Forschungsbericht 2015 Abbildungsverzeichnis: (Endnotes) 1 Bucharastich/Pokhatadusi (bei Köhler/Zeyher-Plötz, 14); Bukhara (bei Cerizza, 24); guldusi/portadusi (bei Goldenberg, 25) 2 „Form follows material“ (Büderlin, 8) 3 Wolfsburg/Stuttgart: Textil und Kunst. Stoff als Material und Idee in der Moderne von Klimt bis heute (2012/13); Bielefeld: Kunst und Textil vom Bauhaus bis heute. To open eyes (2013/14); Wien: Inspiration Textil. Tribal Art im Dialog mit zeitgenössischer Textilkunst (2014); Chicago: Fiber: Sculpture 1960-Present (2014/15); auch Beiträge z.B. auf der dokumenta 13 in Kassel (2012); aber auch kleinere regionale Ausstellungen wie: Imst: Fäden verbinden Frauen (2010); Hittisau: Gestickte Moral (2014/15) 4 Drei Versionen des Tristanteppichs befinden sich im Kloster Wienhausen. Wilhelm nummerierte diese Teppiche in: Tristanteppich 1-3. Im Artikel wird jeweils auf Tristanteppich 1 Bezug genommen. 5 Mappa del Mondo (Map of the World) and simply Mappa (Map, 1971-1994) (Cerizza, 1) 6 Gul oder gol bedeutet Blume in Pashto und Farsi (den beiden offiziellen Sprachen Afghanistans). Die Stickerinnen aus Laghmani nennen ihre gestickten Quadrate nicht “Quadrate” sondern gul, also Blume (Goldenberg, 25) 7 “For that work I did nothing, chose nothing, in the sense that: the world is made as it is, not as I designed it, the flags are those that exist, and I did not design them; in short, I did absolutely nothing: when the basic idea, the concept, emerges everything else requires no choosing – Alighiero e Boetti” (Cerizza, 1) 8 Die Stickerinnen waren auf diese Idee gekommen, weil von dieser Farbe so viele Garnbestände auf Lager waren. 9 Cerizza stellt fest, dass diese Arte des Handwerks fremd in Europa sei: „… Boetti, from his first trip to Afghan, utilised traditions of craft foreign to the West and even neglected by Afghan culture itself” (Cerizza, 61) Richtig ist, dass der Klosterstich auch hier in Mitteleuropa Tradition hatte und lediglich bestenfalls wiederentdeckt wurde. Abb. 1: Handstickerei: Mäander / geschlossener Rückstich, Foto: S. Schwarz Abb. 2: Handstickerei aus Laghmani: Kopf mit Vogel, Foto: S. Schwarz; www.guldusi.de Abb. 3: Handstickerei aus Laghmani: Kopf mit Vogel (Rückseite), Foto: S. Schwarz; www.guldusi.de Abb. 4: Tristanteppich, http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Tristanteppich_I_Gesamtansicht_Wienhausen_Kloster_Wienhausen. jpeg (6.4.2015) Abb. 5: Mappa del mondo, https://www.flickr.com/photos/centralasian/5398888271/ (13.4.2015) Abb. 6: Handstickerei aus Laghmani: Landkarte Afghanistan, Foto: S. Schwarz; www.guldusi.de Abb. 7: Handstickerei aus Laghmani: Häusliche Szene, Foto: S. Schwarz; www.guldusi.de Das Ernährungsverhalten von Schülerinnen und Schülern an einer Neuen Mittelschule in Tirol: Eine Analyse an Hand von Ernährungsprotokollen. von Günther Thöni Abstract Im vorliegenden Beitrag werden einige Ergebnisse einer Longitudinalstudie von 1995 bis 2014 über das Ernährungsverhalten von Schülerinnen und Schülern der sechsten Schulstufe an einer Neuen Mittelschule in Tirol vorgelegt. Außerdem wird eine Momentaufnahme aus dem Jahr 2014 konkret analysiert und diskutiert. In der Longitudinalstudie zeigt sich hinsichtlich der Nährstoffzufuhr ein eindeutiger Trend zu einem Anstieg des Fettanteils an der täglichen Nahrung. Zeitgleich lässt sich ein Rückgang des Proteinanteils feststellen. Die detaillierte Auswertung von Ernährungsprotokollen sieht die Ursache hiefür im steigenden Verzehr von Snacks wie z.B. (Schoko)-Riegeln und Muffins, die durch einen hohen Anteil von versteckten Fetten auffallen. Die Langzeiteffekte der in der Schule einmal wöchentlich angebotenen „gesunden Schuljause“ auf das Ernährungsverhalten der Kinder bleiben in ihrer Breitenwirkung eher marginal. Dasselbe gilt für den ernährungsbezogenen Gesundheitsunterricht durch den Schularzt. Im Vergleich dazu zeigt sich ein sehr positiver Einfluss des eingeschränkten Getränkeangebots an der Schule auf das Trinkverhalten während der Unterrichtszeit, in der über vier Fünftel der Kinder ausschließlich Wasser konsumieren. Nach dem Unterricht sinkt dieser Anteil im Tagesverlauf sehr stark ab. Dies beweist eindeutig, dass das schulische Angebot die Nachfrage bestimmen kann. Als Perspektiven für die Zukunft ist es wohl von Vorteil, einerseits die „gesunde Schuljause“ auf ein tägliches Angebot auszuweiten und andererseits die Eltern im Sinne des Gesundheitsunterrichts, in dem die Benefits von täglicher Bewegung und einer „gesunden Ernährung“ propagiert werden, aufklärend einzubinden. 