Forschungsbericht Optimierung der Haltungsumwelt und angepasstes Management bei moderner Laufstallhaltung von Hochleistungskühen unter Berücksichtigung von Ethologie und Stallklima Forschungs-Nr.: 2.52 Laufzeit: 2011 – 2015 verantw. Themenbearbeiter: Beteiligte Einrichtungen: Dipl. agr. Ing. Olaf Tober Dipl.-Ing. Christiane Hansen PD Dr. Anke Römer Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern Gut Dummerstorf GmbH Leibniz-Institut für Agrartechnik Bornim (ATB) Januar 2016 _____________________ Themenbearbeiter _____________________ Institutsleiter Institut für Tierproduktion Wilhelm-Stahl-Allee 2 18196 Dummerstorf www.lfamv.de Inhaltsverzeichnis 1 Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Tabellen Abkürzungsverzeichnis Messungen zur Wärmebelastung 1.1 Einleitung 1.2 Literatur 1.2.1 1.2.2 1.3 2 3 Seite 1 1 Herzfrequenzvariabilität Verhalten 1 1 3 Tiere, Material und Methode 7 1.4 Ergebnisse 1.4.1 Herzfrequenzvariabilität 1.4.2 Verhalten 12 12 15 1.5 Diskussion 1.5.1 Herzfrequenzvariabilität 1.5.2 Verhalten 18 18 21 1.6 Schlussfolgerungen Windgeschwindigkeit im Stall in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und Außenwindgeschwindigkeit 23 2.1 Einleitung 25 2.2 Material und Methode 25 25 2.3 Ergebnisse 2.3.1 Gesamtauswertung 2.3.2 Auswertung Tagesmittelwerte 2.3.3 Auswertung Minutenmittelwerte 2.3.4 Horizontalprofil 2.3.5 Diagonalmessung 27 27 28 30 34 36 2.4 39 Zusammenfassung 2.5 Schlussfolgerungen und Ausblick Literaturverzeichnis 40 42 Verzeichnis der Abbildungen Seite Abbildung 1: Befestigung des Herzfrequenzmesssystems am Tier .......................................... 8 Abbildung 2: Trends und statistische Kennzahlen der linearen Regressionen der untersuchten Verhaltensmerkmale der Einzeltiere .................................................................. 17 Abbildung 3: Unterstützungsmöglichkeiten der Thermoregulation .......................................... 25 Abbildung 4: Lageplan der Milchviehanlage mit Milchviehstall ............................................... 26 Abbildung 5: Dreidimensionales Ultraschallanemometer ....................................................... 26 Abbildung 6: Schematische Darstellung des Stalles mit den Messpunkten A, B, C ................ 27 Abbildung 7: Mittelwert der Windgeschwindigkeit an den Messpunkten A, B und C bei ein- und ausgeschalteten Lüftern .................................................................................... 28 Abbildung 8: Box-Plot-Darstellung der Windgeschwindigkeit an den Messpunkten A, B und C in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und -geschwindigkeit bei ausgeschalteten Lüftern .................................................................................... 29 Abbildung 9: Box-Plot-Darstellung der Windgeschwindigkeit an den Messpunkten A, B und C in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und -geschwindigkeit bei eingeschalteten Lüftern ..................................................................................... 30 Abbildung 10: Minutenmittelwerte der Windgeschwindigkeit bei ein- (blau) und ausgeschalteten (rot) Lüftern in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und Außenwindgeschwindigkeit ............................................................................... 32 Abbildung 11: Differenz der Minutenmittelwerte der Windgeschwindigkeit zwischen ein- und ausgeschalteten Lüftern in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und Außenwindgeschwindigkeit ............................................................................... 33 Abbildung 12: Messpunktübersicht für Horizontalmessungen .................................................. 34 Abbildung 13: Windgeschwindigkeit und –richtung für ausgewählte Messpunkte im Stall bei ausgeschalteten Lüftern .................................................................................... 35 Abbildung 14: Windgeschwindigkeit und –richtung für ausgewählte Messpunkte im Stall bei eingeschalteten Lüftern ..................................................................................... 36 Abbildung 15: Übersicht der Messpunkte für Diagonalmessungen .......................................... 37 Abbildung 16: Windgeschwindigkeiten bei aus- und eingeschalteten Lüftern ........................... 38 Abbildung 17: Schematischer Stallgrundriss vor und nach dem Lüfterumbau .......................... 40 Abbildung 18: 3-Säulen-Ansatz der Untersuchungen mit dem ATB Potsdam- Bornim (Amon, 2015)................................................................................................................. 41 Verzeichnis der Tabellen Seite Tabelle 1: Datum der Durchführung und Mittelwerte sowie Spannweiten der erfassten Stallklimadaten während der HRV-Messungen .................................................... 9 Tabelle 2: Untersuchte Parameter der Herzfrequenz und Herzfrequenz-variabilität ........... 10 Tabelle 3: Zeitspannen der Verhaltensuntersuchungen und Mittelwerte sowie Spannweiten der Stallklimadaten während der Beobachtungen .............................................. 11 Tabelle 4: Anzahl auswertbarer Beobachtungstage pro Tier in den jeweiligen Beobachtungszeiträumen .................................................................................. 11 Tabelle 5: Verwendete Modelle und Testergebnisse der fixen Effekte mit drei Messzeitpunkten (kalt, Übergang und warm), n= 7 ............................................ 12 Tabelle 6: Verwendete Modelle und Testergebnisse der fixen Effekte mit zwei Messzeitpunkten (Übergang und warm), n= 16 ................................................. 13 Tabelle 7: Adjustierte Mittelwerte und Standardfehler der untersuchten Merkmale sowie die mittlere Milchleistung der Tiere am Messtag bei drei Messzeitpunkten (kalt, Übergang und warm), n= 7 ................................................................................ 14 Tabelle 8: Adjustierte Mittelwerte1) und Standardfehler der untersuchten Merkmale sowie die mittlere Milchleistung der Tiere am Messtag bei zwei Messzeitpunkten (Übergang und warm), n= 16 ............................................................................. 14 Tabelle 9: Testergebnisse der fixen Effekte und ihrer Wechselwirkung für die untersuchten Verhaltensmerkmale .......................................................................................... 16 Tabelle 10: Adjustierte Mittelwerte und Standardfehler der untersuchten Verhaltensmerkmale sowie die mittlere Milchleistung1) der Tiere während der Beobachtungszeiträume .......................................................................................................................... 16 Tabelle 11: Projektübersicht ................................................................................................. 41 Abkürzungsverzeichnis AMS Automatisches Melksystem ATM Auto-Tandem-Melkstand ATB Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim BSE Bovine spongiforme Enzephalopathie high frequency power, normalized HFnorm HR heart rate (Herzschlagrate, Herzfrequenz) HRV heart rate variability (Herzfrequenzvariabilität) LFA MV Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern LF/HF Quotient aus low frequency power und high frequency power LFnorm low frequency power, normalized MW Mittelwert RMSSD root mean square of successive differences RR Zeitabstand zwischen zwei Herzschlägen (zwischen zwei R-Zacken im EKG) SDNN Standardabweichung der RR-Intervalle SD1 Standardabweichung der Punktabstände zum Querdurchmesser (Poincaré-Plot) SD2 Standardabweichung der Punktabstände zum Längsdurchmesser (Poincaré-Plot) THI temperature-humidity index USA Ultraschallanemometer VLF very low frequency power WG Windgeschwindigkeit 1 Messungen zur Wärmebelastung 1.1 Einleitung Unsere modernen Milchviehrassen weisen in den letzten Jahren eine stetig gestiegene Leistung auf. Das bedeutet, dass die Tiere bei hohen Umgebungstemperaturen zunehmend häufiger unter Stress geraten. Der leistungsbedingt erhöhte Stoffwechsel führt zu großen Mengen überschüssiger Wärme, die in ausreichendem Maße an die Umgebung abgegeben werden muss. Gelingt dies nicht, kommt es zu Wärmebelastungen oder Hitzestress. Dem können die Tiere einerseits durch eigene Mechanismen der Thermoregulation begegnen und anderseits ist durch gezielte Veränderungen der Haltungsumwelt eine Einflussnahme auf diese Thermoregulation möglich. Mit den vorliegenden Untersuchungen zur Adaptation des Verhaltens und zur Herzfrequenzvariabilität bei Milchkühen sollen Aussagen zur Belastung der Tiere durch hohe oder niedrige Stalllufttemperaturen, wie sie im Jahresverlauf in einem freigelüfteten Laufstall auftreten, gemacht werden. Frühere Untersuchungen zur Aktivität und zum Liegen von Milchkühen zeigen, dass die Tiere mit deutlichen Verhaltensänderungen auf unterschiedliche Temperaturen reagieren. Allerdings gibt es kaum Anhaltspunkte, nach denen aus der Intensität der Verhaltensanpassung auf die Intensität der Belastung geschlossen werden könnte (TOBER et al., 2012; TOBER UND LOEBSIN, 2013). Der Versuch einer Näherung soll deshalb hier mit Hilfe von parallelen Untersuchungen sowohl des Verhaltens als auch der HRV erreicht werden. 1.2 Literatur 1.2.1 Herzfrequenzvariabilität Eine gute, nichtinvasive Möglichkeit, Belastungen sowohl qualitativ als auch quantitativ nachzuweisen, stellt die Messung von verschiedenen Parametern der Herzfrequenzvariabilität, auch als Herzratenvariabilität (HRV) bezeichnet, dar. Ursprünglich stammt diese Methode aus der Humanmedizin, findet aber in den letzten 10 bis 15 Jahren zunehmend auch in der Tierforschung Anwendung, um Veränderungen in der sympathovagalen Balance in Verbindung mit Krankheiten, Stressoren oder individuellen Merkmalen wie Temperament und Copingstrategien zu analysieren (BORELL et al., 2007). So konnten MOHR et al. (2002) durch die erfolgreiche Untersuchung von Belastungszuständen bei Milchrindern und Kälbern mit Hilfe verschiedener Parameter der HRV-Analyse die prinzipielle Anwendbarkeit dieser Methode auch bei Rindern nachweisen. Trotz einer gewissen Zunahme der HRV-Untersuchungen bei Nutztieren sind nur vereinzelt Angaben im Schrifttum zu finden, und speziell an Milchrindern sind derartige Untersuchungen bislang nur in sehr geringem Umfang vorhanden (MOHR et al., 2002; BORELL et al., 2007; KOVÁCS et al., 2014). Erst in jüngerer Vergangenheit sind auf diesem Gebiet einige wenige Arbeiten hinzugekommen (GYGAX et al., 2008; KONOLD et al., 2011; KOVÁCS et al., 2013a und 2013b). HOTTENROTT (2012) beschrieb die HRV als eine Messgröße der neurovegetativen Aktivität und autonomen Funktion des Herzens sowie dessen Fähigkeit, den zeitlichen Abstand von Herzschlag zu Herzschlag belastungsabhängig laufend zu verändern, um sich wechselnden Anforderungen schnell anzupassen. Die HRV ist somit eine Kenngröße für die Anpassungsfähigkeit des Organismus an innere und äußere Belastungsfaktoren, welche nichtinvasiv und relativ einfach auch unter landwirtschaftlichen Praxisbedingungen erfasst werden kann. Die Entwicklung kleiner, relativ leicht handhabbarer Messsysteme zur Erfassung von Pulskurven im Sportbereich hat in den letzten Jahren einen Stand erreicht, der diese Geräte zu erschwinglichen Preisen problemlos verfüg- und anwendbar macht. Steigen die Anforderungen an den Organismus, so vermindert sich die HRV. Diese Anpassung wird durch den Sympathikus mit Wirkung auf den Sinusknoten hervorgerufen. Dagegen bewirkt der Parasympathikus im Zustand von Ruhe, Entlastung und Entspannung eine Erhöhung der HRV. Mit Hilfe statistischer, frequenzanalytischer und nichtlinearer Kenngrößen, die aus den 1 Datenreihen der einzelnen Zeitabstände zwischen den Herzschlägen (RR-Intervalle) berechnet werden, lässt sich die HRV beschreiben und die sympathovagale Balance bewerten. Die HRV stellt somit ein Maß der autonomen Funktion des Herzens dar, also der Einflüsse des sympathischen und parasympathischen Nervensystems. Ein ausgeglichenes Verhältnis beider Teile des autonomen Nervensystems wird sympathovagale Balance genannt (LÖLLGEN, 1999). Eine der frühesten Arbeiten zur Erprobung und Bewertung von Parametern der HRV als neuer Ansatz zur Belastungsbeurteilung bei Milchkühen stammt von MOHR et al. (2002). Dabei wurden Untersuchungen sowohl an Kälbern als auch an Milchkühen bei unterschiedlichen Belastungszuständen durchgeführt. Zur Stressbewertung sind HRV-Parameter aus dem Zeit- und Frequenz- sowie dem nichtlinearen Bereich analysiert worden. Bei den Milchkühen stellten die Autoren vergleichende Untersuchungen zwischen laktierenden und nicht laktierenden Tieren an. Zwischen beiden Gruppen wurden bei den nichtlinearen Parametern (Zeit- und Frequenzbereich) keine Unterschiede gefunden. Die nichtlinearen Parameter wiesen jedoch bei den laktierenden Tieren signifikant höhere Werte auf als bei den trockenstehenden, woraus auf eine Verschiebung der sympathovagalen Balance in Richtung Sympathikus geschlossen wurde und damit auf eine höhere Belastung. Resümierend stellten MOHR et al. (2002) fest, dass die nichtlinearen Parameter bei Kälbern und Kühen am besten geeignet waren, das Stresslevel zu kennzeichnen und dass die HRV ein guter physiologischer Indikator ist, um die Stressbelastung von Tieren zu kennzeichnen. Dabei wurden die linearen Parameter der HRV als geeignet für die Bewertung qualitativ unterschiedlicher Belastungen herausgestellt und die nichtlinearen Parameter als geeignet für die quantitative Bewertung von Stresslevels. HAGEN et al. haben 2005 vergleichende HRV-Analysen an Milchkühen der Rassen Österreichisches Fleckvieh und Schweizer Braunvieh durchgeführt. Außerdem wurden beide Rassen in einem Automatischen Melksystem (AMS) mit teilweise gelenktem Kuhverkehr und in einem Fischgrätenmelkstand untersucht. Zusätzlich fanden die Einflussfaktoren Tageszeit der jeweiligen Messung und Lebendmasse, Milchleistung, Laktationsstadium sowie Trächtigkeitsstadium der untersuchten Tiere Eingang in die Auswertung. Die Ergebnisse zeigten eine Zunahme der Herzfrequenz und der HRV mit fortschreitender Tageszeit und mit zunehmender Lebendmasse. Beim Vergleich der Rassen wurden beim Schweizer Braunvieh in den zeitbezogenen HRVParametern höhere und bei den nichtlinearen Parametern niedrigere Werte gefunden als beim Österreichischen Fleckvieh. Unterschiede bei einigen Parametern zwischen den Melksystemen, die während des Liegens erfasst wurden, deuteten auf chronischen Stress im AMS mit teilweise gelenktem Kuhverkehr hin. Da aber keine Unterschiede beim Melken gefunden wurden, schlussfolgerten die Autoren, dass nicht der Melkprozess selbst der Stressauslöser sein kann. Mit dem Problem der Belastungsintensität von Milchkühen in verschiedenen Melksystemen beschäftigten sich auch GYGAX et al. (2008). Sie führten einen Vergleich durch, indem sowohl Verhaltensmerkmale als auch Herzschlagrate (HR) und ein HRV-Parameter untersucht wurden. In die Studie waren 12 Betriebe mit drei verschiedenen Melktechnologien einbezogen. Bei den Melksystemen handelte es sich um zwei verschiedene Automatische Melksysteme (AMS) der Firmen Lely und DeLaval sowie Auto-Tandem-Melkstände (ATM). Das sogenannte Unruheverhalten (Trippeln, Fußheben und nach dem Melkzeug treten) wurde im AMS-2 (DeLaval) häufiger gezeigt als im AMS-1 (Lely) oder im ATM. Die HR war in allen Systemen beim Melken höher als beim Ruhen. Dieser Anstieg war im AMS-2 (DeLaval) am größten. In beiden AMSSystemen war die HR sowohl während des Ruhens als auch während des Melkens höher als im ATM. Beim HRV-Parameter RMSSD (Variabilität der jeweils aufeinanderfolgenden RRIntervalle) wurde in allen Systemen eine Verringerung vom Ruhen zum Melken gemessen. Dabei war die Differenz im AMS-1 (Lely) geringer. Die geringsten RMSSD-Werte während des Melkens wurden im AMS-2 (DeLaval) gefunden. Insgesamt wurde aus den Messergebnissen geschlussfolgert, dass in den beiden AMS verglichen mit dem ATM die Kühe einem leicht erhöhten Stresslevel ausgesetzt sind. Allerdings waren die Unterschiede zu marginal, um von einer ernsthaften Beeinträchtigung des Wohlbefindens sprechen zu können. Messungen der HRV zur Bestimmung der Belastung der Kühe während des Melkprozesses in einem Parallelmelkstand haben KOVÁCS et al. (2013a) durchgeführt. Dabei wurden die HR und die mittels Poincaré-Plot ermittelten geometrischen Parameter SD1 (Kurzzeitvariabilität, Beurteilung der