Den Genen auf der Spur - Baden

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Impressum
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Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit
Berichte und Ergebnisse aus den Forschungsprojekten
Herausgeberin
Landesstiftung Baden-Württemberg gGmbH
Im Kaisemer 1
70191 Stuttgart
Tel.: 0711/248476-0
Fax: 0711/248476-50
[email protected]
www.landesstiftung-bw.de
Verantwortlich: Irene Purschke
Redaktion
Peter Fendrich
Iris Lehmann
Gestaltung
EcoText International GmbH
70178 Stuttgart
www.ecotext.de
Titelbild
Christoph Ziechaus
www.land-fotografie.de
Druck
Habé Offset
79312 Emmendingen
www.habe-offset.de
© Landesstiftung Baden-Württemberg, Stuttgart, 2006
Schriftenreihe der Landesstiftung Baden-Württemberg; 17
ISSN 1610-4269
2
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
4
Herbert Moser, Geschäftsführer der Landesstiftung Baden-Württemberg
Rudi Beer, Leiter des Bereichs Forschung der Landesstiftung Baden-Württemberg
Gesundheitsrisiken minimieren
5
Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit fördert den Verbraucherschutz
Vom Bauer bis zum Bäcker
8
Forscher finden Lösungsansätze zur Minimierung von Acrylamid
Auf verlorenem Posten?
12
„Gen-Food“ legt kräftig zu – eine Herausforderung für die Lebensmittelüberwachung
Chemische Veterinär- und Untersuchungsämter
15
Vier gute Adressen für den Verbraucherschutz
Schnelle Nahrungsmittel-Tests
16
Einfachere Analyse durch Kopplung von Planar-Chromatographie und Massenspektrometrie
Der Natur auf die Finger geschaut
18
Präzisierte Methoden zur Bestimmung von sekundären Pflanzenstoffen
Kartoffelrezepte aus dem Biologielabor
20
Wie lassen sich schädliche Alkaloide in Lebensmitteln nachweisen und vermeiden?
Verräterische Gene
22
Ein DNA-Chip soll vor gefährlichen Pilz-Giften schützen
DNA-Microarray
24
Den Genen auf der Spur
Schnelligkeit schafft Sicherheit
25
Fortschritte bei der Rückstandsanalytik von Pflanzenschutzmitteln
Kurzer Prozess für Salmonellen & Co.
28
Können moderne Methoden die klassischen Nachweisverfahren ersetzen?
Gefährlichen Viren auf der Spur
30
Neue Nachweismethoden für krankheitserregende Viren in Lebensmitteln gesucht
„... die Guten ins Töpfchen!“
32
Auf der Suche nach therapeutisch wirksamen probiotischen Bakterienstämmen
Kein Kinderspiel!
34
Gefährliche Phthalat-Weichmacher: allgegenwärtig und trotzdem schwer zu fassen
Glossar
37
Erklärung der in den Projektvorstellungen verwendeten Fachbegriffe
Projektübersicht
41
Projektdaten aller im Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit geförderten Projekte
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
3
Editorial
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
für die Landesstiftung Baden-Württemberg markiert die Ausschreibung des Forschungsprogramms Nahrungsmittelsicherheit
im Jahr 2001 nicht nur die Aufnahme ihrer operativen Tätigkeit,
sondern gleichzeitig auch den Beginn ihrer Aktivitäten im Bereich
der Forschungsförderung.
Herbert Moser, Geschäftsführer
Rudi Beer, Leiter des Bereichs
Forschung
Die Sicherheit von Nahrungsmitteln betrifft uns alle unmittelbar.
Die Grenzen für Waren und Personen werden im weltweiten
Maßstab immer durchlässiger. Rohstoffe und Waren kommen aus
aller Welt. Die Zunahme des weltweiten Warenaustausches ist
einerseits als Chance zu begreifen, andererseits sind damit
Herausforderungen und Risiken verbunden, wie zum Beispiel
die rasche globale Verbreitung von Erregern. Davon ist der
Nahrungsmittelsektor in besonderem Maße betroffen.
Hinzu kommen umwälzende Veränderungen bei der Produktion,
der Verarbeitung und dem Transport.
Es ist deshalb wichtig, Gesundheitsrisiken, die aus unerwünschten
Stoffen in Nahrungs- oder Futtermitteln erwachsen, früher, besser
und sicherer erkennen zu können. Die laufende Verbesserung von
Nachweismethoden ist beispielsweise ein Beitrag hierzu. Dies
kann nur gelingen, wenn Forschungsanstrengungen auf diesem
Gebiet unternommen werden. Dies gilt für die Lebensmittelindustrie ebenso wie für die amtliche Lebensmittelüberwachung.
Die einzelnen Forschungsprojekte decken methodisch und thematisch ein sehr breites Spektrum ab. Alle relevanten Brennpunktthemen im Bereich der Nahrungsmittelsicherheit sind aufgegriffen worden. Ziel der Landesstiftung war und ist es, mit
ihrem Forschungsprogramm einen Beitrag zum proaktiven und
vorbeugenden Verbraucherschutz zu leisten.
Mit dieser Publikation möchte die Landesstiftung ihre Forschungsaktivitäten wie auch die Forschungsergebnisse aus ihren
Projekten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir
sehen darin auch einen Beitrag zum Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, den wir weiter stärken möchten.
Herbert Moser
4
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Rudi Beer
Programm
Gesundheitsrisiken minimieren
Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit fördert den Verbraucherschutz
Mit ihrem Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit fördert die Landesstiftung
Baden-Württemberg die Optimierung von Analysetechnik und Untersuchungsmethoden im
krisenträchtigen Ernährungsbereich und erhofft sich davon besseren Verbraucherschutz. Erste Erfolge zeichnen sich ab – zum Beispiel beim Acrylamid.
öglicherweise waren Nahrungsmittel „noch nie so sicher wie heute“, andererseits sind
BSE und Gammelfleisch-Skandal
„nur die Spitze des Eisbergs“: Ob
durch Acrylamid im Brot, PestizidRückstände im Obst oder Wachstumshormone im Schnitzel – in steter Regelmäßigkeit werden die Verbraucher durch neue Schreckensmeldungen verunsichert. Neuartige Herstellungsverfahren und Verpackungen, Zutaten und Zusätze
oder Rohstoffe aus gentechnisch
veränderten Pflanzen halten die zuständigen Behörden zusätzlich in
Atem und stellen die Forschung vor
immer neue Herausforderungen.
M
Aktiver Verbraucherschutz
„Im Rahmen des aktiven Verbraucherschutzes“ hat die Landesstiftung Baden Württemberg deshalb
das „Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit“ ins Leben
gerufen. Mit diesem 2001 aufgelegten Programm werden gezielt Forschungsprojekte von Universitätsinstituten, sonstigen Forschungseinrichtungen oder Untersuchungsämtern mit Sitz in Baden-Württemberg
gefördert, die dazu beitragen, „Gesundheitsrisiken zu minimieren, die
aus unerwünschten Stoffen und Organismen in Nahrungsmitteln erwachsen“.
Forschungsgegenstand ist dementsprechend die Optimierung von Untersuchungsmethoden und Analysetechnologien oder die Gewinnung von Erkenntnissen zur Verbesserung von Produktionsprozessen.
So befassen sich einige Projekte mit
einer verschärften Kontrolle des
Einsatzes von Hormonen und Antibiotika in der Tiermast, andere mit
dem verbesserten Nachweis von Pe-
stizidrückständen oder Viren und
Bakterien in der Nahrungskette.
Auswahl und Bewertung
Die Vergabe der Forschungsprojekte
erfolgte nach einem landesweiten
Wettbewerb im Rahmen eines unabhängigen Begutachtungsverfahrens.
Dafür konnte das von der Landesstiftung mit der Projektkoordination beauftragte „Institut für Wissensmanagement und Innovation“ unter der
Leitung von Dr. Martin Grauer international renommierte Wissenschaftler gewinnen. Diese arbeiten alle außerhalb der Landesgrenzen und verfügen über die spezifische Fachkompetenz, die Projektideen auf Herz und
Nieren zu prüfen. Ihren strengen Auswahlkriterien konnte laut Rudi Beer,
der bei der Landesstiftung den Bereich Forschung leitet, „im Schnitt nur
einer von acht Anträgen gerecht werDamit Nahrungsmittel
auch wirklich halten, was
die tolle Optik verspricht,
fördert die Landesstiftung
die Verbesserung von
Analysetechnik und
Untersuchungsmethoden
und damit die Kontrolle
der Produzenten und
Importeure.
Bild: Ch. Ziechaus
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
5
Programm
den“. Die Gutachter übernehmen
dann auch die Bewertung der geförderten Projekte jeweils zur Halbzeit
und zur Abschlussevaluation.
Als Auftraggeberin gibt die Landesstiftung „klare Ziele und auf Halbjahre heruntergebrochene Meilensteine vor“, so Bereichsleiter Beer,
der zudem betont, dass im Rahmen
dieser Auftragsforschung alle Rechte an den Forschungsergebnissen
der Landesstiftung zustehen: „Wir
gehen deren wirtschaftliche Verwertung zielgerichtet an und kümmern uns gegebenenfalls auch um
die Patentierung und die Suche
nach Lizenznehmern.“
Wissenstransfer
„Weißkittel“ in Aktion
– zur Verbesserung der
Nahrungsmittelsicherheit
Bilder (v.l.n.r.):
P. Fendrich, Uni Hohenheim,
Uni Tübingen, LSBW,
Uni Heidelberg, P. Fendrich,
CMA-Fotoservice
Doch neben der Verwertung ist es
auch von elementarer Bedeutung,
die Ergebnisse der 24 Projekte in die
zuständigen Behörden und in die
Unternehmen der Ernährungswirtschaft zu tragen, um sie dort zur routinemäßigen Anwendung zu bringen. „Alles entscheidend ist“, betont
Dr. Matthias Contzen vom CVUA
Stuttgart, „dass die Mitarbeiter der
Lebensmittelüberwachung von den
Fortschritten in der Laborpraxis in
Kenntnis gesetzt werden“.
Im Sinne der Landesstiftung ist es
zudem, auch die breite Öffentlichkeit zu informieren und für die Verbraucher möglichst konkrete Tipps
zu formulieren.
Die hiermit vorliegende Publikation
zum Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit soll zu diesem Wissenstransfer beitragen und
dabei der breit gefassten Zielgruppe gerecht werden. Die für dieses
Heft ausgewählten Projekte werden im Folgenden kurz umrissen:
6
Lösungsansätze zur Minimierung von Acrylamid
Acrylamid gehört zu den jüngsten
Problemfällen. So ist auch noch
nicht vollständig geklärt, ob die in
Lebensmitteln gefundenen Konzentrationen krebserregend sind.
Unbestritten ist jedoch, dass „weniger“ hier auf jeden Fall „mehr“ ist.
Drei Forschungsteams an der Universität Hohenheim und am Chemischen und Veterinäruntersuchsamt Stuttgart haben sich die Reduktion von Acrylamid in Backwaren zur Aufgabe gemacht und –
vom Rohstoff über die Verarbeitung
bis zum fertigen Produkt – mit einigem Erfolg nach Vermeidungsstrategien gesucht.
Nachweis von „Gen-Food“ –
eine neue Herausforderung
Beim „Gen-Food“ ist Soja der Extremfall: Über die Hälfte der weltweiten Produktion stammt bereits
aus gentechnisch veränderten Pflanzen. Der Europäischen Union stehen Staaten mit deutlich liberalerem Umgang mit sogenannten GVP
gegenüber. Für die Lebensmittelüberwachung ergeben sich daraus
immer wieder neue Herausforderungen. Denen begegnen Wissenschaftler des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg
mit der Weiterentwicklung ihres Instrumentariums.
Einfachere Analyse durch
Kopplung von Verfahren
Ob Brot, Milch, Fleisch oder Convenience Food: Immer wieder geht es
darum, Stoffe in Lebensmitteln zu
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
bestimmen, die darin besser nicht
enthalten wären. In den Labors der
Universität Hohenheim sollen durch
die Kopplung von Planar-Chromatographie und Massenspektrometrie einfache, schnelle und kostengünstige Nachweis-Verfahren entwickelt werden. Erste Ergebnisse
klingen vielversprechend ...
Präzisere Bestimmung von
sekundären Pflanzenstoffen
Möglichst vielfältig soll die tägliche
Obst- und Gemüseauswahl sein, so
die Devise für eine gesunde Ernährung. Immer mehr Menschen
scheuen den Aufwand dafür und
suchen Ersatz bei Nahrungsergänzungsmitteln und „Functional Food“.
Dennoch gab es bisher kein standardisiertes Verfahren, um deren
Bestandteilen auf den Grund zu
gehen. Ein Forschungsprojekt an
der Universität Hohenheim hat Abhilfe geschaffen.
Wie lassen sich schädliche
Alkaloide vermeiden?
Kartoffeln und Tomaten produzieren „natürliche Gifte“, etwa um sich
gegen Tierfraß zu wappnen. Für den
Menschen sind diese Stoffe nicht
immer unbedenklich, wenngleich
das Lebensmittelrecht keine Warnhinweise vorsieht. Nun sollten zumindest die Nachweisverfahren
vereinfacht und die Verbraucher
aufgeklärt werden.
Ein DNA-Chip soll vor gefährlichen Pilz-Giften schützen
Mit zu den gefährlichsten Giften
überhaupt zählen die Stoffwechsel-
Programm
Produkte mancher Pilze. Anders als
der berühmte Fliegenpilz sind die
Pilzarten, die an und von Lebensmitteln leben, weit verbreitet: Rund
ein Viertel aller Nahrungsmittel
weltweit ist laut FAO mit Spuren
dieser Pilzgifte kontaminiert. An der
Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe versucht man, das Problem an
der Wurzel zu packen.
Rückstandsanalytik von
Pflanzenschutzmitteln
Nachweismethoden für
krankheitserregende Viren
Wenn es einer Reihe von Menschen
nach einem Fest- oder Restaurantbesuch gleichzeitig speiübel wird,
oder zum Beispiel gehäuft Gelbsucht auftritt, sind oft Viren im
Spiel. Ihnen sind Forscher am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) auf
der Spur, um schnelle, zuverlässige
Nachweismethoden für die Laborpraxis zu entwickeln.
Rund 1.200 verschiedene Stoffe
werden derzeit weltweit als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Rückstandsanalytiker haben also nicht
die geringste Chance, diese alle einzeln innerhalb der Zeit nachzuweisen, in der ein Rückruf bei Gefahr
noch einen Sinn hätte. Statt dessen
setzt man in der Untersuchungsroutine auf sogenannte „Multimethoden“, die viele Substanzen
auf einmal erfassen. Allerdings lassen sich neue Pestizide nicht ohne
weiteres in dieses Verfahren eingliedern. Die Lösung dieses Problems
zeichnet sich im CVUA Stuttgart ab.
Therapeutisch wirksame
Bakterienstämme
Optimierte Nachweisverfahren für Keime
Seit über fünfzig Jahren werden
Phthalate als Weichmacher in einer
Vielzahl von alltäglichen Bedarfsgegenständen wie Kinderspielzeug
und Baumaterialien eingesetzt. Dadurch und weil sie allmählich aus
den Materialien in die Umwelt entweichen, sind sie ubiquitär, also
überall vorhanden. Eine ganze Reihe von Wissenschaftlern an vier verschiedenen Institutionen ist dabei,
die für Menschen relevanten Belastungspfade zu ermitteln.
Peter Fendrich
Für den Laien schwer verständliche
Begriffe wie Real-Time-PCR stehen
für die alternativen Methoden zum
Nachweis von Keimen in Lebensmittelproben. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg
hat sie auf ihre Genauigkeit getestet
und mit den gängigen amtlichen
Verfahren verglichen. Kann die Lebensmittelkontrolle damit schneller
und effizienter arbeiten?
Im Darm tummeln sich zahllose
Bakterien. Doch während sich die
Infektionsforschung bislang vornehmlich mit krank machenden
Keimen befasste, weiß man über
möglicherweise heilende, also probiotische Wirkungen der Darmbewohner noch wenig. Licht ins Dunkel soll ein Forschungsprojekt der
Universität Tübingen bringen.
Weichmacher: allgegenwärtig, doch schwer zu fassen
Zum Konzept dieser Publikation
I
ZIELGRUPPE:
Diese Broschüre dient nicht der Veröffentlichung
von Abstracts der geförderten Wissenschaftler,
sondern soll Multiplikatoren und Akteuren im
Ernährungsbereich, aber auch Politikern und
nicht zuletzt dem interessierten Laien einen
Einblick in die Forschungstätigkeit gewähren
und neue Erkenntnisse in allgemein verständlicher Form vermitteln.
I
FACHBEGRIFFE:
Um Insider beim Lesen nicht unnötig zu bremsen
und die Texte nicht zu überfrachten, wurde die
Erklärung von Fachbegriffen isoliert. Sie sind im
Text mit Verweiszeichen (>) versehen und blau
unterlegt, werden teils auf der Randspalte erklärt
oder können im Glossar ab Seite 37 nachgeschlagen werden.
I
AUSWAHL DER PROJEKTE:
Nicht alle geförderten Projekte werden in dieser
Publikation vorgestellt. Die Auswahl stellt einen
Querschnitt der Themenpalette dar und ergab
sich zudem aus dem jeweiligen Forschungsstand.
Mitunter sind, wie beim Thema Acrylamid, auch
mehrere Projekte in einem Artikel zusammengefasst.
I
PROJEKTDATEN:
Projekttitel und Kontaktdaten werden bei jeder
Projektvorstellung auf der Randspalte aufgeführt.
Im Anhang ab Seite 41 findet sich außerdem eine
Liste aller 24 geförderten Projekte mit ausführlichen Kontaktdaten und Web-Links.
I
PUBLIKATIONSVERZEICHNIS:
Auf Seite 43 werden alle in dieser Schriftenreihe
der Landesstiftung Baden-Württemberg erschienenen Publikationen aufgeführt.
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
7
Projektbeispiele
Vom Bauer bis zum Bäcker
Forscher finden Lösungsansätze zur Minimierung von Acrylamid
Noch ist nicht vollständig geklärt, wie gefährlich Acrylamid in Lebensmitteln für die Gesundheit ist.
Unbestritten ist jedoch, dass „weniger“ hier auf jeden Fall „mehr“ ist. Drei Forschungsteams
haben sich die Reduktion von Acrylamid in Backwaren zur Aufgabe gemacht
und suchen intensiv nach Vermeidungsstrategien vom Rohstoff
über die Verarbeitung bis zum fertigen Produkt.
ur mühsam gelingt es den
beiden Wissenschaftlern, den
Stolz auf ihre Leistung zu verbergen.
In vergleichsweise kurzer Zeit haben
sich der Lebensmittelingenieur
Achim Claus und Privatdozent Andreas Schieber in das noch junge Forschungsthema >„Acrylamid in Lebensmitteln“ eingearbeitet und bedeutende Erkenntnisse gewonnen.
N
gesetzte Acrylamid auch in Lebensmitteln wie Chips oder Gebäck zu
finden ist. Nicht etwa als Belastung
von außen, sondern in erster Linie als
Folge einer chemischen Reaktion,
der die Kruste am Schweinebraten
zu verdanken ist und frisches Brot
besonders lecker duften lässt: Bei
der sogenannten >Maillard-Reaktion werden >Aminosäuren und >re-
ursachen, doch da Asparagin auf jeden Fall einen wesentlichen Anteil
an der Entstehung hat, konzentrierten sich die in den Forschungsvorhaben eingeschlagenen VermeidungsStrategien zunächst vor allem auf
diese Vorläufer-Substanz.
Asparagin kommt in Pflanzen sowohl
frei, als auch gebunden in Proteinen
vor. „Je geringer der Asparagin-Gehalt
ist, desto geringer ist die Chance, dass
das Asparagin in der Maillard-Reaktion weiterreagiert und dann zu
Acrylamid führt“, erklärt Andreas
Schieber, „darum gilt es, den Asparagin-Gehalt zu verringern“.
Ein Zielkonflikt
Ein Bauer prüft den Reifegrad des Weizens.
Bild: R. Löffler
Unter Leitung von Professor Reinhold
Carle am Hohenheimer Lehrstuhl für
Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
und zusammen mit Dr. Pat Schreiter
vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart haben sie nicht nur die Analytik auf diesem Gebiet vorangebracht, sondern
vor allem auch Neues über die Bildung von Acrylamid und – noch wichtiger – über Vermeidungsmöglichkeiten herausgefunden.
Die Maillard-Reaktion
Erst 2002 wurde von einer schwedischen Forschergruppe entdeckt,
dass das in der Industrie vielfach ein-
8
duzierende Zucker unter Hitze zu
unterschiedlichsten Verbindungen
umgewandelt. Von diesen ist bislang hauptsächlich bekannt, dass
zahlreiche geruchs- und geschmacksgebende Substanzen darunter vertreten sind – und eben auch Acrylamid. Das Amid entsteht insbesondere dann, wenn als Aminosäure im
Prozess >Asparagin zur Verfügung
steht. Einen Verdacht, den Dr. Pat
Schreiter von der CVUA bereits zu
Anfang des Projektes hatte und
schon nach wenigen Monaten belegen konnte. Zwar führen noch weitere Wege zu dem problematischen
Stoff, der im Verdacht steht, das Erbgut zu schädigen und Krebs zu ver-
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Solange dabei das freie Asparagin
reduziert wird, geht diese Rechnung
auch für den Bäcker auf. Doch Asparagin ist auch Teil des sogenannten >Kleberproteins, das für den Zusammenhalt und zugleich das Aufgehen von Backwaren erforderlich
ist. Ein Zielkonflikt, wie Achim
Claus, Doktorand am Lehrstuhl,
ausführt: „Gerade beim Weizen ist
man auf den Kleber angewiesen.
Doch das hat zwangsläufig zur Folge, dass beim Backen Acrylamid
entsteht.“ Allerdings setzt er beruhigend hinzu: „Wenn es gelingt, das
freie Asparagin zu reduzieren, dann
ist das auch schon ein wesentlicher
Beitrag dazu, das Acrylamid zu senken.“ Ein Weg, auf den sich die Wissenschaftler seit Ende 2003 gemacht haben.
Bereits im Getreide liegt die Aminosäure Asparagin in unterschiedlichen Mengen vor. Agraringenieur
Albrecht Weber hat diesen ersten
Ansatzpunkt für die Verminderung
der Aminosäure aufgegriffen. In
Projektbeispiele
Dinkel, Roggen und
Weizen (v.l.n.r.) auf den
Hohenheimer Versuchsfeldern
Bilder: A. Weber
Zusammenarbeit mit Dr. Wolf-Die- teilten verschiedenen Weizenklaster Koller von der Bundesanstalt für sen berücksichtigt und für jede der
Ernährung und Lebensmittel (BfEL) in Klassen einige gängige Sorten ausKarlsruhe erforscht er – unter Leitung gewählt. Neben den 16 Winterweivon Prof. Wilhelm
zensorten prüfen
„Bei einem hohen AusClaupein vom Institut
die Wissenschaftler
mahlungsgrad bzw. einer
für Pflanzenbau und
zwei Dinkel- und
niedrigen Mehltype sinkt
Grünland der Unizwei Roggensorten,
der Acrylamid-Gehalt.“
versität Hohenheim
die hierzulande beund in Absprache mit den Kollegen sondere Anbaubedeutung haben
von der Lebensmitteltechnologie – beziehungsweise an die Bedingundie anbautechnischen Möglichkeiten, gen im „Ländle“ gut angepasst sind.
um den Asparagin-Gehalt und somit
das Acrylamid-Bildungspotenzial im
Korn so gering wie möglich zu halten. Dabei ist ein Teil seiner Fragestellung, herauszufinden, wie eng
der Zusammenhang zwischen der
Menge der Aminosäure und dem
Anteil des gewünschten Rohproteins im Erntegetreide ist. Ließe sich
das eine beeinflussen, ohne das andere zu stören, wäre bereits „Land
in Sicht“.
