abgeleitet. Sergej Prokofjew: Sonate D-Dur op. 94 für Flöte und Klavier Prokofjews 1943/44 komponierte Sonate op. 94 gehört zu jenen eher seltenen Werken des 20. Jahrhunderts, die von vornherein für die Flöte als Melodieinstrument bestimmt sind. Prokofjew empfand es ausdrücklich als Herausforderung, ein Stück für ein Instrument zu schreiben, das „in der Musikliteratur nicht genügend beachtet“ ist. Auf Bitten des Geigers David Oistrach ließ er sich freilich bestimmen, eine zweite Fassung mit veränderter Solostimme herzustellen, so dass das Werk heute als „Zweite Violinsonate“ fast geläufiger ist denn in der originalen Version für Flöte. Begonnen hatte Prokofjew die Komposition in bedrängten Umständen: während seines Aufenthalts in Alma-Ata, wohin er als wichtiger Sowjetkünstler aus Moskau evakuiert worden war. Vollendet wurde die Sonate Mitte Juni 1942 in Perm, bevor noch das Kriegsgeschick mit der Schlacht um Stalingrad 1942/43 sich zugunsten der Sowjetunion wendete. Die lyrische und fröhliche Grundstimmung der Komposition mutete Prokofjew selber als „vielleicht unpassend zum jetzigen Zeitpunkt“ an, vielleicht kann man sie aber auch umgekehrt als ein Stück Sehnsucht nach der Wiedergewinnung einer heilen und friedlichen Welt lesen. Das viersätzige Werk ist ganz aus dem Geist des Neoklassizismus heraus geschaffen: mit einem transparenten, gelegentlich bis zur Zwei- und Einstimmigkeit reduzierten Tonsatz, klassischen Begleitformeln im Klavierpart und einer äußerst übersichtlichen Gliederung der vier Sätze. Als typisch für Prokofjews individuellen Umgang mit der Tonalität mag man den Kopfsatz in traditioneller Sonatenform nehmen: Beide Themen sind aus Brechungen des Dur-Dreiklangs erfunden, schweifen jedoch mittels unauffälliger kleiner Rückungen sehr schnell von D-Dur bzw. A-Dur in andere Tonartbereiche ab. Im folgenden kapriziösen Scherzo, das sein Spiel mit metrischen Irritationen zwischen 3/4und 2/4-Takt treibt, nähert sich Prokofjew auffällig der Klangsprache Schostakowitschs. Ein ganz ruhig gehaltener Mittelteil bietet hierzu einen deutlichen Kontrast. Fast ein wenig naiv setzt dann das eine dreiteilige Liedform aufweisende F-Dur-Andante in der Flötenstimme ein; bei seiner Reprise wird es - nach Ges-Dur transponiert - dem Klavier überantwortet, während sich die Flöte in Figurationen ergeht. Wie der Kopfsatz, so beginnt auch das SonatenrondoFinale mit einem D-Dur-Dreiklangsthema: Betont keck und pfiffig erklingt es in der Flöte, die damit einen lässig-heiteren Grundton für diesen fröhlichen Kehraus anschlägt.