Jubiläumsheft - DCG Region Rheinland

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H 20770
Deutsche
Cichliden-Gesellschaft
e. V.
Jubiläumsheft zum 25jährigen Bestehen
der
DCG-Region Rheinland
DCG-Informationen
Sonderheft 1
Oktober 2002
Präsident: Dr. Wolfgang Staeck,
Auf dem Grat 41 A, 14195 Berlin,
Telefon und Fax 030/84107818.
eMail: [email protected]
Schatzmeister: Michael Schulte,
Heckenweg 18, 32049 Herford,
Telefon 05221/26169
eMail: [email protected]
Geschäftsführer: Winfried Poesdorf,
Parkstr. 21 a, 33719 Bielefeld,
Telefon und Fax 0521/3369958
Mitgliedsbeitrag: Euro 32,–/Jahr,
Euro 25,–/Jahr für Schüler, Studenten.
Alle Zahlungen an die DCG über folgende
Konten: Sparkasse Bielefeld,
Konto-Nr.: 39818, BLZ: 480 501 61.
Postbank Karlsruhe, Konto: 158079-751,
BLZ: 660 100 75.
Inhaltsverzeichnis:
Sonderheft 1, Oktober 2002
Staeck, Wolfgang
Vorwort
1
Kilian, Bernd
Vorwort
2
Staeck, Wolfgang
Krobia sp. „Rio Xingú“
3
Stawikowski, Rainer
Krobia sp. „Oyapock“ = Krobia sp. „Caripi“
= Krobia sp. „Amapá“ ...
7
Lülsdorf, Stefan
Erfahrungen bei der Nachzucht von
Pterophyllum scalare
30
Lütkemöller, Friedrich
Geschlechtsbestimmung bei
Julidochromis marlieri
34
Werner, Uwe
Faszinierend:
Die Kinderstube der Buntbarsche
37
46
Lemp, Rüdiger
Crenicichla sp. „Xingú I“ im Aquarium
13
Seidel, Ingo
Welse als Beifische für das
Cichliden-Aquarium
Warzel, Frank
Erfahrungen mit Teleocichla cinderella
18
Hieronimus, Harro
Zum Thema Qualzuchten
54
Hofer, Xaver
Ein „Räuber“ aus Venezuela –
Caquetaia kraussii (STEINDACHNER, 1879) 23
Wilmer, Heinrich
Luftbetriebene Innenfilter
63
Koslowski, Ingo
Maulbrutpflege bei einer Art
der Gattung Apistogramma
Titelbild
Zuchtform von Pterophyllum scalare
Foto: W. Staeck
27
Redaktion und Herstellung:
Roland F. Fischer, Fichtelgebirgsstr. 14,
95448 Bayreuth, Telefon 0921/853934,
Fax 0921/7930823,
eMail: [email protected]
Peter Schwer (DCG-Aktuell), Kanalstr. 3,
82362 Weilheim, Telefon 0881/637509,
eMail: [email protected]
Heinz H. Büscher (Tanganjikasee), Salinenstr. 13,
CH-4133 Pratteln, Telefon 0041/61/8214508.
Andreas Spreinat (Malawisee), Unterm Hagen 4,
37079 Göttingen, Telefon 0551/66077.
Ole Seehausen (Viktoriasee), IEES, Section
Animal Ecology, Postbus 9516, NL-RA Leiden,
Telefon 0031/71/5274916, Fax 5274900.
Anton Lamboj (Zwergcichliden: Südamerika
und Westafrika), Otto-Glöckel-Str. 42,
A-2486 Pottendorf, eMail: [email protected].
Lutz Krahnefeld (Süd- und Mittelamerika),
Falkenberger Chaussee 62, 13053 Berlin,
Telefon 030/9200537.
Manuskripte sind an die Redaktionsanschriften
einzusenden. Veröffentlichte Manuskripte stellen
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar.
Alle Rechte vorbehalten.
Anzeigenannahme (gewerbliche Anzeigen):
Bernd Kilian, Westpreußenstr. 42, 53119 Bonn,
Telefon 0228/669966 (ab 18 Uhr).
Druck und Weiterverarbeitung: Limberg-Druck
GmbH, Postfach 1249, 41544 Kaarst, Telefon
02131/668081.
Herausgeber: Deutsche Cichliden-Gesellschaft
e.V., Winfried Poesdorf, Parkstr. 21 a, 33719
Bielefeld.
DCG-Informationen im Eigenverlag. Der
Verkaufspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag
abgegolten.
ISSN 0724-7435
Liebe Mitglieder,
vor Ihnen liegt das erste Sonderheft der DCG-Informationen, das Sie zusätzlich zu den
jeweils monatlichen erscheinenden Ausgaben unserer Vereinszeitschrift erhalten.
Wenn Sie die Protokolle der Vorstandssitzungen aufmerksam gelesen haben, werden sie sich
erinnern, daß es nicht bei diesem Heft bleiben wird, sondern daß die zweite Nummer
bereits in der Vorbereitung ist und in den nächsten Monaten erscheinen wird. Die Sonderhefte werden in unregelmäßigen Zeitabständen und aus unterschiedlichen Anlässen veröffentlicht werden. Mit der vom Vorstand beschlossenen Herausgabe dieser Publikationsreihe kann die DCG ihren Mitgliedern eine weitere attraktive Leistung bieten.
Nach der Durchsicht alter Unterlagen und Veröffentlichungen der Deutschen CichlidenGesellschaft bin ich geneigt, in Abwandlung einer in anderem Zusammenhang gebräuchlichen Redewendung zu sagen: „Die Regionen kommen und gehen, die DCG bleibt aber
dennoch bestehen.“ Denn im Laufe der Zeit verschwanden immer wieder bekannte
Regionen, neue werden gegründet, und manche bereits vergessene Region ist nach einiger
Zeit plötzlich erfolgreich wiederbelebt worden.
Daß eine Region ihr 25jähriges Bestehen begehen kann, ist deshalb schon etwas
Besonderes und ein Grund zur Freude. Dies um so mehr, als es sich bei der Region
Rheinland um eine der vitalsten und aktivsten DCG-Regionen handelt, denn es ist kein
Geheimnis, daß manch eine der zur Zeit bestehenden anderen Regionen nur unter ganz
geringer Mitgliederbeteiligung, sozusagen auf Sparflamme, vor sich hinköchelt. Ein
Indikator für die Lebendigkeit der Region Rheinland sind beispielsweise die Ankündigungen ihrer Veranstaltungen in den grünen Seiten von DCG-Aktuell.
Da das vorliegende Sonderheft anläßlich des 25jährigen Bestehens der DCG-Region
Rheinland erscheint, wurde es auch inhaltlich und thematisch von dieser Region
zusammengestellt und gestaltet. Ein kritischer Leser mag vielleicht bemängeln, daß die
südamerikanischen Buntbarsche zu einseitig den thematischen Schwerpunkt des Heftes
bilden und daß die bei den Mitgliedern besonders beliebten ostafrikanischen Arten, insbesondere die Cichliden des Malawisees, zu kurz kommen. Das liegt einfach daran, daß von
den Autoren fest zugesagte Artikel trotz mehrfacher Mahnung zum Termin des
Redaktionsschlusses, der aus organisatorischen Gründen fest vorgegeben war, nicht eingereicht wurden. Trotz dieser Einschränkung deckt der Inhalt des besonders umfangreichen
Heftes einen weiten thematischen Rahmen ab, so daß eigentlich jedes Mitglied den einen
oder anderen besonders interessanten Beitrag entdecken müßte.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht ihnen im Namen des Präsidiums
Wolfgang Staeck
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 1
1
Vorwort
Das DCG-Sonderheft, das Sie in den Händen halten, entstand anläßlich des 25-jährigen
Bestehens der Region Rheinland innerhalb der Deutschen Cichliden-Gesellschaft e.V.
Ein Jubiläum, auf das die Mitglieder in der Region zu recht stolz sein können, denn die
DCG-Region Rheinland blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück.
An dieser Stelle seien nur die wichtigsten Daten noch einmal kurz genannt:
Den Initiatoren Walter Adler, Winfried W. Buchholz, Hans Hildebrand und Friedrich
Lütkemöller ist es zu verdanken, daß die DCG-Region Rheinland gegründet werden konnte.
Mit über 50 Teilnehmern erfolgte die Eröffnungsversammlung am 10.12.1977 im
„Gasthaus Enkel“ in Frechen bei Köln. Seit 1987 bis heute werden die monatlichen
Regionalveranstaltungen in Bonn durchgeführt.
Etabliert haben sich unser „Aquaristischen Informationstage“ mit Diavorträgen und
Tauschbörse. Diese finden jeweils im Frühjahr und Herbst statt. Unsere Regionalveranstaltungen erhalten immer einen Themenschwerpunkt, über den die Referenten umfassend
informieren.
Zwei Highlights der Region sollten nicht unerwähnt bleiben, denn auf diese Veranstaltungen können wir auch heute noch mit Stolz zurückblicken. Im Zoologischen
Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn führten wir zwei große Aquarienausstellungen durch. Im Jahr 1979 zeigten wir Biotopaquarien mit Cichliden aus Südund Mittelamerika sowie aus Ostafrika. 1987 präsentierten wir eine weit beachtete
Malawisee-Ausstellung. Die Buntbarsche hierfür erhielten wir mit Unterstützung der
Botschaft des Landes direkt aus Malawi.
Seit Jahren pflegen wir Kontakte zu DCG-Nachbarregionen und anderen Aquarienvereinen. Diese kommen regelmäßig zu unseren Regionalveranstaltungen. Gemeinsam mit
ihnen veranstalten wir zudem Tagungen, Besichtigungsfahrten und vieles mehr.
In dem vorliegenden DCG-Sonderheft, dem Jubiläumsheft zum „25 jährigen Bestehen der
DCG-Region Rheinland“, finden Sie Artikel von Regionsmitgliedern und von Autoren, die
der Region nahestehen. Es sind so viele Artikel eingegangen, daß es den Rahmen des
Möglichen für ein einzelnes Heft gesprengt hatte. Die nicht abgedruckten Artikel werden
zu einem späteren Zeitpunkt in den DCG-Informationen publiziert. Für das Engagement
der Autoren und des Redaktionsteams möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ein Dank
auch dem DCG-Vorstand für seine Unterstützung.
Vereinsarbeit kann nicht ohne stete Bereitschaft und Unterstützung der Mitglieder geleistet
werden. Damit die bisherige erfolgreiche Arbeit der Region Rheinland auch zukünftig
(mindestens bis zum Goldjubiläum) möglich wird, sind wir weiterhin auf die engagierte
Mitwirkung unserer Mitglieder angewiesen.
Für die in den vergangenen 25 Jahren geleistete Unterstützung durch unsere Mitglieder
spreche ich allen ein großes Dankeschön aus.
Euer
Bernd Kilian
2
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 2
Ein selten gepflegter Zwergcichlide:
Krobia sp. „Rio Xingú“
Wolfgang Staeck
Einige Buntbarsche kann man in fast jeder
Zoofachhandlung erwerben, andere - obwohl sie genau so interessante und empfehlenswerte Pfleglinge im Aquarium sind werden nur ganz selten einmal zum Verkauf
angeboten und dann häufig sogar übersehen,
weil sie kaum bekannt sind. Im folgenden
Beitrag wird eine derartige Rarität vorgestellt, die von DCG-Mitgliedern gepflegt
und im Aquarium vermehrt wird (Nachzuchtstatistik 2001).
Die Gattung Krobia gehört sicherlich nicht
zu den aquaristisch besonders wichtigen
Verwandtschaftskreisen, ist jedoch sowohl
biologisch als auch systematisch von besonderem Interesse, da sie einerseits sowohl
Merkmale der Gattung Aequidens als auch
andererseits der Gattungen Bujurquina und
Tahuantinsuyoa besitzt. Zu diesen MerkDCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6
malen zählen Eigenheiten der Morphologie,
Anatomie und Färbung, aber auch des Brutpflegeverhaltens. Auf den ersten Blick
scheint die von Kullander & Nijssen erst im
Jahre 1989 beschriebene Gattung ichthyologisch gut bearbeitetet und übersichtlich,
denn sie enthält zur Zeit nur die beiden
Arten Krobia guianensis und K. itanyi. In
Wirklichkeit muß dieser Verwandtschaftskreis jedoch dringend gründlich überarbeitet
werden, da zu den beiden ichthyologisch gut
untersuchten noch mehrere unbeschriebene
Arten hinzukommen. Der im Folgenden
vorgestellte Zwergbuntbarsch ist wegen
seiner geringen Größe in dieser Gattung die
Ausnahme, denn die übrigen Krobia-Arten
erreichen eine Länge von über zwölf Zentimeter. Gottwald (AquaTarium, Garbsen)
führte die Fische im Jahre 1999 erstmals
nach Deutschland ein.
Den Krobia-Arten auf den ersten Blick recht
ähnlich sind viele Vertreter der Gattung
3
Halbwüchsiges
Exemplar von Krobia
sp. „Rio Xingú“ mit gut
ausgebildetem
Seitenfleck
Seite 3:
Die Zeichnungsmuster
bei Krobia sp. „Rio
Xingú“ sind stark stimmungsabhängig
Unten:
Zeichnungsmuster
eines nicht territorialen
Fisches
Aequidens. Diese Buntbarsche lassen sich
jedoch auch im Leben von Krobia-Arten relativ problemlos durch das längere, erst am
Schwanzflossengrund endende Längsband
unterscheiden. Ein verläßliches Unterscheidungsmerkmal bilden ferner die weichen
Bereiche der Rücken- und Afterflosse, deren
4
Basis bei den Krobia-Arten winzige
Schuppen trägt, bei den Aequidens-Arten
jedoch unbeschuppt ist.
Erstmals erwähnt wurde dieser taxonomisch
noch unbearbeitete Buntbarsch von der Ichthyologin Low-McConnel in einem 1991
publizierten Aufsatz über die Naturgeschichte
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6
der Fische im Einzugsgebiet des Rio Xingú
und des Rio Araguaia. Sie führte den von ihr
als unbeschriebene Art erkannten Buntbarsch wegen seiner Ähnlichkeit zu Krobia
guianensis – damals noch als Aequidens
guianensis bezeichnet – in ihrem Aufsatz
unter der vorläufigen Bezeichnung Nov.
gen. spec. cf. Aequidens guianensis auf.
Fundort dieser Fiche war ein Weiher am
Córrego do Gato im Einzugsgebiet des
oberen Rio Suiá Missú, der zum Flußsystem
des Rio Xingú gehört.
Der Córrego do Gato ist ein sehr klares
Gewässer, das mehrere kleine Weiher und
Seen miteinander verbindet, die eine Tiefe
von zwei bis drei Metern haben und üppige
Bestände von Wasserpflanzen sowie eine
sehr arten- und individuenreiche Fischpopulation aufweisen. Unter anderem wurden dort zahlreiche kleine Salmler, HechtKrobia sp. „Rio Xingú“ in neutraler Stimmung
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6
cichliden aus der Gattung Crenicichla,
Piranhas sowie der Raubsalmler Hoplias
malabaricus nachgewiesen. Zwischen den
Pflanzen lebten große Mengen von Kleinkrebsen und Insektenlarven, die für die
Fischen ein reiches Nahrungsangebot bildeten (Low-McConnel 1991).
Krobia sp. „Rio Xingú“ kann eine Totallänge von etwa zehn Zentimetern erreichen.
Die Fische besitzen einen recht rundlichen,
gedrungenen Körper. Artspezifische farbliche Merkmale, die eine Identifikation
dieser seltenen Art ermöglichen, bilden
kräftig orangefarbene Flecken in der unteren
Kopfregion und auf den Kiemendeckeln.
Auch die meisten Schuppen im vorderen
Bereich des Körpers tragen jeweils einen
kleinen orangefarbenen Fleck. Die orangefarbenen Zeichnungen bilden sich aber erst,
wenn die Jungtiere ein Alter von einem halben Jahr und eine Größe von ungefähr vier
Zentimetern erreicht haben.
5
Das Farbkleid erwachsener Fische ist unter
dem Einfluß unterschiedlicher Stimmungen
außerordentlich variabel. Zu den stimmungsabhängigen schwarzen Zeichnungen zählen
ein unter dem hinteren Rand der Rückenflosse endendes Längsband, ein oft von zwei
hellen vertikalen Streifen eingerahmter
Seitenfleck, ein kleiner Schwanzwurzelfleck auf der oberen Hälfte des Schwanzstiels, sechs bis sieben Querstreifen, von
denen vier zwischen dem Seiten- und dem
Schwanzwurzelfleck liegen, und drei
Zwischenaugenbinden auf und oberhalb der
Oberlippe. Je nach Stimmung und Erregungszustand können die Fische auf den Körper-seiten nur den Seitenfleck, nur das
Längsband oder aber eine Kombination beider Zeichnungen mit den Querstreifen
zeigen. Krobia sp. „Rio Xingú“ hat sich als
ein robuster, anpassungsfähiger Zwergbuntbarsch erwiesen, der keine besonderen Ansprüche an den Wasserchemismus stellt und
6
Adulte Männchen besitzen lang ausgezogene
Flossen – Fotos: W. Staeck
sich deshalb auch in mittelhartem, alkalischem Wasser erfolgreich fortpflanzt. Ein
artgemäß eingerichtetes Aquarium sollte
eine zumindest stellenweise dichte Bepflanzung aufweisen, und sein Boden sollte
mit feinem Sand bedeckt sein. Schließlich
dürfen auch einige mittelgroße rundliche
Steine nicht fehlen, die den Fischen als
Laichsubstrat dienen können.
Literatur
Lowe-McConnell, R. H. (1991): Natural history of fishes in Araguaia and Xingú Amazonian tributaries, Serra
do Roncador, Mato Grosso, Brazil. Ichthyol. Explor.
Freshwaters 2 (1): 63–82.
Nachzuchtstatistik
der
Deutschen
CichlidenGesellschaft (2002): DCG-Aktuell (2002/6): 124–127.
In: DCG-Informationen 33 (6).
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 3–6
Krobia sp. „Oyapock“ = Krobia sp.