In einem zweijährigen Feldversuch
auf der universitätseigenen Versuchsstation Ihinger Hof bei Renningen wurden darum die Auswirkungen verschiedener StickstoffDüngermengen in unterschiedlicher zeitlicher Verteilung und in unterschiedlichen Formen auf die Gehalte von einerseits Asparagin und
andererseits dem Rohprotein im
Korn untersucht. Da nicht für jedes
Gebäck ein maximaler Eiweiß-Ge- Inzwischen ist das erste Versuchshalt erwünscht ist, sondern zum jahr ausgewertet: Zwar kann und
Beispiel beim Keks-Getreide der Ge- sollte man bei pflanzenbaulichen
halt keinesfalls hoch sein darf, da- Versuchen zu einem so frühen Zeitmit das Gebäck möglichst schön punkt noch sehr vorsichtig mit Ausflach bleibt – wurden die in der Pra- sagen sein, doch zumindest kann
xis nach diesem Kriterium einge- bereits festgehalten werden, dass
mit zunehmender Stickstoff-Aufnahme des Getreides die Gehalte
sowohl an Protein als auch an Asparagin im Korn ansteigen.
Da das eine in vielen Fällen erwünscht ist, das andere aber vermieden werden soll, lässt dieses Ergebnis keine einfache Lösung des
Zielkonflikts auf pflanzenbaulicher
Ebene erhoffen. Doch ein hoffnungsvolles Versuchsergebnis kann
Albrecht Weber immerhin präsen-
tieren. Mit der gebotenen Vorsicht
formuliert er: „Wenn wir die 16 angebauten Sorten anschauen, sehen
wir, dass es in jeder Qualitätsklasse
Sorten gibt, die sich durch geringere Asparagin-Gehalte signifikant
von den anderen Sorten unterschei-
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
9
Auch der Bäcker kann
seinen Teil dazu beitragen,
den Acrylamid-Gehalt so
klein wie möglich zu
halten.
Bild: CMA-Fotoservice
Projektbeispiele
Projekt 1:
Ermittlung von Einflussfaktoren
auf die Bildung von Acrylamid in
Getreide und Getreideprodukten
mit dem Ziel der Gehaltsminimierung – Studien an Modellsystemen und Lebensmitteln
Institution:
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmitteltechnologie, Lehrstuhl Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
August-von-Hartmnn-Str. 3
70599 Stuttgart
www.uni-hohenheim.de
Projektleitung:
Prof. Dr. Reinhold Carle
PD Dr. Andreas Schieber
Tel.: 0711/459-2314
[email protected]
Projekt 2:
Einfluss pflanzenbaulicher Maßnahmen bei Getreide zur Reduzierung von Acrylamid-Vorstufen
im Korngut von Getreide
Institutionen:
Universität Hohenheim, Institut
für Pflanzenbau, Fachgebiet Allgemeiner Pflanzenbau und
Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel,
Institut für Verfahrenstechnik
Fruwirthstr. 23
70599 Stuttgart
www.uni-hohenheim.de
Projektleitung:
Prof. Dr. Wilhelm Claupein
Dr. W.-D. Koller
Tel.: 0711/459-2380
[email protected]
Projekt 3:
Ermittlung von Einflussfaktoren
auf die Bildung von Acrylamid in
Getreide und Getreideprodukten
mit dem Ziel der Gehaltsminimierung – Studien an Modellsystemen und Lebensmitteln
Institution:
CVUA Stuttgart
Abt. I – Zentrale Messtechnik
Schaflandstr. 3/2
70736 Fellbach
www.cvua-stuttgart.de
Projektleitung:
Dr. Pat Schreiter (seit 6/2005)
Tel.: 0711/3426-1029
[email protected]
Asparagin (mg/100 g) bzw. Acrylamid (ng/g)
PROJEKTDATEN
den lassen.“ Ließe sich dies im zwei- sammenarbeiteten, ist es gelungen,
ten und dritten Versuchsjahr bestä- eine ganze Reihe interessanter Vertigen, könnte sich hier ein gangba- meidungsstrategien auszumachen.
rer Weg für einen ersten Minimie- Bereits mit dem Mahlen des Getreirungsansatz des Acrylamid-Bildungs- des, so die Erkenntnis, werden die
potenzials auf Rohstoff-Ebene erge- ersten Weichen gestellt: Bei einer
ben. Allerdings
niedrigen >Mehl„Bei gleichem Geschmack und
müssten diese Sortype sinkt der
Bräunungsgrad ist es besser, ein
ten zugleich in eiAcrylamid-Gebisschen länger bei niedrigerer
ner Reihe anderer
halt.
Temperatur zu backen.“
Kriterien den AnDas heißt allersprüchen der Landwirtschaft genü- dings auch, dass ernährungsphygen, etwa der Verarbeitungsqualität, siologisch empfehlenswertes VollKrankheitsresistenz oder dem Ertrag. korn in dieser Hinsicht besonders
schlechte Karten hat.
Glücklicherweise gibt es weitere
Kein Königsweg
Möglichkeiten, die Acrylamid-VorAn den einen Königsweg zur Aspa- läufersubstanz Asparagin zu reduragin- und damit Acrylamid-Ver- zieren. So sorgt der Gärprozess eimeidung glauben die Wissen- nes Hefeteigs ganz automatisch für
schaftler des Lehrstuhls Lebensmit- die Verminderung der problematitel pflanzlicher Herkunft und ihre schen Aminosäure. Praktischerweimit dem Projekt befasste Kollegin se wird Asparagin neben Glutamin
an der CVUA sowieso nicht, eher von den Hefen bevorzugt abgebaut.
setzen sie auf die Strategie der vie- „Wir haben vermutet, dass wenn
len „Nadelstiche“. Mit der immen- wir länger gären lassen, die Hefe
sen analytischen Erfahrung und der mehr Wachstum zeigt und deshalb
wissenschaftlichen Kompetenz al- auch mehr Aminosäuren und Zukler beteiligten Forscher, die im Rah- ker verstoffwechselt werden,“ ermen des Projektverbundes eng zu- läutert Claus. Im Nachhinein sei das
Asparagin im Teig (TM)
Asparagin im Brot (TM)
Die in der Literatur publizierte Strategie, den Acrylamidgehalt über eine
Senkung der Vorläuferverbindungen (freies Asparagin und reduzierende
Zucker) zu minimieren, erwies sich vor allem bei Kartoffelprodukten als
praktikabel. Völlig überraschend war jedoch der vom Lehrstuhl für Lebensmittel pflanzlicher Herkunft in Kooperation mit Prof. Dietrich Spitzner vom
Fachgebiet Bioorganische Chemie nachgewiesene neue Bildungsweg von
Acrylamid aus isoliertem Weizenkleberprotein. Damit konnte erstmals
gezeigt werden, dass Acrylamid aus Proteinen auch unabhängig von der
Maillard-Reaktion entstehen kann. Durch Studien an Modellsystemen
konnte die von den Hohenheimer Forschern aufgestellte Hypothese untermauert werden. Damit wird auch deutlich, dass eine vollständige Vermeidung der Acrylamid-Entstehung in Getreideprodukten nicht möglich ist.
10
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
alles plausibel, meint Schreiter vom
CVUA, aber bis dieser Wissensstand
erreicht war, musste sie zusammen
mit ihrer Assistentin viele kleine
Brötchen backen. Um genau zu
sein: an jedem Versuchstag 100
Brötchen aus 20 Gramm labortechnisch hergestelltem Mehl.
Die Verwendung der künstlich aus
Weizenstärke und Weizeneiweiß
gemischten Mehle sei zwar ein bisschen praxisfern, sagt Pat Schreiter,
aber zur Vereinfachung der komplexen Zusammenhänge eines Backprozesses und zur Untersuchung
des Einflusses einzelner Parameter
sind sie eine wichtige Hilfe. Mit der
am Untersuchungsamt seit den ersten Meldungen über Acrylamid in
Lebensmitteln in kurzer Zeit entwickelten Analysetechnik konnten
zuverlässige Ergebnisse erzielt und
unter anderem die These der Hohenheimer bestätigt werden.
Doch als Königsweg ist auch dieser
Pfad ungeeignet: Parallel zum Abbau der Stärke, die während der Hefegärung ebenso wie Zucker und
Aminosäuren umgebaut wird, verliert der Teig zunehmend seine
Struktur. Brote, deren Teig zu lange
„ging“, laufen im Backprozess
„breit“ und fallen in sich zusammen.
Auch die Hohenheimer Forscher erprobten derweilen – mit „realen“
Mehlen aus den Versuchen des Instituts für Pflanzenbau – ihre Fähigkeiten als Bäcker. Bereits im Vorfeld
war es ihnen gelungen, die Einstellung des vorhandenen >HPLC-- Massenspektrometers so zu optimieren,
dass Acrylamid im Backwerk selbst
Projektbeispiele
im Spurenbereich gemessen werden kann. So konnten die weiteren
Backversuche zu Temperaturhöhe
und Backdauer sowie verschiedenen Ofentypen und Mehl-Zusammensetzungen (unterschiedliche
Getreide-Sorten und StickstoffDüngung) äußerst exakt bewertet
Eindeutig konnten Claus und Schieber nachweisen, dass ein das Backwerk schnell erhitzender und austrocknender Umluft-Ofen zu mehr
Acrylamid führt als ein Etagenofen.
werden. Neben dem Acrylamid bestimmten die Wissenschaftler an
der Universität Hohenheim und am
CVUA weitere 20 Parameter wie
Zuckergehalte, Enzymaktivitäten,
Aschegehalte für alle 36 verwendeten Mehle.
schiedenen Backtemperaturen erzielten gleichen Bräunungsgrad der
Brötchen mit dem Acrylamid-Gehalt in Verbindung zu bringen.
Achim Claus: „Bei gleichen sensorischen Eigenschaften, also Geschmack und Bräunungsgrad, ist es
Bild: P. Fendrich
Zu ebenso eindeutigen Ergebnissen
führte auch der Ansatz, den mit ver-
Köstliches Brot frisch aus dem traditionellen Holzofen im Backhaus. Bemehlt oder unbemehlt
macht allerdings einen entscheidenden Unterschied.
besser, ein bisschen länger bei niedrigerer Temperatur zu backen.“
Durch die Zusammenführung der
analytischen Ergebnisse der Hauptakteure im Projekt, ergänzt durch
Messungen an der BfEL in Karlsruhe, bekamen die ermittelten Daten
eine besondere Aussagekraft.
Bemehltes Brot
Auf eine weitere ganz einfach umsetzbare Vermeidungs-Möglichkeit
ist Pat Schreiter gestoßen. Die Tatsache, dass in trocken erhitztem
Mehl wegen der fehlenden Reduzierung des Asparagins durch Gärung
viel mehr Acrylamid gemessen wird
als im fertigen Brot, brachte sie auf
die Idee, Brote zu untersuchen, die
vor dem Backen mit Mehl überstäubt wurden. Zum Teil mit schnell
im Laden eingekauften Broten gingen die Experten der Sache auf den
Grund und testeten das „bemehlte“
Brot einmal mit Mehl und einmal
vom Mehl befreit. Pat Schreiter: „Abgesehen von zwei Ausnahmen, die
im Bereich der Messunsicherheit lagen, konnten wir tatsächlich feststellen, dass in dem von Mehl befreiten Brot immer weniger Acrylamid
nachweisbar war.“
Insgesamt lässt sich zum aktuellen
Zeitpunkt festhalten, dass sich das
Acrylamid in Backwaren zwar sicher
nicht ganz beseitigen lässt, es jedoch möglich ist, die Belastung
wesentlich zu reduzieren. Welcher
Weg dabei welchen Erfolg bringt,
können die Wissenschaftler noch
nicht schlussendlich sagen. Doch
ein guter Anfang ist gemacht.
Iris Lehmann
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
11
Albrecht Weber, Achim
Claus, Andreas Schieber und
Reinhold Carle von der Uni
Hohenheim und Pat
Schreiter vom CVUA
Stuttgart
Bilder: I. Lehmann
DEFINITIONEN
Probiotika:
Definierte lebende Mikroorganismen, die in ausreichender
Menge in aktiver Form in den
Darm gelangen und dadurch
positive gesundheitliche
Wirkungen erzielen (Berliner
Arbeitskreis Probiotika).
Chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen (CED):
Chronische oder chronisch
rezidivierende (wiederkehrende) Entzündung der Dickdarmschleimhaut (Colitis ulcerosa)
oder des gesamten MagenDarm-Traktes mit Tendenz zur
Diskontinuität und Befall aller
Wandschichten (Morbus
Crohn). Die Ursachen von CED
sind weitgehend unbekannt.
Epithel:
Die Schleimhaut bedeckende
Zellschicht.
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Projektbeispiele
Auf verlorenem Posten?
„Gen-Food“ legt kräftig zu – eine Herausforderung für die Lebensmittelüberwachung
Soja ist der Extremfall: Über die Hälfte der weltweiten Produktion stammt bereits aus gentechnisch
veränderten Pflanzen. Der EU stehen Staaten und Kontinente mit deutlich liberalerem Umgang
gegenüber. Für die Lebensmittelüberwachung ergeben sich daraus immer wieder neue
Herausforderungen. Denen begegnen Wissenschaftler des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg mit der Weiterentwicklung ihres Instrumentariums.
irtschaftlich attraktiv, bei
uns verbraucher- und agrarpolitisch umstritten und dazu noch
weltweit höchst unterschiedlich reglementiert: In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Kontrolle von
>gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP). Von unvermeidbaren
Kontaminationen bei Anbau, Herstellung, Lagerung, Verpackung und
Transport bis hin zur unzureichenden oder falschen Deklaration – mit
der wachsenden Anzahl an GVP
muss auch die Lebensmittelüberwachung nachziehen. Die amtliche
Überwachung ordnet GVP in Lebensmitteln drei Kategorien zu:
1. Zugelassene GVP: Ohne Kennzeichnung dürfen maximal 0,9
Prozent einer Zutat an GVPs in
einem Lebensmittel (zum Beispiel Gen-Mais in Tacos) enthalten sein. Bei diesen Mengen geht
W
PROJEKTDATEN
Molekularbiologische Verfahren
zum Nachweis von nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen
Institution:
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg
Bissierstraße 5
79100 Freiburg
www.cvua-freiburg.de
Projektleitung:
Hans-Ulrich Waiblinger
Tel.: 0761/8855-0
[email protected]
Bild: N. Michalke
Orientierung im Warendschungel: Gerade wenn’s
um gentechnisch veränderte
Lebensmittel geht, sind Verbraucher auf eine gut ausgerüstete Lebensmittelüberwachung angewiesen.
man von ungewollten Kontaminationen und nicht vom gezielten Einsatz von GVPs aus. Bei einem höheren Gehalt muss das
Lebensmittel gekennzeichnet
sein – zum Beispiel mit dem Hinweis „enthält gentechnisch veränderte Sojabohnen“. Will der
Hersteller einer neuen gentechnisch veränderten Pflanze eine
Zulassung für die EU, muss er die
entsprechenden >DNA-Sequenzen, Referenzproben und auch
deren Nachweismethoden offen
legen. Über ein „Molecular Register“ ist ein Zugriff auf diese Daten möglich. Das erleichtert die
Kontrolle.
2. Positiv sicherheitsbewertete
GVP sind noch nicht zugelassen,
doch der Antrag auf EU-Ebene
läuft und hat die Hürde der Sicherheitsbewertung bereits ge-
12
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
nommen. Hier gilt: Maximal 0,5
Prozent dürfen Zutaten von Lebensmitteln in der EU enthalten.
Höhere Werte haben ein Verkehrsverbot des Lebensmittels zur Folge.
3. Nicht zugelassene GVP – die großen Unbekannten: Referenzmaterial ist schwer zu bekommen,
Nachweismethoden müssen
entwickelt werden. Hier gilt
Nulltoleranz, entsprechende Lebensmittel dürfen nicht in den
Verkehr gebracht werden.
Auf die zuletzt genannte Gruppe
konzentriert sich das Freiburger Forschungsprojekt.
Informations-Netzwerk
Als die Lebensmittelüberwachung
2005 in Bayern gentechnisch veränderte Papayas fand, hatte das euro-
Bilder: CVUA Freiburg
Projektbeispiele
Projektleiter Hans-Ulrich Waiblinger und Annette Anderson sind mit modernen Nachweismethoden nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen auf der Spur.
paweite Netzwerk von Untersu- ten Papayas gingen auf diese Weichungsämtern und Laboren wieder se in die Falle. Ein Stück genauer ist
einmal frisches Gen-Material. Die die Analyse so genannter „DNAbayerischen Kollegen der Freiburger Konstrukte“. Das sind funktionale
Wissenschaftler waren mit >Scree- Einheiten aus Ziel- und Markergening-Methoden und Datenbank-Re- nen, Promotoren und Terminatoren,
cherchen auf die nicht zugelassenen wie sie etwa von AgrarbiotechnoloFrüchte gestoßen. Li„Ohne ein europaweites gie-Unternehmen
teraturrecherche und
typischerweise verNetzwerk hätten wir
Beschaffung von Rewendet werden.
schlechte Karten beim
ferenzmaterial geNoch individueller
Aufspüren von nicht
hören auch zu den
wird es, wenn so
zugelassenen GVP.“
täglichen Aufgaben
genannte >Events
der Freiburger Molekularbiologen nachgewiesen werden sollen. Das
um den Projektleiter Hans-Ulrich sind >transgene Organismen, die
Waiblinger. „Ohne Amtshilfe, ohne aus einer transformierten Zelle entein deutschland- und europaweites standen sind, also ein >TransforNetzwerk und ohne das Internet mationsereignis („Event“) repräsenhätten wir schlechte Karten. Für unser Projekt haben wir auf diese Weise nicht zugelassene gentechnisch
veränderte Lebensmittel erhalten,
um dafür entsprechende Nachweismethoden entwickeln zu können“,
erzählt Waiblinger. Dabei hätte ein
wahlloses Rühren im Gen-Eintopf
wenig Sinn. Die Experimente folgen
einer klaren Strategie – von der Breite in die Tiefe.
tieren. Sie tragen eigene Namen wie
„Bt11“ oder „MON863“. Diese Pflanzen können später in verschiedene
Sorten eingekreuzt werden.
Jedes zugelassene Event ist mit seinem persönlichen Steckbrief in der
EU-Zulassungs-Datenbank hinterlegt. Auf dieser Stufe wird der Übergang vom Fremd-Gen zur PflanzenDNA nachgewiesen – genauer
geht’s nicht! Bei allen Nachweisen
greifen die Forscher auf >PCR- und
>Real-Time-PCR-Verfahren zurück.
Damit können die oft nur in kleinen
Mengen, etwa in einer Lebensmittel-Zutat vorhandenen GVP-DNASequenzen zunächst vervielfältigt
und dann analysiert werden.
Rasterfahndung
Die CVUA-Mitarbeiter setzen im Rahmen des derzeit laufenden Forschungsprojekts noch einen drauf
und führen mit Duplex- oder gar Multiplex-Screening-Verfahren mehrere
Nachweise auf einen Schlag.
Erfolgreich verlief zum Beispiel die simultane Suche nach zwei weit verbreiteten DNA-Sequenzen: Sie konnten mittels Real-Time-PCR nicht nur
gefunden, sondern sogar quantifiziert werden. „Damit kann ein Screening auf zahlreiche gentechnisch veränderte Pflanzen erfolgen, weil viele
transgene Pflanzen zumindest eines
WEB-LINKS
www.biosicherheit.de
www.bio-pro.de
www.informationsdienstgentechnik.de
www.transgen.de
DEFINITIONEN
DNA-Sequenz:
Bestimmte Abfolge von Genen
auf der DNA.
GVO/GVP:
Gentechnisch veränderte
Organismen/Pflanzen. Jede
Pflanzenlinie, die aus einem
Event hervorgeht, gilt als GVO.
Dessen Freisetzung oder
kommerzielle Nutzung müssen
genehmigt werden. „Gentechnisch verändert“ ist ein
Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise
verändert worden ist, wie sie
unter natürlichen Bedingungen
durch Kreuzen oder natürliche
Rekombination nicht vorkommt
(Artikel 2 der europäischen
Freisetzungs-Richtlinie; 2001/18/
EG).
Event:
Eine bestimmte transformierte
Pflanzenzelle, aus der eine
gentechnisch veränderte
Pflanze hervorgeht. Jedes
erfolgreiche Transformationsereignis gilt als „Event“ und
wird mit einem bestimmten
Kürzel (z. B. Bt11, MON863)
bezeichnet. Jedes Event kann
später in verschiedene Sorten
eingekreuzt werden.
Dreistufiges Vorgehen
Mit breiten Screenings können GVPtypische DNA-Sequenzen identifiziert werden. Solche Sequenzen
heißen zum Beispiel „35S-Promotor“ oder „NOS-Terminator“. Die
Breiten-Analyse sucht zunächst
einfach nach GVP – egal, ob zugelassen oder nicht. Auch die erwähn-
Die DNA-Extraktion ist
bei stark weiterverarbeiteten Lebensmitteln,
etwa einem Öl, schwieriger als bei unverarbeiteten Maiskörnern.
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
13
Projektbeispiele
Mit offenen Karten: Alle
diese Produkte beinhalten
gentechnisch veränderte
Pflanzen. Die Frage ist
hier, ob auch nicht zugelassene dabei sind.
Bild: CVUA Freiburg
dieser beiden Elemente aufweisen,“
hebt Projektmitarbeiterin Annette
Anderson hervor. „Wir haben die Duplex-Messergebnisse mit Hilfe von
Datenbank-Recherchen und über den
Vergleich mit Einzelmessungen überprüft. Die Resultate waren sehr gut“,
berichtet die Molekularbiologin.
Nächster Schritt: Die neue Methode
wird für den Einsatz bei Routineuntersuchungen der amtlichen Lebensmittelüberwachung weiterentwickelt.
Mit Duplex-Untersuchungen lassen sich auch konstruktspezifische
Nachweise kombinieren, die nicht
auf die Breite ausgerichtet sind,
sondern auf die Tiefenrecherche. Im
Fall einer herbizidresistenten, transgenen Rapslinie hat auch dies im
bisherigen Projektverlauf bereits
funktioniert. Ein Highlight steht in
den nächsten Monaten an: Gleich
drei Messungen sollen mit einer
Multiplex-PCR zeitgleich vorgenommen werden – neben zwei weit
verbreiteten GVP-Bausteinen sollen
jeweils artspezifische Gene für Mais
und Soja identifiziert werden.
„Genomic Walking“
Wenn bei breiten Analysen der „GenSpürhund“ anschlägt, muss im nächsten Schritt immer ein genauerer,
konstrukt- oder eventspezifischer
Nachweis folgen. Doch der ist gerade bei in der EU nicht zugelassenen
GVP eine Suche mit vielen Unbekannten: Zu den fraglichen DNA-Sequen-
Die Etiketten weisen
darauf hin, dass diese
Produkte gentechnisch
veränderte Pflanzenstoffe beinhalten.
Bilder: CVUA Freiburg
14
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
zen sind kaum Angaben erhältlich.
Und die Stellen, an denen die transgenen Zellen in die Pflanze integriert
sind, sind ebenso wenig bekannt wie
die flankierende pflanzliche DNA-Sequenz. In solchen Fällen hilft nur „Genomic Walking“.
