Die Ethik des Ingenieurs: philosophische Begründung moralischer Normen in einer hochtechnisierten Welt Unterschied zwischen Moral und Ethik • Moral ist das Normensystem eines Einzelnen, einer Gruppe oder einer Gesellschaft • Ethik ist eine Teildisziplin der Philosophie und somit eine Wissenschaft, die sich mit der rationalen Begründung von moralischen Werten und Normen beschäftigt Die rationale Begründung moralischer Werte • um die Zustimmung zu bestimmten Werten und Normen (wie z.B.: „Du sollst nicht lügen“) einfordern zu können, müssen diese rational begründet werden • diese Begründung sollte auf möglichst wenigen Voraussetzungen beruhen, so dass ihr jeder zustimmen können muss • aus diesem Grunde ist eine auf einem Gottesglauben oder auf dem „moralischen Gefühl“ beruhende Begründung nicht ausreichend • der transzendentalphilosophische Ansatz von Kant beruht auf der Annahme menschlicher Freiheit, ist damit besonders einsichtig und wichtig im Diskurs • Kant fragt nach der Bedingung der Möglichkeit für die Frage „Was soll ich tun?“ • diese Bedingung ist eine für das Vernunftwesen Mensch spezifische Art von Freiheit, die Autonomie (= Fähigkeit, sich selbst Gesetze geben zu können) Der kategorische Imperativ findet sich bei Kant1 in verschiedenen Formen • „...handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“1 ⇒ wir müssen uns stets fragen, was wäre, wenn sich alle nach den gleichen Grundsätzen richten würden wie man selbst ⇒ wenn dadurch die Voraussetzung moralischen Handelns beeinträchtigt (also Freiheit zerstört) wird, liegt ein nicht akzeptabler Selbstwiderspruch vor • „Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ 1 ⇒ das eigene Handeln findet seine Grenzen in der Freiheit (Autonomie) des anderen, der also nicht zum Zweck degradiert werden darf, sondern denselben höchsten Wert als rationales, zur Freiheit fähiges Wesen darstellt Konsequenzen für den ethischen Diskurs2 • der Prüfstein für moralische Grundsätze und deren Umsetzung in Handlung ist also die Forderung nach Verallgemeinerbarkeit und Widerspruchsfreiheit • diese Prüfung geschieht im gesellschaftlich-politischen Diskurs, der zwar faktisch meist nicht alle Betroffenen beteiligen kann, dies aber als ideale Kommunikationsgemeinschaft anstrebt ⇒ berücksichtigt werden müssen also auch die Betroffenen, die nicht am Diskurs teilnehmen können (wie z.B. künftige Generationen) Fazit • die Festlegung und Prüfung von Handlungsnormen und Lebensentwürfen im gesellschaftlichen Diskurs benötigt nicht nur die ethische Expertise, sondern auch das Fachwissen der Ingenieure: nur sie können als Experten über Bedingungen und (mögliche) Folgen technischen Handelns aufklären • die „Ethik der Technik“ ist somit die Verbindung von technischem Verstand und praktischer Vernunft • es geht z.B. um die Qualität und Sicherheit von Produkten, deren gesellschaftliche Notwendigkeit, sowie dem damit verbundenen Rohstoffverbrauch und Reststoffen 1 Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) z.B. Apel, Karl-Otto: Diskurs und Verantwortung (1988) 2 ©Susanne Thole B.A., Essen