„Caripi“ = Krobia sp. „Amapá“…
Rainer Stawikowski
Aufgefallen waren mir die Fische bereits vor
ungefähr 13 Jahren. Als Bernd Kilian, Peter
Ludwig und ich im August 1989 zusammen
mit drei brasilianischen Fischfängern (Mitarbeitern der in Belém ansässigen Exportfirma Tropicarium Pará) eine Erkundungsund Sammelreise durch das Territorio
Federal do Amapá (von Macapá nach
Oiapoque und zurück) unternahmen, stießen
wir in fast allen Flüssen, die unsere Straße,
die BR-15, kreuzte, auf Buntbarsche der
Gattung Krobia.
Zweifellos die schönsten Exemplare fingen
wir im Rio Caripi. Dieser kleine Klarwasserfluß gehört zum Einzugsbereich des
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12
Grenzflusses zu Französisch-Guyana, der in
Brasilien Rio Oiapoque, im benachbarten
französischen Département d’outre-mer
Oyapock heißt (und nicht etwa umgekehrt!).
Er fließt, nachdem er sich mit einem weiteren
Klarwasserflüßchen, dem Rio Uaçá, vereinigt hat, bei Posto Uaçá im sumpfigen
Küstentiefland in die große Mündungsbucht
des Rio Oiapoque (Baia do Oiapoque). Das
nächste Flußsystem östlich davon ist das des
Rio Caçiporé, das ichthyofaunistisch jedoch
große Übereinstimmungen mit dem Oiapoque-Einzug zeigt.
So begeistert wir über unseren bunten Fang
auch waren; lebende Tiere brachten wir
damals nicht mit. Wir fanden nämlich nur
erwachsene Fische, die uns für den Transport zu groß erschienen. Auch die Krobien,
7
denen wir in weiteren Flüssen (Oiapoque,
Calçoene, Amapá Grande und Araguari)
begegneten, waren ausnahmslos adulte Individuen, so daß wir überhaupt keine Cichliden dieser Gattung für unsere Aquarien
mitnahmen. Wir beschränkten uns auf das
Fotografieren und Konservieren.
Das Kind muß einen Namen haben
Wenn ich mich richtig erinnere, war es
Claus Schaefer, der die Krobia aus dem
Caripi erstmals in den DCG-Informationen
vorstellte und mit einem Farbfoto abbildete
(dasselbe Bild ist auch diesem Beitrag beigefügt). In seinem Krobia-Artikel (DCGInformn. 2/1996) wurden die Fische als
Krobia sp. „Oyapock“ bezeichnet. Während
Gottwald (1998) dieselbe Bezeichnung verwendete (er hatte inzwischen Tiere dieser
Art im Oyapock-Einzug in FranzösischGuyana gefangen), führten Stawikowski &
Werner (1998) die Form lediglich als
8
„Krobia sp. aus dem Caripi-Einzug“ auf.
Warum diese Buntbarsche bei Falk (2002)
plötzlich Krobia sp. „Caripi“ und bei
Weidner (2002) zunächst Krobia sp.
„Amapá“ (Überschrift), im Text dann aber
ebenfalls K. sp. „Caripi“ heißen, kann ich
nicht erklären. Jedenfalls trifft die von
Weidner für diesen Gebrauchsnamen gelieferte Erklärung nicht zu: „Dort [bei
Stawikowski & Werner 1998] wird die Art,
die von den Autoren in Amapá, Brasilien, im
Einzugsbereich des Rio Caripi und Rio
Oyapock gefunden wurden, als Krobia sp.
„Caripi“ bezeichnet.“ Um weiteres Durcheinander gar nicht erst entstehen zu lassen,
sollten wir bei der Bezeichnung K. sp.
„Oyapock” oder K. sp. „Oiapoque“ bleiben.
Seite 7: Krobia sp. „Oyapock“, unmittelbar nach
dem Fang fotografiertes Tier aus dem Rio
Caripi
Unten: Männchen von K. sp. „Oyapock“ über
seinen frei schwimmenden Jungfischen
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12
Die Nachzucht läßt sich kaum
verhindern
Das Brutpflegeverhalten, das die Buntbarsche der Gattung Krobia so interessant
macht, wurde schon mehrmals in Büchern
und Zeitschriftenartikeln in aller Ausführlichkeit geschildert (Schaefer 1996; Gottwald 1998; Stawikowski & Werner 1998;
Falk 2002). Die Details im Fortpflanzungsgeschehen dieser Fische sollen hier nicht
noch einmal wiederholt werden, denn nach
der Lektüre der zitierten Veröffentlichungen
dürfte eigentlich jedem Buntbarsch-Interessierten bekannt sein, daß alle bisher in
Gefangenschaft vermehrte Krobien biparentale Offenbrüter sind, die vorzugsweise auf
transportablen Unterlagen ablaichen. Das
können einzelne Fall-Laub-Blätter sein (bei
Falk 2002 erfährt man übrigens, wie man
Ein fast ausgewachsenes Paar von Krobia sp.
„Oyapock“ (rechts das Männchen) hat, so wie
es sich für Krobien gehört, auf einem Buchenblatt abgelaicht – Fotos: R. Stawikowski
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12
solche Laichsubstrate basteln kann, wenn
man nicht auf selbst gesammeltes herbstliches Buchenlaub zurückgreifen möchte),
aber auch kleinere Holz- und Rindenstückchen oder möglichst flache Steinplättchen.
Fehlen solche Gegenstände, sind die Fische
aber durchaus in der Lage, auf größere,
schwerere oder sonstwie unbewegliche
Laichunterlagen auszuweichen, beispielsweise auf Steine und Wurzeln oder auf
großflächigere Blätter von Aquarienpflanzen. Wer es also versäumt, diesen Cichliden,
die sich übrigens – nicht nur wegen ihrer
„Wohnwagen-Mentalität“, sondern auch
aufgrund ihrer „Vorgarten-Toleranz“; sie
vergreifen sich nicht am dekorativen Grün –
durchaus in einem so genannten holländischen Aquarium halten lassen, tragbare (im
Wortsinn) Laichsubstrate anzubieten, sollte
sich nicht darüber wundern, daß sie sich
trotzdem vermehren. Die bei Weidner
(2002) zu lesende Verallgemeinerung –
„Laut Literatur sollten Krobia-Arten näm-
9
lich immer auf einem transportablen Substrat ablaichen.“ – ist eben falsch.
Mögliche Erklärungen für dieses Verhalten
und die Diskussion von Vorteilen, die sich
wahrscheinlich daraus ergeben, finden sich
ebenfalls in den zitierten Veröffentlichungen.
So außergewöhnlich, wie eine solche
Mobilität auf den ersten Blick erscheinen
mag, ist sie aber gar nicht, denn mittlerweile ist bekannt, daß nicht nur die Arten der
Gattung Krobia ihre Gelege transportieren,
sondern auch die larvophilen Maulbrüter
zweier weiterer cichlasominer Gattungen –
Bujurquina und Tahuantinsuyoa –, die larvophilen Maulbrüter der geophaginen Gattung
Gymnogeophagus und jene Maulbrüter der
Gattung Satanoperca, die oftmals – meiner
Ansicht nach aber falsch – als Satanoperca
leucosticta bezeichnet werden (S.-jurupariVerwandtschaft). Eigene Erfahrungen und
Beobachtungen von Leibel (1992) brachten
das gleiche Verhalten darüber hinaus bei
10
Sehr sorgfältig gehen die Fische mit ihrer
„Kinderwiege“ nicht um; manchmal liegt das
Substrat auf dem Kopf, und wenn einmal ein
Holzstückchen darauf fällt, stört das die Eltern
auch nicht sonderlich
mehreren offenbrütenden Buntbarschen der
cichlasominen Gattungen Cichlasoma (C.
amazonarum, C. bimaculatum, C. orinocense
und C. portalegrense) und Aequidens (A.
pallidus, A. sp. „Alter do Chao“) zu Tage,
wenn auch nicht in der gleichen Regelmäßigkeit und Perfektion wie bei Krobia,
Bujurquina & Co. Es scheint also durchaus
weiter verbreitet zu sein, was darauf
schließen läßt, daß es den Fischen tatsächlich Vorteile bei der Anpassung an bestimmte
Umweltbedingungen bringt. Eingehendere
Untersuchungen sind sicher lohnenswert.
Bei Krobia sp. „Xingu“, dem einzigen südlich des Amazonas vorkommenden cichlasominen Buntbarsch, der zur Zeit der
Gattung Krobia zugerechnet wird, ließ sich
Gelegetransport meines Wissens bisher
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12
Vor allem Aufgabe des
Weibchens ist es, den
Laich zu befächeln
Fotos: R. Stawikowski
nicht beobachten. Ob das wohl – neben farblichen und morphologischen Differenzen,
die es ja auch noch gibt – ein weiteres Indiz
dafür ist, daß wir es hier in Wirklichkeit mit
dem Angehörigen einer anderen, noch nicht
beschriebenen Gattung zu tun haben?
Nachsatz
Riehl (2001) untersuchte – neben anderen
Fragen zur Beschaffenheit von Cichlideneiern – die Dicke der Eihülle bei Offen- und
Höhlenbrütern sowie bei larvophilen und
ovophilen Maulbrütern. Grob vereinfacht,
gelangte er zu dem Ergebnis, daß Offenbrütereier die dicksten und Eier von ovo-
philen Maulbrütern die dünnsten Eihüllen
besitzen, was sowohl mit der mechanischen
Beanspruchung (Wasserströmung) als auch
mit der Sauerstoffversorgung (Entwicklung
im offenen Wasser gegenüber Zeitigung in
„geschlossenen“ Räumen) zusammenhängt.
Hier wäre es sicher interessant herauszufinden, ob die Eier von Cichliden, die sich
auf einem transportablen Substrat entwickeln
und infolge dessen mitunter ziemlich heftigen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind (Gelegetransport, „Umkippen“
des Substrates, Bestreuen mit Sand oder
Kies), noch stärkere Eihüllen besitzen als
solche von „normalen“ Offenbrütern.
Gut zwei Tage nach
dem Laichen dauert es
nicht mehr lange bis
zum Larvenschlupf, was
sich unschwer an der
dunklen Pigmentierung
der Eier erkennen läßt.
Die hellen Pünktchen
sind Sandkörner, die
wohl eher versehentlich auf das Gelege geraten sind, als daß sie
zu dessen „Tarnung“
dienen sollen
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12
11
Endlich! Die Larven
sind geschlüpft und
liegen zappelnd in
einer Mulde im
Bodengrund (am unteren Bildrand). Das
Weibchen hat sie in
seinem Maul hierher
getragen
Unten: Gut vier Tage
nach dem Schlupf
erheben sich die Jungfische erstmals aktiv
schwimmend aus der
Nistgrube, bleiben aber
zunächst in deren
Literatur
Falk, A. (2002): Viel zu selten: Krobia im Aquarium. D.
Aqu. u. Terr. Z. (DATZ): Aquarien-Praxis 5–7.
Gottwald, J. (1998): Krobia aus Französisch-Guyana.
DCG-Informn. 29 (1): 1–7.
Leibel, W. (1992): Goin’ South – part 3: Cichlids of the
Americas. The „Port“ Acaras. Aquarium Fish Magazine
4 (6): 40–48.
Schaefer, C. (1996): Krobia. DCG-Informn. 27 (2):
25–41.
12
Stawikowski, R., & U. Werner (1998): Die Buntbarsche
Amerikas. Band 1. Stuttgart.
Riehl, R. (2001): Zusammenhänge zwischen Brutpflegestrategie, Eihülle und Gelegegröße bei Buntbarschen (Cichlidae). In: Riehl, R., & H. Greven (Hg.):
Fortpflanzungsbiologie der Aquarienfische (2).
Bornheim.
Weidner, T. (2002): Krobia sp. „Amapá“. Ein Juwel
unter den grauen Mäusen. Das Aquarium 36 (4): 8–12.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 7–12
Crenicichla sp. „Xingú I“
im Aquarium
Rüdiger Lemp
Nachdem ich endlich ein Aquarium in der
entsprechenden Größe bekam (mit so etwas
muß ja auch die Frau des Hauses einverstanden sein), entschloß ich mich, eine etwas
größer werdende Crenicichla-Art zu pflegen. Einige Erfahrung mit dieser Gattung
hatte ich durch die Pflege kleinerer Arten
wie Crenicichla notophthalmus und Crenicichla compressiceps sammeln können.
Nach einigen Streifzügen fiel meine Wahl
auf Crenicichla sp. „Xingú I“, die mir schon
unter dem Spitznamen „Pommes“ bekannt
waren. Ich erstand vier Fische in der
Hoffnung, beide Geschlechter zu erhalten,
um dann eventuell ein harmonierendes Paar
zu bekommen. Geschlechtsunterschiede
waren absolut nicht zu erkennen, so daß ich
mir nach meinen bisherigen Erfahrungen die
Fische aussuchte, die alle etwa acht ZentiDCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17
meter lang waren. Wie der Name schon sagt,
leben die Fische im Rio Xingú in Brasilien
in strömungsreicheren felsigen Abschnitten
mit kaum meßbarer Härte und pH-Werten
im leicht sauren Bereich. Die Temperatur
liegt zwischen 28 und 34 °C. Nach persönlicher Mitteilung durch Bernd Kilian liegen
nachfolgende Meßwerte vor, die im natürlichen Lebensraum von C. sp. „Xingú I“ bei
Balneario Pedral, flußaufwärts von Altamira, ermittelt wurden: am 25. September
1988 um 14.00 Uhr bei Niedrigwasser/Trockenzeit hatten B. Kilian, U. Schliewen
und R. Stawikowski folgende Werte festgestellt: Lufttemperatur 34,5 °C, Wassertemperatur im Uferbereich 35 °C und im
Hauptfluß 32,2 °C, pH 6,5, etwa 1 °dGH
und 1 °KH, Leitwert 120µS/cm. Lacerda
übermittelte folgende Werte vom März 1996
ebenfalls Nähe Altamira bei Hochwasser:
pH 6,7 bis 6,9, ungefähr 20 µS/cm, die
Wassertemperatur war mit 80 °F etwas nied13
riger (= 26,7 °C. Anmerkung der Redaktion).
Die vier Crenicichla kamen zu zwei Harnischwelsen, einem großen Glyptoperichthys gibbiceps, der schon mehr als 13
Jahre bei mir lebt, und einem „L 114“. Ein
Paar Aequidens, das ich als Aequidens tetramerus erstand, dessen Artzugehörigkeit jedoch nicht ganz klar ist und ein verwitwetes
Heros-severus-Weibchen waren die Buntbarsche in diesem Becken. Weiterhin befand
sich darin noch ein Schwarm von 20 ausgewachsenen Kongosalmlern (Phenacogrammus interruptus). Die Salmler waren
etwa genauso groß wie die Crenicichla. Mir
war klar, daß ich die Kongosalmler nicht
mehr allzu lange in dem Becken belassen
konnte, damit sie nicht als Lebendfutter dienen. Es war jedoch kurz vor der Urlaubszeit,
und aufgrund der noch geringen Größe der
Hechtcichliden beließ ich den Schwarm in
dem Becken, („es wird schon nichts passieren“). Die Wasserwerte in diesem Aquarium
14
betrugen etwa 4 °dGH, KH nicht meßbar,
der pH-Wert bis 6,5, Nitrit 0 mg/l, der
Nitratwert 10mg/l und die Temperatur 27 bis
28 °C. Die Fütterung gestaltete sich völlig
unproblematisch, da die Hechtcichliden von
Anfang an auch Flockenfutter und Cichlidensticks fraßen. Am natürlichsten wären
natürlich lebende Fische, aber Frostfutter
wie Stinte, Krebstiere (Bachflohkrebse,
Krill, Mysis oder auch Nordseegarnelen) erfüllen ihren Zweck. Die Fische fressen auch
in fast ausgewachsenen Zustand noch sehr
gerne Weiße Mückenlarven, auch wenn die
nicht zu den dicken Bissen gehören. Ein
wenig ist auf die Atemfrequenz zu achten,
da die Tiere an strömungsreichere Gewässer
angepaßt und somit etwas sauerstoffbedürftiger sind.
Seite 13:
Adultes Paar von Crenicichla sp. „Xingú I“
Foto: B. Kilian
Unten:
Jungtiere von C. sp. „Xingú I“ – Foto: H. Morche
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17
Das Aquarium sollte 180 Zentimeter Kantenlänge nicht unterschreiten, wobei auf eine
möglichst große Grundfläche zu achten ist,
weil die Art sich überwiegend im unteren
Bereich aufhält, und zwar gerne in Unterständen oder Verstecken. Deshalb ist darauf
zu achten, daß das Becken mit Steinen,
Moorkienholz, Pflanzen und anderen Dekorationsmaterialien versteckreich, ja unübersichtlich eingerichtet wird. Sollten
Crenicichla sp. „Xingú I“ in verschiedenen
Größen im Becken sein, dürfen die Größeren
die Kleineren nicht erreichen können.
Wichtig ist auch, daß die Verstecke oder
Unterstände zwei oder mehr Ein- und Ausgänge haben, sonst werden sie nur kurzzeitig benutzt. In der Jugendfärbung besticht
dieser Hechtbuntbarsch durch sein sattes,
leuchtendes Gelb (Pommes) mit schwarzen
waagerechten Linien, die in der Kopfregion
auch als Punktreihen angeordnet sind. In der
oberen Hälfte der Schwanzwurzel, am
Schwanzflossenansatz befindet sich ein
schwarzer Fleck, den die adulten Tiere auch
haben. Mit zunehmendem Alter dunkeln die
Fische nach, so daß die Grundfarbe ein dunkles Oliv wird. Die unpaaren Flossen werden rot mit gräulichen bis schwarzen
Säumen; bei balzaktiven Weibchen sind der
Rückenflossensaum und der obere Schwanzflossensaum schneeweiß, alle paarigen
Flossen sind unscheinbarer, jedoch auch
leicht rot gefärbt. Die gesamte Körpermitte,
außer Kopf und Schwanzwurzel, ist leuchtend rot. Mit dieser Färbung sind es außergewöhnlich schöne Fische. Die Männchen
besitzen die weißen Flossensäume nicht, sie
haben über dem schwarzen Saum noch
einen dünnen rötlichen Saum, und es fehlt
auch das Rot des Körpers. Bei ihnen ist die
senkrechte Streifung schon früh zu erkennen,
während sie beim Weibchen nur manchmal
andeutungsweise zu sehen ist. Insgesamt
wirken die Weibchen auch in der Körperform etwas fülliger und kräftiger. Bei C.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17
compressiceps, C. nothophthalmus und
einer Zwerg-Crenicichla-Art, die ich unter
dem Namen Crenicichla sp. „Venezuela“
erstand und bei denen das Männchen gerade
einmal sechs Zentimeter maß, sowie auf vielen Bildern ist mir aufgefallen, daß die
Männchen ein gerades, fast schon sattelförmiges Kopfprofil haben, während es bei den
Weibchen konvex ist. Dies ist auch, da
meine Männchen noch sehr jung sind,
zumindest ansatzweise bei Crenicichla sp.