Dahinter verbirgt sich keine neue
Fitness-Sportart, sondern das experimentelle Vorantasten auf der
DNA-Doppelhelix von einer bekannten Sequenz zu unbekannten
Abschnitten. Auch damit werden
sich die Projektmitarbeiter noch
eingehend befassen, um im Wettlauf mit der Verbreitung von Lebensmitteln aus nicht zugelassenen gentechnisch veränderten
Pflanzen Schritt zu halten.
Stefan Kriz
Portrait
Chemische und Veterinäruntersuchungsämter:
Vier gute Adressen für den Verbraucherschutz
Ohne die vier CVUAs im Lande wäre es um die Nahrungsmittelsicherheit schlecht bestellt. Über ihre
Kontrollfunktion hinaus sind sie auch in der Forschung aktiv. So finden sich die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter als Projektpartner bei mehreren Projekten wieder, die von der Landestiftung im
Rahmen des Forschungsprogramms Ernährung und Nahrungsmittelsicherheit unterstützt werden.
hr Name ist für viele ein Stolperstein. Doch seit das Chemische
und Veterinäruntersuchungsamt
Stuttgart seine alarmierenden Erkenntnisse über die Krebsrisiken
von Acrylamid in Chips und Pommes
veröffentlicht hat, sind die den vier
Regierungspräsidien zugeordneten
CVUAs auch etlichen Verbrauchern
ein Begriff. Für Schlagzeilen haben
zudem die krebserregenden Nitrosamine, die in Kondomen gefunden
analytische und mikrobiologische
Untersuchung und Beurteilung von
Lebensmitteln aller Art und darüber
hinaus von Bedarfsgegenständen,
Kosmetika und Tabakerzeugnissen.
Die Kontrollen der Lebensmittelbetriebe vor Ort werden in Zusammenarbeit mit den Spezialisten des ehemaligen WKD in den Landratsämtern
und weiteren Fachbehörden durchgeführt. Überprüft werden beispielsweise die Hygiene der Herstellungs-,
vierungsstoffen untersucht. Besonderes Augenmerk legen die Wissenschaftler der CVUAs außerdem auf
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Tierarzneimitteln oder
gesundheitlich relevante Verunreinigungen wie Schwermetalle, Polychlorierte Biphenyle (PCB), Schimmelpilzgifte wie Aflatoxin, Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzpyren, Lösungsmittel und weitere Stoffe.
wurden, und verschiedene Untersuchungen auf Pestizidrückstände in
Obst und Gemüse gesorgt.
Lager- und Verkaufsräume, die Arbeitsgeräte, die Personalhygiene, die
sachgerechte Lagerung und der
Transport von Lebensmitteln.
In den top-modernen Laboratorien
der CVUAs werden Lebensmittel bezogen auf Frischezustand, Zusammensetzung, mikrobiologische Beschaffenheit oder die Verwendung
von Zusätzen wie Farb- oder Konser-
Dem Schutz der Gesundheit dienen
auch die Tests von Verpackungsmaterialien auf Übergänge giftiger Stoffe
auf Lebensmittel und von Gegenständen mit Mundschleimhautkontakt
wie Schnullern oder Pflegemitteln.
I
Lebensmittelüberwachung
Bild: P. Fendrich
Zu den Aufgaben im Bereich der Lebensmittelüberwachung gehören sowohl die Durchführung von Betriebskontrollen als auch die chemisch-
Die vier Chemischen und
Veterinäruntersuchungsämter (CVUAs) in Freiburg,
Karlsruhe, Sigmaringen
und Stuttgart (v.l.n.r.)
Bilder: CVUAs, P. Fendrich
CVUA-STANDORTE
Forschung und Entwicklung
Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld ist die Forschung und Entwicklung empfindlicherer und schnellerer Nachweisverfahren. Denn nur
durch die ständige Anpassung und
Weiterentwicklung der Analysetechniken und Untersuchungsmethoden bzw. durch die Erarbeitung
von Beurteilungsmaßstäben können neue Gesundheitsrisiken rechtzeitig erkannt, Verstöße schneller
aufgedeckt und somit die Lebensmittelsicherheit verbessert werden.
In diesem Sinne unterstützt die Landesstiftung mehrere Forschungsprojekte an den CVUAs.
Peter Fendrich
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
15
CVUA Freiburg
Postfach 100462
79123 Freiburg
Tel.: 0761/8855 -0
[email protected]
CVUA Karlsruhe
Weißenburger Str. 3
76187 Karlsruhe
Tel.: 07 21/926-3611
[email protected]
CVUA Sigmaringen
Hedingerstr. 2/1
72488 Sigmaringen
Tel.: 07571/732-605
[email protected]
CVUA Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
Tel.: 0711/34261234
[email protected]
Zentrales Internet-Portal:
www.untersuchungsaemter-bw.de
Projektbeispiele
Schnelle Nahrungsmittel-Tests
Einfachere Analyse durch Kopplung von Planar-Chromatographie und Massenspektrometrie
Ob Brot, Milch, Fleisch oder Convenience Food: Immer wieder geht es darum,
Stoffe in Lebensmitteln zu bestimmen, die darin besser nicht enthalten wären.
In den Labors der Universität Hohenheim ist Dr. Gertrud Morlock dabei,
einfache, schnelle und kostengünstige Nachweis-Verfahren dafür zu
entwickeln. Erste Ergebnisse klingen vielversprechend ...
ier haben wir einen Gas-Chromatographen, das da ist eine
HPLC-Anlage.“ Im Vorbeigehen
deutet Gertrud Morlock auf zwei
der zahlreichen High-Tech-Apparate und man spürt: Hier am Uni-Institut für Lebensmittelchemie ist
die Wissenschaftliche Assistentin
ganz in ihrem Element. Sie verwendet die Geräte, wenn es darum geht,
in Lebensmittel-Proben bestimmte
Zusatzstoffe oder gesundheitsgefährdende Kontaminanten nachzuweisen.
Das geht mit drei unterschiedlichen
chromatographischen Verfahren
(>Chromatographie = Trennung),
darunter die >Planar-Chromatogra-
H
PROJEKTDATEN
DC-MS, neues Online-Verfahren
zur Schnell-Bestimmung von
Kontaminanten und
Zusatzstoffen in unterschiedlichen Matrices
Institution:
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmittelchemie
Garbenstraße 28
70599 Stuttgart
www.ilc.uni-hohenheim.de
Projektleitung:
Dr. Gertrud Morlock
Tel.: 0711/459-4092
[email protected]
phie als moderne Variante der so
genannten >Dünnschicht-Chromatographie, kurz „DC“. Diese bietet
den Vorteil, dass sich eine große Anzahl von Proben schnell parallel und
kostengünstig untersuchen lässt.
Ein hoher Probendurchsatz wird
beispielsweise bei der Untersuchung von „verdächtigen“ Nahrungsmitteln aus Supermarktregalen gebraucht. Was „schnell parallel“ tatsächlich bedeutet, lässt sich
an einer Vergleichsrechnung verdeutlichen:
Bei der Dünnschicht-Chromatographie benötigt man für eine Probe
etwa sieben Minuten. Weil hierbei
bis zu 70 Proben gleichzeitig ana-
Mit neuer Technik, Ideen
und Beharrlichkeit:
Dr. Gertrud Morlock
freut sich über die ersten Labor-Erfolge ihres
Forschungsprojektes.
Bild: Uni Hohenheim
16
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
lysiert werden können, brauchen
diese also auch insgesamt nur sieben Minuten. Die alternativen
Chromatographie-Verfahren würden nacheinander ablaufen, also 70
mal sieben Minuten dauern – manche unter Umständen sogar 70 mal
15 oder gar 30 Minuten!
Nachteil der DC beseitigen
Allerdings hatte die DC bislang den
Nachteil, dass man sie nicht wie die
anderen Chromatographie-Verfahren an eine anschließende >Massenspektrometrie (MS) koppeln
konnte. Dieses weitere Analyseverfahren dient dazu, Chromatographie-Ergebnisse nochmals mittels
Messung der bekannten Massen
von Molekülen abzusichern, was für
Untersuchungen, die zum Beispiel
für Gerichtsgutachten durchgeführt werden, durchaus ratsam ist.
Das bedeutet, ohne Kopplungsmöglichkeit der bewährten, wirtschaftlichen DC (Planar-Chromatographie) mit der MS (Massenspektrometrie) wird üblicherweise eine
zeitaufwendige und kostenintensive Routine-Analytik betrieben. „Der
apparative Aufwand ist bei einer
Vielzahl von Analysen nicht gerechtfertigt“, bedauert Morlock,
oder anders ausgedrückt: Da wird
zurzeit oftmals mit Kanonen auf
Spatzen geschossen.
Die Wissenschaftlerin und ihr Team
wollen Abhilfe schaffen. Als die Forscherin im Jahr 2004 erfuhr, dass an
der Wilhelms-Universität in Münster eine Apparatur zur DC-MSKopplung entwickelt worden war,
erkannte sie sofort: „eine synergistische Verbindung“ mit enormem
Projektbeispiele
Verbesserungspotenzial für die
gängige Analyse-Praxis.
Aufwendige RoutineAnalytik entlasten
So gingen sie daran, gesuchte Stoffe
in Lebensmitteln einfach, zuverlässig,
schnell und kostengünstig chromatographisch sichtbar zu machen – und
als weiteren Nachweis gleich automatisch ihre jeweilige, bekannte Masse zu bestimmen. Und zwar immer
nur dann, wenn die chromatographische Suche erfolgreich war, sodass
das Massenspektrometer stets nur
ganz gezielt und zeitsparend zum
Einsatz kommt. Damit soll letztlich
die bereits angesprochene RoutineAnalytik „mit DC-MS entlastet und
rationalisiert werden“, betont die Forscherin.
Seit Projektbeginn Anfang 2005 haben
die Hohenheimer Experten schon einiges geleistet. Erstens konnten sie –
im Dialog mit dem Erfinder Dr. Heinrich Luftmann – die Apparatur selbst Die für Analytiker bedeutsame Reverbessern, indem sie diese alltags- produzierbarkeit der Messergebnistauglicher machten. Zweitens haben se sei „nahezu gleich wie bei bishesie damit begonnen, das DC-MS- rigen Verfahren“ und man sei daran,
Schnellverfahren auf seine praktische „dies weiter zu verbessern“, heißt es
Anwendbarkeit hin zu
in Hohenheim.
„Der apparative Auftesten. Dafür werden
Befragt zum Thema
wand ist bei einer Vielexemplarisch zwei
Nachweisgrenze nozahl von Analysen nicht
Schnell-Methoden
tiert Gertrud Morgerechtfertigt.“
entwickelt, mit denen
lock eine Zahl mit sieman Acrylamid in unterschiedlichen ben Stellen hinter dem Komma und
Lebensmitteln sowie krebserregende erklärt: „Wir können solche Konzen>heterocyclische aromatische Amine trationen nachweisen.“ Konzentrain Fleisch und Fleischprodukten be- tionen? – da geht es um „allerkleinstimmen kann. Letztgenannte entste- ste“ Spuren: Mit der innovativen
hen beim Erhitzen, also etwa beim Kopplungstechnologie kann die SpeBraten und Grillen und finden sich zum zialistin die Existenz von 0,0000004
Beispiel auch in Frikadellen und ande- Gramm eines gesuchten Stoffes in
ren Fertiggerichten.
einem Liter beziehungsweise Kilogramm Lebensmittel belegen!
Wie
relevant die mühevolle EntErste Ergebnisse liegen vor
wicklungsarbeit im Labor für die
Für beide Bestimmungsmethoden Verbraucher sein kann, zeigte sich
sind die ersten Schritte getan, und schon im konkreten Fall. Als im Jahr
wenngleich der Weg noch steinig 2005 in mehreren europäischen
sein wird, lässt sich konstatieren: Ländern die Chemikalie IsoproDas erste von drei Forschungsjah- pylthioxanthon (kurz ITX) in Kinderren zeitigt bereits erste, viel verspre- milchprodukten und anderen verchende Ergebnisse. Zum Beispiel bei packten Nahrungsmitteln gefunso grundlegenden Fragen wie nach den wurde, konnten die Hohenheider Reproduzierbarkeit und den mer ihr wissenschaftliches Knowhow unter Beweis stellen: Binnen
Nachweisgrenzen.
Die farbigen Zonen im
Chromatogramm (Bild unten)
machen die Inhaltsstoffe einer
Probe sichtbar. Im Massenspektrum (oben) werden sie
anschließend durch die so
genannten Massensignale
eindeutig identifiziert.
Bilder: G. Morlock
kürzester Zeit entwickelten sie ein
Analyseverfahren, um die spezielle
Kontaminante in Milch, Joghurt
und Fetten aufzuspüren.
Leider wird es wohl auch in Zukunft
immer wieder dringenden Handlungsbedarf geben. Möglicherweise
wartet der nächste Lebensmittelskandal bereits. Nicht zuletzt das
gibt dem hier vorgestellten Forschungsprojekt über das neue Verfahren zur Schnell-Bestimmung von
Kontaminanten seine Bedeutung.
Norbert Weimper
DEFINITIONEN
Chromatographie:
Von griech. „Farb-Schreiben“, Verfahren zur Trennung chemisch nahe
verwandter Stoffe bzw. chemischer Verbindungen; Darstellung des
Analyseergebnisses in Form eines Chromatogramms (Farbbild).
Dünnschicht-Chromatographie (DC):
Chromatographisches Trennverfahren mit einer planaren (stationären)
Phase und einer flüssigen (mobilen) Phase.
Planar-Chromatographie:
Eigentlich ein Überbegriff der Dünnschicht-Chromatographie (DC);
hier als Ausdruck für die moderne instrumentelle DC.
Massenspektrometrie (MS):
Analysenverfahren zur Bestimmung von chemischen Elementen, Molekülmassen und Massenfragmenten. Dient der Aufklärung der Struktur
und Zusammensetzung von Verbindungen und Gemischen kann die
Ergebnisse einer vorher durchgeführten Chromatographie absichern.
Weitere Begriffsdefinitionen im Glossar, S. 37ff
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
17
Projektbeispiele
Der Natur auf die Finger geschaut
Präzisierte Methoden zur Bestimmung von sekundären Pflanzenstoffen
Vielfältig soll die tägliche Obst- und Gemüseauswahl sein, so die Devise für eine gesunde Ernährung.
Immer mehr Menschen suchen dafür Ersatz bei Nahrungsergänzungsmitteln und funktionellen Lebensmitteln. Dennoch gab es bisher kein standardisiertes Verfahren zur Bestimmung ihrer Inhaltsstoffe.
Ein Forschungsprojekt an der Universität Hohenheim hat Abhilfe geschaffen.
ür Professor Dr. Reinhold Carle
und Privatdozent Dr. Andreas
Schieber hat Deutschland auch
nach dem neuen Lebensmittelgesetz deutlichen Nachholbedarf in
Sachen Lebensmittelsicherheit: “In
Japan müssen die Wirkungen der
Inhaltsstoffe von >funktionellen Lebensmitteln seit einigen Jahren belegbar sein.“ Eine solche Regel gibt
es hierzulande noch nicht, wie die
beiden Wissenschaftler am Lehrstuhl für Lebensmitteltechnologie
der Uni Hohenheim erläutern.
Die Rede ist beispielsweise von sogenannten ACE-Getränken, die laut
Etikett „das Immunsystem stärken“
sollen, oder von >Nahrungsergänzungsmitteln, die mit der Aufschrift
„vorbeugend zum Erhalt der Augenschärfe“ um Käufer werben.
„Das Projekt der Landesstiftung
kam für uns genau zum richtigen
Zeitpunkt“, äußern sich die
beiden Projektleiter immer noch begeistert.
Neben den fehlenden Regeln
zur Kennzeichnung von
Inhaltsstoffen
gab es
noch
F
PROJEKTDATEN
Entwicklung und Validierung
von Methoden zur Bestimmung
von Carotinoiden und Polyphenolen in Nahrungsergänzungsmitteln und
funktionellen Lebensmitteln
mittels HPLC
Institution:
Institut für Lebensmitteltechnologie, Lehrstuhl Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
Universität Hohenheim
August-von-Hartmann-Straße 3
70599 Stuttgart
www.uni-hohenheim.de
Projektleitung:
Prof. Dr. Reinhold Carle
Dr. Andreas Schieber
Tel.: 0711/459-2314
[email protected]
Wie der Name schon
sagt: Karotten enthalten
reichlich Carotinoide.
Bild: CMA-Foto-Service
weitere Gründe, die das Interesse
am Projektthema beförderten. So
stellen funktionelle Lebensmittel
und Nahrungsergänzungsmittel
seit einigen Jahren einen Markt mit
hohen Wachstumsraten dar. Die
Produktpalette ist vielfältig und
umfasst unter anderem Ballaststoffe, Probiotika, Vitaminpräparate,
Mineralstoffe und Spurenelemente,
Fischleberöle mit Omega-3-Fettsäuren, Coenzyme und >Carotinoide. Weiterhin gewinnen polyphenolhaltige Präparate auf der Basis
von Pflanzenextrakten seit einiger
Zeit zunehmend an Bedeutung.
Fehlende Standards
Dennoch wächst die Verunsicherung bei den Verbrauchern, wie das
Beispiel β-Carotin zeigt. So behaupten einige Hersteller,
dass eine erhöhte Aufnahme von β-Carotin unter anderem das Krebsrisiko senke. Seitdem die Ergebnisse
der amerikanischen „CARETStudie“ bekannt wurden,
muss diese Behauptung jedoch relativiert werden. Die Studie besagt, dass eine tägliche Aufnahme von mehr als 20 Milligramm
18
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
β-Carotin in isolierter Form – also
etwa zehnmal mehr als der Durchschnittsdeutsche – für verschiedene Risikogruppen wie beispielsweise starke Raucher als kritisch gilt.
Für sie erhöht sich sogar das Risiko,
an Lungenkrebs zu erkranken.
Sowohl die stetig steigende Bedeutung von Nahrungsergänzungsmitteln und funktionellen Lebensmitteln auf dem Lebensmittelmarkt als
auch der Informationsbedarf der
Verbraucher machten einen gravierenden Mangel deutlich: Es fehlten
standardisierte Methoden zur Bestimmung von >sekundären Pflanzenstoffen. An dieser Stelle setzte
das Projekt der Landesstiftung an,
wie Carle und Schieber erklären:
„Ziel des Projekts war, die wertgebenden Inhaltsstoffe rasch und exakt charakterisieren und quantifizieren zu können.“ Dafür wurden
die Stoffklassen der Carotinoide
und >Polyphenole ausgewählt, die
in beträchtlichem Umfang in den
oben genannten Produkten eingesetzt werden.
Anfangs untersuchte das Projektteam einige im Handel erhältliche
Nahrungsergänzungsmittel in der
gängigen Form der Weichgelatinekapseln auf ihren Carotinoidgehalt
hin. Dabei wurde zuerst die Hüllmatrix auf schonende Weise enzymatisch abgebaut. Mit Hilfe der
>HPLC-Methode ermittelten die
Wissenschaftler die Werte für die
Carotinoide α-Carotin, β-Carotin,
Lutein und Zeaxanthin und verglichen sie mit ihren jeweils deklarierten Gehalten. Die Ergebnisse zeigten bei den meisten Präparaten eine
weitgehende Übereinstimmung.
Ursache für die vereinzelt deutlichen Überschreitungen der Werte
Bild: I. Lehmann
Grafik: A.Schieber, Uni Hohenheim
Projektbeispiele
Das Projekt von Andreas Schieber und Reinhold Carle hilft,
Verbraucher vor Überdosierung und Irreführung zu schützen.
seien Stabilitätszuschläge während
der Herstellung, die spätere Lagerverluste ausgleichen sollen. Insbesondere der Einfluss von Sonnenlicht senkt den Gehalt von Carotinoiden deutlich.
Hoher Praxisbezug
Diese Messungen konnten relativ
zügig zum Ergebnis gebracht werden, da das Projektteam bereits einige Vorarbeiten in diesem Bereich
erfolgreich abgeschlossen hatte:
Die Gewinnung von Polyphenolen
und Carotinoiden aus Apfel- und
Karotten->Trester wird mittlerweile in die Produktion von funktionellen Lebensmitteln integriert.
Auch das Projekt der Landesstiftung
schaut der Natur sozusagen auf die
Finger und zeichnet sich durch hohen Praxisbezug aus, wie Carle und
Schieber betonen: „Mit unseren verbesserten Methoden zur Bestimmung von bioaktiven Inhaltsstoffen sollen zum einen gesundheitli-
Die HPLC-Trennung eines Standardgemischs von Polyphenolen zeigt, wie komplex ein funktionelles Lebensmittel aufgebaut ist.
che Gefahren durch Überdosierung
vermieden werden, zum anderen
soll der Verbraucher vor Irreführung
geschützt werden können.“ Konkret ist damit das „Downgrading“
bestehender Methoden gemeint,
wodurch die Analysendauer reduziert und weniger Lösungsmittel
verbraucht wird.
Als weiteres Ziel etablierte das Projektteam ein Verfahren, mit dem
Referenzsubstanzen gewonnen werden können. Der Schwerpunkt lag
dabei auf den Substanzen, die kommerziell gar nicht erhältlich oder
außerordentlich teuer sind. Carotinoide wurden mittels >HSCCC aus
Spinat und Mais isoliert. Dasselbe
Verfahren musste bei Polyphenolen
jedoch für jede Probe angepasst
werden, da diese Stoffklasse ausgesprochen heterogen ist (vgl. Grafik).
Internationale Resonanz
Einen bemerkenswerten Anteil am
Zustandekommen der Projektergeb-
nisse hatte das Chemische und Veterinär-Untersuchungsamt Stuttgart (CVUA), das eine Reihe von
praktischen Versuchen durchführte.
Der Erfolg des Projekts lässt sich
zum einen an der beachtlichen Zahl
von Publikationen messen, die teilweise auch internationale Resonanz fanden. Zudem sind die beiden Wissenschaftler erfreut, dass
die Entwicklung ihrer analytischen
Kompetenz die logische Fortsetzung in einem Untersuchungsprojekt mit Ernährungswissenschaftlern der Universität Jena findet, das
in die biologische Profilierung hineinreicht.
Auch wenn das neue Lebensmittelgesetz die Werbemöglichkeiten für
funktionelle Lebensmittel deutlich
einschränkt, besteht weiterhin keine
Pflicht zur Deklaration ihrer Inhaltsstoffe. Dennoch haben die Projektergebnisse der Uni Hohenheim einige
Voraussetzungen dafür geschaffen.
Peter Streiff
DEFINITIONEN
Nahrungsergänzungsmittel:
Ein Konzentrat von Nährstoffen
oder sonstigen Stoffen – wie
Vitamine und Mineralstoffe
einschließlich Spurenelemente
– mit ernährungsspezifischer
oder physiologischer Wirkung.
Eine pharmakologische,
immunologische und metabolische Wirkung ist nicht
erlaubt, da sie Arzneimitteln
vorbehalten ist. Wird in
dosierter Form – als Kapseln,
Pastillen oder Pulver – in den
Verkehr gebracht.
Funktionelle Lebensmittel:
(auch: Functional Food)
Lebensmittel mit ähnlichem
Wirkungsbereich wie
Nahrungsergänzungsmittel,
muss jedoch keine bestimmte
Form haben.
