Technische Universität München SS 2006 Zentrum

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Technische Universität München
Zentrum Mathematik
Prof. Dr. J. Hartl
Dr. Hannes Petermeier
Dr. Cornelia Eder
Dipl.-Ing. Martin Nagel
SS 2006
Blatt 7
Höhere Mathematik 2 (Weihenstephan)
1. In einer Urne befinden sich 3 rote und 2 schwarze Kugeln. Bestimmen Sie die
Menge E der Elementarereignisse, falls
a) 3 Kugeln gleichzeitig,
b) 3 Kugeln hintereinander ohne Zurücklegen gezogen werden.
Lösung:
R . . . Ziehen einer roten Kugel
S . . . Ziehen einer schwarzen Kugel
In (hoffentlich) verständlicher Kurzschreibweise:
a) E = {RRR, RRS, RSS}
b) E = {RRR, RRS, RSR, SRR, RSS, SRS, SSR}
2. Aus der Menge {1, 2, 3, 4, 5} wird zweimal hintereinander eine Ziffer ohne
Zurücklegen gezogen. Geben Sie die Menge der Elementarereignisse an.
Lösung:
E = {12, 13, 14, 15, 21, 23, 24, 25, 31, 32, 34, 35, 41, 42, 43, 45, 51, 52, 53, 54}
3. Beim Werfen eines Dodekaeders (= regulärer 12-Flächner) ist die Menge der
Elementarereignisse E = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12}. Mit den Buchstaben
A bis D seien folgende Ereignisse bezeichnet:
A: Werfen einer geraden Zahl
B: Werfen einer durch 3 teilbaren Zahl
C: Werfen einer Primzahl
D: Werfen einer Zahl größer 5
a) Stellen Sie die Ereignisse A bis D durch die entsprechenden Mengen der
Elementarereignisse dar.
b) Stellen Sie ebenfalls die Ereignisse A ∪ B, B ∩ C, A ∩ D, A ∩ (B ∪ D),
B ∪ D durch die Mengen ihrer Elementarereignisse dar und beschreiben
Sie verbal die fünf obigen Ereignisse.
c) Stellen Sie folgende verbal beschriebene Ereignisse mit Hilfe der Ereignisse A bis D und Mengenoperationen dar:
H: Werfen einer durch drei teilbaren Zahl größer 5
I: Werfen einer ungeraden Zahl kleiner oder gleich 5
J: Werfen einer Primzahl oder einer nicht durch 3 teilbaren geraden Zahl
K: Werfen einer ungeraden und nicht durch drei teilbaren Zahl
Lösung:
a) A = {2, 4, 6, 8, 10, 12},
B = {3, 6, 9, 12},
C = {2, 3, 5, 7, 11},
D = {6, 7, 8, 9, 10, 11, 12}.
b) A ∪ B = {2, 3, 4, 6, 8, 9, 10, 12} . . . Werfen einer durch zwei oder durch
drei teilbaren Zahl.
B ∩ C = {3} . . . Werfen einer durch drei teilbaren Primzahl.
A ∩ D = {2, 4} . . . Werfen einer geraden Zahl, die höchstens gleich fünf
ist.
Allgemein gilt für Mengen A, B, D:
A ∩ (B ∪ D) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ D)
Daher gilt hier:
A ∩ (B ∪ D) = {6, 12} ∪ {6, 8, 10, 12} = {6, 8, 10, 12} = A ∩ D . . . Werfen
einer geraden Zahl größer oder gleich fünf.
Allgemein gilt:
B∪D =B∩D
Daher gilt hier:
B ∪ D = {1, 2, 4, 5, 7, 8, 10, 11} ∩ {1, 2, 3, 4, 5} = {1, 2, 4, 5} . . . Werfen
einer Zahl, die höchstens gleich fünf und zugleich nicht durch drei teilbar
ist.
c) Stellen Sie folgende verbal beschriebene Ereignisse mit Hilfe der Ereignisse A bis D und Mengenoperationen dar:
H: Werfen einer durch drei teilbaren Zahl größer 5
I: Werfen einer ungeraden Zahl kleiner oder gleich 5
J: Werfen einer Primzahl oder einer nicht durch 3 teilbaren geraden Zahl
K: Werfen einer ungeraden und nicht durch drei teilbaren Zahl
H = B ∩ D, I = A ∩ D = A ∪ D, J = C ∪ (A − B) = C ∪ (A ∩ B),
K = A − B = A ∩ B = A ∪ B.