„Xingú I“ zu sehen. Weiterhin ist das Rot
der Flossen bei den Männchen nicht so stark
ausgeprägt und in der Rückenflosse ist nur
der weichstrahlige Teil rot. In Erregung zeigen die Tiere zwölf ziemlich breite, dunkle,
senkrechte Querbinden, die manchmal über
die gesamte Körperhöhe gehen, meistens
jedoch vom Rücken bis zur Körpermitte reichen. Der dunkle Fleck in der Schwanzwurzel ist von einem goldfarbenen Ring umrahmt; bei balzaktiven Weibchen ist dieser
Ring nicht zu sehen. Nachdem ich durch
eine Fehlinformation die Wassertemperatur
auf 25 bis 26 °C verringert habe, ist die
Balzfärbung verschwunden: die weißen
Flossensäume sind grau bis grauschwarz
und auch das Rot des Körpers ist nicht mehr
oder nur andeutungsweise vorhanden. Die
Geschlechter sind nunmehr kaum zu unterscheiden. Lange Zeit dachte ich, ich hätte
vier Weibchen erworben, woraufhin ich ein
junges, leider viel kleineres Männchen besorgte in der Hoffnung, doch noch ein Paar
zu erhalten. Trotz gegenteiliger Meinung
des Händlers schlug der Versuch der Vergesellschaftung fehl, ich konnte den armen
Kerl gerade noch retten.
Bei allen Buntbarschen, die ich bisher pflegte, setzte Grabe- oder Wühltätigkeit nur zu
Fortpflanzungsaktivitäten ein. Crenicichla
sp. „Xingú I“ baggern öfter an ihren Unterständen, um aus ihrem Versteck schnell herein und wieder herauszukommen. Auf diese
Grabtätigkeit ist natürlich bei der Ein15
richtung Rücksicht zu nehmen, damit Steinaufbauten nicht einstürzen können. Die
Tiere sind standorttreu und benutzen immer
dieselben Verstecke und Unterstände.
Zur Zucht kann ich bisher nicht viel sagen,
da sie mangels Paarbildung noch nicht stattgefunden hat. Bei Gelegenheit werde ich
einige Versuche anstellen, daß es doch noch
dazu kommt.
Die Hechtbuntbarsche leben jetzt in einer
recht interessanten Konstellation in meinem
Aquarium. Zwei der Weibchen schwimmen
gemeinsam durch dieses, sind oft zusammen
im gleichen Unterstand, gehen gemeinsam
auf die Jagd und zeigen keine Aggressionen
gegeneinander - wie bei einem Paar. Ich bin
mir aber sicher, daß es zwei Weibchen sind.
Das dritte Weibchen wird mal geduldet, mal
heftig verjagt, in seiner prächtigen Balzfärbung häufiger als ohne. Die Männchen
dürfen ihre Schnauzenspitze nicht zeigen,
sie werden sofort von den beiden dominan-
16
ten Weibchen attackiert, das dritte Weibchen
fängt nie zuerst mit diesen Attacken an, sondern schließt sich dann den beiden anderen
an. Jungtiere von Crenicichla sp. „Xingú I“
sind in der Gruppe zusammen und jagen
auch im Rudel. Vielleicht schließen sich
auch adulte Tiere bei Bedarf zu einer Jagdgemeinschaft zusammen.
Bei der Fütterung ist sehr darauf zu achten,
daß nicht einer alles bekommt und andere
gar nichts. Man ist schon gezwungen, die
Fische auch gezielt zu füttern, was sich bei
der Freßgier der Hechtcichliden oft leichter
anhört als es ist. Es ist weiterhin darauf zu
achten, für die Einrichtung unseres Crenicichla-Aquariums keine scharfkantigen
Gegenstände zu verwenden, da Hautverletzungen, die sowieso schon öfter mal auftreten, im allgemeinen sehr langwierig verheilen. Äußerst interessant ist es zu beobWeibchen von Crenicichla sp. „Xingú I“
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17
Das Jugendkleid von
Crenicichla sp, „Xingú I“
unterscheidet sich
deutlich von der
Erwachsenenfärbung
(unten)
Fotos:
H. Morche (oben)
B. Kilian (unten)
achten, wie die Fische nach einem Fastentag
(sollte man regelmäßig einhalten) auf
Nahrungssuche gehen. Mein Weibchenpaar
zieht dann gemeinsam durch das Aquarium,
wobei es in jede Ritze und quasi unter jeden
Stein schaut, ob sich da nicht etwas Freßbares verbirgt.
Im Internet habe ich einen Zuchtbericht aus
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 13–17
Atlanta/Georgia (USA) gelesen. Demnach
laichten die Tiere bei 32 °C, pH 6,2, geringer Härte und täglichen Teilwasserwechseln
von zehn Prozent ab. Von 200 bis 300 Eiern
konnten nur elf Jungtiere großgezogen werden, denn bis zu einer Größe von sech bis
sieben Zentimeter hatten die Fische eine
hohe Sterblichkeitsrate.
17
Erfahrungen mit
Teleocichla cinderella
Frank Warzel
Zu den interessantesten, wenn auch nicht
gleichzeitig bekanntesten Gruppierungen
südamerikanischer Cichliden zählen sicher
die langgestreckten, mit den Hechtbuntbarschen sehr nahe verwandten Teleocichla.
Die erst im Jahre 1988 von S. O. Kullander
beschriebene Gattung enthält nominell
sechs Vertreter: Teleocichla centrarchus als
Typusart, mit T. monogramma und T. gephyrogramma aus dem Rio Xingú, T. proselytus und T. prionogenys aus dem Rio
Tapajós sowie T. cinderella aus dem Rio
Tocantins. Bereits ein gutes halbes Jahr
später, Ende September 1988, wurden durch
Kilian, Schliewen und Stawikowski die
ersten Teleocichla aus dem Rio Xingú nach
Deutschland importiert und sorgten gleich
für eine dicke Überraschung. Zwei der von
ihnen beobachteten und mitgebrachten
18
Arten ließen sich keiner von Kullanders
Arten zuordnen. Auch Kullander selbst hatte
inzwischen Material einer weiteren Art aus
Brasilien erhalten. Inzwischen sind nicht
weniger als elf noch unbeschriebene Teleocichla bekannt. Die meisten davon sind erst
vor wenigen Jahren entdeckt worden. T. cinderella gehört also zu den aquaristisch
schon länger bekannten Arten.
Teleocichla cinderella im Freiland
Bei Teleocichla cinderella handelt es sich
um eine gestreckte, mit bis zu 14 Zentimeter
Gesamtlänge recht großwüchsige Art, die
ursprünglich aus den Stromschnellen des
unteren Rio Tocantins bei Tucurui und
Jatobal beschrieben wurde. Inzwischen sind
aber diese Fundorte im Rahmen des
Tucurui-Staudammprojektes überflutet und
die Fische dort mit Sicherheit nicht mehr
existent. Die Art ist aber im TocantinsSystem weiter verbreitet. Im Rio Tocantins
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22
selbst konnte sie Uwe Werner (1997) bis
oberhalb der Stadt Imperatriz nachweisen
und im Rio Araguaia ist sie mindestens bis
Sao Bento, etwa 30 Kilometer oberhalb der
Mündung in den Tocantins präsent. Nach
Freilandbeobachtungen von Kilian, Stawikowski und Warzel scheint T. cinderella
mäßig durchströmte Flachwasserbereiche in
Felsennähe zu bevorzugen (Stawikowski &
Warzel 1991). Der Untergrund ist dabei
meist sandig, kann aber auch von verschieden grobem Geröll durchsetzt sein.
Eine von Uwe Werner (1997) durchgeführte
Wasseranalyse im Rio Tocantins bei Marabá
ergab einen ungewöhnlich hohen pH-Wert
von 7,5 bei weniger als 1 °dGH. In wenig
durchströmten Stellen wurden Temperaturen von bis zu 32 °C ermittelt. Aus Marabá
stammt übrigens auch die zweite, bisher
übersehene und noch unbeschriebene
Tocantins-Art (Warzel 2001). Diese sieht T.
cinderella auf den ersten Blick sehr ähnlich,
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22
unterscheidet sich aber vor allem durch
einen schmaleren Kopf und ein regelmäßigeres Zeichnungsmuster. Es wäre sicher interessant zu überprüfen, ob sich unter
den vielen hundert für wissenschaftliche
Zwecke gesammelten Exemplaren weitere
T. sp. „Tocantins“ finden lassen, um eine
Artbeschreibung zu ermöglichen.
Teleocichla cinderella im Aquarium
Obwohl die Art schon Ende 1990 erstmals in
die Aquaristik eingeführt wurde, blieb sie
bis heute weitgehend unbekannt. Dabei sind
die Fische durchaus nicht so selten, daß sich
sporadische Fänge nicht lohnen würden.
Möglicherweise liegt eine der Ursachen in
der mangelnden Attraktivität, denn gerade
Jungtiere sind recht unscheinbar gefärbt.
Seite 18: Teleocichla cinderella, Männchen,
beim Imponierschwimmen
Unten: Adultes Männchen von etwa zwölf
Zentimeter Länge
19
Drohendes Weibchen mit erstem Laichansatz
Dennoch trägt T. cinderella seinen wissenschaftlichen Namen „Aschenputtel“ - wie
ich meine - völlig zu Unrecht. Imponierende
Männchen und balzaktive Weibchen sind
eigentlich viel farbenprächtiger als so
manche andere Art der Gattung. Eine andere
Ursache für ihr aquaristisches Schattendasein liegt darin, daß die Tiere einige
Ansprüche bezüglich der Wasserhygiene
stellen, einen relativ hohen Platzbedarf
haben und sich gegen andere Cichliden im
Aquarium nicht so recht durchsetzen können.
Die Ernährung der Fische stellt den Pfleger
vor keine unüberwindlichen Probleme. Mit
Ausnahme von Flocken- oder Pelletfutter
werden alle mir bekannten Frostfuttersorten
gierig angenommen. Empfehlenswert ist es
dabei allerdings, nicht zuviel und vor allem
auch abwechslungsreich zu füttern, denn
Darmverstopfungen sind bei Teleocichla
durchaus keine seltene Erkrankung.
20
Zucht
Meine hier abgebildeten Teleocichla cinderella erwarb ich nicht als Direktimport,
sondern als Beifänge in einer Sendung, die
hauptsächlich Crenicichla compressiceps
enthielt. Die fünf Neuzugänge kamen zur
Eingewöhnung in ein 70 × 55 × 42 Zentimeter großes Abteil, das ich in meinem 230Zentimeter-Aquarium eingerichtet hatte. Mit
handelsüblichen Frostfutter bestehend aus
Artemia, Mysis, weißen und roten Mückenlarven gab es, wie erwartet, keine Probleme.
Nur hin und wieder wurden die Tiere mit
Lebendfutter in Form von Artemia-Nauplien
versorgt, denen sie eifrig nachstellten.
Dennoch verlor ich ein kleineres Exemplar
aufgrund innerartlicher Aggressionen, obwohl T. cinderella allgemein als relativ
friedliche Art gilt. Nach etwa vier Monaten
konnte man die Geschlechter deutlich unterscheiden: Ich hatte drei Männchen und ein
Weibchen. Da das Revierverhalten sich
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22
immer weiter ausprägte, entfernte ich vorsichtshalber die überzähligen Männchen.
Bereits etwa sechs Wochen später entwickelte sich beim Weibchen Laichansatz, der
mit einer auffälligen Färbungsänderung einherging. Die Flossen waren nun orange und
an den Dorsalspitzen leuchtete ein kräftiger
rot-weißer Saum. Gleichzeitig verblaßte das
für T. cinderella typische Fleckenmuster.
Auch das Verhalten änderte sich. Immer
wieder beschwichtigte das kleinere und viel
gedrungener gebaute Weibchen den fast
doppelt so großen Revierbesitzer, was von
mal zu mal besser zu funktionieren schien.
Auf diese Weise konnte das Weibchen auch
eine kleine Höhle unter einer Schieferplatte
ausbuddeln, die es als Revierzentrum nutzte.
Dennoch wurde es immer wieder vom
Männchen verjagt, ohne daß eine PaarTeleocichla cinderella, mit zwei Tage alten
Jungfischen. Das Bild zeigt das gleiche
Weibchen wie Seite 20
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22
bindung, wie man sie ja von anderen Cichliden kennt, zustande gekommen wäre. Um
so überraschter war ich daher, als das
Weibchen beim abendlichen Füttern gertenschlank und mit deutlich sichtbarer Genitalpapille aus seinem Versteck schwamm. Die
Fische mußten spätestens am frühen Nachmittag gelaicht haben. Vorsorglich hatte ich
schon einige Zeit vorher die Parameter auf
pH 6,8 bei 60 µS/cm gesenkt, da sich bei zu
hohen Werten Teleocichla-Gelege nicht
entwickeln. Bei knapp 29 °C dauerte es
immerhin zwölf Tage, bis die etwa 20 Jungfische erstmals unter Führung des Weibchens die Höhle verließen. Während der
gesamten Zeit beteiligte sich das Männchen
nicht an der Brutpflege. Im Gegenteil, es
wurde unter heftigen Drohgebärden vom
Weibchen verjagt, wenn es sich der Bruthöhle näherte. In dieser Zeit zeigte das
Weibchen auch einzelne blaue Glanzflecken
auf den Körperseiten, die nun beim Führen
21
der Jungfische verschwunden waren. Hatte
ich, nicht zuletzt durch Freilandbeobachtungen, erwartet, daß sich nun beide
Elternteile an der Brutpflege beteiligten und
sich zumindest abwechselten, sah ich mich
getäuscht. Sobald das Männchen auch nur in
die Nähe der Jungfische kam, wurde es vom
Weibchen aufs heftigste attackiert, so daß
mir nicht anderes übrig blieb, als es zwei
Tage später aus dem Aquarium zu entfernen.
Demgegenüber ist es erstaunlich, wie lange
die heranwachsenden Jungfische von der
Mutter toleriert werden. Erst nach etwa
zwölf Wochen konnte ich beobachten, wie
das zunehmend fülliger werdende Weibchen
einzelne Jungfische aktiv verjagte.
Im Alter von knapp einem Jahr sind die
Tiere selbst geschlechtsreif und beginnen
bei einer Größe von etwa sieben Zentimetern nun ihrerseits mit Balzaktivitäten.
Die beiden Eltern habe ich übrigens später
wieder zusammengesetzt. Sie laichten ein
22
zweites Mal, als wären sie schon immer
zusammen gewesen.
Literatur
Kullander, S. O.(1988): Teleocichla, a New Genus of
South American Rheophilic Cichlid Fishes with Six
New Species (Teleostei: Cichlidae). Copeia 1, 196–230.
Schliewen, U. & R. Stawikowski (1989): Teleocichla.
D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (42) 4: 227–231.
Stawikowski, R. & F. Warzel (1991): Jacundá do
Tocantins. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (44) 8: 516–519 /
DATZ (44) 9: 575–581.
Warzel, F. (2001): Neuer Teleocichla aus dem Tocantins.
D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (54) 8: 37.
Werner, U. (1997): Teleocichla-Arten aus Tocantins und
Xingú. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) (50) 3: 175–178.
Portrait von Teleocichla cinderella.
Als „Aschenputtel“, wie der Artname nahelegt,
kann man diesen attraktiven Cichliden wohl
kaum bezeichnen – Fotos: F. Warzel
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 18–22
Ein „Räuber“ aus Venezuela –
Caquetaia kraussii
(STEINDACHNER, 1879)
Xaver Hofer
Wenn ich allabendlich zu später Stunde
noch einmal meine Aquarienräume inspiziere, bevor die Schaltuhren die Lichter
löschen, schaut mich aus großen bernsteinfarbenen Augen, aufgeregt hin- und herschwimmend, in der Hoffnung noch schnell
ein paar Futterbrocken zu ergattern, ein rund
30 Zentimeter großes Caquetai-kraussiiPaar an. Es und andere Cichliden hatte ich
vor vielen Jahren aus Venezuela mitgebracht.
Es war Anfang Februar 1995. Manfred
Hinzmann, Jochen Grad und ich waren
unterwegs in Venezuela. Wir befanden uns
im Bundesstaat Guarico und hatten in der
Nähe der Stadt Calabozo Quartier bezogen.
Von hier aus starteten wir unsere Touren mit
Geländewagen und Motorboot. Eines Tages
befischten wir den Rio Guarico in der
Hoffnung, C. kraussii zu fangen. Hier am
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26
Unterlauf war es trotz unserer vielen Netze
nicht möglich, denn der träge Fluß war hier
einfach zu breit und zu trübe. Wir fuhren
deshalb mit unserem Boot, vorbei an vielen
kleinen Flußeinmündungen, zum Oberlauf
des Guarico, bis es kein Weiterkommen
mehr gab: Der Fluß war vollkommen mit
Wasserhyazinthen zugewachsen. Das hier
fast stehende Wasser war 28 °C warm und
undurchsichtig. Zu beiden Seiten waren die
Ufer mit Galeriewald eingesäumt und
dazwischen grasten Rinder. Bis über beide
Knie im Wasser stehend und ständig hinund hertretend, um nicht tiefer im Morast
des Flußes zu versinken, begannen wir mit
dem Fischen. Man mußte nur ein paar Mal
mit dem Kescher unter die Wasserhyazinthen stoßen, anschließend pflanzliches
Material aussortieren, und konnte danach
die ersten C. kraussii von drei bis fünf
Zentimeter Länge eintüten. Später fingen
wir auch noch größere, die vermessen,
23
Völlig zugewachsen: der Rio Guarico. Ab hier
gibt es kein Weiterkommen
fotografiert und anschließend wieder freigelassen wurden.
