H 20770 Deutsche Cichliden-Gesellschaft e. V. Jubiläumsheft zum 25jährigen Bestehen der DCG-Region Rheinland DCG-Informationen Sonderheft 1 Oktober 2002 Präsident: Dr. Wolfgang Staeck, Auf dem Grat 41 A, 14195 Berlin, Telefon und Fax 030/84107818. eMail: [email protected] Schatzmeister: Michael Schulte, Heckenweg 18, 32049 Herford, Telefon 05221/26169 eMail: [email protected] Geschäftsführer: Winfried Poesdorf, Parkstr. 21 a, 33719 Bielefeld, Telefon und Fax 0521/3369958 Mitgliedsbeitrag: Euro 32,–/Jahr, Euro 25,–/Jahr für Schüler, Studenten. Alle Zahlungen an die DCG über folgende Konten: Sparkasse Bielefeld, Konto-Nr.: 39818, BLZ: 480 501 61. Postbank Karlsruhe, Konto: 158079-751, BLZ: 660 100 75. Inhaltsverzeichnis: Sonderheft 1, Oktober 2002 Staeck, Wolfgang Vorwort 1 Kilian, Bernd Vorwort 2 Staeck, Wolfgang Krobia sp. „Rio Xingú“ 3 Stawikowski, Rainer Krobia sp. „Oyapock“ = Krobia sp. „Caripi“ = Krobia sp. „Amapá“ ... 7 Lülsdorf, Stefan Erfahrungen bei der Nachzucht von Pterophyllum scalare 30 Lütkemöller, Friedrich Geschlechtsbestimmung bei Julidochromis marlieri 34 Werner, Uwe Faszinierend: Die Kinderstube der Buntbarsche 37 46 Lemp, Rüdiger Crenicichla sp. „Xingú I“ im Aquarium 13 Seidel, Ingo Welse als Beifische für das Cichliden-Aquarium Warzel, Frank Erfahrungen mit Teleocichla cinderella 18 Hieronimus, Harro Zum Thema Qualzuchten 54 Hofer, Xaver Ein „Räuber“ aus Venezuela – Caquetaia kraussii (STEINDACHNER, 1879) 23 Wilmer, Heinrich Luftbetriebene Innenfilter 63 Koslowski, Ingo Maulbrutpflege bei einer Art der Gattung Apistogramma Titelbild Zuchtform von Pterophyllum scalare Foto: W. Staeck 27 Redaktion und Herstellung: Roland F. Fischer, Fichtelgebirgsstr. 14, 95448 Bayreuth, Telefon 0921/853934, Fax 0921/7930823, eMail: [email protected] Peter Schwer (DCG-Aktuell), Kanalstr. 3, 82362 Weilheim, Telefon 0881/637509, eMail: [email protected] Heinz H. Büscher (Tanganjikasee), Salinenstr. 13, CH-4133 Pratteln, Telefon 0041/61/8214508. Andreas Spreinat (Malawisee), Unterm Hagen 4, 37079 Göttingen, Telefon 0551/66077. Ole Seehausen (Viktoriasee), IEES, Section Animal Ecology, Postbus 9516, NL-RA Leiden, Telefon 0031/71/5274916, Fax 5274900. Anton Lamboj (Zwergcichliden: Südamerika und Westafrika), Otto-Glöckel-Str. 42, A-2486 Pottendorf, eMail: [email protected]. Lutz Krahnefeld (Süd- und Mittelamerika), Falkenberger Chaussee 62, 13053 Berlin, Telefon 030/9200537. Manuskripte sind an die Redaktionsanschriften einzusenden. Veröffentlichte Manuskripte stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Alle Rechte vorbehalten. Anzeigenannahme (gewerbliche Anzeigen): Bernd Kilian, Westpreußenstr. 42, 53119 Bonn, Telefon 0228/669966 (ab 18 Uhr). Druck und Weiterverarbeitung: Limberg-Druck GmbH, Postfach 1249, 41544 Kaarst, Telefon 02131/668081. Herausgeber: Deutsche Cichliden-Gesellschaft e.V., Winfried Poesdorf, Parkstr. 21 a, 33719 Bielefeld. DCG-Informationen im Eigenverlag. Der Verkaufspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. ISSN 0724-7435 Liebe Mitglieder, vor Ihnen liegt das erste Sonderheft der DCG-Informationen, das Sie zusätzlich zu den jeweils monatlichen erscheinenden Ausgaben unserer Vereinszeitschrift erhalten. Wenn Sie die Protokolle der Vorstandssitzungen aufmerksam gelesen haben, werden sie sich erinnern, daß es nicht bei diesem Heft bleiben wird, sondern daß die zweite Nummer bereits in der Vorbereitung ist und in den nächsten Monaten erscheinen wird. Die Sonderhefte werden in unregelmäßigen Zeitabständen und aus unterschiedlichen Anlässen veröffentlicht werden. Mit der vom Vorstand beschlossenen Herausgabe dieser Publikationsreihe kann die DCG ihren Mitgliedern eine weitere attraktive Leistung bieten. Nach der Durchsicht alter Unterlagen und Veröffentlichungen der Deutschen CichlidenGesellschaft bin ich geneigt, in Abwandlung einer in anderem Zusammenhang gebräuchlichen Redewendung zu sagen: „Die Regionen kommen und gehen, die DCG bleibt aber dennoch bestehen.“ Denn im Laufe der Zeit verschwanden immer wieder bekannte Regionen, neue werden gegründet, und manche bereits vergessene Region ist nach einiger Zeit plötzlich erfolgreich wiederbelebt worden. Daß eine Region ihr 25jähriges Bestehen begehen kann, ist deshalb schon etwas Besonderes und ein Grund zur Freude. Dies um so mehr, als es sich bei der Region Rheinland um eine der vitalsten und aktivsten DCG-Regionen handelt, denn es ist kein Geheimnis, daß manch eine der zur Zeit bestehenden anderen Regionen nur unter ganz geringer Mitgliederbeteiligung, sozusagen auf Sparflamme, vor sich hinköchelt. Ein Indikator für die Lebendigkeit der Region Rheinland sind beispielsweise die Ankündigungen ihrer Veranstaltungen in den grünen Seiten von DCG-Aktuell. Da das vorliegende Sonderheft anläßlich des 25jährigen Bestehens der DCG-Region Rheinland erscheint, wurde es auch inhaltlich und thematisch von dieser Region zusammengestellt und gestaltet. Ein kritischer Leser mag vielleicht bemängeln, daß die südamerikanischen Buntbarsche zu einseitig den thematischen Schwerpunkt des Heftes bilden und daß die bei den Mitgliedern besonders beliebten ostafrikanischen Arten, insbesondere die Cichliden des Malawisees, zu kurz kommen. Das liegt einfach daran, daß von den Autoren fest zugesagte Artikel trotz mehrfacher Mahnung zum Termin des Redaktionsschlusses, der aus organisatorischen Gründen fest vorgegeben war, nicht eingereicht wurden. Trotz dieser Einschränkung deckt der Inhalt des besonders umfangreichen Heftes einen weiten thematischen Rahmen ab, so daß eigentlich jedes Mitglied den einen oder anderen besonders interessanten Beitrag entdecken müßte. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht ihnen im Namen des Präsidiums Wolfgang Staeck DCG-Informationen, Sonderheft 1: 1 1 Vorwort Das DCG-Sonderheft, das Sie in den Händen halten, entstand anläßlich des 25-jährigen Bestehens der Region Rheinland innerhalb der Deutschen Cichliden-Gesellschaft e.V. Ein Jubiläum, auf das die Mitglieder in der Region zu recht stolz sein können, denn die DCG-Region Rheinland blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. An dieser Stelle seien nur die wichtigsten Daten noch einmal kurz genannt: Den Initiatoren Walter Adler, Winfried W. Buchholz, Hans Hildebrand und Friedrich Lütkemöller ist es zu verdanken, daß die DCG-Region Rheinland gegründet werden konnte. Mit über 50 Teilnehmern erfolgte die Eröffnungsversammlung am 10.12.1977 im „Gasthaus Enkel“ in Frechen bei Köln. Seit 1987 bis heute werden die monatlichen Regionalveranstaltungen in Bonn durchgeführt. Etabliert haben sich unser „Aquaristischen Informationstage“ mit Diavorträgen und Tauschbörse. Diese finden jeweils im Frühjahr und Herbst statt. Unsere Regionalveranstaltungen erhalten immer einen Themenschwerpunkt, über den die Referenten umfassend informieren. Zwei Highlights der Region sollten nicht unerwähnt bleiben, denn auf diese Veranstaltungen können wir auch heute noch mit Stolz zurückblicken. Im Zoologischen Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn führten wir zwei große Aquarienausstellungen durch. Im Jahr 1979 zeigten wir Biotopaquarien mit Cichliden aus Südund Mittelamerika sowie aus Ostafrika. 1987 präsentierten wir eine weit beachtete Malawisee-Ausstellung. Die Buntbarsche hierfür erhielten wir mit Unterstützung der Botschaft des Landes direkt aus Malawi. Seit Jahren pflegen wir Kontakte zu DCG-Nachbarregionen und anderen Aquarienvereinen. Diese kommen regelmäßig zu unseren Regionalveranstaltungen. Gemeinsam mit ihnen veranstalten wir zudem Tagungen, Besichtigungsfahrten und vieles mehr. In dem vorliegenden DCG-Sonderheft, dem Jubiläumsheft zum „25 jährigen Bestehen der DCG-Region Rheinland“, finden Sie Artikel von Regionsmitgliedern und von Autoren, die der Region nahestehen. Es sind so viele Artikel eingegangen, daß es den Rahmen des Möglichen für ein einzelnes Heft gesprengt hatte. Die nicht abgedruckten Artikel werden zu einem späteren Zeitpunkt in den DCG-Informationen publiziert. Für das Engagement der Autoren und des Redaktionsteams möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ein Dank auch dem DCG-Vorstand für seine Unterstützung. Vereinsarbeit kann nicht ohne stete Bereitschaft und Unterstützung der Mitglieder geleistet werden. Damit die bisherige erfolgreiche Arbeit der Region Rheinland auch zukünftig (mindestens bis zum Goldjubiläum) möglich wird, sind wir weiterhin auf die engagierte Mitwirkung unserer Mitglieder angewiesen. Für die in den vergangenen 25 Jahren geleistete Unterstützung durch unsere Mitglieder spreche ich allen ein großes Dankeschön aus. Euer Bernd Kilian 2 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 2 Ein selten gepflegter Zwergcichlide: Krobia sp. „Rio Xingú“ Wolfgang Staeck Einige Buntbarsche kann man in fast jeder Zoofachhandlung erwerben, andere - obwohl sie genau so interessante und empfehlenswerte Pfleglinge im Aquarium sind werden nur ganz selten einmal zum Verkauf angeboten und dann häufig sogar übersehen, weil sie kaum bekannt sind. Im folgenden Beitrag wird eine derartige Rarität vorgestellt, die von DCG-Mitgliedern gepflegt und im Aquarium vermehrt wird (Nachzuchtstatistik 2001). Die Gattung Krobia gehört sicherlich nicht zu den aquaristisch besonders wichtigen Verwandtschaftskreisen, ist jedoch sowohl biologisch als auch systematisch von besonderem Interesse, da sie einerseits sowohl Merkmale der Gattung Aequidens als auch andererseits der Gattungen Bujurquina und Tahuantinsuyoa besitzt. Zu diesen MerkDCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6 malen zählen Eigenheiten der Morphologie, Anatomie und Färbung, aber auch des Brutpflegeverhaltens. Auf den ersten Blick scheint die von Kullander & Nijssen erst im Jahre 1989 beschriebene Gattung ichthyologisch gut bearbeitetet und übersichtlich, denn sie enthält zur Zeit nur die beiden Arten Krobia guianensis und K. itanyi. In Wirklichkeit muß dieser Verwandtschaftskreis jedoch dringend gründlich überarbeitet werden, da zu den beiden ichthyologisch gut untersuchten noch mehrere unbeschriebene Arten hinzukommen. Der im Folgenden vorgestellte Zwergbuntbarsch ist wegen seiner geringen Größe in dieser Gattung die Ausnahme, denn die übrigen Krobia-Arten erreichen eine Länge von über zwölf Zentimeter. Gottwald (AquaTarium, Garbsen) führte die Fische im Jahre 1999 erstmals nach Deutschland ein. Den Krobia-Arten auf den ersten Blick recht ähnlich sind viele Vertreter der Gattung 3 Halbwüchsiges Exemplar von Krobia sp. „Rio Xingú“ mit gut ausgebildetem Seitenfleck Seite 3: Die Zeichnungsmuster bei Krobia sp. „Rio Xingú“ sind stark stimmungsabhängig Unten: Zeichnungsmuster eines nicht territorialen Fisches Aequidens. Diese Buntbarsche lassen sich jedoch auch im Leben von Krobia-Arten relativ problemlos durch das längere, erst am Schwanzflossengrund endende Längsband unterscheiden. Ein verläßliches Unterscheidungsmerkmal bilden ferner die weichen Bereiche der Rücken- und Afterflosse, deren 4 Basis bei den Krobia-Arten winzige Schuppen trägt, bei den Aequidens-Arten jedoch unbeschuppt ist. Erstmals erwähnt wurde dieser taxonomisch noch unbearbeitete Buntbarsch von der Ichthyologin Low-McConnel in einem 1991 publizierten Aufsatz über die Naturgeschichte DCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6 der Fische im Einzugsgebiet des Rio Xingú und des Rio Araguaia. Sie führte den von ihr als unbeschriebene Art erkannten Buntbarsch wegen seiner Ähnlichkeit zu Krobia guianensis – damals noch als Aequidens guianensis bezeichnet – in ihrem Aufsatz unter der vorläufigen Bezeichnung Nov. gen. spec. cf. Aequidens guianensis auf. Fundort dieser Fiche war ein Weiher am Córrego do Gato im Einzugsgebiet des oberen Rio Suiá Missú, der zum Flußsystem des Rio Xingú gehört. Der Córrego do Gato ist ein sehr klares Gewässer, das mehrere kleine Weiher und Seen miteinander verbindet, die eine Tiefe von zwei bis drei Metern haben und üppige Bestände von Wasserpflanzen sowie eine sehr arten- und individuenreiche Fischpopulation aufweisen. Unter anderem wurden dort zahlreiche kleine Salmler, HechtKrobia sp. „Rio Xingú“ in neutraler Stimmung DCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6 cichliden aus der Gattung Crenicichla, Piranhas sowie der Raubsalmler Hoplias malabaricus nachgewiesen. Zwischen den Pflanzen lebten große Mengen von Kleinkrebsen und Insektenlarven, die für die Fischen ein reiches Nahrungsangebot bildeten (Low-McConnel 1991). Krobia sp. „Rio Xingú“ kann eine Totallänge von etwa zehn Zentimetern erreichen. Die Fische besitzen einen recht rundlichen, gedrungenen Körper. Artspezifische farbliche Merkmale, die eine Identifikation dieser seltenen Art ermöglichen, bilden kräftig orangefarbene Flecken in der unteren Kopfregion und auf den Kiemendeckeln. Auch die meisten Schuppen im vorderen Bereich des Körpers tragen jeweils einen kleinen orangefarbenen Fleck. Die orangefarbenen Zeichnungen bilden sich aber erst, wenn die Jungtiere ein Alter von einem halben Jahr und eine Größe von ungefähr vier Zentimetern erreicht haben. 5 Das Farbkleid erwachsener Fische ist unter dem Einfluß unterschiedlicher Stimmungen außerordentlich variabel. Zu den stimmungsabhängigen schwarzen Zeichnungen zählen ein unter dem hinteren Rand der Rückenflosse endendes Längsband, ein oft von zwei hellen vertikalen Streifen eingerahmter Seitenfleck, ein kleiner Schwanzwurzelfleck auf der oberen Hälfte des Schwanzstiels, sechs bis sieben Querstreifen, von denen vier zwischen dem Seiten- und dem Schwanzwurzelfleck liegen, und drei Zwischenaugenbinden auf und oberhalb der Oberlippe. Je nach Stimmung und Erregungszustand können die Fische auf den Körper-seiten nur den Seitenfleck, nur das Längsband oder aber eine Kombination beider Zeichnungen mit den Querstreifen zeigen. Krobia sp. „Rio Xingú“ hat sich als ein robuster, anpassungsfähiger Zwergbuntbarsch erwiesen, der keine besonderen Ansprüche an den Wasserchemismus stellt und 6 Adulte Männchen besitzen lang ausgezogene Flossen – Fotos: W. Staeck sich deshalb auch in mittelhartem, alkalischem Wasser erfolgreich fortpflanzt. Ein artgemäß eingerichtetes Aquarium sollte eine zumindest stellenweise dichte Bepflanzung aufweisen, und sein Boden sollte mit feinem Sand bedeckt sein. Schließlich dürfen auch einige mittelgroße rundliche Steine nicht fehlen, die den Fischen als Laichsubstrat dienen können. Literatur Lowe-McConnell, R. H. (1991): Natural history of fishes in Araguaia and Xingú Amazonian tributaries, Serra do Roncador, Mato Grosso, Brazil. Ichthyol. Explor. Freshwaters 2 (1): 63–82. Nachzuchtstatistik der Deutschen CichlidenGesellschaft (2002): DCG-Aktuell (2002/6): 124–127. In: DCG-Informationen 33 (6). DCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6 Krobia sp. „Oyapock“ = Krobia sp. „Caripi“ = Krobia sp. „Amapá“… Rainer Stawikowski Aufgefallen waren mir die Fische bereits vor ungefähr 13 Jahren. Als Bernd Kilian, Peter Ludwig und ich im August 1989 zusammen mit drei brasilianischen Fischfängern (Mitarbeitern der in Belém ansässigen Exportfirma Tropicarium Pará) eine Erkundungsund Sammelreise durch das Territorio Federal do Amapá (von Macapá nach Oiapoque und zurück) unternahmen, stießen wir in fast allen Flüssen, die unsere Straße, die BR-15, kreuzte, auf Buntbarsche der Gattung Krobia. Zweifellos die schönsten Exemplare fingen wir im Rio Caripi. Dieser kleine Klarwasserfluß gehört zum Einzugsbereich des DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12 Grenzflusses zu Französisch-Guyana, der in Brasilien Rio Oiapoque, im benachbarten französischen Département d’outre-mer Oyapock heißt (und nicht etwa umgekehrt!). Er fließt, nachdem er sich mit einem weiteren Klarwasserflüßchen, dem Rio Uaçá, vereinigt hat, bei Posto Uaçá im sumpfigen Küstentiefland in die große Mündungsbucht des Rio Oiapoque (Baia do Oiapoque). Das nächste Flußsystem östlich davon ist das des Rio Caçiporé, das ichthyofaunistisch jedoch große Übereinstimmungen mit dem Oiapoque-Einzug zeigt. So begeistert wir über unseren bunten Fang auch waren; lebende Tiere brachten wir damals nicht mit. Wir fanden nämlich nur erwachsene Fische, die uns für den Transport zu groß erschienen. Auch die Krobien, 7 denen wir in weiteren Flüssen (Oiapoque, Calçoene, Amapá Grande und Araguari) begegneten, waren ausnahmslos adulte Individuen, so daß wir überhaupt keine Cichliden dieser Gattung für unsere Aquarien mitnahmen. Wir beschränkten uns auf das Fotografieren und Konservieren. Das Kind muß einen Namen haben Wenn ich mich richtig erinnere, war es Claus Schaefer, der die Krobia aus dem Caripi erstmals in den DCG-Informationen vorstellte und mit einem Farbfoto abbildete (dasselbe Bild ist auch diesem Beitrag beigefügt). In seinem Krobia-Artikel (DCGInformn. 