170 Kirchliche Pädagogische Hochschule - Edith Stein 1. Vorbemerkungen Übergewicht betrifft bereits nahezu ein Viertel der österreichischen Schulkinder mit einer steigenden Tendenz. Der letzte publizierte Österreichische Ernährungsbericht aus dem Jahr 2012 (Elmadfa 2012, 2ff.) bezeugt, dass 24 % der 7-14-jährigen Schulkinder übergewichtig oder adipös sind. Das Übergewicht (ohne Adipositas) ist im Vergleich zu 2008 von 11 auf 17 % gestiegen mit einem signifikanten Ost-WestGefälle, wobei die Ernährungsgewohnheiten in den östlichen Bundesländern ungünstiger sind als in den westlichen. Eine HBSC- Studie1 (Hofmann / Felder-Puig 2012, 5) aus dem Jahr 2010 bestätigt den Befund einer signifikanten Zunahme von Übergewicht und Adipositas unter österreichischen Schülerinnen und Schülern. Übergewicht gilt als Vorstufe einer Adipositas, die eine Reihe von Komorbiditäten, also Begleiterkrankungen, nach sich zieht (Wabitsch 2010). Dazu zählen z.B. der Diabetes mellitus Typ 2, der sogenannte „Alterszucker“, weit überhöhte Fettparameter im Blut mit ihren entsprechenden Folgen wie Bluthochdruck, letztendlich Herz- und Kreislaufproblemen, Lebererkrankungen und anderen mehr. Bei Jungen kommen durch Pseudogynäkomastie2 und Pseudohypogenitalismus3 psychosoziale Probleme hinzu. Diabetes mellitus Typ 2 ist mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden, von der mehr als 800 von 10.000 Menschen in Österreich betroffen sind. Die Folgen für die Volksgesundheit sind also gravierend. Neben der Verantwortung des Elternhauses ist es auch eine Aufgabe der Schulen bzw. des Lehrpersonals, Schülerinnen und Schüler vom Wert täglicher körperlicher Bewegung und einer ausgewogenen „gesunden Ernährung“ zu überzeugen. Die Verantwortung der Schulen hinsichtlich des Gesundheitsverhaltens der Schülerinnen und Schüler ist in § 2 Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes (Schulorganisationsgesetz, Fassung vom 27.03.2015) grundgelegt. Darin heißt es: „Die jungen Menschen sollen zu gesunden, arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verantwortungsbewussten Gliedern der Gesellschaft (...) herangebildet werden.“ Im Grundsatzerlass Gesundheitserziehung (Erlass des BMUK 1997), der als ein Ergebnis der Ottawa Charta für Gesundheitsförderung 1986 betrachtet werden muss, werden die Aufgaben der Schulen konkretisiert. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff der „Gesundheitsfördernden Schule“ entwickelt, in der alle Facetten der Gesundheitserziehung, die in Österreich ein fachübergreifendes Unterrichtsprinzip darstellt, zur Entfaltung kommen sollen. Die Ernährung spielt hier neben Bewegung, Suchtprävention und vielen anderen Aspekten eine wichtige Rolle. Viele Volksschulen und Neue Mittelschulen werden dieser Verantwortung u.a. durch das Angebot von „gesunden Schuljausen“4 gerecht. Wie bzw. ob sich diese Bemühungen der Institution Schule auf die Ernährung der Kinder und Jugendlichen auswirken, versucht die folgende Untersuchung an einer Neuen Mittelschule in Tirol zu klären. 2. Vorgangsweise, Forschungsfragen Der vorliegende Aufsatz gewährt einen kleinen Einblick in eine vom Autor durchgeführte umfassende empirische Longitudinalstudie über einen Zeitraum von 20 Jahren, deren detaillierte Ergebnisse in einer Monografie erscheinen werden. Die ursprüngliche Intention bestand darin, einen eventuellen Wandel des Ernährungsverhaltens von Schülerinnen und Schülern in einer Tiroler Neuen Mittelschule, die auf dem Lande gelegen ist, zu verifizieren. Grundlage für die Studie bilden Ernährungsprotokolle von Schülerinnen und Schülern, die in jährlichen Abständen im Rahmen des AVOMED-Projektes „Gesundheitsunterricht durch Schulärztinnen und Schulärzte an Tiroler Hauptschulen und polytechnischen Schulen“ vom Autor erhoben wurden (AVOMED 2003). Es geht in erster Linie um eine grobe Analyse der Versorgung mit Nährstoffen und den Vergleich mit den sogenannten DA-CH5- Referenzwerten für die Energie- und Nährstoffzufuhr (Stehle 2012). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), die Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung (SGE) und die Schweizerische Vereinigung für Ernährung (SVE) arbeiten eng zusammen und adaptieren ihre Richtlinien nach dem jeweiligen aktuellen Forschungsstand der Ernährungswissenschaften. Dementsprechend werden auch die von ihnen propagierten Ernährungspyramiden den jüngsten Erkenntnissen angepasst. Diese Ernährungspyramiden sind m.E. für den Unterricht praktikable Instrumente, um den Kindern plastisch die D-A-CH-Referenzwerte zu demonstrieren. Seit einiger Zeit gibt es eine zum Teil kontrovers verlaufende Diskussion unter den Ernährungswissenschaftern über die grafische Darstellung von Ernährungsrichtlinien und insbesondere über den optimalen Aufbau der Ernährungspyramide (Stehle 2005). Im Zentrum der vorliegenden Studie stehen also die Fragen: Wie hat sich die Nährstoffzusammensetzung im Verlauf der letzten 20 Jahre verändert? Inwiefern konnten bzw. können einerseits der angebotene Gesundheitsunterricht und andererseits die seit einigen Jahren an dieser Schule eingeführte „gesunde Schuljause“ dazu beitragen, das Ernährungsverhalten