C. kraussii ist keineswegs nur auf den Rio
Guarico und Umgebung fixiert.
Seite 23:
Junges Männchen von Caquetaia kraussii
Foto: T. Weidner
Unten: Frisch gefangener Caquetaia kraussii
24
Ursprünglich im Nordwesten Venezuelas
beheimatet, breitet sich die Art immer weiter aus. Teils geschieht dies von selbst, aber
auch der Mensch hat hier nachgeholfen und
den in Venezuela wichtigen Speisefisch in
künstlichen Teichen, Seen und Flüssen ausgesetzt. In einem relativ klaren Altwasserarm in der Nähe des Rio Orituco beobachteten wir von erhöhtem Ansitz aus ein
großes Paar C. kraussii, das einen riesigen
Jungfischschwarm führte. Aus der Tiefe
kamen sie langsam nach oben zur Wasseroberfläche. Der Uferbereich fiel hier senkrecht nach unten ab und die Wurzeln eines
Baumes wuchsen durch den Bodengrund in
das Wasser. Die zahlreichen kleinen Fische
zupften an den filigranen Wurzelenden, kontaktierten zwischendurch immer wieder die
Haut beider Eltern. Das Ganze lief ruhig und
langsam ab. Erst als in einem Meter Entfernung ein großer Pfauenaugenbuntbarsch
(Astronotus sp. „Orinoco“) auftauchte, kam
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26
Bewegung in die Alttiere. Flossenzucken,
Kiemendeckelspreizen und Drohen in ihrer
typisch s-förmigen Haltung reichten aus, um
den Störenfried zu vertreiben. So langsam
wie die C. kraussii zur Oberfläche kamen,
so langsam zogen sie sich in die Tiefe des
Altwassers zurück.
Im Aquarium erwies sich C. kraussii ebenfalls als wehrhafter Pflegling, den man
schon mit robusteren Arten vergesellschaften sollte. Die standorttreuen Cichliden
lauern in einen Versteck auf Beute, am liebsten auf kleinere Fische, die dann mit ihrem
weit vorstülpbarem, zahnbewehrtem Maul
regelrecht eingesogen werden. Aber es werden auch Sticks, Pellets und fast alle Sorten
Frostfutter gefressen. Bei der Balz geht es
mitunter ziemlich rauh zu. Danach aber erweist sich das Männchen als fürsorgender
Vater. 1000 bis 1500 Jungfische sind bei
großen Paaren keine Seltenheit. Sobald der
freischwimmende Nachwuchs seinen Dotter-
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26
sack aufgezehrt hat, müssen die Jungfische
extra gefüttert werden. Bei Futtermangel
werden die Alttiere zu stark von den
Jungfischen beweidet, was mitunter zu
starken Hautverletzungen führen kann.
Außerdem scheint es ihnen auch äußerst
unangenehm zu sein, denn sie schwimmen
ständig mit eingeklemmten Flossen und
man könnte glauben, sie wollten die Jungfische loswerden.
Bei guter Fütterung wachsen die Jungen
schnell heran. Sind sie anfangs noch farblos
grau, verwandelt sich ab zwölf bis 15 Zentimeter Länge ihr Farbkleid in ein herrlich
glänzendes Goldbraun, das mit einigen
schwarzen senkrechten Streifen durchzogen
ist. Mit zunehmender Größe werden auch
die Jungfische untereinander immer aggresAusgewachsenes Paar von Caquetaia kraussii.
Das Männchen (vorn) ist mehr als 30 Zentimeter lang
25
Caquetaia kraussii ist ein wehrhafter Lauerjäger. Zur Vergesellschaftung im Aquarium eignen sich nur robuste Arten – Fotos: X. Hofer
siver und müssen unter Umständen getrennt
werden. Auch bei großen Paaren von C.
kraussii kommen gelegentlich immer
wieder Streitigkeiten vor, vor allem wenn
größere Wasserwechsel durchgeführt werden. Es scheint, als wenn sich die Alten
dann buchstäblich nicht mehr riechen könnten. War es vor dem Wasserwechsel noch
„Zuneigung“, ist es danach pure Aggression.
Das kleine Weibchen muß dann dem
größeren Männchen nach anfänglicher Gegenwehr als Prügelknabe herhalten. Es ist
deshalb sehr wichtig, daß genügend Versteckplätze vorhanden sind. Mit flachen
Steinplatten, die an die Aqauarienwand gestellt werden und mit einigen größeren geschickt zusammengestellten Wurzeln kann
man Unterstände schaffen, die von den
Fischen gern angenommen werden. Es emp26
fiehlt sich auch, das Aquarium etwas düsterer
zu gestalten und die Beleuchtung lieber
etwas schwächer zu wählen oder das Licht
mit Hilfe von Schwimmpflanzen etwas zu
dämpfen, da die Fische mehr in der Dämmerung der Morgen- und Abendstunden aktiv
sind. Wer will, kann auch einige Solitärpflanzen einbringen. Sie müssen nur mit
größeren Flußkieseln gegen Ausgraben gesichert werden.
An die Wasserwerte werden keine besonderen Ansprüche gestellt. Nur etwa 28 °C
sollte es schon warm sein, und wie schon
erwähnt: Vorsicht beim Wasserwechsel!
Im Aquarium können Männchen von C.
kraussii auf gut 30 Zentimeter Länge heranwachsen. Die Weibchen bleiben stets ein
Stück kleiner.
Mit C. kraussii holt man sich einen schönen,
interessanten Fischjäger ins Aquarium. Die
Art ist nicht nur sehr produktiv, sondern
auch langlebig.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 23–26
Auch kleine „Südamerikaner“ machen es –
Maulbrutpflege bei einer Art der
Gattung Apistogramma
Ingo Koslowski
Auch wenn es unter den größeren Buntbarschen Südamerikas – etwa in den
Gattungen Geophagus, Satanoperca, Aequidens und Heros - eine ganze Reihe von
maulbrütenden Buntbarschen gibt, war es
doch eine recht große Überraschung als ich
im Jahr 2000 erstmals diese Form der Brutpflege bei einem Vertreter der südamerikanischen Zwergcichliden-Gattung Apistogramma entdeckte (Koslowski 2000).
Beide Geschlechter eines in besagtem Jahr
erstmals aus Peru importierten Zwergbuntbarsches fielen mir gleich durch ihre ungewöhnlich lange Schnauze mit verdickten
Lippen auf und ich hatte durchaus bei ihrer
Betrachtung einmal den Gedanken, daß dies
ein Maulbrüter sein könnte, doch so recht
glauben wollte ich es zunächst nicht.
Dennoch widmete ich der Beobachtung des
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 27–29
Fortpflanzungsverhaltens der Art besondere
Aufmerksamkeit und konnte gleich beim
ersten Reproduktionsversuch feststellen,
daß es sich hier tatsächlich um einen Maulbrüter handelt. Die Weibchen laichen
zunächst wie alle Apistogramma-Weibchen
an der Decke einer Höhle ab und nehmen
die Larven nach dem Schlupf ins Maul auf.
Daher ist die Art als larvophiler Maulbrüter
zu bezeichnen. Die Larven werden vom
Weibchen bis zum Freischwimmen der Brut
überwiegend im Maul getragen. Zur
Nahrungsaufnahme spuckt das Weibchen
die Larven jedoch immer wieder in Bodenmulden. Nach dem Freischwimmen wurden
die Jungfische nur noch sehr selten in das
Maul aufgenommen. Das könnte aber in
Abhängigkeit von der Anzahl der Jungfische
und der vorhandenen Feindfische unterschiedlich sein. So konnte Bohnet (persönliche Mitteilung) beobachten, daß eines seiner Weibchen die Jungen auch nach dem
27
Freischwimmen noch regelmäßig ins Maul
nahm. Er stellte sogar vereinzelt fest, daß
sich einzelne Männchen diese Verhalten bei
Gefahr zeigten. Das Brutverhalten der Art
scheint also recht variabel zu sein und es
wäre sicher interessant systematische Untersuchungen dazu durchzuführen. Der deutsche Name der unbeschriebenen Art wird
bisher noch nicht einheitlich gebraucht.
Neben dem von mir verwendetem „Maulbrüter-Apistogramma“ (Koslowski 2000)
wird auch manchmal der fast zeitgleich von
Römer (2000) eingeführte Name „Brustband-Apistogramma“ oder die HändlerBezeichnung A. sp. „Red Face“ benutzt. Ich
denke jedoch, daß sich der Name Maulbrüter-Apistogramma durchsetzt, da man
auch bei Benutzung der anderen BezeichSeite 27: Frontaldrohende MaulbrüterApistogramma sind beeindruckende Fische
Unten: Männchlicher Maulbrüter-Apistogramma
in neutraler Stimmung
28
nungen doch immer wieder von dem
„Apistogramma, der Maulbrutpflege betreibt“ reden wird. Die verwandtschaftliche
Einordnung der Art bereitet zur Zeit noch
einige Schwierigkeiten. Ich habe sie vorläufig der von mir neu geschaffenen Apistogramma-brevis-Gruppe angegeliedert (Koslowski 2002). Für diese Einordnung sprechen die für einige Formen der Gruppe, wie
etwa den Breitbinden-Apistogramma, typische zweifarbige Schwanzflosse der
Männchen, die recht lang werdenden
Rückenflossenstachelmembranen bei gleichzeitig kurz bleibenden Bauchflossen und das
auch bei A. personata und A. arua auftretende dunkle Dreieck zwischen den Augen. Das
Frontaldrohverhalten der Art mit meist geschlossenem Maul und tief gesenkten
Mundboden bei gleichzeitiger Kiemendeckelspreizung erinnert allerdings ebenso
wie das Brutpflegekleid der Weibchen an
Arten der A.-nijsseni-Gruppe.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 27–29
Weibchen von
Apistogramma sp.
„Maulbrüter“
Melgar (persönliche Mitteilung) und Souza
konnten den Maulbrüter-Apistogramma an
mehreren Stellen im Einzugsgebiet des Rio
Ampiyacu, der nahe der peruanisch-brasilianischen Grenze von Norden her bei der
Stadt Pebas in den Amazonas mündet, so
zum Beispiel bei El Pozo nachweisen.
Damit liegt das Vorkommensgebiet zwischen dem der Vertreter der Apistogrammabrevis-Gruppe und dem der Arten der A.nijsseni-Gruppe.
Enge Beziehungen bestehen sicher auch zu
denen im Umfeld des Ampiyacu vorkommenden, ebenfalls zum gleichen Verwandt-
schaftskreis gehörenden Arten der A.-cacatuoides-Gruppe. Es bleibt abzuwarten, ob
derzeit in Arbeit befindliche genetische
Untersuchungen der Apistogramma-Arten
mehr Klarheit bringen.
Literatur
Koslowski, I. (2000): Putzerverhalten und Maulbrutpflege (Apistogramma Arten). D. Aqu. u. Terr. Z.
(DATZ) 53 (11): 18–21.
– (2002): Die Buntbarsche Amerikas. Band 2
(Apistogramma & Co). Stuttgart.
Römer, U. (2000): Apistogramma sp. „Brustband“ – ein
neuer verhaltensbiologisch ungewöhnlicher Zwergbuntbarsch aus Peru. Aquarium Heute 18 (4): 627–628.
Lateraldrohendes
Männchen von
Apistogramma sp.
„Maulbrüter“
Fotos: I. Koslowski
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 27–29
29
Nicht aufgeben!
Erfahrungen bei der natürlichen
Nachzucht von
Pterophyllum scalare
Stefan Lülsdorf
Ich beschäftige mich überwiegend mit der
Pflege und Zucht von Pterophyllum scalare
und Zwergbuntbarschen aus Südamerika
und Westafrika. Diese Fische werden immer
wieder gerne auf Börsen gekauft oder getauscht, und ich bin dadurch in der Lage
genau das zu tun, was ich immer wollte:
Tiere weitergeben, die nicht mehr importiert
werden müssen, oder aus Zuchtbetrieben
stammen, in denen es nur um Masse statt
Klasse geht.
Was mich schon immer faszinierte, waren
die ursprünglichn Wildformen des Segelflossers, und so entschloß ich mich Anfang
1998, P. scalare zu pflegen. Damit kamen
Probleme auf mich zu:
Meist waren nur sehr kleine Fische mit zwei
bis drei Zentimeter Körperdurchmesser im
Fachhandel zu bekommen. Dazu wiesen sie
30
oft Degenerationserscheinungen, wie etwa
Verkrüppelungen auf. Zudem übten sie, wie
sich später herausstellen sollte, keine oder
nur unzureichende Brutpflege aus. Dies ist
wohl auf die künstliche Aufzucht zurückzuführen.
Schließlich erwarb ich fünf solcher „Winzlinge“ und setzte sie nach einem Monat
Quarantäne in mein Aquarium mit folgenden Wasserwerten: pH = 6,8, Leitwert 200
µs/cm, Wasserhärte 4 bis 5 °dGH und 3 bis
4 °KH.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen starben
vier der fünf Tiere ohne ersichtlichen Grund.
Also startete ich einen erneuten Versuch und
erwarb abermals fünf Tiere, jedoch bei
einem anderen Händler. Auch diese Tiere
starben nach kurzer Zeit. Später erfuhr ich,
daß alle von mir gekauften Segelflosser vom
selben Lieferanten stammten.
Seit dem Kauf der ersten Tiere waren nun
neun Monate ins Land gegangen und das
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33
verbliebene Tier war zu einem stattlichen
Exemplar herangewachsen.
Jetzt hatte ich das Problem, daß keine
adäquaten Segelflosser bei den Händlern in
meiner Nähe zu Verfügung standen und in
nächster Zeit auch keine größeren Tiere zu
erwarten waren.
Im August 1999 zogen wir mit „Kind und
Kegel“ zurück ins Rheinland nach Bonn.
Bis alle Fische wieder in ihren gewohnten
Aquarien schwammen, verging eine gewisse
Zeit und so mußte sich der Segelflosser mit
einem kleinen 60-Zentimeter-Becken zufrieden geben.
In dieser Zeit laichte der P. scalare alleine
ab. Nun war ich sicher, ein Weibchen zu
besitzen. So zog ich los um ein männliches
Tier zu erwerben.
Ja, ich weiß, Paare sollen sich stets aus einer
Gruppe finden, aber was macht man mit den
überzähligen Tieren, wenn man für diese
keinen Platz mehr hat?
Ich hatte Glück: in einem Zooachgeschäft
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33
ganz in meiner Nähe schwamm ein großes,
bulliges Tier, das ich mir auch gleich beschaffte.
Von Anfang an verstanden sich die beiden
Segelflosser ganz gut und es kam zu keinen
ernsthaften Auseinandersetzjungen zwischen den beiden. Schon nach fünf Wochen
laichten sie das erste Mal ab.
Es zeigte sich jedoch sehr schnell, daß beide
Tiere nicht in der Lage waren eine ausreichende Brutpflege zu betreiben. So wurden
keine unbefruchteten Eier aus dem Gelege
entfernt, die Eier wurden teilweise vom
weiblichen Tier gefressen, die Brut wurde
nicht bewacht und herabfallende Larven
nicht aufgefangen.
Das männliche Tier reagierte typisch. Es
jagte das Weibchen nach dem Verlust des
Seite 30:
Balzendes Paar von Pterophyllum scalare
Unten:
Das Paar hat an einem senkrechtstehenden
Stein abgelaicht – Fotos: U. Werner
31
Geleges wild durch das Aquarium, so daß
ich das Weibchen herausfangen und anderweitig unterbringen mußte.
Nachdem sich das Weibchen erholt hatte,
setzte ich es zurück ins Becken. Nun wurde
alle sechs Wochen an einer Steinplatte abgelaicht - immer mit demselben Ergebnis. Das
Gelege wurde immer vernachlässigt oder
gefressen.
In Gesprächen mit anderen Pflegern von
Segelflossern wurden mir ähnliche Dinge
berichtet. Diese Pfleger wechselten die
Fische nach dem fünften oder sechsten vergeblichen Zuchtversuch aus.
Das kam jedoch für mich nicht in Frage. Es
mußte doch möglich sein, meine Segelflosser
zur natürlichen Nachzucht zu bringen!
Alle Versuche jedoch scheiterten zunächst.
Weder Änderungen in der Einrichtung noch
der Wasserwerte lieferten ein positives ErDie geschlüpften Larven werden aufmerksam
betreut – Foto: A. Lamboj
32
gebnis. Die Nachzucht wollte mir einfach
nicht gelingen.
Langsam verlor ich die Geduld und ich war
nahe daran, die Fische abzugeben, als ich im
Dezember ein Pärchen des Hechtcichliden
Crenicichla compressiceps bekam.
Diese setzte ich zu dem P.-scalare-Pärchen
ins Becken, da ich meine Erwartungen auf
eine erfolgreiche Nachzucht inzwischen
aufgegeben hatte. Kurze Zeit später laichten
die Segelflosser wieder ab, diesmal allerdings an einer anderen Stelle. Da ich den
weiteren Ablauf ja kannte, achtete ich nicht
weiter darauf.
