Vortrag

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Die Verbreitung psychischer Erkrankungen
bei wohnungslosen Menschen
Betreuungs-, Beratungs- und
Behandlungsstrukturen
Hans Joachim Salize
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
Risikogruppe / Definitionen
Wohnungslos ist,
wer nicht über mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügt
Ordnungsrechtlicher Sektor
Sozialhilferechtlicher Sektor
Zuwanderersektor
•
•
•
•
•
•
•
mit Nutzungsverträgen in Wohnraum oder Notunterkünften Eingewiesene
ohne Mietvertrag Untergebrachte bei Kostenübernahme nach SGB XIII oder SGB II
Personen in Heimen, Anstalten, Notübernachtungen, Asylen, Frauenhäusern etc.
in Billigpensionen Lebende (Selbstzahler)
bei Verwandten, Freunden, Bekannten Untergekommene
ohne jegliche Unterkunft Lebende („Platte machen“)
Aussiedler in Aussiedlerunterkünften
Quelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Risikogruppe / Definitionen
Von Wohnungslosigkeit bedroht ist
•
•
wem der Verlust der derzeitigen Wohnung aufgrund von Kündigung,
Räumungsklage (auch ohne vollstrecktem Räumungstitel) oder
Zwangsräumung unmittelbar bevorsteht
wem der Verlust der Wohnung aus sonstigen zwingenden Gründen
unmittelbar bevorsteht
(z. B. aufgrund von eskalierten sozialen Konflikten, Gewalt geprägten
Lebensumständen oder Abbruch des Hauses)
Quelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Wohnungslose in Deutschland
1.000.000
Aussiedler in Unterkünften
800.000
Wohnungslose in Mehrpersonenhaushalten
alleinstehende Wohnungslose
600.000
400.000
200.000
0
1992 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Datenquelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Wohnungslose in Deutschland
1.000.000
Wohnungslose in Mehrpersonenhaushalten
800.000
alleinstehende Wohnungslose
600.000
400.000
200.000
0
1992 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Datenquelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Wohnungslose in Deutschland: Prognose bis 2015
1.000.000
Gesamt (ohne Aussiedler)
800.000
600.000
280.000 Personen
400.000
200.000
15
20
14
20
12
20
10
20
09
20
08
20
07
20
06
20
05
20
04
20
03
20
02
20
01
20
00
20
99
19
98
19
97
19
96
19
95
19
94
19
19
92
0
Datenquelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Gegenwärtige Lage
•
•
•
•
ca. 354.00 Wohnungsnotfälle in Deutschland, davon
wohnungslos
ca. 248.000
von Wohnungslosigkeit bedroht
ca. 106.000
davon auf der Straße lebend
Frauen
Kinder u. Jugendliche
Ostdeutschland
mit Migrationshintergrund
9 % (22.000)
26 %
10 %
12 %
21 %
Steigerungsrate der letzten drei Jahre (2008-2010)
alleinstehende Wohnungslose
15 %
Mehrpersonenhaushalte
3%
auf der Straße lebend
10 %
von Wohnungslosigkeit Bedrohte
4%
100.000 – 110.000 von der Wohnungslosenhilfe betreut (ca. 30 %)
Quelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Wohnungslosigkeit und psychische Erkrankung
Sträflich unerforschter Bereich. Gründe:
•
•
•
generelle gesellschaftliche Missachtung der sozial benachteiligsten Gruppe
kontrollierte Enthospitalisierung psychisch Kranker in der Psychiatriereform
der 70er und 80er Jahre (keine Entlassungen auf die Straße)
vergleichsweise geringe Wohnungslosenprävalenz in den 50er und 60er
Jahren (Folge von Nazipolitik und Wirtschaftswunder)
• Sättigung psychiatrischer Versorgungsstrukturen mit klassischer (nichtwohnungsloser) Klientel
• Sozialgesetzgebung
• historisch gewachsene, relativ starke Wohnungslosenhilfe in Deutschland
• Misstrauen gegenüber Psychopathologisierung und Biologisierung sozialer
Phänomene („Wandertrieb“, „Persönlichkeitsdefekt“, Hirnstörung“ etc.)
Wohnungslosigkeit und psychische Erkrankung
Studien in Deutschland (70er und 80er Jahre)
Studie
Kluge 1972