parasympathischen Aktivität) und SD2 (Langzeitvariabilität, Beurteilung der Sympathi2 kusaktivität) bestimmt. Die Messungen wurden während verschiedener Abschnitte des Melkprozesses (Treiben, Wartebucht, Eutervorbereitung, Melken, Warten im Melkstand nach Melkende) durchgeführt und mit einer Referenzmessung (Ruhe) verglichen. Die SD1 war während der Referenzperiode signifikant höher als an jedem anderen Messzeitpunkt, weshalb auf einen hohen Vagustonus geschlossen wurde. Die HR wurde signifikant vom Melkabschnitt, vom Vaterbullen und von der Milchleistung beeinflusst, SD1 vom Melkabschnitt und vom Vaterbullen und SD2 von der Laktationsnummer (erste Laktation oder höher), vom Melkabschnitt, vom Vaterbullen und von der Milchleistung. Es wurde geschlussfolgert, dass keine tierschutzrelevanten Unterschiede zwischen der Referenzperiode und den einzelnen Melkabschnitten gefunden wurden und dass das konventionelle Melken kein Problem für die Kühe darstellt. Die SD2 wurde als Parameter herausgestellt, der von verschiedenen unabhängigen Faktoren wie Vaterbulle, Laktationsnummer und Milchleistung beeinflusst war. In einer weiteren Quelle berichteten KOVÁCS et al. (2013b) ebenfalls von Untersuchungen der HRV während des Melkens, wobei hier scheinbar von einem identischen Versuchsdesign berichtet wurde wie bei KOVÁCS et al. (2013a). Die untersuchten Parameter umfassten aber außer der HR, SD1 und SD2 noch die RMSSD sowie die Anteile niedriger Frequenzen (LF: 0,050,20 Hz) und hoher Frequenzen (HF: 0,20-0,58 Hz) am Gesamtfrequenzspektrum. Dabei wurde davon ausgegangen, dass der LF-Anteil sowohl parasympathisch als auch sympathisch beeinflusst ist und der HF-Anteil ausschließlich sympathische Komponenten widerspiegelt. Während verglichen mit den Referenzwerten in den Melkphasen Vorbereitung und Hauptmelken keine Unterschiede in den HRV-Parametern gefunden werden konnten, kam es zu einer erheblichen Reduzierung der parasympathischen Aktivität während des Treibens zum Melkstand und im Wartebereich. Daraus wurde geschlussfolgert, dass der Melkvorgang selbst für die Tiere keine Belastung darstellte. Die verringerte parasympathische Aktivität während des Zutriebs zum Melkstand ist als Ergebnis der körperlichen Aktivität interpretiert worden. Dagegen wurde anhand der erhobenen Parameter das Warten im Wartebereich und auf dem Melkstand (vom Ende des Melkens bis Austrieb) als Stress verursachend identifiziert. Den Versuch, mittels HRV-Parametern BSE-positive und BSE-negative Rinder zu unterscheiden, unternahmen KONOLD et al. (2011). Dabei wurden Unterschiede bei der HR und beim vasovagalen Tonus-Index (natürlicher Logarithmus der Varianz der RR-Intervalle) sowie bei den Frequenzbereichsparametern LF, HF und deren Quotient zwischen männlichen und weiblichen Tieren gefunden jedoch nicht zwischen den infizierten oder nicht infizierten Gruppen. Mittels HRV-Analyse konnten BSE-positive und -negative Tiere nicht differenziert werden. 1.2.2 Verhalten Das Verhalten von Rindern kann belastbare Aussagen zu Qualität und Tiergerechtheit der Umgebungsbedingungen liefern, in denen sie gehalten werden. Dabei spielt die lokomotorische Aktivität eine eher untergeordnete Rolle. Der innere Antrieb zum Laufen lässt beim Rind hauptsächlich eine Verbindung zur Nahrungsaufnahmemotivation erkennen. Das Fehlen einer spezifischen Laufmotivation wird dabei unterstellt (PORZIG et al., 1991). Demgegenüber wird dem Ruhen und Liegen eine sehr viel größere Bedeutung im Hinblick auf die Beurteilung von Haltungsqualitäten, Tierwohl oder Belastungen zugesprochen. GRAUVOGL et al. (1997) zufolge lässt sich die Tiergerechtheit eines Stalles am schnellsten und zuverlässigsten anhand von Messungen des inaktiven Verhaltens beurteilen. Für Gebiete mit subtropischen feuchten Klimabedingungen im Südosten der USA schlussfolgerte WEST (2003), dass die Milchleistungen der Kühe nur aufrechterhalten werden können, wenn es gelingt, verbesserte technische Kühlmöglichkeiten bereitzustellen und die spezifischen Fütterungsprobleme in Form von Rationen mit höherer Energie- und Nähstoffdichte zu lösen, welche sich aus einer verminderten Futteraufnahme ergeben. Zudem wird eine züchterische Selektion auf Hitzetoleranz vorgeschlagen. ZÄHNER et al. (2004) untersuchten in mehreren Schweizer Milchviehbetrieben in unterschiedlichen Klimaregionen den Einfluss klimatischer Bedingungen im Sommer, Winter und Frühjahr auf ausgewählte physiologische und ethologische Paramater der Tiere. Liegedauer und Kör- 3 peroberflächentemperatur waren vom THI (temperature-humidity index) beeinflusst. Bei hohem THI respektive hohen Stalllufttemperaturen war die Liegedauer kürzer. MAČUHOVÁ et al. (2008) stellten einen Einfluss sowohl des THI als auch der Stalllufttemperatur allein auf die Belegungsintensität der Liegeboxen fest. Es wurden Tag- und Nachtbeobachtungen in zwei Betrieben durchgeführt. Die beschriebenen Effekte waren nicht immer einheitlich nachweisbar. THI und Boxenbelegungsintensität waren negativ korreliert. Daraus wird geschlussfolgert, dass zur Belastung durch Hitze zusätzlich noch eine Belastung durch verkürzte Liegezeiten auftreten kann. Die Autoren ermittelten eine Liegezeit zwischen 12,1 und 13,3 Stunden pro Kuh und Tag. Ein Einfluss der Belegungsintensität des Stalles auf das Liegeverhalten wurde abgeleitet. Außerdem werden noch viele weitere Faktoren wie das TierLiegeplatzverhältnis, die Milchleistung, die Boxengestaltung, die Boxenposition im Stall und andere genannt, die das Liegeverhalten beeinflussen können. Bei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen (THI zwischen 56,2 und 73,8) stellten COOK et al. (2007) Veränderungen im Verhalten von Milchkühen fest. Im Vergleich der kühlsten zu den wärmsten Bedingungen lagen die Tiere länger (10,9 zu 7,9 h je Tier und Tag), sie standen weniger in den Gängen (2,6 zu 4,5 h je Tier und Tag) und sie verbrachten weniger Zeit mit Trinken (0,3 zu 0,5 h je Tier und Tag). Es wurde aber gleichzeitig eine Vermischung der Effekte durch Hitze und Lahmheit (erhöhter locomotion score) in Bezug auf die Dauer des Stehens festgestellt. Die Verhaltensänderungen waren ab einem THI um 68 zu registrieren, daher wird die Anwendung effektiver Strategien zum Abbau von Hitzestress ab 21 °C empfohlen. An heißen Tagen bevorzugten Kühe den Aufenthalt im schattigen Außenbereich oder versuchten Stallbereiche mit niedrigeren Temperaturen aufzusuchen (BROUČEK, 1997). Dies könnte auf ein Appetenzverhalten in Form eines aktiven Suchens einer thermisch weniger belastenden Umwelt hindeuten, was eine erhöhte lokomotorische Aktivität zur Folge hätte. FRAZZI et al. (2000) untersuchten das Verhalten und physiologische Parameter von laktierenden Milchkühen im Sommer (Juni bis Anfang September) in Italien in Abhängigkeit von verschiedenen Kühlsystemen (nur Lüfter, Lüfter mit Sprühbefeuchtung und eine Kontrolle ohne Kühlung). Bei den Kühen im Kontrollsystem wurde während der heißesten Periode sowohl die höchste Rektaltemperatur als auch die höchste Atemfrequenz gemessen und in der Gruppe mit Sprühlüftung die jeweils geringsten Werte. Bei Hitze verbrachten die Tiere längere Perioden der Ruhezeiten im Stehen in freien Stallbereichen statt im Liegen. Insgesamt zeigen die Untersuchungen die Brauchbarkeit von Kühlsystemen für Kühe unter warmen Klimabedingungen. Keine Unterschiede im Verhalten fanden TUCKER et al. (2008) bei Milchkühen, die in einem weidebasierten System gehalten wurden und denen bei Sonneneinstrahlung keine bzw. verschieden intensiv abschirmende Schattenmöglichkeiten geboten wurden. Die Tiere mit der stärksten Abschattung hatten aber eine geringere Körpertemperatur. Von PORZIG et al. (1991) wurde das Ausruhen als physiologisch sehr wertvoll für das Tier beschrieben, weil es dabei Zeit zum Wiederkauen hat und wenig Energie verbraucht. Außerdem wird die hohe Bedeutung für das Tier am zeitlichen Umfang deutlich, der von METZ (1985) und HALEY et al. (2000) mit etwa der Hälfte der verfügbaren Zeit angegeben wurde. Dabei ist die Motivation, diese Zeitdauer aufrechtzuerhalten, sehr groß (JENSEN et al., 2004; JENSEN et al., 2005). Um diese Aussage treffen zu können, führten JENSEN et al. (2004) aufwändige Untersuchungen mit Milchrindfärsen durch, die in Anbindung gehalten wurden und über eine Vorrichtung am Abliegen gehindert werden konnten. Nach einer Anlernphase konnten die Färsen durch Betätigen einer Vorrichtung, die mit einer bestimmten Häufigkeit berührt werden musste, Liegezeit „hinzuverdienen“. Dabei fanden die Autoren heraus, dass die Tiere nach verschieden langer Liegedeprivation in unterschiedlichem Maße bereit waren, für zusätzliches Liegen zu arbeiten. Unabhängig davon, ob die Tiere zuvor 6 oder 9 Stunden frei liegen konnten, erreichten sie mit den jeweils „hinzuverdienten“ Liegezeiten immer etwa 12 bis 13 Stunden Gesamtliegezeit in 24 Stunden. Ähnliches beschrieb auch HOUPT (1998) bei Kühen, die am Hinlegen gehindert wurden. Sie reagierten anschließend, nachdem sie sich wieder ablegen konnten, mit verlängerter Liegeperi4 odendauer. Diese Reaktion wurde als kompensatorisches Verhalten bezeichnet und daraus eine Notwendigkeit des Ruhens bzw. Liegens geschlussfolgert. Diese Ergebnisse beider genannten Untersuchungen verdeutlichen die enorm hohe biologische Bedeutung des Liegens für die Tiere. Die Liegedauer kann aber von vielen Umweltfaktoren beeinflusst werden (HOUPT, 1998). Deshalb variieren die Angaben in der Literatur über die durchschnittliche tägliche Liegedauer von Milchkühen zum Teil beträchtlich. Als Einflussfaktoren werden genannt: Rasse, Alter, Geschlecht, Leistung, Aufstallung, Liegeflächenqualität und Klima (REITER et al., 2007). In einer Arbeit von WECHSLER et al. (2000) wurde eine durchschnittliche Liegedauer von 11,6 Stunden pro Tag in Liegeboxen mit Stroheinstreu als Unterlage gefunden, während die Tiere in Boxen mit Komfortmatratzen in Abhängigkeit vom Matratzentyp nur 10,8 bis 11,4 Stunden pro Tag lagen. Auch TUCKER UND WEARY (2004) fanden einen Zusammenhang zwischen Liegeflächenqualität und Liegezeit. Weniger geeignete Oberflächen auf den Liegeflächen führten typischer Weise zu einer verringerten Anzahl an Liegeperioden und zu kürzeren Gesamtliegezeiten, aber nicht zu einer Verkürzung der Liegeperiodendauer. Liegeflächen mit höheren Einstreumengen schienen bevorzugt zu werden. Bei Einstreumengen von 0,0 kg; 1,0 kg; und 7,5 kg Sägemehl pro Liegefläche lagen die Tiere 12,3 Stunden; 12,5 Stunden und 13,8 Stunden pro Tag bei 8,5; 9,3 und 10,0 Liegeperioden pro Tag. Die durchschnittliche Dauer einer Periode war in allen Varianten annähernd gleich und betrug jeweils 1,4 bis 1,5 Stunden. In Wahlversuchen, bei denen zwischen Liegeboxen mit Stroh, mit einer Gummimatte oder mit einer 2 bis 3 mm dicken Sandeinstreu gewählt werden konnte, zeigten die untersuchten Kühe deutliche Unterschiede in der Benutzung mit einer Bevorzugung von Stroheinstreu und Gummimatten. Die Liegezeiten wiesen dabei im Vergleich von Sommer- und Winterbeobachtungen Differenzen auf (MANNINEN et al., 2002). BREHME et al. (2004) führten eine Studie in einem Betrieb durch, der über zwei verschiedene Ställe mit unterschiedlicher Liegeboxengestaltung verfügte. In einem Stall standen den Kühen Tiefliegeboxen mit Stroh zur Verfügung und im anderen Stall Hochliegeboxen mit Gummimatten. Während der Untersuchungen, die im Winter durchgeführt wurden, lagen die Tiere in den Tiefliegeboxen 10,2 Stunden pro Tag und in den Boxen mit Gummimatten nur 8,7 Stunden pro Tag. Auch MARTEN UND WOLF (1999) stellten erhebliche Differenzen beim Liegeverhalten von Milchkühen fest im Zusammenhang mit unterschiedlichen Liegematten. In einer Studie, in welche 56 Betriebe involviert waren, wurde unter anderem das Liegeverhalten in Abhängigkeit von der Gestaltung der Liegeboxen untersucht. Es wurden Boxenlaufställe mit unterschiedlichen Liegeboxen (veraltet, Standard, optimiert) untersucht und Laufställe mit freien Liegeflächen (Tretmist- bzw. Tieflaufställe), so dass insgesamt zwischen vier verschiedenen Liegeflächen differenziert wurde. Die längsten Gesamtliegezeiten und die längsten Liegeperioden wurden bei den optimierten Liegeboxen gefunden, gefolgt von den freien Liegeflächen in Tretmist- oder Tieflaufställen. Die Spannweite der mittleren Liegeperiodendauer lag zwischen 68,6 min (veraltete Liegeboxen) und 76,1 min (optimierte Liegeboxen) und war somit zwischen den einzelnen Varianten relativ gering ausgeprägt (HÖRNING, 2003). FREGONESI et al. (2007a) untersuchten das Liegeverhalten von nichtlaktierenden Milchkühen, wenn diesen entweder ausschließlich Liegeboxen mit feuchter oder nur mit trockener Sägemehleinstreu zur Verfügung standen. Mit trockener Einstreu betrug die durchschnittliche Liegezeit 13,9 Stunden pro Tag und mit feuchtem Sägemehl nur 8,8 Stunden pro Tag. In einem weiteren Versuch konnten die Tiere frei wählen zwischen der trockenen und feuchten Variante. Dabei wurden durchschnittlich 12,5 Stunden Liegezeit pro Tier und Tag in den trockenen Boxen und 0,9 Stunden pro Tier und Tag in den feuchten Boxen ermittelt. Einen Vergleich der Nutzung von Liegeboxen, welche entweder mit Sand gefüllt waren oder mit sogenannten „geotextilen“ Matten (Füllung aus Gummipartikeln und organischem Material wie z.B. Sägespäne) ausgelegt waren, durch laktierende Milchkühe beschreiben COOK et al. (2004). Es waren sechs Betriebe mit vergleichbaren Herdengrößen und vergleichbaren hohen Milchleistungen involviert. Die mittlere Temperatur während der Untersuchungen betrug 7 °C bis 8 °C. Die durchschnittlichen täglichen Gesamtliegezeiten waren nicht signifikant verschieden 5 und betrugen 11,66 Stunden pro Tag auf den Matten und 12,01 Stunden auf dem Sand. Demgegenüber standen die Tiere aber mit 3,44 Stunden pro Tag signifikant länger in den Boxen mit Gummimatten als in den Sandboxen, wo sie nur 1,83 Stunden pro Tag standen. Die Zeit, die die Kühe stehend in den Gängen verbrachten, war mit 2,27 Stunden pro Tag (Matten) und 2,34 Stunden pro Tag (Sand) annähernd gleich. Die Zeit, in der die Tiere mit Futteraufnahme beschäftigt waren, war in den Ställen mit Sandboxen mit 4,65 Stunden pro Tag signifikant länger als in den Mattenställen mit 4,08 Stunden pro Tag. REITER et al. (2007) verglichen die Haltung von Bullen (Masttiere) und Färsen (Nachzuchttiere) im Tiefstreu- und im Tretmiststall. Gleichzeitig wurde zwischen den Rassen Fleckvieh und Gelbvieh unterschieden. In sechs von acht Beobachtungsmonaten hatte die Altersgruppe und das Geschlecht einen Einfluss auf die Gesamtliegezeit, die über alle untersuchten Zeiträume und alle Tiere bei den Färsen 817 Minuten pro Tag betrug und bei den Bullen 812 Minuten pro Tag. Für Rasse, Geschlecht, Lebendmasse und Alter wurde ein Einfluss auf die Liegeperiodenhäufigkeit pro Tag gefunden, die im Mittel über alle Tiere und Untersuchungszeiträume mit 16,2 Perioden pro Tag angegeben wurde. Als Einflussfaktoren für die Liegeperiodendauer wurden Geschlecht, Herkunft, Alter, Lebendmasse und das Haltungssystem identifiziert. Die mittlere Periodendauer betrug über alle Tiere und den gesamten Versuchszeitraum 54 Minuten. Nach einer Literaturübersicht gaben TUCKER et al. (2004) die gefundenen durchschnittlichen Liegezeiten von Milchkühen zwischen 9,4 bis maximal 14,7 Stunden pro Tag an. Für die Anzahl Liegeperioden pro Tag lagen die Werte in den gesichteten Studien zwischen 8,2 und 14,1 Perioden und die durchschnittliche Dauer einer Liegeperiode wurde in verschiedenen Untersuchungen mit 0,9 bis 1,4 Stunden ermittelt. Die Autoren betonten, dass laktierende Kühe bei Angebot eines komfortablen Liegeplatzes zu mindestens 12 Stunden Gesamtliegezeit pro Tag neigen. Nach dem Umstallen von Anbinde- in Laufstallhaltung wurde das Verhalten von laktierenden Milchkühen am ersten, zweiten und zehnten Tag nach der Umstallung untersucht (BROUČEK et al., 2013). Dabei stieg die durchschnittliche tägliche Liegezeit der Tiere von 336 Minuten am ersten Tag über 628 Minuten am zweiten Tag bis auf 756 Minuten am zehnten Tag nach der Umstallung. An denselben Beobachtungstagen betrug die Anzahl der Liegeperioden 7,3; 14,1 und 16,3 pro Tag. Dagegen fiel das Stehen im Verlauf dieser Beobachtungstage von 1104 Minuten pro Tag über 812 Minuten auf 684 Minuten. Ein Einfluss des Vaterbullen auf die Gesamtzeit für Liegen, Stehen und Fressen sowie die Anzahl Liegeperioden pro Tag wurde nachgewiesen. In einer