Sekundäre Pflanzenstoffe:
Verschiedenste chemische
Verbindungen wie Carotinoide
und Polyphenole, die ausschließlich in Pflanzen vorkommen und sie vor umweltbedingten Schäden schützen. Mit
der Nahrung aufgenommen,
können sie im menschlichen
Körper eine Reihe von
Stoffwechselprozessen – wie
Cholesterinstoffwechsel und
Blutzuckerspiegel – positiv
beeinflussen.
Bild: P. Fendrich
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Nahrungsergänzungsmittel
sind äußerlich kaum von
Arzneimitteln zu unterscheiden.
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
19
Projektbeispiele
Kartoffelrezepte aus dem Biologielabor
Wie lassen sich schädliche Alkaloide in Lebensmitteln nachweisen und vermeiden?
Kartoffeln und Tomaten produzieren „natürliche Gifte“, etwa um sich gegen Tierfraß zu wappnen.
Für den Menschen sind diese Stoffe nicht immer unbedenklich, wenngleich das Lebensmittelrecht keine Warnhinweise vorsieht. Nun sollten zumindest die Nachweisverfahren
vereinfacht und die Verbraucher aufgeklärt werden.
ollen uns die Wissenschaft- leitet werden. „Denn wenn man
ler nun auch noch die gute weiß, was gut und was schlecht ist,
alte Kartoffel madig machen? „Kei- steht dem ungetrübten Genuss der
neswegs“, beschwichtigt Professor Lebensmittel nichts im Weg.“
Michael Wink, Projektleiter und Direktor am Institut für Pharmazie Sommergrippe oder
und Molekulare Biotechnologie an Kartoffelvergiftung?
der Universität Heidelberg. „Aber
die Verbraucher müssen wissen, wie Magenbeschwerden, Durchfall,
sie mit Kartoffeln umgehen soll- Gliederschmerzen: Die Symptome,
die beim Verzehr von alkaloidreiten.“
Drei Ziele verfolgt Wink mit dem chen Kartoffeln oder grünen Tomavon der Landesstiftung Baden- ten auftreten können, ähneln deWürttemberg geförderten Projekt: nen einer Sommergrippe. „Eine
Er will möglichst einfache Nach- Grippe ist aber nicht nach einem Tag
wieder vorbei“, erweismethoden für
„Die toxische Dosis von
klärt Professor Wink
die >Alkaloide etaGlykoalkaloiden liegt
den Unterschied.
blieren, nicht nur für
beim Menschen bei zwei
„Denn die Giftstoffe
Kartoffeln oder Tomabis fünf Milligramm pro
werden schnell wieten „pur“, sondern
Kilogramm Körperder ausgeschieden,
auch für deren Verargewicht.“
sie reichern sich im
beitungsprodukte.
Zweitens untersucht er Faktoren menschlichen Organismus nicht
wie Licht, Sortenwahl oder Verarbei- an.“ Trotzdem sollte man seiner
tung der Lebensmittel, die auf die Meinung nach Alkaloide wie >SolaAlkaloidbelastung Einfluss nehmen nin oder >Chaconin nicht unterkönnten. Und drittens sollen Emp- schätzen: „Die
fehlungen an die
Konsumenten abge-
W
PROJEKTDATEN
Entwicklung verlässlicher
Nachweisverfahren für toxische
Steroid-Glycoalkaloide in Kartoffeln, Tomaten und daraus
zubereiteten Produkten
Institution:
Institut für Pharmazie und
Molekulare Biotechnologie,
Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 364
69120 Heidelberg
www.uni-heidelberg.de/
institute/fak14/ipmb
Projektleitung:
Prof. Dr. Michael Wink
Tel.: 06221/54-4880
[email protected]
Keimende Kartoffeln
gefährden die Gesundheit
Bild: P. Fendrich
20
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
toxische Dosis liegt beim Menschen bei zwei bis fünf Milligramm
pro Kilogramm Körpergewicht.“ Alkaloide schädigen die Biomembran
von Zellen und deren Rezeptoren.
Die Folge: gestörte „Signalübertragungen“, die sich in Gliederschmerzen oder gar Lähmungserscheinungen äußern können. Wink plädiert
für einen Grenzwert von 25 Milligramm Alkaloide pro Kilogramm
Kartoffeln, Kartoffelprodukten oder
Tomaten. Besonders vorsichtig sollten Schwangere oder Kleinkinder
sein. Denn es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass Alkaloide genetische Veränderungen hervorrufen
können.
Was Großmutter noch
wusste ...
Über die biologischen Zusammenhänge wussten unsere Vorfahren sicher nicht Bescheid. Dennoch bereiteten sie Kartoffeln so zu, dass Alkaloide eliminiert wurden:
Die Knollen wurden
geschält – dabei
bleibt schon mal
die Hälfte auf der
Strecke. Dann wurden sie in
Projektbeispiele
Salzwasser gekocht. Nicht die Temperatur, sondern das Wasser eliminiert
die andere Hälfte.
Statt Salzkartoffeln sind heute Vitamin-schonendere Rezepte, Pommes frites oder ungeschälte „Wilde
Kartoffeln“ en vogue: alle verbunden mit einer möglicherweise höheren Alkaloidbelastung. Das muss
aber nicht sein. Denn die Untersuchungen der Heidelberger Biologen
ergeben wichtige Hinweise für den
Verbraucher:
■ Frühkartoffeln sind tendenziell
höher belastet.
■ Lichteinfluss erhöht sehr rasch die
Alkaloidkonzentration. Schädlich
sind durchsichtige Verpackungen
sowie die Lagerung im Hellen.
■ Das Keimen und Ergrünen der
Knollen muss vermieden werden.
Dabei reichern sich schnell hohe
Schadstoff-Konzentrationen an.
■ Die Geschmacksnerven sind ein
guter Anzeiger: Schmecken Kartoffeln (oder halbreife Tomaten)
bitter, sind Solanin und Chaconin im Spiel!
■ Würde der Alkaloidgehalt für
jede Charge ermittelt und dem
Käufer mitgeteilt, dann wüsste
der, ob „Wilde Kartoffeln“ oder
doch besser Salzkartoffeln auf
den Tisch kommen sollten.
Auf die richtige Karte gesetzt
Mit dem letzten Punkt kommen wir
zum Kern des Forschungsprojekts,
der Entwicklung von verlässlichen,
schnellen und kostengünstigen
Nachweisverfahren. Die Analyse der
fraglichen Substanzen mittels >HPLCMassenspektrometrie bringt zwar
gute Ergebnisse, ist aber für den flächendeckenden Routine-Einsatz zu
teuer. Auf der Suche nach Alternativen planten Professor Wink und
seine Kollegen von Anfang an ein
zweistufiges Vorgehen – „ein tauglicher Schnelltest in Verbindung mit
einer eindeutigen Tiefenanalyse.“
Dabei setzten die Forscher auf einen >Hämolyse-Assay. Ein immunologisches Nachweisverfahren, wie
zum Beispiel. >ELISA behielt man als
weitere Möglichkeit zunächst in
der Hinterhand. Schon zur Halbzeit
DEFINITIONEN
Alkaloide:
Organische, stickstoffhaltige,
natürlich vorkommende
Verbindungen. Gehören zu den
sekundären Pflanzenstoffen
und besitzen meist toxische
und pharmakologische
Eigenschaften.
Alkaloiden in Kartoffeln auf der Spur: Projektleiter Prof. Michael Wink mit Kollegin
Bild: Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie, Uni Heidelberg
des Projekts wissen die Forscher,
dass sie auf die richtige Karte gesetzt haben: Die Hämolyse funktioniert, ELISA-Tests werden nicht
mehr nötig sein.
Doch am Anfang standen Experimente zur Extraktion und Anreicherung der gesuchten Substanzen.
Schließlich sollen in der Praxis nicht
nur Kartoffeln, sondern auch Chips,
Pommes und andere Verarbeitungsprodukte geprüft werden. Zahlreiche Verfahren wurden verglichen
und hinsichtlich der Analyse von
Glykoalkaloiden optimiert. Die Endergebnisse dieses Arbeitspakets
stehen noch aus.
Feinarbeit
Der Hämolyse-Assay selbst wurde
für die vorliegende Fragestellung
völlig neu entwickelt. Wink nutzte
dabei die „schlechten“ Eigenschaften der Alkaloide: Sie beschädigen
die Zellmembranen und zerstören
die roten Blutkörperchen, so dass der
rote Blutfarbstoff aus den Zellen
ausfließen kann. Das freigesetzte
Hämoglobin kann spektroskopisch
gemessen werden. Was sich recht
einfach anhört und im Grundsatz
auch funktioniert, muss nun in vielen Tests perfektioniert werden. Einem Nachteil der Hämolyse sind die
Heidelberger Molekularbiologen
schon auf die Spur gekommen: Neben den Alkaloiden enthält das angereicherte Kartoffelextrakt weitere Stoffe, die eine Hämolyse verursachen. Michael Wink: „Das Verfahren ist bisher noch nicht so selektiv,
wie wir es uns wünschen.“
Müssen die Extraktionsverfahren
modifiziert werden? Oder kann man
bei Schnelltests solche Ungenauigkeiten in Kauf nehmen, um die exakten Ergebnisse den anschließenden Feinanalysen zu überlassen? Bis
detaillierte Ergebnisse vorliegen
und möglicherweise sogar Warnhinweise auf den Kartoffelverpackungen zu finden sein werden, gilt die
Devise: Auf den richtigen Umgang
mit der Knolle kommt’s an – und im
Zweifelsfall lässt man sich eben
Salzkartoffeln schmecken.
Stefan Kriz
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
21
Solanin, Chaconin:
Gehören zur Klasse der
Steroid-Alkaloide. Das sind
stickstoffhaltige Steroide, die
mit einem Zuckerrest verbunden sind. Wirken wie
Detergentien, setzen also die
Oberflächenspannung des
Wassers herab und binden
(emulgieren) Fette.
Hämolyse-Assay:
Schnelles und kostengünstiges
Nachweisverfahren, bei dem
die Zerstörung der roten
Blutkörperchen (Hämolyse)
und die damit verbundene
Freisetzung von Hämoglobin
als Indikator genutzt wird. Der
Hämolyse-Assay misst das
Vermögen eines Stoffes,
Zellmembranen irreparabel zu
beschädigen.
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Projektbeispiele
ÖKOLOGIE
Verräterische Gene
Ein DNA-Chip soll vor gefährlichen Pilz-Giften schützen
Mit zu den gefährlichsten Giften überhaupt zählen die Stoffwechsel-Produkte mancher Pilze.
Anders als der berühmte Fliegenpilz sind die Pilzarten, die an und von Lebensmitteln leben,
weit verbreitet: Rund ein Viertel aller Nahrungsmittel weltweit ist laut >FAO mit Spuren
dieser Pilzgifte kontaminiert. An der Bundesforschungsanstalt für Ernähung und
Lebensmittel versucht man, das Problem an der Wurzel anzugehen.
PROJEKTDATEN
MycoChip: Implementierung
eines DNA Microarrays zum
simultanen Monitoring der
Bildung verschiedener Mykotoxine in Lebensmitteln
Institution:
Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel
Haid-und-Neu-Str. 9
76131 Karlsruhe
www.bfel.de
Projektleitung:
Prof. Dr. Rolf Geisen
Tel.: 0721/6625-459
[email protected]
Fusarium
trichothecen, ein
als Pflanzenschädling auftretender
Schlauchpilz
Bild: BfEL
W
enn auf dem Bildschirm von
Professor Dr. Rolf Geisen
plötzlich viele rote Lichter aufleuchten, ist das keineswegs ein Zeichen
für Stillstand. Ganz im Gegenteil:
Rote Lichter in ganz bestimmter
Gruppierung bedeuten, dass ausgewählte Gene in der untersuchten
Probe, die beispielsweise aus Weizenkörnern eines Lagersilos gewonnen sein könnte, aktiv sind.
Wenn jetzt nicht schleunigst die
Bedingungen in dem Lager geändert werden, etwa durch Kühlung
oder Trocknung, dann machen sich
die Pilze binnen Tage oder Stunden
an die Arbeit und produzieren ihre
giftigen Stoffwechsel-Produkte.
Damit kontaminiert, ist das Getrei-
Wie bei jeder biochemischen Reakti- Prinzip die Aktivierung mykotoxinon im Körper wird die Produktion der biosynthetischer Gene direkt auf
gefährlichen Gifte durch Gene ge- molekularer Ebene auf dem Monisteuert. Erst wenn in der Umgebung tor beobachten, bevor die Mykotodes Pilzes ganz bestimmte Bedingun- xine aktuell gebildet wurden“,
gen herrschen, wird von diesen das schwärmt Rolf Geisen von der Bunentscheidende Signal gegeben. Dabei desforschungsanstalt für Ernähwerden die erforderlichen Gene un- rung und Lebensmittel (BfEL) in
ter Umständen erst aktiv, wenn zahl- Karlsruhe. Dadurch, dass man mit
Hilfe des Genreiche Faktoren, wie
„Mit Hilfe des HygieneChecks exakt den
Temperatur,
LuftKonzepts HACCP sollen
Moment feststellen
feuchtigkeit, pH-Wert
kritische Kontrollpunkte
kann, an dem die
und zum Beispiel Beidentifiziert werden.“
Gen-Aktivität anlichtung zusammen
ideale Bedingungen gewährleisten. springt, lassen sich auch ganz exWas genau Auslöser für die Gen-Ak- akt die Bedingungen festhalten, die
tivität ist, konnte man bislang nur in diesem Augenblick herrschen.
nachträglich von der Tatsache ablei- Das heißt, wenn Probleme im Verten, dass irgendwann Pilzgift nachge- lauf einer Lebensmittelkette, sei es
de unverkäuflich und unter Umständen eine Gefahr für Leib und
Leben. Vom „Antoniusfeuer“, das
das Gift von Claviceps purpurea verursacht, der die unförmigen Mutterkörner an Getreideähren erzeugt, über Veränderungen an Niere und Leber, bis hin zu Krebsgeschwüren werden zahlreiche Krankheiten den >Mykotoxinen zugeschrieben.
wiesen und dann auf die Start-Situation ihrer Synthese rückgeschlossen
wurde – mit den entsprechenden
Fehlermöglichkeiten.
22
Molekulare kritische Punkte
Eine neue Methode, der Einsatz eines Bio-Chips, gewährt dagegen
den direkten Einblick auf die GenEbene. „Mit dem Chip kann man im
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
während der Lagerung, Verarbeitung oder auch der Auslieferung,
auftauchen, lässt sich der kritische
Punkt mit Hilfe des Chips eindeutig analysieren.
„Es gibt das Hygiene-Konzept HACCP, mit dessen Hilfe kritische Kontrollpunkte identifiziert werden sollen; wir können jetzt sozusagen
molekulare kritische Kontrollpunkte liefern“, erläutert Geisen eine
Projektbeispiele
ÖKOLOGIE
Einsatzmöglichkeit des national
bereits für die Patentierung angemeldeten Bio-Chips.
Fluoreszenz enttarnt
Pilz-Aktivität
Allerdings ist die eigentliche Beobachtung der Entwicklung nach wie
vor auf das Ziehen von Proben angewiesen. Einen DNA-Chip, der quasi simultan die entsprechenden Daten liefert oder gar ein Test-Gerät,
das der Praktiker mit aufs Feld oder
in Mühle oder Lagerhalle nehmen
kann, gibt es noch nicht. Doch es ist
möglich, durch häufige Probenziehung und -aufbereitung für einen
bestimmten Prozess eine fast kontinuierliche und zeitnahe Überwachung zu ermöglichen.
Die Aufbereitung dauert aktuell
derzeit einen Tag. Sie umfasst insbesondere die Isolierung der „Messenger-RNA“ aus der Probe, die immer dann gebildet wird, wenn ein
Gen aktiviert wurde.
Für die Biosynthese von Aflatoxin,
einem Pilzgift, das vor allem im Zusammenhang mit der Kontamination von Erdnüssen bekannt gewordenen ist, sind insgesamt 25 Gene
zuständig. Wird deren RNA isoliert,
lässt sich aus dieser die zugehörige
DNA herstellen. Ein winziger Tropfen davon wird auf einen mit der
Pilz-typischen Gen-DNA präparierten Glasobjektträger aufgebracht,
dieser zeigt immer dann, wenn sich
zwei zusammengehörige Stränge
finden „Aktivität“ an. Diese „Aktivität“ wird auf dem Monitor erkennbar gemacht, indem zuvor in die
DEFINITIONEN
FAO:
Food and Agriculture
Organization: UN-Organisation
mit der Aufgabe, die Produktion und die Verteilung von
landwirtschaftlichen Produkten sowie Nahrungsmitteln zu
verbessern, um weltweit die
Ernährung sicherzustellen.
Fungizid:
Pflanzenschutzmittel zur
Bekämpfung von Pilzen
Professor Rolf Geisen im Labor der BfEL in Karlsruhe
Bild: I. Lehmann
aufgebrachten DNA-Stränge fluoreszierende Bestandteile eingebaut
werden, die nur dann leuchten,
wenn zwei zusammengehörige
Stränge sich treffen (s. Bild S. 24).
Waren in der gezogenen Pilzprobe
die für die Gift-Bildung zuständigen
Gene nicht vorhanden und damit
die Gene im Moment der ProbenZiehung nicht aktiv, passiert auf
dem Glasobjektträger gar nichts
und die Wissenschaftler wissen eindeutig, dass die in diesem Augen-
sen, wie weit fortgeschritten die
Entwicklung ist.
blick herrschenden Bedingungen
keine Gift-Produktion befürchten
lassen. Die Gen-Proben auf dem
Objektträger, dem eigentlichen
„Bio-Chip“, werden von den Wissenschaftlern immer in der gleichen
Anordnung aufgebracht.
Da im Verlauf der Biosynthese jeweils unterschiedliche Gene aktiv
sind, erscheinen je nach Phase immer neue Muster, die erkennen las-
bestimmten Mykotoxinen durch
die Verbleibenden gestärkt. Ein Effekt, der durch die schlichte Messung des Giftes im Getreide nicht
erkennbar ist.
Eine andere Anwendung greift das
Problem der Mykotoxin-Entstehung bereits auf dem Acker auf:
Beim Aflatoxin, aber sehr wahrscheinlich auch bei anderen Pilzen,
gebe es, so Geisen, einen mit Hilfe
Pilz gegen Pilz ins Feld
führen
Für den praktischen Einsatz des BioChips fallen Geisen viele Anwendungen ein. Zum Beispiel bewirkten
manche >Fungizid-Spritzungen,
dass zwar die Masse der Gift produzierenden Pilze abnehme, doch werde gleichzeitig die Produktion an
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
23
HACCP :
Hazard Analysis and Critical
Control Points: In der
Lebensmittelindustrie verbreitetes Qualitätssicherungskonzept, das im Rahmen einer
Gefahren- und Risikoanalyse
kritische Lenkungspunkte
ausmacht und überprüft.
Mykotoxine:
Giftige Stoffwechselprodukte
von Schimmelpilzen.
Spotter:
Mit dem Spotter überträgt
man flüssige Proben aller Art
mit feinen Nadeln auf Träger.
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Fünf Penizillium-Varianten
im Ektronenmikroskop:
Viele Pilz-Stoffwechselprodukte sind extrem
gefährlich, andere helfen
Leben retten. Mit Hilfe von
DNA-Chips kann die Produktion überwacht werden.
Bilder: Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel
Projektbeispiele
Wenn DNA-Stränge mit
komplementärer BasenAbfolge sich treffen, erhält
man unter speziellen optischen Geräten ein Bild, das
Gen-Aktivität verrät.
Bild: Bundesforschungsanstalt für
Ernähung und Lebensmittel
Professor Geisen präsentiert
Schimmelpilze in der
>Petrischale
Bild: I. Lehmann
des Chips verstärkt nutzbaren Effekt: Nicht jede Unterart des Aflatoxin produzierenden Pilzes Aspergillus flavus produziert tatsächlich
das Gift.
Würde man nun die von dem Pilz
gerne befallenen Erdnüsse mit den
harmlosen Aspergillus-flavus-Stämmen künstlich infizieren, könnte
möglicherweise der gefährliche
Stamm verdrängt werden. Ein Verfahren, das in den USA bereits erfolgreich eingesetzt worden ist.
Welche Stämme definitiv kein Gift
synthetisieren, könnte ein Bio-Chip
zudem mit großer Sicherheit klären.
Interessensbekundungen von Unternehmen auf die Patentanmeldung hin habe es bereits gegeben,
berichtet Geisen. „ Aber zugegriffen
hat noch keiner“, setzt der Wissenschaftler hinzu. Doch was nicht ist,
kann noch werden: Im Moment,
räumt er selbst ein, sei die Herstellung des Chips noch vergleichsweise teuer.
In den Versuchen der BfEL werden
in der Regel noch keine realen Proben verarbeitet, sondern auf Rein-
kulturen der Mykotoxin bildenden
Pilze zurückgegriffen. Doch erste
Versuche mit natürlich kontaminierten Proben zeigen sehr erfolgsversprechende Ergebnisse. Noch
stehe man am Anfang der Entwicklung, von einer Massenproduktion
und großflächigem Einsatz der Methode, die sie deutlich verbilligen
könnten, kann noch keine Rede
sein. Doch diese hält Geisen in absehbarer Zeit durchaus für möglich.
Iris Lehmann
24
DNA-Microarray
Den Genen auf der Spur
Auf den ersten Blick sieht er aus wie
ein ganz gewöhnlicher Glasobjektträger – so wie man sie zum Mikroskopieren verwendet. Beim >Microarray ist dieser Objektträger jedoch
mit mehr oder weniger zahlreichen
verschiedenen einsträngigen DNAStücken beschichtet.
Dazu wird zunächst ein Stück eines
DNA-Strangs mit bekannter „Identität“, also bekannter Abfolge der Basen, unter Einsatz von Enzymen mit
Hilfe des „PCR“-Verfahrens (Polymerase-Kettenreaktion) vervielfältigt.
Die in einem Medium gelösten DNAKopien können dann vom >Spotter
aufgenommen und von dessen feinen Nadeln an einen exakt definierten Punkt des Objektträgers gesetzt
werden, wo sie mit der Oberfläche
fest verbunden werden. In einer festgelegten Micro-Anordnung folgen,
Tropfen für Tropfen, DNA-Stücke einer anderen Sequenz, so dass am
Ende zum Beispiel alle relevanten
Gene für die Biosynthese eines Pilzgiftes auf einem Microarray in einem
ganz bestimmten Muster versammelt sind.
Wenn nun eine Probe mit ebenfalls
einsträngigen DNA-Stücken auf den
Microarray gegeben wird, die wäh-
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
rend der Aktivierung von Genen fluoreszenz-markiert wurden, reagieren
die Stränge mit der gleichen aber
komplementären Basen-Abfolge miteinander. Durch Laser-Anregung wird
die Markierung sichtbar gemacht. Die
dadurch entstehende Fluoreszenz
kann mit Hilfe von speziellen optischen Geräten gemessen werden.
Mit dem DNA-Microarray können
Veränderungen der Aktivität bestimmter Gene gezeigt werden. Zudem lassen sich mit dem Verfahren
auch bestimmte Gen-Sequenzen
suchen bzw. das Fehlen einer erwarteten Gen-Sequenz nachweisen.
Damit ist der Test ausgesprochen
vielseitig einsetzbar. Unter anderem kann der Microarray verwendet
werden, um in Lebensmitteln
künstlich veränderte Gene nachzuweisen. Als Mykotoxin-Nachweis
(Mycochip) eingesetzt, vereinfacht
das Verfahren das Monitoring innerhalb der Lebensmittelkette und
ermöglicht es, Vermeidungsstrategien zu entwickeln und entsprechende Präventivmaßnahmen zu
ergreifen. Die Grundlagen für das
Verfahren wurden bereits Ende der
achtziger Jahre entwickelt.