der Kinder zu beeinflussen bzw. zu modifizieren? Wie sieht die Ernährungsweise der Schülerinnen und Schüler der sechsten Schulstufe an einem Schultag im Jahr 2014 aus? 2.1 Der Gesundheitsunterricht durch den Schularzt Jeweils in den Wintersemestern fand im Rahmen des bereits angesprochenen AVOMED- Projektes in den zweiten Klassen, die der sechsten Schulstufe entsprechen, ein Gesundheitsunterricht mit dem Schwerpunkt der „gesunden Ernährung“ statt. In diesem Unterricht ging es um die individuelle Interpretation der jeweils nach den D-A-CH- Richtlinien gültigen Ernährungspyramide, die den aktuellen Wissensstand in den Ernährungswissenschaften repräsentieren sollte. Unter einer individuellen Auslegung versteht man die altersgemäße Vermittlung der Tatsache, dass Nahrungsmittel, die per se als gesund gelten, wie z.B. alle Obst- und Gemüsesorten, unter Umständen im Falle von Nahrungsmittelunverträglichkeiten nicht für jedes Individuum tatsächlich verträglich sind. Die ärztlichen Erläuterungen wurden von Videosequenzen unterstützt, die auch leicht verständliche Anleitungen zur Selbstdiagnose von Nahrungsmittelunverträglichkeiten enthielten. Eine Ernährungspyramide kann nur eine grundlegende Orientierung bieten, letztendlich müsste sie nach den individuellen Bedürfnissen der jeweiligen Person modifiziert werden, da die „gesunde Ernährung“ in Anbetracht der vielen Nahrungsmit171 Forschungsbericht 2015 telallergien (Horak 2010, Reider 2010) und –unverträglichkeiten (Datta 2010, Kerber 2010) eine höchst individuelle Angelegenheit ist. Ein Blick auf die Veränderungen im Aufbau der Ernährungspyramide in den letzten 20 Jahren dokumentiert bereits die Problematik einer Langzeitstudie. bedeutet natürlich auch, dass Grundsätze, die noch vor 20 Jahren Gültigkeit hatten, durch den fortgeschrittenen Wissensstand teilweise sogar widerlegt wurden. So betrachtet dürfte man auch mutmaßen, dass der ehemals propagierte Grundsatz mit einem hohen Anteil an Kohlenhydraten für die Zunahme an Übergewicht in der Gesamtpopulation zumindest mitverantwortlich sein könnte. 2.2 Ernährungsprotokolle von Schülerinnen und Schülern Grundlage für die Studie bilden einmal jährlich erhobene eintägige Ernährungsprotokolle der Schülerinnen und Schüler über einen Zeitraum von 20 Jahren. Es wurde darauf geachtet, dass die Protokolle immer vom Vortag, einem Schultag, stammen. Die Kinder erhielten jeweils einen einseitigen Vordruck (Abb. 3) mit den üblichen Parametern6 ausgehändigt. Mag.Dr.phil.Dr.med. Günther Thöni Ödweg 16 6500 Landeck [email protected] Ernährungsprotokoll Name: Mahlzeiten Frühstück: Datum: Zeit Speisen/Menge Getränke Situation (Abbildung 1: Ernährungspyramide 1990 – 2005 (DGE). In: http:// de.wikipedia.org/wiki/Ernährungspyramide [abgerufen am 07.11.2014].) Jause: Mittagessen: Jause: Abendessen: Spätmahlzeit: Zwischendurch: Bewegung: ................................................................................................................................... (Abbildung 2: Ernährungspyramide 2014. In: http://vitaminquelle.net [abgerufen am 07.11.2014].) (Abbildung 3: Ernährungsprotokoll von G. Thöni) Befanden sich noch vor 20 Jahren in der damals gültigen Pyramide (Abb. 1) die Kohlenhydrate in einer der untersten Etagen - also dort, wovon am meisten konsumiert werden sollte -, so findet man die Kohlenhydrate in verschiedenen heute gängigen Pyramiden (Abb. 2) viel weiter oben, also dort, wovon täglich weniger eingenommen werden sollte. Die Veränderungen im Etagenaufbau der Ernährungspyramiden spiegeln also den jeweils veränderten Wissensstand in den Ernährungswissenschaften wider. Außerdem repräsentieren sie nicht selten die gängigen Ernährungstrends (von low carb bis zu low fat). Dies Der Auftrag bestand darin, alle am Vortag konsumierten Speisen und Getränke einschließlich der Süßigkeiten, auch mengenmäßig, so exakt wie möglich einzutragen. Das Abschätzen der jeweils zugeführten Nahrungsmenge oblag dem individuellen Schätzvermögen jedes einzelnen Kindes. Da das Hauptaugenmerk der Beobachtungen auf die Nahrungszusammensetzung nach den Kriterien der Ernährungspyramide im Sinne einer „gesunden Ernährung“ gelegt wurde, haben eventuelle Unschärfen hinsichtlich der Nahrungsmenge auf die Aussagekraft der vorliegenden Arbeit keinen wesentlichen Einfluss. 