Als nach drei Tagen das Gelege immer noch
vorhanden war, wunderte ich mich nicht
schlecht und beobachtete die Segelflosser
jetzt aufmerksamer. Jeder Fisch, der sich
dem Gelege näherte, wurde sofort angegriffen. Auslöser für dieses Verhalten waren
offensichtlich die neu hinzugekommenen C.
compressiceps, die immer wieder versuchten, Eier aus dem Gelege zu fressen.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33
Die P. scalare verteidigten jedoch ihr Gelege mit solch einer Aggressivität, daß ich
schon Angst um meine Zwerg-Crenicichla
hatte. Ich bin kein Verhaltensforscher, aber
alle Aktionen, die von den Eltern gegen
potentielle Feinde zum Schutz des Geleges
ausgeführt wurden, schienen vorher genau
abgestimmt worden zu sein: Kam ein Laichräuber bis auf etwa 30 Zentimeter an das
Gelege heran, wurden Rücken- und Afterflosse angelegt und wieder aufgestellt, ab
einer Annäherung auf 25 Zentimeter wurden
die Bewegungen schneller und mindestens
ein Elternteil stellte sich dem vermeintlichen Feind in den Weg, wobei er den
Körper leicht zur Seite neigte. Näherte sich
der Laichräuber weiter bis auf 20 Zentimeter, griffen vorwiegend beide Elternteile
sofort an. Auf halber Strecke schwamm ein
Tier zurück zum Gelege. War die Gefahr für
das Gelege abgewendet, zuckte das Tier am
Gelege mit den Flossen, worauf das andere
auch zurückkehrte.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 30–33
Heute betreuen meine P. scalare ihre Gelege
aufopferungsvoll. Sie sind zwar nicht in der
Lage, die räuberischen C. compressiceps
daran zu hindern, ihre freischwimmenden
Jungen zu dezimieren, aber das macht
nichts. Möchte ich nun Junge aufziehen,
setze ich die Zwerg-Crenicichla kurz vor
dem Freischwimmen der Jungen einfach in
ein anderes Aquarium. So haben die Segelflosser ihre Ruhe und der Nachwuchs kann
schon im Entwicklungsstadium von den
Eltern lernen.
Zum Schluß möchte ich noch bemerken:
Der Handel sollte mehr auf Qualität achten
und darauf, daß die Tiere aus einer natürlichen Aufzucht stammen. Sollten Ihre Segelflosser auch die Gelege fressen, lassen sie
ihnen und sich Zeit. Die Fische lernen es
schon noch.
Die freischwimmende Brut sucht Schutz bei den
Eltern – Foto: A. Lamboj
33
Geschlechtsbestimmung bei
Julidochromis marlieri
Friedrich Lütkemöller
Wenn man als Aquarianer Zuchterfolge hat,
möchte man die Nachzuchten natürlich auch
weiter geben. Hierfür bieten sich in der Regel Vereinsbörsen an. Um den häufig geäußerten Wünschen der Interessenten nach
einem bestimmten Geschlechterverhältnis
gerecht zu werden und ein faires Angebot zu
machen, sollte man das Geschlecht der Tiere
auch zuverlässig bestimmen können.
Bereits vor mehreren Jahren wurde das Geschlechterverhältnis meiner abgegebenen
Nachzuchten von Julidochromis marlieri
kritisiert, so daß ich dem Problem genauer
nachgehen wollte. Von Kennern wurde mir
gesagt: „Geschlechtsbestimmung beim J.
marlieri, das ist ganz einfach.“ Über das
„Wie“ schwiegen sich die Leute jedoch aus.
Also mußte ich mich anderweitig schlau
machen.
Auch bei anderen Fischen wurde um die Geschlechtsbestimmung bei ähnlich aussehenden Individuen ein großes Geheimnis gemacht. Die Aquarianer, die das Geschlecht
bestimmen konnten, nutzten diesen Vorteil,
um auf Börsen und im Handel die überzähligen Männchen los zu werden. Es wurde
teilweise den Interessenten untersagt, den
Fischen unter den Bauch zu schauen, vor
allem bei den recht teuren Tropheus-Arten.
Und es wurde sogar manipuliert; doch das
gehört in den Bereich Tierquälerei, und
darauf will ich hier nicht weiter eingehen.
Das Ziel ist das Erkennen des Geschlechtes
bei Jungtieren in Größen, wie sie als Nachzuchten auf Börsen normalerweise angeboten werden. Selbstverständlich sollte das
ohne nennenswerte Belastung oder gar
Schädigung des Tieres erreicht werden.
34
In verschiedenen Aquarienzeitschriften erschienen bereits früher Artikel über die
Geschlechtsbestimmung von J. marlieri.
Dabei wurde über adulte Tiere in eingerichteten Aquarien berichtet. Für meine
Frage nach der Geschlechtsbestimmung bei
Jungtieren war das nicht anwendbar, denn
wenn ein Pärchen im Aquarium ablaicht,
erübrigt sie sich bereits. Wichtiger ist es
meines Erachtens nach, das Geschlecht
beim Erwerb der Tiere zu erkennen.
Das ist nicht ganz einfach, denn normalerweise sieht man nicht in ein Tier rein und
wir müssen uns daher mit den äußeren Geschlechtsmerkmalen befassen. Ab einem gewissen Alter werden diese unterscheidbar.
Bei lebendgebärenden Fischen ist das bekanntlich einfach, denn bei den Männchen
ist die Afterflosse zum Gonopodium umgestaltet. Im Alter von acht Wochen ist das
bereits gut zu erkennen.
Einige Arten haben bereits als Jungtiere eine
geschlechtsspezifische Färbung, beispielsweise der sogenannte „Rote Zebra“ aus dem
Malawisee, bei dem die Männchen zunächst
bräunlich, später blau gefärbt sind und die
Weibchen bereits als Jungtiere rot. Andere
Arten haben je nach Geschlecht markante
Flossenformen, die sich meist erst mit der
Geschlechtsreife ausbilden.
Bei vielen Arten läßt sich das Geschlecht an
den Genitalöffnungen erkennen, wobei
deren Größenunterschiede den entscheidenden Hinweis geben. Ist die Geschlechtsöffnung größer als die Afteröffnung haben
wir ein adultes Weibchen vor uns; sind beide
Öffnungen gleich groß, handelt es sich um
ein Männchen oder ein junges Weibchen. Ab
welchem Alter diese Unterscheidungsmerkmale eine eindeutige Geschlechtsbestimmung erlauben, ist mir nicht bekannt.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 34–36
Detailansicht der
Bauchseite eines
weiblichen
Julidochromis marlieri
In seriösen Vorträgen, Berichten, Büchern
und digitalen Medien findet man häufig die
Angabe, daß die Geschlechtsmerkmale für
Julidochromis nicht bekannt seien. Dagegen
haben versierte Tanganjikasee-Fans das Problem für sich bereits seit 30 Jahren gelöst;
und ich persönlich halte auch seit 15 Jahren
mit meinen Erkenntnissen nicht hinter dem
Berg. Zwar habe ich nur J. marlieri untersucht, wie weit meine Erfahrungen auf die
anderen Julidochromis-Arten übertragbar
sind, kann ich jedoch nicht sagen.
Gesucht habe ich nach dem gewissen Unterschied, wie spaltenförmige Geschlechtsöffnungen oder zipfelförmige Fortsätze.
Bei J. marlieri haben jedoch beide Geschlechter einen zipfelartigen Fortsatz. Als
erstes betrachtete ich bei meiner „Forschung“ den zu untersuchenden Bereich
unter dem Mikroskop. (Nicht erschrecken,
von den untersuchten Tieren habe ich noch
mehrere Jahre lang Nachzuchten erzielt.)
Als nächstes machte ich, um die Belastung
der Fische gering zu halten, Mikro- und
Makroaufnahmen von der Bauchseite
mehrerer adulter und junger Tiere, die ich
auf eine 180 Zentimeter große Leinwand
projizierte. Bei dieser Vergrößerung suchte
ich dann nach markanten Merkmalen an den
äußeren Geschlechtsorganen.
Detailansicht der
Bauchseite eines
männlichen
Julidochromis marlieri
Fotos: F. Lütkemöller
Seite 36:
Julidochromis marlieri
Foto: W. Staeck
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 34–36
35
Dabei stellte ich fest, daß die Laichpapille
beim Männchen konisch zuläuft und länger
ist als beim Weibchen. Sie ist nahe der
Afteröffnung hell gefärbt. Die Pigmentierung
nimmt kontinuierlich zu und ist ab dem
ersten Drittel bis zur Spitze gleichmäßig
dunkel.
Die Papille des Weibchens ist dagegen gedrungen und hat am Ende zwei kleine
zipfelförmige Lamellen. Die Pigmentierung
ist im Bereich der Afteröffnung ebenfalls
hell, sie wird jedoch zum hinteren Ende
ungleichmäßig dunkel. Mit zunehmendem
Alter geschlechtsreifer Weibchen verringert
sich der Hell-Dunkel-Kontrast der Papille.
Dafür tritt die charakteristische Form der
Papille deutlicher hervor. Ein LängenBreiten-Verhältnis von zwei zu drei ist für
Weibchen charakteristisch, wogegen bei
Männchen ein Verhältnis von zwei zu fünf
zu beobachten ist.
Diese Beschreibung reicht aus, um das Geschlecht eines adulten Tieres zu bestimmen.
36
Um auf einer Börse bei jungen Tieren eine
gesicherte Aussage zu machen, fehlt jedoch
noch der „i-Punkt“. Hier folgt er: Auf der
Papille des Weibchens befindet sich ungefähr in der Mitte eine quer verlaufende, doppelt geschwungene, herzförmige Linie. Die
an der Afteröffnung noch fehlende Pigmentierung nimmt kontinuierlich zu und erreicht an dieser Linie ihr Maximum. Dahinter beginnt wieder eine farblose Zone, die
schließlich am Ende der Papille nochmals ein
Maximum an Schwarzfärbung erreicht.
Dadurch hebt sich die herzförmige Linie besonders gut ab. Bei „börsenfähigen” J. marlieri ist dieser Kontrast ab einer Länge von
vier Zentimeter deutlich zu erkennen. Somit
ist die Geschlechtsbestimmung mit großer
Sicherheit möglich; mit etwas Erfahrung
sogar mit bloßem Auge. Für den ungeübten
Aquarianer oder bei eingeschränktem Sehvermögen ist eine Lupe mit zwei- bis achtfacher Vergrößerung, die in Fotogeschäften
preiswert erhältlich ist, sehr hilfreich.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 34–36
Faszinierend:
Die Kinderstube der Buntbarsche
Uwe Werner
An der Straßenbrücke holpert der Jeep die
steile Böschung hinunter, wir fahren auf das
Kiesbett des Flußes, der jetzt, in der
Trockenzeit, stark geschrumpft ist. Als wir
auf der Kiesbank halten und in flimmernder
Tropenhitze unser Gepäck ausladen, umgibt
uns eine gigantische Urwaldkulisse: Überwucherte Ufer, dichtes Unterholz, Lianen,
Farne und Palmen, und über allem mächtige
Urwaldriesen, in deren Wipfel die Papageien
zetern. Das also ist das Urwaldabenteuer,
von dem ich schon als Kind geträumt habe,
das ist der Tropische Regenwald!
Wir sind in einer abgelegenen Gegend
Mittelamerikas, wo wir nach Zierfischen
suchen wollen. In erster Linie geht es uns
darum, Buntbarsche zu beobachten und zu
fangen, die wir für unsere Aquarien lebend
nach Hause mitnehmen wollen. Und das
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
gelingt: Im klaren Wasser des fast 27 °C
warmen Flußes beobachten und fangen wir
„Cichliden“, wie man sie auch nennt, und
die eine eigene große Fischfamilie bilden. In
den warmen Süßgewässern Afrikas und
Süd- und Mittelamerikas leben viele verschiedene Arten. Interessant sind diese
Fische schon allein deshalb, weil es neben
„Zwergbuntbarschen“ von nur vier bis fünf
Zentimeter Länge und zahlreichen „Großcichliden“, die zwischen 20 und 30 Zentimeter erreichen, auch wahre Riesen gibt, die
fast einen Meter lang werden.
Viele Arten sind Nahrungsspezialisten und
haben spezielle Maul- und Zahnformen entwickelt, auch wenn die meisten Arten ein
weites Spektrum an tierischer und/oder
pflanzlicher Nahrung fressen, wenn sie sie
leicht bekommen können. Wird das Futterangebot aber knapp, nutzen sie Möglichkeiten, die wenig oder anders spezialisierten
Fischen verschlossen bleiben.
37
Einige raspeln fest sitzende Algen oder speziellen Aufwuchs ab, andere zermahlen
Schnecken oder knacken die Panzer hartschaliger Insekten, wieder andere suchen
Kleingetier aus engen Spalten oder Ritzen
im Gestein. Manche sieben den Bodengrund
durch, während großmäulige Arten mit Riesenmäulen Plankton aus dem freien Wasser
filtern. Aber auch räuberisch lebende Arten
gibt es und sogar solche, die anderen Fischen
die Schuppen vom Leib fressen oder ihnen
gar die noch nicht voll entwickelten Jungfische stehlen, selbst wenn sie sie im Maul
mit sich herum tragen!
Für Biologen und Zierfischfreunde, die
Buntbarsche in Freiheit oder im Aquarium
beobachten, ist aber wohl ihr Verhalten das
Wichtigste. Und das ist deshalb so nuancenSeite 37:
Ein Geophagus-Weibchen hat gerade seine
Jungfische aus dem Maul entlassen
Unten:
Gähnender Crenichila – ein räuberischer
Buntbarsch
38
reich, weil diese eierlegenden Fische allesamt Brutpflege betreiben. Dazu besetzen
sie in der Regel zuerst einmal Reviere, verteidigen sie gegen andere Fische, verständigen sich durch Bewegungen und Farbveränderungen - von denen letztere blitzschnell
(durch Nerven) oder allmählich (durch
Hormone) bewirkt werden - heben Gruben
aus und „putzen“ mit ihren Mäulern - wenn
es nötig ist - eine Unterlage für die Eier, die
sie schließlich legen. Beobachtenswert ist
aber vor allem die Brutpflege selbst, die an
menschliches Verhalten erinnert, so daß man
sich immer wieder klar machen muß, daß
die Tiere nicht überlegt, sondern instinktgemäß handeln: Sie reagieren auf Reize und
lösen so neue Reize aus, so daß sich eine
Folge sinnvoll erscheinender Handlungen
ergibt, die für uns wie gezieltes, überlegtes
Tun wirkt. Und das ist der Grund dafür,
warum so viele Aquarianer Buntbarsche
pflegen.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
Brutpflegeformen
Langweilig werden solche Verhaltensbeobachtungen schon deshalb nicht, weil die
Buntbarsche unterschiedliche Brutpflegeformen entwickelt haben. Etwas oberflächlich und ungenau spricht man von Offenbrütern (Buntbarsche, die auf einem Blatt,
einer Wurzel oder einem Stein „offen“ ablaichen), Versteckbrütern (Buntbarsche, die
ihre Eier in Höhlen absetzen) und Maulbrütern (Buntbarsche, die ihren Laich
und/oder die Jungfischlarven im Maul erbrüten und zeitweise auch voll entwickelte
Jungfische ins Maul nehmen). Doch dies
sind lediglich „Grundtypen“, deren Verhalten auch wieder mehr oder weniger
unterschiedlich sein kann. Und noch ist das
Verhalten verschiedener Arten bis heute
nicht genau bekannt!
Leider ist hier nicht genügend Platz, um
über alle Fortpflanzungsstrategien und ihre
Nuancen ausführlich zu berichten. Aus diesem Grund kann man die Verhaltensvielfalt
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
der Buntbarsche nur andeuten. Und noch
eines sollte man wissen: Den Erfolg der
Fortpflanzungsstrategie und den Wert der
Fürsorge, die Tiereltern für ihre Kinder aufwenden, mißt die Natur an der Anzahl Tierkinder, die überleben, erwachsen werden
und sich ihrerseits vermehren. Nur so bleibt
nämlich die Art auf Dauer erhalten - ansonsten stirbt sie aus. Fischbrut, die von ihren
Eltern nicht bewacht wird, hat schlechte
Überlebenschancen, weshalb Arten ohne
Brutpflege eine sehr große Anzahl Eier laichen. Ist der Schutz dagegen überdurchschnittlich gut, nimmt die Zahl der Eier
mehr oder weniger deutlich ab.
Offenbrüter
Noch recht viele Eier werden von den
„offen“ laichenden Buntbarschen abgesetzt,
weshalb das einzelne Laichkorn recht klein
Ein Weibchen von „Geophagus“ brasiliensis
heftet kleine transparente Eier auf ein offen
daliegendes Substrat
39
sein muß. Damit der Schutz der vom Männchen befruchteten Eier für die gemeinsam
pflegenden, zumeist weitgehend „gleichberechtigten“ und äußerlich meist kaum zu
unterscheidenden Eltern keine unlösbare
Aufgabe wird, sind die Laichkörner (zumindest anfangs) durchsichtig - fallen also auf
einer Unterlage, wo sie großflächig verteilt
und mit ihrer Längsseite angeheftet werden,
nicht besonders auf. Bestimmte Arten tarnen
ihr Gelege auch durch Sand oder kleine
Steinchen, die sie über die Eier spucken,
andere laichen auf abgestorbenen Blättern
oder leichten Holzstückchen, damit sie das
Gelege notfalls „umdrehen“ oder aus der
Gefahrenzone zerren können. In wieder
anderen Fällen werden die Eier nach dem
Ablaichen zu Gelegetrauben zusammengespuckt, die dann ebenfalls transportiert oder
gar irgendwo aufgehängt werden können.
Tilapia mariae ist ein typischer Offenbrüter, der
viele kleine Jungfische hervorbringt
Fotos: U. Werner
40
Die meist nach zwei bis vier Tagen aus den
Eiern schlüpfenden Larven sind zunächst
noch immer hilflos und müssen weiter von
ihren Eltern versorgt werden. Die meisten
Buntbarscharten bewachen sie in einer
selbst gegrabenen Grube, wo sie geschützt
liegen, andere hängen sie an Schwimmpflanzen oder deren Wurzeln auf. Zu diesem
Zweck verfügen die Larven vorübergehend
über Haft- oder Klebedrüsen am Kopf, mit
denen sie aneinander oder an irgendwelchen
Substraten haften. Je nach Buntbarschart,
Größe der Eier und der Wasserbeschaffenheit vergehen so weitere vier bis fünf Tage,
bevor die Jungfische frei schwimmen und
fressen können. Ihre Eltern kümmern sich
aber auch dann noch weiter um sie. Mit
Hilfe von Signalfarben, durch Flossenzucken und bestimmten Schwimmbewegungen halten sie den Schwarm zusammen und „führen“ ihre Jungen zum Futter
oder wirbeln gar den Bodengrund auf, damit
die Kleinen darin Nahrung finden.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
Zumindest während der ersten Tage bringen
sie sie abends (meist in einer schützenden
Grube) zu Bett und bewachen und verteidigen sie weiterhin gegen alle möglichen,
auch größere Feinde. Ja, es kommt vor, daß
sie versprengte Jungfische anderer Paare
„adoptieren“ oder beim Verlust der eigenen
Kinderschar anderen Alttieren einen Teil der
Jungen stehlen! Bei bestimmten Arten nutzen die Kleinen den Körperschleim der
Eltern vorübergehend als Nahrungsquelle,
was für die Alttiere eine schmerzhafte Sache
sein kann.