Iris Lehmann
Projektbeispiele
Schnelligkeit schafft Sicherheit
Fortschritte bei der Rückstandsanalytik von Pflanzenschutzmitteln
Rund 1.200 verschiedene Stoffe werden derzeit weltweit als Pflanzenschutzmittel eingesetzt.
Keine Chance für Rückstandsanalytiker, sie alle einzeln in der Zeit nachzuweisen, in der ein Rückruf bei
Gefahr noch einen Sinn hätte. Statt dessen setzt man in der Untersuchungsroutine auf sogenannte
„Multimethoden“, die viele Substanzen auf einmal erfassen. Allerdings lassen sich
neue Pestizide nicht ohne weiteres in dieses Verfahren eingliedern.
Zwar müssen die Antragssteller aus
der Chemie-Industrie im Rahmen
der Neuzulassung eines Pflanzenschutzmittels auch gleich ein Verfahren liefern, mit dem es nachgewiesen werden kann, doch genügten die gelieferten Methoden seither keineswegs den hohen Ansprüchen der Untersuchungsämter in
Sachen Wirtschaftlichkeit und Probendurchsatz – etwa weil ganz besondere Gerätekombinationen dabei erforderlich sind.
Bild: I. Lehmann
elbst Sisyphos wäre womöglich von der Aufgabe, der sich
die Mitarbeiter des Chemischen
und Veterinäruntersuchungsamtes
(CVUA) in Fellbach täglich stellen,
beeindruckt: Art und Menge von
Pflanzenschutzmittel-Rückständen
in Obst und Gemüse aufzuspüren
und das in kürzester Zeit, solange
Apfel, Möhre oder Zucchini möglichst weitgehend noch in den Verkaufsregalen auf Kunden warten.
Dabei handelt es sich bei den gesuchten Substanzen um die unterschiedlichsten Stoffgruppen, die
sauer oder basisch, fett- oder wasserlöslich sein können oder aus großen und kleinen Molekülen bestehen – nicht selten finden sich auch
zehn oder mehr verschiedene Pestizide in einer Probe.
Da Deutschland mehr als die Hälfte
des Bedarfs an Obst und Gemüse importiert, ist das Mittel, das der kenianische Bauer einsetzt für die Analytiker ebenso relevant wie das Insektizid aus Japan oder die derzeit noch
ca. 700 Verbindungen, die allein in der
EU zugelassen sind. Eine besondere
Schwierigkeit ergibt sich dabei aus
der Tatsache, dass allein in
Deutschland jährlich etwa 10
Pflanzenschutzmittel neu
zugelassen werden.
Viele auf einen Streich
Die Projektleiter: Michelangelo Anastassiades und Ellen Scherbaum
Angesichts der Vielzahl möglicher
Rückstände ist man hier auf den Einsatz von Standardmethoden zwingend angewiesen, die möglichst viele Rückstände in einem Durchgang
erfassen. Mit den bislang gängigen
>Multimethoden, zu denen etwa die
verschiedenen >chromatographischen Verfahren gehören, werden
derzeit mehr als 400 Stoffe abgedeckt. Die Eingliederung einer jeden
neuen Stoffgruppe in diese Multimethoden bedeutet eine neue analytische Herausforderung. Mit der
Folge, dass die Entwicklung der in
der Nachweis-Routine einsetzbaren
Verfahren der Markteinführung neuer Pestizide häufig um mehrere Jahre hinterherhinkt.
Die erforderliche Entwicklung der
Analytik lief bislang nur wenig koordiniert ab und war von der Eigeninitiative der einzelnen Untersuchungsämter abhängig. Ellen Scherbaum vom Stuttgarter CVUA: „Wir
haben 1995 angefangen, uns in die
Methodenentwicklung einzuklinken.“ Zwei Projekte, die im Rahmen
des Programms Nahrungsmittelsicher-
PROJEKTDATEN
Beseitigung analytischer Defizite bei der Bestimmung von
Rückständen an Antibiotika,
Neonicotinoiden und macrocyclischen Insektiziden/Akariziden in Obst und Gemüse
Projektleitung:
Ellen Scherbaum
Tel.: 0711/3426-1234
[email protected]
Untersuchungen zur Einsatzmöglichkeit von „Analyte Protectants“ in der Rückstandsanalytik von Pestiziden in
Obst und Gemüse
Projektleitung:
Dr. Michelangelo Anastassiades
Tel.: 0711/3426-1234
[email protected]
Institution:
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart
Schaflandstr. 3/2
70736 Fellbach
www.cvua-stuttgart.de
Bild: CMA-Fotoservice
S
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
25
Projektbeispiele
heit gefördert wurden, ermöglichten es dem engagierten Team, das
für die neue Herausforderung durch
die Analytik-Experten Michelangelo Anastassiades und Diane Fügel
verstärkt wurde, die neuen Pestizidgruppen, Neonicotionoide und makrocyclische Insektizide für die Multimethode fit zu machen.
Antibiotika – eine harte Nuss
Neonicotinoide sind, wie der Name
schon sagt, verwandt mit dem Nikotin der Tabakpflanze. Die synthetisch
hergestellten Derivate sind allerdings weit „haltbarer“ und wirksamer als das Original aus der Pflanze. Insektizide aus dieser Gruppe
wirken gegen saugende Schädlinge
wie Blattläuse, Zikaden, weiße Fliege, Thripse und zudem gegen einige beißende Insekten wie zum Beispiel den Kartoffelkäfer.
Das Mittel Imidacloprid, das zu den
Neonicotinoiden gehört, wird laut
bors auf offene Ohren stieß. „Man
kann jetzt sagen“, so Fügel, „dass
Neonicotinoide zu den meistgefundenen >Pestiziden gehören ...“.
Eine weitere Wirkstoffgruppe, die
sich relativ neu auf dem Markt befindet, sind die Makrocyclischen Insektizide. Dabei handelt es sich um
eine Gruppe sowohl natürlicher, von
Pilzen produzierter, wie auch halbsynthetisch hergestellter komplexer
Verbindungen, die aus vergleichsweise großen Molekülen aufgebaut
sind. Ein vollständig natürlicher
Stoff unter den Macrocyclischen Pestiziden ist das Spinosad, das zwar
nicht in der EU, aber in den USA und
in der Schweiz sogar im Öko-Landbau zugelassen ist.
Die Vorstufen anderer Mittel werden
zwar ebenfalls von Pilzen hergestellt,
die Substanzen aber anschließend
noch chemisch bearbeitet. Die Gruppe wirkt unter anderem gegen Spinnmilben, Käfer, Blattläuse oder Minierfliegen. Für Warmblüter ist Spinosad
nicht besonders giftig, wohl aber für
Angaben der Herstellerfirma Bayer
bereits in 80 Ländern und 60 Kulturen angewendet. „Es war die erste Wirkstoffgruppe, die wir im Rahmen des Landesstiftungsprojekts
bearbeitet haben“, sagt Diane Fügel, die das Projekt betreut.
Nachdem es gelungen sei, die Stoffgruppe in die von Dr. Michelangelo
Anastassiades entwickelte sogenannte >QuEChERS-Multimethode
zu integrieren, habe man für das Verfahren viel Werbung gemacht, die
bei den anderen Untersuchungsla-
Wasserlebewesen. „Jedenfalls nach
dem derzeitigen Wissensstand“,
schränkt Anastassiades ein, „das
muss man immer dazu sagen, wenn
es sich um die toxikologische Bewertung von Stoffen geht.“
Auch bei dieser Wirkstoffgruppe
gelang die Integration in dieselbe
Multimethode, in die bereits die
Neonicotinoide integriert werden
konnten. Auch Makrocyclische Pestizide wurden übrigens, als der Nachweis damit routinemäßig möglich
war, häufig nachgewiesen.
ten Antibiotika mit Hilfe der Rückstandsanalytik im Auge zu behalten.
Die Gefahr der Resistenzbildung von
Bakterien gegen die häufig lebenserhaltende Substanzgruppe gibt ihnen
dafür allen Grund. Scherbaum erläutert ein mögliches weiteres Vorgehen:
„Jetzt muss man drangehen, solche
Stoffe zu suchen, die wir wiederum
in die Einzelmethode integrieren können. Wenn wir sie dann irgendwann
für zum Beispiel zwanzig Substanzen
durchführen, dann wäre die Methode wieder wirtschaftlich.“
Neonicotinoide und Makrocyclische Pestizide
Die begrenzte Haltbarkeit der
Lebensmittel, um deren potenzielle Belastung mit Pflanzenschutzmitteln es geht,
setzt die CVUA-Mitarbeiter
unter permanenten Zeitdruck.
Bild: Ch. Ziechaus
26
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Einen weiteren Stoff, diesmal aus der
Gruppe der im Pflanzenschutz angewendeten Antibiotika, haben die Wissenschaftler des CVUA ins Visier genommen, das Kasugamycin. Allerdings lässt sich dieser Stoff sehr leicht
in Wasser lösen und ist daher einerseits nur schwer mit den üblichen Lösungsmitteln extrahierbar, und andererseits bereitet er auch bei der flüssigchromatographischen Bestimmung erhebliche Schwierigkeiten.
Damit war der Weg in die Multimethode verbaut. Immerhin wurde
durch Einführung eines von den Bearbeitern als „elegant“ bezeichneten
Anreicherungsschrittes eine Einzelmethode für die Bestimmung des
Stoffes gefunden – die in der Anwendung erfreulicherweise bei den untersuchten Proben aus dem Handel
kaum eine Belastung erbrachte.
Dennoch halten die Wissenschaftler
des CVUA es für sehr wichtig, den Einsatz der in der EU stark reglementier-
Bild: I. Lehmann
Projektbeispiele
verdächtige Befund durch einen weiteren Probendurchlauf abgesichert
werden muss. Zur Absicherung des
Befundes ist das Ganze zuletzt nochmals durchzuführen, um die sogenannte „Wiederfindungs-Rate“ zu ermitteln. „Das heißt, für einen auffälligen Befund musste man die Probe
zwölf mal in den Gaschromatographen injizieren, und so ein Lauf dauert etwa eine Stunde ...“, fasst Scherbaum zusammen. In der Vergangenheits-Form kann sie formulieren, weil
Hohe Ausgaben erfordert allein schon der Einkauf von Pflanzenschutzmitteln, deren Bees dem Team im Rahmen eines weistand trotz Kühlung regelmäßig erneuert werden muss.
teren Landesstiftungs-Projekts tatEine Vorstellung, wo sie zu suchen Die Matrix, die aus Ölen, Farbstoffen sächlich gelungen ist, einen Lösungshätten, haben die Experten längst: und andern unabsichtlich mitextra- ansatz für das Problem zu finden.
Kasugamycin sei fast so polar wie hierten Substanzen aus den Proben Anastassiades, der sich diesen Erfolg
Zucker und es gäbe noch weitere stammt, so erzählen Scherbaum und in erster Linie auf die Fahnen schreisehr polare Pestizide. „Das gibt dann Anastassiades, gilt es im weiteren ben kann, lacht:„Ja, wir sind eben sehr
eine kleine Mulitmethode für sehr Prozess so weit wie möglich zu ent- kreativ“, und erläutert dann das Vorpolare Strukturen,“ meint Anastas- fernen. Nur dann können Pestizide gehen, allerdings unter dem Vorbesiades. Für diesen zweiten Schritt auch im Spurenbereich gefunden halt, dass man ja noch mitten im Profehlten dem CVUA, so Scherbaum, werden. Allerdings habe sich heraus- jekt sei: Statt die mühsame Standardderzeit allerdings die Kapazitäten.
gestellt, dass diese Matrix auch eine addition durchzuführen, werden soeher positiv zu bewertende Funktion wohl dem gereinigten Probenextrakt
hat: die Eigenschaft, die Pestizide vor als auch der matrixfreien KalibrierlöGewinn für mehr Sicherheit
der Zerstörung im
sung verschiedene
„Als Importland sind für
Stoffe, die sogenannRückstandsanalytik kostet Zeit und heißen Gaschromatouns alle Pflanzenschutzten >Analyte ProtecGeld. Allein die regelmäßige Beschaf- graphen zu „schütmittel interessant, auch
tants, zugesetzt. „So
fung der zur >Kalibrierung der Geräte zen“. Da sich in der reiwenn sie nur in Japan
erreicht man bei beibenötigten Vergleichspestizidproben, nen Kalibrierlösung,
produziert und in Thaiden Lösungen einen
deren Haltbarkeit nicht unbegrenzt ist, die zur Eichung der
land gespritzt werden.“
ähnlichen Schutzefkostet das CVUA jährlich rund 10.000 Geräte dient, aber ein
Euro. Nicht zu reden vom Zeitaufwand solcher Schutz nicht befindet, die Pes- fekt und über diesen Umweg wieder
zur Aufbereitung der reinen Substan- tizide darin also in größerem Maße die gewünschte Vergleichbarkeit“,
zen für die Analytik. Vor allem die be- zerstört werden und sich so der Mes- meint der Projektbearbeiter Bünyagrenzte Haltbarkeit der Lebensmittel, sung entziehen, erscheint die Belas- min Tasdelen.
um deren potenzielle Belastung mit tung in den echten Proben in der Re- Als besonders effektiv hätten sich
Pflanzenschutzmitteln es geht, setzt gel zunächst höher als in der Ver- Zucker und ähnliche Verbindungen
die CVUA-Mitarbeiter, vom Wissen- gleichsprobe – bei tatsächlich glei- erwiesen, lässt Projektleiter Anastassiades noch raus. Erste Versuche hätschaftler bis zum Techniker, unter ge- chen Ausgangswerten.
waltigen Zeitdruck. Selbstverständlich Um diesen Fehler auszuschließen, ten tatsächlich gezeigt, dass sich die
werden die Nachtzeiten und auch das wurde bisher eine sogenannte Stan- durch Matrix-Effekte bedingten BeWochenende genutzt. Erleichtert be- dardaddition durchgeführt. Das stimmungsfehler in vielen Fällen
richtet Scherbaum, dass man jetzt ein heißt, der Probenextrakt wurde in praktisch ausschalten ließen. „Aber“,
neues Gerät angeschafft habe, das das mehrere Portionen unterteilt und in betont er, „noch ist die optimale Mizur Gaschromatographie verwendete jede Portion das zu untersuchende schung nicht gefunden“.
Verdampfungsrohr selbstständig aus- Pestizid in zunehmender Menge ge- Dies und die Herkules-Aufgabe, die
tauschen kann. Weil dieses mit zuneh- geben. Die verschiedenen Mischun- Wirkung der „Analyte Protectants“
mender Benutzungsdauer immer gen wurden dann analysiert. Aus der auf die Ergebnisse für einige hundert
mehr durch mitextrahierte Probe-Be- Steigerungsquote der Messergebnis- Pestizide zu testen, steht noch vor
standteilen (>Matrix) kontaminiert se ließ sich dann auf das Ausmaß der dem engagierten Team. Aber dann ist
wurde, musste es, um die analytische Belastung mit dem Pestizid schließen. dieses Verfahren so weit, dass es in
Qualität zu gewährleisten, in den 72 Was sich mühsam anhört, ist tatsäch- der Praxis der LebensmittelüberwaStunden eines Wochenendes bisher lich auch deshalb ein enormer Zeit- chung erprobt und alsbald routinemindestens einmal von Hand gewech- faktor, weil in der Lebensmittelüber- mäßig eingesetzt werden kann.
Iris Lehmann
wachung, aus gutem Grund, jeder
selt werden.
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
27
DEFINITIONEN
Derivat:
Von einem Stoff abgeleitete
Substanz
Kalibrierung:
Eichung/Ausrichtung eines
Messinstrumentes bzw.
etwas mit einer Norm in
Übereinstimmung bringen
Matrix:
Die mitextrahierten Bestandteile aus der Probe, die in das
Extrakt der gesuchten
Substanz gelangen
Multimethode:
Analytische Verfahren zur
gleichzeitigen Bestimmung
von Rückständen einer
Vielzahl von Pestiziden unter
Verwendung einer einzigen
Probenaufbereitung (Extraktion und Aufreinigung der
Extrakte)
QuEChERS:
Quick Easy Cheap Effective
Rugged and Safe (schnell,
leicht, billig, effektiv, robust,
sicher); Multimethode, die
das CVUA Stuttgart als
weltweit erstes Labor
etabliert hat und inzwischen
international von vielen
Laboratorien eingesetzt wird.
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Projektbeispiele
Kurzer Prozess für Salmonellen & Co.
Können moderne Methoden die klassischen Nachweisverfahren ersetzen?
Für den Laien sehr obskure Begriffe wie PCR und Real-Time-PCR stehen für die alternativen Methoden
zum Nachweis von Keimen in Lebensmittelproben. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg
hat sie auf ihre Genauigkeit getestet und mit den gängigen amtlichen Verfahren verglichen.
Kann die Lebensmittelkontrolle damit schneller und effizienter arbeiten?
rei bis fünf Tage dauert es im
Normalfall, bis von einer Lebensmittelprobe ein differenziertes,
verlässliches und amtlich verwertbares Ergebnis vorliegt. Bei der gängigen kulturellen Nachweismethode erfolgt im Labor zunächst die Anzucht der verdächtigen Keime in einer flüssigen Nährlösung und auf
festen Nährmedien. Die Bebrütung
über Nacht führt zu deren Vermehrung. Dieser Voranreicherung folgt
eine selektive Anreicherung von
möglicherweise pathogenen Keimen oder von solchen, die nur bis
zu einem bestimmten Grenzwert in
D
PROJEKTDATEN
Nachweis von humanpathogenen Mikroorganismen
in Lebensmitteln mittels moderner molekularbiologischer
Untersuchungsverfahren
Institution:
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg
Bissierstraße 5
79100 Freiburg
www.cvua-freiburg.de
Projektleitung:
Dr. Klaus Pietsch
Tel.: 0761/8855-0
[email protected]
Annette Anderson demonstriert die klassische Methode
der Keimbestimmung: Nach
der Kultivierung verdächtiger
Keime in einem Nährmedium
erfolgt deren Bestimmung.
Bild: Landesstiftung BadenWürttemberg
Lebensmitteln enthalten sein dürfen. Die Keime werden schließlich
isoliert und anhand ihrer spezifischen Merkmale und Eigenschaften mit Hilfe von verschiedenen
biochemischen und immunologischen Analysemethoden identifiziert. So weit, so erprobt.
schreibt Annette Anderson, Mitarbeiterin im Forscherteam um Projektleiter Dr. Klaus Pietsch vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg, den Vorgang
so: „Wir suchen die Nadel im Heuhaufen. Die PCR vermehrt die Nadeln
so lange, bis wir sie sehen können.“
Nadel im Heuhaufen
Fünf Tage ... 24 Stunden ...
vier Stunden
Nun haben sich seit der Erfindung
der >Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) im Jahr 1985 neue molekularbiologische Nachweismethoden auf
DNA-Ebene rasant entwickelt. Bei
der PCR werden Bakterienzellen aufgebrochen und das genetische Material (>DNA)
freigelegt. Nun kann
eine charakteristische
Sequenz nachgewiesen
werden – zum Beispiel
eine für Salmonellen typische. Diese Sequenz
wird mittels einer Kettenreaktion vervielfältigt. Zwei synthetisch
hergestellte DNA-Einzelstränge, >Primer genannt, lagern sich nach
dem Schlüssel-SchlossPrinzip an aufgetrennte
DNA-Stränge an.
YOPIs in Gefahr!
An die Primer wiederum
30 Prozent der Bevölkerung in den Industriehängen sich Enzyme
nationen erkranken nach einer Schätzung der
und verlängern so den
WHO jährlich an Lebensmittelinfektionen durch
DNA-Strang. Diese VerBakterien, Viren und Parasiten. In Deutschland
vielfältigung wird mit
werden über 200.000 Infektionen pro Jahr, meist
einem definierten TemSalmonellosen und Campylobacteriosen, gemelperatur-Zeit-Programm
det. Allerdings geht das Robert-Koch-Institut von
30 bis 50 Mal wiedereiner großen Dunkelziffer aus und bezeichnet
den zehnfachen Wert als realistisch. Besonders
holt, bis die angereianfällig ist die große Gruppe der YOPIs – Young,
cherte DNA weiter unOld, Pregnant, Immunocompromised – also Mentersucht werden kann.
schen mit geschwächtem Immunsystem.
Ganz vereinfacht be-
28
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Zur genauen Bestimmung der „Nadeln“ dient die >Agarose-Gelelektrophorese. Die zuvor per PCR angereicherte DNA wandert dabei unter
Einfluss eines elektrischen Felds
durch ein Agarose-Gel. Dieses wirkt
wie ein „DNA-Filter“: Je nach Größe der Moleküle bleiben diese an
unterschiedlichen Stellen des GelFilters hängen und können dann
durch Farbstoffe sichtbar gemacht
werden. Für amtliche Ergebnisse
reicht diese reine Größensortierung
jedoch nicht aus. Hier sind weitere,
verifizierende Analysen nötig. Trotzdem können auf diese Weise schon
innerhalb von 24 Stunden hieb- und
stichfeste Ergebnisse von Lebensmittelproben gewonnen werden.
Die >Real-Time-PCR, eine Weiterentwicklung der PCR, erspart die
Gelelektrophorese. Über die Primer
hinaus wird dabei die gesuchte
DNA mit einer mit Fluoreszenzfarbstoffen markierten Sonde angereichert. Wenn die Sonde auf den im
Lauf der Polymerase-Kettenreaktion wachsenden DNA-Strang trifft,
lagert sich diese an die passende
DNA-Sequenz an und es kann ein
Lichtsignal gemessen werden. Mit
jeder neuen DNA-Kopie kann sich
auch mehr Sonden-Substanz anlagern. So nimmt auch die Fluores-
Projektbeispiele
zenz zu. Auf diese Weise kann man
den gesamten DNA-Vervielfältigungsprozess „live“ miterleben –
daher der Begriff „Real-Time-PCR“.
Jede Fluoreszenzkurve steht wiederum für eine bestimmte DNA-Sequenz, also beispielsweise – um
wieder zum Freiburger Forschungsprojekt zurück zu kehren – für einen
bestimmten Keim.
Schnell, spezifisch, sicher
Vorteile dieses Vorgehens: Es spart
durch die „Live“-Analyse nicht nur
Zeit, sondern den Schritt der beschriebenen Größensortierung. Gerade mal rund vier Stunden dauert
das komplette Procedere nach der
kulturellen Voranreicherung. Und
das Beste: Auch die weitere Bestätigung kann entfallen, da die DNASequenzen direkt identifiziert werden und nicht nur indirekt anhand
ihrer Größe.
Doch was nützen die besten Methoden, wenn sie im konkreten An-
wendungsfall nicht funktionieren?
Sind sie in der Lage, Salmonella ,
Campylobacter jejuni, Campylobacter coli und weitere für die Lebensmittelüberwachung relevante Keime zweifelsfrei zu identifizieren –
wissenschaftlich exakt und amtlich
verwertbar? Die Wissenschaftler
um Dr. Klaus Pietsch sind dieser Fragestellung zwei Jahre lang nachgegangen.
Nach zahllosen Probenahmen,
DNA-Tests, vergleichenden kulturel-
len Untersuchungen, Datenaus- Doch so einfach ist es nicht. Zwar
wertungen und Validierungsexpe- gibt es Ringversuche, bei denen korimenten beziehen die Forscher im operierende Ämter und Labors ihre
Abschlussbericht zum Projekt ein- Erfahrungen mit dem CVUA Freideutig Stellung: „Gerade Real-Time- burg austauschen.