172 Kirchliche Pädagogische Hochschule - Edith Stein Die Ernährungsprotokolle wurden in erster Linie von allen zweiten Klassen, die im vorhergehenden Semester den Gesundheitsunterricht genossen hatten, eingeholt. Die ersten Klassen wurden ebenfalls jährlich, die dritten und vierten jedes zweite Jahr aufgefordert, eintägige Ernährungsprotokolle abzugeben. Letztendlich lagen von jedem Kind für die vierjährige Periode an der betreffenden NMS drei Ernährungsprotokolle aus drei verschiedenen Schuljahren (jeweils eines aus der ersten und zweiten Klasse und eines aus der dritten oder vierten Klasse) für einen Vergleich nach den Kriterien der österreichischen Ernährungspyramide (Abb. 4) vor. denen die „gesunde Ernährung“ von Seiten des AVOMED Tirol schwerpunktmäßig zum Thema des „Gesundheitsunterrichts“ erhoben wurde, im Format einer Längsschnittuntersuchung verglichen. Zum Vergleich standen jeweils Ernährungsprotokolle derselben Kinder zur Verfügung, die ein Jahr zuvor, also in den ersten Klassen, erhoben worden waren. Im Zweijahresabstand wurden auch die Protokolle der betreffenden Kinder der dritten und vierten Klassen mit ihren jeweiligen früheren Protokollen aus den zweiten Klassen verglichen. In diesem Zusammenhang sollte auch ein eventueller Einfluss der „gesunden Schuljause“, die seit einigen Jahren in der betreffenden Schule wöchentlich einmal unter maßgeblicher Mitarbeit von Eltern angeboten wird, auf das Ernährungsverhalten der Kinder ermittelt werden. 3. Studienergebnisse Trotz aller individuellen Unterschiede hinsichtlich Nahrungszufuhr und deren Zusammensetzung ergeben sich erstaunlicherweise relativ einheitliche Trends bei der Differenzierung der Nahrungsbestandteile in Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße. Die erhobenen Trends sind in den Diagrammen 1 und 2 dargestellt: (Abbildung 4: Die Österreichische Ernährungspyramide 2014. In: http:// bmg.gv.at [abgerufen am 07.11.2014].) In der vorliegenden Darstellung können aufgrund des Umfangs lediglich einige wesentliche Ergebnisse der Longitudinalstudie angeführt werden. Die Analyse der Erhebung aus dem Jahr 2014 in den zweiten Klassen wird als Momentaufnahme der gegenwärtigen Situation detailliert besprochen. 2.3 Auswertung Im Zeitraum von 1995 bis 2014 konnten jährlich 25 bis zu 45 Ernährungsprotokolle in den zweiten Klassen, auf die der Fokus gelegt wurde, ausgewertet werden. Die unterschiedliche Anzahl ist auf die jährlich wechselnden Schülerinnen- und Schülerzahlen in der sechsten Schulstufe zurückzuführen. Die Zahl der Protokolle der ersten, dritten und vierten Klassen schwankte im Beobachtungszeitraum zwischen 65 und 90. Im Jahr 2014 konnten in den zweiten Klassen 29 Ernährungsprotokolle erfasst werden. Zunächst wurde exemplarisch der Energiegehalt von einzelnen Protokollen, die durch besonders große bzw. durch geringe Nahrungsmengen auffielen, errechnet. Hilfreich waren dabei die online verfügbaren Nährwertrechner. Anschließend wurden anteilsmäßig die täglich zugeführten Nährstoffe nach den Kriterien der aktuell in Österreich gültigen Ernährungspyramide (Abb. 4) ermittelt. Um eine signifikante Vergleichbarkeit zu erreichen, wurden über die zwanzigjährige Periode hinweg die Protokolle der zweiten Klassen, in In den vier Fünfjahresperioden zeigt sich erstaunlicherweise eine relativ konstant bleibende durchschnittliche Zufuhr von Kohlenhydraten zwischen 59% und 57%. Signifikant erscheint der stetige Anstieg des Fettanteils an der täglichen Nahrungszufuhr von 25% auf 32% und der zeitgleiche Rückgang der Proteinzufuhr von ursprünglich 16% auf nun 11%. Individuelle Abweichungen einzelner Protokolle von den erhobenen Durchschnittswerten kommen zwar vor, sind allerdings nicht der Regelfall. Betrachtet man die Ergebnisse der individuellen Auswertung der Ernährungsprotokolle einzelner Kinder über die gesamte 173 Forschungsbericht 2015 Mittelschulausbildung hinweg, so ergeben sich innerhalb der jeweils drei personenbezogenen Protokolle keine nennenswerten signifikanten Veränderungen hinsichtlich der Zusammensetzung der persönlichen Nahrungszufuhr. Die Auswertung der Protokolle der höheren Klassen ergab im Vergleich zu denen der ersten und zweiten Klassen durchwegs keine auffälligen Veränderungen in Bezug auf die verzehrten Nahrungsmittel als auch in Bezug auf die prozentuelle Verteilung der Nährstoffe. Grundsätzlich ist bei den oben erwähnten prozentuellen Anteilen der drei betrachteten Nahrungsbestandteile im Vergleich zu den Empfehlungen der D-A-CH- Referenzwerte nichts Außergewöhnliches festzustellen (Diagramm 1). Deshalb empfiehlt es sich, die erhobenen Daten aus ernährungsmedizinischer Sicht etwas profunder anzusehen. Exemplarisch werden im folgenden Abschnitt nun die Werte aus dem Jahr 2014 näher erörtert: Das Ernährungsverhalten von 12 Schülerinnen und 17 Schülern wurde analysiert. Durchschnittlich nehmen die Kinder fünf bis sechs Mahlzeiten pro Tag ein. Etwa 24% der Kinder gehen ohne Frühstück zur Schule, 9% der Mädchen und 35% der Buben. Diese Anteile schwanken im Beobachtungszeitraum von 20 Jahren zwischen 22% und 26%, wobei zwischen 8% und 11% der Mädchen und zwischen 34% und 37% der Buben auf ein Frühstück verzichten. Kinder ohne Frühstück geben zudem an, dass sie nicht nur auf feste, sondern auch auf flüssige Nahrung in der Früh verzichten. Als Gründe für das fehlende Frühstück werden zum einen der Zeitmangel und zum anderen die