4. A und B seien unabhängige Ereignisse mit P (A) = 0.2 und P (B) = 0.6.
Bestimmen Sie P (A ∪ B), P (A ∩ B), P (A ∩ B)
Lösung:
P . . . probability = Wahrscheinlichkeit . . . w
P (A) = 0, 2, P (B) = 0, 6, A und B unabhängig
Für unabhängige Ereignisse gilt nach Vorlesung: P (A∩B) = P (A)P (B). Daher
gilt hier:
P (A ∩ B) = 0, 2 · 0, 6 = 0, 12
Für beliebige Ereignisse gilt nach Vorlesung: P (A∪B) = P (A)+P (B)−P (A∩
B). Daher gilt hier:
P (A ∪ B) = 0, 2 + 0, 6 − 0, 12 = 0, 68
Sind A, B unabhängige Ereignisse, so sind nach Vorlesung auch A, B unabhängige Ereignisse. Daher ist
P (A ∩ B) = (1 − 0, 2) · (1 − 0, 6) = 0, 8 · 0, 4 = 0, 32
5. Zur Früherkennung einer Krankheit, von der 0.5% der Bevölkerung befallen
sei, werde ein medizinischer Test durchgeführt. Dieser zeigt bei Gesunden
in 95% der Fälle eine negative und nur in 5% eine positive Reaktion, bei
Kranken ist es genau umgekehrt. Wie wahrscheinlich ist, daß eine Person
wirklich krank ist, wenn bei ihr der Test positive Reaktion gezeigt hat?
Lösung:
Bezeichnungen:
G . . . gesund
K . . . krank
P . . . positiv getestet, d.h. mit dem Testergebnis ”krank“
N . . . negativ getestet, d.h. mit dem Testergebnis ”gesund“
Ges.: wP (K)
Geg.: w(K) = 0, 005,
wG (N ) = 0, 95,
wG (P ) = 0, 05,
wK (N ) = 0, 05,
wK (P ) = 0, 95.
Nach der Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit gilt:
wP (K) =
w(P K)
w(P )
(1)
Für den Zähler: Nach dem Produktsatz gilt:
w(P K) = w(P )wP (K) = w(K)wK (P )
(2)
Das erste Gleichheitszeichen bringt nicht viel, aber das zweite Gleichheitszeichen können wir verwenden.
Für den Nenner: P lässt sich schreiben als Vereinigung von unvereinbaren
Ereignissen: P = P K + P G:
w(P ) = w(P K + P G) = w(P K) + w(P G) = w(K)wK (P ) + w(G)wG (P )
In
w(P ) = w(K)wK (P ) + w(G)wG (P )
(3)
sind die Größen auf der rechten Seite alle gegeben bis auf w(G), und das ist
1 − w(K), also auch bekannt.
Aus (1) erhält man mit (2) und (3):
w(K)wK (P )
=
w(K)wK (P ) + (1 − w(K))wG (P )
0, 005 · 0, 95
5 · 95
95
19
=
=
=
≈ 0, 087 = 8, 7%
0, 005 · 0, 95 − 0, 995 · 0, 05
5 · 95 + 995 · 5
1090
218
wP (K) =
Obwohl nur bei 5 % der Gesunden fälschlich Krankheit angezeigt wird, wird
bei etwa 91,3 % der positiv Getesteten fälschlich Krankheit angezeigt!
6. Ein Kasten Bier enthält 15 volle und 5 leere Flaschen.
1. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dreimal hintereinander zufällig eine
leere Flasche zu ziehen, wenn die Flaschen nach dem Zug wieder in den
Kasten zurückgestellt werden?
2. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, beim dritten Zug zufällig eine leere
Flasche zu ziehen, wenn die Flaschen nach dem Zug nicht in den Kasten
zurückgestellt werden?
Lösung:
Um sinnvoll rechnen zu können, müssen wir bei der Teilaufgabe 1 voraussetzen, dass man sich nicht merkt, welche Flaschen man schon gezogen hat und
ob diese Flaschen leer waren. Wir setzen also voraus, dass in Teilaufgabe 1
die einzelnen Flaschenziehungen unabhängig voneinander sind. (Sonst müsste
über die Abhängigkeit etwas vorausgesetzt sein.) Wem die Aufgabe zu wenig
realitätsnah ist, der kann sich vorstellen, dass der Bierkasten im Keller steht,
es dunkel ist und die Lampe ausgebrannt ist. Außerdem kann er die leeren
Flaschen durch (volle) Weißbierflaschen ersetzen und annehmen, dass jede
Ziehung von einer anderen Person ausgeführt wird.