Population
Heim
n:
1789
Stadt Stuttgart 1976
Psychiatr. Prävalenz
Alkoholismus
1,3 % Psychosen
16,7 %
24 %
40 %
46 %
MAGS Baden-Württemberg
Ba-Wü
18 %
Sperling 1985
Heim
1,8 % Schizoprenie
4,8 % Depression
Trabert 1989
Straße
40
5 % „psychische
Erkrankung“
56 % Abhängigkeit
23,9 % Mißbrauch
25 % Mißbrauch
30 % Abusus
Wohnungslosigkeit und psychische Erkrankung
Studien in Deutschland (90er Jahre)
Studie
Population
n:
Stößel u. Locher 1991
Heim
342
Kujat 1991
Heim
224
Rieger & Wessel 1992
Wohnl.hilfe
Eickelmann et al. 1992
Heim
52
Fichter et al. 1995
Shelter
Free-meal
Outdoor
Shelter
Free-meal
Outdoor
146
Greifenhagen et al. 1996
Psychiatr. Prävalenz
Alkoholismus
14 %
34,7 % krank
32,2 % gefährdet
70 % (ca.)
30 %
32
9,6 %
3,8 %
12,4 %
41,8 %
22,6 %
21,9 %
50 %
43,8 %
23,1 %
Schizophrenie
Neurosen/Pers.
Schizophrenie
Affektive Störung
Angststörung
Schizophrenie
Affektive
Angststörung
psych. Erkrankung
63,5 %
Schizophrenie
affektive Störungen
85,5 % Alkoholismus
12,5 % Drogenabh..
Nouvertne 1996
886
Podschus et al. 1996
72
6,9 %
5,6 %
Becker et al. 1996
119
7,3 % Psychot. Verfassung
8,5 % Depression
Eickelmann et al. 1999
Psychiatrisches
Krankenhaus
50
14 %
2%
Schizophrenie
Persönlichkeitsstörung
82,9 % Abhängigkeit
8,2 % Mißbrauch
90,6 % Alkohol- u.
Drogenmißbrauch
68,4 % Sucht
54,9 % Alkoholismus
26,7 % Illegale Drogen
58 % Alkoholabhäng.
26 % Drogenabhängig
Wohnungslosigkeit und psychische Erkrankung
Studien in Deutschland (90er Jahre)
Studie
Population
n:
Stößel u. Locher 1991
Heim
342
Kujat 1991
Heim
224
Rieger & Wessel 1992
Wohnl.hilfe
Eickelmann et al. 1992
Heim
52
Fichter et al. 1995
Shelter
Free-meal
Outdoor
Shelter
Free-meal
Outdoor
146
Greifenhagen et al. 1996
Psychiatr. Prävalenz
Alkoholismus
14 %
34,7 % krank
32,2 % gefährdet
70 % (ca.)
30 %
32
9,6 %
3,8 %
12,4 %
41,8 %
22,6 %
21,9 %
50 %
43,8 %
23,1 %
Schizophrenie
Neurosen/Pers.
Schizophrenie
Affektive Störung
Angststörung
Schizophrenie
Affektive
Angststörung
psych. Erkrankung
63,5 %
Schizophrenie
affektive Störungen
85,5 % Alkoholismus
12,5 % Drogenabh..
Nouvertne 1996
886
Podschus et al. 1996
72
6,9 %
5,6 %
Becker et al. 1996
119
7,3 % Psychot. Verfassung
8,5 % Depression
Eickelmann et al. 1999
Psychiatrisches
Krankenhaus
50
14 %
2%
Schizophrenie
Persönlichkeitsstörung
82,9 % Abhängigkeit
8,2 % Mißbrauch
90,6 % Alkohol- u.
Drogenmißbrauch
68,4 % Sucht
54,9 % Alkoholismus
26,7 % Illegale Drogen
58 % Alkoholabhäng.
26 % Drogenabhängig
Bielefeld
Mannheim
Tübingen
München
Freiburg
Wohnungslosigkeit und psychische Erkrankung
Studien in Deutschland (seit 2000)
keine Zunahme der Zahl der Studien oder untersuchten Regionen
aber Tendenz zur thematischen Ausweitung der Analysen
(vor allem in den Regionen München, Mannheim, Tübingen):
• Ko-Morbidität
• Risikofaktoren
• Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen
• fachlicher Bedarf und Bedarfsdeckung
• Lebensqualität
Wohnungslosigkeit und psychische Erkrankung
Interventionsstudien
extrem wenige !
München (Fichter & Quadflieg 2005):
bei 185 von 247 nach drei Jahren wieder aufgefundenen Wohnungslosen
verringerten sich affektive Störungen
7,0 %
Suchterkrankungen 15,5 %
Angsterkrankungen
5,6 %
nicht jedoch psychot. Störungen + 1,3 %
mögliche Ursachen: bessere Unterbringung u. Inanspruchnahme med. Dienste
jüngere Publikationen der Autoren relativieren dies jedoch
Tübingen (Längle et al. 2006)
manualisierte verhaltenstherapeutisch orientierte Kurzintervention (5 Termine)
zeigt keine Besserung von Inanspruchnahme med. Dienste oder Lebensqualität
Versorgungsmodelle für
Wohnungslose mit psychischen Störungen
lokal, individuell, unspezifisch, schlecht gefördert,
nicht wissenschaftlich begleitet, kaum dokumentiert oder publiziert