Studie, in die insgesamt 16 Betriebe mit Boxenlaufställen involviert waren, wurde das Verhalten laktierender Milchkühe in Bezug auf den Liegeboxentyp (mit Gummigranulat gefüllte Matte oder Sand) und das Vorhandensein von Lahmheit (locomotion score) von GOMEZ UND COOK (2010) untersucht. Die Tiere, denen Liegeboxen mit Matte zur Verfügung standen, lagen mit 11,5 Stunden pro Tag mehr als eine Stunde weniger als die mit Sandboxen (12,7 Stunden pro Tag). Die mittlere Anzahl der Liegeperioden betrug bei Verwendung von Mattenboxen 14,4 pro Tag und bei Sandboxen 10,2 pro Tag bei einer durchschnittlichen Dauer je Periode von 1,0 Stunden (Matten) und 1,3 Stunden (Sand). Nicht lahme Tiere wiesen über beide Boxentypen hinweg 13,2 Liegeperioden pro Tag auf, während „moderat“ lahme Kühe nur 10,9 Liegeperioden pro Tag zeigten. Insgesamt schlussfolgerten die Autoren, dass durch Liegeboxentyp und Lahmheit das Zeitbudget der Kühe beeinflusst wurde. HERNANDEZ-MENDO et al. (2007) vermuteten, dass Kühen das Stehen auf der Weide leichter fällt als auf einem harten Untergrund im Laufstall und die Tiere deshalb die Gesamtliegezeit auf der Weide gegenüber der Stallhaltung reduzierten (10,9 Stunden pro Tag gegenüber 12,3 Stunden pro Tag). Die Gesamtliegezeit war auf der Weide aber auf eine größere Anzahl Liegeperioden aufgeteilt (15,3 gegenüber 12,2). Sie gingen davon aus, dass die Kühe im Stall längeres Liegen wählten, um das Stehen auf dem harten Fußboden zu vermeiden. Gleichlautend stellte BORELL (2002) fest, dass lange Liegeperioden nicht unbedingt ein Indiz für hohen Liegekomfort sein müssen. Vielmehr können sie das Resultat von Schmerzen sein, die bei Abliege- und Aufstehvorgängen für die Tiere entstehen, weil die Liegeflächen nicht optimal sind. 6 Eine Behandlung von Milchkühen mit Meloxicam änderte in den ersten drei Tagen nach dem Kalben das Liegeverhalten im Vergleich zu Tieren, denen ein Placebo verabreicht wurde, nicht. Die Gesamtliegezeit pro Tag betrug 667 Minuten, bei durchschnittlich 14,5 Liegeperioden pro Tag, welche eine mittlere Dauer von 51 Minuten aufwiesen (NEWBY et al., 2013) Milchkühe als Herdentiere synchronisieren weitgehend ihr Verhalten innerhalb der Herde, was auch für das Liegen gilt. Von dieser Überlegung ausgehend untersuchten FREGONESI et al. (2007b) das Verhalten bei unterschiedlichen Belegungsdichten (100 % bis 150 %). Sie stellten fest, dass Überbelegung das Liegen im Stall reduzierte und das Liegen außerhalb des Stalls erhöhte. Bei weniger verfügbaren Boxen (hohe Belegungsdichte) stieg der Wettbewerb bzw. die Konkurrenz um die Liegeboxen. Die Zeit, die die Tiere außerhalb der Liegeboxen verbrachten, erhöhte sich dabei und die Gesamtliegezeit reduzierte sich (12,9 Stunden pro Tag bei 100 % und 11,2 Stunden pro Tag bei 150 %). Die Kühe konkurrierten dabei um knappe Liegeboxen sowohl durch einen Anstieg der aktiven Verdrängungen als auch indirekt, indem sie sich nach dem Melken schneller hinlegten, weniger standen und auf Futteraufnahme verzichteten. Kühe ruhten und kauten zunehmend im Stehen wieder je höher die Umgebungstemperaturen waren. Dabei verhielt sich die Beziehung zwischen den genannten Aktivitäten im Stehen und der Umgebungstemperatur linear. Außerdem stieg mit zunehmenden Temperaturen der Anteil Tiere, die tranken bzw. die sich im Bereich der Tränken aufhielten (SHULTZ, 1984). Für IGONO et al. (1987) lag es nahe, dass Kühe bei hohen Temperaturen vermehrt in den Stallgängen stehen, weil dieses Verhalten die evaporative Kühlung maximiert. Beim Liegen in der Box neben anderen ebenfalls Wärme produzierenden Kühen wäre die Kühlung weniger effektiv. BIANCA (1971) gab den thermisch neutralen bzw. optimalen Temperaturbereich für Milchkühe mit 0 °C bis 16 °C an. Von KOLLER und SÜSS (1984) wurde er mit 4 °C bis 16 °C benannt und fand in dieser Form Eingang in DLG-Empfehlungen (HEIDENREICH et al., 2004). Verlässt die Umgebungstemperatur diesen optimalen Temperaturbereich für Milchkühe, reagieren die Tiere durch physiologische und ethologische Anpassungen. Dabei sind die Kühe sehr kältetolerant (HEMSWORTH et al., 1995; WASSMUTH et al., 1999) aber wärmeempfindlich (LEGATES et al., 1991; LACETERA et al., 2002). 1.3 Tiere, Material und Methode Die Untersuchungen fanden in der Milchviehherde eines Betriebes in MecklenburgVorpommern statt. Die Herde bestand aus rund 440 Tieren der Rasse Deutsche Holstein, die dreimal täglich gemolken wurden (Beginn der Melkzeiten: 06:00 Uhr, 14:00 Uhr und 22:00 Uhr). Während der Zeit der Datenaufnahme wurden hier durchschnittliche Milchleistungen von rund 10500 kg Milch pro Kuh und Jahr bei ca. 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß erreicht. Gehalten wurden die Tiere in einem Liegeboxenlaufstall mit Mistmatratzen in den Liegeboxen und planbefestigtem Gussasphaltfußboden auf den Laufflächen. Die Entmistung fand mit Hilfe eines automatischen Faltschiebers statt. Gefüttert wurde eine Totale Mischration (TMR), die mobil über einen Futtertisch verabreicht worden ist. Das Tier-Fressplatz-Verhältnis betrug dabei ca. 1,6 : 1. Im Stall waren drei Vertikallüfter (Durchmesser: 7,32 m) mittig über dem Futtertisch angebracht, welche an warmen Tagen zur Unterstützung der Thermoregulation der Kühe manuell angeschaltet wurden. Auch die Lüfterleistung wurde manuell über die Drehzahl festgelegt. Im untersuchten Stall befanden sich insgesamt vier Haltungsgruppen mit jeweils zweimal 118 Tierplätzen und zweimal 72 Tierplätzen. Die Haltungsgruppen stellten Fütterungsgruppen dar, in denen die Kühe nach Laktationsstadium und/oder Leistungsausprägung sowie Kondition differenzierte Futterrationen erhielten. Weitere Gruppenbuchten (Kalbe- und Kolostralmilchbereich, Trockensteher, Kranke) befanden sich in anderen Stallgebäuden. Zur Beschreibung der thermischen Bedingungen war über den gesamten Zeitraum ein Temperatur-Luftfeuchte-Logger in der Stallmitte im Tierbereich in ca. 250 cm Höhe angebracht. Aufgezeichnet wurde in einem minütlichen Messintervall. Aus der Milchviehherde wurden für die HRV-Untersuchungen insgesamt 20 Tiere nach folgenden Prämissen ausgewählt. Alle Tiere befanden sich in der zweiten Laktation, so konnte eine 7 Beeinflussung der HRV durch Laktationsnummer und Alter weitgehend vermieden werden. Zehn Tiere kalbten zwischen dem 25. Mai und dem 16. Juni 2012. Damit konnte der Laktationstag als Einflussfaktor für diese Tiere relativ eng eingegrenzt werden. Weitere zehn Tiere kalbten zwischen dem 25. Februar und dem 25. März 2012 ab. Auch hier wurde versucht, den Zeitraum möglichst eng zu gestalten. Damit standen zwei Gruppen mit einer Differenz von etwa 80 bis 90 Laktationstagen für die Messungen zur Verfügung. Dies gestattete die Möglichkeit, eventuelle Unterschiede zwischen den Laktationsabschnitten als systematischen Einfluss erfassen und bewerten zu können. Abbildung 1: Befestigung des Herzfrequenzmesssystems am Tier Für die Untersuchungen der HRV wurden die RR-Zeitabstände mit dem Gerätesystem Polar Equine der Firma Polar Electro Oy (Finnland) erfasst. Diese Geräte sind zur Trainingssteuerung im Pferdesport entwickelt worden. Als kompatible Pulsuhr kam das Modell Polar RS 800 CX zum Einsatz. Um die Ableitungselektroden und Geräte funktionssicher über mehrere Stunden am freilaufenden Tier in der Herde anzubringen, wurden speziell angefertigte Gurte zur Aufnahme der Elektroden und des Senders verwendet (Abbildung 1, rechtes Bild) sowie ein Halsband, in dem die Pulsuhr als Empfänger und Datenlogger in einer sogenannten Otter-Box stoßund feuchtigkeitssicher untergebracht war (Abbildung 1, linkes Bild). Insgesamt standen 10 solcher Systeme zur Verfügung. Die Erfassung der Daten zur Herzfrequenz wurde an drei Messzeitpunkten mit jeweils zwei Messtagen (20 Tiere mit 10 Gerätesystemen) durchgeführt. Die Messtage sind anhand der Umgebungstemperaturen festgelegt worden. Neben der Temperatur wurde auch die relative Luftfeuchte erfasst, um den THI nach MADER et al. (2006) für eine bessere Charakterisierung der Wärmebelastung berechnen zu können. In Tabelle 1 sind die realisierten Messungen und die zugehörigen Stallklimadaten aufgezeigt. Zu Beginn jeder HRV-Messung (Aufzeichnung der RR-Daten) wurde bei jedem teilnehmenden Tier die Rektaltemperatur mittels Digitalthermometer erfasst. Für die Aufzeichnung der RRDaten wurde den Tieren nach dem Morgenmelken vor Rückkehr in den Stall der Messgurt und das Halsband angelegt und nach dem nächsten Melken am Nachmittag wieder entfernt. Der Kontakt zwischen der Haut und den Messelektroden kann durch eine Rasur verbessert werden. In den vorliegenden Untersuchungen wurde sich jedoch bewusst dagegen entschieden, um eine Beeinflussung des Wohlbefindens und/oder der physiologischen Reaktionen der Kühe durch rasierte Hautpartien ausschließen zu können. Die Kontaktstellen wurden lediglich mit Wasser befeuchtet, damit eine elektrische Ableitung der Hautpotenziale möglich wurde. Der versuchsweise Einsatz von Elektrodengel statt Wasser im Vorfeld der Untersuchungen brachte keine erkennbare Verbesserung der Messqualität. Der Verzicht auf die Rasur hatte allerdings aufgrund 8 Tabelle 1: Datum der Durchführung und Mittelwerte sowie Spannweiten der erfassten Stallklimadaten während der HRV-Messungen kalt (Winter) Datum Stalltemperatur während der Messung (° C) relative Luftfeuchte während der Messung (%) THI während der Messung Anzahl auswertbare Tiere Übergang warm (Sommer) 15./17.01.2013 06./07.11.2012 24./26.07.2012 1,7 9,0 26,8 (-0,4 - 3,8) (7,3 - 10,5) (26,1 -27,5) 87,8 82,8 45,9 (84,5 - 91,7) (75,3 - 90,1) (43,3 - 48,7) 36,7 49,1 73,5 (33,0 - 40,4) (46,1 - 51,5) (72,8 - 74,4) 7 17 18 schlechterer Leitfähigkeit ein erhöhtes Risiko von Messausfällen zur Folge. Insbesondere, wenn sich die Tiere während der Messungen hinlegten oder aufstanden, konnte es durch Verrutschen der Elektroden zu Kontaktproblemen und damit Messausfällen kommen. Dauerten solche Messausfälle zu lange an, beendete das Polarsystem die Aufzeichnung der laufenden Messung. Dieser Umstand und die Festlegung zur Messgüte der verwendeten RR-Datenreihen, dass eine Messreihe nicht mehr als 5 % Artefakte aufweisen durfte, führten zu einer Reihe von Ausfällen. Als Artefakt wurden Messwerte bezeichnet, bei denen aufeinanderfolgende RRIntervalle in physiologisch nicht erklärbarem Maß differierten (HOTTENROTT, 2012). Insgesamt standen sieben auswertbare Tiere mit Messergebnissen an allen drei Messzeitpunkten zur Verfügung und 16 Tiere mit auswertbaren Messreihen an den Messzeitpunkten Übergang und warm. Für die Analyse der HRV wurde sich für fünfminütige Kurzzeitmessungen entschieden (TASK FORCE, 1996; HOTTENROTT, 2012). Es wurden Messreihen während einer Liegephase der Tiere verwendet, so dass es sich um Ruhemessungen handelte. Deshalb kamen nur Datenreihen zur Auswertung, bei deren Erfassung die Tiere bereits mindestens 15 Minuten gelegen hatten, um sicherzustellen, dass es sich um einen Ruhepuls handelte. Überprüft wurde dies anhand der Verhaltensparameter, welche mittels ALT-Pedometer aufgezeichnet wurden, das jede untersuchte Kuh trug. Außerdem musste die Kuh für eine verwendbare Messung den Messgurt schon mindestens 30 Minuten getragen haben, um eine Gewöhnung sicherzustellen. Jede analysierte Messreihe musste genau fünf Minuten auswertbare Länge aufweisen. Waren die genannten Bedingungen erfüllt, wurden die RR-Datenreihen auf Artefakte geprüft. Hierfür wurden die RR-Datenreihen zunächst visuell überprüft und anschließend mit einem Tool untersucht, welches in der zum Polar-Gerätesystem gehörenden Software Polar ProTrainer 5™ Equine Edition implementiert ist. Mit demselben Programmtool wurde dann gegebenenfalls die Korrektur der RR-Messreihe vorgenommen. Dabei wurden folgende Filtereinstellungen verwendet: - Filterleistung: moderat - Minimale Schutzzone: 6 Schläge pro Minute - Entfernen von Fehlerkorrekturen großer Ausschläge der Herzfrequenzdaten: nicht aktiviert Die anschließende Analyse der Herzfrequenzvariabilität fand mithilfe des Programms Kubios HRV 2.0 (University Kuopio, Finnland) statt. Als Frequenzbereiche für die Spektralanalyse wurden für die Milchrinder folgende Frequenzbänder in Anlehnung an MOHR et al. (2002) und BORELL et al. (2007) festgelegt: VLF (very low frequency): < 0,04 Hz LF (low frequency): 0,04 - 0,15 Hz HF (high frequency): 0,20 - 0,58 Hz 9 Tabelle 2: Untersuchte Parameter der Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität Kurzzeichen MaßDefinition einheit HR n/min mittlere Herzschlagrate einer Messallgemeine Kreislaufaktivität reihe RR ms mittlerer Abstand aller RR-Intervalle allgemeine Kreislaufaktivität einer Messreihe SDNN ms Standardabweichung aller Intervalle einer Messreihe RMSSD ms Quadratwurzel des Mittelwerts der quadrierten Differenzen sukzessiver Aktivität des Parasympathikus RR-Intervalle LFnorm normierte Leistung im LF-Band norm. Mischung aus parasympathischer [LF / (Gesamtleistung – VLF-LeiEinheit und sympathischer Aktivität stung) * 100] HFnorm normierte Leistung im HF-Band norm. [HF / (Gesamtleistung – VLF-LeiAktivität des Parasympathikus Einheit stung) * 100] Interpretation RR- Gesamtvariabilität, Langzeitvariabilität LF/HF Quotient aus den Leistungen in den sympathovagale Balance LF- und HF-Frequenzbändern SD1 Streuung der Herzschläge im Poin- Kurzzeitvariabilität der Herzfrequenz, caré-Diagramm, Querdurchmesser Aktivität des Parasympathikus (in der Vertrauenselipse Ruhe) ms Der HF-Frequenzbereich entsteht durch mehrere Regelkreise, welche parasympathische Anteile in der Steuerung der HRV wiedergeben. Den wohl bedeutendsten Einfluss auf den HFBereich haben dabei die Frequenzen der respiratorischen Sinusarrhythmie. Hierbei handelt es sich um die Schwankungen in der Herzfrequenz, die durch die Atmung des betreffenden Individuums entstehen. Dabei wurde in der vorliegenden Studie eine mittlere normale Atemfrequenz von 12 bis 35 pro Minute zugrunde gelegt (BORELL et al., 2007). Der Frequenzbereich VLF wurde in den Auswertungen nicht weiter berücksichtigt, weil in den realisierten Kurzzeitmessungen von jeweils fünf Minuten diese Frequenzen nur wenig nachweisbar waren. Perioden mit 0,04 Hz als obere Grenze dieses Bereiches treten in fünf Minuten nur neunmal auf, geringere Frequenzen entsprechend noch seltener. Dieser Bereich ist daher für Kurzzeitanalysen nur sehr eingeschränkt nutzbar. Bei den Spektralanalysen der Messreihen ist die Autoregression verwendet worden. HOOS (2012) gibt der Autoregression vor der Fast Furier-Analyse bei Kurzzeitmessungen den Vorzug. Dabei wurde ein Modell sechzehnter Ordnung ohne Faktorisierung verwendet (HOOS, 2012). In Tabelle 2 sind die untersuchten Parameter beschrieben. Die HR wurde aus den RRIntervallen einer Messreihe berechnet (HR = 60.000 ms /RR). Allerdings liefert die HR gegenüber der RR keine neue Information. Dennoch wurden die Ergebnisse aus den gemessenen RR-Werten auch als HR-Werte dargestellt, da in der angewandten Nutztierforschung häufig noch die HR verwendet wird und es ein geläufiger Parameter ist. Für die Aufzeichnung des Verhaltens der Tiere wurden ALT-Pedometer verwendet. In den hier vorgestellten Untersuchungen sind die Pedometer jeweils am Fesselbein einer Hinterextremität angebracht worden. Die Datenlogger zeichnen die lokomotorische Aktivität und das Liegen der Tiere auf. Die herstellerseitige Parameterbezeichnung Steps für die Aktivität ist irreführend, da die aufgezeichneten Werte nicht identisch mit der Anzahl realisierter Schritte sind. Es handelt sich dabei um Zählimpulse zur Charakterisierung der lokomotorischen Aktivität. Eigene Validie10 rungsuntersuchungen in der Vergangenheit (unveröffentlicht) haben gezeigt, dass eine Halbierung dieser Werte eine Näherung an die tatsächlich ausgeführten Schritte ergibt. Alle hier dargelegten Ergebnisse zur lokomotorischen Aktivität beruhen auf den nicht veränderten Daten (Steps). Eine Korrektur fand in der Art statt, dass die Daten visuell auf extreme Tagesaktivitätspiks untersucht wurden. In der Regel waren solche Extreme auf Brunsten oder andere Haltungseinflüsse zurückzuführen, die nichts mit der untersuchten Wärmebelastung zu tun hatten. Deshalb wurden bei den betreffenden Tieren solche Tage mit extremer Aktivität nicht in die Verhaltensanalysen einbezogen, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Für das Liegeverhalten stehen die Loggeraufzeichnungen der Lagesensoren L1 und L2 der ALT-Pedometer zur Verfügung, welche der Unterscheidung der Liegepositionen Bauch- bzw. Seitenlage dienen sollen. In vorliegender Studie wurde ausschließlich das Liegen (Liegen = L1 + L2) ohne Unterscheidung der Liegeposition betrachtet. Aus den aufgezeichneten Daten ließen sich die Gesamtliegedauer (min/d), die Anzahl Liegeperioden (n/d) und die Dauer der Liegeperioden (min/n) ermitteln. Als Liegeperiode wurde eine zusammenhängende Zeit des Liegens definiert, die maximal 20 Minuten unterbrochen sein durfte. Liegeereignisse mussten mindestens eine Dauer von drei Minuten aufweisen. Kürzere Liegeereignisse wurden zwar nicht als Periode betrachtet, fanden aber Berücksichtigung in der Gesamtliegedauer. Die Beobachtungstage, an denen das Verhalten der Tiere untersucht wurde, ergaben sich aus den Messtagen der HRV. Es wurden jeweils 10 Tage in unmittelbarer zeitlicher Nähe um die HRV-Messtage gewählt, an denen ähnliche Temperaturverhältnisse herrschten wie an den Tagen der HRV-Messungen. In Tabelle 3 sind die Zeiträume mit den realisierten Stallklimaparametern dargestellt, in denen das aufgezeichnete Verhalten der Kühe analysiert wurde. Für die Verhaltensuntersuchungen standen von den ursprünglich 20 ausgewählten Kühen insgesamt 15 auswertbare Tiere mit jeweils drei Messzeiträumen zur Verfügung. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Beobachtungstage mit unnormal hoher Aktivität (Brunsten) nicht mit in die Analyse des Verhaltens einbezogen wurden, ergaben sich die in Tabelle 4 dargestellten ausgewerteten Beobachtungstage je Tier. Tabelle 3: Zeitspannen der Verhaltensuntersuchungen und Mittelwerte sowie Spannweiten der Stallklimadaten während der Beobachtungen kalt (Winter) Übergang warm (Sommer) 15.-24.01.2013 02.-11.11.2012 23.–28.07.2012 01.-04.08.2012 2,0 ( -2,6... 6,5) 9,2 ( 5,1...12,6) 22,2 (14,7...30,7) rel. Luftfeuchte (%) 85,2 (68,2...95,8) 88,6 (66,0...99,1) 70,4 (36,3...98,6) THI 37,5 (29,5...45,5) 49,2 (41,7...54,9) 69,8 (58,4...79,2) Datumsbereich Stalltemperatur (° C) Tabelle 4: Anzahl auswertbarer Beobachtungstage pro Tier in den jeweiligen Beobachtungszeiträumen Tier-Nr. 26 49 72 80 100 101 114 138 168 340 461 465 469 470 476 kalt 10 10 10 10 10 10 10 10 8 10 10 10 9 10 10 warm 10 10 10 9 10 8 10 10 10 10 10 10 9 10 10 Übergang 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 7 10 10 11 Statistik Alle aufgeführten Parameter zur Charakterisierung der HRV wurden mit Hilfe der Software Kubios 2.0 ermittelt. Anschließend wurde aus diesen Daten eine Excel-Datei zur weiteren Datenbehandlung entwickelt. Die aufgezeichneten Pedometerdaten wurden aus dem herstellerseitig vorgegebenen AccessFormat ebenfalls zur weiteren Datenbehandlung in eine Excel-Datenbank umgewandelt. Die statistische Verrechnung der Ergebnisse erfolgte mit Hilfe des Tabellenkalkulationsprogrammes Excel 2010 inklusive des Add-In-Programms XLSTAT (Version 2012.1.01) und des Statistik-Programmpaketes SAS 9.3. Dabei wurde für die Ermittlung von Faktoreneinflüssen ein gemischtes Modell mit fixen und zufälligen Einflussfaktoren verwendet. Für die Vergleiche zwischen adjustierten Mittelwerten kam der Tukey-Kramer-Test zum Einsatz. Mit Hilfe des ShapiroWilk-Tests wurden die Merkmale bzw. deren Residuen auf Normalverteilung überprüft. Bei einer signifikanten Ablehnung der Normalverteilung durch diesen Test wurden die betroffenen Datenreihen einer logarithmischen Transformation unterzogen. Wurde dadurch eine Normalverteilung erreicht, ist das gemischte Modell mit den logarithmierten Werten gerechnet worden. Waren die Datenreihen auch nach der Transformation nicht normalverteilt, sind Mittelwertvergleiche mit dem parameterfreien Kruskal-Wallis-Test durchgeführt worden. Das Signifikanzniveau war auf eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,05 festgelegt. 1.4 Ergebnisse 1.4.1 Herzfrequenzvariabilität In Tabelle 5 und Tabelle 6 sind für jedes untersuchte Merkmal die verwendeten statistischen Modelle mit den Einflussfaktoren dargestellt. Dabei stehen nachfolgend aufgeführte Symbole für die jeweiligen Einflussfaktoren. MZ = Messzeitpunkt M = Milchleistung KM = Kalbemonat e = Restvarianz Die Milchleistung ging als klassifizierter, zufälliger Effekt in jedes Modell ein. Anhand des AIC (Akaike Information Criterion) wurde entschieden, ob die Wechselwirkungen Temperatur/Messzeitpunkt*Milchleistung und Kalbemonat*Milchleistung in das Modell aufgenommen wurden oder nicht. Tabelle 5: Verwendete Modelle und Testergebnisse der fixen Effekte mit drei Messzeitpunkten (kalt, Übergang und warm), n= 7 verwendetes Modell p-Wert der fixen Effekte Messzeitpunkt Kalbemonat Rektaltemperatur Y = MZ + KM + M + e 0,069 0,288 HR Y = MZ + KM + M + M*MZ + e 0,133 0,143 RR Y = MZ + KM + M + M*MZ + e 0,134 0,183 SDNN Y = MZ + KM + M + e 0,618 0,573 RMSSD Y = MZ + KM + M + e 0,285 0,288 LFnorm Y = MZ + KM + M + e 0,127 0,497 HFnorm Y = MZ + KM + M + e 0,127 0,497 LF/HF Y = MZ + KM + M + M*KM + e 0,298 0,354 SD1 Y = MZ + KM + M + e 0,288 0,294 12 Tabelle 6: Verwendete Modelle und Testergebnisse der fixen Effekte mit zwei Messzeitpunkten (Übergang und warm), n= 16 verwendetes Modell p-Wert der fixen Effekte Messzeitpunkt Kalbemonat Rektaltemperatur Y = MZ + KM + M + e 0,626 <0,001 HR Y = MZ + KM + M + M*MZ + e 0,189 0,065 RR Y = MZ + KM + M + M*MZ + e 0,197 0,069 SDNN Y = MZ + KM + M + e 0,695 0,183 RMSSD Nicht normalverteilt, deshalb keine varianzanalytische Berechnung. LFnorm Y = MZ + KM + M + e 0,007 0,152 HFnorm Y = MZ + KM + M + e 0,007 0,152 LF/HF Y = MZ + KM + M + e 0,004 0,084 SD1 Nicht normalverteilt, deshalb keine varianzanalytische Berechnung. Bei den Auswertungen mit drei Messzeitpunkten (Tabelle 5) konnte für keinen Parameter ein signifikanter Einfluss der beiden fixen Effekte (Messzeitpunkt bzw. Kalbemonat) nachgewiesen werden. Die Analysen mit zwei Messzeitpunkten (Tabelle 6), die mit einer größeren Anzahl Tiere erfolgte, zeigten jedoch bei den Parametern LFnorm, HFnorm und dem Quotienten LF/HF einen signifikanten Einfluss des Messzeitpunktes und damit der Umgebungstemperatur. Bei der Rektaltemperatur wurde ein Einfluss des Kalbemonats nachgewiesen. Allerdings konnte hierfür keine Erklärung gefunden werden. Zusätzlich muss hinzugefügt werden, dass die RMSSD und die SD1 in den Messreihen mit zwei Messzeitpunkten (Tabelle 6) auch nach einer logarithmischen oder exponentiellen Transformation keine Normalverteilung aufwiesen und deshalb keiner Varianzanalyse unterworfen wurden. Somit ist eine Aussage zum Einfluss der beiden Effekte bei diesen beiden Merkmalen nicht möglich. Bei den Messreihen mit zwei Messzeitpunkten waren die Ausgangswerte der Merkmale SDNN und LF/HF nicht normalverteilt. Die Bedingung der Normalverteilung konnte hier durch eine logarithmische Transformation erfüllt werden. In Tabelle 7 und Tabelle 8 sind die adjustierten Mittelwerte der untersuchten Merkmale aufgezeigt, die mit Hilfe der gemischten Modelle berechnet wurden. Dabei zeigte sich, dass bei den Messreihen mit drei Messzeitpunkten bzw. drei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen (Tabelle 7), in die lediglich sieben Tiere involviert werden konnten, zwar scheinbar deutliche Tendenzen in den Abstufungen der Mittelwerte an den verschiedenen Messzeitpunkten gefunden wurden, jedoch in keinem Fall ein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden konnte. Dies ist mit großer Wahrscheinlichkeit der geringen Tieranzahl und der relativ großen Varianz geschuldet, denn bei Betrachtung der Ergebnisse in Tabelle 8, wo es sich um die Mittelwerte der Datenreihen aus 16 gemessenen Tieren handelt, wurden bei allen Merkmalen gleiche Tendenzen bei meistens sehr ähnlichen Größenordnungen an den Messzeitpunkten warm und Übergang gefunden. Bei fünf HRV-Parametern sind die Differenzen in den Messreihen mit 16 Tieren und zwei Messzeitpunkten signifikant verschieden. Die gute Übereinstimmung der Ergebnisse der beiden Messreihen mit sieben und sechzehn Tieren in Tabelle 7 und Tabelle 8 weisen auf die gute Qualität der Messungen hin. Gleichzeitig lässt dies auch den Schluss zu, dass trotz geringer Tieranzahl die gefundenen Tendenzen bei den untersuchten Merkmalen unter den Bedingungen von kalten Umgebungstemperaturen nahe der Frostgrenze relativ zuverlässig waren. Größere Abweichungen zwischen den adjustierten Mittelwerten der Messreihen mit sieben und sechszehn Tieren in den Messzeitpunkten Übergang und warm sind bei den Merkmalen SDNN und LF/HF darauf zurückzuführen, dass die Datenreihen aus sechszehn Tieren (Tabelle 8) vor der Varianzanalyse logarithmisch transformiert wurden. Die Rücktransformation der adjustierten Mittelwerte stellt dann eher den adjustierten Median dar und nicht den ad- 13 Tabelle 7: Adjustierte Mittelwerte und Standardfehler der untersuchten Merkmale sowie die mittlere Milchleistung der Tiere am Messtag bei drei Messzeitpunkten (kalt, Übergang und warm), n= 7 Messzeitpunkt kalt Übergang warm Rektaltemperatur (° C) 38,4 ± 0,14 38,8 ± 0,14 38,9 ± 0,14 HR (min-1) 71,2 ± 2,66 75,3 ± 2,62 84,4 ± 2,68 RR (ms) 844 ± 26,50 802 ± 26,10 714 ± 26,70 SDNN (ms) 13,3 ± 3,23 12,8 ± 3,13 9,36 ± 3,27 RMSSD (ms) 11,3 ± 3,87 9,67 ± 3,72 3,38 ± 3,93 LFnorm 80,7 ± 4,62 86,3 ± 4,54 94,5 ± 4,66 HFnorm 19,3 ± 4,62 13,7 ± 4,54 5,52 ± 4,66 Quotient LF/HF 12,1 ± 5,58 16,5 ± 5,21 22,1 ± 5,38 SD1 (ms) 8,15 ± 2,74 6,98 ± 2,63 2,56 ± 2,78 Tagesmilchleistung (kg/ Tier) 1) 31,1a ± 6,26 39,9c ± 3,60 47,2b ± 4,38 1) a,b,c Milchleistung ist ein nichtadjustierter Mittelwert Verschiedene Buchstaben in einer Zeile bedeuten Signifikanz Tabelle 8: Adjustierte Mittelwerte1) und Standardfehler der untersuchten Merkmale sowie die mittlere Milchleistung der Tiere am Messtag bei zwei Messzeitpunkten (Übergang und warm), n= 16 Messzeitpunkt Übergang warm Rektaltemperatur (° C) 38,80 ± 0,08 38,74 ± 0,08 HR (min-1) 77,30 ± 1,93 85,75 ± 1,73 779,74 ± 18,75 701,35 ± 16,76 10,42 ± 1,14 9,83 ± 1,13 7,65a ± 1,49 4,67b ± 0,42 LFnorm 87,87a ± 1,61 94,49b ± 1,61 HFnorm 12,13a ± 1,61 5,51b ± 1,61 Quotient LF/HF 9,14a ± 1,22 22,26b ± 1,22 SD1 (ms)1) 5,34a ± 1,06 3,49b ± 0,30 37,36a ± 6,48 46,39b ± 4,42 RR (ms) SDNN (ms) RMSSD (ms)1) Tagesmilchleistung (kg/ Tier) 1) 1) a,b RMSSD; SD1 und Milchleistung sind nichtadjustierte Mittelwerte Verschiedene Buchstaben in einer Zeile bedeuten Signifikanz justierten Mittelwert wie bei der Messreihe mit sieben Tieren (Tabelle 7). Die aufgeführten mittleren Tagesmilchleistungen sind keine adjustierten Mittelwerte, sondern arithmetische Mittelwerte der Leistung am Tage der Messung. Aufgrund des Versuchsaufbaus befanden sich die Kühe an den jeweiligen Messzeitpunkten zwangsläufig in unterschiedlichen Laktationsstadien, was zu Unterschieden in der Milchleistung führte. 14 Der stetige Abfall der durchschnittlichen RR-Intervalllänge bzw. der Anstieg der Herzschlagrate von kalt zu warm deutet auf eine zunehmende Kreislaufbelastung der Tiere durch thermoregulatorische Aktivitäten hin, während sich die Rektaltemperaturen in den drei Temperaturbereichen noch nicht wesentlich unterscheiden. Die Thermoregulationsmechanismen griffen demzufolge auch bei den relativ hohen Temperaturen um 26 °C bis 27 °C (Tabelle 1) noch nicht in die Beeinflussung der Körpertemperatur ein. Der Parameter SDNN zeigte keine erkennbaren Unterschiede zwischen den gemessenen Temperaturbereichen. Die Gesamtvariabilität der erfassten RR-Intervall-Reihen war von den unterschiedlichen Temperaturen nicht beeinflusst. Die RMSSD als Ausdruck der Kurzzeitvariabilität zeigte hingegen deutliche Unterschiede im Vergleich der Messzeitpunkte. Bei der Messreihe mit 16 involvierten Tieren (Tabelle 8) ist die Differenz für die Messzeitpunkte Übergang und warm signifikant verschieden. Die warmen Temperaturen führten zu einer Verringerung der HRV bzw. der parasympathischen Komponente in deren vegetativer Steuerung. Der Parameter LFnorm wies von kalten zu warmen Temperaturen eine gleichmäßig steigende Tendenz auf. Bei Betrachtung von nur zwei Messzeitpunkten mit 16 untersuchten Tieren stellte sich die Differenz zwischen Übergang und warmen Temperaturen auch signifikant dar. Eine entgegengesetzte und noch deutlichere Tendenz wies die Höhe der normierten HF-Einheiten auf, wobei die Differenz zwischen den Messzeitpunkten Übergang und warm größer ausfiel als zwischen Übergang und kalt. Werden wiederum die Messreihen mit 16 Tieren und nur zwei Messzeitpunkten betrachtet, so war hier der HFnorm-Wert bei den warmen Temperaturen signifikant niedriger als bei Übergangstemperaturen. Während HFnorm ein Parameter war, der relativ sicher Auskunft über die Vagusbeteiligung an der HRV gab, war andererseits LFnorm nicht nur von sympathischen sondern auch von anderen Komponenten beeinflusst. Erst der Quotient LF/HF ließ hier Aussagen zur sympathovagalen Balance zu. LF/HF stieg über alle drei Messzeitpunkte von kalt zu warm an. Wobei der Anstieg von Übergang zu warm am größten war. Dieser Unterschied war bei Betrachtung der Messreihe mit 16 Tieren signifikant. Die sympathovagale Balance verschob sich offensichtlich mit zunehmender Temperatur in Richtung Sympathikus. Ebenso wie die beiden anderen, die Aktivität des Parasympathikus charakterisierenden Parameter (RMSSD und HFnorm), zeigte der Parameter SD1 ein analoges Verhalten, welches einen Rückgang von kalt zu warm darstellte und die Differenz besonders groß war zwischen den Messzeitpunkten Übergang und warm. In der Messreihe mit 16 Tieren und zwei Messzeitpunkten war die Differenz signifikant. Es fiel auf, dass es sich bei vier von fünf Parametern (RMSSD, HFnorm, LF/HF und SD1), welche zwischen den Messzeitpunkten Übergang und warm (Tabelle 8) einen signifikanten Unterschied aufwiesen, um Merkmale handelte, die bei den warmen Bedingungen eine abnehmende Aktivität des Parasympathikus und eine Verschiebung der sympathovagalen Balance in Richtung Sympathikus anzeigten, die Tiere also signifikant mehr belastet waren als unter den Übergangsbedingungen. 1.4.2 Verhalten Alle untersuchten Verhaltensmerkmale waren normalverteilt und wurden nach folgendem Modell analysiert: Y = MZ + KM + MZ*KM + M + e Dabei gingen der Messzeitpunkt (MZ) und der Kalbemonat (KM) als fixe Effekte in das Modell ein und die klassifizierte Milchleistung (M) als zufälliger Effekt. Anhand des AIC (Akaike Information Criterion) wurde entschieden, ob die Wechselwirkungen Messzeitpunkt*Milchleistung und Kalbemonat*Milchleistung in das Modell aufgenommen wurden oder nicht. In keinem Fall kam es zu einer Verbesserung der Aussagefähigkeit des Modells, wenn eine oder beide Wechselwirkungen einbezogen wurden. Die in Tabelle 9 dargestellten Ergebnisse weisen für alle drei Merkmale des Liegeverhaltens einen signifikanten Einfluss des Messzeitpunktes und damit der vorherrschenden Umgebungstemperaturen aus. Während für den Faktor Kalbemonat in keinem Fall ein signifikanter Einfluss auf die Merkmalsausprägung gefunden werden konnte. Auch die Wechselwirkung zwischen Messzeitpunkt und Kalbemonat der Tiere war nicht signifikant an der Merkmalsausprägung be15 teiligt. In Bezug auf die motorische Aktivität der Kühe wurde für keinen der untersuchten Effekte ein gesicherter Einfluss gefunden. Die mittlere Milchleistung der Tiere war während der drei Beobachtungszeiträume zwangsläufig verschieden (Tabelle 10), da sich die Tiere jeweils in unterschiedlichen Laktationsstadien befanden. Dies war ein Umstand, der auf Grund der Versuchsanlage nicht beeinflusst werden konnte und deshalb auch Berücksichtigung im statistischen Modell fand. Tabelle 9: Testergebnisse der fixen Effekte und ihrer Wechselwirkung für die untersuchten Verhaltensmerkmale p-Wert der fixen Effekte Kalbemonat Messzeitpunkt*Kalbemonat 0,765 0,208 0,895 < 0,001 0,538 0,585 0,010 0,303 0,410 < 0,001 0,072 0,456 Messzeitpunkt Steps (n/d) Liegen (min/d) Liegeperioden (n/d) Liegeperiodendauer (min/n) Außerdem sind in Tabelle 10 die adjustierten Mittelwerte der untersuchten Verhaltensparameter aufgezeigt. Daraus geht hervor, dass die motorische Aktivität der Kühe zwischen den drei Messzeiträumen keine signifikanten Unterschiede aufwies. Eine Beeinflussung durch die thermischen Bedingungen konnte hier also nicht nachgewiesen werden. Demgegenüber wurden bei allen drei Merkmalen des Liegeverhaltens deutliche Unterschiede gefunden, die auf Anpassungsreaktionen an die jeweils herrschenden thermischen Bedingungen zurückzuführen sind. So verringerte sich die