1. Die Wahrscheinlichkeit, eine leere Flasche zu ziehen ist nach der Lapla5
= 14 . Die Wahrscheinlichkeit, dass
ceschen Abzählregel in jedem Zug 20
das dreimal hintereinander passiert ist (wegen der angenommenen Un1
abhängigkeit der Ereignisse) ( 14 )4 = 64
= 0, 015625 = 1, 5625%
2. Alle Möglichkeiten, beim dritten Zug eine leere Flasche zu ziehen, kann
man in folgender Form aufschreiben: LLL, LVL, VLL, VVL. Dabei bedeutet V das Ziehen einer vollen Flasche, L das Ziehen einer leeren Flasche.
Diese Ereignisse sind unvereinbar, und ihre Wahrscheinlichkeiten sind der
Reihe nach:
5 4 3
5 15 4
15 5 4
15 14 5
·
· ,
·
· ,
·
· ,
·
· .
20 19 18 20 19 18 20 19 18 20 19 18
Die gesuchte Wahrscheinlichkeit ist die Summe dieser vier Wahrscheinlichkeiten, also gleich
1
· (5 · 4 · 3 + 5 · 15 · 4 + 15 · 5 · 4 + 15 · 14 · 5) =
20 · 19 · 18
1
· (5 · 4 · (3 + 15 + 15) + 15 · 14 · 5) =
20 · 19 · 18
660 + 1050
1710
171
9
1
=
=
=
=
20 · 19 · 18
20 · 19 · 18
2 · 19 · 18
2 · 18
4
7. 4% der bayerischen Bevölkerung haben die Blutgruppe AB. Es werden zufällig
100 Bayern ausgewählt und deren Blutgruppe bestimmt.
1. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß genau eine Person die Blutgruppe AB hat?
2. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß höchstens eine Person die Blutgruppe AB hat?
3. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß mindestens zwei Personen die
Blutgruppe AB haben?
Lösung:
1. Das Ereignis ”genau eine Person unter den 100 ausgewählten Personen
hat die Blutgruppe AB“ kann man zusammensetzen aus den 100 unvereinbaren Ereignissen Ai : ”Die i-te Person hat die Blutgruppe AB, die
anderen 99 Personen haben nicht die Blutgruppe AB.“ (i = 1, . . . , 100)
Jedes der Ereignisse Ai hat die Wahrscheinlichkeit
w := wi = 0, 04 · 0, 9699
Dabei haben wir verwendet, dass die Auswahl jeder Person zufällig
erfolgt ist, dass also auch die Ereignisse ”Die i-te Person hat die
Blutgruppe AB“ und ”Die j-te Person hat die Blutgruppe AB“ für i 6= j
unabhängig voneinander sind.
Da w ≈ 0, 0007029299733, ist die gesuchte Wahrscheinlichkeit, dass genau
eine Person die Blutgruppe AB hat, ungefähr gleich 0,07023, also ungefähr
gleich 7,023%.
2. ”Höchstens eine Person hat die Blutgruppe AB“ heißt mit anderen Worten: ”Genau eine Person besitzt die Blutgruppe AB oder keine Person
besitzt die Blutgruppe AB“
Da ”genau eine“ und ”keine“ unvereinbar sind, ist die gesuchte Wahrscheinlichkeit also w + w0 , wobei w schon berechnet wurde und w0 die
Wahrscheinlichkeit ist, dass keine der 100 Personen die Blutgruppe AB
besitzt.
w0 = 0, 96100
Die gesuchte Wahrscheinlichkeit ist daher
w+w0 = 0, 9699 ·(0, 04·100+0, 96) = 0, 9699 ·4, 96 ≈ 0, 087163316 ≈ 8, 7167%
3. Die Wahrscheinlichkeit, daß mindestens zwei Personen die Blutgruppe AB
haben, kann man berechnen über eine lange Summe: Genau zwei, genau
drei, genau vier, . . . genau 99, genau 100 Personen haben die Blutgruppe
AB. Die Summe über die Wahrscheinlichkeiten all dieser Aussagen liefert die gesuchte Wahrscheinlichkeit. Man berechnet aber besser 1 - die
Wahrscheinlichkeit, dass höchstens eine Person die Blutgruppe AB hat,
also
1 − 0, 9699 · 4, 96 ≈ 0, 9128366683 ≈ 91, 28%
8. Folgende Tabelle zeigt die durchschnittlichen Durchfallquoten der Diplomvorprüfung in den 6 Prüfungsfächern eines fiktiven Studiengangs.