PCR-basierte Verfahren bieten für Auch werden derzeit verschiedene
die amtliche Überwachung moder- „Real-Time-PCR“-Geräte auf ihre
ne Möglichkeiten der schnellen und Eignung getestet. Aber: „Die PCRverlässlichen Detektion pathogener Methodik ist noch nicht überall akKeime in Lebensmittelproben.“
zeptiert. Da sind noch HemmDie Aussagekraft der DNA-basier- schwellen zu überwinden. Nicht jeten Methoden steht nicht hinter der des Labor kann sie durchführen.
klassischen Methode
Und schließlich
„Die getesteten Verfahren
zurück. Im Gegenteil:
dauert ein kulturelermöglichen einen
Zum Teil werden soler Nachweis zwar
schnellen und verlässgar weiter gehende
länger, ist aber billichen Nachweis von
Daten geliefert. So
liger als eine PCR.“
pathogenen Keimen.“
verrät die Kenntnis
Auf diesen Nenner
der genauen DNA-Sequenz Details bringt Projektleiter Dr. Klaus Pietsch
über Bakterienstämme, die wert- den Stand der Umsetzung der Forvolle Aussagen zu Pathogenitäts- schungsergebnisse.
faktoren oder zur Ausbreitung von
Epidemien erlauben: Entspricht der Sehr gut können sich die „amtliBakterienstamm aus der Lebens- chen Forscher“ ein mehrstufiges
mittelprobe genau jenem, der auch Vorgehen vorstellen: Schnelltests
bei einem bestimmten Patienten mittels PCR – vertiefende Analysen
aufgetreten ist?
mittels der klassischen Methodik.
Über das Testen bestehender Verfahren hinaus haben die Projektmitarbeiter auch Neuland betreten
und neue Analyseverfahren entwickelt beziehungsweise zur RealTime-PCR weiterentwickelt.
Alles Routine?
Mit derart gutem Leumund ausgestattet, müssten die alternativen
Methoden eigentlich auf dem besten Weg in die Routineanalytik sein.
An Letzterer führt derzeit schon aus
formalen Gründen kein Weg vorbei:
Für ein amtliches Ergebnis wird ein
isolierter Keim benötigt – eine isolierte DNA-Sequenz alleine zählt
nicht.
Doch die Zeit scheint auf der Seite der
neuen Verfahren. Denn zur Erfassung
gentechnisch veränderter Pflanzen
sind die PCR-Methoden unerlässlich.
Aber das ist eine andere Geschichte
und ein anderes Forschungsprojekt …
Stefan Kriz
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
29
DEFINITIONEN
P olymer
ase-K
ettenr
eaktion:
olymerase-K
ase-Kettenr
ettenreaktion:
Von engl. Polymerase Chain
Reaction (PCR). Methode zur
Amplifizierung (Vervielfältigung) der DNA. Zu einer DNASequenz werden zwei synthetische Primer gegeben, die sich
nach dem Schlüssel-SchlossPrinzip an aufgetrennte DNAStränge anlagern. DNAPolymerase-Enzyme verlängern
den DNA-Strang weiter. Nach
30 bis 50 solcher Zyklen erfolgt
die Analyse.
Primer
Primer::
Bei der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) legen Primer den
DNA-Abschnitt fest, der
vervielfältigt werden soll.
Dabei werden Primer-Paare für
die DNA-Stränge bestimmt
und synthetisch hergestellt.
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Projektleiter Dr. Klaus Pietsch
vor den modernen Analyseund Messgeräten, mit deren
Hilfe die DNA-basierten,
alternativen Methoden
getestet wurden
Mitte: Das Ergebnis der RealTime-PCR, dargestellt in
Fluoreszenzkurven
Das Ergebnis der Gelelektrophorese auf dem Bildschirm wird ausgedruckt.
Bilder: CVUA Freiburg
Projektbeispiele
Gefährlichen Viren auf der Spur
Neue Nachweismethoden für krankheitserregende Viren in Lebensmitteln gesucht
Kartoffelsalat auf dem Straßenfest gegessen? Muscheln verzehrt im Restaurant?
Wenn es einer Reihe von Menschen gleichzeitig speiübel wird, oder zum Beispiel gehäuft
Gelbsucht auftritt, sind oft Viren im Spiel. Ihnen sind Forscher am Chemischen und Veterinär
untersuchungsamt Stuttgart (CVUA) auf der Spur – um schnelle, zuverlässige
Nachweismethoden für die Laborpraxis zu entwickeln.
enn Dr. Constanze Mayr und
Projektleiter Dr. Matthias
Contzen bei der Arbeit sind, heißt
es immer wieder, den weißen Kittel
zu wechseln – beispielsweise beim
Betreten des Reinraums – und Gummihandschuhe anzuziehen – etwa
beim Arbeiten mit der Pipette. Dabei geht es in den mikrobiologischen Lebensmittellabors nicht nur
darum, sich selbst kein Virus einzufangen, sondern es ist ebenso wichtig, die sensiblen Proben nicht zu
verunreinigen.
W
PROJEKTDATEN
Viren in Lebensmitteln und
Wasser: Molekularbiologischer
Nachweis von krankheitserregenden Noroviren (GI), Hepatitis-A-Viren und Rotaviren
Institution:
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
www.cvua-stuttgart.de
Projektleitung:
Dr. Matthias Contzen
Tel.: 0711/3426-1248
matthias.contzen@
cvuas.bwl.de
Drei Virenarten machen
häufig krank
Die Viren, mit denen es die Wissenschaftler zu tun haben, gehören zu
Trinkwasser übertragen werden rig. Deshalb müssen die Mitarbeikönnen, zählen Noroviren, Rotaviren ter noch sorgfältiger vorgehen als
und Hepatitis-A-Viren. Sie sind oft es die Arbeit in solch einem moledie Ursache für schwere Magen- kularbiologischen Labor ohnehin
Darm-Infektionen, letztere lösen die verlangt.
bekannte Gelbsucht aus.
Allein in Deutschland führten die- Der Teufel steckt im Detail
se drei Virenarten zu fast 90.000 Erkrankungen im Jahr 2003, 2004 wa- „Man kann sich hierbei nicht den alren es bereits über 100.000. Dazu lerkleinsten Fehler erlauben“, bekommt eine wohl
schreibt die Agrar„Schon weniger als 100
nicht unerhebliche
biologin die SachlaViruspartikel können zu
Dunkelziffer.
ge, man könne beieiner Infektion führen.“
„Der steigenden Bespielsweise nur bedeutung dieser Krankheitserreger stimmte Kunststoff-Einwegmateriastehen die begrenzten Möglich- lien verwenden und bei zu kühlenden
keiten zum routinemäßigen Nach- Viren machten schon wenige Minuweis von Viren in Lebensmitteln ge- ten Raumtemperatur alles zunichte.
genüber“, bringt Biologe Contzen Dort wo es notwendig ist, wollen die
das Problem auf den Punkt. Das Wissenschaftler in ihrem Forheißt, die bisherigen Methoden schungsprojekt neue Ansätze entsind sehr aufwändig und so spezi- wickeln. Ansonsten haben sie zuell, dass sie in der alltäglichen La- nächst etablierte Methoden zum Viborpraxis kaum anwendbar sind.
Geeignete Nachweismethoden fehlen
Projektleiter Dr. Matthias
Contzen und Dr. Constanze
Mayr, die mit der Durchführung des Projekts betraut ist
Bild: P. Fendrich
den häufigsten Verursachern von
lebensmittelbedingten Erkrankungen.
Zu den wichtigsten potenziell krankheitserregenden Viren, die etwa
durch mangelnde Hygiene beim
Umgang mit Lebensmitteln bzw.
30
Deshalb wollen die Forscher am
CVUA Stuttgart neue Methoden
zum Nachweis der drei genannten
Virenarten entwickeln.
Im Prinzip ist der Weg einfach, erklärt Constanze Mayr, doch in der
Praxis steht das Wissenschaftlerteam vor enormen Herausforderungen. Denn erstens lassen sich die
krankmachenden Viren aus Lebensmitteln ausgesprochen schwer
nachweisen, weil sie oft nur „in Spuren auf der Oberfläche vorkommen“. Zweitens ist der Umgang mit
so genannten >RNA-Viren – zu diesen gehören die Noro-, Rota- und
Hepatitis-A-Viren – überaus schwie-
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
rennachweis aus Stuhlproben ausgewertet und versuchen, zumindest
eine eigene, bereits etablierte Nachweismethode für Noroviren auf
Rotaviren zu übertragen. „Das wäre
sehr wünschenswert“, meint der
Projektleiter, doch auch dieser Weg
ist weit und beschwerlich. Denn so
eine Untersuchungsmethode ist
eine komplizierte Geschichte und
oft steckt der Teufel im Detail.
Projektbeispiele
Bild: P. Fendrich
ten DNA-Abschnitte weisen wir
beispielsweise eine NorovirusKontamination in der Lebensmittelprobe nach.“
6. Abgeschlossen ist die Arbeit der
Wissenschaftler, wenn der letzte Schritt, das so genannte Sequenzieren, also das Ablesen der
spezifischen Gensequenz, das
Virus bestätigt; ein Prozedere,
„das wir derzeit leider noch außer Haus geben müssen“, wie Dr.
Contzen bedauert.
DEFINITIONEN
DNA (Desoxyribonukleinsäure; von engl. desoxyribonucleic acid):
Erbmaterial im Zellkern
pflanzlicher, tierischer und
menschlicher Organismen
R N A (Ribonukleinsäure; von
engl. ribo nucleic acid):
Erbmaterial in manchen Viren
Auf gutem Wege
R N A --V
V ir
en
ire
n:
Viren, deren Erbmaterial aus
RNA besteht
Los geht der Untersuchungsprozess
in den CVUA-Labors stets dann,
wenn nach dem Verdacht von lebensmittelbedingten Virus-Erkrankungen Lebensmittelproben abgegeben werden.
1. Im ersten von sechs Schritten
müssen Viruspartikel aus oder
von der Oberfläche der Probe isoliert werden. „Das ist besonders
kniffelig“, weiß Constanze Mayr,
„weil schon weniger als 100 Viruspartikel zu einer Infektion
führen können“. Und genau diese wenigen gilt es zu finden!
4. Auch der vierte Schritt hat es in
sich: Das RNA-Erbmaterial muss
in ausreichender Menge in >DNAMoleküle „umgeschrieben“ werden. >Reverse Transkription (RT)
nennt sich dieses anspruchsvolle molekularbiologische Verfahren, das verbunden ist mit einer
>Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) zur Vervielfältigung der
DNA; deshalb das verbindende
Kürzel >RT-PCR.
Dabei stellt sich den Forschern die
schwierige Aufgabe, „die Nachweisempfindlichkeit zu erhöhen
bzw. die Nachweisgrenze zu senken, ohne dabei falsch positive Er-
Zur Halbzeit des zweijährigen Forschungsprojektes sehen sich die
Stuttgarter „auf einem guten Weg“,
Viren als Krankheitserreger schneller und sicherer nachweisen zu können, um Ursachen und Zusammenhänge von Krankheiten durch Viren
in Lebensmitteln aufzuklären.
Sie sind schon dabei, die Nachweismethode der sehr bedeutsamen
Noroviren in den amtlichen Methodenkatalog mit einzubringen.
Bis Projektende soll für alle drei Virengruppen eine zuverlässige, empfindliche und schnelle Nachweismethode etabliert werden: für die Untersuchung von Lebensmittelproben in
Überwachungseinrichtungen nach
dem Auftreten von Erkrankungen
ebenso, wie für die routinemäßige
2. Die Kunst beim zweiten Schritt
ist es, die Viren mittels Filtrierung und anderen Verfahren
möglichst verlustfrei zu konzentrieren.
3. Jetzt, im dritten Schritt, geht es
in einen hermetisch abgeschlossenen Raum darum, das Virus
„aufzuschließen“, wie die Wissenschaftler sagen. Sie holen das
Erbmaterial, die >RNA heraus.
gebnisse zu produzieren“. Also liege genau hier bei dem molekularbiologischen Doppel-Schritt „ein
weiterer Knackpunkt“ für die Entwicklung von allseits praktikablen
Nachweismethoden für einzelne
Virenarten.
5. Nun folgt im fünften Schritt die
eigentliche Bestimmung des gesuchten Virus, die Mayr so ausdrückt: „In Form der vervielfältig-
Lebensmittelüberwachung großer
Probenmengen.
Wichtig ist dann auch die Bekanntmachung dieses speziellen Könnens,
damit die Mitarbeiter von Behörden
und Anstalten wissen, was machbar
ist, und künftig stets schnell und adäquat reagieren können – wenn etwa
ein Eimer Kartoffelsalat beim Straßenfest größeren Schaden anrichtet.
Norbert Weimper
Caliciviren und Rotaviren
unterm Transmissionselektronenmikroskop
In sechs kniffligen Schritten macht Agrarbiologin Constanze Mayr Viren dingfest
Die sechs Schritte zum Virus
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
31
R e v erse Tr anskription (RT):
Molekularbiologische Reaktion
zum Umschreiben von RNA in
DNA
P olymer
ase-K
ettenr
eaktion
olymerase-K
ase-Kettenr
ettenreaktion
(PCR; von engl. polymerase
chain reaction):
Verfahren, mit dem in einer
Kettenreaktion kleinste
Mengen eines DNA-Abschnitts
vervielfältigt werden können
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Bilder: M. Hoferer (CVUA)
Projektbeispiele
„... die Guten ins Töpfchen!“
Auf der Suche nach therapeutisch wirksamen probiotischen Bakterienstämmen
Im Darm tummeln sich zahllose Bakterien. Doch während sich die Infektionsforschung bislang vornehmlich mit krank machenden Keimen befasste,
weiß man über möglicherweise heilende, also probiotische
Wirkungen der Darmbewohner noch wenig. Licht ins Dunkel soll ein
Forschungsprojekt der Universität Tübingen bringen.
ulia-Stefanie Frick, Projektleiterin am Institut für Medizinische
Mikrobiologie und Hygiene der Universität Tübingen: „Uns geht es in
erster Linie um medizinisch relevante Ergebnisse.“ Die Wissenschaftlerin arbeitet und forscht in der Medizinischen Mikrobiologie der Tübinger Uni-Klinik am Schnarrenberg. Ziel der Mikrobiologen ist es,
Bakterien mit probiotischem Potenzial zu finden, die Entzündungen
des Darmes vermindern oder verhindern können.
Rund 300.000 Menschen leiden in
Deutschland an >chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie
Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa.
Sie müssen heute bei der Behandlung mit gängigen EntzündungsHemmern wie etwa Cortison mit
zahlreichen unerwünschten Nebenwirkungen fertig werden. Dass der
Einsatz von Probiotika grundsätzlich
J
PROJEKTDATEN
Untersuchung zur Sicherheit
von probiotischen
Bakterienstämmen
Institution:
Institut für Medizinische
Mikrobiologie und Hygiene
Medizinische Fakultät
Universität Tübingen
Elfriede-Aulhorn-Str. 6
72076 Tübingen
www.zit.med.uni-tuebingen.de
Projektleitung:
Dr. med. Julia-Stefanie Frick
Tel.: 07071/29-82351
julia-stefanie.frick@ med.
uni-tuebingen.de
Untersuchungen in vitro:
Krankheitserreger und
Testbakterien werden
unter kontrollierten
Bedingungen auf
Zellkulturen übertragen.
möglich ist, beweist der Bakterien- nen“, erläutert Julia-Stefanie Frick.
stamm E. coli Nissle, der heute schon Ihr Projektteam konnte also bei der
zur Verlängerung der Remissions- Auswahl von Test-Bakterien auf ein
phasen zwischen akuten Entzün- großes Angebot zurückgreifen. Sie
dungsschüben bei Colitis ulcerosa wurden aus dem Stuhl gesunder Ermit Erfolg eingesetzt
wachsener isoliert –
„Bisher fehlt die syswird. „Bisher fehlt jeschließlich wollte
tematische
Forschung,
doch die systematiman keine vorbelaum das probiotische
sche Forschung und
steten Keime haben.
Potenzial von Bakterien Außerdem sollten
ein breites >Screesicher identifizieren
ning, um das probiomöglichst Vertreter
zu können.“
tische Potenzial von
verschiedener StämBakterien sicher identifizieren zu me, darunter auch die klassischen
können“, beschreibt Dr. med. Frick Bifidobakterien und Lactobacillen
ausgewählt werden.
den Ausgangspunkt ihres Projekts.
Die isolierten Bakterien werden in
verschiedenen Testsystemen auf
Mehrstufige Tests
ihre probiotische Wirkung getestet.
„Es gibt im Darm sehr viele Bakteri- Der erste Teil der Versuche findet >in
enstämme, von denen die wenigs- vitro statt, der zweite >in vivo. Für
ten identifiziert sind. Und in jedem den in-vitro-Test wurde zunächst ein
Individuum gibt es unterschiedliche Modell erarbeitet, das wissenschaftVertreter desselben Stammes, die lich fundierte Schlüsse über eine
sich jeweils anders verhalten kön- mögliche probiotische Wirksamkeit
der untersuchten Bakterien zulässt.
Erster Schritt: Ein pathogenes Bakterium löst in den >Epithelzellen in
vitro eine Entzündung aus.
Dadurch wird im zweiten Schritt unter anderem auch der Botenstoff Interleukin-8 („IL-8“) freigesetzt. Dieser
dient im Modell als „Read-out“, also
als Anzeiger. Denn senkt ein Test-Bakterium den IL-8-Wert deutlich, ist das
ein Zeichen für die Unterbrechung
der Entzündung. Dieser Keim könnte
dann gegebenenfalls eine positive gesundheitliche Wirkung vermitteln
und wäre damit möglicherweise ein
>Probiotikum.
Bild: Institut für Medizinische
Mikrobiologie und Hygiene,
Uni Tübingen
Auswahlverfahren
Die ersten durchgeführten Tests
dienten dazu, pathogene Bakterien
32
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Bild: S. Bühler, Uni Tübingen
Projektbeispiele
Das Projektteam um Dr. Julia-Stefanie Frick (2. von rechts): „Es wird noch Jahre dauern,
bis diese Bakterien als Probiotika erfolgreich sein könnten.“
auszusortieren. Wichtigstes Kriterium: Die isolierten Keime durften
nicht invasiv sein, also nicht in eine
Wirtszelle eindringen können. Diese unerwünschte Eigenschaft tritt
bei pathogenen Erregern auf. Ebenso wäre es ein Ausschlusskriterium,
wenn einer der Kandidaten selbst
eine entzündliche Reaktion hervorrufen würde, das heißt den „IL-8“Botenstoff aktivieren würde. Die ersten Screeningversuche sind abgeschlossen und alle getesteten Bakterienstämme haben die geforderten Kriterien erfüllt. „Das verwundert wenig, denn hier wären lediglich pathogene Bakterien herausgefiltert worden“, erklärt Projektleiterin Frick.
Im nächsten Schritt werden die
Testbakterien in Kombination mit
einem pathogenen, also entzündungsauslösenden Bakterium eingesetzt. Schaffen sie es tatsächlich,
die Entzündung zu hemmen? Die
Zwischenergebnisse stimmen hoffnungsvoll: Etwa die Hälfte aller eingesetzten Bakterien hemmt die „IL8“-Produktion, die durch pathogene Bakterien induziert wird, signifikant. Der Rest ist neutral oder gar
kontraproduktiv. Was aber der Projektleitung fast noch wichtiger ist:
Das Modell „funktioniert“ bisher
stabil, das heißt die Ergebnisse wi-
dersprechen sich nicht. Damit sind
die Forscher auch dem Projektziel
ein Stück näher gekommen, eine
standardisierte Messmethode zum
Nachweis probiotischer Wirkungen
zu entwickeln. Denn eine Messung
des Zytokins IL-8 wäre über >ELISA
von jedem Labor durchführbar.
Vom Reagenzglas zum
Medikament
Auch in den bis 2008 anstehenden
Analysen im Tiermodell müssen die
Bakterien noch mehrere Hürden
überwinden. Zunächst wird die Wirkung der Keime auf Mäuse untersucht, bei denen eine Darmentzündung (Kolitis) induziert wird. Derzeit werden hierzu wissenschaftlich
nachprüfbare Rahmenbedingungen festgelegt. In der letzten Versuchsreihe schließlich dienen speziell gezüchtete Mäuse als Versuchstiere.
Sie besitzen keine Darmflora, sind
also völlig steril und bieten damit
ein sehr gut definiertes Umfeld
ohne störende Darm-Bakterien. Diese Tiere werden sowohl mit pathogenen als auch mit potenziell schützenden Keimen besiedelt. Bakterien,
die in diesen Tieren die Entstehung
der Entzündung verhindern, könnten gute Kandidaten für probiotische Bakterien sein.
Der Weg vom Reagenzglas zur Maus
ist also beschritten. Doch wie weit
ist es noch bis zum Medikament? Dr.
Frick stellt klar: „Vergessen Sie nicht,
dass wir hier Grundlagenforschung
betreiben. Es wird noch Jahre dauern, bis diese Bakterien als Probiotika erfolgreich sein könnten.“
Stefan Kriz
DEFINITIONEN
P rrobiotik
obiotik
a:
obiotika
Definierte lebende Mikroorganismen, die in ausreichender Menge in aktiver Form in
den Darm gelangen und
dadurch positive gesundheitliche Wirkungen erzielen
(Berliner Arbeitskreis
Probiotika)
C h rronischonischen
tzündliche
onisch-e
ntzündliche
Darmerkr
a n kkungen
ungen ((C
CE D
):
Darmerkra
D):
Chronische oder chronisch
rezidivierende (wiederkehrende) Entzündung der
Dickdarmschleimhaut
(Colitis ulcerosa) oder des
gesamten Magen-DarmTraktes mit Tendenz zur
Diskontinuität und Befall
aller Wandschichten (Morbus Crohn). Die Ursachen
von CED sind weitgehend
unbekannt.
Epithel:
Die Schleimhaut bedeckende
Zellschicht
Weitere Begriffsdefinitionen
im Glossar, S. 37ff
Licht im Dunkel: RNA- und
DNA-Sequenzen werden
mittels Fluoreszenz sichtbar gemacht.
Bild: Institut für Medizinische Mikrobiologie und
Hygiene, Uni Tübingen
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
33
Projektbeispiele
Kein Kinderspiel!
-
Gefährliche Phthalat-Weichmacher: allgegenwärtig und trotzdem schwer zu fassen
Seit über 50 Jahren werden Phthalate als Weichmacher in einer Vielzahl von alltäglichen
Bedarfsgegenständen und Baumaterialien eingesetzt. Dadurch und weil sie langsam aus den
Materialien in die Umwelt entweichen, sind sie ubiquitär, also überall vorhanden.
Im Rahmen zweier Projekte sollen die für Menschen relevanten
Belastungspfade ermittelt werden.
ange Zeit wurden >PhthalatWeichmacher als ungefährlich eingestuft, da sie nur sehr geringe akute Schädigungen verursachen. Seit einiger Zeit weiß man,
dass bestimmte Vertreter aus der
umfangreichen Phthalat-Familie in
Tierversuchen >endokrine Wirkungen zeigen. Das heißt, die männliche Zeugungsfähigkeit kann leiden
und sie stehen im Verdacht, Embryonen zu schädigen. Leber und
Niere können ebenfalls angegriffen
werden. Beim Menschen sind solche Wirkungen zwar noch nicht
nachgewiesen – doch allein der Verdacht genügte, um einige Verbote
L
PROJEKTDATEN
Projekt 1:
Bestimmung der Belastung von
Kindern durch endokrin relevante Stoffe (insbesondere
Phthalate) aus Bedarfsgegenständen
Institution:
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
www.cvua-stuttgart.de
Projektleitung:
Werner Altkofer, Chemie-Dir.
