Heilfplanzen Text: Corine Turrini Flury Mehr Klarheit im Ernährungsdschungel – 10 Fragen an den Ernährungsberater Immer neue Erkenntnisse über Ernährung und aktuelle Trends verunsichern oft mehr, als sie erklären – Diäten versprechen häufig mehr, als sie halten. Wie sieht eine gesunde und genussvolle Ernährung aus? Vitaswiss hat bei Ernährungsberater Carlo E. Lauven nachgefragt. Vitaswiss: Nach den Feiertagen kämpfen einige wieder gegen Kilos. Was hilft kurzfristig gegen ein paar überflüssige Pfunde? Carlo E. Lauven: Von kurzfristigen Diäten raten wir ab. Wer kurzfristig ein paar überlüssige Pfunde loswerden möchte, kann pro Woche einen Saft-, Früchte- oder Gemüsetag mit mindestens einer Quark- oder Hüttenkäseportion einlegen. Ohne längerfristige Veränderung des Essverhaltens riskieren Sie den berüchtigten Jojo-Efekt. Von Diäten wird häufig abgeraten und vor dem erwähnten JoJo-Effekt gewarnt. Wie kann jemand, der seit längerem an Übergewicht leidet, vorgehen, um sein Körpergewicht auf ein gesundes Mass zu reduzieren? Der Lebensstil sollte überdacht werden. Schrittweise und langfristig sollte dann der Lebensstil verändert werden. Dazu gehören – neben der Ernährung - die Bewegung, die Psyche und das Verhalten. Am besten gelingt das mit jemandem zusammen (zur gegenseitigen Motivation). Ausserdem: Lebensmittel bewusst auswählen, auf ausgewogene Mahlzeiten und eine fettarme Zubereitung achten. Körperliche Aktivitäten stei8 vitaswiss Nr. 2-3/2016 Heilfplanzen gern den Energieverbrauch und verhindern – ganz zentral – den Verlust an Muskelmasse. Die tägliche Energiezufuhr sollte mindestens 1500 kcal betragen. Eine Gewichtsabnahme von über 0.5 – 1 kg pro Woche muss vermieden werden. Hilfreich sind auch Besuche bei einer Ernährungsberatung. Im Gegensatz zu Übergewicht stehen Magersucht und Ess-Brechsucht. Wie erkennt man frühzeitig Krankheitszeichen, und was können Betroffene oder Angehörige tun? Magersucht (Anorexia nervosa) und Ess-Brechsucht (Bulimia nervosa) sind Essstörungen, die immer eine fachliche Begleitung erfordern. Um diese Krankheiten richtig zu erkennen, braucht es sehr viel Erfahrung. Ein Vertrauensarzt oder eine Vertrauensärztin kann eine erste Anlaufstelle sein. Wer eine betrofene Person in Bezug auf eine Essstörung ansprechen möchte, indet auch hilfreiche Überlegungen unter diesem Link: http://www.aes.ch/tipps/wie-ansprechen. html. Brainfood (u.a. Kohlenhydrate, Hülsenund Getreideprodukte und Fisch) soll das Gehirn mit entsprechender Nahrung auf Touren bringen. Was hat es damit auf sich? Brainfood verspricht eine bessere Denkleistung. Das basiert aber nicht auf seriösen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Kleine Zwischenmahlzeiten sind aber sicher sinnvoll. Brainfood kann unter Umständen hilfreich sein, wenn jemand daran glaubt. Erkältungen und Grippe soll mit einer ausgewogenen Ernährung vorgebeugt werden. Worauf sollte speziell im Winter bei der Ernährung geachtet werden? Um sich optimal für die kalte Jahreszeit zu wappnen, eignet sich eine ausgewogene und gesunde Ernährung. In den empfohlenen drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte stecken wertvolle Vitamine und Mineralstofe. Viele mögen beides; statistisch gesehen, erreichen aber nur vier Prozent der