Hannover (Krankenwohnung „Die KuRVe“)

Mannheim (betreutes Wohnen, „Hilfen für Freizeittrinker am
Marktplatz“)

Tübingen

Reutlingen (Wohnheim, aufsuchende Hilfe, PIA-Behandlung)

Freiburg
(Wohnheim, aufsuchende Hilfe, PIA-Behandlung)
Versorgungsmodelle für
Wohnungslose mit psychischen Störungen
•
•
•
•
•
•
sind in der Regel nicht bedarfsdeckend
gehen meist auf Initiativen engagierter lokaler Akteure zurück
bauen auf lokalen Versorgungsgegebenheiten auf
funktionieren oft nur unter den konkreten regionalen Bedingungen
unterliegen selten einer Regelfinanzierung
beruhen auf Mangelerfahrung, nicht auf empirischer Mängelanalyse
„das“ Modell gibt es nicht
Kriterien angemessener Versorgung fehlen
Versorgungsplanung
Welche Planungsparameter sind relevant ?
•
•
•
•
•
•
Risikogruppendefinition und -identifikation
differenzierte Bedarfsmessung
Angebotsanalyse (lokale Strukturen und Synergiepotentiale)
Inanspruchnahmeverhalten
prävalenzrelevante Faktoren (soziales Umfeld, Lebensqualität etc.)
Kooperationsbereitschaft bestehender Angebote und Sektoren
Repräsentative Querschnittsuntersuchungen
in Mannheim
Studie A
Studie B
Alleinstehende Wohnungslose
Von Wohnungslosigkeit Bedrohte
(n=102)
(„Räumungsbeklagte“, n=101)
August 1997 – April 1999
Januar 2000 – August 2002
•
•
•
•
•
•
•
Zielgrößen:
Psychiatrische Prävalenz
psychiatrischer Versorgungsbedarf
körperlicher Gesundheitszustand
Lebensqualität
Soziale Unterstützung
Erwerbs- und Wohnungslosigkeitsanamnese (falls zutreffend)
Lebensereignisse
Psychiatrisches Versorgungsnetz und
Wohnungslosenhilfe Mannheim
Wohnungslosenhilfe in Mannheim
Übernachtung
Ambulante Betreuung
Plätze







Übernachtungsstelle U5
Männerwohnheim U5
Männerwohnheim F7
Haus Bethanien
Therapiezentrum
für Wohnungslose
Frauenwohnheim Sandhofen
Zimmer der Betreuungsstelle
“Stadtstreicherhäuser“
40
56
60
104

Fachberatungsstelle Sozialamt
Fachberatungsstelle Caritas
Bahnhofsmission
Teestube U5
Heilsarmee
Mannheimer Platte
(Menschen helfen Menschen)
Schwestern der Mutter Teresa