Tel.: 0711/3426-1894
[email protected]
Teilweise verboten!
Seit dem Jahr 2000 dürfen EUweit in solchen Spielzeugartikeln
für unter Dreijährige, deren
Kunststoffanteile entweder „bestimmungsgemäß“ (Beißringe)
oder „vorhersehbar“ in den Mund
genommen werden, die Phthalate
DEHP, DBP, DINP, DNOP, DIDP und
BBP nicht mehr enthalten sein.
Eine im Juli 2005 verabschiedete
Richtlinie des Europäischen Parlaments sieht vor, dass ab Herbst
2006 DEHP, DBP und BBP in keinerlei Spielwaren mehr enthalten
sein dürfen.
34
auszusprechen (siehe Kasten). Seit- Phthalate über Recyclingprodukte
dem die >Metabolite in Urin und auch unbeabsichtigt in vielerlei AllBlut nachgewiesen werden können, tagsgegenstände gelangen, ist wenig
ist man ein wenig klüger: Die Phtha- bekannt. Allein von dem in einigen
latmenge, die wir täglich aufnehmen, Produktgruppen bereits verbotenen
kann damit abgeschätzt werden. Was DEHP werden jährlich weltweit rund
man auch weiß, ist, dass die Stoffe zwei Millionen Tonnen produziert.
rasch abgebaut werÜberall, wo weicher
„Fetthaltige Lebensmittel
den und dass die MenKunststoff mit der
können Weichmacher bege der ausgeschiedeZeit hart und spröde
sonders gut aufnehmen!“
nen Phthalat-Metabowird, haben die Sublite sehr unterschiedlich ist. Daraus stanzen ihren Weg in die Umwelt bewiederum kann man auf eine reits angetreten.
schwankende Belastung schließen.
An diesem Punkt verflüchtigen sich
nicht nur die Weichmacher selbst.
Hier beginnen auch die offenen FraVom Saurier zum Menschen
gen der Forschung. Die Frage, auf die
Allgemein bekannt ist, dass die heu- die beiden von der Landesstiftung
te kritisch bewerteten Stoffe in PVC Baden-Württemberg geförderten
verwendet werden. In bestimmten „Phthalat-Forschungsprojekte“ AntWeich-PVC-Produkten können bis zu worten suchen, lautet: Wie können
60 Prozent dieser Weichmacher ent- angesichts einer überall vorhandenen
halten sein. Aus PVC werden zum Bei- Umweltbelastung relevante Expositispiel Fußbodenbeläge, Kabelumman- onspfade identifiziert werden? Die ertelungen, Schläuche, Kunststoff- mittelten Daten und Methoden solSpielzeug und Blutbeutel hergestellt. len zu einer verbesserten Phthalat-RiAber auch andere Gegenstände, die sikoeinschätzung führen.
uns täglich umgeben, wie Farben,
Lacke, Fußbodenbeschichtungen Forschung im Verbund
oder auch Kosmetika können Phthalate enthalten – die zuletzt genann- Den derzeitigen Kenntnisstand kann
ten als Trägersubstanzen für Duft- man sich als Wollknäuel mit vielen
einzelnen Fäden vorstellen.
stoffe. Über den Umstand, dass
Jeder Faden steht für einen mehr oder minder unbekannten Sach-
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Projektbeispiele
verhalt, den man Stück für Stück verfolgen und entwirren kann. So lässt
sich auch die interdisziplinäre Arbeitsteilung der an den beiden Projekten
beteiligten Institutionen charakterisieren – wobei damit keinesfalls ein
Mangel an Respekt vor den Wissenschaftlern zum Ausdruck kommen
soll. Folgende Forschungsschwerpunkte werden bearbeitet:
■ Die Analyse der Quellen des
Übels, also die Weichmacherhaltigen Bedarfsgegenstände
selbst, sind Gegenstand des von
Werner Altkofer geleiteten Projekts am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA).
■ Die drei Partner des zweiten Projekts teilen sich die verschiedenen Aspekte des >Human-Biomonitorings, also die Analyse der
im menschlichen Organismus befindlichen Weichmacher DEHP
und DBP sowie deren Abbauprodukte und das >Ambient-Monitoring, also die Analyse der in der
Wohn- und Arbeitsraumumgebung befindlichen Weichmacher.
■ Die Materialprüfungsanstalt
(MPA) der Universität Stuttgart
befasst sich schwerpunktmäßig
mit den wichtigsten Belastungsquellen Innenraumluft und Hausstaub: Wie können die Belastungen systematisch erfasst, quantifiziert und gemessen werden?
■ Diese Fragen berühren auch die
Aufgaben des Landesgesundheitsamtes (LGA), das eine VorOrt-Vergleichsstudie an zwei Internaten organisiert und durchführt.
■ Das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Tübingen ist für die Entwicklung der Analysemethoden
zum Nachweis der Metaboliten
im Urin der untersuchten Personen zuständig.
Von der Deckeldichtung in
die Tomatenpaste
So vielfältig die Ansatzpunkte, so unterschiedlich auch die Ergebnisse
der Forschungsgruppen. Werner Alt-
Kunststoff-Spielzeuge wie
diese Sauriere gehören zu
den Alltagsobjekten, aus
denen Phthalate ausgasen, und sind damit
Gegenstand der Untersuchungen von Werner
Altkofer und seiner
Mitarbeiterin Kristin Bopp.
Bilder: P. Fendrich
kofer baut die Analytik auf, die zur
Ermittlung der Ausgasungen aus
Bedarfsgegenständen erforderlich
ist. „Die Blindwerte müssen wir in
den Griff bekommen.“ Damit meint
Altkofer die Tatsache, dass Phthalate allgegenwärtig sind und damit
Spielwaren und Materialien mit
Hautkontakt zum Menschen.
Eine bislang nicht berücksichtigte,
aber relevante Belastungsquelle hat
Werner Altkofer bereits identifiziert:
Deckeldichtungen aus weich gemachtem PVC, die für die Verpackung
die Messergebnisse verfälschen können: So enthält der PVC-Boden im
Stuttgarter CVUA 23 Prozent DEHP,
auch die Raumbelüftung und verunreinigte Messgeräte sind mögliche
Störquellen.
Klare Verhaltensregeln sind also
notwendig, um „unbestechliche“
Nachweise führen zu können. Phthalathaltige Kunststoffe sind bei der
Probenaufbereitung zu verbannen.
Im Fokus der Untersuchungen am
CVUA stehen insbesondere Materialien mit Lebensmittelkontakt,
DEFINITIONEN
Phthalat-Weichmacher:
Ester aus der Phthalsäure, die als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzt werden. Zirka 90 Prozent der PhthalatWeichmacher werden als äußere Weichmacher ohne
chemische Bindung im Trägermaterial verwendet. Sie
fungieren als Gleitmittel zwischen den Molekülketten, sind
mobil, wandern an die Materialoberfläche und gasen aus.
Endokrin wirksame Stoffe:
Stoffe, die ohne direkte toxische Wirkung das Hormonsystem eines Organismus beeinflussen.
Metabolit:
Zwischen- bzw. Umwandlungsprodukt als Ergebnis eines
Stoffwechselvorgangs.
Weitere Begriffsdefinitionen im Glossar, S. 37ff
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
35
Projektbeispiele
Projekt 2:
Untersuchung zur Belastungssituation der Allgemeinbevölkerung mit PhthalatWeichmachern und Ermittlung
relevanter Belastungspfade
Institution:
Regierungspräsidium Stuttgart
Landesgesundheitsamt (LGA)
Wiederholdstraße 15
70174 Stuttgart
www.gesundheitsamt-bw.de
Projektleitung:
Dr. Thomas Gabrio
Tel.: 0711/1849-252
[email protected]
Projektpartner:
Dr. Sibylle Hildenbrand
Institut für Arbeits- und
Sozialmedizin
Universitätsklinikum
Wilhelmstraße 27
72074 Tübingen
Tel.: 07071/298-7090
[email protected]
Dr. Gerhard Volland
Materialprüfungsanstalt (MPA)
– Otto-Graf-Institut, Universität
Stuttgart, Abteilung Bautenschutz und Brandschutz,
Pfaffenwaldring 32
70569 Stuttgart
Tel.: 0711/685-6740
[email protected]
Internatschulen bieten ein
gutes Umfeld für die Felduntersuchungen, weil alle einer vergleichbaren Phthalatbelastung ausgesetzt sind.
Bild: J. Roettgers, Graffiti
Vom Labor ins Internat
Mit der Blindwert-Problematik haben
auch die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Tübingen zu kämpfen,
wenn sie Urinproben analysieren.
Deshalb greifen sie kurzerhand auf
Phthalat->Metaboliten zurück. „Die
direkte Phthalat-Bestimmung in Humanmaterial ist problematisch, weil
die Phthalate von der allgemeinen
Umgebungsbelastung kontaminiert
werden könnten. Metabolite können
dagegen eindeutig dem menschlichen Organismus zugeordnet werden“, erläutert die verantwortliche
Tübinger Projektpartnerin Dr. Sibylle
Hildenbrand. Also werden diese
Phthalat-Umwandlungsprodukte zunächst aus dem Urin isoliert und
dann mittels >GaschromatographieMassenspektrometrie (GC-MS) quantifiziert. Die entsprechende Methodik
steht und wird derzeit in langen
Messreihen perfektioniert. Ein bis
zwei Tage dauert es von der Vorbereitung über die eigentliche Messung
36
Bild: Institut für Arbeits- und Sozialmedizin
PROJEKTDATEN
von Lebensmitteln („Twist-off-Gläser“) verwendet werden. „Fetthaltige
Lebensmittel können Weichmacher
besonders gut aufnehmen,“ warnt er.
„Spitzenwerte haben wir bisher bei
einem vegetarischen Brotaufstrich
und einer Tomatenpaste gemessen.“
Die Ergebnisse dieses Projekts werden spätestens dann in das Biomonitoring-Projekt einfließen, wenn
es bei der Vor-Ort-Studie um die
Phthalatbelastung der dort vorhandenen Bedarfsgegenstände geht.
Arbeitsteilung im Verbundprojekt: (von links) Dr. Gerhard Volland, Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart, Dr. Sibylle Hildenbrand vom Tübinger Institut für Arbeits- und Sozialmedizin und Dr. Thomas Gabrio vom Landesgesundheitsamt.
bis zur Aufbereitung der Datenflut. So
sind die Tübinger Wissenschaftler bereit für die Krönung des Verbundprojekts: die Vor-Ort-Studien an zwei Internaten.
Das gilt auch für die methodischen
Vorbereitungen, die Dr. Gerhard Volland an der Materialprüfungsanstalt der Uni Stuttgart durchführt.
Zusammen mit dem Landesgesundheitsamt wurde eine Methode
zur „wasserdichten“ Erfassung der
Innenraumbelastung von Klassenzimmern, Sanitär-, Wohn- und
Schlafräumen entwickelt. Modellversuche geben Auskunft darüber,
wie Phthalate im Hausstaub über
die Haut oder den Mund in den
menschlichen Organismus gelangen können. „Anwendungsorientierte Grundlagenforschung“ nennt
Volland all diese methodischen Vorbereitungen.
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Erfolgreiche Generalprobe
In einer gemeinsamen Voruntersuchung wurde zunächst von 16 Personen die Konzentration der PhthalatMetaboliten im Morgenurin bestimmt. Sechs Probanden lassen sich
in allen vier Jahreszeiten jeweils eine
Woche lang „messen“. Ein Fragebogen wurde erarbeitet, mit dessen
Hilfe auf die individuelle Belastung
der Probanden geschlossen werden
kann. Diese Generalprobe verlief erfolgreich. Schließlich legte das Landesgesundheitsamt das Verbundprojekt der Ethikkommission der
Landesärztekammer vor.
„Die Zustimmung zur Durchführung
der Feldstudie liegt vor. Schwieriger
war es, Internatsleitungen, Schüler
und Eltern vom Sinn der PhthalatStudie zu überzeugen,“ berichtet Dr.
Thomas Gabrio vom Landesgesundheitsamt. Doch warum gerade ein
Internat? Dr. Gabrio gibt eine einleuchtende Erklärung: „Hier sind die
Menschen einer vergleichbaren Innenraumbelastung ausgesetzt. Dasselbe Lebensumfeld, dieselbe Nahrung – nur so können wir allgemein
verwertbare Ergebnisse erzielen.“
Nach einiger Überzeugungsarbeit
wurden zwei Internate gefunden. Im
Sommer 2006 kann die vergleichende Felduntersuchung losgehen. Dann
können die drei Verbundpartner und
die Kollegen des Parallelprojekts
endlich ihre akribischen Vorarbeiten vor Ort unter Beweis stellen.
Stefan Kriz
Glossar
Begriffsdefinitionen
Erklärung der in den Projektvorstellungen verwendeten Fachbegriffe
I Acrylamid:
Acrylamid ist das Amid der
Acrylsäure mit der Summenformel (C3H5NO). Die
Verbindung ist weiß, geruchslos und gut wasserlöslich. Acrylamid, das als
krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend eingestuft ist, wird ebenso bei
der Papier- wie bei der
Farbstoffherstellung verwendet. A. findet sich in
Fugendichtmittel wie im
Zigarettenrauch oder in
Kosmetika. Als 2002 bei
einem Anwendungsfehler
Arbeiter mit A. belastet
wurden, stellten schwedische Forscher beim Vergleich mit einer als unbelastet ausgewählten Kontrollgruppe fest, dass deren
Blut keineswegs frei von A.
war. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die nachgewiesene Belastung aus
Lebensmitteln stammte.
Insbesondere Lebkuchen,
Chips oder Kekse können
hohe Gehalte des Amids
(250 bis 300 Mikrogramm/
Kilogramm) enthalten. Es
ist erkennbar, dass der Gehalt an A. in Lebensmitteln
durch Veränderungen im
Produktionsprozess verringert werden kann – allerdings kann dies mit Geruchs- und Geschmacksveränderungen einhergehen.
Beim Backen wird A. vor
allem an der Gebäckoberfläche, bei hohen Temperaturen und trockenen Bedingungen erzeugt
I Agarose-Gelelektro-
phorese:
Molekularbiologische Methode zur Trennung von
DNA-Strängen nach ihrer
Größe. Die angereicherte
DNA wandert unter Einfluss eines elektrischen
Felds durch ein AgaroseGel. An diesem Filter bleiben die Moleküle nach Größe geordnet hängen und
können mit einem Farbstoff sichtbar gemacht werden.
phie zu erzielen. Dadurch
wird die Messung genauer.
tiv (Schutz vor freien Radikalen) und antikanzerogen
(senken das Krebsrisiko).
I Aromat:
Aromatische Kohlenstoffverbindung.
I Chaconin, Solanin:
Gehören zur Klasse der
Steroid-Alkaloide. Das sind
stickstoffhaltige Steroide,
die mit einem Zuckerrest
verbunden sind. Wirken
wie Detergentien, setzen
also die Oberflächenspannung des Wassers herab
und binden (emulgieren)
Fette.
I Asparagin:
Aminosäure, nicht essentiell. >Derivat der Asparaginsäure.
I Biomonitoring:
I Alkaloide:
Organische, stickstoffhaltige, natürlich vorkommende Verbindungen. Gehören
zu den sekundären Pflanzenstoffen und besitzen
meist toxische und pharmakologische Eigenschaften.
I Ambient-Monitoring:
Systematische, unter Beobachtungsaspekten erfolgende Erfassung von Stoffen in der Umgebung.
I Aminosäure:
Organische Moleküle mit
mindestens einer Carboxyl- und einer Aminogruppe (-COOH/NH2), von
denen einige unter anderem die Bausteine der Eiweiße darstellen. Es gibt
Aminosäuren, die der
Mensch mit der Nahrung
aufnehmen muss (essentielle AS) und solche, die im
Körper hergestellt werden
können.
I Analyte Protectants:
Bestimmte Substanzen,
zum Beispiel Zucker, die
gereinigten Probenextrakten und Kalibrierlösungen
zugegeben werden, um
einen gleichmäßigen
Schutz der Analyten während der Gaschromatogra-
Durch Biomonitoring kann
die vom Einzelnen aufgenommene Schadstoffdosis
spezifisch und sensitiv erfasst werden. Die heute
zur Verfügung stehenden
Analysemethoden ermöglichen es, viele Schadstoffe
noch in sehr geringen, umweltmedizinisch relevanten Konzentrationen zu
erfassen. Viele Metalle, organische Lösungsmittel,
persistente und nichtpersistente Pestizide, aromatische Amine und aromatische Nitroverbindungen,
polykondensierte aromatische Kohlenwasserstoffe
und andere Stoffe können
heute quantitativ gemessen werden. Nach wie vor
sind jedoch zum Beispiel
für viele Pflanzenschutzmittel noch geeignete Methoden für ein Dosismonitoring zu erarbeiten.
I Chromatographie:
Griech.: „Schreiben der Farben“; Verfahren zur Trennung chemisch nahe verwandter Stoffe bzw. chemischer Verbindungen;
Darstellung des Analyseergebnisses in Form eines
Chromatogramms (Farbbild).
I Chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen (CED):
Chronische oder chronisch
rezidivierende (wiederkehrende) Entzündung der
Dickdarmschleimhaut (Colitis ulcerosa) oder des gesamten Magen-Darm-Traktes mit Tendenz zur Diskontinuität und Befall aller
Wandschichten (Morbus
Crohn). Die Ursachen von
CED sind weitgehend unbekannt.
I Carotinoide:
Bekanntester Vertreter ist
das ß-Carotin, das in Möhren, Aprikosen und anderem gelb-orange-farbenem
Obst und Gemüse zu finden ist. Aber auch Xanthophylle aus grünblättrigem
Gemüse – bspw. Spinat –
gehören zu den Carotinoiden. Sie wirken antioxida-
I Derivat:
Chemische Verbindung,
die aus einer anderen entstanden bzw. abgeleitet
worden ist.
I Detergenzien:
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
(v. lat.: detergere = abwischen) Damit werden die
in Reinigungsmitteln ver-
37
Glossar
wendeten Stoffe bezeichnet, die die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzen und Fette binden.
Man versteht darunter sowohl natürlich vorkommende als auch synthetisch hergestellte Tenside,
Netzmittel und Emulgatoren. Detergentien können
unterschiedliche Formen
haben (Flüssigkeit, Pulver,
Paste, Riegel, Tafel, geformte Stücke, Figuren usw.).
die Pflanzen ein und wirken als kurative F. von innen heraus gegen Pilzbefall. Zahlreiche Wirkstoffe
wie das 1964 eingeführte
Thiabendazol erfüllen beide Funktionen. Anorganische Fungizide wurden
bereits im 19. Jahrhundert
im Obst- und Weinbau verwendet. Schwefel (gegen
Obstschorf und echten
Mehltau) oder Kupferverbindungen (gegen falschen Mehltau) sind heute
allerdings von untergeordneter Bedeutung. Außer
im Pflanzenbau werden
Fungizide als Bestandteile
von Holzschutzmitteln
und zur Konservierung von
Lebensmitteln (z. B. Propionsäure gegen Schimmel)
angewendet.
ren zum Nachweis bestimmter Moleküle in Körperflüssigkeiten.
I Endokrin wirksame
Stoffe:
Stoffe, die ohne direkte
toxische Wirkung das
Hormonsystem eines Organismus’ beeinflussen.
I Epithel:
Die Schleimhaut bedekkende Zellschicht.
I Event:
I DNA:
Desoxyribonukleinsäure
(von engl. desoxyribonucleic acid). Erbmaterial im
Zellkern pflanzlicher, tierischer und menschlicher
Organismen. Bezeichnung
für den chemischen Aufbau der Erbinformation.
Die Bausteine der DNA
sind so genannte Nukleotide, die sich aus jeweils einem Zucker, einer Phosphorsäure und einer Base
zusammensetzen. Diese
Bausteine verbinden sich
zu einem Riesenmolekül
(beim Menschen etwa
zwei Meter lang) aus zwei
Nukleotidsträngen, welches die Form einer Doppelhelix hat.
I DNA-Sequenz:
Bestimmte Abfolge von
Genen auf der DNA.
Eine bestimmte transformierte Pflanzenzelle, aus
der eine gentechnisch veränderte Pflanze hervorgeht.
Jedes erfolgreiche Transformationsereignis gilt als
„Event“ und wird mit einem
bestimmten Kürzel (z. B. Bt11,
MON863) bezeichnet. Jedes
Event kann später in verschiedene Sorten eingekreuzt werden.
I Funktionelle Lebens-
mittel:
(auch: Functional Food)
Lebensmittel mit ähnlichem
Wirkungsbereich wie Nahrungsergänzungsmittel, die
jedoch keine bestimmte
Form haben müssen.
I FAO:
Food and Agriculture Organization: Uno-Organisation mit der Aufgabe, die
Produktion und die Verteilung von landwirtschaftlichen Produkten sowie
Nahrungsmitteln zu verbessern, um so weltweit
die Ernährung sicherzustellen.
I Fusarium:
Von lat. fusus = Spindel
(nach der Form der Sporen);
in einigen Arten vorkommender, als Pflanzenschädling auftretender Schlauchpilz.
I Fungizid:
I Dünnschicht-Chromato-
graphie (DC):
Chromatographisches
Trennverfahren mit einer
planaren (stationären)
Phase und einer flüssigen
(mobilen) Phase.
I ELISA:
„Enzyme-Linked Immunosorbent Assay“, Verfahren der enzymgekoppelten Immunreaktion.
Sehr gut standardisiertes
und häufig angewandtes
immunologisches Verfah-
38
Pflanzenschutzmittel zur
Bekämpfung von Pilzen
(aus lat. „fungus“ = Pilz
und „cidere“ = töten), Fungizide werden überwiegend im Pflanzenschutz
angewandt. Sie können als
Spritzbrühen auf die Pflanzen aufgebracht oder als
Beizmittel zur Behandlung
von Saatgut angewandt
werden. Protektive F. verhindern als Belagsfungizide die Sporenkeimung auf
der Pflanzenoberfläche.
Systemische F. dringen in
I Gaschromatographie-
Massenspektrometrie
(GC-MS):
siehe Chromatographie
und Massenspektrometrie
I Gentechnisch veränderte
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Organismen bzw. Pflanzen
(GVO/GVP):
Jede Pflanzenlinie, die aus
einem Event hervorgeht,
gilt als GVO. Dessen Freisetzung oder kommerzielle
Nutzung müssen genehmigt werden. „Gentechnisch verändert“ ist ein Or-
ganismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist,
wie sie unter natürlichen
Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt
(Artikel 2 der europäischen
Freisetzungs-Richtlinie;
2001/18/EG).
I HACCP:
Hazard Analysis and Critical Control Points: In der
Lebensmittelindustrie verbreitetes Qualitätssicherungskonzept, das im Rahmen einer Gefahren- und
Risikoanalyse kritische
Lenkungspunkte ausmacht und überprüft.
I Hämolyse-Assay:
Schnelles und kostengünstiges Nachweisverfahren,
bei dem die Zerstörung der
roten Blutkörperchen (Hämolyse) und die damit verbundene Freisetzung von
Hämoglobin als Indikator
genutzt wird. Der Hämolyse-Assay misst das Vermögen eines Stoffes, Zellmembranen irreparabel zu
beschädigen.