Bevölkerung die empfohlene Tagesmenge. Wunsch, Vorstellung und Wirklichkeit driften hier stark auseinander. In Zeiten von Vegetariern, veganer Ernährung und dem Detox-Trend stellt sich die Frage, ob sich durch diese Ernährung nicht Mangelerscheinungen bemerkbar machen? Es ist gut möglich, sich durch eine vegetarische Ernährung ausgewogen und gesund zu ernähren. Besondere Beachtung gilt der ausreichenden Proteinzufuhr. Es besteht weiter die Gefahr, dass zu wenig Vitamin B12, Eisen oder Folsäure aufgenommen werden. Um bei einer veganen Ernährungsweise, also mit keinerlei Produkten tierischen Ursprungs, einer Mangelernährung vorzubeugen, braucht es ein fundiertes Fachwissen, viel Übung und Engagement. Als Trendernährung ist das daher nicht empfehlenswert. Eine ausgewogene Ernährung ist aber auch für Veganer möglich. Spinat gilt als Eisenlieferant, Kiwi, Orangen und Erdbeeren sollen reich an Vitamin C sein. Kann damit der tägliche Bedarf gedeckt oder können allfällige Vitaminmängel durch diese Früchte und Gemüse behoben werden? Die aktuellen Empfehlungen für Vitamin C für Jugendliche und Erwachsene sind 100mg je Tag. Das entspricht z.B. 60 g Peperoni, rot, 90 g Broccoli, 125 g Kiwi, 190 g Orange, 715 g Kartofeln, gekocht. Weitere Vitamin C haltige Lebensmittel sind schwarze Johannisbeeren oder Zitrusfrüchte. Dass Spinat ein ausreichender Eisenlieferant sei, ist ein Mythos. Ausgelöst wurde das durch eine falsch abgeschriebene Nährwertangabe um den Faktor 10. Eier galten bis vor kurzem als «Cholesterinbomben». Neue Studien widerlegen das. Sind Eier unbedenklich? 3 bis 4 Eier pro Woche sind unbedenklich und entsprechen den Empfehlungen für eine gesunde Ernährung. Aber Achtung: Eier sind auch in vielen Speisen wie beispielsweise in Gebäck enthalten. Während langer Zeit wurde die Ernährungspyramide propagiert. Hat sie ausgedient? Die Ernährungspyramide richtet sich an erwachsene Personen. Sie zeigt eine ausgewo- gene Ernährung mit ausreichend Energie und Nährstofen. Die Lebensmittel werden aufgrund ihrer Zusammensetzung in Gruppen unterteilt. Eine gute Erklärung der Details macht diese praktisch umsetzbar. Wir nutzen sie sehr häuig als Disskussionsgrundlage in den Beratungen. Fastfood passt zur schnellebigen Zeit – üppige Menues stehen dagegen oft bei Geschäftsessen auf der Speisekarte. Wie schädlich sind solche gelegentlichen Ernährungssünden? Nur gelegentliche «Ernährungssünden» sind nicht bedenklich. Es gibt keine verbotenen Lebensmittel. Die richtige Kombination der Lebensmittel führt zu einer ausgewogenen Ernährung. Die Empfehlungen sollten über eine Woche hinweg mehrheitlich erreicht werden. Eine Ausnahme bilden die Flüssigkeitsempfehlungen. Diese Empfehlungen gelten für jeden Tag. Zur Person: Carlo E. Lauven ist Mitglied des Schweizerischen Verbandes Dipl. ErnährungsberaterInnen SVDE, sowie Mitglied diverser europäischer Fachverbände für Ernährungsmedizin. Er führt mit seinem Team drei Praxen für Ernährungsberatungen und ist in verschiedenen Gesundheitszentren als Berater tätig. Mehr Infos unter www.foodteam.ch Weitere Informationen zum Thema Ernährung und Berater in allen Regionen sind beim Schweizerischen Verband der ErnährungsberaterInnen SVDE zu inden: www.svde-asdd.ch vitaswiss Nr. 2-3/2016 9