Betreuungsstelle Holzstraße





23
37
84

Psychiatrisches Versorgungsnetz
in Mannheim
Dienste/Plätze
STATIONÄRE VERSORGUNG
ZENTRALINSTITUT FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT
1
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin
Klinik für Psychosomatik
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Neuropsychologisches Institut
PSYCHIATRISCHES ZENTRUM WIESLOCH
1
AMBULANTE VERSORGUNG
INSTITUTSAMBULANZEN (ZISG)
ABTEILUNG GEMEINDEPSYCHIATRIE (ZISG)
SOZIALPSYCHIATRISCHER DIENST
NIEDERGELASSENE NERVENÄRZTE
1
1
1
23
REHABILITATIVE VERSORGUNG
THERAP. WOHNHEIME FÜR PSYCHISCH KRANKE
BETREUTES WOHNEN
ARBEITSTHERAPEUTISCHE WERKSTÄTTE
MANNHEIMER STARTHILFEPROJEKT
SELBSTHILFEFIRMA
"LÄDCHEN" DER ABT. GEMEINDEPSYCHIATRIE
"ZUBROTPROJEKT"
PATIENTENCLUBS
TAGESSTÄTTE
143
109
127
120
13
12
8
offen
offen
Alleinstehende Wohnungslose in Mannheim
Gesamtzahl: ca. 610 – 670 Personen (0,21 % der Bevölkerung)
Stichprobe
Alter (Jahre)
Männer
Frauen
deutsch
andere
102 Probanden (15-16% der Population)
40 (18 – 69)
86,3 %
13,7 %
94,1 %
5,9 %
verheiratet
geschieden
verwitwet
ledig
4,9 %
30,4 %
1,0 %
63,7 %
Kinder
45,1 %
allein lebend
mit Partner/in
85,3 %
14,7 %
Ausbildung, Einkünfte, soziale Lage
ohne Schulabschluß
Sonderschule
Hauptschule
Höher
13,7 %
11,8 %
54,9 %
19,7 %
keine abgeschlossene Berufsausbildung
67,3 %
gegenwärtig erwerbslos
72,5 %
mittlere Dauer gegenwärtige Erwerbslosigkeit
8 Jahre 1 Monat
Zeit seit erster Erwerbslosigkeit
13 Jahre 1 Monat
Schwarz-, Gelegenheitsarbeit
Sozialhilfe
Arbeitslosenhilfe
25,5 %
72,5 %
20,6 %
monatl. Einkommen bis DM 1.000
DM 1.000 - 1.500
höher 2000
71,8 %
19,2 %
9,1 %
Dauer der Wohnungslosigkeit
Dauer derzeitige Wohnungslosigkeit
(Jahre)
5,4 (0 - 29)
Dauer gesamte Wohnungslosigkeit
(Jahre)
9,3 (0 - 42)
Alter bei Beginn (Jahre)
32,0 (13 – 56)
Dauer Wohnungslosigkeit / Erwerbslosigkeit
Subjektive Ursachen der Wohnungslosigkeit
(Mehrfachnennungen)
34,3
Finanzen
Faulheit, Selbstverschulden
22,5
Trennung, Scheidung, Tod
22,5
21,6
Arbeitsplatzverlust
16,7
Alkohol
13,7
Familiäre Gründe
Persönlichkeit
8,8
seelische Gesundheit
8,8
7,8
eigene Entscheidung
5,9
Fehlende Hilfe
3,9
Drogen
2
körperliche Gesundheit
18,6
andere Gründe
0
5
10
15
20
% Probanden
25
30
35
40
Psychiatrische Prävalenz (akute Störungen, n=102)
Psychiatrische Prävalenz (Lebenszeit, n=102)
Psychisch kranke Wohnungslose
Anteile in Mannheim und München
München:
Mannheim:
1.633
0,13 %
(1995, Fichter et al.)
670
0,21 %
(2000, Salize et al.)
% 100
78,7
68,7
80
60
40
20
0
München
Mannheim
Psychiatrische Diagnosen
(akute Störungen, n=102, vergebene Diagnosen n=112)
Prädiktoren psychischer Störungen
Prädiktoren für aktuelle o. lebenszeitliche psychische Störung:
•
•
Jahre seit erster Arbeitslosigkeit
Belastende Lebensereignisse
Pr > Chi²
Odds-Ratio
.0095
.0518
1.167
1.034
erklärte Variation r² = 0.26
Prädiktoren für aktuelle psychische Störung:
•
•
•
Jahre seit erster Arbeitslosigkeit
Jahre seit erster Wohnungslosigkeit
Lebensqualität (Subskala Physis)
Pr > Chi²
Odds-Ratio
.0652
.0779
.0906
1.084
1.133
0.970
erklärte Variation r² = 0.32
Prädiktoren psychischer Störungen
Prädiktoren für aktuellen Alkoholismus :
Pr > Chi²
•
•
•
Geschlecht
Jahre seit erster Wohnungslosigkeit
Vorhandensein verlässlicher Personen
.0641
.0004
.0980
Odds-Ratio
0.120
1.170
0.407
erklärte Variation r² = 0.35
Zeit seit erster Wohnungslosigkeit und
erster psychiatrischer Symptomatik (subj.)
16,3
22,8
8,5
14,4
Somatische Erkrankungen
(vergebene Diagnosen: 135)
Somatische und Alkoholfolge-Erkrankungen
Prädiktoren somatischer Erkrankung
Prädiktoren somatischer Erkrankung:
•
•
•
•
Alkoholismus, akut / lifetime
fehlende soziale Unterstützung
Globale Lebenszufriedenheit
Dauer der Wohnungslosigkeit
Pr > Chi²
Odds-Ratio
.0087
.0773
.0173
.0765
4.310
3.089
1.303
1.175
erklärte Variation r² = 0.3240
Psychiatrische Vorbehandlungen
(Mehrfachnennungen=102)
Selbstwahrnehmung des Behandlungsbedarfs
psychisch kranker Wohnungsloser
Psychiatrische Störungen/Symptome
Alkoholismus/Drogenmissbrauch
2,8%
ohne
Bedarf
52,1 %
Bedarf
bejahend
25,4%
Bedarf
verneinend
19,7%
ohne
Bedarf
18,2%
Bedarf
bejahend
19,5%
Bedarf
verneinend
62,3%
Subjektive Lebensqualität
Subjektive Lebensqualität
30
25
20
15
10
5
0
-5
-10
-15
-20
-25
-30
Wohnungslose ohne psych. Diagnose
psychisch kranke Wohnungslose
Subjektive Lebensqualität
30
25
20
15
10
5
0
-5
-10
-15
-20
-25
-30
Gemeindepsychiatrische Patienten mit Schizophrenie
psychisch kranke Wohnungslose
Planungsrelevante Charakteristika
von psychisch kranken Wohnungslosen