Versteckbrüter
Man könnte meinen, daß es kaum bessere
Vorraussetzungen gibt, damit die Jungen
überleben. Doch da die Eier klein sind, können auch die Fischkinder nicht groß sein,
und so sind sie lange gefährdet. Diese Zeit
verkürzt sich für Arten, die weniger, dafür
aber größere Eier legen, doch hat das den
Nachteil, daß größere Laichkörner deutlich
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
sichtbare, weißliche oder gelbe (seltener
grau-grüne) Eidotter haben - die Eier sind
also nicht mehr tarnfarbig. Es wäre deshalb
ungünstig, derart „auffällige“ Eier offen
abzusetzen - ihre Gefährdung wäre einfach
zu groß. Also müssen diese Buntbarsche
ihre Gelege verstecken. Viele laichen deshalb in Höhlen, die sie vorfinden, oft aber
zumindest teilweise erweitern (ausgraben).
Oft laichen die Fische an der Höhlendecke,
an der sie die Eier meist mit einer Schmalseite an einem Fadenbündel „aufhängen“.
Auf diese Weise brauchen sie wenig Platz
und wiegen bei der geringsten Wasserbewegung, wie sie etwa durch das Flossenfächeln der Mutter zustande kommt, hin und
her. So werden sie gut mit Sauerstoff versorgt. Aber auch in stark strömenden Gewässern oder in der Brandungszone großer
Seen, wo bestimmte Arten in SchneckenManche Arten - hier Telematochromis burgeoni
aus dem Tanganjikasee - laichen in
Schneckenhäusern
41
Nanochromis parilus ist
ein Höhlenbrüter aus
Westafrika, der seine
Eier über Kopf an
Fadenbündeln aufhängt
(Die Höhlendecke ist
zum Fotografieren
angehoben worden)
häusern laichen, ist das Höhlenbrüten von
Vorteil, weil Eier und Larven nicht so leicht
fortgespült werden können. In diesen Fällen
kleben die Eier meist direkt und sehr fest am
Substrat, sind also keinesfalls beweglich
aufgehängt.
Jungfische von Höhlenbrütern sind in der
Regel recht groß und werden auch anders
bewacht. Am Gelege und bei den Larven
bleibt meist nur die Mutter, während das
Männchen draußen patrouilliert und Feinde
vertreibt. Erst wenn die Jungen frei schwimmen und die Höhle verlassen, führen beide
Elterntiere die Kleinen gemeinsam umher.
Bemerkenswert ist, daß Männchen und Weib-
chen, wenn sie bei der Fortpflanzung verschiedene Aufgaben übernehmen, oft auch
deutlich unterschiedlich aussehen und daß
die Bindung an den Partner entsprechend
schwächer wird. Die Tiere sind an ihre Aufgabe gebunden und haben sich im Laufe der
Zeit so verändert, wie es für die Bewältigung dieser Aufgabe am günstigsten ist.
Es gibt aber auch Arten, bei denen die Fischkinder nicht mehr in erster Linie an ihre
Eltern, sondern an die Bruthöhle gebunden
sind, in der sie - wie von einer magnetischen
Kraft gezogen - bei Gefahr verschwinden.
Die Alttiere bewachen dann vornehmlich
das Revier. Bei bestimmten Arten ist das
Bei Neolamprologus
brichardi aus dem
Tanganjikasee betreuen
auch ältere Jungfische
die jüngeren
Geschwister
Fotos: U. Werner
42
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
Gebiet, das vom Männchen kontrolliert
wird, deutlich größer. Es betreut nämlich
einen ganzen Harem von Weibchen, von
denen jedes einzelne das enge Umfeld seiner Höhle bewacht. Aber noch andere
Sicherungsformen haben sich entwickelt: So
gibt es Buntbarsche, die in Kolonien leben
und brüten, und so vom Schutz durch Artgenossen profitieren, und sogar solche, bei
denen vor allem ältere Geschwister jüngere
bewachen, so daß den Bereich der Bruthöhle
bald eine regelrechte Großfamilie verteidigt.
Maulbrüter
Kann man sich überhaupt noch eine perfektere Form der Brutpflege vorstellen? Aber
sicher! Sie ist dann gegeben, wenn die Eier,
Larven und Jungfische nicht stärker gefährdet sind als der erwachsene Fisch, wenn also
ein Elterntier oder beide Eltern die Brut mit
sich herumtragen. Auch das gibt es, und
zwar bei den Maulbrütern, von denen wir
zwei Typen kennen: Die einen nehmen
sofort beim oder direkt nach dem Laichen
die Eier ins Maul, die anderen beginnen erst
dann mit der Maulbrutpflege, wenn sie die
Larven aus den Eihüllen befreit haben, so
daß wir von „larvophilen“ (Larven liebenden) Maulbrütern sprechen.
Beginnen wir mit dem zweiten Fall: Bis zum
Moment des Maulbrütens müssen die Eier
anders geschützt werden, was nach Art der
Offenbrüter geschieht. So sind die Laichkörner dieser Arten klein, zahlreich und
durchsichtig (also getarnt), was wegen der
kleinen Eidotter auch den Vorteil hat, daß
sich die Larven schnell - manchmal schon
innerhalb von 18 Stunden - soweit entwickeln, daß sie die Eltern ins Maul nehmen
können. Dort liegen sie in der Mundhöhle,
werden vom Atemwasser umspült und durch
Kaubewegungen ständig umgeschichtet,
mal von dem einen, mal von dem anderen
Elternteil getragen, damit der jeweils andere
fressen kann, bis die Jungfische selbständig
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
schwimmen und fressen können und aus
dem Maul entlassen werden.
Bei dieser Fortpflanzungsstrategie gelten
Vorteile und Bedingungen, die auch für
Offenbrüter zutreffen. Vater und Mutter
sehen weitgehend gleich aus, unterscheiden
sich also in Form und Farbe kaum, und
kümmern sich weitgehend gleichberechtigt
um ihre Brut. Manche Arten tarnen ihr Gelege mit Sand, andere transportieren es durch
die Gegend, und bis auf ganz wenige Ausnahmen bilden die Alttiere ein festes Paar,
das gemeinsam pflegt und einander hilft,
und zwar auch noch dann, wenn die Jungen
bereits frei schwimmen. Bei drohender
Gefahr oder zur Nacht werden die Kleinen
noch über längere Zeit hinweg ins schützende Maul aufgenommen.
Der zweite Maulbrütertyp nimmt schon die
Eier ins Maul, weshalb wir von „ovophilen“
(Eier liebenden) Maulbrütern sprechen. Das
bedeutet natürlich, daß die Laichkörner
„versteckt“ sind und deshalb groß und farbig
sein können. Und je mehr die Zahl der Eier
abnimmt, um so größer sind sie. Letzten
Endes werden doch genau so viele (oder
sogar mehr) Jungfische groß als von Arten,
die viele kleinere Fischkinder haben.
Die Frage, wann die Eier ins Maul genommen werden, ist je nach Art unterschiedlich
zu beantworten. So gibt es beispielsweise in
Westafrika Buntbarsche, die wie die Offenbrüter erst ein komplettes Gelege großer,
auffälliger gelber Eier auf einer festen
Unterlage absetzen, bevor sie den Laich aufnehmen. Bei diesen Maulbrütern sind
Männchen und Weibchen weitgehend gleich
gefärbt und kümmern sich weiterhin gemeinsam um ihre Brut. Andere Maulbrüter
legen ihre Eier in kleinen Portionen auf
Steinen oder in Sandmulden ab, die das
Weibchen sofort ins Maul nimmt. Bei dieser
portionsweisen Eiaufnahme sind die Eier
manchmal nicht einmal befruchtet. Da das
Weibchen aber ständig auf am Laichplatz
43
Die südamerikanischen
Bujurquina-Arten sind
Maulbrüter, die keine
Eier, sondern erst
Larven aufnehmen.
Gern laichen sie auf
transportablen
Substraten
herumlutscht und das Männchen in einigen
Fällen mit Hilfe der After- oder Brustflossenspitzen, die wie Eier gefärbt sind, das
Weibchen zu dem Versuch veranlaßt, auch
diese Eiatrappen aufzunehmen, gelangen so
die Spermien des Männchens in die Mundhöhle des Weibchens, wo die Eier befruchtet
werden.
Die portionsweise Eiaufnahme kommt bei
paarbildenenden, kaum äußere Geschlechtsunterschiede aufweisenden südamerikanischen, aber auch bei ostafrikanischen Maulbrütern vor und ist bei bestimmten Buntbarschen des Malawi- und Tanganjikasees
(die fast schon Süßwassermeere sind) inso-
fern „anders“, als sich die laichenden Partner
gar nicht richtig kennenlernen. Die Weibchen reagieren lediglich auf die Balzfärbung
der prächtig bunten Männchen, die einen
Laichplatz vorbereitet haben, und laichen
mit beliebigen Männchen ab. Eine Bindung
kommt nicht zustande. Weibchen mit dem
Maul voller Eier brüten völlig allein, was
natürlich Vor- und Nachteile hat: Damit die
Weibchen nicht zu leicht gefressen werden,
sind sie meist tarnfarbig oder zumindest
weniger bunt als die Männchen. Andererseits können sie während der Brutpflege, die
zwischen drei Wochen und mehr als zwei
Monate(!) dauern kann, nichts fressen.
Die ovophilen
Maulbrüter - hier
Geophagus - laichen
schubweise und nehmen die Eier auch portionsweise auf
Fotos: U. Werner
44
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
Ostafrikanische
Maulbrüter - im Bild
eine Art aus dem
Viktoriasee - laichen
schubweise auf einer
Kreisbahn und setzen
noch größere Eier ab
als die südamerikanischen Maulbrüter
Unten:
Die Männchen locken
die Weibchen durch
ihre Färbung an und
präsentieren ihnen
Eiflecke (Eiatrappen)
auf der Afterflosse
Und schließlich können sie als alleinverantwortliche Mütter die Jungfische kaum weiter betreuen, nachdem diese das Maul verlassen haben. In den meisten Fällen müssen
die - dann allerdings schon recht großen Jungfische sehen, wie sie allein zurecht
kommen.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 37–45
Auf wenigen Textseiten kann man unmöglich alle Wunder der Brutpflege schildern,
die man bei der Buntbarschpflege miterleben kann. Vielleicht sind diese Zeilen aber
Anregung genug, selbst einmal Cichliden zu
pflegen und zu züchten.
45
Welse als Beifische für das
Cichliden-Aquarium
Ingo Seidel
Wohl nur die wenigsten Liebhaber von
Cichliden pflegen ihre Fische im reinen Artbecken. Es bietet sich ja auch an, den noch
vorhandenen Raum mit geeigneten Beifischen auszufüllen, die dann allerdings das
Verhalten der Tiere nicht weiter einschränken
sollen. Da Welse zumeist kein besonders
stark ausgeprägtes Territorialverhalten zeigen, stehen sie seit jeher als Beifische für
Buntbarsche in der Beliebtheitsskala ganz
vorne.
Nahezu für jeden Cichliden gibt es einen geeigneten Wels als Beifisch. Für afrikanische
Buntbarsche sind beispielsweise die Fiederbartwelse der Gattung Synodontis gefragte
Gesellschafter. Die beliebtesten Beifische
für Cichliden sind allerdings südamerikanische Welse. Und so empfehlen sich für die
Vertreter der Bullenklasse wie zum Beispiel
46
Amphilophus, Vieja, Astronotus oder Cichla,
verschiedene Raubwelse der Familie
Pimelodidae oder größere Harnischwelse als
Beckengenossen. Für kleine und mittelgroße südamerikanische Buntbarsche sind
hingegen vor allem kleinere Harnischwelse
und Panzerwelse als Beifische geschätzt.
Besonders erstere widerstehen aufgrund
ihrer starken Panzerung auch zumeist gut
den Attacken aggressiverer Arten.
Eine Vergesellschaftung von Panzerwelsen
ist mit einer Vielzahl von Cichliden möglich.
Sie selbst verhalten sich anderen Fischen
gegenüber völlig friedlich, sind aber selbst
nahezu schutzlos den Aggressionen von
Beifischen ausgesetzt, weshalb sie nur mit
friedlichen oder wenig territorialen Arten
vergesellschaftet werden sollten.
Unproblematisch ist eine gemeinsame Pflege
von Panzerwelsen mit vielen südamerikanischen Zwergbuntbarschen. Aber auch für
mittelgroße Cichliden, beispielsweise aus
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
der Geophagus- und Aequidens-Verwandtschaft, stellen die Tiere aufgrund ihrer Körpergröße gute Gesellschafter dar. Eine der
hübschesten Panzerwels-Arten, die sich hervorragend für eine Vergesellschaftung mit
vielen amazonischen Cichliden-Arten eignet,
möchte ich im Folgenden vorstellen:
Der Orangeflossenpanzerwels
Corydoras sterbai
Corydoras sterbai ist einer von zahlreichen
attraktiv gefärbten Panzerwels-Arten, die im
Flußgebiet des oberen Rio Guaporé in
Brasilien endemisch vorkommen. Zumeist
kann man die Art syntop mit dem sehr ähnlichen C. haraldchultzi antreffen, mit dem
sie auch früher, als man die Artunterschiede
noch nicht genau kannte, gemeinsam importiert wurde. Das Artenpaar Corydoras sterbai/haraldschultzi kann sich nur gemeinsam
einen Lebensraum teilen, da die Tiere unterschiedliche ökologische Nischen besitzen.
Laut Knaack (2000a) soll C. sterbai im
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
natürlichen Lebensraum tagaktiv sein,
während C. haraldschultzi dämmerungsund nachtaktiv ist. Dieses ist auch bei der
Pflege im Aquarium zu beobachten, wo C.
sterbai im Gegensatz zur Partnerart auch
tagsüber im hellen Licht der Aquarienbeleuchtung größere Aktivität zeigt.
Die Lebensräume der Guaporé-Panzerwelse
sind in vielerlei Hinsicht gefährdet. Vielerorts haben Goldwäscher die Landschaft verwüstet und Chemikalien in die Flüsse eingeleitet. Auch Brandrodung ist in diesem
Teil Brasiliens leider an der Tagesordnung.
Und als ob das noch nicht genug ist, plant
die Regierung den Bau eines Staudammes in
diesem Gebiet. Ob es C. sterbai auch in
einigen Jahren noch in der Natur zu beobachten gibt, muß die Zukunft zeigen.
Seite 46:
Weibchen von Corydoras sterbai
Unten:
Männchen von Corydoras sterbai
47
Pflegebedingungen
Wie die meisten Aquarienfische erweisen
sich auchC. sterbai bei der Pflege im Aquarium als überaus anpassungsfähig.
Erfahrungsgemäß reicht für die Pflege und
Vermehrung dieser sechs bis sieben Zentimeter lang werdenden Art schon ein Aquarium von 60 Litern Inhalt. Der Boden des
Aquariums sollte mit Sand oder nicht zu
grobem, nicht scharfkantigem Kies bedeckt
sein. Der Einrichtung kommt keine große
Bedeutung zu. Wichtig sind lediglich einige
Versteckmöglichkeiten, die sie von Zeit zu
Zeit aufsuchen können. Die Tiere benötigen
nicht unbedingt eine Bepflanzung des Aquariums. Sie ist aber durchaus von Vorteil,
legen sie doch ihre Eier gerne daran ab.
Als Filterung reicht ein mit einem Luftheber
betriebender Schaumstoff-Filter vollkommen aus. Die Tiere benötigen weder eine
Zum Verwechseln ähnlich:
Der dämmerungs- und nachtaktive Corydoras
haraldschultzi
48
starke Strömung noch sind sie sehr sauerstoffbedürftig. Regelmäßige Wasserwechsel
sind allerdings Voraussetzung für eine erfolgreiche Pflege der Fische und diese können
auch ruhig mal etwas größer ausfallen. Für
die reine Pflege von C. sterbai ist nicht
weiter aufbereitetes Leitungswasser in den
meisten Teilen Deutschlands verwendbar.
Die Tiere vertragen auch härteres Wasser
problemlos und es werden pH-Werte zwischen 5,5 und 8,0 dauerhaft toleriert. Dabei
sind Wassertemperaturen von 24 bis 28 °C
optimal für diese Fische.
Gefüttert werden können Panzerwelse mit
verschiedensten Futtermitteln. Zwar müssen
sich die Tiere in den meisten Gesellschaftsaquarien mit dem begnügen, was noch auf
dem Boden für sie ankommt. Natürlich sind
sie aber nicht nur reine Resteverwerter sondern haben bestimmte Ansprüche.
Hervorragend können Panzerwelse bereits
mit industriell gefertigtem Futter auch auf
Dauer ernährt werden. Hierbei sind Granu-
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
late, Futtertabletten und Flockenfuttermittel
geeignet. Als optimal ist natürlich eine Verfütterung von Lebend- und Frostfutter anzusehen, seien es nun Insektenlarven (rote und
weiße Mückenlarven), Krebstiere (Wasserflöhe, Cyclops und Salinenkrebse) oder
Würmer (Tubifex, Enchyträen und Grindal).
Bei der Anschaffung dieser Fische ist zu beachten, daß sie in stärkerem Maße als die
meisten anderen Corydoras-Arten unter
Streßbedingungen ein körpereigenes Eiweiß
absondern, das sie selbst und andere Fische
vergiften kann. Nicht selten endet auch ein
verhältnismäßig kurzer Transport dieser Art
deshalb mit dem Tod der Tiere.