Gewohnheit einer morgendlichen Nahrungskarenz angegeben. Zusätzlich werden überwiegend Brotsorten aus Weißmehl mit verschiedenen Auflagen wie Butter, Marmeladen, Honig, Nutella (60% der frühstückenden Kinder) und sogar Wurst bzw. Speck (31%) konsumiert. Auch Kleingebäck wie Kekse, Waffeln und Muffins werden verzehrt. Etwa 9% der frühstückenden Kinder geben Müsli, also Cerealien als Mahlzeit an. Die erste tägliche Zwischenmahlzeit findet in der Schule als Jause statt, deren Zusammensetzung höchst vielfältig ausfällt. Bei jenen Kindern, die kein Frühstück eingenommen haben, findet jetzt die erste Nahrungsaufnahme statt. Auffallend ist, dass sich diese Jause weitaus energiereicher gestaltet als bei ihren frühstückenden Kolleginnen und Kollegen. Von diesen Kindern werden also durchwegs hochkalorische Nahrungsmittel wie Wurst- bzw. Speckbrote, Schnitzelsemmel oder Schokoriegel verzehrt, die sich durch ihren relativ hohen Fett- und Kohlenhydratgehalt auszeichnen. Nur selten steht da Obst auf dem Ernährungsplan. Es wird also das entstandene Energiedefizit mit Energiereichem aufgefüllt. Etwas differenzierter sieht die Jause der Kinder aus, die bereits ein Frühstück genossen haben. Bei ihnen spielt Obst neben den verschiedenen Brotsorten mit unterschiedlichen Auflagen eine wesentlich größere Rolle. Interessant ist die Tatsache, dass 84% aller Kinder zur Schuljause ausschließlich Wasser trinken. Anders sieht die Sache bei der Mittagsmahlzeit aus, die in der Regel zu Hause oder im Schülerhort eingenommen wird: Die Rate an Wasser trinkenden Kindern sinkt mittags durchschnittlich auf 17% ab. Die übrigen 83% nehmen durchwegs gesüßte Softdrinks oder Verdünnungssäfte zu sich. Abends sinkt der Anteil der Wasser trinkenden Kinder auf 11% ab. Von den frühstückenden Kindern trinken 85% Kakao bzw. Milch. Der Rest begnügt sich mit Tee oder Fruchtsäften. 174 Auf dem Speisenplan stehen bei 79% der Kinder fleischhaltige Mahlzeiten wie Döner, Schnitzel, Fleischkäse, Toast, Spaghet- Kirchliche Pädagogische Hochschule - Edith Stein Etwa drei Viertel der Kinder geben an, sich nachmittags körperlich zu bewegen. Die Palette reicht von diversen Ballspielen (überwiegend Fußball bei Buben und Mädchen) über Radfahren, Tennis, Tischtennis, Skateboarden und Schwimmen bis zu ausgiebigen Spaziergängen. Im Beobachtungszeitraum von 20 Jahren zeigt sich eine signifikante durchschnittliche Zunahme des Bewegungsmangels: Während sich im Jahr 1995 lediglich 16% der Kinder täglich zu wenig bewegten, stieg diese Quote auf etwa 26% im Jahr 2014 an. Abgefragt wurde auch die jeweilige Situation, in der die einzelnen Mahlzeiten eingenommen werden. ti alla carbonara oder Pizza mit Wurstauflagen. Die restlichen 21% ernähren sich von Suppen mit Nudeleinlagen oder Süßspeisen wie Marillen-, Zwetschkenknödeln und Ähnlichem. Bei etwa 63% der Kinder findet eine nachmittägliche Jause statt. Die Palette reicht hier von Wurst- bzw. Speckbroten und –semmeln über Schokolade und Schokoriegel bis zu verschiedenen Obstsorten (Apfel, Banane, Kiwi,...). Jene Kinder, die zu dieser Jause ausschließlich Obst verzehren, machen etwa 31% aus. Die Wasser trinkende Klientel sinkt weiter auf 11% ab (Diagramm 6). Wie bereits erwähnt werden anstelle von Wasser gesüßte Flüssigkeiten getrunken. Die Abendmahlzeit besteht bei 27% der Kinder aus Broten mit verschiedenen Fleischauflagen (Salami, Speck, Schinken) und bei 20% aus diversen Nudelgerichten. Etwa 17% der Kinder ernähren sich abends von Fleischprodukten wie Schnitzel und Faschiertem, während 14% Brote mit Gemüse- bzw. Käseauflagen und 22% Mehl- bzw. Süßspeisen zu sich nehmen. Etwa zwei Drittel aller Kinder geben Chips und Süßes (Schokolade) als Zwischenmahlzeit an, die in der Regel abends vor dem Fernseher genossen wird. In der Regel werden die Mahlzeiten zu Hause bzw. im Kinderheim eingenommen. Mittag- und Abendessen werden von allen Kindern in einer sozialen Gemeinschaft (Familie, Kinderheim, Gasthaus mit Freunden) konsumiert. Dies findet bei 25% der Kinder unter begleitender Fernsehberieselung statt, vor 20 Jahren lag dieser Anteil bei 3%. 14% der Kinder geben an, dass keine Mahlzeit ohne Aktivitäten auf dem Smartphone vonstatten geht. Diese Quote ist auf beide Geschlechter gleich verteilt. Die auch während der Mahlzeiten praktizierte Online-Verfügbarkeit zeigte sich erstmals im Jahr 2011 mit einem jährlich stetigen Anstieg auf die oben erwähnten 14% im Jahr 2014. Wirft man nun einen Blick auf den Energiegehalt der zugeführten Nahrung, so zeigt sich eindeutig, dass Kinder, deren Nahrungskonsum von anderen Tätigkeiten (Fernsehen, Smartphone) begleitet wird, durchschnittlich pro Mahlzeit etwa 150 bis 200 kcal mehr konsumieren als ihre Kameradinnen bzw. Kameraden. Interessant ist auch der Blick auf die Zeiträume zwischen den Mahlzeiten. Am Vormittag werden die Jausenmöglichkeiten von den Zeitplänen