multimorbide Krankheitsbilder (psychiatrisch und somatisch)
chronifizierte Verläufe
multiple Noxen
vielschichtiger Versorgungsbedarf
geringe Vorbehandlungsrate
geringe Krankheitseinsicht
mangelndes Hilfesuchverhalten
fehlendes soziales Netz
fehlende Krankenversicherung
fehlende Wartezimmerfähigkeit
Auswirkungen der Analyse
auf die lokale Versorgungsstruktur
so gut wie keine !!!
• Modell betreutes Wohnen für psychisch kranke Wohnungslose (15 Plätze)
• Kooperation SPDi - Wohnungslosenhilfe
• nach wie vor keine aufsuchenden psychiatrischen Hilfen in Einrichtungen
der Wohnungslosenhilfe
• Suchtklinik vor Ort konzentriert sich auf Versorgungslücken Wohnender
• stationärpsychiatrischer Hauptversorger ist nach wie vor PZN
(35 km über Land vom Stadtzentrum entfernt)
Wohnungslosenhilfe
• Türöffner
• Zugangswege
• Case-finding
• Prävention
Kommunale
Sozialreferate
• Plattform
• Koordination
• Administration
• Trägerschaften
• Finanzierung
• Prävention
• Einbindung ASD etc.
Suchthilfe
• Therapie
• Krisenintervention
• Prävention
Allgemeinpsychiatrie
•
•
•
Therapie
Krisenintervention
Prävention
Psychiatrie
Wohnungslosen
hilfe
Klient
Kommunale
Dienste
Wohnungslosenhilfe
Psychiatrie
Klient
Kommunale Dienste
Rahmengerüst: Aufbau von Versorgungsstrukturen
für psychisch kranke Wohnungslose

organisiere die lokale Kooperation von Wohnungslosenhilfe – Suchthilfe –
Psychiatrie (auf Trägerebene und auf Mitarbeiterebene)

implementiere die bedarfsgerechte interdisziplinäre Akutversorgung
(interdisziplinär – arbeitsteilig – aufsuchend)

identifiziere Risikogruppen und implementiere präventive Angebote an
natürlichen Anlaufstellen (Jobcenter, Wohnungsamt, Sozialamt usw.)