Gesamtliegedauer pro Tag von rund 13,4 bzw. 12,6 Stunden pro Tag bei kalter Umgebung bzw. Übergangsbedingungen auf 10,3 Stunden pro Tag während des warmen Zeitraums. Die durchschnittliche Dauer einer Liegeperiode sank bei warmer Umgebung verglichen mit den kalten Bedingungen um 47 Minuten, was 38 % entsprach. Gleichzeitig stieg die Liegeperiodenhäufigkeit um 1,6 Perioden pro Tag an. Sie wies während des Übergangszeitraumes keinen signifikanten Unterschied weder zum kalten noch zum warmen Zeitraum auf. Demgegenüber waren aber die Differenzen der Liegeperiodendauer zwischen dem Zeitraum mit den Übergangstemperaturen und den beiden anderen Zeiträumen statistisch gesichert verschieden, nämlich 23 Minuten kürzer als unter kalten Bedingungen und 24 Minuten länger als in warmer Umgebung. Tabelle 10: Adjustierte Mittelwerte und Standardfehler der untersuchten Verhaltensmerkmale sowie die mittlere Milchleistung1) der Tiere während der Beobachtungszeiträume Messzeitraum kalt Übergang warm Steps (n/d) 4139 ± 271 4203 ± 271 4408 ± 271 Liegen (min/d) 805a ± 23 756a ± 23 621b ± 23 Liegeperiodendauer (min/n) 123a ± 5 100b ± 5 76c ± 5 Liegeperioden (n/d) 7,03a ± 0,34 7,76 ± 0,34 Milch1) (kg/d) 31,1a ± 5,5 1) a,b,c 16 40,2b ± 4,2 8,58b ± 0,34 48,3c ± 3,4 Milchleistung = arithmetisches Mittel, Standardabweichung und paarweiser Tukey-Kramer-Test Verschiedene Buchstaben in einer Zeile bedeuten Signifikanz. Abbildung 2: Trends und statistische Kennzahlen der linearen Regressionen der untersuchten Verhaltensmerkmale der Einzeltiere 17 In der Abbildung 2 sind die Trends der linearen Regressionen der vier Verhaltensmerkmale zwischen den drei Messzeitpunkten (respektive Umgebungstemperaturen) mit den dazugehörigen Gleichungen und Bestimmtheitsmaßen dargestellt bezogen auf die Einzeltiere. Auch wenn hier die Einflussfaktoren Kalbemonat und Milchleistung nicht berücksichtigt werden konnten, unterstreichen diese Ergebnisse noch mal, dass die lokomotorische Aktivität nahezu keine Beziehung zur Umgebungstemperatur aufwies. Dagegen wurde bei den Merkmalen Liegen pro Tag und Liegeperiodendauer eine sehr deutliche Beeinflussung durch die Umgebungstemperatur erkennbar. Die Anzahl der Liegeperioden pro Tag dagegen zeigte eine relativ geringe Beziehung zur Temperatur. Visuell betrachtet schien die Varianz, die durch individuelle Unterschiede zwischen den Einzeltieren entstand (Spannbreiten an den jeweiligen Messzeitpunkten in Abbildung 2), bei den Merkmalen Liegedauer pro Tag und Liegeperiodendauer mit zunehmender Temperatur abzunehmen. Bei den beiden anderen Merkmalen war dies nicht festzustellen. 1.5 Diskussion 1.5.1 Herzfrequenzvariabilität In einem Tachogramm einer RR-Messreihe lassen sich prinzipiell zwei Schwingungsanteile erkennen und analysieren. Zum einen kurze, schnelle Schwingungen, die die sogenannte Kurzzeitvariabilität widerspiegeln und langsamere Schwingungen, die die Langzeitvariabilität abbilden (CERUTTI et al., 1995). Kurzzeitvariabilität entsteht durch schnelle Änderungen der RRIntervalllänge innerhalb von ein bis zwei Herzschlägen und ist rein parasympathisch reguliert. Sie lässt sich sehr gut mit Hilfe verschiedener HRV-Parameter wie RMSSD, HF oder SD1 (Tabelle 2) quantifizieren (TASK FORCE, 1996). Die Langzeitvariabilität kann nur mittels der Leistung im LF-Bereich nach einer Frequenzanalyse oder mit dem geometrischen Parameter SD2 abgeschätzt werden, wobei die LF-Leistung sowohl vom Parasympathikus als auch vom Sympathikus beeinflusst wird und über die anteiligen Verhältnisse der beiden Antagonisten am Zustandekommen des LF-Bereiches keine einheitliche Meinung herrscht (CERRUTI et al., 1995; AKSELROD, 1995; TASK FORCE, 1996). Zur Quantifizierung der sympathovagalen Balance wird das Verhältnis der Leistungen im LF- und HF-Bereich (LF/HF) herangezogen. Sinkt der parasympathisch beeinflusste HF-Anteil, so wird der Quotient größer und es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Balance in Richtung Sympathikus verschoben hat. Steigen die Leistungen in beiden Frequenzbereichen gleichmäßig an, bleibt der Quotient gleich und damit das Verhältnis zwischen sympathischer und parasympathischer Aktivität bei der HRRegulation. Nur wenige Arbeiten befassten sich in der Vergangenheit mit Messungen der HRV bei Milchrindern. Dabei wurden HRV-Messungen zwar immer zur Qualifizierung oder Quantifizierung verschiedener Belastungen verwendet, die spezifischen Messsituationen und Ausgangspunkte waren jedoch oft sehr verschieden. Es wurden unterschiedliche Haltungssysteme, Rassen, Laktationsstadien, Lebendmassen und Alter betrachtet und Messungen in differenten Situationen wie Ruhe, Stehen, Bewegung oder während verschiedener Abschnitte eines Melkprozesses durchgeführt. Die ermittelten Ergebnisse der HRV-Studien sind deshalb auch nur sehr begrenzt untereinander vergleichbar. Eine geringe Anzahl Studien und die teilweise sehr verschiedenen Messsituationen sind auch der Grund, warum es für Milchrinder oder auch andere Nutztierarten keine Angaben zu Normalbereichen der einzelnen HRV-Parameter geben kann, wie sie im Humanbereich z.B. durch die TASK FORCE (1996) angegeben werden. Die absoluten Parameterwerte der vorliegenden Studie sind daher mit denen anderer Studien nur sehr eingeschränkt vergleichbar. Mit der Untersuchung von HRV-Parametern bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen wurde in den eigenen Untersuchungen der Versuch unternommen, eine eventuelle Belastung der Tiere durch orts- und jahreszeitlich übliche Temperaturen nachzuweisen. Dabei waren die Herzschlagraten beim Messzeitpunkt mit warmen Temperaturen denen ähnlich, wie sie von MOHR et al. (2002) bei laktierenden Kühen gefunden wurden, während die HR der Tiere bei Übergangstemperaturen annähernd denen der nichtlaktierenden Kühe bei MOHR et al. (2002) entsprachen. Ebenfalls vergleichbare Größenordnungen konnten HAGEN et al. (2005) bei Messungen im Stehen nachweisen. Dabei fanden sie aber Unterschiede zwischen Schweizer Braunvieh mit einer HR von 77 Schlägen pro Minute und Österreichischem Fleckvieh 18 mit 82 Schlägen pro Minute. Den Unterschied der HR zwischen Stehen und Liegen gaben sie mit 8 % Verringerung an. In den eigenen Untersuchungen wurden bei kalten Umgebungstemperaturen mit 71 Schlägen pro Minute die niedrigste HR gefunden. GYGAX et al. (2008) wiesen jedoch in allen untersuchten Melksystemen noch geringere mittlere Ruhe-HR von unter 70 Schlägen pro Minute bei ihren involvierten Tieren nach. Allerdings lagen die Milchleistungen der Tiere auch deutlich unter denen der eigenen untersuchten Tiere und denen bei MOHR et al. (2002). Den Einfluss der Milchleistung auf die HR wies KOVÁCS (2013a) nach. Bei der SDNN als Ausdruck der Gesamtvariabilität einer Messreihe konnten in den eigenen Untersuchungen keine gesicherten Unterschiede zwischen den einzelnen Messzeitpunkten mit unterschiedlichen Umgebungstemperaturen gefunden werden. Die Mittelwerte lagen an allen temperaturgeprägten Messzeitpunkten deutlich niedriger als bei liegenden Kühen von HAGEN et al. (2005) gemessen wurden. Diese Tiere wiesen aber ein geringeres Leistungsniveau auf und gehörten anderen Rassen an. MOHR et al. (2002) haben an stehenden oder gehenden Tieren deutlich höhere Werte gemessen, die wiederum sehr gut mit denen stehender Tiere bei HAGEN et al. (2005) korrespondieren. Einer der am sichersten interpretierbaren Parameter der HRV ist die RMSSD. Sie ist geeignet, etwas über den Entspannungszustand des Individuums auszusagen. In nahezu jeder Studie zur Messung der HRV im Zusammenhang mit Belastungen wurde die RMSSD mit herangezogen. Die in der vorliegenden Studie gemessenen Werte sind mit denen im Ruhezustand bei Milchkühen gemessenen bei HAGEN et al. (2005) gut vergleichbar. MOHR et al. (2002) haben an stehenden bzw. gehenden Tieren Messwerte um sechs gefunden, was zwischen den eigenen Ergebnissen an liegenden Tieren bei warmen und Übergangstemperaturen liegt. GYGAX et al. (2008) maßen dagegen RMSSD von rund 15 bis 18 und KOVÁCS et al. (2013b) sogar von über 34. Zum Messzeitpunkt mit den warmen Temperaturen wurden in den eigenen Untersuchungen signifikant niedrigere RMSSD gefunden als am Messzeitpunkt mit Übergangstemperaturen. Die Tiere waren demnach durch die hohen Temperaturen deutlich weniger entspannt als bei niedrigeren Umgebungstemperaturen. Zur gleichen Schlussfolgerung gelangt man auch bei Betrachtung des Merkmals HFnorm. Hier lag der Wert für die normierten HF-Einheiten am Messzeitpunkt mit warmen Umgebungstemperaturen erheblich niedriger als bei der Übergangsmessung. Dieser Trend setzte sich von den Übergangstemperaturen zum Messzeitpunkt mit kalten Temperaturen fort, auch wenn hier aufgrund zu geringer Tierzahlen keine Signifikanz erreicht wurde. Das Niveau der gefundenen Werte bei kalten Temperaturen ist mit den Ergebnissen von HAGEN et al. (2005) vergleichbar, während MOHR et al. (2002) sowohl bei laktierenden als auch bei nichtlaktierenden Tieren deutlich geringere Werte (1,8 bzw. 2,1) gefunden haben. In der Studie von KOVÁCS et al. (2013b) wurden dagegen sogar 42,1 HFnorm-Einheiten bei ruhenden Holstein-Friesian-Kühen mit durchschnittlich 38 kg Milchleistung je Tier und Tag gemessen. Die Anzahl der LFnorm-Einheiten lag in den eigenen Untersuchungen bei warmen Temperaturen mit 94,5 signifikant höher als bei Übergangstemperaturen mit 87,9. Wie auch beim Parameter HFnorm nur mit umgekehrten Vorzeichen setzte sich dieser Trend auch zwischen den Messungen bei Übergangstemperaturen im Vergleich zu kalten Temperaturen fort, ohne statistisch gesichert werden zu können. Dies kann als Hinweis gewertet werden, dass mit steigenden Temperaturen die HR zunehmend durch den Sympathikus gesteuert war, wenngleich am LFSpektralbereich auch der Parasympathikus beteiligt ist. Gestützt wird diese These auch durch den LF/HF-Quotienten, der mit steigenden Werten eine Verschiebung der sympathovagalen Balance von kalten Temperaturen über Übergangstemperaturen bis zu warmen Temperaturen in Richtung Sympathikus widerspiegelte. Ähnlich hohe Werte wie bei den hier vorgestellten Ergebnissen fanden nur KOVÁCS et al. (2013b) bei Kühen während des Treibens zum Melken. Ruhten die Tiere, waren es nur 56,6 LFnorm-Einheiten. Der Quotient LF/HF wurde von diesen Autoren nicht berechnet, sie stützten sich zur Beschreibung der Verschiebung der sympathovagalen Balance zwischen den Zuständen Ruhen und Treiben auf den Quotienten SD1/SD2. MOHR et al. (2002) wiesen LFnorm-Werte an stehenden bzw. gehenden Tieren von 59,4 (laktierend) und 59,8 (nichtlaktierend) nach. Der ermittelte LF/HF-Quotient war bei diesen Autoren mit 33,6 (laktierend) und 28,1 (nichtlaktierend) in beiden Fällen höher als bei den eigenen Ergeb19 nissen an jedem der drei Messzeitpunkte. Bei den HRV-Messungen von HAGEN et al. (2005) wurden noch geringere LFnorm-Werte von 25,2 (Schweizer Braunvieh) und 19,7 (Österreichisches Fleckvieh) bei aktiven Tieren gemessen. Der Unterschied zu den Ergebnissen, wenn die Tiere lagen, betrug -13 %. Das Milchleistungsniveau war hier mit durchschnittlich 23 kg je Tier und Tag relativ gering. Der Parameter SD1 korreliert mit den Parametern RMSSD und HFnorm und wird wie diese von der parasympathischen Aktivität des vegetativen Nervensystems bestimmt. Die eigenen Ergebnisse zeigten eine Abhängigkeit von der Temperatur bzw. vom Messzeitpunkt bei Übergangsund warmen Temperaturen, wobei SD1 bei warmen Temperaturen signifikant kleiner war als bei Übergangstemperaturen. In der Messreihe mit drei Messzeitpunkten schien sich dieser Trend wiederum auch von Übergang zu kalten Temperaturen fortzusetzen, ohne Signifikanz zu erreichen. KOVÁCS et al. (2013b) fanden in ihrer Studie mit 44,2 ms erheblich höhere SD1-Werte bei ruhenden Tieren. Beim Treiben wurde dort mit 13,9 ms ein Wert erreicht, der dem der ruhenden Tiere bei kalten Temperaturen in den eigenen Untersuchungen vergleichbar wäre. Zusammenfassend kann geschlussfolgert werden, dass die untersuchten Milchkühe bei Temperaturen um 27 °C bzw. einem THI um 73 im Vergleich zu Temperaturen um 9 °C und einem THI um 49 deutlich weniger entspannt waren. Dies lässt sich anhand der HRV-Parameter RMSSD, HFnorm und SD1 sicher nachweisen. Die Ausprägung dieser Parameter an den beiden genannten Temperaturmesszeitpunkten macht eine Abnahme der parasympathischen Komponente in der HR-Steuerung der Tiere deutlich. Die Zunahme der LFnorm-Einheiten und vor allem der sehr starke Anstieg des LF/HF-Quotienten bei warmen Temperaturen bestätigen eine erhebliche Verschiebung der sympathovagalen Balance der HR-Steuerung in Richtung Sympathikus. Damit muss davon ausgegangen werden, dass, anders als in der Literatur häufig berichtet, die Tiere bei den beschriebenen warm-Bedingungen nicht nur unter leichtem Hitzestress litten, sondern schon erheblich belastet waren und dass trotz der beschriebenen Deckenlüfter, welche mit maximaler Leistung eingeschaltet waren, eine Unterstützung der Thermoregulation durch technische Hilfsmittel hier dringend angezeigt ist. Werden die Ergebnisse der Messreihe mit drei Messzeitpunkten (n= 7 Tiere) betrachtet, so sind die Mittelwertdifferenzen aufgrund der geringen Tierzahl zwar nicht statistisch zu sichern, sie weisen aber die gleichen Tendenzen auf wie zuvor beschrieben. Aufgrund der Ergebnisse bei kalten Temperaturen um 2 °C und einem THI um 37 lässt sich daher postulieren, dass die Milchkühe unter diesen Bedingungen am meisten entspannt bzw. am wenigsten belastet waren. Empfehlungen, wie im Merkblatt 336 der DLG (2005), in denen der optimale Temperaturbereich für Milchkühe mit 4 °C bis 16 °C angegeben wird, sind daher zumindest im unteren Bereich zu hinterfragen. Andere Quellen fassen diesen Optimalbereich auch weiter. So geht BIANCA (1968; 1971; 1979) von 0 °C bis 16 °C aus, MAHLKOW-NERGE (2007) von -7 °C bis 17 °C und STÖBER (2002) gibt als sogenannten Behaglichkeitsbereich für Milchkühe 0 °C bis 15 °C an. TOBER (2014) verweist darauf, dass bei dem heute üblichen Leistungsniveau von etwa 30 kg Milch je Tier und Tag die Thermoregulation der Milchkühe spätestens ab ca. 15 °C mit effektiven Mitteln unterstützt werden sollte. Der Bereich der optimalen Umgebungstemperatur wird von vielen Faktoren beeinflusst, von denen die Milchleistung nur einer, aber ein sehr wesentlicher ist. Für die in der vorliegenden Studie unter den warmen Bedingungen gemessene relative Luftfeuchte von rund 46 % wird der Temperaturbereich für beginnenden, leichten Hitzestress mit 25 °C bis 29 °C angegeben (DLG, 2005). Die gefundenen Untersuchungsergebnisse sollten daher Anlass sein, diesen Temperaturbereich, ab dem mit Belastungen der Tiere durch Hitze gerechnet werden muss, kritisch zu hinterfragen. Eine bessere Beschreibung wird mit dem THI erreicht. Hier wird der Wert, ab dem mit Stress für das laktierende Tier zu rechnen ist, häufig mit 72 (WIERSMA, 1990; CHASE, 2006; MAČUHOVÁ et al., 2008) angegeben. Andere Angaben gehen aber auch schon von Werten ab 65 bis 68 aus (COLLIER et al., 2012). Die Ergebnisse der vorgestellten Untersuchungen zeigten eindeutig, dass die Tiere bei einem THI um 73 nicht nur leicht, sondern deutlich belastet waren. Die vorliegenden Ergebnisse sowie Erkenntnisse aus der Literatur zeigen, dass weitere Untersuchungen zur Klärung der Belastungen der Milchkühe durch thermoregulatorische Prozesse erforderlich sind. Gleichzeitig weisen die Messergebnisse der Parameter der HRV diese als gu20 te Indikatoren aus, um Belastungen der Tiere zu quantifizieren. Nachteilig ist, dass es bislang nicht genügend Untersuchungsergebnisse zum Thema gibt, die es erlauben würden, eindeutige Normbereiche für die einzelnen HRV-Parameter festzulegen, so wie sie im Humanbereich für den Menschen (TASK FORCE, 1996) vorhanden sind. Unterschiedliche Studien lassen sich häufig nur sehr begrenzt miteinander vergleichen. Die Probleme nehmen dabei häufig bereits ihren Ausgangspunkt bei der Wahl verschiedener Parameter. Ein einheitliches Vorgehen wäre hier sehr zu begrüßen. 