Vermehrung
Will man Orangeflossenpanzerwelse vermehren, so muß man ihnen schon einige
Voraussetzungen dazu schaffen. Zunächst
einmal empfiehlt sich ein eigenes Zuchtaquarium für die Tiere, denn andere Beifische sind potentielle Eiräuber und dementsprechend fehl am Platz. Je übersichtlicher
das Aquarium eingerichtet ist, desto einfacher hat man es später mit der Eisuche. Ich
selbst habe gute Erfahrungen damit gemacht, neben einer dünnen Sandschicht,
einem Filter und ein paar übereinander gelegten Steinen und Holzstücken als Versteckmöglichkeiten lediglich zwei bis drei
beschwerte Pflanzenbüschel (Anubias nana)
ins Aquarium einzubringen. Manche Züchter verwenden selbst angefertigte Wollmops
(Vorsicht: keine Baumwolle verwenden,
sondern 100 Prozent künstliche Wolle), die
in die Ecken der Aquarien eingehängt werden, damit die Fische darin ihre Eier ablegen. Dieses klappt bei den Panzerwelsen,
die ihre Eier pro Laichgang einzeln oder in
geringen Stückzahlen ablegen, auch sehr
gut. Corydoras sterbai gehört zu dieser
Gruppe und legt nach meinen Beobachtungen maximal vier Eier auf einmal ab.
Wieviele Fische man ins Zuchtbecken einDCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
setzt, ist eine Frage seiner Größe und der
Präferenz des Züchters. Im allgemeinen hat
es sich so eingebürgert, daß man die meisten
Panzerwelse in der Gruppe ansetzt. Allerdings hatte ich gerade bei paarweisem Ansatz die besten Ergebnisse, so daß der
Zuchterfolg vermutlich weniger von der
Menge der angesetzten Fische sondern vom
Glück des Aquarianers, ein gut konditioniertes und harmonisierendes Paar herausgesucht zu haben, abhängt. Ich habe zumeist
mit fünf bis sechs Exemplaren angefangen,
wobei besser ein Männchen-Überschuß als
ein Weibchen-Überschuß gewählt werden
sollte. Da ich es häufig beobachtete, daß
nicht beteiligte Tiere sich schnell mal an den
frisch abgelegten Eiern vergriffen, habe ich
manchmal beim ersten Ablaichen das beteiligte Paar herausgefangen und in Folge
paarweise zur Zucht angesetzt. Die Ergebnisse waren die besten, die ich jemals bei
dieser Art erzielt hatte. Mehrere Männchen
führen meiner Ansicht nach entgegen der
häufig geäußerten Meinung, daß ein einzelnes Männchen größere Eizahlen nicht befruchten können, zu keiner Verbesserung des
Laich- und Befruchtungsergebnisses. Auch
wenn häufig mehrere Männchen hinter
einem Weibchen hertreiben, so ist es nach
meinen Beobachtungen doch fast immer das
gleiche Männchen, das sich mit dem Weibchen zur Paarung absondert.
Wichtig für einen Zuchtansatz sind optimal
konditionierte Elternfische. Ein deutlicher
Laichansatz sollte bei den Weibchen, die
schon mindestens viereinhalb Zentimeter
Länge haben sollten, zu sehen sein. Laichbereite Männchen erkennt man an der
starken Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, eine höhere Rückenflosse und deutlich spitz zulaufende Bauchflossen. Die Bauchflossen der Weibchen sind
abgerundet. Außerhalb der Laichzeit können
sich die sekundären Geschlechtsmerkmale
der Männchen deutlich zurückbilden.
49
Oben: Unruhiges Verhalten der Fische kündigt das Ablaichen an
Unten: Ein Männchen von Corydoras sterbai treibt ein laichreifes Weibchen
50
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
Bei der Verpaarung
wird die für Panzerwelse typische TStellung eingenommen.
Das Männchen befindet sich rechts
Die besten Ergebnisse bei der Zucht erzielt
man nach meinen Erfahrungen mit bereits
ausgewachsenen Wildfangtieren. Die in der
Regel zur Trockenzeit gefangenen Fische
sind in ihrem Lebensraum durch eine Phase
der Nahrungsknappheit bereits optimal
vorbereitet und dem entsprechend nach
einer Phase der kräftigen Fütterung durch
den Pfleger sehr gut konditioniert. Bei so
vorbereiteten Tieren erlebte ich es einmal
sogar, daß ein einzelnes Pärchen 280 Eier
zustande brachte, die nahezu alle befruchtet
waren.
Pflegt man die Tiere bereits länger, so ist unbedingt eine Vorbereitung auf die Laichzeit
erforderlich, will man mehr als nur 20 bis 30
Eier pro Weibchen „ernten“. Zur vollen Ausbildung der Geschlechtsprodukte benötigen
die Tiere offensichtlich unbedingt eine
Phase der spärlichen Fütterung und am
besten auch eine etwas kühleren Pflege (2
bis 3 °C). Der wesentlich geringeren
Wasserbelastung durch Stoffwechselprodukte entsprechend brauchen wir in dieser
Zeit auch längst nicht so häufig Wasser zu
wechseln. Es ist eben „Trockenzeit“. Die
Jahreszeit ist dabei nicht entscheidend, denn
die Fische reagieren natürlich auf die ihnen
gebotenen Umweltbedingungen und nicht
auf die vielleicht gerade vorherrschenden
Das Weibchen von
Corydoras sterbai sucht
nach einem geeignetem Laichsubstrat. In
der Bauchflossentasche
befinden sich vier Eier
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
51
Bedingungen in der fernen Heimat. Eine
zwei- bis dreimonatige „Trockenzeitphase“
sollte einem Zuchtversuch schon vorangehen, soll dieser besonders erfolgreich sein.
Danach werden die Tiere durch Anheben der
Temperatur und kräftige und vielseitige
Fütterung auf ein Ablaichen vorbereitet.
Das Wasser im Zuchtbecken sollte weich bis
mittelhart und möglichst nicht zu stark alkalisch sein. An meinem alten Wohnort hatte
ich jedenfalls in Leitungswasser mit einem
Leitwert von 490 µS/cm und einem pH-Wert
von 7,0 keinerlei Probleme mit der Vermehrung und Aufzucht dieser Art. Durch
kräftige Wasserwechsel mit etwas kühlerem
Wasser, die die Temperatur kurzzeitig absenken und den Sauerstoffgehalt des
Wassers erhöhen, lassen sich die Tiere bei
vorhandener Laichbereitschaft in der Regel
gut zum Ablaichen stimulieren. Auch Luftdruckverhältnisse spielen immer eine gewisse Rolle, wann die Tiere ablaichen.
52
Man erkennt das bevorstehende Ablaichen
an einer völligen Verhaltensänderung der
Tiere. Die ansonsten sehr ruhigen Tiere werden plötzlich sehr aktiv und sind häufig im
Freiwasser anzutreffen. Dann treiben ein
oder mehrere Männchen hinter dem auserwählten Weibchen hinterher. Eines der
Männchen sondert sich schließlich mit dem
Weibchen ab, stellt sich frontal vor das
Weibchen und wedelt mit den Brustflossen.
Danach klemmt es die Barteln des Weibchens mit dem Brustflossenhartstrahl ein
(die sogenannte T-Stellung). Das Weibchen
entläßt einige Eier in eine von den Bauchflossen gebildete Tasche; das Männchen
biegt darauf seinen Hinterkörper herum und
gibt die Spermien ab. Die Tiere können
einige Sekunden in dieser Stellung verharren.
Jungfisch von Corydoras sterbai im Alter von
einigen Wochen
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
Daraufhin löst sich das Weibchen vom
Männchen und geht mit den nun befruchteten, sehr klebrigen Eiern auf Suchen nach
einem geeigneten Substrat fürs Anheften.
Sie haben einen Durchmesser von etwa 1,7
bis 1,8 Millimeter, sind zunächst leicht
milchig durchsichtig und werden nun vom
Weibchen an der Unterseite von Pflanzenblättern, an Einrichtungsgegenständen oder
einfach an die Aquarienscheibe geklebt.
Danach beachtet das Weibchen die Eier
nicht weiter.
Die je nach Größe und Kondition des Weibchens etwa 20 bis 250 Eier werden nun am
besten aus dem Aquarium entfernt. Nach
zwei bis drei Stunden sind sie ausgehärtet
und können nun gefahrlos unter Zuhilfenahme einer Rasierklinge, der Fingernägel,
Finger oder sonstiger Hilfsmittel abgelöst
und in ein anderes Gefäß mit abgestandenem Frischwasser überführt werden. Eine
leichte Belüftung des Wassers sowie ein
Zusatz eines Mittels zur Verringerung der
Keimzahl (Acriflavin, Methylenblau oder
einfach ein Erlen-Zapfen) sind angebracht.
Bis zum Schlupf der Larven, der je nach
Temperatur nach drei bis fünf Tagen erfolgt,
sollte noch das eine oder andere Mal das
Wasser gewechselt und abgestorbene (weiß
gewordene) Eier entfernt werden. Die frisch
geschlüpften und noch fast durchsichtigen
Larven tragen einen großen Dottersack, von
dem sie weitere zwei bis drei Tage zehren.
Danach können sie mit frisch geschlüpften
Salinenkrebsnauplien und kleineren Grindal
angefüttert werden.
Die Aufzucht kann in einem Einhängegefäß
oder einem gesonderten kleinen Aquarium
erfolgen. Wichtig ist peinlichste Sauberkeit,
da es ansonsten schnell zu einem Massensterben kommt. Besonders die schnell aufkommende Schleimschicht auf dem Boden
der Aufzuchtgefäße sollte täglich entfernt
werden. Einige hinzugesetzte Schnecken
(Turmdeckel- oder Posthornschnecken,
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 46–53
Eier von Corydoras sterbai
Fotos: I. Seidel
keine Apfelschnecken!) oder junge Saugwelse (Ancistrus) können den Pfleger bei
der Sauberhaltung der Aufzuchtbehälter
unterstützen. Anfänglich wachsen die Tiere
recht schnell, ab einer gewissen Größe (etwa
15 Millimeter) dann jedoch deutlich langsamer. Leider ist das Wachstum der Jungfische recht unregelmäßig. Sortiert man sie
von Zeit zu Zeit nach der Größe und überführt sie in separate Behälter, so holen die
zurückgebliebenen Tiere häufig wieder das
Wachstum auf. Unterläßt man dieses,
verenden sie zumeist irgendwann.
Der Orangesaumpanzerwels ist ein ausgesprochen hübscher Panzerwels, der sicherlich eine Bereicherung für jedes Gesellschaftsaquarium darstellt. Die Krönung bei
der Pflege dieser Tiere ist allerdings ihre
Vermehrung im eigenen Aquarium. Denn
was ist schon beruhigender als ein Schwarm
aufwachsender, selbstgezüchteter Jungfische? Versuchen Sie es doch einfach auch
einmal.
Literatur
Knaack, J. (2000a): Panzerwelse aus dem oberen Rio
Guaporé. Aquaristik aktuell 8 (7–8): 28–34.
– (2000b): Ein weiterer neuer Harnischwels aus dem
Rio Guaporé: Lasiancistrus guapore n. sp. Aquaristik
aktuell 8 (9–10): 56–61.
53
Zum Thema
Qualzucht
Harro Hieronimus
Die Untersuchung von Fischen hat bis heute
noch nicht endgültig die Frage beantworten
können, ob Fische bestimmter Zuchtformen
leiden. Dies kann nur vermutet werden. Da
aber auch Zuchtformen im Handel sind, bei
denen die Fische scheinbar nicht leiden, die
aber aufgrund von Körperdeformationen
oder äußeren Eingriffen manipuliert wurden,
werden die Zuchtformen, die Wesensmerkmale oder Veränderungen zeigen, bei denen
nicht ausgeschlossen werden kann, daß die
Fische deswegen - zeitweise oder dauernd unter großem Streß stehen, als unerwünschte
Zuchtformen bezeichnet. Der BNA
(Bundesverband für fachgerechten Naturund Artenschutz e.V.) wendet sich gegen
den Import und die Pflege unerwünschter
Zuchtformen. Einige wenige Zuchtformen
werden auch als Qualzucht bezeichnet.
54
Die dem BNA angeschlossenen aquaristischen Vereinigungen erklären den freiwilligen Verzicht auf die unerwünschten
Zuchtformen und Qualzuchten.
Grundsätzlich gilt, daß vor allem bei der
Zucht darauf geachtet werden muß, daß nur
gesunde Fische zur Zucht eingesetzt und nur
solche auch gehandelt werden sollten. Die
Aquarianer wollen generell vitale, gesunde
und nachzuchtfähige Fische pflegen.
Flossenverlängerungen
Flossenverlängerungen an sich, auch wenn
sie bei einigen Lebendgebärenden das Gonopodium betreffen, sind keine Schwimmbehinderung eines gesunden und unter guten
Bedingungen erzüchteten Fisches. Die verantwortlichen Gene - wie etwa das Lyra-Gen
- führen zwar zu einer Flossenvergrößerung,
diese ist aber begrenzt. Beim Lyra-Gen sind
die äußeren Flossenstrahlen der unpaarigen
Flossen betroffen und wachsen deutlich
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
größer heran als bei den Ausgangsformen
ohne Flossenverlängerung. Schon bei halbwüchsigen Fischen ist aber die endgültige
Flossenform erreicht, die Proportionen
bleiben erhalten. Beispiele dafür sind der
Lyra-Molly (Poecilia sp.), die Lyraflosser
der Xiphophorus-Arten, die Simpsonflosser
(nur hohe Rückenflosse bei XiphophorusArten), der so genannte Gießener Guppy
(Poecilia reticulata) sowie die schleierflossigen Kardinälchen (Tanichthys albonubes).
Im Rahmen einer freiwilligen Einschränkung im europäischen Standard der Guppyzüchter (Internationaler Hochzucht-Standard IHS) haben die Guppyzüchter eine
Längenbegrenzung der Schwanzflosse der
großflossigen Rassen verankert. Scheinbare
Schwimmprobleme der großflossigen Rassen
beruhen in der Regel auf falscher Pflege.
Ausdrücklich wird das Beschneiden von
Flossen zum Erreichen einer besseren
Schwimmfähigkeit abgelehnt. Im entsprech-
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
enden Standard sind für solche Fische auf
Ausstellungen Sanktionen vorgesehen, die
eine solche Handelsweise für Ausstellungsund damit auch Zuchtzwecke uninteressant
machen.
Als unerwünschte Zuchtformen dagegen
gelten Flossenformen, bei denen ein Gen für
ein lebenslanges, ungebremstes Flossenwachstum verantwortlich ist. Zu diesen
Zuchtformen zählen der Berliner Guppy, die
schleierflossigen Xiphophorus-Arten sowie
einige Salmler (Gymnocorymbus ternetzi,
Schleier-Trauermantelsalmler), aber auch
Buntbarsche wie Mikrogeophagus ramirezi
in ihren jeweiligen Schleierformen. Auch die
Hypertrophie des Segelflosssers (Pterophyllum scalare) zählt hierzu.
Seite 54: Eine Zuchtform des Goldfisches mit
ballonförmig vergrößertem Leib und einer in
Zweizahl vorhandenen, schleierförmig ausgebildeten Schwanzflosse
Unten: Bei schleierflossigen P. scalare unterliegen die Flossen einem permanentem Wachstum
55
Charakteristikum dieser Fische ist, daß sie
als halbwüchsige Arten in den Handel kommen, bei denen die Flossenverlängerungen
bereits sichtbar sind, aber noch nicht zu
einer Einschränkung der Schwimmfähigkeit
geführt haben. In ausgewachsenem Zustand
sind jedoch Einschränkungen erkennbar, die
Fische können sich nur noch unter schlängelnden, unnatürlichen Bewegungen fortbewegen. Für diese Fische sollte ein Handelsverbot ausgesprochen werden.
Grundsätzlich ist es von untergeordneter
Bedeutung, ob die Flossen verändert sind
oder - wie bei manchen Goldfisch-Zuchtformen - vollständig fehlen, solange dadurch das Schwimmverhalten und die
Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme auch in
Gesellschaftsaquarien nicht deutlich beeinträchtigt werden.
Wucherungen
Sofern Wucherungen auf dem Kopf oder
den Kiemen die Seh- oder Atemfähigkeit
des Fisches einschränken, werden Zucht und
Handel dieser Fische abgelehnt. Beim
Löwenkopf-Goldfisch (Carassius auratus)
ist bei der Zucht auf eine mäßig große
Kappe zu achten, Fische mit zu großen
Kappen - auch wenn das Auge noch vollkommen frei ist - sind von der Zucht auszuschließen. Leider kommen immer wieder
Goldfische in den Handel, die zu starke
Wucherungen haben, bei denen dann die
Augen vollkommen überdeckt sind. Auch
diese Zuchtform soll als Qualzucht mit
einem Handels- und Importverbot belegt
werden. Es ist nicht akzeptabel – aus
welchen Gründen auch immer –, wenn
Fische um des Aussehens willen erblinden
müssen.
Beim Blasenaugen-Goldfisch ist unter dem
Auge eine große Wucherung vorhanden.
Dadurch ist die Sehfähigkeit eingeschränkt.
Durch das Seitenliniensystem ist zwar ein
normales Schwimmen möglich, da aber die
56
Blasen besonders empfindlich sind und
nicht festgestellt werden kann, ob diese
Zuchtform nicht doch eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität des Fisches
bedeutet, handelt es sich um eine unerwünschte Zuchtform, die Handelsbeschränkungen unterliegen sollte.
Eine besondere Form der Wucherung stellt
der Farbkrebs dar, der bei bestimmten
Zuchtformen von Xiphophorus-Arten auftreten kann. Die Anlage zum Farbkrebs liegt
bei den handelsrelevanten Formen dann vor,
wenn größere schwarze Flecken mit daraufliegendem Guanin vorhanden sind (Berliner
Schwertträger). Die Zuchtverbände haben in
ihren Standard deutliche Hinweise aufgenommen, daß die Nachzucht nur mit wenig
gescheckten Fischen erfolgen darf. Farbkrebs ist dort unerwünscht, da die Fische
weder ausstellungs- noch zuchtfähig sind
und es sich um eine starke Wertminderung
handelt.