Prüfungsfach
Durchfallquote in %
erste Teilnahme 1. Wiederholung 2. Wiederholung
Mathematik und Statistik
30
50
50
Physik
60
50
40
Chemie
30
30
30
Biologie der Pflanzen
30
15
keine Angabe
Biologie der Tiere
20
10
keine Angabe
Volkswirtschaftslehre
30
20
keine Angabe
1. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, alle 6 Prüfungen bei der ersten Teilnahme zu bestehen, unter der Voraussetzung, daß das Bestehen einer
Prüfung unabhängig vom Bestehen einer anderen ist?
2. Warum ist die Erfolgsquote in der Praxis höher?
3. Spätestens nach erfolgloser zweiter Wiederholung erfolgt die Exmatrikulation. Wieviele Studenten von 120 scheitern erwartungsgemäß am Fach
Physik?
4. Es wird diskutiert, Mathematik und Statistik getrennt im Rahmen einer
Klausur zu prüfen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, beide Klausuren
beim ersten Mal zu bestehen, wenn angenommen wird, daß die Durchfallquote in Mathematik 40% und in Statistik 20% beträgt. Das Bestehen
einer Klausur wird wiederum als unabhängig von der anderen vorausgesetzt.
Lösung:
Folgende Tabelle zeigt die durchschnittlichen Durchfallquoten der Diplomvorprüfung in den 6 Prüfungsfächern eines fiktiven Studiengangs.
Prüfungsfach
Durchfallquote in %
erste Teilnahme 1. Wiederholung 2. Wiederholung
Mathematik und Statistik
30
50
50
Physik
60
50
40
Chemie
30
30
30
Biologie der Pflanzen
30
15
keine Angabe
Biologie der Tiere
20
10
keine Angabe
Volkswirtschaftslehre
30
20
keine Angabe
1. Die Wahrscheinlichkeit, alle 6 Prüfungen bei der ersten Teilnahme zu
bestehen, unter der Voraussetzung, daß das Bestehen einer Prüfung unabhängig vom Bestehen einer anderen ist, ist gleich
(1 − 0, 3) · (1 − 0, 6) · (1 − 0, 3) · (1 − 0, 3) · (1 − 0, 2) · (1 − 0, 3) =
0, 7 · 0, 4 · 0, 7 · 0, 7 · 0, 8 · 0, 7 = 0, 076832 ≈ 7, 68%
2. Die Erfolgsquote ist in der Praxis höher, weil das Bestehen der verschiedenen Prüfungen nicht unabhängig voneinander ist: Wer eine Prüfung
in Mathematik bestanden hat, besteht eine Prüfung in Physik mit einer
höheren Wahrscheinlichkeit als jemand, der die Prüfung in Mathematik
nicht bestanden hat.
3. Von 120 Studenten müssen 60 % die Prüfung einmal wiederholen, also 72
Studenten.
Von 72 Studenten müssen 50 % die Prüfung ein zweites Mal wiederholen,
also 36 Studenten.
Von 36 Studenten fallen 40 % endgültig durch, also 14,4 Studenten.
Es ist zu erwarten, dass von 120 Studenten 14 oder 15 endgültig am Fach
Physik scheitern.
4. Sei wM die Wahrscheinlichkeit, in Mathematik zu bestehen und
wS die Wahrscheinlichkeit, in Statistik zu bestehen sowie
wM S die Wahrscheinlichkeit, beide Prüfungen zu bestehen. Wegen der
Unabhängigkeit ist dann
wM S = wM · wS = (1 − 0, 4) · (1 − 0, 2) = 0, 6 · 0, 8 = 0, 48 = 48%
Die Aufgaben 1 bis 5 sollen - soweit möglich - in der Übung am Donnerstag,
dem 29. Juni 2004 besprochen werden. Die Aufgaben 6 bis 8 sind zur häuslichen
Bearbeitung gedacht. Gelegenheit zu Fragen gibt es nach der Vorlesung und nach
der Übung sowie in den Tutorübungen.
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