2/1996) wurden die Fische als Krobia sp. „Oyapock“ bezeichnet. Während Gottwald (1998) dieselbe Bezeichnung verwendete (er hatte inzwischen Tiere dieser Art im Oyapock-Einzug in FranzösischGuyana gefangen), führten Stawikowski & Werner (1998) die Form lediglich als 8 „Krobia sp. aus dem Caripi-Einzug“ auf. Warum diese Buntbarsche bei Falk (2002) plötzlich Krobia sp. „Caripi“ und bei Weidner (2002) zunächst Krobia sp. „Amapá“ (Überschrift), im Text dann aber ebenfalls K. sp. „Caripi“ heißen, kann ich nicht erklären. Jedenfalls trifft die von Weidner für diesen Gebrauchsnamen gelieferte Erklärung nicht zu: „Dort [bei Stawikowski & Werner 1998] wird die Art, die von den Autoren in Amapá, Brasilien, im Einzugsbereich des Rio Caripi und Rio Oyapock gefunden wurden, als Krobia sp. „Caripi“ bezeichnet.“ Um weiteres Durcheinander gar nicht erst entstehen zu lassen, sollten wir bei der Bezeichnung K. sp. „Oyapock” oder K. sp. „Oiapoque“ bleiben. Seite 7: Krobia sp. „Oyapock“, unmittelbar nach dem Fang fotografiertes Tier aus dem Rio Caripi Unten: Männchen von K. sp. „Oyapock“ über seinen frei schwimmenden Jungfischen DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12 Die Nachzucht läßt sich kaum verhindern Das Brutpflegeverhalten, das die Buntbarsche der Gattung Krobia so interessant macht, wurde schon mehrmals in Büchern und Zeitschriftenartikeln in aller Ausführlichkeit geschildert (Schaefer 1996; Gottwald 1998; Stawikowski & Werner 1998; Falk 2002). Die Details im Fortpflanzungsgeschehen dieser Fische sollen hier nicht noch einmal wiederholt werden, denn nach der Lektüre der zitierten Veröffentlichungen dürfte eigentlich jedem Buntbarsch-Interessierten bekannt sein, daß alle bisher in Gefangenschaft vermehrte Krobien biparentale Offenbrüter sind, die vorzugsweise auf transportablen Unterlagen ablaichen. Das können einzelne Fall-Laub-Blätter sein (bei Falk 2002 erfährt man übrigens, wie man Ein fast ausgewachsenes Paar von Krobia sp. „Oyapock“ (rechts das Männchen) hat, so wie es sich für Krobien gehört, auf einem Buchenblatt abgelaicht – Fotos: R. Stawikowski DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12 solche Laichsubstrate basteln kann, wenn man nicht auf selbst gesammeltes herbstliches Buchenlaub zurückgreifen möchte), aber auch kleinere Holz- und Rindenstückchen oder möglichst flache Steinplättchen. Fehlen solche Gegenstände, sind die Fische aber durchaus in der Lage, auf größere, schwerere oder sonstwie unbewegliche Laichunterlagen auszuweichen, beispielsweise auf Steine und Wurzeln oder auf großflächigere Blätter von Aquarienpflanzen. Wer es also versäumt, diesen Cichliden, die sich übrigens – nicht nur wegen ihrer „Wohnwagen-Mentalität“, sondern auch aufgrund ihrer „Vorgarten-Toleranz“; sie vergreifen sich nicht am dekorativen Grün – durchaus in einem so genannten holländischen Aquarium halten lassen, tragbare (im Wortsinn) Laichsubstrate anzubieten, sollte sich nicht darüber wundern, daß sie sich trotzdem vermehren. Die bei Weidner (2002) zu lesende Verallgemeinerung – „Laut Literatur sollten Krobia-Arten näm- 9 lich immer auf einem transportablen Substrat ablaichen.“ – ist eben falsch. Mögliche Erklärungen für dieses Verhalten und die Diskussion von Vorteilen, die sich wahrscheinlich daraus ergeben, finden sich ebenfalls in den zitierten Veröffentlichungen. So außergewöhnlich, wie eine solche Mobilität auf den ersten Blick erscheinen mag, ist sie aber gar nicht, denn mittlerweile ist bekannt, daß nicht nur die Arten der Gattung Krobia ihre Gelege transportieren, sondern auch die larvophilen Maulbrüter zweier weiterer cichlasominer Gattungen – Bujurquina und Tahuantinsuyoa –, die larvophilen Maulbrüter der geophaginen Gattung Gymnogeophagus und jene Maulbrüter der Gattung Satanoperca, die oftmals – meiner Ansicht nach aber falsch – als Satanoperca leucosticta bezeichnet werden (S.-jurupariVerwandtschaft). Eigene Erfahrungen und Beobachtungen von Leibel (1992) brachten das gleiche Verhalten darüber hinaus bei 10 Sehr sorgfältig gehen die Fische mit ihrer „Kinderwiege“ nicht um; manchmal liegt das Substrat auf dem Kopf, und wenn einmal ein Holzstückchen darauf fällt, stört das die Eltern auch nicht sonderlich mehreren offenbrütenden Buntbarschen der cichlasominen Gattungen Cichlasoma (C. amazonarum, C. bimaculatum, C. orinocense und C. portalegrense) und Aequidens (A. pallidus, A. sp. „Alter do Chao“) zu Tage, wenn auch nicht in der gleichen Regelmäßigkeit und Perfektion wie bei Krobia, Bujurquina & Co. Es scheint also durchaus weiter verbreitet zu sein, was darauf schließen läßt, daß es den Fischen tatsächlich Vorteile bei der Anpassung an bestimmte Umweltbedingungen bringt. Eingehendere Untersuchungen sind sicher lohnenswert. Bei Krobia sp. „Xingu“, dem einzigen südlich des Amazonas vorkommenden cichlasominen Buntbarsch, der zur Zeit der Gattung Krobia zugerechnet wird, ließ sich Gelegetransport meines Wissens bisher DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12 Vor allem Aufgabe des Weibchens ist es, den Laich zu befächeln Fotos: R. Stawikowski nicht beobachten. Ob das wohl – neben farblichen und morphologischen Differenzen, die es ja auch noch gibt – ein weiteres Indiz dafür ist, daß wir es hier in Wirklichkeit mit dem Angehörigen einer anderen, noch nicht beschriebenen Gattung zu tun haben? Nachsatz Riehl (2001) untersuchte – neben anderen Fragen zur Beschaffenheit von Cichlideneiern – die Dicke der Eihülle bei Offen- und Höhlenbrütern sowie bei larvophilen und ovophilen Maulbrütern. Grob vereinfacht, gelangte er zu dem Ergebnis, daß Offenbrütereier die dicksten und Eier von ovo- philen Maulbrütern die dünnsten Eihüllen besitzen, was sowohl mit der mechanischen Beanspruchung (Wasserströmung) als auch mit der Sauerstoffversorgung (Entwicklung im offenen Wasser gegenüber Zeitigung in „geschlossenen“ Räumen) zusammenhängt. Hier wäre es sicher interessant herauszufinden, ob die Eier von Cichliden, die sich auf einem transportablen Substrat entwickeln und infolge dessen mitunter ziemlich heftigen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind (Gelegetransport, „Umkippen“ des Substrates, Bestreuen mit Sand oder Kies), noch stärkere Eihüllen besitzen als solche von „normalen“ Offenbrütern. Gut zwei Tage nach dem Laichen dauert es nicht mehr lange bis zum Larvenschlupf, was sich unschwer an der dunklen Pigmentierung der Eier erkennen läßt. Die hellen Pünktchen sind Sandkörner, die wohl eher versehentlich auf das Gelege geraten sind, als daß sie zu dessen „Tarnung“ dienen sollen DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12 11 Endlich! Die Larven sind geschlüpft und liegen zappelnd in einer Mulde im Bodengrund (am unteren Bildrand). Das Weibchen hat sie in seinem Maul hierher getragen Unten: Gut vier Tage nach dem Schlupf erheben sich die Jungfische erstmals aktiv schwimmend aus der Nistgrube, bleiben aber zunächst in deren Literatur Falk, A. (2002): Viel zu selten: Krobia im Aquarium. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ): Aquarien-Praxis 5–7. Gottwald, J. (1998): Krobia aus Französisch-Guyana. DCG-Informn. 29 (1): 1–7. Leibel, W. (1992): Goin’ South – part 3: Cichlids of the Americas. The „Port“ Acaras. Aquarium Fish Magazine 4 (6): 40–48. Schaefer, C. (1996): Krobia. DCG-Informn. 27 (2): 25–41. 12 Stawikowski, R., & U. Werner (1998): Die Buntbarsche Amerikas. Band 1. Stuttgart. Riehl, R. (2001): Zusammenhänge zwischen Brutpflegestrategie, Eihülle und Gelegegröße bei Buntbarschen (Cichlidae). In: Riehl, R., & H. Greven (Hg.): Fortpflanzungsbiologie der Aquarienfische (2). Bornheim. Weidner, T. (2002): Krobia sp. „Amapá“. Ein Juwel unter den grauen Mäusen. Das Aquarium 36 (4): 8–12. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12 Crenicichla sp. „Xingú I“ im Aquarium Rüdiger Lemp Nachdem ich endlich ein Aquarium in der entsprechenden Größe bekam (mit so etwas muß ja auch die Frau des Hauses einverstanden sein), entschloß ich mich, eine etwas größer werdende Crenicichla-Art zu pflegen. Einige Erfahrung mit dieser Gattung hatte ich durch die Pflege kleinerer Arten wie Crenicichla notophthalmus und Crenicichla compressiceps sammeln können. Nach einigen Streifzügen fiel meine Wahl auf Crenicichla sp. „Xingú I“, die mir schon unter dem Spitznamen „Pommes“ bekannt waren. Ich erstand vier Fische in der Hoffnung, beide Geschlechter zu erhalten, um dann eventuell ein harmonierendes Paar zu bekommen. Geschlechtsunterschiede waren absolut nicht zu erkennen, so daß ich mir nach meinen bisherigen Erfahrungen die Fische aussuchte, die alle etwa acht ZentiDCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17 meter lang waren. Wie der Name schon sagt, leben die Fische im Rio Xingú in Brasilien in strömungsreicheren felsigen Abschnitten mit kaum meßbarer Härte und pH-Werten im leicht sauren Bereich. Die Temperatur liegt zwischen 28 und 34 °C. Nach persönlicher Mitteilung durch Bernd Kilian liegen nachfolgende Meßwerte vor, die im natürlichen Lebensraum von C. sp. „Xingú I“ bei Balneario Pedral, flußaufwärts von Altamira, ermittelt wurden: am 25. September 1988 um 14.00 Uhr bei Niedrigwasser/Trockenzeit hatten B. Kilian, U. Schliewen und R. Stawikowski folgende Werte festgestellt: Lufttemperatur 34,5 °C, Wassertemperatur im Uferbereich 35 °C und im Hauptfluß 32,2 °C, pH 6,5, etwa 1 °dGH und 1 °KH, Leitwert 120µS/cm. Lacerda übermittelte folgende Werte vom März 1996 ebenfalls Nähe Altamira bei Hochwasser: pH 6,7 bis 6,9, ungefähr 20 µS/cm, die Wassertemperatur war mit 80 °F etwas nied13 riger (= 26,7 °C. Anmerkung der Redaktion). Die vier Crenicichla kamen zu zwei Harnischwelsen, einem großen Glyptoperichthys gibbiceps, der schon mehr als 13 Jahre bei mir lebt, und einem „L 114“. Ein Paar Aequidens, das ich als Aequidens tetramerus erstand, dessen Artzugehörigkeit jedoch nicht ganz klar ist und ein verwitwetes Heros-severus-Weibchen waren die Buntbarsche in diesem Becken. Weiterhin befand sich darin noch ein Schwarm von 20 ausgewachsenen Kongosalmlern (Phenacogrammus interruptus). Die Salmler waren etwa genauso groß wie die Crenicichla. Mir war klar, daß ich die Kongosalmler nicht mehr allzu lange in dem Becken belassen konnte, damit sie nicht als Lebendfutter dienen. Es war jedoch kurz vor der Urlaubszeit, und aufgrund der noch geringen Größe der Hechtcichliden beließ ich den Schwarm in dem Becken, („es wird schon nichts passieren“). Die Wasserwerte in diesem Aquarium 14 betrugen etwa 4 °dGH, KH nicht meßbar, der pH-Wert bis 6,5, Nitrit 0 mg/l, der Nitratwert 10mg/l und die Temperatur 27 bis 28 °C. Die Fütterung gestaltete sich völlig unproblematisch, da die Hechtcichliden von Anfang an auch Flockenfutter und Cichlidensticks fraßen. Am natürlichsten wären natürlich lebende Fische, aber Frostfutter wie Stinte, Krebstiere (Bachflohkrebse, Krill, Mysis oder auch Nordseegarnelen) erfüllen ihren Zweck. Die Fische fressen auch in fast ausgewachsenen Zustand noch sehr gerne Weiße Mückenlarven, auch wenn die nicht zu den dicken Bissen gehören. Ein wenig ist auf die Atemfrequenz zu achten, da die Tiere an strömungsreichere Gewässer angepaßt und somit etwas sauerstoffbedürftiger sind. Seite 13: Adultes Paar von Crenicichla sp. „Xingú I“ Foto: B. Kilian Unten: Jungtiere von C. sp. „Xingú I“ – Foto: H. Morche DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17 Das Aquarium sollte 180 Zentimeter Kantenlänge nicht unterschreiten, wobei auf eine möglichst große Grundfläche zu achten ist, weil die Art sich überwiegend im unteren Bereich aufhält, und zwar gerne in Unterständen oder Verstecken. Deshalb ist darauf zu achten, daß das Becken mit Steinen, Moorkienholz, Pflanzen und anderen Dekorationsmaterialien versteckreich, ja unübersichtlich eingerichtet wird. Sollten Crenicichla sp. „Xingú I“ in verschiedenen Größen im Becken sein, dürfen die Größeren die Kleineren nicht erreichen können. Wichtig ist auch, daß die Verstecke oder Unterstände zwei oder mehr Ein- und Ausgänge haben, sonst werden sie nur kurzzeitig benutzt. In der Jugendfärbung besticht dieser Hechtbuntbarsch durch sein sattes, leuchtendes Gelb (Pommes) mit schwarzen waagerechten Linien, die in der Kopfregion auch als Punktreihen angeordnet sind. In der oberen Hälfte der Schwanzwurzel, am Schwanzflossenansatz befindet sich ein schwarzer Fleck, den die adulten Tiere auch haben. Mit zunehmendem Alter dunkeln die Fische nach, so daß die Grundfarbe ein dunkles Oliv wird. Die unpaaren Flossen werden rot mit gräulichen bis schwarzen Säumen; bei balzaktiven Weibchen sind der Rückenflossensaum und der obere Schwanzflossensaum schneeweiß, alle paarigen Flossen sind unscheinbarer, jedoch auch leicht rot gefärbt. Die gesamte Körpermitte, außer Kopf und Schwanzwurzel, ist leuchtend rot. Mit dieser Färbung sind es außergewöhnlich schöne Fische. Die Männchen besitzen die weißen Flossensäume nicht, sie haben über dem schwarzen Saum noch einen dünnen rötlichen Saum, und es fehlt auch das Rot des Körpers. Bei ihnen ist die senkrechte Streifung schon früh zu erkennen, während sie beim Weibchen nur manchmal andeutungsweise zu sehen ist. Insgesamt wirken die Weibchen auch in der Körperform etwas fülliger und kräftiger. Bei C. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17 compressiceps, C. nothophthalmus und einer Zwerg-Crenicichla-Art, die ich unter dem Namen Crenicichla sp. „Venezuela“ erstand und bei denen das Männchen gerade einmal sechs Zentimeter maß, sowie auf vielen Bildern ist mir aufgefallen, daß die Männchen ein gerades, fast schon sattelförmiges Kopfprofil haben, während es bei den Weibchen konvex ist. Dies ist auch, da meine Männchen noch sehr jung sind, zumindest ansatzweise bei Crenicichla sp. „Xingú I“ zu sehen. Weiterhin ist das Rot der Flossen bei den Männchen nicht so stark ausgeprägt und in der Rückenflosse ist nur der weichstrahlige Teil rot. In Erregung zeigen die Tiere zwölf ziemlich breite, dunkle, senkrechte Querbinden, die manchmal über die gesamte Körperhöhe gehen, meistens jedoch vom Rücken bis zur Körpermitte reichen. Der dunkle Fleck in der Schwanzwurzel ist von einem goldfarbenen Ring umrahmt; bei balzaktiven Weibchen ist dieser Ring nicht zu sehen. Nachdem ich durch eine Fehlinformation die Wassertemperatur auf 25 bis 26 °C verringert habe, ist die Balzfärbung verschwunden: die weißen Flossensäume sind grau bis grauschwarz und auch das Rot des Körpers ist nicht mehr oder nur andeutungsweise vorhanden. Die Geschlechter sind nunmehr kaum zu unterscheiden. Lange Zeit dachte ich, ich hätte vier Weibchen erworben, woraufhin ich ein junges, leider viel kleineres Männchen besorgte in der Hoffnung, doch noch ein Paar zu erhalten. Trotz gegenteiliger Meinung des Händlers schlug der Versuch der Vergesellschaftung fehl, ich konnte den armen Kerl gerade noch retten. Bei allen Buntbarschen, die ich bisher pflegte, setzte Grabe- oder Wühltätigkeit nur zu Fortpflanzungsaktivitäten ein. Crenicichla sp. „Xingú I“ baggern öfter an ihren Unterständen, um aus ihrem Versteck schnell herein und wieder herauszukommen. Auf diese Grabtätigkeit ist natürlich bei der Ein15 richtung Rücksicht zu nehmen, damit Steinaufbauten nicht einstürzen können. Die Tiere sind standorttreu und benutzen immer dieselben Verstecke und Unterstände. Zur Zucht kann ich bisher nicht viel sagen, da sie mangels Paarbildung noch nicht stattgefunden hat. Bei Gelegenheit werde ich einige Versuche anstellen, daß es doch noch dazu kommt. Die Hechtbuntbarsche leben jetzt in einer recht interessanten Konstellation in meinem Aquarium. Zwei der Weibchen schwimmen gemeinsam durch dieses, sind oft zusammen im gleichen Unterstand, gehen gemeinsam auf die Jagd und zeigen keine Aggressionen gegeneinander - wie bei einem Paar. Ich bin mir aber sicher, daß es zwei Weibchen sind. Das dritte Weibchen wird mal geduldet, mal heftig verjagt, in seiner prächtigen Balzfärbung häufiger als ohne. Die Männchen dürfen ihre Schnauzenspitze nicht zeigen, sie werden sofort von den beiden dominan- 16 ten Weibchen attackiert, das dritte Weibchen fängt nie zuerst mit diesen Attacken an, sondern schließt sich dann den beiden anderen an. Jungtiere von Crenicichla sp. „Xingú I“ sind in der Gruppe zusammen und jagen auch im Rudel. Vielleicht schließen sich auch adulte Tiere bei Bedarf zu einer Jagdgemeinschaft zusammen. Bei der Fütterung ist sehr darauf zu achten, daß nicht einer alles bekommt und andere gar nichts. Man ist schon gezwungen, die Fische auch gezielt zu füttern, was sich bei der Freßgier der Hechtcichliden oft leichter anhört als es ist. Es ist weiterhin darauf zu achten, für die Einrichtung unseres Crenicichla-Aquariums keine scharfkantigen Gegenstände zu verwenden, da Hautverletzungen, die sowieso schon öfter mal auftreten, im allgemeinen sehr langwierig verheilen. Äußerst interessant ist es zu beobWeibchen von Crenicichla sp. „Xingú I“ DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17 Das Jugendkleid von Crenicichla sp, „Xingú I“ unterscheidet sich deutlich von der Erwachsenenfärbung (unten) Fotos: H. Morche (oben) B. Kilian (unten) achten, wie die Fische nach einem Fastentag (sollte man regelmäßig einhalten) auf Nahrungssuche gehen. Mein Weibchenpaar zieht dann gemeinsam durch das Aquarium, wobei es in jede Ritze und quasi unter jeden Stein schaut, ob sich da nicht etwas Freßbares verbirgt. Im Internet habe ich einen Zuchtbericht aus DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17 Atlanta/Georgia (USA) gelesen. Demnach laichten die Tiere bei 32 °C, pH 6,2, geringer Härte und täglichen Teilwasserwechseln von zehn Prozent ab. Von 200 bis 300 Eiern konnten nur elf Jungtiere großgezogen werden, denn bis zu einer Größe von sech bis sieben Zentimeter hatten die Fische eine hohe Sterblichkeitsrate. 17 Erfahrungen mit Teleocichla cinderella Frank Warzel Zu den interessantesten, wenn auch nicht gleichzeitig bekanntesten Gruppierungen südamerikanischer Cichliden zählen sicher die langgestreckten, mit den Hechtbuntbarschen sehr nahe verwandten Teleocichla. Die erst im Jahre 1988 von S. O. Kullander beschriebene Gattung enthält nominell sechs Vertreter: Teleocichla centrarchus als Typusart, mit T. monogramma und T. gephyrogramma aus dem Rio Xingú, T. proselytus und T. prionogenys aus dem Rio Tapajós sowie T. cinderella aus dem Rio Tocantins. Bereits ein gutes halbes Jahr später, Ende September 1988, wurden durch Kilian, Schliewen und Stawikowski die ersten Teleocichla aus dem Rio Xingú nach Deutschland importiert und sorgten gleich für eine dicke Überraschung. Zwei der von ihnen beobachteten und mitgebrachten 18 Arten ließen sich keiner von Kullanders Arten zuordnen. Auch Kullander selbst hatte inzwischen Material einer weiteren Art aus Brasilien erhalten. Inzwischen sind nicht weniger als elf noch unbeschriebene Teleocichla bekannt. Die meisten davon sind erst vor wenigen Jahren entdeckt worden. T. cinderella gehört also zu den aquaristisch schon länger bekannten Arten. Teleocichla cinderella im Freiland Bei Teleocichla cinderella handelt es sich um eine gestreckte, mit bis zu 14 Zentimeter Gesamtlänge recht großwüchsige Art, die ursprünglich aus den Stromschnellen des unteren Rio Tocantins bei Tucurui und Jatobal beschrieben wurde. Inzwischen sind aber diese Fundorte im Rahmen des Tucurui-Staudammprojektes überflutet und die Fische dort mit Sicherheit nicht mehr existent. Die Art ist aber im TocantinsSystem weiter verbreitet. Im Rio Tocantins DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22 selbst konnte sie Uwe Werner (1997) bis oberhalb der Stadt Imperatriz nachweisen und im Rio Araguaia ist sie mindestens bis Sao Bento, etwa 30 Kilometer oberhalb der Mündung in den Tocantins präsent. Nach Freilandbeobachtungen von Kilian, Stawikowski und Warzel scheint T. cinderella mäßig durchströmte Flachwasserbereiche in Felsennähe zu bevorzugen (Stawikowski & Warzel 1991). Der Untergrund ist dabei meist sandig, kann aber auch von verschieden grobem Geröll durchsetzt sein. Eine von Uwe Werner (1997) durchgeführte Wasseranalyse im Rio Tocantins bei Marabá ergab einen ungewöhnlich hohen pH-Wert von 7,5 bei weniger als 1 °dGH. In wenig durchströmten Stellen wurden Temperaturen von bis zu 32 °C ermittelt. Aus Marabá stammt übrigens auch die zweite, bisher übersehene und noch unbeschriebene Tocantins-Art (Warzel 2001). Diese sieht T. cinderella auf den ersten Blick sehr ähnlich, DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22 unterscheidet sich aber vor allem durch einen schmaleren Kopf und ein regelmäßigeres Zeichnungsmuster. Es wäre sicher interessant zu überprüfen, ob sich unter den vielen hundert für wissenschaftliche Zwecke gesammelten Exemplaren weitere T. sp. „Tocantins“ finden lassen, um eine Artbeschreibung zu ermöglichen. Teleocichla cinderella im Aquarium Obwohl die Art schon Ende 1990 erstmals in die Aquaristik eingeführt wurde, blieb sie bis heute weitgehend unbekannt. Dabei sind die Fische durchaus nicht so selten, daß sich sporadische Fänge nicht lohnen würden. Möglicherweise liegt eine der Ursachen in der mangelnden Attraktivität, denn gerade Jungtiere sind recht unscheinbar gefärbt. Seite 18: Teleocichla cinderella, Männchen, beim Imponierschwimmen Unten: Adultes Männchen von etwa zwölf Zentimeter Länge 19 Drohendes Weibchen mit erstem Laichansatz Dennoch trägt T. cinderella seinen wissenschaftlichen Namen „Aschenputtel“ - wie ich meine - völlig zu Unrecht. Imponierende Männchen und balzaktive Weibchen sind eigentlich viel farbenprächtiger als so manche andere Art der Gattung. Eine andere Ursache für ihr aquaristisches Schattendasein liegt darin, daß die Tiere einige Ansprüche bezüglich der Wasserhygiene stellen, einen relativ hohen Platzbedarf haben und sich gegen andere Cichliden im Aquarium nicht so recht durchsetzen können. Die Ernährung der Fische stellt den Pfleger vor keine unüberwindlichen Probleme. Mit Ausnahme von Flocken- oder Pelletfutter werden alle mir bekannten Frostfuttersorten gierig angenommen. Empfehlenswert ist es dabei allerdings, nicht zuviel und vor allem auch abwechslungsreich zu füttern, denn Darmverstopfungen sind bei Teleocichla durchaus keine seltene Erkrankung. 20 Zucht Meine hier abgebildeten Teleocichla cinderella erwarb ich nicht als Direktimport, sondern als Beifänge in einer Sendung, die hauptsächlich Crenicichla compressiceps enthielt. Die fünf Neuzugänge kamen zur Eingewöhnung in ein 70 × 55 × 42 Zentimeter großes Abteil, das ich in meinem 230Zentimeter-Aquarium eingerichtet hatte. Mit handelsüblichen Frostfutter bestehend aus Artemia, Mysis, weißen und roten Mückenlarven gab es, wie erwartet, keine Probleme. Nur hin und wieder wurden die Tiere mit Lebendfutter in Form von Artemia-Nauplien versorgt, denen sie eifrig nachstellten. Dennoch verlor ich ein kleineres Exemplar aufgrund innerartlicher Aggressionen, obwohl T. cinderella allgemein als relativ friedliche Art gilt. Nach etwa vier Monaten konnte man die Geschlechter deutlich unterscheiden: Ich hatte drei Männchen und ein Weibchen. Da das Revierverhalten sich DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22 immer weiter ausprägte, entfernte ich vorsichtshalber die überzähligen Männchen. Bereits etwa sechs Wochen später entwickelte sich beim Weibchen Laichansatz, der mit einer auffälligen Färbungsänderung einherging. Die Flossen waren nun orange und an den Dorsalspitzen leuchtete ein kräftiger rot-weißer Saum. Gleichzeitig verblaßte das für T. cinderella typische Fleckenmuster. Auch das Verhalten änderte sich. Immer wieder beschwichtigte das kleinere und viel gedrungener gebaute Weibchen den fast doppelt so großen Revierbesitzer, was von mal zu mal besser zu funktionieren schien. Auf diese Weise konnte das Weibchen auch eine kleine Höhle unter einer Schieferplatte ausbuddeln, die es als Revierzentrum nutzte. Dennoch wurde es immer wieder vom Männchen verjagt, ohne daß eine PaarTeleocichla cinderella, mit zwei Tage alten Jungfischen. Das Bild zeigt das gleiche Weibchen wie Seite 20 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22 bindung, wie man sie ja von anderen Cichliden kennt, zustande gekommen wäre. Um so überraschter war ich daher, als das Weibchen beim abendlichen Füttern gertenschlank und mit deutlich sichtbarer Genitalpapille aus seinem Versteck schwamm. Die Fische mußten spätestens am frühen Nachmittag gelaicht haben. Vorsorglich hatte ich schon einige Zeit vorher die Parameter auf pH 6,8 bei 60 µS/cm gesenkt, da sich bei zu hohen Werten Teleocichla-Gelege nicht entwickeln. Bei knapp 29 °C dauerte es immerhin zwölf Tage, bis die etwa 20 Jungfische erstmals unter Führung des Weibchens die Höhle verließen. Während der gesamten Zeit beteiligte sich das Männchen nicht an der Brutpflege. Im Gegenteil, es wurde unter heftigen Drohgebärden vom Weibchen verjagt, wenn es sich der Bruthöhle näherte. In dieser Zeit zeigte das Weibchen auch einzelne blaue Glanzflecken auf den Körperseiten, die nun beim Führen 21 der Jungfische verschwunden waren. Hatte ich, nicht zuletzt durch Freilandbeobachtungen, erwartet, daß sich nun beide Elternteile an der Brutpflege beteiligten und sich zumindest abwechselten, sah ich mich getäuscht. Sobald das Männchen auch nur in die Nähe der Jungfische kam, wurde es vom Weibchen aufs heftigste attackiert, so daß mir nicht anderes übrig blieb, als es zwei Tage später aus dem Aquarium zu entfernen. Demgegenüber ist es erstaunlich, wie lange die heranwachsenden Jungfische von der Mutter toleriert werden. Erst nach etwa zwölf Wochen konnte ich beobachten, wie das zunehmend fülliger werdende Weibchen einzelne Jungfische aktiv verjagte. Im Alter von knapp einem Jahr sind die Tiere selbst geschlechtsreif und beginnen bei einer Größe von etwa sieben Zentimetern nun ihrerseits mit Balzaktivitäten. Die beiden Eltern habe ich übrigens später wieder zusammengesetzt. Sie laichten ein 22 zweites Mal, als wären sie schon immer zusammen gewesen. Literatur Kullander, S. O.(1988): Teleocichla, a New Genus of South American Rheophilic Cichlid Fishes with Six New Species (Teleostei: Cichlidae). Copeia 1, 196–230. Schliewen, U. & R. Stawikowski (1989): Teleocichla. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (42) 4: 227–231. Stawikowski, R. & F. Warzel (1991): Jacundá do Tocantins. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (44) 8: 516–519 / DATZ (44) 9: 575–581. Warzel, F. (2001): Neuer Teleocichla aus dem Tocantins. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (54) 8: 37. Werner, U. (1997): Teleocichla-Arten aus Tocantins und Xingú. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (50) 3: 175–178. Portrait von Teleocichla cinderella. Als „Aschenputtel“, wie der Artname nahelegt, kann man diesen attraktiven Cichliden wohl kaum bezeichnen – Fotos: F. Warzel DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22 Ein „Räuber“ aus Venezuela – Caquetaia kraussii (STEINDACHNER, 1879) Xaver Hofer Wenn ich allabendlich zu später Stunde noch einmal meine Aquarienräume inspiziere, bevor die Schaltuhren die Lichter löschen, schaut mich aus großen bernsteinfarbenen Augen, aufgeregt hin- und herschwimmend, in der Hoffnung noch schnell ein paar Futterbrocken zu ergattern, ein rund 30 Zentimeter großes Caquetai-kraussiiPaar an. Es und andere Cichliden hatte ich vor vielen Jahren aus Venezuela mitgebracht. Es war Anfang Februar 1995. Manfred Hinzmann, Jochen Grad und ich waren unterwegs in Venezuela. Wir befanden uns im Bundesstaat Guarico und hatten in der Nähe der Stadt Calabozo Quartier bezogen. Von hier aus starteten wir unsere Touren mit Geländewagen und Motorboot. Eines Tages befischten wir den Rio Guarico in der Hoffnung, C. kraussii zu fangen. Hier am DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26 Unterlauf war es trotz unserer vielen Netze nicht möglich, denn der träge Fluß war hier einfach zu breit und zu trübe. Wir fuhren deshalb mit unserem Boot, vorbei an vielen kleinen Flußeinmündungen, zum Oberlauf des Guarico, bis es kein Weiterkommen mehr gab: Der Fluß war vollkommen mit Wasserhyazinthen zugewachsen. Das hier fast stehende Wasser war 28 °C warm und undurchsichtig. Zu beiden Seiten waren die Ufer mit Galeriewald eingesäumt und dazwischen grasten Rinder. Bis über beide Knie im Wasser stehend und ständig hinund hertretend, um nicht tiefer im Morast des Flußes zu versinken, begannen wir mit dem Fischen. Man mußte nur ein paar Mal mit dem Kescher unter die Wasserhyazinthen stoßen, anschließend pflanzliches Material aussortieren, und konnte danach die ersten C. kraussii von drei bis fünf Zentimeter Länge eintüten. Später fingen wir auch noch größere, die vermessen, 23 Völlig zugewachsen: der Rio Guarico. Ab hier gibt es kein Weiterkommen fotografiert und anschließend wieder freigelassen wurden. C. kraussii ist keineswegs nur auf den Rio Guarico und Umgebung fixiert. Seite 23: Junges Männchen von Caquetaia kraussii Foto: T. Weidner Unten: Frisch gefangener Caquetaia kraussii 24 Ursprünglich im Nordwesten Venezuelas beheimatet, breitet sich die Art immer weiter aus. Teils geschieht dies von selbst, aber auch der Mensch hat hier nachgeholfen und den in Venezuela wichtigen Speisefisch in künstlichen Teichen, Seen und Flüssen ausgesetzt. In einem relativ klaren Altwasserarm in der Nähe des Rio Orituco beobachteten wir von erhöhtem Ansitz aus ein großes Paar C. kraussii, das einen riesigen Jungfischschwarm führte. Aus der Tiefe kamen sie langsam nach oben zur Wasseroberfläche. Der Uferbereich fiel hier senkrecht nach unten ab und die Wurzeln eines Baumes wuchsen durch den Bodengrund in das Wasser. Die zahlreichen kleinen Fische zupften an den filigranen Wurzelenden, kontaktierten zwischendurch immer wieder die Haut beider Eltern. Das Ganze lief ruhig und langsam ab. Erst als in einem Meter Entfernung ein großer Pfauenaugenbuntbarsch (Astronotus sp. „Orinoco“) auftauchte, kam DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26 Bewegung in die Alttiere. Flossenzucken, Kiemendeckelspreizen und Drohen in ihrer typisch s-förmigen Haltung reichten aus, um den Störenfried zu vertreiben. So langsam wie die C. kraussii zur Oberfläche kamen, so langsam zogen sie sich in die Tiefe des Altwassers zurück. Im Aquarium erwies sich C. kraussii ebenfalls als wehrhafter Pflegling, den man schon mit robusteren Arten vergesellschaften sollte. Die standorttreuen Cichliden lauern in einen Versteck auf Beute, am liebsten auf kleinere Fische, die dann mit ihrem weit vorstülpbarem, zahnbewehrtem Maul regelrecht eingesogen werden. Aber es werden auch Sticks, Pellets und fast alle Sorten Frostfutter gefressen. Bei der Balz geht es mitunter ziemlich rauh zu. Danach aber erweist sich das Männchen als fürsorgender Vater. 