Zwar sind aus der Melanomforschung weitere, Farbkrebs auslösende Gene bekannt,
die auch farblose und andersfarbige Fische
befallen, sie sind jedoch in der Hobbyzucht
und im Handel nicht relevant und wegen
ihrer wertmindernden Wirkung auch nicht
zu erwarten. Fische mit Farbkrebs gelten
generell als unerwünschte Zuchtformen.
Albinismus
Albinismus beruht auf dem natürlichen
Fortfall der pigmentbildenden Gene.
In Sonderfällen (bei Xiphophorus und
Poecilia) sind auch Albinos mit einer roten
oder schwarzen Deckfarbe möglich. In den
heute im Handel und bei den Züchtern befindlichen Stämmen sind keine Einschränkungen gegenüber den Wildformen sichtbar.
Deswegen reicht das Auftreten von Albinismus nicht aus, eine Zuchtform pauschal als
unerwünscht zu bezeichnen.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
Melanismus
In seltenen Fällen, so beim Segelflosser, P.
scalare, ist bei einer Schwarzfärbung eine
deutliche verringerte Vitalität und Fertilität
zu beobachten. Der genaue Vererbungsgang
ist bei Norton (1991) nachzulesen. Diese
Zuchtform zählt zu den unerwünschten
Formen.
Veränderungen des Skeletts
Obwohl die bislang bekannten, handelsrelevanten Zuchtformen mit Skelettdeformationen nicht erkennen lassen, daß diese
Fische leiden, sind diese Zuchtformen jedoch vorbeugend abzulehnen, da wahrscheinlich nur bei sorgfältiger Zusammenstellung von Zuchtpaaren und optimalen
Pflegebedingungen größere Schädigungen
bei einem Teil der Nachzucht ausbleiben. Zu
diesen Zuchtformen gehören der sogenannte
Ballonmolly (Poecilia sp.) sowie der Papageienbuntbarsch (Amphilophus labiatus).
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
Besonders bei letzterer Art kommt es zu
Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme,
so daß der dringende Verdacht besteht, daß es
sich hier tatsächlich um eine Qualzucht handelt. Da diese Fische dadurch erheblich in
ihren Lebensäußerungen eingeschränkt
werden und sich nicht normal fortpflanzen
können, liegt hier aus Sicht des BNA und der
DCG eine Qualzucht vor. Ein Handels- und
Importverbot wird derzeit beantragt.
Bei älteren Aquarienfischen tritt manchmal
eine Krümmung der Wirbelsäule auf. Hier
handelt es sich um eine Alterserscheinung,
teilweise auch um eine Krankheitserscheinung (Fischtuberkulose), die auch in
der Natur auftritt. Betroffene Fische sind aus
der Zucht zu entfernen. In seltenen Fällen ist
eine Wirbelsäulenverkrümmung auch eine
spontan auftretende genetische Schädigung
in Nachzuchten (Lordose).
„Rotkäppchen“, eine Zuchtform des Goldfisches
mit Wucherungen auf Kopf und Rücken
57, Sonderheft 1: 51–59
Zuchtversuche mit diesen Stämmen sind
einzustellen.
Gelegentlich kommt es bei Aquariennachzuchten zu einer Deformation des Schädeldachs (Mopsköpfigkeit), die für die betroffenen Fische keine Einschränkungen mit sich
bringt. Da sich dieser Effekt aber in den
Nachzuchtgenerationen verstärken und damit zu Einschränkungen führen könnte, ist
eine Zucht mit diesen Fischen nicht wünschenswert.
Weitere Mutationen
Mutationen treten in der Regel spontan auf.
In Aquariennachzuchten fallen diese Mutationen eher auf als in der Natur, wo sie fast
immer auf natürliche Weise selektiert werden. Sofern diese Mutationen eine Beeinträchtigung der Vitalität bedingen, werden
sie als unerwünschte Zuchtformen abgelehnt. Im einzelnen können dies sein:
Zusätzliche oder funktionsunfähige Flossen,
58
die ein normales Schwimmen verhindern;
– fehlende Flossen;
– Veränderung oder Schädigung innerer Organe, auch der Schwimmblase;
– verkürzte oder fehlende Kiemendeckel;
– Siamesische Zwillinge;
– beeinträchtigte oder fehlende Sinnesorgane, soweit es sich nicht um natürliche Erscheinungen handelt (fehlende Augen beim
Höhlensalmler, Astyanax fasciatus forma
mexicana);
– gestörtes Verhalten (besondere Aggressivität, gestörtes Schwimmverhalten).
So weit sich Mutationen nur auf die Farbe
beziehen, sind sie nicht abzulehnen. Wie im
Albinismus, dies ist eine Sonderform, fallen
hier bestimmte Farbpigmente aus, wodurch
andere verstärkt werden. Bekannteste Farbmutation ist wahrscheinlich der Black Molly.
Der „Papageienbuntbarsch“ sollte als verbotene
Qualzüchtung eingestuft werden
Foto: W. Staeck
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
Seit neuestem ein Verkaufsschlager:
künstlich eingefärbte „Papageienbuntbarsche“
gibt es in nahezu allen Farbtönen
Foto: W. Staeck
Im Handel häufig zu finden sind die vielen
verschiedenen Farbformen von Segelflosser
und Diskus, wobei die Geschmäcker verschieden sind und viele Liebhaber die
Naturformen bevorzugen.
Bei den Cichliden ist in Asien derzeit der
Trend zu finden, daß etliche CichlasomaArten Mittelamerikas – teilweise auch
größere Exemplare – in großen Mengen gezüchtet werden, dabei fielen auch
Mutationen an. Die rötlichen Mutationen
wurden selektiert und in größeren Mengen
gezüchtet. Wegen des großen Bedarfs in den
Zuchtländern, der mangelnden Nachfrage
nach mittelamerikanischen Großcichliden
bei uns sowie den teilweise sehr hohen
Preisen ist ein Auftreten bei uns für die
nächste Zeit kaum zu erwarten.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
Äußere Manipulationen
Fischarten, die äußerlich manipuliert werden, werden grundsätzlich als unerwünscht
abgelehnt. Dies betrifft besonders die
tätowierten Fische (Corydoras aeneus,
Barbus schwanefeldii, Ambassis sp., Kryptopterus minor). Für diese Fische wird ein
strenges Handelsverbot befürwortet. Das
gilt auch für die mit vermutlich Lebensmittelfarben in letzter Zeit in den Handel
gekommenen gefärbten Papageienbarsche.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Farbe den
Fischen schadet. Diese Manipulation ist
vollkommen überflüssig, immerhin handelt
es sich um Lebewesen.
Transgene Fische
Seit neustem sind – zumindest in Asien und
den USA – Exemplare von Oryzias latipes
(Reiskärpfling, Medaka) im Handel, die
durch Genmanipulation im Ei und Insertion
von Genen fluoreszierender Quallen diese
59
Gene einbauen und deswegen im Dunkeln
fluoreszieren (leuchten). Sie werden auch
als „Glow in the Dark“ bezeichnet. Sie
sollen steril und damit biosicher sein. Ich
halte jedoch eine solche Manipulation für
überflüssig. Es ist auch zu vermuten, daß
diese Fische nicht artgerecht gehalten werden, da das Fluoreszieren im normal beleuchteten Aquarium so gut wie nicht zu erkennen sind, die Fische sind nur etwas grünlich. Erst im dunklen Aquarium kommt das
Leuchten zur Geltung. Um die Fische erst
überhaupt nicht diesem Streß auszusetzen,
ist dies aus meiner Sicht auch eine unerwünschte Zuchtform.
Kreuzungen
In letzter Zeit kommen immer mehr Kreuzungen auf den Markt. Vor allem betroffen
sind Regenbogenfische und Cichliden, aber
auch Welse (Panzer-, Harnisch- und Fiederbartwelse) und Prachtschmerlen kommen
60
Amphilohpus trimaculatus × A. citrinellus
verstärkt aus Rußland und angrenzenden
Ländern, wo sie mit Hormonen erzüchtet
werden.
Für den normalen Aquarianer besteht allerdings die Problematik, diese Kreuzungen zu
erkennen. Bei bestimmten Cichlidengattungen wie Aulonocara oder bei Regenbogenfischen ist dies für den Laien kaum
möglich. Zusätzlich sind einige dieser Kreuzungen steril, ein Nachteil für Aquarianer,
die züchten wollen.
Bei den Kreuzungen handelt es sich um
einen Graubereich, was etwas erläutert werden soll. Viele Kreuzungen von Aquarienfischen gibt es seit nahezu 100 Jahren, so die
von Schwertträger und Platy. Nicht zu verwechseln sind damit die durch Selektion
und Mutation aufgetretenen Flossen- und
Farbformen. Aber rote Schwertträger und
Platys gäbe es ohne die Kreuzung dieser
beiden Arten nicht.
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
Die Kreuzung
A. trimaculatus × A.
citrinellus wird im Zoofachhandel als „Flower
Horn“ angeboten.
Es existieren bereits
mehrere „Zuchtlinien“,
die ...
Hier ist allerdings schon ein wichtiges
Unterscheidungsmerkmal zu vielen neueren
Kreuzungsprodukten zu finden. Kein Zoofachhändler käme auf die Idee, rote Platys
oder Schwertträger ausschließlich mit
wissenschaftlichem Namen und eventuell
noch mit Fundort anzugeben. Bei Regenbogenfischen, aber auch zahlreichen Buntbarschen ist dies aber nicht der Fall. Hier
werden die Fische von den Züchtern als vermeintlich neue Art in den Handel gebracht.
Da dies in der Absicht geschieht, einen – ungerechtfertigten, da nur für neu importierte
Arten üblicherweise gezahlten – höheren
Preis zu erzielen, geschieht dieses Angebot
aus meiner Sicht in Betrugsabsicht. Ebenso
machen sich Händler nach meinen Dafürhalten strafbar, wenn sie solche Fische
wider besseres Wissen anbieten, wenn sie
also über den Kreuzungscharakter informiert wurden.
Dabei darf nicht verkannt werden, daß
manche Kreuzungen selbst von Experten
nicht von Wildfängen unterschieden werden
können und sich dies die „Betrüger“ zunutzen machen. Hier ist nicht der Händler
der Schuldige, sondern der Züchter oder
Großhändler, der diese Fische mit einer bewußt falschen Bezeichnung zwecks Gewinnmaximierung in Umlauf bringt.
... sich in der
Farbausprägung stark
unterscheiden.
In den Handel gelangen wohl nur die
Männchen mit stark
ausgeprägtem
Stirnbuckel
Fotos: DCG-Archiv
O. Lucanus
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
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Wohl gemerkt, werden diese Kreuzungen
korrekt bezeichnet in den Handel gebracht,
spricht nichts dagegen. Da diese Fische oft
steril sind, werden verantwortungsvolle
Züchter sich kaum mit diesen Kreuzungen,
sondern den reinen Arten (oder Fundortvarianten, die sich farblich manchmal deutlich unterscheiden) beschäftigen.
Ein „Blauer Regenbogenfisch“ oder ein
„Goldener Aulonocara“ ohne jede pseudowissenschaftliche Bezeichnung wäre ebenso
wie ein Roter Schwertträger oder ein Roter
Platy ein Fisch, der seinen Platz im Handel
finden kann.
Literatur
Bernhardt, K.-H. (1999): Aqualog-Spezial Goldfische
und Schleierschwänze. Rodgau.
DGLZ (1997): DGLZ-Bewertungsrichtlinien (Standards). DGLZ-Sonderheft 2/97
Hieronimus, H. (1991): Guppy, Platy, Molly und andere
Lebendgebärende. München.
–. (1997): Ihr Hobby Guppys. Ruhmannsfelden.
– (2000): Ihr Hobby Schwertträger und Platys.
Ruhmannsfelden.
Kempkes, M. (1996): Guppys. Stuttgart.
Meyer, M., W. Förster, & L. Wischnath (1985):
Lebendgebärende Zierfische - Arten der Welt. Melle.
Norton, J. (1991): Genetics. In: Aquariology. USA.
Schröder, J.-H. (1976): Vererbungslehre für Aquarianer.
Stuttgart.
„Goldene Kaiserbuntbarsche“.
Ohne pseudowissenschaftliche Namensgebung
hat diese Aulonocara-Zuchtform auch einen
Platz im Aquarium einiger Liebhaber
Foto: M. Härtl
62
DCG-Informationen, Sonderheft 1: 54-62
Luftbetriebene Innenfilter –
Eine Alternative zu „herkömmlichen“ Filtertechniken
Heinrich Wilmer
Wer hat nicht schon einmal sein Wohnzimmer „unter Wasser“ gesetzt, weil am
Aquarium eine Schlauchverbindung des
Filtertopfes abriß? Wer ist es einfach Leid,
alle paar Wochen den Filtertopf zu öffnen
und die kostbaren Bakterien beim
Ausdrücken des Schwammes in den Ausguß
zu entsorgen? Der luftbetriebene Innenfilter,
eine der ältesten Filtertechniken in der
Aquaristik, ist eine gute Alternative. Das
Prinzip des luftbetriebenen Filters ist auf die
Beobachtung zurückzuführen, daß der
Schwarm an Luftblasen, der einen Ausströmer oder auch nur ein offenes Rohr verläßt, eine große Menge an Wasser mit nach
oben fördert.
Warum Strömungserzeugung /
Sauerstoffanreicherung?
Eine Vielzahl unserer Aquarienfische
stammt aus strömungs- und sauerstoffreichen Gewässern. Diese Fische stehen gern
im Filterstrom, warten auf Freßbares und
kräftigen durch ständiges Schwimmen ihren
Organismus. Pflanzen dient der Wasserstrom zum Heranführen von Nährstoffen.
Schließlich sorgt die Strömung dafür, daß
die Wärme des Heizers im Becken verteilt
wird, dadurch werden Kalt- und Warmschichten vermieden. Ein „blubbernder“
Luftheber erzeugt keine Strömung und
reichert das Wasser nur wenig mit Sauerstoff
an.
Wie funktioniert nun der luftbetriebene Innenfilter?
Das Wichtigste beim luftbetriebenen InnenDCG-Informationen, Sonderheft 1: 63–64
filter ist zweifellos ein gut funktionierender
Wasserheber, der einen kräftigen und gleichmäßigen Wasseraustrieb gewährleistet. Er
ist ein Indiz für eine entsprechend hohe Umwälzleistung des Filters. Der Waserheber
wird in der Mitte der Filtermasse platziert.
Ideal ist Polyurethan-Filterschaum (PUR),
der offenzellig ist, eine hohe Alterungsbeständigkeit aufweist, keine Weichmacher
enthält, außerdem FCKW-frei und beständig
gegenüber Ozon und Sauerstoff ist. Gut
geeignet sind PUR-Filterschäume mit einer
inneren Oberfläche von etwa 20 bis 25 cm².
Je poriger das Filtermaterial ist, desto mehr
Mikroorganismen können sich in ihm ansiedeln und damit die Filterleistung erhöhen. Während bei herkömmlichen (Topf-)
Filtern regelmäßig mit der Reinigung ein
Großteil der kostbaren Mikroorganismen
(Bakterien, Amöben, Wimperntierchen) in
den Ausguß entsorgt wird, können sich diese
Kleinstlebewesen beim luftbetriebenen
Innenfilter monate oder sogar jahrelang von
den im Wasser gelösten Stoffen ernähren
und so die gefährlichen Nitrit- und Nitratwerte abbauen. Während seiner extrem langen Standzeit von mindestens zwei Jahren
werden die groben Verschmutzungen auf der
Schwammoberfläche lediglich hin und
wieder während des Teilwasserwechsels abgesaugt. Allerdings braucht die Filtermasse
eines neu angeschafften luftbetriebenen
Innenfilters mindestens sechs bis acht
Wochen, bis sie „eingefahren“ ist.
Aufgrund des Konstruktionsprinzips erfolgt
die Belüftung des Aquarienwassers allerdings erst nachdem das Wasser das Filtermaterial bereits durchlaufen hat. Die Sauerstoffversorgung des Filtermaterials hängt
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alleine vom Sauerstoffgehalt des Aquarienwassers ab, da es nicht aktiv belüftet
wird. Es muß daher darauf geachtet werden,
daß der Wasseraustrieb nicht unter Wasser
erfolgt.
Wo werden luftbetriebene Innenfilter
eingesetzt?
In meiner Zuchtanlage mit etwa 50 Becken
sind ausschließlich luftbetriebene Innenfilter im Einsatz. Mit großem Erfolg wird er
allerdings zunehmend auch in Großbecken
eingesetzt. So ist in der Ausstellungsanlage
des „Skalare e.V. in Bad Neuenahr-Ahrweiler“ in einem 700-Liter-Schaubecken
ausschließlich ein luftbetriebener Innenfilter
im Einsatz.
Welche Filtergröße ist erforderlich?
Die Größe des Beckens und die Dichte des
Fischbesatzes sind ausschlaggebend für die
Größe des Filterschaums. So gelten- vorausgesetzt das Becken ist nicht überbesetzt folgende Faustregeln:
Aquariengröße
Größe des Filterschwamms
bis 60 × 30 × 30
bis 80 × 35 × 40
bis 100 × 40 × 50
bis 150 × 40 × 50
10 × 10 × 20
10 × 10 × 30
20 × 10 × 30
25 × 10 × 40 oder
40 × 10 × 30
alle Angaben in Zentimeter
Bei größeren Aquarien ist der notwendige
Filterschaum entsprechend größer zu wählen
und gegebenenfalls werden statt einem Luftheber dann zwei Luftheber zum Einsatz
gebracht.
Offenzelliger Filterschaum (PUR), ein gut
funktionierender
Wasserheber und
natürlich eine ausreichend dimensionierte Luftpumpe sind
Voraussetzungen für
einen luftbetriebenen
Innenfilter
Foto: H. Wilmer
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DCG-Informationen, Sonderheft 1: 63–64
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