schaffe fachübergreifende Koordinations-/Diskussionszusammenhänge

suche lokale Sponsoren

begleite das Modell wissenschaftlich (wenn möglich gesundheitsökonomisch)

suche eine Regelförderung des Modells und der Begleitung

publiziere die Ergebnisse (Fach- und Laienpresse)

vernetze das Modell überregional

bohre dicke Bretter, lasse dich nicht entmutigen, sei engagiert
Prävention
Vorstadien der Wohnungslosigkeit
Risikogruppen
Ansatzpunkte
Risikogruppe / Definitionen
Von Wohnungslosigkeit bedroht ist
•
•
wem der Verlust der derzeitigen Wohnung aufgrund von Kündigung,
Räumungsklage (auch ohne vollstrecktem Räumungstitel) oder
Zwangsräumung unmittelbar bevorsteht
wem der Verlust der Wohnung aus sonstigen zwingenden Gründen
unmittelbar bevorsteht
(z. B. aufgrund von eskalierten sozialen Konflikten, Gewalt geprägten
Lebensumständen oder Abbruch des Hauses)
Quelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Risikogruppe / Definitionen
Von Wohnungslosigkeit bedroht ist
•
•
wem der Verlust der derzeitigen Wohnung aufgrund von Kündigung,
Räumungsklage (auch ohne vollstrecktem Räumungstitel) oder
Zwangsräumung unmittelbar bevorsteht
wem der Verlust der Wohnung aus sonstigen zwingenden Gründen
unmittelbar bevorsteht
(z. B. aufgrund von eskalierten sozialen Konflikten, Gewalt geprägten
Lebensumständen oder Abbruch des Hauses)
In Deutschland gegenwärtig ca. 106.000 Betroffene
Quelle: BAG Wohnungslosenhilfe 2011
Drohende Wohnungsverluste in Mannheim
Stichprobe – Räumungsschuldner
Geschlecht
Alter
Nationalität
Familienstand
Kinder
(n=101)
Männer
47,5%
19 - 30 Jahre
31 - 40 Jahre
41 - 50 Jahre
51 - 60 Jahre
> 60 Jahre
26,7 %
35,6 %
27,7 %
8,9 %
1%
deutsch
türkisch
andere
84,2 %
6,9 %
8,9 %
Ledig
Verheiratet
Geschieden
verwitwet
40,6 %
38,6 %
17,8 %
3%
ja
62,4 %
Stichprobe – Räumungsschuldner
Schulabschluss
Berufsausbildung
Berufliche Situation
Art des Einkommens
(Mehrfachnennungen)
(n=101)
ohne
Sonderschule
Haupt-/Volksschule
Mittlere Reife
Abitur/FH-Reife
Sonstiges
19,8 %
4%
56,4 %
10,9 %
6,9 %
2%
keine
Lehre
Sonstiges
59,4 %
33,7 %
6,9 %
arbeitslos
festes Arbeitsverhältnis
arbeitslos und Schwarzarbeit
anderes
50 %
16 %
9%
25 %
Sozialhilfe
Arbeitslosengeld/-hilfe
Schwarz-, Gelegenheitsjobs
Gehalt
Wohngeld
Krankengeld
Rente
Sonstiges
43,6 %
34,7 %
15,8 %
14,9 %
34,7 %
7,9 %
4%
42 %
Psychiatrische Prävalenz
(aktuell, n=101)
Psychiatrische Prävalenz
(lifetime, n=101)
Psychiatrische Prävalenz
Räumungsschuldner
60
%
(aktuelle Störungen)
(n=101) patientenbezogen, Mehrfachdiagnosen)
55,5
50
Räumungsschuldner
40
27,7
30
18,8
20
13,9
10
12
4
2
0
F1
Ab
h
F4
än
g
igk
An
gs
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F6
t- /B
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F3
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F2
tiv
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Sc
Stö
tör
un
g
F7
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o
ru
ng
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Int
ph
ren
n
ie
1
F5
el l
ig
en
z
Ve
so
rh
a
mi
nd
.
lte
n
ns
t ig
e
sa
uf f
ä
s
llig
k.
Psychiatrische Prävalenz
(aktuelle Störungen)
