Wer hat Angst vor Virginia Woolf? von Edward Albee Regie: Manfred Mixner Bearbeitung: Manfred Mixner Produktion: ORF 1985, 119 Minuten Martha und George sind nicht gerade zimperlich im Umgang miteinander. George, Geschichtsprofessor an dem von Marthas Vater geleiteten College, erträgt mit stoischer Ruhe Marthas Boshaftigkeit und legt selbst mit schlafwandlerischer Sicherheit die Finger in ihre Wunden. George ist liebstes Opfer der Tiraden seiner Gattin Martha. Die betäubt mit Vorwürfen über Georges Willenlosigkeit und sein berufliches Versagen ihre eigene innere Leere. Der chronische Ehekrieg erreicht einen Höhepunkt, als das junge Ehepaar Nick, ein junger Biologieprofessor, und sein naives, cognacsüchtiges Mäuschen Putzi im Anschluss an eine Universitätsfeier auf einen Absacker vorbeikommt. Enthemmt vom Alkohol und angefeuert von der Gegenwart der Zeugen, lassen die geübten Kontrahenten zwischen Frust und (erzwungenem) Zusammengehörigkeitsgefühl Lawinen von Schuldzuweisungen, Verachtung und Hass auf einander los. In so genannten "Gesellschaftsspielen" wie "Der gebeutelte Hausherr" und "Die Gästefalle" offenbart sich die qual- (und lust-)volle Ehehölle - Aggressionen explodieren und Lebenslügen platzen: George lässt Marthas liebstes Phantasieprodukt sterben - ihren Sohn. Für beide Paare gerät so der Traum vom trauten Heim zur Vision der Hölle. Die Wahrheit ist: Alle vier sind krisengeschüttelte Ich-Atome, die durch die Erwartungen der anderen in einen Abgrund von Selbstzweifeln gestürzt werden. Doch die Angst gilt es zu verbergen hinter dem Gastgeberlächeln, den Trinksprüchen, Witzen und Anekdoten - und zur Not hinter Gewalt. Am Ende der Kette tiefster Erniedrigungen (inklusive einer desaströsen "Spritztour" Marthas und Nicks) steht ein kleiner Lichtblick: Putzi will ein Kind, Martha und George umarmen sich erschöpft. Der Amerikaner Edward Albee erlebte seinen Durchbruch als Dramatiker in Berlin Anfang der sechziger Jahre mit dem Einakter Die Zoo-Geschichte. "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" gilt seit seiner Uraufführung am 13. Oktober 1963 in New York als Fundamentalkritik am Erfolgsdruck des American Way of Life und als Eheklassiker des 20. Jahrhunderts schlechthin. Entfremdung, Impotenz und Alkoholexzesse sind Begleiterscheinungen im Alltagskampf um Statussymbole und Karriere - tiefes Verständnis jedoch entsteht nur mit Schmerzen. Auch in der Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Richard Burton erweist sich das legendäre Spiel als eines der sprachlich brillantesten und bestgebauten Dramen der