1000 bis 1500 Jungfische sind bei großen Paaren keine Seltenheit. Sobald der freischwimmende Nachwuchs seinen Dotter- DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26 sack aufgezehrt hat, müssen die Jungfische extra gefüttert werden. Bei Futtermangel werden die Alttiere zu stark von den Jungfischen beweidet, was mitunter zu starken Hautverletzungen führen kann. Außerdem scheint es ihnen auch äußerst unangenehm zu sein, denn sie schwimmen ständig mit eingeklemmten Flossen und man könnte glauben, sie wollten die Jungfische loswerden. Bei guter Fütterung wachsen die Jungen schnell heran. Sind sie anfangs noch farblos grau, verwandelt sich ab zwölf bis 15 Zentimeter Länge ihr Farbkleid in ein herrlich glänzendes Goldbraun, das mit einigen schwarzen senkrechten Streifen durchzogen ist. Mit zunehmender Größe werden auch die Jungfische untereinander immer aggresAusgewachsenes Paar von Caquetaia kraussii. Das Männchen (vorn) ist mehr als 30 Zentimeter lang 25 Caquetaia kraussii ist ein wehrhafter Lauerjäger. Zur Vergesellschaftung im Aquarium eignen sich nur robuste Arten – Fotos: X. Hofer siver und müssen unter Umständen getrennt werden. Auch bei großen Paaren von C. kraussii kommen gelegentlich immer wieder Streitigkeiten vor, vor allem wenn größere Wasserwechsel durchgeführt werden. Es scheint, als wenn sich die Alten dann buchstäblich nicht mehr riechen könnten. War es vor dem Wasserwechsel noch „Zuneigung“, ist es danach pure Aggression. Das kleine Weibchen muß dann dem größeren Männchen nach anfänglicher Gegenwehr als Prügelknabe herhalten. Es ist deshalb sehr wichtig, daß genügend Versteckplätze vorhanden sind. Mit flachen Steinplatten, die an die Aqauarienwand gestellt werden und mit einigen größeren geschickt zusammengestellten Wurzeln kann man Unterstände schaffen, die von den Fischen gern angenommen werden. Es emp26 fiehlt sich auch, das Aquarium etwas düsterer zu gestalten und die Beleuchtung lieber etwas schwächer zu wählen oder das Licht mit Hilfe von Schwimmpflanzen etwas zu dämpfen, da die Fische mehr in der Dämmerung der Morgen- und Abendstunden aktiv sind. Wer will, kann auch einige Solitärpflanzen einbringen. Sie müssen nur mit größeren Flußkieseln gegen Ausgraben gesichert werden. An die Wasserwerte werden keine besonderen Ansprüche gestellt. Nur etwa 28 °C sollte es schon warm sein, und wie schon erwähnt: Vorsicht beim Wasserwechsel! Im Aquarium können Männchen von C. kraussii auf gut 30 Zentimeter Länge heranwachsen. Die Weibchen bleiben stets ein Stück kleiner. Mit C. kraussii holt man sich einen schönen, interessanten Fischjäger ins Aquarium. Die Art ist nicht nur sehr produktiv, sondern auch langlebig. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26 Auch kleine „Südamerikaner“ machen es – Maulbrutpflege bei einer Art der Gattung Apistogramma Ingo Koslowski Auch wenn es unter den größeren Buntbarschen Südamerikas – etwa in den Gattungen Geophagus, Satanoperca, Aequidens und Heros - eine ganze Reihe von maulbrütenden Buntbarschen gibt, war es doch eine recht große Überraschung als ich im Jahr 2000 erstmals diese Form der Brutpflege bei einem Vertreter der südamerikanischen Zwergcichliden-Gattung Apistogramma entdeckte (Koslowski 2000). Beide Geschlechter eines in besagtem Jahr erstmals aus Peru importierten Zwergbuntbarsches fielen mir gleich durch ihre ungewöhnlich lange Schnauze mit verdickten Lippen auf und ich hatte durchaus bei ihrer Betrachtung einmal den Gedanken, daß dies ein Maulbrüter sein könnte, doch so recht glauben wollte ich es zunächst nicht. Dennoch widmete ich der Beobachtung des DCG-Informationen, Sonderheft 1: 27–29 Fortpflanzungsverhaltens der Art besondere Aufmerksamkeit und konnte gleich beim ersten Reproduktionsversuch feststellen, daß es sich hier tatsächlich um einen Maulbrüter handelt. Die Weibchen laichen zunächst wie alle Apistogramma-Weibchen an der Decke einer Höhle ab und nehmen die Larven nach dem Schlupf ins Maul auf. Daher ist die Art als larvophiler Maulbrüter zu bezeichnen. Die Larven werden vom Weibchen bis zum Freischwimmen der Brut überwiegend im Maul getragen. Zur Nahrungsaufnahme spuckt das Weibchen die Larven jedoch immer wieder in Bodenmulden. Nach dem Freischwimmen wurden die Jungfische nur noch sehr selten in das Maul aufgenommen. Das könnte aber in Abhängigkeit von der Anzahl der Jungfische und der vorhandenen Feindfische unterschiedlich sein. So konnte Bohnet (persönliche Mitteilung) beobachten, daß eines seiner Weibchen die Jungen auch nach dem 27 Freischwimmen noch regelmäßig ins Maul nahm. Er stellte sogar vereinzelt fest, daß sich einzelne Männchen diese Verhalten bei Gefahr zeigten. Das Brutverhalten der Art scheint also recht variabel zu sein und es wäre sicher interessant systematische Untersuchungen dazu durchzuführen. Der deutsche Name der unbeschriebenen Art wird bisher noch nicht einheitlich gebraucht. Neben dem von mir verwendetem „Maulbrüter-Apistogramma“ (Koslowski 2000) wird auch manchmal der fast zeitgleich von Römer (2000) eingeführte Name „Brustband-Apistogramma“ oder die HändlerBezeichnung A. sp. „Red Face“ benutzt. Ich denke jedoch, daß sich der Name Maulbrüter-Apistogramma durchsetzt, da man auch bei Benutzung der anderen BezeichSeite 27: Frontaldrohende MaulbrüterApistogramma sind beeindruckende Fische Unten: Männchlicher Maulbrüter-Apistogramma in neutraler Stimmung 28 nungen doch immer wieder von dem „Apistogramma, der Maulbrutpflege betreibt“ reden wird. Die verwandtschaftliche Einordnung der Art bereitet zur Zeit noch einige Schwierigkeiten. Ich habe sie vorläufig der von mir neu geschaffenen Apistogramma-brevis-Gruppe angegeliedert (Koslowski 2002). Für diese Einordnung sprechen die für einige Formen der Gruppe, wie etwa den Breitbinden-Apistogramma, typische zweifarbige Schwanzflosse der Männchen, die recht lang werdenden Rückenflossenstachelmembranen bei gleichzeitig kurz bleibenden Bauchflossen und das auch bei A. personata und A. arua auftretende dunkle Dreieck zwischen den Augen. Das Frontaldrohverhalten der Art mit meist geschlossenem Maul und tief gesenkten Mundboden bei gleichzeitiger Kiemendeckelspreizung erinnert allerdings ebenso wie das Brutpflegekleid der Weibchen an Arten der A.-nijsseni-Gruppe. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 27–29 Weibchen von Apistogramma sp. „Maulbrüter“ Melgar (persönliche Mitteilung) und Souza konnten den Maulbrüter-Apistogramma an mehreren Stellen im Einzugsgebiet des Rio Ampiyacu, der nahe der peruanisch-brasilianischen Grenze von Norden her bei der Stadt Pebas in den Amazonas mündet, so zum Beispiel bei El Pozo nachweisen. Damit liegt das Vorkommensgebiet zwischen dem der Vertreter der Apistogrammabrevis-Gruppe und dem der Arten der A.nijsseni-Gruppe. Enge Beziehungen bestehen sicher auch zu denen im Umfeld des Ampiyacu vorkommenden, ebenfalls zum gleichen Verwandt- schaftskreis gehörenden Arten der A.-cacatuoides-Gruppe. Es bleibt abzuwarten, ob derzeit in Arbeit befindliche genetische Untersuchungen der Apistogramma-Arten mehr Klarheit bringen. Literatur Koslowski, I. (2000): Putzerverhalten und Maulbrutpflege (Apistogramma Arten). D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 53 (11): 18–21. – (2002): Die Buntbarsche Amerikas. Band 2 (Apistogramma & Co). Stuttgart. Römer, U. (2000): Apistogramma sp. „Brustband“ – ein neuer verhaltensbiologisch ungewöhnlicher Zwergbuntbarsch aus Peru. Aquarium Heute 18 (4): 627–628. Lateraldrohendes Männchen von Apistogramma sp. „Maulbrüter“ Fotos: I. Koslowski DCG-Informationen, Sonderheft 1: 27–29 29 Nicht aufgeben! Erfahrungen bei der natürlichen Nachzucht von Pterophyllum scalare Stefan Lülsdorf Ich beschäftige mich überwiegend mit der Pflege und Zucht von Pterophyllum scalare und Zwergbuntbarschen aus Südamerika und Westafrika. Diese Fische werden immer wieder gerne auf Börsen gekauft oder getauscht, und ich bin dadurch in der Lage genau das zu tun, was ich immer wollte: Tiere weitergeben, die nicht mehr importiert werden müssen, oder aus Zuchtbetrieben stammen, in denen es nur um Masse statt Klasse geht. Was mich schon immer faszinierte, waren die ursprünglichn Wildformen des Segelflossers, und so entschloß ich mich Anfang 1998, P. scalare zu pflegen. Damit kamen Probleme auf mich zu: Meist waren nur sehr kleine Fische mit zwei bis drei Zentimeter Körperdurchmesser im Fachhandel zu bekommen. Dazu wiesen sie 30 oft Degenerationserscheinungen, wie etwa Verkrüppelungen auf. Zudem übten sie, wie sich später herausstellen sollte, keine oder nur unzureichende Brutpflege aus. Dies ist wohl auf die künstliche Aufzucht zurückzuführen. Schließlich erwarb ich fünf solcher „Winzlinge“ und setzte sie nach einem Monat Quarantäne in mein Aquarium mit folgenden Wasserwerten: pH = 6,8, Leitwert 200 µs/cm, Wasserhärte 4 bis 5 °dGH und 3 bis 4 °KH. Innerhalb der nächsten zwei Wochen starben vier der fünf Tiere ohne ersichtlichen Grund. Also startete ich einen erneuten Versuch und erwarb abermals fünf Tiere, jedoch bei einem anderen Händler. Auch diese Tiere starben nach kurzer Zeit. Später erfuhr ich, daß alle von mir gekauften Segelflosser vom selben Lieferanten stammten. Seit dem Kauf der ersten Tiere waren nun neun Monate ins Land gegangen und das DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33 verbliebene Tier war zu einem stattlichen Exemplar herangewachsen. Jetzt hatte ich das Problem, daß keine adäquaten Segelflosser bei den Händlern in meiner Nähe zu Verfügung standen und in nächster Zeit auch keine größeren Tiere zu erwarten waren. Im August 1999 zogen wir mit „Kind und Kegel“ zurück ins Rheinland nach Bonn. Bis alle Fische wieder in ihren gewohnten Aquarien schwammen, verging eine gewisse Zeit und so mußte sich der Segelflosser mit einem kleinen 60-Zentimeter-Becken zufrieden geben. In dieser Zeit laichte der P. scalare alleine ab. Nun war ich sicher, ein Weibchen zu besitzen. So zog ich los um ein männliches Tier zu erwerben. Ja, ich weiß, Paare sollen sich stets aus einer Gruppe finden, aber was macht man mit den überzähligen Tieren, wenn man für diese keinen Platz mehr hat? Ich hatte Glück: in einem Zooachgeschäft DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33 ganz in meiner Nähe schwamm ein großes, bulliges Tier, das ich mir auch gleich beschaffte. Von Anfang an verstanden sich die beiden Segelflosser ganz gut und es kam zu keinen ernsthaften Auseinandersetzjungen zwischen den beiden. Schon nach fünf Wochen laichten sie das erste Mal ab. Es zeigte sich jedoch sehr schnell, daß beide Tiere nicht in der Lage waren eine ausreichende Brutpflege zu betreiben. So wurden keine unbefruchteten Eier aus dem Gelege entfernt, die Eier wurden teilweise vom weiblichen Tier gefressen, die Brut wurde nicht bewacht und herabfallende Larven nicht aufgefangen. Das männliche Tier reagierte typisch. Es jagte das Weibchen nach dem Verlust des Seite 30: Balzendes Paar von Pterophyllum scalare Unten: Das Paar hat an einem senkrechtstehenden Stein abgelaicht – Fotos: U. Werner 31 Geleges wild durch das Aquarium, so daß ich das Weibchen herausfangen und anderweitig unterbringen mußte. Nachdem sich das Weibchen erholt hatte, setzte ich es zurück ins Becken. Nun wurde alle sechs Wochen an einer Steinplatte abgelaicht - immer mit demselben Ergebnis. Das Gelege wurde immer vernachlässigt oder gefressen. In Gesprächen mit anderen Pflegern von Segelflossern wurden mir ähnliche Dinge berichtet. Diese Pfleger wechselten die Fische nach dem fünften oder sechsten vergeblichen Zuchtversuch aus. Das kam jedoch für mich nicht in Frage. Es mußte doch möglich sein, meine Segelflosser zur natürlichen Nachzucht zu bringen! Alle Versuche jedoch scheiterten zunächst. Weder Änderungen in der Einrichtung noch der Wasserwerte lieferten ein positives ErDie geschlüpften Larven werden aufmerksam betreut – Foto: A. Lamboj 32 gebnis. Die Nachzucht wollte mir einfach nicht gelingen. Langsam verlor ich die Geduld und ich war nahe daran, die Fische abzugeben, als ich im Dezember ein Pärchen des Hechtcichliden Crenicichla compressiceps bekam. Diese setzte ich zu dem P.-scalare-Pärchen ins Becken, da ich meine Erwartungen auf eine erfolgreiche Nachzucht inzwischen aufgegeben hatte. Kurze Zeit später laichten die Segelflosser wieder ab, diesmal allerdings an einer anderen Stelle. Da ich den weiteren Ablauf ja kannte, achtete ich nicht weiter darauf. Als nach drei Tagen das Gelege immer noch vorhanden war, wunderte ich mich nicht schlecht und beobachtete die Segelflosser jetzt aufmerksamer. Jeder Fisch, der sich dem Gelege näherte, wurde sofort angegriffen. Auslöser für dieses Verhalten waren offensichtlich die neu hinzugekommenen C. compressiceps, die immer wieder versuchten, Eier aus dem Gelege zu fressen. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33 Die P. scalare verteidigten jedoch ihr Gelege mit solch einer Aggressivität, daß ich schon Angst um meine Zwerg-Crenicichla hatte. Ich bin kein Verhaltensforscher, aber alle Aktionen, die von den Eltern gegen potentielle Feinde zum Schutz des Geleges ausgeführt wurden, schienen vorher genau abgestimmt worden zu sein: Kam ein Laichräuber bis auf etwa 30 Zentimeter an das Gelege heran, wurden Rücken- und Afterflosse angelegt und wieder aufgestellt, ab einer Annäherung auf 25 Zentimeter wurden die Bewegungen schneller und mindestens ein Elternteil stellte sich dem vermeintlichen Feind in den Weg, wobei er den Körper leicht zur Seite neigte. Näherte sich der Laichräuber weiter bis auf 20 Zentimeter, griffen vorwiegend beide Elternteile sofort an. Auf halber Strecke schwamm ein Tier zurück zum Gelege. War die Gefahr für das Gelege abgewendet, zuckte das Tier am Gelege mit den Flossen, worauf das andere auch zurückkehrte. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33 Heute betreuen meine P. scalare ihre Gelege aufopferungsvoll. Sie sind zwar nicht in der Lage, die räuberischen C. compressiceps daran zu hindern, ihre freischwimmenden Jungen zu dezimieren, aber das macht nichts. Möchte ich nun Junge aufziehen, setze ich die Zwerg-Crenicichla kurz vor dem Freischwimmen der Jungen einfach in ein anderes Aquarium. So haben die Segelflosser ihre Ruhe und der Nachwuchs kann schon im Entwicklungsstadium von den Eltern lernen. Zum Schluß möchte ich noch bemerken: Der Handel sollte mehr auf Qualität achten und darauf, daß die Tiere aus einer natürlichen Aufzucht stammen. Sollten Ihre Segelflosser auch die Gelege fressen, lassen sie ihnen und sich Zeit. Die Fische lernen es schon noch. Die freischwimmende Brut sucht Schutz bei den Eltern – Foto: A. Lamboj 33 Geschlechtsbestimmung bei Julidochromis marlieri Friedrich Lütkemöller Wenn man als Aquarianer Zuchterfolge hat, möchte man die Nachzuchten natürlich auch weiter geben. Hierfür bieten sich in der Regel Vereinsbörsen an. Um den häufig geäußerten Wünschen der Interessenten nach einem bestimmten Geschlechterverhältnis gerecht zu werden und ein faires Angebot zu machen, sollte man das Geschlecht der Tiere auch zuverlässig bestimmen können. Bereits vor mehreren Jahren wurde das Geschlechterverhältnis meiner abgegebenen Nachzuchten von Julidochromis marlieri kritisiert, so daß ich dem Problem genauer nachgehen wollte. Von Kennern wurde mir gesagt: „Geschlechtsbestimmung beim J. marlieri, das ist ganz einfach.“ Über das „Wie“ schwiegen sich die Leute jedoch aus. Also mußte ich mich anderweitig schlau machen. Auch bei anderen Fischen wurde um die Geschlechtsbestimmung bei ähnlich aussehenden Individuen ein großes Geheimnis gemacht. Die Aquarianer, die das Geschlecht bestimmen konnten, nutzten diesen Vorteil, um auf Börsen und im Handel die überzähligen Männchen los zu werden. Es wurde teilweise den Interessenten untersagt, den Fischen unter den Bauch zu schauen, vor allem bei den recht teuren Tropheus-Arten. Und es wurde sogar manipuliert; doch das gehört in den Bereich Tierquälerei, und darauf will ich hier nicht weiter eingehen. Das Ziel ist das Erkennen des Geschlechtes bei Jungtieren in Größen, wie sie als Nachzuchten auf Börsen normalerweise angeboten werden. Selbstverständlich sollte das ohne nennenswerte Belastung oder gar Schädigung des Tieres erreicht werden. 34 In verschiedenen Aquarienzeitschriften erschienen bereits früher Artikel über die Geschlechtsbestimmung von J. marlieri. Dabei wurde über adulte Tiere in eingerichteten Aquarien berichtet. Für meine Frage nach der Geschlechtsbestimmung bei Jungtieren war das nicht anwendbar, denn wenn ein Pärchen im Aquarium ablaicht, erübrigt sie sich bereits. Wichtiger ist es meines Erachtens nach, das Geschlecht beim Erwerb der Tiere zu erkennen. Das ist nicht ganz einfach, denn normalerweise sieht man nicht in ein Tier rein und wir müssen uns daher mit den äußeren Geschlechtsmerkmalen befassen. Ab einem gewissen Alter werden diese unterscheidbar. Bei lebendgebärenden Fischen ist das bekanntlich einfach, denn bei den Männchen ist die Afterflosse zum Gonopodium umgestaltet. Im Alter von acht Wochen ist das bereits gut zu erkennen. Einige Arten haben bereits als Jungtiere eine geschlechtsspezifische Färbung, beispielsweise der sogenannte „Rote Zebra“ aus dem Malawisee, bei dem die Männchen zunächst bräunlich, später blau gefärbt sind und die Weibchen bereits als Jungtiere rot. Andere Arten haben je nach Geschlecht markante Flossenformen, die sich meist erst mit der Geschlechtsreife ausbilden. Bei vielen Arten läßt sich das Geschlecht an den Genitalöffnungen erkennen, wobei deren Größenunterschiede den entscheidenden Hinweis geben. Ist die Geschlechtsöffnung größer als die Afteröffnung haben wir ein adultes Weibchen vor uns; sind beide Öffnungen gleich groß, handelt es sich um ein Männchen oder ein junges Weibchen. Ab welchem Alter diese Unterscheidungsmerkmale eine eindeutige Geschlechtsbestimmung erlauben, ist mir nicht bekannt. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 34–36 Detailansicht der Bauchseite eines weiblichen Julidochromis marlieri In seriösen Vorträgen, Berichten, Büchern und digitalen Medien findet man häufig die Angabe, daß die Geschlechtsmerkmale für Julidochromis nicht bekannt seien. Dagegen haben versierte Tanganjikasee-Fans das Problem für sich bereits seit 30 Jahren gelöst; und ich persönlich halte auch seit 15 Jahren mit meinen Erkenntnissen nicht hinter dem Berg. Zwar habe ich nur J. marlieri untersucht, wie weit meine Erfahrungen auf die anderen Julidochromis-Arten übertragbar sind, kann ich jedoch nicht sagen. Gesucht habe ich nach dem gewissen Unterschied, wie spaltenförmige Geschlechtsöffnungen oder zipfelförmige Fortsätze. Bei J. marlieri haben jedoch beide Geschlechter einen zipfelartigen Fortsatz. Als erstes betrachtete ich bei meiner „Forschung“ den zu untersuchenden Bereich unter dem Mikroskop. (Nicht erschrecken, von den untersuchten Tieren habe ich noch mehrere Jahre lang Nachzuchten erzielt.) Als nächstes machte ich, um die Belastung der Fische gering zu halten, Mikro- und Makroaufnahmen von der Bauchseite mehrerer adulter und junger Tiere, die ich auf eine 180 Zentimeter große Leinwand projizierte. Bei dieser Vergrößerung suchte ich dann nach markanten Merkmalen an den äußeren Geschlechtsorganen. Detailansicht der Bauchseite eines männlichen Julidochromis marlieri Fotos: F. Lütkemöller Seite 36: Julidochromis marlieri Foto: W. Staeck DCG-Informationen, Sonderheft 1: 34–36 35 Dabei stellte ich fest, daß die Laichpapille beim Männchen konisch zuläuft und länger ist als beim Weibchen. Sie ist nahe der Afteröffnung hell gefärbt. Die Pigmentierung nimmt kontinuierlich zu und ist ab dem ersten Drittel bis zur Spitze gleichmäßig dunkel. Die Papille des Weibchens ist dagegen gedrungen und hat am Ende zwei kleine zipfelförmige Lamellen. Die Pigmentierung ist im Bereich der Afteröffnung ebenfalls hell, sie wird jedoch zum hinteren Ende ungleichmäßig dunkel. Mit zunehmendem Alter geschlechtsreifer Weibchen verringert sich der Hell-Dunkel-Kontrast der Papille. Dafür tritt die charakteristische Form der Papille deutlicher hervor. Ein LängenBreiten-Verhältnis von zwei zu drei ist für Weibchen charakteristisch, wogegen bei Männchen ein Verhältnis von zwei zu fünf zu beobachten ist. Diese Beschreibung reicht aus, um das Geschlecht eines adulten Tieres zu bestimmen. 36 Um auf einer Börse bei jungen Tieren eine gesicherte Aussage zu machen, fehlt jedoch noch der „i-Punkt“. Hier folgt er: Auf der Papille des Weibchens befindet sich ungefähr in der Mitte eine quer verlaufende, doppelt geschwungene, herzförmige Linie. Die an der Afteröffnung noch fehlende Pigmentierung nimmt kontinuierlich zu und erreicht an dieser Linie ihr Maximum. Dahinter beginnt wieder eine farblose Zone, die schließlich am Ende der Papille nochmals ein Maximum an Schwarzfärbung erreicht. Dadurch hebt sich die herzförmige Linie besonders gut ab. Bei „börsenfähigen” J. marlieri ist dieser Kontrast ab einer Länge von vier Zentimeter deutlich zu erkennen. Somit ist die Geschlechtsbestimmung mit großer Sicherheit möglich; mit etwas Erfahrung sogar mit bloßem Auge. Für den ungeübten Aquarianer oder bei eingeschränktem Sehvermögen ist eine Lupe mit zwei- bis achtfacher Vergrößerung, die in Fotogeschäften preiswert erhältlich ist, sehr hilfreich. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 34–36 Faszinierend: Die Kinderstube der Buntbarsche Uwe Werner An der Straßenbrücke holpert der Jeep die steile Böschung hinunter, wir fahren auf das Kiesbett des Flußes, der jetzt, in der Trockenzeit, stark geschrumpft ist. Als wir auf der Kiesbank halten und in flimmernder Tropenhitze unser Gepäck ausladen, umgibt uns eine gigantische Urwaldkulisse: Überwucherte Ufer, dichtes Unterholz, Lianen, Farne und Palmen, und über allem mächtige Urwaldriesen, in deren Wipfel die Papageien zetern. Das also ist das Urwaldabenteuer, von dem ich schon als Kind geträumt habe, das ist der Tropische Regenwald! Wir sind in einer abgelegenen Gegend Mittelamerikas, wo wir nach Zierfischen suchen wollen. In erster Linie geht es uns darum, Buntbarsche zu beobachten und zu fangen, die wir für unsere Aquarien lebend nach Hause mitnehmen wollen. Und das DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 gelingt: Im klaren Wasser des fast 27 °C warmen Flußes beobachten und fangen wir „Cichliden“, wie man sie auch nennt, und die eine eigene große Fischfamilie bilden. In den warmen Süßgewässern Afrikas und Süd- und Mittelamerikas leben viele verschiedene Arten. Interessant sind diese Fische schon allein deshalb, weil es neben „Zwergbuntbarschen“ von nur vier bis fünf Zentimeter Länge und zahlreichen „Großcichliden“, die zwischen 20 und 30 Zentimeter erreichen, auch wahre Riesen gibt, die fast einen Meter lang werden. Viele Arten sind Nahrungsspezialisten und haben spezielle Maul- und Zahnformen entwickelt, auch wenn die meisten Arten ein weites Spektrum an tierischer und/oder pflanzlicher Nahrung fressen, wenn sie sie leicht bekommen können. Wird das Futterangebot aber knapp, nutzen sie Möglichkeiten, die wenig oder anders spezialisierten Fischen verschlossen bleiben. 37 Einige raspeln fest sitzende Algen oder speziellen Aufwuchs ab, andere zermahlen Schnecken oder knacken die Panzer hartschaliger Insekten, wieder andere suchen Kleingetier aus engen Spalten oder Ritzen im Gestein. Manche sieben den Bodengrund durch, während großmäulige Arten mit Riesenmäulen Plankton aus dem freien Wasser filtern. Aber auch räuberisch lebende Arten gibt es und sogar solche, die anderen Fischen die Schuppen vom Leib fressen oder ihnen gar die noch nicht voll entwickelten Jungfische stehlen, selbst wenn sie sie im Maul mit sich herum tragen! Für Biologen und Zierfischfreunde, die Buntbarsche in Freiheit oder im Aquarium beobachten, ist aber wohl ihr Verhalten das Wichtigste. Und das ist deshalb so nuancenSeite 37: Ein Geophagus-Weibchen hat gerade seine Jungfische aus dem Maul entlassen Unten: Gähnender Crenichila – ein räuberischer Buntbarsch 38 reich, weil diese eierlegenden Fische allesamt Brutpflege betreiben. Dazu besetzen sie in der Regel zuerst einmal Reviere, verteidigen sie gegen andere Fische, verständigen sich durch Bewegungen und Farbveränderungen - von denen letztere blitzschnell (durch Nerven) oder allmählich (durch Hormone) bewirkt werden - heben Gruben aus und „putzen“ mit ihren Mäulern - wenn es nötig ist - eine Unterlage für die Eier, die sie schließlich legen. Beobachtenswert ist aber vor allem die Brutpflege selbst, die an menschliches Verhalten erinnert, so daß man sich immer wieder klar machen muß, daß die Tiere nicht überlegt, sondern instinktgemäß handeln: Sie reagieren auf Reize und lösen so neue Reize aus, so daß sich eine Folge sinnvoll erscheinender Handlungen ergibt, die für uns wie gezieltes, überlegtes Tun wirkt. Und das ist der Grund dafür, warum so viele Aquarianer Buntbarsche pflegen. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 Brutpflegeformen Langweilig werden solche Verhaltensbeobachtungen schon deshalb nicht, weil die Buntbarsche unterschiedliche Brutpflegeformen entwickelt haben. Etwas oberflächlich und ungenau spricht man von Offenbrütern (Buntbarsche, die auf einem Blatt, einer Wurzel oder einem Stein „offen“ ablaichen), Versteckbrütern (Buntbarsche, die ihre Eier in Höhlen absetzen) und Maulbrütern (Buntbarsche, die ihren Laich und/oder die Jungfischlarven im Maul erbrüten und zeitweise auch voll entwickelte Jungfische ins Maul nehmen). Doch dies sind lediglich „Grundtypen“, deren Verhalten auch wieder mehr oder weniger unterschiedlich sein kann. Und noch ist das Verhalten verschiedener Arten bis heute nicht genau bekannt! Leider ist hier nicht genügend Platz, um über alle Fortpflanzungsstrategien und ihre Nuancen ausführlich zu berichten. Aus diesem Grund kann man die Verhaltensvielfalt DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 der Buntbarsche nur andeuten. Und noch eines sollte man wissen: Den Erfolg der Fortpflanzungsstrategie und den Wert der Fürsorge, die Tiereltern für ihre Kinder aufwenden, mißt die Natur an der Anzahl Tierkinder, die überleben, erwachsen werden und sich ihrerseits vermehren. Nur so bleibt nämlich die Art auf Dauer erhalten - ansonsten stirbt sie aus. Fischbrut, die von ihren Eltern nicht bewacht wird, hat schlechte Überlebenschancen, weshalb Arten ohne Brutpflege eine sehr große Anzahl Eier laichen. Ist der Schutz dagegen überdurchschnittlich gut, nimmt die Zahl der Eier mehr oder weniger deutlich ab. Offenbrüter Noch recht viele Eier werden von den „offen“ laichenden Buntbarschen abgesetzt, weshalb das einzelne Laichkorn recht klein Ein Weibchen von „Geophagus“ brasiliensis heftet kleine transparente Eier auf ein offen daliegendes Substrat 39 sein muß. Damit der Schutz der vom Männchen befruchteten Eier für die gemeinsam pflegenden, zumeist weitgehend „gleichberechtigten“ und äußerlich meist kaum zu unterscheidenden Eltern keine unlösbare Aufgabe wird, sind die Laichkörner (zumindest anfangs) durchsichtig - fallen also auf einer Unterlage, wo sie großflächig verteilt und mit ihrer Längsseite angeheftet werden, nicht besonders auf. Bestimmte Arten tarnen ihr Gelege auch durch Sand oder kleine Steinchen, die sie über die Eier spucken, andere laichen auf abgestorbenen Blättern oder leichten Holzstückchen, damit sie das Gelege notfalls „umdrehen“ oder aus der Gefahrenzone zerren können. In wieder anderen Fällen werden die Eier nach dem Ablaichen zu Gelegetrauben zusammengespuckt, die dann ebenfalls transportiert oder gar irgendwo aufgehängt werden können. Tilapia mariae ist ein typischer Offenbrüter, der viele kleine Jungfische hervorbringt Fotos: U. Werner 40 Die meist nach zwei bis vier Tagen aus den Eiern schlüpfenden Larven sind zunächst noch immer hilflos und müssen weiter von ihren Eltern versorgt werden. Die meisten Buntbarscharten bewachen sie in einer selbst gegrabenen Grube, wo sie geschützt liegen, andere hängen sie an Schwimmpflanzen oder deren Wurzeln auf. Zu diesem Zweck verfügen die Larven vorübergehend über Haft- oder Klebedrüsen am Kopf, mit denen sie aneinander oder an irgendwelchen Substraten haften. Je nach Buntbarschart, Größe der Eier und der Wasserbeschaffenheit vergehen so weitere vier bis fünf Tage, bevor die Jungfische frei schwimmen und fressen können. Ihre Eltern kümmern sich aber auch dann noch weiter um sie. Mit Hilfe von Signalfarben, durch Flossenzucken und bestimmten Schwimmbewegungen halten sie den Schwarm zusammen und „führen“ ihre Jungen zum Futter oder wirbeln gar den Bodengrund auf, damit die Kleinen darin Nahrung finden. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 Zumindest während der ersten Tage bringen sie sie abends (meist in einer schützenden Grube) zu Bett und bewachen und verteidigen sie weiterhin gegen alle möglichen, auch größere Feinde. Ja, es kommt vor, daß sie versprengte Jungfische anderer Paare „adoptieren“ oder beim Verlust der eigenen Kinderschar anderen Alttieren einen Teil der Jungen stehlen! Bei bestimmten Arten nutzen die Kleinen den Körperschleim der Eltern vorübergehend als Nahrungsquelle, was für die Alttiere eine schmerzhafte Sache sein kann. Versteckbrüter Man könnte meinen, daß es kaum bessere Vorraussetzungen gibt, damit die Jungen überleben. Doch da die Eier klein sind, können auch die Fischkinder nicht groß sein, und so sind sie lange gefährdet. Diese Zeit verkürzt sich für Arten, die weniger, dafür aber größere Eier legen, doch hat das den Nachteil, daß größere Laichkörner deutlich DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 sichtbare, weißliche oder gelbe (seltener grau-grüne) Eidotter haben - die Eier sind also nicht mehr tarnfarbig. Es wäre deshalb ungünstig, derart „auffällige“ Eier offen abzusetzen - ihre Gefährdung wäre einfach zu groß. Also müssen diese Buntbarsche ihre Gelege verstecken. Viele laichen deshalb in Höhlen, die sie vorfinden, oft aber zumindest teilweise erweitern (ausgraben). Oft laichen die Fische an der Höhlendecke, an der sie die Eier meist mit einer Schmalseite an einem Fadenbündel „aufhängen“. Auf diese Weise brauchen sie wenig Platz und wiegen bei der geringsten Wasserbewegung, wie sie etwa durch das Flossenfächeln der Mutter zustande kommt, hin und her. So werden sie gut mit Sauerstoff versorgt. Aber auch in stark strömenden Gewässern oder in der Brandungszone großer Seen, wo bestimmte Arten in SchneckenManche Arten - hier Telematochromis burgeoni aus dem Tanganjikasee - laichen in Schneckenhäusern 41 Nanochromis parilus ist ein Höhlenbrüter aus Westafrika, der seine Eier über Kopf an Fadenbündeln aufhängt (Die Höhlendecke ist zum Fotografieren angehoben worden) häusern laichen, ist das Höhlenbrüten von Vorteil, weil Eier und Larven nicht so leicht fortgespült werden können. In diesen Fällen kleben die Eier meist direkt und sehr fest am Substrat, sind also keinesfalls beweglich aufgehängt. Jungfische von Höhlenbrütern sind in der Regel recht groß und werden auch anders bewacht. Am Gelege und bei den Larven bleibt meist nur die Mutter, während das Männchen draußen patrouilliert und Feinde vertreibt. Erst wenn die Jungen frei schwimmen und die Höhle verlassen, führen beide Elterntiere die Kleinen gemeinsam umher. Bemerkenswert ist, daß Männchen und Weib- chen, wenn sie bei der Fortpflanzung verschiedene Aufgaben übernehmen, oft auch deutlich unterschiedlich aussehen und daß die Bindung an den Partner entsprechend schwächer wird. Die Tiere sind an ihre Aufgabe gebunden und haben sich im Laufe der Zeit so verändert, wie es für die Bewältigung dieser Aufgabe am günstigsten ist. Es gibt aber auch Arten, bei denen die Fischkinder nicht mehr in erster Linie an ihre Eltern, sondern an die Bruthöhle gebunden sind, in der sie - wie von einer magnetischen Kraft gezogen - bei Gefahr verschwinden. Die Alttiere bewachen dann vornehmlich das Revier. Bei bestimmten Arten ist das Bei Neolamprologus brichardi aus dem Tanganjikasee betreuen auch ältere Jungfische die jüngeren Geschwister Fotos: U. Werner 42 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 Gebiet, das vom Männchen kontrolliert wird, deutlich größer. Es betreut nämlich einen ganzen Harem von Weibchen, von denen jedes einzelne das enge Umfeld seiner Höhle bewacht. Aber noch andere Sicherungsformen haben sich entwickelt: So gibt es Buntbarsche, die in Kolonien leben und brüten, und so vom Schutz durch Artgenossen profitieren, und sogar solche, bei denen vor allem ältere Geschwister jüngere bewachen, so daß den Bereich der Bruthöhle bald eine regelrechte Großfamilie verteidigt. Maulbrüter Kann man sich überhaupt noch eine perfektere Form der Brutpflege vorstellen? Aber sicher! Sie ist dann gegeben, wenn die Eier, Larven und Jungfische nicht stärker gefährdet sind als der erwachsene Fisch, wenn also ein Elterntier oder beide Eltern die Brut mit sich herumtragen. Auch das gibt es, und zwar bei den Maulbrütern, von denen wir zwei Typen kennen: Die einen nehmen sofort beim oder direkt nach dem Laichen die Eier ins Maul, die anderen beginnen erst dann mit der Maulbrutpflege, wenn sie die Larven aus den Eihüllen befreit haben, so daß wir von „larvophilen“ (Larven liebenden) Maulbrütern sprechen. Beginnen wir mit dem zweiten Fall: Bis zum Moment des Maulbrütens müssen die Eier anders geschützt werden, was nach Art der Offenbrüter geschieht. So sind die Laichkörner dieser Arten klein, zahlreich und durchsichtig (also getarnt), was wegen der kleinen Eidotter auch den Vorteil hat, daß sich die Larven schnell - manchmal schon innerhalb von 18 Stunden - soweit entwickeln, daß sie die Eltern ins Maul nehmen können. Dort liegen sie in der Mundhöhle, werden vom Atemwasser umspült und durch Kaubewegungen ständig umgeschichtet, mal von dem einen, mal von dem anderen Elternteil getragen, damit der jeweils andere fressen kann, bis die Jungfische selbständig DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 schwimmen und fressen können und aus dem Maul entlassen werden. Bei dieser Fortpflanzungsstrategie gelten Vorteile und Bedingungen, die auch für Offenbrüter zutreffen. Vater und Mutter sehen weitgehend gleich aus, unterscheiden sich also in Form und Farbe kaum, und kümmern sich weitgehend gleichberechtigt um ihre Brut. Manche Arten tarnen ihr Gelege mit Sand, andere transportieren es durch die Gegend, und bis auf ganz wenige Ausnahmen bilden die Alttiere ein festes Paar, das gemeinsam pflegt und einander hilft, und zwar auch noch dann, wenn die Jungen bereits frei schwimmen. Bei drohender Gefahr oder zur Nacht werden die Kleinen noch über längere Zeit hinweg ins schützende Maul aufgenommen. Der zweite Maulbrütertyp nimmt schon die Eier ins Maul, weshalb wir von „ovophilen“ (Eier liebenden) Maulbrütern sprechen. Das bedeutet natürlich, daß die Laichkörner „versteckt“ sind und deshalb groß und farbig sein können. Und je mehr die Zahl der Eier abnimmt, um so größer sind sie. Letzten Endes werden doch genau so viele (oder sogar mehr) Jungfische groß als von Arten, die viele kleinere Fischkinder haben. Die Frage, wann die Eier ins Maul genommen werden, ist je nach Art unterschiedlich zu beantworten. So gibt es beispielsweise in Westafrika Buntbarsche, die wie die Offenbrüter erst ein komplettes Gelege großer, auffälliger gelber Eier auf einer festen Unterlage absetzen, bevor sie den Laich aufnehmen. Bei diesen Maulbrütern sind Männchen und Weibchen weitgehend gleich gefärbt und kümmern sich weiterhin gemeinsam um ihre Brut. Andere Maulbrüter legen ihre Eier in kleinen Portionen auf Steinen oder in Sandmulden ab, die das Weibchen sofort ins Maul nimmt. Bei dieser portionsweisen Eiaufnahme sind die Eier manchmal nicht einmal befruchtet. Da das Weibchen aber ständig auf am Laichplatz 43 Die südamerikanischen Bujurquina-Arten sind Maulbrüter, die keine Eier, sondern erst Larven aufnehmen. Gern laichen sie auf transportablen Substraten herumlutscht und das Männchen in einigen Fällen mit Hilfe der After- oder Brustflossenspitzen, die wie Eier gefärbt sind, das Weibchen zu dem Versuch veranlaßt, auch diese Eiatrappen aufzunehmen, gelangen so die Spermien des Männchens in die Mundhöhle des Weibchens, wo die Eier befruchtet werden. Die portionsweise Eiaufnahme kommt bei paarbildenenden, kaum äußere Geschlechtsunterschiede aufweisenden südamerikanischen, aber auch bei ostafrikanischen Maulbrütern vor und ist bei bestimmten Buntbarschen des Malawi- und Tanganjikasees (die fast schon Süßwassermeere sind) inso- fern „anders“, als sich die laichenden Partner gar nicht richtig kennenlernen. Die Weibchen reagieren lediglich auf die Balzfärbung der prächtig bunten Männchen, die einen Laichplatz vorbereitet haben, und laichen mit beliebigen Männchen ab. Eine Bindung kommt nicht zustande. Weibchen mit dem Maul voller Eier brüten völlig allein, was natürlich Vor- und Nachteile hat: Damit die Weibchen nicht zu leicht gefressen werden, sind sie meist tarnfarbig oder zumindest weniger bunt als die Männchen. Andererseits können sie während der Brutpflege, die zwischen drei Wochen und mehr als zwei Monate(!) dauern kann, nichts fressen. Die ovophilen Maulbrüter - hier Geophagus - laichen schubweise und nehmen die Eier auch portionsweise auf Fotos: U. Werner 44 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 Ostafrikanische Maulbrüter - im Bild eine Art aus dem Viktoriasee - laichen schubweise auf einer Kreisbahn und setzen noch größere Eier ab als die südamerikanischen Maulbrüter Unten: Die Männchen locken die Weibchen durch ihre Färbung an und präsentieren ihnen Eiflecke (Eiatrappen) auf der Afterflosse Und schließlich können sie als alleinverantwortliche Mütter die Jungfische kaum weiter betreuen, nachdem diese das Maul verlassen haben. In den meisten Fällen müssen die - dann allerdings schon recht großen Jungfische sehen, wie sie allein zurecht kommen. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45 Auf wenigen Textseiten kann man unmöglich alle Wunder der Brutpflege schildern, die man bei der Buntbarschpflege miterleben kann. Vielleicht sind diese Zeilen aber Anregung genug, selbst einmal Cichliden zu pflegen und zu züchten. 45 Welse als Beifische für das Cichliden-Aquarium Ingo Seidel Wohl nur die wenigsten Liebhaber von Cichliden pflegen ihre Fische im reinen Artbecken. Es bietet sich ja auch an, den noch vorhandenen Raum mit geeigneten Beifischen auszufüllen, die dann allerdings das Verhalten der Tiere nicht weiter einschränken sollen. Da Welse zumeist kein besonders stark ausgeprägtes Territorialverhalten zeigen, stehen sie seit jeher als Beifische für Buntbarsche in der Beliebtheitsskala ganz vorne. Nahezu für jeden Cichliden gibt es einen geeigneten Wels als Beifisch. Für afrikanische Buntbarsche sind beispielsweise die Fiederbartwelse der Gattung Synodontis gefragte Gesellschafter. Die beliebtesten Beifische für Cichliden sind allerdings südamerikanische Welse. Und so empfehlen sich für die Vertreter der Bullenklasse wie zum Beispiel 46 Amphilophus, Vieja, Astronotus oder Cichla, verschiedene Raubwelse der Familie Pimelodidae oder größere Harnischwelse als Beckengenossen. Für kleine und mittelgroße südamerikanische Buntbarsche sind hingegen vor allem kleinere Harnischwelse und Panzerwelse als Beifische geschätzt. Besonders erstere widerstehen aufgrund ihrer starken Panzerung auch zumeist gut den Attacken aggressiverer Arten. Eine Vergesellschaftung von Panzerwelsen ist mit einer Vielzahl von Cichliden möglich. Sie selbst verhalten sich anderen Fischen gegenüber völlig friedlich, sind aber selbst nahezu schutzlos den Aggressionen von Beifischen ausgesetzt, weshalb sie nur mit friedlichen oder wenig territorialen Arten vergesellschaftet werden sollten. Unproblematisch ist eine gemeinsame Pflege von Panzerwelsen mit vielen südamerikanischen Zwergbuntbarschen. Aber auch für mittelgroße Cichliden, beispielsweise aus DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 der Geophagus- und Aequidens-Verwandtschaft, stellen die Tiere aufgrund ihrer Körpergröße gute Gesellschafter dar. Eine der hübschesten Panzerwels-Arten, die sich hervorragend für eine Vergesellschaftung mit vielen amazonischen Cichliden-Arten eignet, möchte ich im Folgenden vorstellen: Der Orangeflossenpanzerwels Corydoras sterbai Corydoras sterbai ist einer von zahlreichen attraktiv gefärbten Panzerwels-Arten, die im Flußgebiet des oberen Rio Guaporé in Brasilien endemisch vorkommen. Zumeist kann man die Art syntop mit dem sehr ähnlichen C. haraldchultzi antreffen, mit dem sie auch früher, als man die Artunterschiede noch nicht genau kannte, gemeinsam importiert wurde. Das Artenpaar Corydoras sterbai/haraldschultzi kann sich nur gemeinsam einen Lebensraum teilen, da die Tiere unterschiedliche ökologische Nischen besitzen. Laut Knaack (2000a) soll C. sterbai im DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 natürlichen Lebensraum tagaktiv sein, während C. haraldschultzi dämmerungsund nachtaktiv ist. Dieses ist auch bei der Pflege im Aquarium zu beobachten, wo C. sterbai im Gegensatz zur Partnerart auch tagsüber im hellen Licht der Aquarienbeleuchtung größere Aktivität zeigt. Die Lebensräume der Guaporé-Panzerwelse sind in vielerlei Hinsicht gefährdet. Vielerorts haben Goldwäscher die Landschaft verwüstet und Chemikalien in die Flüsse eingeleitet. Auch Brandrodung ist in diesem Teil Brasiliens leider an der Tagesordnung. Und als ob das noch nicht genug ist, plant die Regierung den Bau eines Staudammes in diesem Gebiet. Ob es C. sterbai auch in einigen Jahren noch in der Natur zu beobachten gibt, muß die Zukunft zeigen. Seite 46: Weibchen von Corydoras sterbai Unten: Männchen von Corydoras sterbai 47 Pflegebedingungen Wie die meisten Aquarienfische erweisen sich auchC. sterbai bei der Pflege im Aquarium als überaus anpassungsfähig. Erfahrungsgemäß reicht für die Pflege und Vermehrung dieser sechs bis sieben Zentimeter lang werdenden Art schon ein Aquarium von 60 Litern Inhalt. Der Boden des Aquariums sollte mit Sand oder nicht zu grobem, nicht scharfkantigem Kies bedeckt sein. Der Einrichtung kommt keine große Bedeutung zu. Wichtig sind lediglich einige Versteckmöglichkeiten, die sie von Zeit zu Zeit aufsuchen können. Die Tiere benötigen nicht unbedingt eine Bepflanzung des Aquariums. Sie ist aber durchaus von Vorteil, legen sie doch ihre Eier gerne daran ab. Als Filterung reicht ein mit einem Luftheber betriebender Schaumstoff-Filter vollkommen aus. Die Tiere benötigen weder eine Zum Verwechseln ähnlich: Der dämmerungs- und nachtaktive Corydoras haraldschultzi 48 starke Strömung noch sind sie sehr sauerstoffbedürftig. Regelmäßige Wasserwechsel sind allerdings Voraussetzung für eine erfolgreiche Pflege der Fische und diese können auch ruhig mal etwas größer ausfallen. Für die reine Pflege von C. sterbai ist nicht weiter aufbereitetes Leitungswasser in den meisten Teilen Deutschlands verwendbar. Die Tiere vertragen auch härteres Wasser problemlos und es werden pH-Werte zwischen 5,5 und 8,0 dauerhaft toleriert. Dabei sind Wassertemperaturen von 24 bis 28 °C optimal für diese Fische. Gefüttert werden können Panzerwelse mit verschiedensten Futtermitteln. Zwar müssen sich die Tiere in den meisten Gesellschaftsaquarien mit dem begnügen, was noch auf dem Boden für sie ankommt. Natürlich sind sie aber nicht nur reine Resteverwerter sondern haben bestimmte Ansprüche. Hervorragend können Panzerwelse bereits mit industriell gefertigtem Futter auch auf Dauer ernährt werden. Hierbei sind Granu- DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 late, Futtertabletten und Flockenfuttermittel geeignet. Als optimal ist natürlich eine Verfütterung von Lebend- und Frostfutter anzusehen, seien es nun Insektenlarven (rote und weiße Mückenlarven), Krebstiere (Wasserflöhe, Cyclops und Salinenkrebse) oder Würmer (Tubifex, Enchyträen und Grindal). Bei der Anschaffung dieser Fische ist zu beachten, daß sie in stärkerem Maße als die meisten anderen Corydoras-Arten unter Streßbedingungen ein körpereigenes Eiweiß absondern, das sie selbst und andere Fische vergiften kann. Nicht selten endet auch ein verhältnismäßig kurzer Transport dieser Art deshalb mit dem Tod der Tiere. Vermehrung Will man Orangeflossenpanzerwelse vermehren, so muß man ihnen schon einige Voraussetzungen dazu schaffen. Zunächst einmal empfiehlt sich ein eigenes Zuchtaquarium für die Tiere, denn andere Beifische sind potentielle Eiräuber und dementsprechend fehl am Platz. Je übersichtlicher das Aquarium eingerichtet ist, desto einfacher hat man es später mit der Eisuche. Ich selbst habe gute Erfahrungen damit gemacht, neben einer dünnen Sandschicht, einem Filter und ein paar übereinander gelegten Steinen und Holzstücken als Versteckmöglichkeiten lediglich zwei bis drei beschwerte Pflanzenbüschel (Anubias nana) ins Aquarium einzubringen. Manche Züchter verwenden selbst angefertigte Wollmops (Vorsicht: keine Baumwolle verwenden, sondern 100 Prozent künstliche Wolle), die in die Ecken der Aquarien eingehängt werden, damit die Fische darin ihre Eier ablegen. Dieses klappt bei den Panzerwelsen, die ihre Eier pro Laichgang einzeln oder in geringen Stückzahlen ablegen, auch sehr gut. Corydoras sterbai gehört zu dieser Gruppe und legt nach meinen Beobachtungen maximal vier Eier auf einmal ab. Wieviele Fische man ins Zuchtbecken einDCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 setzt, ist eine Frage seiner Größe und der Präferenz des Züchters. Im allgemeinen hat es sich so eingebürgert, daß man die meisten Panzerwelse in der Gruppe ansetzt. Allerdings hatte ich gerade bei paarweisem Ansatz die besten Ergebnisse, so daß der Zuchterfolg vermutlich weniger von der Menge der angesetzten Fische sondern vom Glück des Aquarianers, ein gut konditioniertes und harmonisierendes Paar herausgesucht zu haben, abhängt. Ich habe zumeist mit fünf bis sechs Exemplaren angefangen, wobei besser ein Männchen-Überschuß als ein Weibchen-Überschuß gewählt werden sollte. Da ich es häufig beobachtete, daß nicht beteiligte Tiere sich schnell mal an den frisch abgelegten Eiern vergriffen, habe ich manchmal beim ersten Ablaichen das beteiligte Paar herausgefangen und in Folge paarweise zur Zucht angesetzt. Die Ergebnisse waren die besten, die ich jemals bei dieser Art erzielt hatte. Mehrere Männchen führen meiner Ansicht nach entgegen der häufig geäußerten Meinung, daß ein einzelnes Männchen größere Eizahlen nicht befruchten können, zu keiner Verbesserung des Laich- und Befruchtungsergebnisses. Auch wenn häufig mehrere Männchen hinter einem Weibchen hertreiben, so ist es nach meinen Beobachtungen doch fast immer das gleiche Männchen, das sich mit dem Weibchen zur Paarung absondert. Wichtig für einen Zuchtansatz sind optimal konditionierte Elternfische. Ein deutlicher Laichansatz sollte bei den Weibchen, die schon mindestens viereinhalb Zentimeter Länge haben sollten, zu sehen sein. Laichbereite Männchen erkennt man an der starken Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, eine höhere Rückenflosse und deutlich spitz zulaufende Bauchflossen. Die Bauchflossen der Weibchen sind abgerundet. Außerhalb der Laichzeit können sich die sekundären Geschlechtsmerkmale der Männchen deutlich zurückbilden. 