Räumungsschuldner (n=101) probandenbezogen, Mehrfachdiagnosen
Wohnungslose (n=102) probandenbezogen, Mehrfachdiagnosen
Psychiatrische Vorbehandlungen
Räumungsschuldner
(Mehrfachnennungen=101)
Psychiatrische Lebenszeitprävalenz Behandlungsprävalenz
100
80
60
82,4 %
82,4 %
46,1
86,1 %
86,1 %
43,5
40
20
0
Wohnungslose
Räumungsschuldner
Lebensqualität
Räumungsschuldner - Wohnungslose
Fazit
• Alkohomissbrauch und Arbeitslosigkeit sind die Faktoren
mit dem höchsten Risiko, in Wohnungslosigkeit abzurutschen
Von Wohnungslosigkeit Bedrohte
•
•
•
•
sind ganz erheblich psychisch belastet
sind fachpsychiatrisch gravierend unterversorgt
haben ein stark erhöhtes Wohnungslosigkeitsrisiko,
wenn Alkoholismus und Arbeitslosigkeit hinzukommt
zeigen aktives Hilfesuchverhalten hinsichtlich sozialer Hilfen
• müssen Ziel koordinierter Prävention sein
fachpsychiatrisch: sekundär-, tertiärpräventiv
sozialarbeiterisch: primär-, sekundär-, tertiärpräventiv
MOTIWOHN - Studie
Verbesserung der psychiatrischen Behandlungsprävalenz
bei Risikopersonen mit drohendem Wohnraumverlust
- eine prospektive Präventions- und Interventionsstudie
Ziele:
•
Verbesserung der psychiatrischen Behandlungsquote
•
Verbesserung der psychischen Situation
•
Verbesserung der Lebensqualität
•
Vermeidung von Wohnraumverlust
MOTIWOHN - Studie
Vorgehen:
•
•
•
•
•
Rekrutierung u.a. in Ämtern
für Wohnraumversorgung
Mannheim
Psychiatrische Diagnostik
Behandlungsempfehlung
und Kontaktherstellung
Motivierende Begleitung
Erfolgskontrolle (n. 18 Monaten)
Behandlungsprävalenz
Besserung Symptomatik
Besserung Wohnsituation
Lebensqualität
Freiburg
Kooperationspartner
Freiburg: städtisches Amt für Wohnraumversorgung
Werner Hein
Michael Held
SPDi Freiburg
Dietrich Borchardt
Mannheim: FB Soziale Sicherung, Arbeitshilfen, Senioren
Sachgebiet Wohnungshilfen und Flüchtlinge
Hans-Georg Haußmann
Volker Böhm
Hubert Ogon
ARGE Mannheim
Manfred Krusch
Kamilla Kosseleck
MOTIWOHN – typische Kasuistik
Klient N.N. somatisch: Morbus Crohn, mehrere Darmoperationen
5 Schlaganfälle, Behandlung durch Opioide
psychisch: ADHS, Borderline-Persönlichkeitsstörung
Opiatabhängigkeit, Substitutionsbehandlung
3 Suizidversuche in Vorgeschichte
sozial: Privatinsolvenz, Mietschulden, Räumungsklage
Krankenstand, seit Anfang Dezember ohne Zahlung
Aussteuerung durch Krankenkasse –> Hartz IV
Starke existentielle Ängste
Hilfesuche:
beim Fachbereich Soziale Sicherung MA
Verweis an Motiwohn-Studienpersonal
Maßnahmen: Intervention bei akuter suizidaler Krise
mit stationärpsychiatrischer Einweisung (freiwillig)
Einleitung Betreuung, Anbindung an psych. Ambulanz
vorgezogener Termin bei Jobcenter wg. Finanzen
MOTIWOHN – Studie
Stand Januar 2012
Mannheim
zugewiesene Risikopersonen
aufgenommen
in psychosoziale Betreuung übergeleitet
Freiburg
zugewiesene Risikopersonen
aufgenommen
in psychosoziale Betreuung übergeleitet
Mannheim:
Freiburg:
16 Meetings (mit ca. 80 Fachleuten)
21 Meetings (mit ca. 180 Fachleuten)
59 Verweise
29 Verweise
66
32
15
29
10
4
30 Einschlüsse
10 Einschlüsse
Herzlichen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit !
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