in der Schule (große und kleine Pausen) bestimmt, während ab dem Mittagessen die leiblichen Bedürfnisse der Kinder die Zeitpunkte der Nahrungsaufnahme bestimmen. Der Zeitraum zwischen dem Mittagessen und einer nachmittäglichen Jause schwankt zwischen 90 Minuten und vier Stunden. Die Abstände zwischen zwei Mahlzeiten sind bei jenen Kindern geringer, die einfach gebaute, also kurzkettige Kohlenhydrate konsumiert haben. Analysiert man in diesem Zusammenhang die Zufuhr von Kohlenhydraten, so zeigt sich ein ungebremster Trend zur Semmel, also zu Weißbrot, das aufgrund seines Gehaltes an kurzkettigen Kohlenhydraten ernährungsphysiologisch anders zu beurteilen ist als z.B. Vollkornbrot, das nur in zwei Protokollen der zweiten Klassen im Jahr 2014 explizit angeführt wird. Die kurzkettigen Kohlenhydrate im Weißbrot weisen einen höheren glykämischen Index und damit eine, abhängig von der Menge, entsprechend hö175 Forschungsbericht 2015 here glykämische Last auf als die langkettigen Kohlenhydrate im Vollkornbrot. Aus entsprechenden Tabellen lassen sich beide Parameter ablesen7. Dies bedeutet, dass es nach dem Konsum von Weißbrot zu einem relativ raschen Anstieg des Zuckerspiegels kommt. Dies wiederum führt gegenregulatorisch zu einem blitzartigen Anstieg des Insulinspiegels, der seinerseits eine Normalisierung des Blutzuckers bewirkt. Kurzkettige Kohlenhydrate können also aufgrund ihres Aufbaus sehr rasch ins Blut aufgenommen werden und stehen unmittelbar als Energieträger zur Verfügung. Sie fluten schnell heran, verpuffen auf der anderen Seite auch wieder relativ rasch. Die Folge ist, dass der Konsument bald wieder von Hungergefühlen befallen wird. Die am einfachsten gebauten Kohlenhydrate finden sich in Süßigkeiten wie Schokoriegeln und Ähnlichem. Sie führen ebenfalls zu den oben angeführten Effekten. Langkettige Kohlenhydrate, deren vollständige Resorption im Dünndarm mehr Zeit in Anspruch nimmt, führen zu einem zeitlich länger dauernden, moderaten Anstieg des Blutzuckerspiegels, sodass diese Energie längerfristig verfügbar ist und das Sättigungsgefühl länger anhält. Ob diese Tatsachen mit einem erhöhten Risiko zur Fettleibigkeit verbunden sind, scheint noch etwas umstritten (Brönstrup 2004). Einigkeit herrscht dahingehend, dass Vollkornbrot aufgrund seines höheren Gehaltes an wertvollen Mineralstoffen und Ballaststoffen ernährungsphysiologisch günstiger zu beurteilen ist als Weißbrot. Als Beilagen zum Mittagessen dominieren Pommes frites, Nudeln und Reis. Die letzteren Beiden zeichnen sich durch länger verfügbare Energie in Form von langkettigen Kohlenhydraten aus, während die beliebten fetttriefenden Pommes frites aufgrund ihres hohen Gehaltes an Transfetten8 aus ernährungsphysiologischer Sicht kritisch zu beurteilen sind. Transfette sollen für die arteriosklerotischen Veränderungen, die zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen, zumindest mitverantwortlich sein (Zok 2014). Hinsichtlich der Fettzufuhr zeigt sich, dass Zwischenmahlzeiten wie Fleischkäse, Schnitzelsemmel, Wurst- bzw. Spreckbrote und Döner im Vergleich zu Obst eindeutig favorisiert werden. Viele Kinder haben auf dem täglichen Speiseplan Schokoriegel jeglicher Art, die sich nicht nur durch ihren hohen Zuckergehalt auszeichnen. Wenn man einen Blick auf die Inhaltsstoffe (Das ist drin 2014) wirft, so fällt auch der relativ hohe Fettanteil auf, der laut Deklaration zur Hälfte aus gesättigten Fettsäuren besteht. Die andere Hälfte besteht zwar aus ungesättigten Fettsäuren, die aber künstlich gehärtet wurden, also auch sogenannte Transfette enthalten, die, wie bereits erwähnt, als besonders gefährlich eingestuft werden. Im Beobachtungszeitraum von 1995 bis 2014 ist die Fettzufuhr wie die Diagramme 1 und 2 zeigen von 25% auf 32% angestiegen. Dies hängt augenscheinlich mit dieser verstärkten Zufuhr von versteckten Fetten zusammen. Da diese Fette nicht von Fleischprodukten stammen, ist die Proteinzufuhr im selben Zeitraum von 16% auf 11% gesunken. Die wöchentlich einmal angebotene „gesunde Schuljause“ wird per se gut angenommen und zeigt den Kindern, dass Obst und Gemüse nicht nur gesund sind, sondern in „attraktiver Verpackung“ auch besondere Gaumenfreuden erzeugen. Sie führt aber nur zu einer nachhaltigen Veränderung des Ernährungsverhaltens bei jenen Kindern, deren Eltern sich maßgeblich an der Zubereitung der „gesunden Schuljause“ beteiligen. Etwa 25% der Kinder essen täglich mindestens einmal Obst und/ oder Gemüse mit einer eindeutigen Tendenz zu Äpfeln und 176 Bananen. Dem Slogan „Fünfmal am Tag“ (Rechkemmer 2002) bezogen auf die Gemüse- und Obstzufuhr, der im Unterricht eindringlich erörtert wurde, wird nach den vorliegenden Protokollen kein Kind gerecht. Die Zufuhr an Gemüse kommt in allen Protokollen des gesamten Beobachtungszeitraumes auffallend zu kurz. Im Erhebungszeitraum von 20 Jahren