1.5.2 Verhalten Die eigenen Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede bei der lokomotorischen Aktivität in Abhängigkeit vom Messzeitpunkt respektive der Umgebungstemperatur. Eine scheinbare leichte Tendenz mit geringer Steigung, dass die Tiere bei Wärme sich etwas mehr bewegten, hätte sich mit vermehrten Gängen zu den Tränken und dem aktiven Suchen nach kühleren Stallbereichen erklären lassen, wie es auch von BROUČEK (1997) beschrieben wurde. Diese vermutete Tendenz ließ sich aber nach einer regressiven Überprüfung nicht nachweisen. COOK et al. (2007) fanden jedoch bei Kühen unter warmen Bedingungen, dass diese mit 4,5 Stunden pro Tag länger in den Gängen standen und mit 0,5 Stunden pro Tag häufiger mit Trinken beschäftigt waren als unter den kühlen Bedingungen, bei denen sie nur 2,6 Stunden pro Tag in den Gängen standen und 0,3 Stunden pro Tag mit Trinken zubrachten. Vergleichbare Ergebnisse berichtete auch schon SHULTZ (1984). Gegenüber der lokomotorischen Aktivität liefert das inaktive Verhalten nicht nur im Zusammenhang mit der Tiergerechtheit eines Stalles gute Aussagen, wie GRAUVOGL et al. (1997) herausstellten, sondern auch im Zusammenhang mit Belastungen. Besonders die thermischen Umgebungsbedingungen beeinflussen das Liegeverhalten von Milchkühen deutlich, wie in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen wurde. Die in der hier vorgestellten Studie gefundenen Liegezeiten zwischen 10,3 Stunden pro Tag unter warmen Bedingungen und 13,4 Stunden pro Tag bei kalten Bedingungen verdeutlichten die hohe biologische Bedeutung für die Tiere allein durch den zeitlichen Umfang, den die Kühe darauf verwendeten. Die Werte bestätigten die Aussage von HALEY et al. (2000), dass etwa die Hälfte der verfügbaren Zeit mit Liegen verbracht wird. Im Vergleich mit den kalten Temperaturen um 2 °C kam es allerdings schon bei Übergangstemperaturen um 11 °C zu einer Reduzierung um fast 50 Minuten. Die eigenen gefundenen Größenordnungen der Liegedauer bei kalten und Übergangstemperaturen stimmen gut mit denen bei TUCKER UND WEARY (2004) beschriebenen überein, die Untersuchungen zu verschiedenen Einstreuqualitäten auf den Liegeflächen durchgeführt haben. Beim Vergleich der hier vorgestellten eigenen Untersuchungsergebnisse zur Liegedauer im Bereich von 9 °C Umgebungstemperatur finden sich die meisten Übereinstimmungen mit anderen Literaturwerten. So beschrieben FREGONESI et al. (2007b) 12,9 Stunden Liegedauer pro Tag bei einem Tier : Liegeplatzverhältnis von 1:1, HERNANDEZ-MENDO et al. (2007) fanden bei Stallhaltung 12,3 Stunden pro Tag, GOMEZ UND COOK (2010) ermittelten 12,7 Stunden pro Tag in Sandboxen und BROUČEK et al. (2013) berichteten für den zehnten Tag nach einer Umstallung der Tiere von Anbindehaltung in einen Laufstall exakt die gleiche Liegedauer von 756 Minuten pro Tier und Tag wie in den eigenen Untersuchungen bei Übergangstemperaturen gefunden wurde. Bei vergleichbaren Umgebungstemperaturen von 7 °C bis 8 °C berichteten COOK et al. (2004) von 12,0 Stunden Liegezeit auf Sand und 11,7 Stunden auf Textilmatten, beide Werte waren nicht signifikant verschieden und passten sich in eigene und andere Ergebnisse gut ein. TUCKER und WEARY (2004) berichteten ebenfalls von 12,3 Stunden Liegedauer pro Tag, wenn den untersuchten Tieren keine Einstreu geboten wurde. Bei höchster Einstreumenge von 7,5 kg Sägemehl pro Liegefläche wurde dagegen mit 13,8 Stunden eine vergleichbare Liegedauer wie in den eigenen Untersuchungen bei 2 °C gefunden. Über die Umgebungstemperaturen wurden keine Angaben gemacht. Auch WECHSLER et al. (2000) stellten einen Zusammenhang zwischen Liegeflächenqualität und Liegedauer fest. Die ermittelten Werte blieben aber mit 10,8 bis 11,6 Stunden pro Tag unterhalb der eigenen bei 9 °C ermittelten Liegedauer aber oberhalb der Ergebnisse bei warmen Stalltemperaturen um 22 °C Tagesmitteltemperaturen. 21 Häufig wird von verkürzten Liegezeiten im Zusammenhang mit belastenden Momenten in der Umwelt der Kühe berichtet. FREGONESI et al. (2007a) fanden mit 13,9 Stunden pro Tag auf trockener Einstreu ähnlich lange Liegezeiten wie in den eigenen Untersuchungen bei kalten Temperaturen, aber mit 8,8 Stunden pro Tag bei feuchter Einstreu eine noch kürzere Gesamtliegezeit als in den eigenen Untersuchungen bei warmen Temperaturen. Von sehr ähnlichen, extrem kurzen Liegezeiten (8,7 Stunden pro Tag) berichteten auch BREHME et al. (2004) bei Kühen, denen Hochliegeboxen mit einfachen Gummimatten zur Verfügung standen. Allerdings lagen in diesem Fall die Vergleichstiere in eingestreuten Tiefliegeboxen auch nur 10,2 Stunden pro Tag. Über weitere Unterschiede außer den Liegeboxen wurde nicht berichtet. Die bei warmer Umgebungstemperatur ermittelte Liegedauer von nur 10,3 Stunden pro Tag zeigte verglichen mit den beiden anderen Temperaturbedingungen eine drastische Verkürzung der Gesamtliegezeit und damit eine Belastung der Tiere an. Die Tiere lagen bei warmen Temperaturen also über 3 Stunden pro Tag weniger als unter den kalten Bedingungen. Der Auslöser für diese Verhaltensanpassung dürfte vor allem der Umstand sein, dass zwischen dem liegenden Tier und dem Boxenfußboden ein Wärmestau entstand und die benachbarten Kühe ebenfalls noch Wärme abstrahlten. Die Tiere wurden daher relativ schnell gezwungen, aufzustehen, um durch dieses Verhalten die evaporative Kühlung zu maximieren und der Strahlungswärme von den Nachbartieren auszuweichen. Eine gleiche Vermutung stellten IGONO et al. (1987) an im Zusammenhang mit vermehrtem Stehen der Kühe in den Stallgängen bei hohen Temperaturen. Zum einen reihen sich die eigenen Ergebnisse zur Liegeperiodendauer gut in die von TUCKER et al. (2004) nach einer Literaturübersicht kommunizierten Werte ein und zum anderen zeigen alle genannten Ergebnisse, dass Belastungen verschiedener Art, vor allem aber aus den thermischen Eigenschaften der Umgebung oder aus den Qualitäten der Liegeflächen herrührend zur Verkürzung der Gesamtliegezeiten führen. Gleichzeitig verweisen die Ergebnisse von HOUPT (1998) und JENSEN et al. (2004) auf die enorm hohe biologische Bedeutung einer ausreichenden Liegezeit für die Tiere. Neben der Gesamtliegedauer sind die Tiere auch in der Lage, über die Dauer und Anzahl der Liegeperioden pro Tag ihr Liegeverhalten an verschiedene Umweltfaktoren anzupassen. Die eigenen Ergebnisse zeigten in diesem Zusammenhang, dass alle drei untersuchten Merkmale des Liegeverhaltens (Gesamtliegedauer, Liegeperiodenanzahl, Liegeperiodendauer) von den thermischen Umgebungsbedingungen beeinflusst waren. Etwas anderes konnten TUCKER et al. (2004) bei ihren Untersuchungen zur Liegeoberflächenqualität feststellen. Für die Kühe weniger geeignete Oberflächen führten zu einer Verkürzung der Gesamtliegezeit und zu einer Reduzierung der Liegeperiodenanzahl (8,5 bis 10,0 pro Tag), nicht jedoch zu einer Verringerung der Liegeperiodendauer, die immer 1,4 bis 1,5 Stunden betrug, womit sich diese Liegeperiodendauer nur wenig geringer darstellten als die eigenen Ergebnisse bei Übergangstemperaturen. Die von TUCKER et al. (2004) ermittelten Häufigkeiten der Liegeperioden liegen im Bereich der eigenen Ergebnisse bei warmen Temperaturen oder noch darüber. Die von HÖRNING (2003) ermittelte Liegeperiodendauer von 76 Minuten in sogenannten optimierten Liegeboxen war identisch mit den eigenen Untersuchungsergebnissen unter den belastenden Bedingungen bei warmen Tagesmitteltemperaturen um 22 °C. In veralteten Liegeboxen fand er sogar eine noch kürzere Dauer von nur 69 Minuten. Die Anzahl der ermittelten Liegeperioden und deren Dauer aus den eigenen Untersuchungen passten sich nur teilweise in die zusammengetragenen Ergebnisse aus der Literaturübersicht von TUCKER et al. (2004) ein. Wie bei den hier gefundenen Werten zur Liegeperiodendauer fanden sich nur die Ergebnisse bei warmen Temperaturen in der Spannweite der in Literaturübersicht angegebenen Ergebnisse wieder. Die eigenen Resultate bei Übergangs- und kalten Temperaturen liegen im Fall der Liegeperiodendauer mit 1,7 und 2,0 Stunden oberhalb der Ergebnisse aus den von TUCKER et al. (2004) ausgewerteten Quellen und bei der Periodenanzahl mit 7,0 und 7,8 unterhalb davon. Ein Grund für diese Diskrepanz könnte in der angewandten Methode der Bestimmung der Liegeperioden in den eigenen Untersuchungen zu finden sein. Da hier festgelegt war, dass Liege22 perioden mindestens 20 Minuten unterbrochen sein mussten, um als zwei Perioden gewertet zu werden. Gestützt wird diese Vermutung durch die eigenen Ergebnisse bei der Gesamtliegedauer, die ausnahmslos innerhalb der Spannweite der von TUCKER et al. (2004) zusammengetragenen Literaturwerte lagen. Häufig ist jedoch ein Vergleich mit anderen Versuchsanstellern schwierig, weil nicht immer alle Randbedingungen bekannt waren bzw. mitgeteilt wurden, das Liegeverhalten jedoch einer Vielzahl von Einflussfaktoren unterliegt (REITER et al., 2007). Zusammenfassend wird deutlich, dass das Liegeverhalten der Milchkühe ein empfindlicher Indikator für die Qualität der Haltungsumgebung und für verschiedene Belastungen ist. Dabei können die Tiere unterschiedliche Strategien verfolgen, um belastenden Einflüssen zu begegnen. Es kann sowohl die Liegeperiodendauer als auch die Liegeperiodenanzahl oder beides an die Umweltbedingungen angepasst werden. Ausgehend von der Erkenntnis, dass ausreichendes Liegen eine sehr hohe biologische Bedeutung für die Kühe besitzt, wie in den Untersuchungen von HOUPT (1998) und von JENSEN et al. (2004) nachgewiesen wurde, kann bei einer wesentlichen Verkürzung der Gesamtliegezeit auf eine entsprechend schwerwiegende Belastung geschlossen werden. 1.6 Schlussfolgerungen Die Ergebnisse aus den vorgestellten Untersuchungen zeigen, dass HRV-Untersuchungen ebenso wie Verhaltensbeobachtungen geeignet sind, um bei Milchkühen Reaktionen auf thermisch belastende Umweltbedingungen nachzuweisen. Insbesondere die Verschiebung der sympathovagalen Balance im Rahmen der Herzfrequenzsteuerung in Richtung Sympathikus bei steigenden Umgebungstemperaturen deutet auf zunehmende Belastungen hin. Aber auch die Änderungen im Liegeverhalten zeigen deutlich an, dass die Tiere gezwungen sind, auf ansteigende Temperaturen zu reagieren. Am deutlichsten fällt diese Reaktion bei Betrachtung der durchschnittlichen Liegeperiodendauer und der Gesamtliegezeit aus. Es bleibt schwierig, zu entscheiden, ab welchem Grad der Veränderung der belastungsanzeigenden Parameter von einer erheblichen Belastung ausgegangen werden muss. Zumal eine thermische Belastung von vielen Faktoren abhängig ist, von denen die Milchleistung ein sehr wesentlicher ist. Wird von einer durchschnittlichen Herdenleistung von etwa 30 kg je Tier und Tag ausgegangen, so wird es in einer solchen Herde auch immer Tiere geben, die aufgrund ihres spezifischen Laktationsstadiums 50 kg Milch pro Tag oder mehr geben. Diese Kühe haben eine entsprechend hohe metabolische „Abwärme“ zu bewältigen und geraten bereits bei deutlich geringeren Temperaturen unter thermische Belastung als der Durchschnitt der Herde. Sowohl HRV- als auch Verhaltensparameter zeigten verglichen mit den Ergebnissen bei kalter Umgebung (um 2 °C) bereits bei Übergangstemperaturen (um 9 °C) Anpassungsreaktionen. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung von Literaturangaben zum thermoneutralen Bereich von Milchkühen, die für eine laktierende Kuh, welche eine Leistung von 30 kg Milch pro Tag erbringt, eine obere kritische Temperatur von 12 °C beschrieben (BERMAN UND MELTZER, 1973) können entsprechende Schussfolgerungen gezogen werden. Der thermische Optimalbereich ist in jedem Fall noch unterhalb der oberen kritischen Temperatur zu suchen. Zudem zeigen andere Forschungsergebnisse, dass ein Anstieg der Milchleistung von 35 kg auf 45 kg pro Tag die jeweiligen Grenztemperaturen um etwa 5 Grad senken (BERMAN, 2005). Das bedeutet zum einen, dass es den einen Optimalbereich für alle Tiere einer Herde nicht gibt, sondern er ist immer tier- und umgebungsabhängig. Zum anderen bedeutet es, dass den oben genannten Tieren einer Betriebsherde, die aufgrund ihrer Leistungsveranlagung und des entsprechenden Laktationsstadiums die höchsten Milchleistungen erbringen, bereits bei 10 °C und darunter zu warm wird. Unter Berücksichtigung des Leistungsniveaus einer Milchviehherde sollte mit dem Einsatz technischer Maßnahmen, welche auf die Unterstützung der Thermoregulation der Tiere abzielen, also schon bei Umgebungstemperaturen von unter 10 °C begonnen werden. Beim Management von Milchkuhherden sollte sich immer bewusst gemacht werden, dass sich das Temperaturempfinden einer Milchkuh ganz wesentlich von dem des betreuenden Menschen unterscheidet. Eine Milchkuh mit 30 kg Milchleistung pro Tag fühlt sich demnach bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und leicht darüber thermisch genauso wohl wie ein Mensch bei etwa 20 °C. 23 Es bleibt festzuhalten, dass unsere Kühe im heimischen Klima wohl fast ausschließlich mit warmen Temperaturen Probleme bekommen. Frost in den üblichen Größenordnungen stellt keine Herausforderung an ihre Thermoregulation dar. Demzufolge sollten bei Frostfreiheit und nicht zu starkem Wind die Ställe generell weit geöffnet werden. Die limitierenden Faktoren dürften hier eher die technologische Funktionsfähigkeit der Tränken und Mistschiebersysteme (bei Frost) sowie der betreuende Mensch sein und nicht das Thermoregulationsvermögen der Tiere. In frei gelüfteten Ställen sollte darüber nachgedacht werden, nicht nur die Jalousien an den Traufseiten vollständig zu öffnen, sondern, wo dies möglich ist, dasselbe auch mit vorhandenen Windbrechgittern zu tun, um den Außenwind weitgehend ungehindert bis in den Tierbereich gelangen zu lassen. Denn einerseits wird technische Energie (Lüfter) eingesetzt, um die Windgeschwindigkeit im Stall bei Wärme zu erhöhen und andererseits wird der Wind an den Gittern ausgebremst. Die Windgeschwindigkeit am Tier zu erhöhen, wird umso wichtiger, je höher die Temperaturen und/oder die Luftfeuchtigkeit steigen. Wo vorhanden, können Befeuchtungskühlungen eingesetzt werden, wobei diese vor allem bei sehr hohen Außentemperaturen ihren Einsatz finden und dabei unbedingt die Luftfeuchte im Blick behalten werden muss. Den Kühen ständig ausreichend Tränkwasser in guter Qualität zur Verfügung zu stellen, ist eine Forderung, die jeder Zeit erfüllt werden muss. Steigende Stalltemperaturen führen aber zu einer erheblich höheren Nutzungsintensität der Tränken. Sind diese nicht entsprechend dimensioniert, kommt es zu zusätzlichen Belastungen durch die Knappheit der Ressource Wasser. Unter Beachtung und Anwendung solcher Grundsätze können Hitzeperioden für Milchkühe wesentlich erträglicher gestaltet werden. Der Erfolg solcher Maßnahmen ist ein verbessertes Tierwohl, eine bessere Tiergesundheit und geringere Leistungseinbußen. 24 2 Windgeschwindigkeit im Stall in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und Außenwindgeschwindigkeit 2.1 Einleitung Damit hochleistende Milchrinder ihr Leistungspotential voll ausschöpfen können, müssen sich neben einer angepassten Fütterung auch die Haltungsumwelt und das Management auf einem entsprechenden Niveau befinden. Eine hohe Milchleistung der Tiere ist aber auch zwangsläufig mit einer erhöhten Wärmeproduktion durch den Stoffwechsel der Tiere verbunden. Durch eigene Mechanismen der Thermoregulation sind die Tiere in der Lage die überschüssige Wärme an die Umgebung abzugeben. Insbesondere bei höheren Temperaturen gelingt dies vielen Tieren aber nur bedingt und eine Unterstützung der Tiere ist notwendig, um sie gesund und leistungsfähig zu halten. In Abbildung 3 sind einige wichtige Möglichkeiten zur Unterstützung der Thermoregulation der Tiere aufgeführt. Dabei sollten vor allem tierrelevante Wirkungen der Radiation, Evaporation und Konduktion am besten schon im Vorfeld bei der Stallbauplanung berücksichtigt werden. Managementseitig kann durch den Einsatz von Lüftern im Stall ein großer Einfluss auf die Thermoregulation der Tiere genommen werden. Die Erhöhung der Windgeschwindigkeit im Stall erzeugt einen Abkühleffekt bei den Tieren. Wie hoch die Wirksamkeit von Lüftern im Stall ist und inwieweit die Außenbedingungen dabei eine Rolle spielen, wurde anhand eines freibelüfteten Milchviehstalles untersucht. Abbildung 3: Unterstützungsmöglichkeiten der Thermoregulation 2.2 Material und Methode Die Daten, die die Grundlage für den vorliegenden Bericht liefern, wurden ausnahmslos in einem freibelüfeten Milchviehstall gewonnen. Eine umfassende Beschreibung des Stalles wurde bereits unter Punkt 1.3 vorgenommen. Ergänzend dazu soll an dieser Stelle noch auf die Lage des Stalles in der Umgebung verwiesen werden (Abbildung 4). Um die Funktionsweise eines freibelüfteten Stalles zu gewährleisten, ist es wichtig, dass der Stall quer zur Hauptwindrichtung steht und eine freie Anströmung von einer Längsseite nicht behindert wird. In unserem untersuchten Beispiel kann der Stall sowohl aus südlicher als auch westlicher Richtung ohne große Behinderung angeströmt werden. Im Jahr 2012 wurde eine stationäre Windmessanlage in diesem Stall installiert, die aus drei dreidimensionalen Ultraschallanemometern der Firma Gill besteht (Abbildung 5). An den Messpunkten A, B und C (Abbildung 6) werden in einer Höhe von 2,7 m durch die Ultraschallanemometer (USA) kontinuierlich die horizontalen Windvektoren u und v sowie der vertikale Windvektor w analog einem kartesischen Koordinatensystem im 1-Sekunden-Intervall gespeichert. Aus diesen Vektoren kann dann die Windgeschwindigkeit und Windrichtung ermittelt werden. In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim werden zusätzlich an weiteren Messpunkten die Windparameter durch Ultraschallanemometer erfasst. 