49 Oben: Unruhiges Verhalten der Fische kündigt das Ablaichen an Unten: Ein Männchen von Corydoras sterbai treibt ein laichreifes Weibchen 50 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 Bei der Verpaarung wird die für Panzerwelse typische TStellung eingenommen. Das Männchen befindet sich rechts Die besten Ergebnisse bei der Zucht erzielt man nach meinen Erfahrungen mit bereits ausgewachsenen Wildfangtieren. Die in der Regel zur Trockenzeit gefangenen Fische sind in ihrem Lebensraum durch eine Phase der Nahrungsknappheit bereits optimal vorbereitet und dem entsprechend nach einer Phase der kräftigen Fütterung durch den Pfleger sehr gut konditioniert. Bei so vorbereiteten Tieren erlebte ich es einmal sogar, daß ein einzelnes Pärchen 280 Eier zustande brachte, die nahezu alle befruchtet waren. Pflegt man die Tiere bereits länger, so ist unbedingt eine Vorbereitung auf die Laichzeit erforderlich, will man mehr als nur 20 bis 30 Eier pro Weibchen „ernten“. Zur vollen Ausbildung der Geschlechtsprodukte benötigen die Tiere offensichtlich unbedingt eine Phase der spärlichen Fütterung und am besten auch eine etwas kühleren Pflege (2 bis 3 °C). Der wesentlich geringeren Wasserbelastung durch Stoffwechselprodukte entsprechend brauchen wir in dieser Zeit auch längst nicht so häufig Wasser zu wechseln. Es ist eben „Trockenzeit“. Die Jahreszeit ist dabei nicht entscheidend, denn die Fische reagieren natürlich auf die ihnen gebotenen Umweltbedingungen und nicht auf die vielleicht gerade vorherrschenden Das Weibchen von Corydoras sterbai sucht nach einem geeignetem Laichsubstrat. In der Bauchflossentasche befinden sich vier Eier DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 51 Bedingungen in der fernen Heimat. Eine zwei- bis dreimonatige „Trockenzeitphase“ sollte einem Zuchtversuch schon vorangehen, soll dieser besonders erfolgreich sein. Danach werden die Tiere durch Anheben der Temperatur und kräftige und vielseitige Fütterung auf ein Ablaichen vorbereitet. Das Wasser im Zuchtbecken sollte weich bis mittelhart und möglichst nicht zu stark alkalisch sein. An meinem alten Wohnort hatte ich jedenfalls in Leitungswasser mit einem Leitwert von 490 µS/cm und einem pH-Wert von 7,0 keinerlei Probleme mit der Vermehrung und Aufzucht dieser Art. Durch kräftige Wasserwechsel mit etwas kühlerem Wasser, die die Temperatur kurzzeitig absenken und den Sauerstoffgehalt des Wassers erhöhen, lassen sich die Tiere bei vorhandener Laichbereitschaft in der Regel gut zum Ablaichen stimulieren. Auch Luftdruckverhältnisse spielen immer eine gewisse Rolle, wann die Tiere ablaichen. 52 Man erkennt das bevorstehende Ablaichen an einer völligen Verhaltensänderung der Tiere. Die ansonsten sehr ruhigen Tiere werden plötzlich sehr aktiv und sind häufig im Freiwasser anzutreffen. Dann treiben ein oder mehrere Männchen hinter dem auserwählten Weibchen hinterher. Eines der Männchen sondert sich schließlich mit dem Weibchen ab, stellt sich frontal vor das Weibchen und wedelt mit den Brustflossen. Danach klemmt es die Barteln des Weibchens mit dem Brustflossenhartstrahl ein (die sogenannte T-Stellung). Das Weibchen entläßt einige Eier in eine von den Bauchflossen gebildete Tasche; das Männchen biegt darauf seinen Hinterkörper herum und gibt die Spermien ab. Die Tiere können einige Sekunden in dieser Stellung verharren. Jungfisch von Corydoras sterbai im Alter von einigen Wochen DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 Daraufhin löst sich das Weibchen vom Männchen und geht mit den nun befruchteten, sehr klebrigen Eiern auf Suchen nach einem geeigneten Substrat fürs Anheften. Sie haben einen Durchmesser von etwa 1,7 bis 1,8 Millimeter, sind zunächst leicht milchig durchsichtig und werden nun vom Weibchen an der Unterseite von Pflanzenblättern, an Einrichtungsgegenständen oder einfach an die Aquarienscheibe geklebt. Danach beachtet das Weibchen die Eier nicht weiter. Die je nach Größe und Kondition des Weibchens etwa 20 bis 250 Eier werden nun am besten aus dem Aquarium entfernt. Nach zwei bis drei Stunden sind sie ausgehärtet und können nun gefahrlos unter Zuhilfenahme einer Rasierklinge, der Fingernägel, Finger oder sonstiger Hilfsmittel abgelöst und in ein anderes Gefäß mit abgestandenem Frischwasser überführt werden. Eine leichte Belüftung des Wassers sowie ein Zusatz eines Mittels zur Verringerung der Keimzahl (Acriflavin, Methylenblau oder einfach ein Erlen-Zapfen) sind angebracht. Bis zum Schlupf der Larven, der je nach Temperatur nach drei bis fünf Tagen erfolgt, sollte noch das eine oder andere Mal das Wasser gewechselt und abgestorbene (weiß gewordene) Eier entfernt werden. Die frisch geschlüpften und noch fast durchsichtigen Larven tragen einen großen Dottersack, von dem sie weitere zwei bis drei Tage zehren. Danach können sie mit frisch geschlüpften Salinenkrebsnauplien und kleineren Grindal angefüttert werden. Die Aufzucht kann in einem Einhängegefäß oder einem gesonderten kleinen Aquarium erfolgen. Wichtig ist peinlichste Sauberkeit, da es ansonsten schnell zu einem Massensterben kommt. Besonders die schnell aufkommende Schleimschicht auf dem Boden der Aufzuchtgefäße sollte täglich entfernt werden. Einige hinzugesetzte Schnecken (Turmdeckel- oder Posthornschnecken, DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53 Eier von Corydoras sterbai Fotos: I. Seidel keine Apfelschnecken!) oder junge Saugwelse (Ancistrus) können den Pfleger bei der Sauberhaltung der Aufzuchtbehälter unterstützen. Anfänglich wachsen die Tiere recht schnell, ab einer gewissen Größe (etwa 15 Millimeter) dann jedoch deutlich langsamer. Leider ist das Wachstum der Jungfische recht unregelmäßig. Sortiert man sie von Zeit zu Zeit nach der Größe und überführt sie in separate Behälter, so holen die zurückgebliebenen Tiere häufig wieder das Wachstum auf. Unterläßt man dieses, verenden sie zumeist irgendwann. Der Orangesaumpanzerwels ist ein ausgesprochen hübscher Panzerwels, der sicherlich eine Bereicherung für jedes Gesellschaftsaquarium darstellt. Die Krönung bei der Pflege dieser Tiere ist allerdings ihre Vermehrung im eigenen Aquarium. Denn was ist schon beruhigender als ein Schwarm aufwachsender, selbstgezüchteter Jungfische? Versuchen Sie es doch einfach auch einmal. Literatur Knaack, J. (2000a): Panzerwelse aus dem oberen Rio Guaporé. Aquaristik aktuell 8 (7–8): 28–34. – (2000b): Ein weiterer neuer Harnischwels aus dem Rio Guaporé: Lasiancistrus guapore n. sp. Aquaristik aktuell 8 (9–10): 56–61. 53 Zum Thema Qualzucht Harro Hieronimus Die Untersuchung von Fischen hat bis heute noch nicht endgültig die Frage beantworten können, ob Fische bestimmter Zuchtformen leiden. Dies kann nur vermutet werden. Da aber auch Zuchtformen im Handel sind, bei denen die Fische scheinbar nicht leiden, die aber aufgrund von Körperdeformationen oder äußeren Eingriffen manipuliert wurden, werden die Zuchtformen, die Wesensmerkmale oder Veränderungen zeigen, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Fische deswegen - zeitweise oder dauernd unter großem Streß stehen, als unerwünschte Zuchtformen bezeichnet. Der BNA (Bundesverband für fachgerechten Naturund Artenschutz e.V.) wendet sich gegen den Import und die Pflege unerwünschter Zuchtformen. Einige wenige Zuchtformen werden auch als Qualzucht bezeichnet. 54 Die dem BNA angeschlossenen aquaristischen Vereinigungen erklären den freiwilligen Verzicht auf die unerwünschten Zuchtformen und Qualzuchten. Grundsätzlich gilt, daß vor allem bei der Zucht darauf geachtet werden muß, daß nur gesunde Fische zur Zucht eingesetzt und nur solche auch gehandelt werden sollten. Die Aquarianer wollen generell vitale, gesunde und nachzuchtfähige Fische pflegen. Flossenverlängerungen Flossenverlängerungen an sich, auch wenn sie bei einigen Lebendgebärenden das Gonopodium betreffen, sind keine Schwimmbehinderung eines gesunden und unter guten Bedingungen erzüchteten Fisches. Die verantwortlichen Gene - wie etwa das Lyra-Gen - führen zwar zu einer Flossenvergrößerung, diese ist aber begrenzt. Beim Lyra-Gen sind die äußeren Flossenstrahlen der unpaarigen Flossen betroffen und wachsen deutlich DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 größer heran als bei den Ausgangsformen ohne Flossenverlängerung. Schon bei halbwüchsigen Fischen ist aber die endgültige Flossenform erreicht, die Proportionen bleiben erhalten. Beispiele dafür sind der Lyra-Molly (Poecilia sp.), die Lyraflosser der Xiphophorus-Arten, die Simpsonflosser (nur hohe Rückenflosse bei XiphophorusArten), der so genannte Gießener Guppy (Poecilia reticulata) sowie die schleierflossigen Kardinälchen (Tanichthys albonubes). Im Rahmen einer freiwilligen Einschränkung im europäischen Standard der Guppyzüchter (Internationaler Hochzucht-Standard IHS) haben die Guppyzüchter eine Längenbegrenzung der Schwanzflosse der großflossigen Rassen verankert. Scheinbare Schwimmprobleme der großflossigen Rassen beruhen in der Regel auf falscher Pflege. Ausdrücklich wird das Beschneiden von Flossen zum Erreichen einer besseren Schwimmfähigkeit abgelehnt. Im entsprech- DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 enden Standard sind für solche Fische auf Ausstellungen Sanktionen vorgesehen, die eine solche Handelsweise für Ausstellungsund damit auch Zuchtzwecke uninteressant machen. Als unerwünschte Zuchtformen dagegen gelten Flossenformen, bei denen ein Gen für ein lebenslanges, ungebremstes Flossenwachstum verantwortlich ist. Zu diesen Zuchtformen zählen der Berliner Guppy, die schleierflossigen Xiphophorus-Arten sowie einige Salmler (Gymnocorymbus ternetzi, Schleier-Trauermantelsalmler), aber auch Buntbarsche wie Mikrogeophagus ramirezi in ihren jeweiligen Schleierformen. Auch die Hypertrophie des Segelflosssers (Pterophyllum scalare) zählt hierzu. Seite 54: Eine Zuchtform des Goldfisches mit ballonförmig vergrößertem Leib und einer in Zweizahl vorhandenen, schleierförmig ausgebildeten Schwanzflosse Unten: Bei schleierflossigen P. scalare unterliegen die Flossen einem permanentem Wachstum 55 Charakteristikum dieser Fische ist, daß sie als halbwüchsige Arten in den Handel kommen, bei denen die Flossenverlängerungen bereits sichtbar sind, aber noch nicht zu einer Einschränkung der Schwimmfähigkeit geführt haben. In ausgewachsenem Zustand sind jedoch Einschränkungen erkennbar, die Fische können sich nur noch unter schlängelnden, unnatürlichen Bewegungen fortbewegen. Für diese Fische sollte ein Handelsverbot ausgesprochen werden. Grundsätzlich ist es von untergeordneter Bedeutung, ob die Flossen verändert sind oder - wie bei manchen Goldfisch-Zuchtformen - vollständig fehlen, solange dadurch das Schwimmverhalten und die Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme auch in Gesellschaftsaquarien nicht deutlich beeinträchtigt werden. Wucherungen Sofern Wucherungen auf dem Kopf oder den Kiemen die Seh- oder Atemfähigkeit des Fisches einschränken, werden Zucht und Handel dieser Fische abgelehnt. Beim Löwenkopf-Goldfisch (Carassius auratus) ist bei der Zucht auf eine mäßig große Kappe zu achten, Fische mit zu großen Kappen - auch wenn das Auge noch vollkommen frei ist - sind von der Zucht auszuschließen. Leider kommen immer wieder Goldfische in den Handel, die zu starke Wucherungen haben, bei denen dann die Augen vollkommen überdeckt sind. Auch diese Zuchtform soll als Qualzucht mit einem Handels- und Importverbot belegt werden. Es ist nicht akzeptabel – aus welchen Gründen auch immer –, wenn Fische um des Aussehens willen erblinden müssen. Beim Blasenaugen-Goldfisch ist unter dem Auge eine große Wucherung vorhanden. Dadurch ist die Sehfähigkeit eingeschränkt. Durch das Seitenliniensystem ist zwar ein normales Schwimmen möglich, da aber die 56 Blasen besonders empfindlich sind und nicht festgestellt werden kann, ob diese Zuchtform nicht doch eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität des Fisches bedeutet, handelt es sich um eine unerwünschte Zuchtform, die Handelsbeschränkungen unterliegen sollte. Eine besondere Form der Wucherung stellt der Farbkrebs dar, der bei bestimmten Zuchtformen von Xiphophorus-Arten auftreten kann. Die Anlage zum Farbkrebs liegt bei den handelsrelevanten Formen dann vor, wenn größere schwarze Flecken mit daraufliegendem Guanin vorhanden sind (Berliner Schwertträger). Die Zuchtverbände haben in ihren Standard deutliche Hinweise aufgenommen, daß die Nachzucht nur mit wenig gescheckten Fischen erfolgen darf. Farbkrebs ist dort unerwünscht, da die Fische weder ausstellungs- noch zuchtfähig sind und es sich um eine starke Wertminderung handelt. Zwar sind aus der Melanomforschung weitere, Farbkrebs auslösende Gene bekannt, die auch farblose und andersfarbige Fische befallen, sie sind jedoch in der Hobbyzucht und im Handel nicht relevant und wegen ihrer wertmindernden Wirkung auch nicht zu erwarten. Fische mit Farbkrebs gelten generell als unerwünschte Zuchtformen. Albinismus Albinismus beruht auf dem natürlichen Fortfall der pigmentbildenden Gene. In Sonderfällen (bei Xiphophorus und Poecilia) sind auch Albinos mit einer roten oder schwarzen Deckfarbe möglich. In den heute im Handel und bei den Züchtern befindlichen Stämmen sind keine Einschränkungen gegenüber den Wildformen sichtbar. Deswegen reicht das Auftreten von Albinismus nicht aus, eine Zuchtform pauschal als unerwünscht zu bezeichnen. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 Melanismus In seltenen Fällen, so beim Segelflosser, P. scalare, ist bei einer Schwarzfärbung eine deutliche verringerte Vitalität und Fertilität zu beobachten. Der genaue Vererbungsgang ist bei Norton (1991) nachzulesen. Diese Zuchtform zählt zu den unerwünschten Formen. Veränderungen des Skeletts Obwohl die bislang bekannten, handelsrelevanten Zuchtformen mit Skelettdeformationen nicht erkennen lassen, daß diese Fische leiden, sind diese Zuchtformen jedoch vorbeugend abzulehnen, da wahrscheinlich nur bei sorgfältiger Zusammenstellung von Zuchtpaaren und optimalen Pflegebedingungen größere Schädigungen bei einem Teil der Nachzucht ausbleiben. Zu diesen Zuchtformen gehören der sogenannte Ballonmolly (Poecilia sp.) sowie der Papageienbuntbarsch (Amphilophus labiatus). DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 Besonders bei letzterer Art kommt es zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, so daß der dringende Verdacht besteht, daß es sich hier tatsächlich um eine Qualzucht handelt. Da diese Fische dadurch erheblich in ihren Lebensäußerungen eingeschränkt werden und sich nicht normal fortpflanzen können, liegt hier aus Sicht des BNA und der DCG eine Qualzucht vor. Ein Handels- und Importverbot wird derzeit beantragt. Bei älteren Aquarienfischen tritt manchmal eine Krümmung der Wirbelsäule auf. Hier handelt es sich um eine Alterserscheinung, teilweise auch um eine Krankheitserscheinung (Fischtuberkulose), die auch in der Natur auftritt. Betroffene Fische sind aus der Zucht zu entfernen. In seltenen Fällen ist eine Wirbelsäulenverkrümmung auch eine spontan auftretende genetische Schädigung in Nachzuchten (Lordose). „Rotkäppchen“, eine Zuchtform des Goldfisches mit Wucherungen auf Kopf und Rücken 57, Sonderheft 1: 51–59 Zuchtversuche mit diesen Stämmen sind einzustellen. Gelegentlich kommt es bei Aquariennachzuchten zu einer Deformation des Schädeldachs (Mopsköpfigkeit), die für die betroffenen Fische keine Einschränkungen mit sich bringt. Da sich dieser Effekt aber in den Nachzuchtgenerationen verstärken und damit zu Einschränkungen führen könnte, ist eine Zucht mit diesen Fischen nicht wünschenswert. Weitere Mutationen Mutationen treten in der Regel spontan auf. In Aquariennachzuchten fallen diese Mutationen eher auf als in der Natur, wo sie fast immer auf natürliche Weise selektiert werden. Sofern diese Mutationen eine Beeinträchtigung der Vitalität bedingen, werden sie als unerwünschte Zuchtformen abgelehnt. Im einzelnen können dies sein: Zusätzliche oder funktionsunfähige Flossen, 58 die ein normales Schwimmen verhindern; – fehlende Flossen; – Veränderung oder Schädigung innerer Organe, auch der Schwimmblase; – verkürzte oder fehlende Kiemendeckel; – Siamesische Zwillinge; – beeinträchtigte oder fehlende Sinnesorgane, soweit es sich nicht um natürliche Erscheinungen handelt (fehlende Augen beim Höhlensalmler, Astyanax fasciatus forma mexicana); – gestörtes Verhalten (besondere Aggressivität, gestörtes Schwimmverhalten). So weit sich Mutationen nur auf die Farbe beziehen, sind sie nicht abzulehnen. Wie im Albinismus, dies ist eine Sonderform, fallen hier bestimmte Farbpigmente aus, wodurch andere verstärkt werden. Bekannteste Farbmutation ist wahrscheinlich der Black Molly. Der „Papageienbuntbarsch“ sollte als verbotene Qualzüchtung eingestuft werden Foto: W. Staeck DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 Seit neuestem ein Verkaufsschlager: künstlich eingefärbte „Papageienbuntbarsche“ gibt es in nahezu allen Farbtönen Foto: W. Staeck Im Handel häufig zu finden sind die vielen verschiedenen Farbformen von Segelflosser und Diskus, wobei die Geschmäcker verschieden sind und viele Liebhaber die Naturformen bevorzugen. Bei den Cichliden ist in Asien derzeit der Trend zu finden, daß etliche CichlasomaArten Mittelamerikas – teilweise auch größere Exemplare – in großen Mengen gezüchtet werden, dabei fielen auch Mutationen an. Die rötlichen Mutationen wurden selektiert und in größeren Mengen gezüchtet. Wegen des großen Bedarfs in den Zuchtländern, der mangelnden Nachfrage nach mittelamerikanischen Großcichliden bei uns sowie den teilweise sehr hohen Preisen ist ein Auftreten bei uns für die nächste Zeit kaum zu erwarten. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 Äußere Manipulationen Fischarten, die äußerlich manipuliert werden, werden grundsätzlich als unerwünscht abgelehnt. Dies betrifft besonders die tätowierten Fische (Corydoras aeneus, Barbus schwanefeldii, Ambassis sp., Kryptopterus minor). Für diese Fische wird ein strenges Handelsverbot befürwortet. Das gilt auch für die mit vermutlich Lebensmittelfarben in letzter Zeit in den Handel gekommenen gefärbten Papageienbarsche. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Farbe den Fischen schadet. Diese Manipulation ist vollkommen überflüssig, immerhin handelt es sich um Lebewesen. Transgene Fische Seit neustem sind – zumindest in Asien und den USA – Exemplare von Oryzias latipes (Reiskärpfling, Medaka) im Handel, die durch Genmanipulation im Ei und Insertion von Genen fluoreszierender Quallen diese 59 Gene einbauen und deswegen im Dunkeln fluoreszieren (leuchten). Sie werden auch als „Glow in the Dark“ bezeichnet. Sie sollen steril und damit biosicher sein. Ich halte jedoch eine solche Manipulation für überflüssig. Es ist auch zu vermuten, daß diese Fische nicht artgerecht gehalten werden, da das Fluoreszieren im normal beleuchteten Aquarium so gut wie nicht zu erkennen sind, die Fische sind nur etwas grünlich. Erst im dunklen Aquarium kommt das Leuchten zur Geltung. Um die Fische erst überhaupt nicht diesem Streß auszusetzen, ist dies aus meiner Sicht auch eine unerwünschte Zuchtform. Kreuzungen In letzter Zeit kommen immer mehr Kreuzungen auf den Markt. Vor allem betroffen sind Regenbogenfische und Cichliden, aber auch Welse (Panzer-, Harnisch- und Fiederbartwelse) und Prachtschmerlen kommen 60 Amphilohpus trimaculatus × A. citrinellus verstärkt aus Rußland und angrenzenden Ländern, wo sie mit Hormonen erzüchtet werden. Für den normalen Aquarianer besteht allerdings die Problematik, diese Kreuzungen zu erkennen. Bei bestimmten Cichlidengattungen wie Aulonocara oder bei Regenbogenfischen ist dies für den Laien kaum möglich. Zusätzlich sind einige dieser Kreuzungen steril, ein Nachteil für Aquarianer, die züchten wollen. Bei den Kreuzungen handelt es sich um einen Graubereich, was etwas erläutert werden soll. Viele Kreuzungen von Aquarienfischen gibt es seit nahezu 100 Jahren, so die von Schwertträger und Platy. Nicht zu verwechseln sind damit die durch Selektion und Mutation aufgetretenen Flossen- und Farbformen. Aber rote Schwertträger und Platys gäbe es ohne die Kreuzung dieser beiden Arten nicht. DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 Die Kreuzung A. trimaculatus × A. citrinellus wird im Zoofachhandel als „Flower Horn“ angeboten. Es existieren bereits mehrere „Zuchtlinien“, die ... Hier ist allerdings schon ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu vielen neueren Kreuzungsprodukten zu finden. Kein Zoofachhändler käme auf die Idee, rote Platys oder Schwertträger ausschließlich mit wissenschaftlichem Namen und eventuell noch mit Fundort anzugeben. Bei Regenbogenfischen, aber auch zahlreichen Buntbarschen ist dies aber nicht der Fall. Hier werden die Fische von den Züchtern als vermeintlich neue Art in den Handel gebracht. Da dies in der Absicht geschieht, einen – ungerechtfertigten, da nur für neu importierte Arten üblicherweise gezahlten – höheren Preis zu erzielen, geschieht dieses Angebot aus meiner Sicht in Betrugsabsicht. Ebenso machen sich Händler nach meinen Dafürhalten strafbar, wenn sie solche Fische wider besseres Wissen anbieten, wenn sie also über den Kreuzungscharakter informiert wurden. Dabei darf nicht verkannt werden, daß manche Kreuzungen selbst von Experten nicht von Wildfängen unterschieden werden können und sich dies die „Betrüger“ zunutzen machen. Hier ist nicht der Händler der Schuldige, sondern der Züchter oder Großhändler, der diese Fische mit einer bewußt falschen Bezeichnung zwecks Gewinnmaximierung in Umlauf bringt. ... sich in der Farbausprägung stark unterscheiden. In den Handel gelangen wohl nur die Männchen mit stark ausgeprägtem Stirnbuckel Fotos: DCG-Archiv O. Lucanus DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 61 Wohl gemerkt, werden diese Kreuzungen korrekt bezeichnet in den Handel gebracht, spricht nichts dagegen. Da diese Fische oft steril sind, werden verantwortungsvolle Züchter sich kaum mit diesen Kreuzungen, sondern den reinen Arten (oder Fundortvarianten, die sich farblich manchmal deutlich unterscheiden) beschäftigen. Ein „Blauer Regenbogenfisch“ oder ein „Goldener Aulonocara“ ohne jede pseudowissenschaftliche Bezeichnung wäre ebenso wie ein Roter Schwertträger oder ein Roter Platy ein Fisch, der seinen Platz im Handel finden kann. Literatur Bernhardt, K.-H. (1999): Aqualog-Spezial Goldfische und Schleierschwänze. Rodgau. DGLZ (1997): DGLZ-Bewertungsrichtlinien (Standards). DGLZ-Sonderheft 2/97 Hieronimus, H. (1991): Guppy, Platy, Molly und andere Lebendgebärende. München. –. (1997): Ihr Hobby Guppys. Ruhmannsfelden. – (2000): Ihr Hobby Schwertträger und Platys. Ruhmannsfelden. Kempkes, M. (1996): Guppys. Stuttgart. Meyer, M., W. Förster, & L. Wischnath (1985): Lebendgebärende Zierfische - Arten der Welt. Melle. Norton, J. (1991): Genetics. In: Aquariology. USA. Schröder, J.-H. (1976): Vererbungslehre für Aquarianer. Stuttgart. „Goldene Kaiserbuntbarsche“. Ohne pseudowissenschaftliche Namensgebung hat diese Aulonocara-Zuchtform auch einen Platz im Aquarium einiger Liebhaber Foto: M. Härtl 62 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62 Luftbetriebene Innenfilter – Eine Alternative zu „herkömmlichen“ Filtertechniken Heinrich Wilmer Wer hat nicht schon einmal sein Wohnzimmer „unter Wasser“ gesetzt, weil am Aquarium eine Schlauchverbindung des Filtertopfes abriß? Wer ist es einfach Leid, alle paar Wochen den Filtertopf zu öffnen und die kostbaren Bakterien beim Ausdrücken des Schwammes in den Ausguß zu entsorgen? Der luftbetriebene Innenfilter, eine der ältesten Filtertechniken in der Aquaristik, ist eine gute Alternative. Das Prinzip des luftbetriebenen Filters ist auf die Beobachtung zurückzuführen, daß der Schwarm an Luftblasen, der einen Ausströmer oder auch nur ein offenes Rohr verläßt, eine große Menge an Wasser mit nach oben fördert. Warum Strömungserzeugung / Sauerstoffanreicherung? Eine Vielzahl unserer Aquarienfische stammt aus strömungs- und sauerstoffreichen Gewässern. Diese Fische stehen gern im Filterstrom, warten auf Freßbares und kräftigen durch ständiges Schwimmen ihren Organismus. Pflanzen dient der Wasserstrom zum Heranführen von Nährstoffen. Schließlich sorgt die Strömung dafür, daß die Wärme des Heizers im Becken verteilt wird, dadurch werden Kalt- und Warmschichten vermieden. Ein „blubbernder“ Luftheber erzeugt keine Strömung und reichert das Wasser nur wenig mit Sauerstoff an. Wie funktioniert nun der luftbetriebene Innenfilter? Das Wichtigste beim luftbetriebenen InnenDCG-Informationen, Sonderheft 1: 63–64 filter ist zweifellos ein gut funktionierender Wasserheber, der einen kräftigen und gleichmäßigen Wasseraustrieb gewährleistet. Er ist ein Indiz für eine entsprechend hohe Umwälzleistung des Filters. Der Waserheber wird in der Mitte der Filtermasse platziert. Ideal ist Polyurethan-Filterschaum (PUR), der offenzellig ist, eine hohe Alterungsbeständigkeit aufweist, keine Weichmacher enthält, außerdem FCKW-frei und beständig gegenüber Ozon und Sauerstoff ist. Gut geeignet sind PUR-Filterschäume mit einer inneren Oberfläche von etwa 20 bis 25 cm². Je poriger das Filtermaterial ist, desto mehr Mikroorganismen können sich in ihm ansiedeln und damit die Filterleistung erhöhen. Während bei herkömmlichen (Topf-) Filtern regelmäßig mit der Reinigung ein Großteil der kostbaren Mikroorganismen (Bakterien, Amöben, Wimperntierchen) in den Ausguß entsorgt wird, können sich diese Kleinstlebewesen beim luftbetriebenen Innenfilter monate oder sogar jahrelang von den im Wasser gelösten Stoffen ernähren und so die gefährlichen Nitrit- und Nitratwerte abbauen. Während seiner extrem langen Standzeit von mindestens zwei Jahren werden die groben Verschmutzungen auf der Schwammoberfläche lediglich hin und wieder während des Teilwasserwechsels abgesaugt. Allerdings braucht die Filtermasse eines neu angeschafften luftbetriebenen Innenfilters mindestens sechs bis acht Wochen, bis sie „eingefahren“ ist. Aufgrund des Konstruktionsprinzips erfolgt die Belüftung des Aquarienwassers allerdings erst nachdem das Wasser das Filtermaterial bereits durchlaufen hat. Die Sauerstoffversorgung des Filtermaterials hängt 63 alleine vom Sauerstoffgehalt des Aquarienwassers ab, da es nicht aktiv belüftet wird. Es muß daher darauf geachtet werden, daß der Wasseraustrieb nicht unter Wasser erfolgt. Wo werden luftbetriebene Innenfilter eingesetzt? In meiner Zuchtanlage mit etwa 50 Becken sind ausschließlich luftbetriebene Innenfilter im Einsatz. Mit großem Erfolg wird er allerdings zunehmend auch in Großbecken eingesetzt. So ist in der Ausstellungsanlage des „Skalare e.V. in Bad Neuenahr-Ahrweiler“ in einem 700-Liter-Schaubecken ausschließlich ein luftbetriebener Innenfilter im Einsatz. Welche Filtergröße ist erforderlich? Die Größe des Beckens und die Dichte des Fischbesatzes sind ausschlaggebend für die Größe des Filterschaums. So gelten- vorausgesetzt das Becken ist nicht überbesetzt folgende Faustregeln: Aquariengröße Größe des Filterschwamms bis 60 × 30 × 30 bis 80 × 35 × 40 bis 100 × 40 × 50 bis 150 × 40 × 50 10 × 10 × 20 10 × 10 × 30 20 × 10 × 30 25 × 10 × 40 oder 40 × 10 × 30 alle Angaben in Zentimeter Bei größeren Aquarien ist der notwendige Filterschaum entsprechend größer zu wählen und gegebenenfalls werden statt einem Luftheber dann zwei Luftheber zum Einsatz gebracht. Offenzelliger Filterschaum (PUR), ein gut funktionierender Wasserheber und natürlich eine ausreichend dimensionierte Luftpumpe sind Voraussetzungen für einen luftbetriebenen Innenfilter Foto: H. Wilmer 64 DCG-Informationen, Sonderheft 1: 63–64 AQUARISTIKSTUDIO – ROSENBACH Æ 45.000 Liter Erlebnis pur Å Zucht, Groß- und Einzelhandel Alles für die Aquaristik DISKUS • L-Welse • Ostafrikaner uvm. 50169 Kerpen-Brüggen, Taunusstraße 17 a (Flachbau) Tel. 02237 / 67 03 10 Fax 02237 / 67 03 12 www.aquaristikstudio.de Mo. - Fr. 17 - 19.30 Uhr [email protected] Samstag 10 - 14.00 Uhr BAB A1 Abf. 106 Knapsack od. A61 Abf. 22 Gymnich, Richtung Kierdorf/Brüggen, in Brüggen von der Hauptstraße aus 2x 1. Straße rechts. DER SPEZIALIST FÜR SÜD-UND MITTELAMERIKACICHLIDEN! U.A. BERATEN WIR SIE KOMPETENT BEI PFLEGE-, ZUCHTUND VERGESELLSCHAFTSPROBLEMEN! Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 9-13.00 u. 15-18.30 Uhr Mi 14-18.30, Sa 9-14.00 Uhr ➔ www.Hobbyzoo-Tillmann.de ➔ Thomas & Wilhelm Tillmann, Neudorfer Str. 205, 47057 Duisburg, Tel. 0203 / 358701 Hans Joachim Mayland Amazoniens Diskusfische Lebensräume, Pflege, Zucht 200 Seiten, 220 Farbfotos und Tabellen, Großformat, € 29,80 NEU Das Wissen aus mehr als 30 Jahren über Diskusfische und die Erfahrungen vieler Reisen ins zentrale Amazonien hat Hans J. Mayland in diesem informativen und unterhaltsamen Buch zusammengestellt. Mit vielen brillanten Fotos und informativen Tabellen. Dähne Verlag GmbH, Postfach 250, D-76256 Ettlingen Tel. 0 72 43/575-143, Fax 575-100 E-Mail: [email protected], www.AQUARISTIK-online.de