konnte kein Protokoll identifiziert werden, das eindeutig auf ein veganes Ernährungsregime hinweisen würde. Nur sehr wenige Protokolle lassen eventuelle Rückschlüsse auf eine vegetarische Ernährungsweise zu, wobei es sich jeweils nur um Momentaufnahmen, also Eintagesprotokolle, handelt. Bezüglich des Energiewertes der täglich zugeführten Nahrung ergibt sich für die erhobenen Protokolle aus dem Jahr 2014 eine Schwankungsbreite zwischen 850 kcal und 4290 kcal. Die beiden eben genannten Zahlen stellen Extremwerte dar, deren Aussagekraft sehr beschränkt ist; um diese Protokolle realistischer beurteilen zu können, bedürfte es persönlicher Gespräche mit den betreffenden Kindern und nachfolgender entsprechender (schul)ärztlicher Untersuchungen. Der ernährungsphysiologisch empfehlenswerte tägliche Energiebedarf von Kindern und Jugendlichen zeigt eine größere Streubreite als im Erwachsenenalter, da dieser von vielen Faktoren wie z.B. dem sehr unterschiedlichen physischen Entwicklungsstand und dem jeweiligen Bewegungsverhalten abhängt. In der vorliegenden Untersuchung geht es vorrangig um die Beurteilung der Nährstoffzusammensetzung der täglichen Nahrungszufuhr und nicht um die Berechnung der Energiezufuhr. Deshalb werden die o.a. Extremwerte lediglich erwähnt, ohne dass in diesem Rahmen eine weitere Abklärung erfolgt. 4. Diskussion der Ergebnisse Ernüchternd ist die Tatsache, dass es nach wie vor Kinder gibt, die täglich dreimal Fleisch bzw. Wurst, also tierische Fette, auf ihrem Speiseplan haben. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass im Gesundheitsunterricht deutlich auf eine ernährungsmedizinisch wünschenswerte Beschränkung der Fleischzufuhr auf zweimal pro Woche hingewiesen wurde. Dass der Fettanteil an der täglichen Nahrung in den letzten 20 Jahren kontinuierlich angestiegen ist, könnte unter anderem am versteckten Fettgehalt der vermehrt genossenen Snacks wie (Schoko)-Riegel und anderen Süßigkeiten liegen. Es werden weit mehr gesättigte als die ernährungsphysiologisch günstigeren ungesättigten Fettsäuren konsumiert. Obst und Gemüse, die sich als Pausenkost und Zwischenmahlzeit perfekt eignen, stehen nur bei ca. 25% der Kinder auf dem Ernährungsplan. Die darin enthaltenen Vitamine, sekundären Pflanzenstoffe und Ballaststoffe sind ernährungsphysiologisch weitaus günstiger als die beliebten (Schoko)-Riegel. Verschiedene Obstsorten bestehen hauptsächlich aus Kohlenhydraten in Form von Glucose und Fructose, wobei die Glucose als frei verfügbare Energie relativ schnell z.B. für die Nervenzellen im Gehirn zur Verfügung steht. Die von einigen Ernährungsfachleuten geforderten „Fünfmal am Tag“ bezogen auf die Obst- bzw. Gemüsezufuhr werden von keinem Kind auch nur annähernd erfüllt. Bei den Zwischenmahlzeiten spielen diese Nahrungsmittel eine untergeordnete Rolle, obwohl im angebotenen Gesundheitsunterricht eindringlich darauf verwiesen wurde. Wenn Obst im Rahmen der gesunden Schuljause, die nur einmal pro Woche stattfindet, angeboten wird, so wird das Kirchliche Pädagogische Hochschule - Edith Stein auch von den Kindern angenommen. Erstaunlich ist, dass 84% der Kinder zumindest in der Schule Wasser trinken. Während des Tagesverlaufs sinkt dieser Wert auf 11% ab. Alternativ steigt im Tagesverlauf der Konsum von gesüßten Getränken wie Cola, Eistee und Fruchtsäften. Dass 25% der Kinder unter Fernsehberieselung und 14% abgelenkt durch ihr Smartphone essen, wirkt sich ungünstig auf den Energiegehalt der zugeführten Nahrung aus; sie nehmen durchschnittlich 150 bis 200 kcal pro Mahlzeit mehr zu sich als jene, die sich nur auf das Essen konzentrieren. Dass der Anteil an Kindern, die sich in Relation zu ihrer Nahrungszufuhr zu wenig bewegen, in den letzten 20 Jahren von 16% auf 26% angewachsen ist, stellt eine wenig erfreuliche Tatsache dar. Die verbleibenden 84% bzw. 74% treiben täglich über mehr als eine halbe Stunde Sport. Sie bewegen sich also in Relation zu ihrer Nahrungs- bzw. Energiezufuhr ausreichend. Die Bewegung hat einerseits einen nicht zu unterschätzenden Effekt auf die Darmmotilität und trägt andererseits erheblich zum Abbau von zugeführter Energie bei. 5. Fazit Die langfristigen Effekte des zweimal jährlich angebotenen Gesundheitsunterrichts durch einen Schularzt lassen sich mit der vorliegenden Untersuchung, also eintägigen Ernährungsprotokollen, nicht eindeutig evaluieren bzw. quantifizieren. Die Intention kann nur sein, den Kindern die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Bewegung und Gesundheit klar zu machen. Das Ziel sollte also m.E. eine Bewusstseinsbildung hinsichtlich einer „gesunden Ernährung“ sein, für eine langfristige Änderung der Ernährungsweise bedarf es einer Vielzahl von Faktoren. Das Elternhaus mit seinen spezifischen Überzeugungen ist maßgeblich für die Ernährungsweise des Kindes verantwortlich. Um die Nachhaltigkeit des