25 Zur Beschreibung der Außenbedingungen dient eine Wetterstation (DALOS 535-M), die sich etwa 300 m entfernt außerhalb der Stallanlagen freistehend auf einer Koppel befindet. Verschiedene Klimaparameter wie Temperatur, relative Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Windrichtung werden durch diese gemessen und im 1-Stundenintervall abgespeichert. Im April 2014 wurde die Wetterstation durch ein dreidimensionales Ultraschallanemometer der Firma Young ergänzt. Eine nun mögliche Speicherrate von einer Sekunde für die Windparameter erlaubt damit methodisch gesehen eine deutlich detailliertere Auswertung. Abbildung 4: Lageplan der Milchviehanlage mit Milchviehstall Abbildung 5: Dreidimensionales Ultraschallanemometer 26 Abbildung 6: Schematische Darstellung des Stalles mit den Messpunkten A, B, C Datenlogger an verschiedenen Messpunkten im Stall speichern im 1-Stundenintervall Temperatur und relative Luftfeuchte. Um die Bedingungen im Stall möglichst genau beschreiben zu können, gehören neben Aussagen zu Klimaparametern auch Angaben zur Stellung der Jalousien sowie der Aktivität der drei Vertikallüfter. Da die Jalousien nur bei extremen Wetterlagen geschlossen werden und dies manuell geschieht, werden im Abstand von sechs Stunden mittels zweier Wildkameras vom Typ DÖRR mini 5.0 Bilder aufgenommen, die Aufschluss über den Stand der Jalousien geben. Die drei Deckenventilatoren vom Typ Big Ass der Firma Arntjen mit einem Durchmesser von 7,32 m sind in ihrer Drehzahl stufenlos verstellbar und werden manuell vom Betreuungspersonal gesteuert. Die maximale Drehzahl der Ventilatoren beträgt 42 Umdrehungen pro Minute. Für die Ermittlung der Umdrehungen der Deckenlüfter wurde ein Drehzahlmesser an einem Lüfter installiert. Die gemessenen Werte werden an einen PC weitergeleitet und gespeichert. 2.3 Ergebnisse 2.3.1 Gesamtauswertung Die folgenden Auswertungen beziehen sich auf den Untersuchungszeitraum vom 1.1.2013 bis 31.12.2014. Um den Einfluss der Lüfter auf die Windgeschwindigkeit im Stall bei unterschiedlichen Außenbedingungen möglichst genau charakterisieren zu können, wurden nur Zeiträume in die Auswertungen einbezogen, an denen die Jalousien geöffnet waren. Einen ersten aber auch relativ groben Überblick zur Orientierung geben die in Abbildung 7 dargestellten Mittelwerte der Windgeschwindigkeit, die aus den jeweiligen Tagesmittelwerten getrennt für die Messpunkte A, B und C für die Varianten ohne und mit Lüftereinsatz gebildet wurden. Für die Variante „Lüfter aus“ konnten für die Außenbedingungen durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 1,77 m/s ermittelt werden. Dabei kann die Hauptwindrichtung mit SüdSüdwest benannt werden. Die durchschnittliche Außenwindgeschwindigkeit bei eingeschalteten Lüftern war etwas geringer und betrug 1,37 m/s. Die Ausprägung der Windrichtung ging von Nordwest über Südwest bis Ost, wobei ein direkter Westwind relativ selten anzutreffen war. Die höchsten Werte für die Windgeschwindigkeit im Stall werden bei Messpunkt A erreicht, dem Messpunkt, der sich am dichtesten an der Giebelwand befindet und somit durch die meist offe27 nen Tore am stärksten den Außenbedingungen ausgesetzt ist. Dass die Werte bei ausgeschalteten Lüftern mit 0,65 m/s höher sind als bei angeschalteten (0,56 m/s), ist somit auch dem Umstand geschuldet, dass durch die Tore, die nur in Extremsituationen geschlossen werden, ein direkter Einfluss durch den Außenwind auftritt. Das Anschalten der Lüfter führt augenscheinlich zu einem Absenken der Windgeschwindigkeit an diesem Messpunkt, was für ein „Gegeneinanderarbeiten“ von Außenwind und Lüfter spricht. Mit durchschnittlich 0,43 m/s (Lüfter aus) sowie 0,46 m/s (Lüfter an) wurden an Messpunkt B die niedrigsten Windgeschwindigkeiten gemessen. Der Einfluss des Außenwindes ist auf Grund der Lage im Mittelbereich des Stalles als gering anzusehen. Durch den Einsatz der Lüfter konnte aber eine Erhöhung der Windgeschwindigkeit erreicht werden. Kein Unterschied der Windgeschwindigkeit zwischen den Varianten Lüfter an/Lüfter aus konnte am Messpunkt C festgestellt werden, wo die Mittelwerte mit 0,53 m/s aber höher liegen als beim Messpunkt B. Resultierend aus den Ergebnissen der gemittelten Tagesdurchschnittswerte könnte der Einsatz von Deckenventilatoren in Frage gestellt werden. Deshalb ist eine detailliertere Auswertung notwendig. Abbildung 7: Mittelwert der Windgeschwindigkeit an den Messpunkten A, B und C bei ein- und ausgeschalteten Lüftern 2.3.2 Auswertung Tagesmittelwerte Die vorangestellte Auswertung der Daten (2.3.1) beruht auf der Mittelwertbildung von Tagesdurchscnittswerten. Die Verhaltensweise des Windes mit den Parametern Geschwindigkeit und Richtung ist allerdings in den seltensten Fällen über einen Tag stabil. Schnelle Richtungswechsel und das Auftreten von Windböen mit höheren Geschwindigkeiten kennzeichnen vielfach die Windverhältnisse. Obwohl der Wind zum Abend auf Grund der Thermik häufig abnimmt, kann man in diesem Zusammenhang nicht von einem Tagesverlauf, wie es z.B. bei der Temperatur vorkommt, sprechen. Diese Tagesmittelwerte dienen bei dem umfangreichen Datenmaterial als erste Orientierung und bilden die Grundlage für die weitere Aufarbeitung von Detailauswertungen. Genauere Aussagen können durch die Aufteilung der Außenwindbedingungen in die Windrichtungsklassen Nord (315-45°), Ost (45-135°), Süd (135-225°) und West (225-315°) sowie die Windgeschwindigkeitsklassen (< 1 m/s, 1-2 m/s, 2-3 m/s und > 3 m/s) erreicht werden. Die verwendeten Windrichtungen wurden für das entsprechende Zeitintervall als Hauptwindrichtung nach dem Prinzip der Häufigkeitsverteilung ermittelt. Diese differenzierte Auswertung ist in der Abbildung 8 und Abbildung 9 unterteilt nach den Messpunkten A, B und C zu sehen. Die rote (0,5 m/s) und die blaue (1,0 m/s) Linie dienen in erster Linie zur besseren Orientierung und geben außerdem die Bereiche an, die insbesondere 28 bei höheren Temperaturen nicht unterschritten werden sollten (rote Linie) und wo nach HEIDENREICH (2009) erst eine Kühlwirkung bei den Tieren einsetzt (blaue Linie). In Abbildung 8, der Variante ohne Lüftereinsatz, fällt bei Betrachtung des Messpunktes A für alle vier Windrichtungen auf, dass mit der Erhöhung der Außenwindgeschwindigkeit ein Anstieg der Windgeschwindigkeit im Stall einher geht (blaue Pfeile). Die Boxplot-Darstellung zeigt, dass der Großteil der Werte höher als 0,5 m/s ist. Bei westlichen Winden und Außenwindgeschwindigkeiten über 3 m/s befinden sich sogar alle Werte über der gewünschten Windgeschwindigkeitsmarke von 1 m/s. Ein vollständig gegensätzliches Bild ist am Messpunkt B anzutreffen. Die Aussage dazu könnte ganz profan lauten, dass es egal ist, von wo und wie stark der Außenwind weht, die Windgeschwindigkeit an diesem Messpunkt im Stall bleibt bis auf wenige Ausnahmen annähernd gleich und pegelt sich beim Wert 0,5 m/s ein. Dies ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Außenwind hier kaum wirksam wird. Ein nicht ganz so drastisches Bild ist am Messpunkt C zu sehen. Auch hier sind die Werte insbesondere bei Nord- und Ostwind auf einem ähnlichen Niveau wie bei Messplatz B. Lediglich bei einer südlichen und teilweise auch bei einer westlichen Anströmung des Stalles durch den Wind steigen die Werte der Windgeschwindigkeit im Stall in den oberen Außenwindgeschwindigkeitsklassen etwas an. Abbildung 8: Box-Plot-Darstellung der Windgeschwindigkeit an den Messpunkten A, B und C in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und -geschwindigkeit bei ausgeschalteten Lüftern 29 Wie sich die Windgeschwindigkeit im Stall verändert, wenn vergleichbare Außenwindbedingungen herrschen und die Deckenlüfter angeschaltet sind, zeigt Abbildung 9. Die gewünschten Erhöhungen der Windgeschwindigkeit (blaue Pfeile) finden sich insbesondere am Messpunkt B sowie C. Vorrangig bei geringen Außenwindgeschwindigkeiten sowie bei Ost- und Südwind konnten bei Messpunkt A höhere Windgeschwindigkeiten ermittelt werden. Hingegen tritt an diesem Messpunkt vielfach eine Reduzierung der Windgeschwindigkeit auf. Lediglich bei Ostwind, der an diesem Messplatz auf Grund seiner Lage im Stall wenig Einfluss hat, überwiegen die Erhöhungen der Windgeschwindigkeit. Abbildung 9: Box-Plot-Darstellung der Windgeschwindigkeit an den Messpunkten A, B und C in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und -geschwindigkeit bei eingeschalteten Lüftern 2.3.3 Auswertung Minutenmittelwerte Mit der Inbetriebnahme eines dreidimensionalen Ultraschallanemometers an der Wetterstation wurde die Möglichkeit geschaffen, die Außenwindbedingungen durch die Erhöhung der Speicherrate auf eine Sekunde in gleicher Weise zu erfassen wie die Windbedingungen im Stall. Die damit verbundene wesentlich größere Datenmenge erlaubt eine deutlich detailliertere Auswer30 tung mit ausreichend großen Stichproben. Ein Vergleich der Sekundenwerte miteinander setzt voraus, dass die stationäre Windmessanlage im Stall und die Wetterstation im Außenbereich auf die Sekunde genau synchronisiert sind. Da beide Anlagen autark laufen und weder mit einander gekoppelt sind noch über eine Funkuhr verfügen, kann eine sekundengenaue Arbeitsweise nicht garantiert werden. Deshalb wurden für die folgenden Auswertungen Minutenmittelwerte zu Grunde gelegt. Die Einteilung der Außenwindgeschwindigkeit in vier Geschwindigkeitsklassen in Abbildung 10 wurde in gleicher Weise durchgeführt wie unter Punkt 2.3.2. Für die Außenwindrichtung wurde ein 10°-Intervall gewählt, welches auf der x-Achse sichtbar ist. Windgeschwindigkeiten sind für ausgeschaltete Lüfter durch roten und für eingeschaltete Lüfter durch blauen Balken gekennzeichnet. Bei Betrachtung der einzelnen Darstellungen in der Matrix fällt auf, dass bei allen drei Messpunkten mit steigender Außenwindgeschwindigkeit aus einer relativ geradlinigen Verteilung der Windgeschwindigkeit eine wellenförmige wird. Dies kennzeichnet den Einfluss des Außenwindes sowohl bei ein- als auch ausgeschalteten Lüftern. So kommt bei Messpunkt A z.B. der Wind aus der Richtung 20-100° (Nord-Ost) sowie 220-340° (West) besonders zum Tragen. Dieser Einfluss ist beim Messpunkt B deutlich abgeschwächter zu spüren. Dagegen wird am südlichen Messpunkt C auch der südliche Außenwind (140-220°) logischerweise wirksam. Die Differenzen der Windgeschwindigkeiten im Stall bei ein- und ausgeschalteten Lüftern sind in Abbildung 11 dargestellt. Positive Werte deuten auf eine höhere Windgeschwindigkeit durch den Lüftereinsatz hin, während negative Werte die Aussage bekräftigen, dass der Einsatz der Deckenlüfter bei vergleichbaren Außenbedingungen zu geringeren Windgeschwindigkeiten führt. Am meisten profitiert Messplatz B vom Einsatz der Lüfter. Durch seine Lage im Stallinneren, wird er nur unwesentlich von den Außenwindbedingungen beeinflusst. Die Entfernungen zu den Giebelseiten sowie zur südlichen Längsseite des Stalles reduzieren den Einfluss des Außenwindes. Die Einbettung des Stalles im Gelände mit den umgebenden Bauten (Abbildung 4) wie den Güllebehältern sowie dem Melkhaus als auch das Futterlager führen dazu, dass z.B. der an der Wetterstation gemessene Ost- sowie Nordwind nicht in diesem Maße am Stall wirksam werden kann, da er durch die Bauten in seiner Anströmung behindert und somit verändert wird. Von der Süd- als auch Westseite kann der Wind allerdings ohne wesentliche Einschränkungen den Stall anströmen. Das führt dazu, dass der dem Giebel nächste Messpunkt A bei Westwind ohne Einsatz der Lüfter höhere Windgeschwindigkeiten aufweist als bei angeschalteten Lüftern. Insbesondere bei Außenwindgeschwindigkeiten > 1 m/s tritt dieser Effekt auf, der sich mit steigenden Außenwindgeschwindigkeiten noch verstärkt. Die Luftströmung, die durch die Lüfter erzeugt wird, arbeitet gegen den hereinströmenden Außenwind. Das gleiche Resultat tritt am Messpunkt C in Erscheinung allerdings erst bei relativ hohen Außenwindgeschwindigkeiten > 3 m/s. Bei diesen Außenwindgeschwindigkeiten und einer südlichen Anströmung treten diese Erscheinungen auch am Messplatz A auf. 31 32 Außenwindgeschwindigkeit Messpunkt A Messpunkt B Messpunkt C < 1 m/s 1-2 m/s 2-3 m/s >3 m/s Abbildung 10: 32 Minutenmittelwerte der Windgeschwindigkeit bei ein- (blau) und ausgeschalteten (rot) Lüftern in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und Außenwindgeschwindigkeit Außenwindgeschwindigkeit Messpunkt A Messpunkt B Messpunkt C < 1 m/s 1-2 m/s 2-3 m/s > 3 m/s Abbildung 11: Differenz der Minutenmittelwerte der Windgeschwindigkeit zwischen ein- und ausgeschalteten Lüftern in Abhängigkeit von Außenwindrichtung und Außenwindgeschwindigkeit 33 33 Da die Außenwindbedingungen auf einer freiliegenden Koppel erfasst werden und keine Kenntnisse über die Außenwindverhältnisse direkt am Stall vorliegen, die durch die Rauigkeit des Geländes sowie in der Nähe befindliche Gebäude maßgeblich beeinflusst werden können, besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich die Windrichtung direkt am Stall verändern kann. Böiger Wind und schnell wechselnde Windrichtungen können zwar durch die Mittelwertbildung in ihren Extremen abgeschwächt werden, bergen aber dadurch eine gewisse Ungenauigkeiten in sich. Der Wind, der an der Wetterstation gemessen wird, kann am Stall durchaus in einer anderen Intensität auftreten. Es kann stellenweise von einem gewissen zeitlichen Versatz ausgegangen werden, der durch die Bildung von Minutenmittelwerten reduziert werden kann. 2.3.4 Horizontalprofil In den vorangestellten Auswertungen wurden nur die Daten von den drei Messpunkten der Windmessanlage der LFA MV zu Grunde gelegt. Durch die bereits erwähnte umfangreiche Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim besteht die Möglichkeit, auf ein weitaus größeres Datenmaterial zurückzugreifen. Durch das ATB wurden zusätzlich zu den drei Messplätzen der LFA MV weitere 21 Messplätze eingerichtet, die in unterschiedlicher Konstellation mit dreidimensionalen Ultraschallanemometern ausgerüstet und zu Langzeitmessungen genutzt wurden, wobei alle 21 Messpunkte nicht gleichzeitig betrieben werden konnten. Durch die Nutzung dieses Datenmaterials ist es möglich, über einen deutlich größeren Teil des Stallgrundrisses ein Horizontalprofil zu erstellen. Da eine vergleichbare Auswertung, wie in den vorangegangenen Abschnitten dargestellt, auf Grund der immensen Datenmenge nicht ohne weiteres möglich ist, soll an dieser Stelle an Hand eines Beispiels ein Horizontalprofil demonstriert werden. Ein Überblick der verwendeten Messpunkte ist in Abbildung 12 zu sehen. An insgesamt 15 Messpunkten im bzw. am Stall sowie einem Messpunkt an der Wetterstation sollen die Windverhältnisse bei vergleichbaren Außenwindbedingungen für die Varianten ohne und mit Lüftereinsatz demonstriert werden. Die Lüfter laufen mit einer maximalen Drehzahl von 42 Umdrehungen pro Minute. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handelt und somit eine Verallgemeinerung daraus nicht grundsätzlich abgeleitet werden kann. Abbildung 12: Messpunktübersicht für Horizontalmessungen Für jeden Messpunkt wurde mit dem Programm WorkIIIWindrose des ATB eine Windrose erstellt, die mit ihrem Pfeil die Richtung, in die der Wind weht, sowie mit der Farbe die Höhe der Windgeschwindigkeit angibt. Diese Informationen werden zusätzlich auf den jeweiligen Minia34 turansichten der Windrosen angezeigt. Die Darstellung, wohin der Wind weht, ist programmspezifisch und wird in diesen Ausführungen ausschließlich an dieser Stelle verwendet. Ansonsten findet die übliche meteorologische Verfahrensweise Anwendung, die darüber informiert, woher der Wind weht. Des Weiteren ist zu beachten, dass in der Abbildung 13 und der Abbildung 14 aus Darstellungsgründen die Nordausrichtung des Stalles nicht mit den Nordausrichtungen der Windrosen übereinstimmen. Die Windverhältnisse anhand eines Horizontalprofils bei ausgeschalteten Lüftern sind in Abbildung 13 dargestellt. Bei einer Außenwindgeschwindigkeit von 2,91 m/s und einer nordwestlichen Anströmung am Messpunkt der Wetterstation konnten an der südlichen Seite des Stalles im Außenbereich Windgeschwindigkeiten von 0,51 bis 5,12 m/s gemessen werden. Dies spricht für einen böigen Wind. Der Wind weht aus Richtung West-Nordwest. Diese Windrichtung setzt sich in ähnlicher Weise auch im Stall fort. Bis auf eine Ausnahme überwiegt eine westliche Windrichtung. Insgesamt kann von einer relativ homogenen Windrichtung im Stall gesprochen werden. Die Windgeschwindigkeiten an den einzelnen Messpunkten liegen zwischen 0,39 und 2,44 m/s, wobei Geschwindigkeiten über 1 m/s dominieren. Abbildung 13: Windgeschwindigkeit und –richtung für ausgewählte Messpunkte im Stall bei ausgeschalteten Lüftern Ein etwas anderes Bild zeigt sich bei der Variante mit eingeschalteten Lüftern (Abbildung 14). Die im Vorfeld aufgezeigte Homogenität wird durch den Einsatz der Lüfter in dieser Weise nicht fortgeführt. Bei vergleichbaren Außenbedingungen können an den südlichen Außenmesspunkten noch Windverhältnisse beobachtet werden, die mit Windgeschwindigkeiten von 1,45 bis 2,29 m/s und einer westlichen Anströmung charakterisiert werden können. Der Anströmungswinkel ist mit der Variante ohne Lüftereinsatz nahezu gleichzusetzen. Eine Böigkeit des Windes scheint aber bei diesem Beispiel nicht vorzuliegen. Die Messpunkte im Stall werden nun von der Tätigkeit der Deckenlüfter und den Außenwindbedingungen in unterschiedlicher Intensität beeinflusst. Das führt dazu, dass eine Fortführung der Außenwindrichtung im Stall nicht mehr ohne weiteres gegeben ist. Die Luftströmung, die durch die Lüfter verursacht wird, bewirkt, dass einerseits die Außenwindströmung aufgenommen und weitergeleitet wird, aber auf der anderen Seite auch Außenwind und Lüfter mit zum Teil gegensätzlichen Windrichtungen gegeneinander wirken. Wie in der Abbildung 14 zu erkennen ist, entsteht aus der gerichteten Windbewegung ein relativ diffuses Bild. Die Windrichtungen sind sehr uneinheitlich. Mit Windgeschwindigkeiten von 0,28 bis 0,83 m/s werden an den Messpunkten im Stall bei diesem konkreten Beispiel deutlich geringere Werte erreicht als im Beispiel mit vergleichbaren Außenbedingungen und ausge35 schalteten Lüftern. Insbesondere die beiden westlichen Messpunkte weisen mit 0,28 und 0,31 m/s recht geringe Werte auf, obwohl eine westliche Anströmung vorherrscht, die mit einer Außenwindgeschwindigkeit von immerhin noch 1,45 bis 2,29 m/s am Stall gekoppelt ist. Das bisherige nur durch die Giebelwand gehinderte Eindringen des westlichen Außenwindes wird jetzt durch die vom Lüfter erzeugte Luftströmung beeinflusst. Es findet bei diesem Beispiel ein Gegeneinanderarbeiten der beiden Luftströmungen statt. Abbildung 14: Windgeschwindigkeit und –richtung für ausgewählte Messpunkte im Stall bei eingeschalteten Lüftern Bei den vorangestellten Beispielen handelt es sich um Momentaufnahmen, die sich zu einem anderen Zeitpunkt ganz anders darstellen können. Ebenso können andere Außenwindbedingungen zu ganz anderen Ergebnissen führen. An dieser Stelle soll aber auch darauf hingewiesen werden, dass der Einsatz von Deckenlüftern nicht grundsätzlich und immer zu einer Erhöhung der Windgeschwindigkeit führen muss. 2.3.5 Diagonalmessung Im Zuge der intensiven Zusammenarbeit mit dem ATB Potsdam wurden weitere Detailuntersuchungen zur Wirksamkeit der Deckenlüfter im freibelüfeten Milchviehstall durchgeführt. Dazu gehörten die als Diagonalmessungen benannten Untersuchungen, die Aufschluss über die Wurfweite der Deckenlüfter unter Praxisbedingungen geben sollen. Die Messungen wurden während der Melkzeiten der Tiere vorgenommen, also ohne Tiere in den Abteilen. Für jede Messung wurden sechs Ultraschallanemometer in einer Reihe nach Messplan (Abbildung 15) aufgestellt. Der Abstand zwischen den einzelnen Messpunkten lag in Abhängigkeit von der im Stall installierten Ausrüstung zwischen ca. 3 und 5 m. Dadurch wurde eine Entfernung vom Mittelpunkt der Deckenlüfter bis zum letzten Messpunkt von 22 m erreicht. Die Höhe der Ultraschallanemometer war auf 1,3 m festgelegt worden. Damit soll die Schulterhöhe der Tiere nachempfunden werden. Die einzelnen Windkomponenten wurden über einen Zeitraum von drei Minuten mit ausgeschalteten Lüftern und in gleicher Weise mit eingeschalteten Lüftern im 1-Sekunden-Intervall zeitgleich für alle sechs Messpunkte gespeichert. Nach jeder Messreihe wurden die Standorte der USA gewechselt, was allerdings bedeutet, dass nicht für alle Messreihen exakt die gleichen Außenwindbedingungen zu Grunde gelegt werden können. Während der gesamten Messphase konnte eine östliche Anströmung durch den Außen36 wind festgestellt werden, wobei die Außenwindgeschwindigkeiten in den einzelnen Messreihen im Mittel zwischen 1,2 und 3,0 m/s lagen. Abbildung 15: Übersicht der Messpunkte für Diagonalmessungen Welche Windgeschwindigkeiten für die Varianten mit aus- bzw. mit eingeschalteten Lüftern erreicht wurden, ist in Abbildung 16 aufgezeigt. Für jede Messreihe wurde ein Diagramm erstellt, welches in Anlehnung an die in Abbildung 15 dargestellten Messreihen, an die entsprechenden Positionen gestellt wurde. Die Beschriftung der Messpunkte wurde ausgehend vom Lüftermittelpunkt vorgenommen. Die Windverhältnisse im Stall ohne Lüftereinsatz zeigen, dass insbesondere im nordwestlichen Teil des Stalles mit Werten < 0,5 m/s die geringsten Windgeschwindigkeiten auszumachen sind, was ursächlich in der Bebauung mit Melkhaus und Futterlager in relativer Nähe des Stalles liegt. Augenscheinlich ist auch, dass der nordöstliche Stallbereich von der östlichen Anströmung des Windes profitiert, da an allen Messpunkten Geschwindigkeiten von 0,5 m/s und mehr gemessen wurden. Von der südlichen Seite kann der Stall frei angeströmt werden, so dass auch hier der Ostwind in einem gewissen Maße wirksam werden kann. In der Nähe der Windschutznetze wurden die höchsten Geschwindigkeiten ermittelt. Durch den Lüftereinsatz konnte an fast allen den Lüftern am nächsten liegenden Messpunkten eine deutliche Erhöhung der Windgeschwindigkeit gegenüber der vorherigen Variante festgestellt werden. Es wurden Geschwindigkeiten von 2 m/s und mehr gemessen. Auffallend ist allerdings auch der ziemlich rasante Abfall bereits ab dem zweiten Messpunkt. Vom zweiten zum letzten Messpunkt nähern sich die Kurven der beiden beschriebenen Varianten langsam an und erreichen oder unterschreiten sogar die Werte, die mit ausgeschalteten Lüftern erreicht wurden. An diesen Stellen kann die Wirksamkeit der Lüfter bereits als sehr gering beschrieben werden bzw. der Einfluss der Außenbedingungen ist dementsprechend größer. Die Windgeschwindigkeiten ab dem zweiten Messpunkten der jeweiligen Messreihe liegen in den meisten Fällen zwischen 0,5 und 1,0 m/s. 37 38 Abbildung 16: 38 Windgeschwindigkeiten bei aus- und eingeschalteten Lüftern Die Messungen der Windgeschwindigkeiten in einer zeitgleichen Messreihe mit sechs Ultraschallanemometern zeigten durch den Einsatz von Deckenlüftern einen deutlichen Einfluss auf die Windgeschwindigkeit in Lüfternähe sowie dem angrenzenden Fressgang der Tiere, wo Windgeschwindigkeiten von bis zu 2 m/s im Vergleich zu 0,5 m/s bei ausgeschalteten Lüftern ermittelt wurden. Allerdings konnte bereits ab dem zweiten Messpunkt vom Mittelpunkt der Lüfter ausgehend bzw. zu Beginn der ersten Liegeboxenreihe in den meisten Fällen eine deutliche Reduzierung der Geschwindigkeit nachgewiesen werden. Der gewünschte Kühleffekt durch den Wind kommt demzufolge im Liegebereich der Tiere nicht in der erhofften Größenordnung zum Tragen. Die hohen Windgeschwindigkeiten im Fressgang können die Tiere zusätzlich motivieren diesen Bereich zur Futteraufnahme aufzusuchen. Zu berücksichtigen ist bei diesen Untersuchungen, dass alle Messungen zu den Melkzeiten ohne Tiere erfolgten. Ein Vergleich dieser Werte mit vorangegangenen Untersuchungen muss dabei neben der Anwesenheit der Tiere mit allen dazugehörigen Einflüssen auch die unterschiedliche Höhe der Messpunkte (2,70 m zu 1,30 m) mit in Betracht ziehen. Der Unterschied von 1,40 m kann sich strömungstechnisch durchaus auswirken. Ein Absenken der Höhe der Messpunkte der festinstallierten Ultraschallanemometer kommt aus tierrelevanten Gründen (Zerstörung der Technik, Verletzungsgefahr) nicht in Frage. 2.4 Zusammenfassung Die Auswertung eines sehr umfangreichen Datenmaterials zeigt, dass nicht grundsätzlich durch den Einsatz von Deckenlüftern eine Erhöhung der Windgeschwindigkeit im Stall erreicht werden kann. Dies haben die Untersuchungen in einem freigelüfteten Milchviehstall ergeben. Es wurde festgestellt, dass im direkten Umfeld der Lüfter bei deren Einsatz die höchsten Windgeschwindigkeiten gemessen werden konnten, diese aber relativ rapide mit zunehmender Entfernung vom Lüfter abfielen. Unsere während der Melkzeit und demzufolge ohne Tiere durchgeführten Untersuchungen zeigten auf dem Futtergang und am Fressgang die höchsten Werte. Dass das Strömungsgeschehen in einem freigelüfteten Stall in hohem Maße von den Außenwindbedingungen beeinflusst wird, konnte sowohl bei diesen als auch bei allen vorherigen Untersuchungen nachgewiesen werden. Voraussetzung ist aber die richtige Lage des Stalles im Gelände. Um der Bezeichnung „freigelüfteter Stall“ gerecht zu werden, muss dieser frei anströmbar und insbesondere in der Hauptwindrichtung von Hindernissen frei sein. Diese Grundsätze sind bei unserem Untersuchungsstall erfüllt, in dem der Stall von Süden und Westen ohne wesentliche Behinderungen frei angeströmt werden kann, was sich im Stallinneren bei den Messungen bemerkbar machte. Es konnte festgestellt werden, dass es im Stall Bereiche gibt, die auf Grund ihrer Lage von den Außenwindbedingungen nur unzureichend erreicht werden und demzufolge von diesen wenig bis gar nicht profitieren. Insbesondere an diesen Stellen sind die windgeschwindigkeitssteigernden Auswirkungen eines Lüftereinsatzes deutlich spürbar. Für einen ersten Überblick konnte durch die Mittelwertbildung des sehr umfangreichen Datenmaterials, welches durch die kontinuierlichen Messungen der Windparameter im 1-SekundenIntervall entstand, nur eine recht grobe Aussage getroffen werden. Eine differenzierte Auswertung nach Außenwindgeschwindigkeit und –richtung zeigt, dass im Untersuchungsstall bei eingeschalteten Deckenlüftern am Westgiebel ein „Gegeneinanderarbeiten“ zwischen Außenwind und der durch die Lüfter erzeugten Windströmung entsteht. Sowohl Auswertungen über lange Zeiträume als auch Kurzzeitmessungen ergaben an den Messpunkten kein homogenes Verhalten des Windes im Stall sowohl bei aus- als auch bei eingeschalteten Lüftern. Einzig bei hohen Außenwindgeschwindigkeiten und einer westlichen Anströmung konnte eine relativ gleichmäßige Windverteilung als Momentaufnahme dargestellt werden. 39 2.5 Schlussfolgerungen und Ausblick Als Konsequenz der vorgestellten Ergebnisse wurden in dem Untersuchungsstall bereits Veränderungen hinsichtlich Lüftungstechnik vorgenommen. Zum einen wurden die Abstände der drei Deckenlüfter verringert und durch einen vierten Deckenlüfter (FRESH AIR FAN) gleicher Größe der Firma Arntjen ergänzt. Somit können größere Bereiche des Stalles von der Wirksamkeit der Lüfter profitieren. Des Weiteren wurde die Lüftungsanlage, die bislang manuell durch das Betreuungspersonal gesteuert wurde, durch eine temperaturabhängige Steuerung ersetzt. Dadurch soll eine bessere Anpassung an das Temperaturgeschehen im Stall erfolgen, was dem Wohlbefinden der Tiere entgegenkommt und eine Erleichterung für das Management darstellt. Wenn bisher die Lüfter nach dem jeweiligen Empfinden des diensthabenden Betreuers angeschaltet wurden, so ist jetzt eine der thermoneutralen Zone angepasste Steuerung möglich. Dadurch kann einer Unterstützung der Thermoregulation der Kühe besser entsprochen werden. Ein Resultat der Untersuchungen war das Herausstellen des Gegeneinanderarbeitens von Außenwind und der durch die Lüfter erzeugten Strömung. Dies traf insbesondere für eine westliche Anströmung zu, was dann auch im westlichen Teil des Stalles wirksam wurde. Aus diesem Grund wurde für den westlichen Lüfter bei der Steuerung eine Zusatzfunktion installiert. Diese Funktion bietet die Möglichkeit, dass nach Überschreitung einer Solltemperatur bei ausgewählten Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten der Deckenlüfter sich trotz der erhöhten Temperatur abschaltet (Abbildung 17). Es soll somit erreicht werden, dass z.B. bei einer westlichen Anströmung verbunden mit einer höheren Windgeschwindigkeit trotz überschrittener Solltemperatur sich der westliche Deckenlüfter abschaltet, um in diesem Fall den Westwind im westlichen Teil des Stalles wirksam werden zu lassen und nicht gegen ihn anzuströmen. Die Einstellungen für die Stellgrößen Windrichtung und Windgeschwindigkeit sind frei wählbar, so dass auch andere Varianten überprüft werden können. Dies wird Gegenstand eines weiteren Forschungsprojektes sein. Abbildung 17: Schematischer Stallgrundriss vor und nach dem Lüfterumbau Der sich täglich um 86.000 Datensätze pro Ultraschallanemometer vergrößernde Datenpool bietet noch ein erhebliches Potential für spezifische Auswertungsmöglichkeiten. Sowohl das ebenfalls enorm umfangreiche Datenmaterial, welches in ähnlicher Weise durch das ATB Potsdam in diesem Untersuchungsstall erfasst wird, als auch die durch uns gespeicherten Datenmengen fließen in mehrere Forschungsprojekte ein, die vorrangig durch das ATB Potsdam initiiert wurden (Tabelle 11). Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle die komplexe und weiterführende Kooperation zwischen dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und unserer Einrichtung. In enger Zusammenarbeit werden im beschriebenen freigelüfteten Milchviehstall neben den umfangreichen Messungen von Windparamatern ebenfalls Messungen von Schadgasen durch Mitarbeiter des ATB durchgeführt. Diese Erfassung von Naturdaten ist in ihrer Auflösung sowohl zeitlich als auch räumlich begrenzt. 40 Tabelle 11: Projektübersicht Projektname Inhalte OptiBarn • Transnationales Forschungsprojekt • Optimierte tierspezifische Stallklimatisierung bei steigenden Temperaturen und erhöhter Klimavariabilität • Erarbeitung von innovativen Lösungen für eine optimierte Klimatisierung von freibelüfteten Milchviehställen PluS • Beantragung als DFG-Projekt • Potential der Bestimmung der Luftwechselrate in freibelüfteten Milchviehställen Emidat • KTBL-Projekt • Ermittlung von Emissionsdaten für die Beurteilung der Umweltwirkung der Nutztierhaltung ReFLECT • Antrag auf Förderung einer Nachwuchsgruppe • Transport von gasförmigen Emissionen Der Milchviehstall wurde durch das ATB als Modell nachgebaut. Somit besteht die Möglichkeit, Messungen im Windkanal des ATB unter kontrollierten Bedingungen durchzuführen und die gewonnenen Daten mit den im Feld ermittelten Naturdaten abzugleichen. Durch anschließend vorgenommene Computersimulationen ist ein hoher Grad der Abstraktion und Auflösung möglich (Abbildung 18). Damit bilden die im Stall erfassten Daten einen wichtigen Baustein in einer in seiner Komplexität seltenen Zusammenarbeit und geben perspektivisch gesehen noch viel Spielraum für neue innovative Ideen. Abbildung 18: 3-Säulen-Ansatz der Untersuchungen mit dem ATB PotsdamBornim (Amon, 2015) 41 3 Literaturverzeichnis Akselrod, S. (1995): Components of heart rate variability: basic studies. In: Malik, M. und Camm, A.J. (Hrsg.): Heart rate variability. Armonk, NY: Futura Publishing Company Inc., 147-163. Amon, T. (2015): Bestimmung der Durchströmungscharakteristik frei gelüfteter Milchviehställe zur Optimierung des Stallklimas, 12. Tagung: Bau, Technik und Umwelt, Freising Berman, A. (2005): Estimates of heat stress relief needs for Holstein dairy cows. J. Anim. Sci. 83,1377-1384 Berman, A. und Meltzer A. 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