ernährungsbezogenen Gesundheitsunterrichts zu steigern, sollten m.E. alle Eltern und Lehrpersonen vom Wert einer „gesunden Ernährungsweise“ überzeugt werden. Beim Großteil der Kinder beschränkt sich die „gesunde Schuljause“ auf das wöchentlich einmalige Angebot in der Schule. Etwas differenzierter sieht das bei jenen Kindern aus, deren Mütter bzw. Eltern vom Wert einer gesunden Schuljause überzeugt sind. Diese Kinder greifen auch von sich aus zu „gesunden“ Nahrungsmitteln. Die in der Schule einmal pro Woche angebotene „gesunde Schuljause“ wird von den Kindern gerne angenommen und zeigt kurzzeitige Effekte, die außerhalb der Schule schnell verpuffen. Immerhin wird den Kindern gezeigt, dass „gesundes Essen“, wenn es entsprechend angeboten wird, sehr gut schmecken und zum Wohlbefinden beitragen kann. Der Genuss von Obst und Gemüse sollte vom Kleinstkindalter an im Elternhaus und in entsprechenden Kinderhorten praktiziert werden, um langfristig das Ernährungsverhalten zu beeinflussen. Die Schule kann ohne die Vorbildfunktion des Elternhauses nur beschränkte Einflüsse ausüben, die aber durchaus wichtig und notwendig sind. Sehr positiv wirkt sich der Einfluss der schulischen Bedingungen auf die Flüssigkeitszufuhr während der Unterrichtszeit aus: Über vier Fünftel der Kinder konsumieren in der Schule nahezu ausschließlich Wasser. Wenn also kaum gesüßte Getränke angeboten werden, greifen die Kinder zum Trinkwasser. 6. Zukunftsvision Im gegenwärtigen Schulsystem soll und muss eine ausgewogene Kombination zwischen Bewegung und „gesunder Ernährung“ Bestandteil des täglichen Schullebens sein. Essen und Bewegung sollen Genuss und Freude bereiten. Nur unter diesen Prämissen wird die Schule die Kinder auf eine Zukunft vorbereiten, in der sie den stetig steigenden Anforderungen gerecht werden können. Es muss also Aufgabe jeder Schule sein, den Schwerpunkt „Gesundheit“ im Interesse ihrer Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte zu internalisieren. Wie die vorliegende Untersuchung m.E. eindeutig beweist, sind bereits durch marginale Maßnahmen wie z.B. eine in die Praxis umgesetzte „gesunde Schuljause“ positive Effekte auf das Ernährungsund Trinkverhalten der Kinder und Jugendlichen zu erzielen. Letztendlich wird doch die Vorbildwirkung von Elternhaus, Kindertagesstätten, Schulen und Freizeiteinrichtungen für eine nachhaltige Trendwende zu einer „gesunden Ernährung“ der Gesamtpopulation entscheidend sein. Die Effekte einer schulischen Gesundheitserziehung im weiteren Sinne, die von der angebotenen „gesunden Schuljause“ bis zum Konzept der bewegten, gesunden Schule alle Bereiche schulischen Lebens umfassen sollte, lassen sich m.E. durch eine maßgebliche Einbindung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten optimieren. Dies geschieht bereits in vielversprechenden Ansätzen dort, wo sich die Eltern am Angebot der „gesunden Schuljause“ beteiligen. Es wäre m.E. von Vorteil, einerseits die „gesunde Schuljause“ auf ein tägliches Angebot auszuweiten und andererseits die Eltern im Sinne des Gesundheitsunterrichts, in dem die Benefits von täglicher Bewegung und einer „gesunden Ernährung“ propagiert werden, aufklärend einzubinden. Die tägliche körperliche Bewegung in Kombination mit der „gesunden Ernährung“ sowie die Reduktion des Suchtverhaltens sollten vom Kleinstkind- bis zum Greisenalter ein persönliches Bedürfnis jedes Menschen werden. 7. Anmerkungen (Endnotes) 1 Die „Health-behaviour in School-aged Children“- Studie wird von der WHO in regelmäßigen Abständen in etwa 40 Ländern durchgeführt. 2 Auffällige Brustentwicklung, die an das weibliche Geschlecht erinnern lässt. 3 Unterentwicklung der äußeren Geschlechtsorgane, die in einem infantilen Stadium verharren, da durch die Adipositas die Pubertät verzögert eintritt. 4 Bestandteile einer „gesunden Schuljause“: Vollkornbrot mit z.B. Topfenaufstrich mit Kräuter- oder Gemüseauflagen (Paprika, Tomaten, Radieschen,...etc.), Leitungswasser oder Mineralwaser. 5 DACH repräsentiert die Länderabkürzungen für Deutschland, Österreich und die Schweiz. 6 Angabe des jeweiligen Zeitpunktes, der ungefähren Speisenmenge (durch exemplarische Fotos unterstützt), der Zeitdauer und der Situation der Nahrungsaufnahme, sowie der Intensität und Dauer der körperlichen Bewegung an dem betreffenden Tag. 7 Tabellen zu den glykämischen Indices einzelner Nahrungsmittel findet man auf zahlreichen Webseiten: http://gesuender-abnehmen.com/abnehmen/glyxindex. html [21.11.2014], http://jumk.de/glyx/ [21.11.2104]. 8 Unter Transfetten versteht man durch Zusatz von Chemikalien gehärtete pflanzliche Fette, die, obwohl sie ursprünglich ungesättigte Fettsäuren enthalten, ernährungsphysiologisch als besonders ungünstig gelten. Sie erhöhen die Gefahr von arteriosklerotischen Ablagerungen in den Gefäßwänden. 8. 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