I heterocyclische Verbin-
dungen:
ringförmige organische
Moleküle, die außer Kohlenstoff mindestens ein
„Heteroatom“ im Ring enthalten. Besondere Bedeutung haben heterocyklische
Verbindungen mit maximal
ungesättigten Fünf- und
Sechsringen, wie Pyrrol,
Thiophen, Pyridin und Pyrimidin. Sie werden häufig
als Heteroaromaten bezeichnet, da sie ähnliche
Eigenschaften wie Aromaten haben.
I HPLC:
HPLC ist die Abkürzung für
High Performance Liquid
Chromatography. Analyse-
Glossar
SERVICE
verfahren zur qualitativen
und quantitativen Bestimmung einzelner Verbindungen.
I In-vivo-Untersuchung:
Untersuchung, die im lebenden Organismus von
Mensch oder Tier durchgeführt wird.
I HPLC-Massenspektrometrie:
HPLC (Hochdruck-Flüssigkeits-Chromatographie).
Analyseverfahren der organischen Chemie zur qualitativen und quantitativen
Bestimmung einzelner Elemente und Verbindungen
bei nicht flüchtigen Substanzen (flüchtige Substanzen: siehe Gas-Chromatographie). Mittels Massenspektrometrie kann man
die in einem Gemisch vorhandenen Substanzen eindeutig identifizieren.
I Kalibrierung:
Eichung bzw. Einstellung
eines Messinstrumentes in
Übereinstimmung mit einer Norm.
I HSCCC:
Abkürzung für High-Speed
Counter-Current Chromatography (Hochgeschwindigkeits-GegenstromChromatographie). Verfahren zur Isolierung von Verbindungen.
I Human-Biomonitoring:
Systematische, unter Beobachtungsaspekten erfolgende, einmalige oder wiederholte Messung der Konzentrationen von Stoffen oder
deren Stoffwechselprodukten (Metaboliten) in human-biologischen Materialien.
I In-vitro-Untersuchung:
Untersuchung, die außerhalb des lebenden Körpers,
also „im (Reagenz-)Glas“
durchgeführt wird.
bereitung (Extraktion und
Aufreinigung der Extrakte).
I Nahrungsergänzungs-
I Matrices:
mittel:
Lebensmittel, das ein Konzentrat von Nährstoffen
oder sonstigen Stoffen – wie
Vitamine und Mineralstoffe
einschließlich Spurenelemente – mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung darstellt. Eine
pharmakologische, immunologische und metabolische Wirkung ist nicht erlaubt, da sie Arzneimitteln
vorbehalten ist. Wird in dosierter Form – als Kapseln,
Pastillen, Tabletten und ähnlichem – in den Verkehr gebracht.
Nicht-Analyte, also all das
was bei einer chemischen
Analyse nicht zugeordnet
wird bzw. keine Berücksichtigung findet.
I Matrix:
I Kleber:
Kleber (Synonym: Gluten)
sorgt in bestimmten Getreide-Arten, z. B. Weizen
oder Dinkel, für die Backfähigkeit des Mehles, indem
es die Gärgase bindet und
so für die Struktur und das
Aufgehen des Gebäcks
sorgt.
I HPLC-Methode:
HPLC ist die Abkürzung für
High-Performance Liquid
Chromatography (Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie). Analyseverfahren zur qualitativen
und quantitativen Bestimmung einzelner Elemente
und Verbindungen.
nisse einer vorher durchgeführten Chromatographie
absichern.
I Maillard-Reaktion:
Der Duft von frischgeröstetem Kaffee, die knusprige
Haut der Peking-Ente, die
goldene Farbe frittierter
Pommes – sind alles Ergebnisse einer chemischen Reaktion, bei der Aminosäuren unter Hitze mit Zucker,
wobei ein Wassermolekül
abgespalten wird, zunächst
zur sogenannten „Schiffschen Base“ reagieren und
dann zu einem „AmadoriProdukt“ umgelagert werden. Die dabei entstehenden hochreaktiven Verbindungen reagieren ihrerseits
mit zahlreichen anderen
Substanzen. Benannt wurde die komplexe mehrstufige Reaktion nach dem Chemiker Louis Camille Maillard.
I Massenspektrometrie
(MS):
Analysenverfahren zur Bestimmung von chemischen
Elementen, Molekülmassen
und Massenfragmenten.
Dient der Aufklärung der
Struktur und Zusammensetzung von Verbindungen und
Gemischen, kann die Ergeb-
Mitextrahierter Bestandteil
aus einer Probe, der in das
Extrakt der gesuchten Substanz gelangt.
I Mehltype:
Sie gibt den mittleren Mineralstoffgehalt in Milligramm
pro 100 Gramm Mehl als
Trockenmasse an. Das heißt
ein Mehl der Type 1050 enthält durchschnittlich 1050
Milligramm Mineralien pro
100 Gramm Mehl.
I Online-Massenspektro-
metrie:
Verfahren, bei dem die Zufuhr der Proben ins
Massenspektrometer automatisch erfolgt.
I Metabolit:
Zwischen- bzw. Umwandlungsprodukt als Ergebnis
eines Stoffwechselvorgangs. Dessen Vorhandensein ist für den normalen
Ablauf der Stoffwechselprozesse unentbehrlich
(z. B. Vitamin, Enzym, Hormon).
I Parameter:
Kennzeichnende Größe in
technischen Prozessen
oder Ähnlichem, mit deren
Hilfe Aussagen über Aufbau, Leistungsfähigkeit
eines Gerätes, Werkzeugs
o. Ä. gewonnen werden.
I Mykotoxine:
Giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen.
Sie stellen neben den Antibiotika die zweite große
von Mikroorganismen synthetisierte Wirkstoffgruppe
dar. Ebenso wie antibiotikabildende Mikroorganismen
sind mykotoxinbildende
Schimmelpilzarten weltweit verbreitet.
I Pestizide:
I Multimethode:
Analytische Verfahren zur
gleichzeitigen Bestimmung von Rückständen
einer Vielzahl von Pestiziden unter Verwendung
einer einzigen Probenauf-
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Zusammenfassende Bezeichnung für chemische
Substanzen, mit denen
solche tierischen und
pflanzlichen Organismen
bekämpft werden, die
Nutztiere, Nutzpflanzen,
Lebensmittel oder Materialien schädigen oder zerstören. Schädlingsbekämpfungsmittel werden in der
Regel nach den zu bekämpfenden Schadorganismen eingeteilt (Pflanzenschutzmittel). Der Einsatz erfolgt in fester Form
(Streu- oder Stäubemittel,
Granulate), in flüssiger
39
Glossar
Form (Sprüh-, Spritz-, Gießmittel), als Nebel oder
Rauch, als Dampf oder Gas
sowie in Form spezieller
Zubereitungen (z. B. als
Ködermittel).
I Petrischale:
Die nach dem deutschen
Bakteriologen R. J. Petri benannte flache Glasschale,
in der bakterielle Kulturen
angelegt werden.
I Planar-Chromatographie:
Eigentlich ein Überbegriff
der Dünnschicht-Chromatographie (DC); hier als
Ausdruck für die moderne
instrumentelle DC.
I Phthalat-Weichmacher:
Ester aus der Phthalsäure,
die als Weichmacher für
Kunststoffe eingesetzt werden. Zirka 90 Prozent der
Phthalat-Weichmacher werden als äußere Weichmacher ohne chemische Bindung im Trägermaterial verwendet. Sie fungieren als
Gleitmittel zwischen den
Molekülketten, sind mobil,
wandern an die Materialoberfläche und gasen aus.
I Polymerase-Ketten-
reaktion:
Von englisch Polymerase
Chain Reaction (PCR). Methode zur Amplifizierung
(Vervielfältigung) der DNA.
Zu einer DNA-Sequenz werden zwei synthetische Primer gegeben, die sich nach
dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an aufgetrennte DNAStränge anlagern. DNA-Polymerase-Enzyme verlängern
den DNA-Strang weiter.
Nach 30 bis 50 solcher Zyklen kann die angereicherte
DNA analysiert werden.
I Polyphenole:
Diese kommen in fast allen
Pflanzen vor. Oft sind es
Gerbsäuren, die den Le-
40
bensmitteln – bspw.
Schwarzer Tee, Trauben
oder Wein – den herben
Geschmack verleihen. Sie
kommen als Farbstoff auch
in Kirschen, Beerenfrüchten und Mispeln vor. Das
Wirkungsspektrum ist besonders groß: Polyphenole
wirken vorbeugend gegen
Herzinfarkt und schützen
vor Krebs, wirken antioxidativ, entzündungshemmend und stärken das Immunsystem.
I Primer:
Bei der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) legen Primer
den DNA-Abschnitt fest, der
vervielfältigt werden soll.
Dabei werden Primer-Paare
für die DNA-Stränge bestimmt und synthetisch hergestellt. Der zwischen dem
Primer-Paar liegende DNAAbschnitt wird dann vervielfältigt.
PCR. Die DNA-Amplifizierung (Vervielfältigung)
kann dabei „in Echtzeit“
auf einer Fluoreszenzkurve
verfolgt werden. Anhand
des Kurvenverlaufs können
DNA-Sequenzen identifiziert werden.
I Reduzierende Zucker:
Zucker mit einer freien Aldehydgruppe, zum Beispiel
Glucose, Lactose, Galactose, Maltose – aber nicht
Saccharose.
I Reverse Transkription (RT):
Molekularbiologische Reaktion zum Umschreiben
von RNA in DNA.
I Ribonukleinsäure (RNA):
Nach der engl. Bezeichnung ribonucleic acid mit
RNA abgekürzt, ist diese
Nukleinsäure eine Kette
aus vielen Nukleotiden. Sie
ist eine direkte, komplementär-einsträngige „Abschrift“ der DNA. Eine wesentliche Funktion der
RNA in der Zelle ist es, genetische Information mittels Translation in Proteine
zu übersetzen. Erbmaterial
von manchen Viren.
I Probiotika:
Definierte lebende Mikroorganismen, die in ausreichender Menge in aktiver
Form in den Darm gelangen und dadurch positive
gesundheitliche Wirkungen erzielen (Berliner Arbeitskreis Probiotika).
I RNA-Viren:
Viren, deren Erbmaterial
aus RNA besteht.
I Protein:
Vorwiegend aus Aminosäuren aufgebauter Eiweißkörper, z. B. Globulin.
I Sekundäre Pflanzenstoffe:
Verschiedenste chemische
Verbindungen wie Carotinoide und Polyphenole, die
ausschließlich in Pflanzen
vorkommen und sie vor
umweltbedingten Schäden
schützen. Mit der Nahrung
aufgenommen, können sie
im menschlichen Körper
eine Reihe von Stoffwechselprozessen – wie Cholesterinstoffwechsel und
Blutzuckerspiegel – positiv
beeinflussen.
I Solanin, Chaconin:
Gehören zur Klasse der Steroid-Alkaloide. Das sind
stickstoffhaltige Steroide,
die mit einem Zuckerrest
verbunden sind. Wirken wie
>Detergentien, setzen also
die Oberflächenspannung
des Wassers herab und binden (emulgieren) Fette.
I Spotter:
Mit einem Spotter überträgt man flüssige Proben
aller Art mit feinen Nadeln
auf Träger.
I Transgen:
I RT-PCR:
Reverse TranskriptionPolymerase-Kettenreaktion,
in diesem Sinne Gesamtverfahren für den Nachweis
von bestimmten Viren.
I QuEChERS:
Quick Easy Cheap Effective
Rugged and Safe (schnell,
leicht, billig, effektiv, robust, sicher); Multimethode, die das CVUA Stuttgart
als weltweit erstes Labor
etabliert hat und inzwischen international von
vielen Laboratorien eingesetzt wird.
oder Personen – bestimmte Eigenschaften der Prüfobjekte zu identifizien.
Eine auf bestimmte Kriterien ausgerichtete Reihenuntersuchung.
I Screening:
I Real-Time-PCR:
Weiterentwicklung der
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
Engl. Durchsiebung oder
Rasterung. Damit bezeichnet man ein systematisches Testverfahren, das
eingesetzt wird, um innerhalb eines definierten
Prüfbereichs – dieser besteht meist aus einer großen Anzahl von Proben
Eine transgene Pflanze ist
eine Pflanze, in die ein Gen
einer anderen Spezies eingeführt worden ist.
I Transformation:
Genetische Veränderung
einer Zelle durch Aufnahme oder Einschleusen
fremder DNA.
I Trester:
Bei der Kelterung von Trauben anfallendes Pressgut
bzw. bei der Herstellung
von Obst- u. Gemüsesäften
verbleibende Feststoffe.
Projektdaten
Projektübersicht
Alle im Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit geförderten Projekte
1. Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel
Institut für Hygiene und Toxikologie, Karlsruhe:
„MycoChip: Implementierung
eines DNA Microarrays zum simultanen Monitoring der Bildung verschiedener Mykotoxine in Lebensmitteln“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Dr. Rolf Geisen
Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel
Institut für Hygiene und Toxikologie
Haid-und-Neu-Straße 9
76131 Karlsruhe
Tel.: 0721/66 25-0
Fax: 0721/6625-453
[email protected]
www.bfel.de
2. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach:
„Viren in Lebensmitteln und
Wasser: Molekularbiologischer Nachweis von krankheitserregenden Noroviren
(GI), Hepatitis-A-Viren und
Rotaviren“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Dr. Matthias Contzen
CVUA Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
Tel.: 0711/3426-1248
[email protected]
www.cvuas.de
3. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach:
„Untersuchungen zur Einsatzmöglichkeit von „Analyte Protectants“ in der Rückstandsanalytik von Obst und
Gemüse. Ein Beitrag zur Steigerung der Verbrauchersicherheit durch schnelle Rückstandsbefunde“
Laufzeit: ab 1.3.2005
Leitung: Ellen Scherbaum
CVUA Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
Tel.: 0711/3426-12 34
Fax: 0711/588176
[email protected]
www.cvuas.de
4. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Freiburg:
„Molekularbiologische Verfahren zum Nachweis von
nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Ltg.: Hans-Ullrich Waiblinger
CVUA Freiburg
Bissierstraße 5
79114 Freiburg
Tel.: 0761/8855-0
Fax: 0761/8855-100
[email protected]
www.cvua-freiburg.de
5. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach:
„Bestimmung der Belastung
von Kindern durch endokrin
relevante Stoffe (insbesondere Phthalate) aus Bedarfsgegenständen“
Laufzeit: ab 1.4.2005
Leitung: Werner Altkofer
CVUA Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
Tel.: 0711/3426-1234
Fax: 0711/588176
[email protected]
www.cvuas.de
6. Institut für Mikrobielle Genetik, Universität Tübingen:
„Bewertung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von
Koagulase negativen Staphylokokken (KNS) mit Anwendung in der Lebensmittelherstellung“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Ltg.: Prof. Dr. Friedrich Götz
Universität Tübingen
Auf der Morgenstelle 28
72076 Tübingen
Tel. 0 7071/29-7 46 36
[email protected]
www.uni-tuebingen.de/mikrobiologie/
7. Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene,
Universität Tübingen:
„Untersuchung zur Sicherheit von probiotischen Bakterienstämmen“
von Koagulase negativen
Staphylokokken in Anwendung in der Lebensmittelherstellung“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Dr. Christian Hertel
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmitteltechnologie
Garbenstraße 28
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459-4255
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Dr. Julia-Stefanie Frick
Universität Tübingen
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Elfriede-Aulhorn-Str. 6
72076 Tübingen
Tel.: 07071/29-8 15 28
Fax: 07071/29-5440
[email protected]
www.medizin.unituebingen.de/mikrobiologie/
8. Institut für Lebensmittelchemie, Universität Hohenheim:
„Rückstandsanalytik von
Dithiocarbamat-Fungiziden
in pflanzlichen Lebensmitteln und Futtermitteln mittels LC/MS“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Prof. Dr. Wolfgang
Schwack
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmitteltechnologie
Garbenstraße 28
Ökozentrum Südl. Trakt 024
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459-3979
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
9. Institut für Lebensmittelchemie, Universität Hohenheim:
„DC-MS, neues Online-Verfahren zur Schnell-Bestimmung von Kontaminanten
und Zusatzstoffen in unterschiedlichen Matrices
(DC-MS)“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Dr. Gerda E. Morlock
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmitteltechnologie
Garbenstraße 28
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459 4092
Fax: 0711/459-4096
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
10. Institut für Lebensmitteltechnologie, Universität Hohenheim:
„Die Bewertung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit
11. Institut für Pharmazie und
Molekulare Biotechnologie,
Universität Heidelberg:
„Entwicklung verlässlicher
Nachweismethoden für toxische Steroid-Glycoalkaloide
in Kartoffeln, Tomaten und
daraus zubereiteten Produkten“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Prof. Dr. Michael Wink
Universität Heidelberg
Institut für Pharmazie und
Molekulare Biotechnologie
Im Neuenheimer Feld 364
69120 Heidelberg
Tel.: 06221/54 6035
[email protected]
www.ipmb.uni-hd.de
12. Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Stuttgart:
„Belastungssituation der
Allgemeinbevölkerung mit
Phthalat-Weichmachern und
Ermittlung relevanter Expositionspfade“
Laufzeit: ab 1.2.2005
Leitung: Dr. Thomas Gabrio
Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg
Wiederholdstraße 15
70174 Stuttgart
Tel.: 0711/1849-0
[email protected]
www.lga-bw.de/
13. Institut für Pflanzenbau und
Grünland, Universität Hohenheim:
„Einfluss produktionstechnischer Maßnahmen bei
Getreide zur Reduktion von
Acrylamidvorstufen im
Korngut“
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
41
Projektdaten
Laufzeit: 1.9.2003-31.8.2006
Leitung: Prof. Dr. Wilhelm
Claupein
Universität Hohenheim
Institut für Pflanzenbau und
Grünland
Fruwirthstraße 23
Institutsgebäude 119
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459-4114
Fax: 0711/459-4344
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
14. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach, und
Institut für Lebensmitteltechnologie, Universität Hohenheim:
„Ermittlung von Einflussfaktoren auf die Bildung von
Acrylamid in Getreide und
Getreideprodukten mit dem
Ziel der Gehaltsminimierung
– Studien an Modellsystemen und Lebensmitteln“
Laufzeit: 2.1.2004-31.10.2005
Leitung:
a) Dr. Birgit Gutsche
Dr. Pat Schreiter (seit 6/2005)
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart
(CVUA)
Schaflandstraße 3/2
Abt. 1 – Zentrale Messtechnik
70736 Fellbach
Tel.: 0711/3426-1029
Fax: 0711/588176
[email protected]
www.cvuas.de
b) Prof. Dr. Reinhold Carle
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmitteltechnologie
August-von-Hartmann-Straße
Ökologiegebäude 2. BA 138
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459-2314
Fax: 0711/459-4110
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
15. Bundesforschungsanstalt für
Ernährung Institut für Hygiene und Toxikologie, Karlsruhe:
„Vergleichende Untersuchungen zum Schnellnachweis von Listeria monocyto
genes in Lebensmitteln mittels molekularbiologischer
Methoden chromogener Medien“
Laufzeit: 1.7.2002-30.6.2004
Leitung: Biserka Becker
Haid-und-Neu-Str. 9
42
76131 Karlsruhe
Tel.: 0721/66 25-0
Fax: 0721/6625-111
[email protected]
www.bfel.de
16. Staatliche Milchwirtschaftliche Lehr- und Forschungsanstalt Wangen/Allgäu:
„Tier- und humanpathogene
incl. Toxin-bildende Stämme
von Staphylococcus aureus
in der Milchdrüse und daraus
hergestellten Rohmilchprodukten – Bedeutung für die
Tiergesundheit und Produktqualität“
Laufzeit: 1.7.2002-30.6.2005
Leitung: Dr. Jochen Buck
Dr.-Oskar-Farny-Institut
Wangen im Allgäu
Am Maierhof 7
Tel.: 07522/71-5011
Fax: 07522/71-5013
88239 Wangen im Allgäu
[email protected]
www.mlf-wangen.de
17. Institut für Lebensmitteltechnologie, Universität
Hohenheim:
„Die Bewertung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit
von Fermentationsorganismen unter Einschluss von
Probiotika“
Laufzeit: 15.9.2002-14.9.2005
Leitung: Dr. Christian Hertel
(davor Prof. Dr. Walter P.
Hammes)
Universität Hohenheim
Institut für Lebensmitteltechnologie
Garbenstraße 28
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459-4255
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
18. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA),
Freiburg:
„Nachweis von humanpathogenen Mikroorganismen in Lebensmitteln mittels moderner
molekularbiologischer Untersuchungsverfahren“
Laufzeit: 15.1.2003-14.1.2005
Leitung: Dr. Klaus Pietsch
CVUA Freiburg
Bissierstraße 5
79114 Freiburg
Tel.: 0761/8855-0
Fax: 0761/8855-100
[email protected]
www.cvua-freiburg.de
19. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach:
„Entwicklung und Etablierung von molekularbiologischen Detektionsmethoden
zum Nachweis von Norwalkund Norwalk-like Viren
(NLV)-RNA in Lebensmitteln
und Wasser sowie die infektionsepidemiologische Infektkettenverfolgung mittels
Gensequenzierung“
Laufzeit: 1.10.2002-30.9.2004
Leitung: Dr. Matthias Contzen
CVUA Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
Tel.: 0711/34 26-1248
Fax: 0711/3426-1268
[email protected]
www.cvua-stuttgart.de
20.Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach:
„Beseitigung analytischer
Defizite bei der Bestimmung
von Rückständen an Antibiotika, Neonicotinoiden und
makrocyclischen Insektiziden/Akariziden in Obst und
Gemüse“
Laufzeit: 1.10.2002-30.9.2005
Leitung: Ellen Scherbaum, Dr.
Michelangelo Anastassiades
CVUA Stuttgart
Schaflandstraße 3/2
Abteilung 3 Pestizidlabor
(3.1-3.4)
70736 Fellbach
Tel.:0711/34 26-1234
Fax: 0711/588176
[email protected]
www.cvua-stuttgart.de
21. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Stuttgart, Fellbach:
„Entwicklung und Einführung von Analysenverfahren
zur empfindlichen Bestimmung von Fusarientoxinen
in Lebensmitteln. Ein Beitrag
zur Beseitigung analytischer
Defizite in der amtlichen Lebensmittelüberwachung.“
Laufzeit: 1.8.2002-31.7.2005
Leitung: Dr. Uwe Lauber
CVUA Stuttgart
Abt. 3.5 Mykotoxine
Schaflandstraße 3/2
70736 Fellbach
Tel.: 0711/34 26-1234
Fax: 0711/588176
[email protected]
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
www.cvua-stuttgart.de
22. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Freiburg:
„Bestimmung von persistenten bromierten Umweltkontaminanten (polybromierte
Dioxine, Furane und Diphenylether) in Lebensmitteln
und Futtermitteln“
Laufzeit: 15.1.2003-14.1.2006
Leitung: Dr. Rainer Malisch u.
Dr. Karin Kypke
CVUA Freiburg
Bissierstraße 5
79114 Freiburg
Tel.: 0761/8855-0
Fax: 0761/8855-100
[email protected]
www.cvua-freiburg.de
23. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA)
Freiburg:
„Einsatz der StabilisotopenMassenspektrometrie
(IRMS=Isotope Ratio Mass
Spectrometry) zum Nachweis der verbotenen Anwendung körperidentischer
Hormone in Tiermast“
Laufzeit: 15.1.2003-14.1.2006
Leitung: Dr. Martin Metschies
CVUA Freiburg
Bissierstraße 5
79114 Freiburg
Tel.: 0761/8855-0
Fax: 0761/8855-100
[email protected]
www.cvua-freiburg.de
24.Institut für Lebensmitteltechnologie, Universität
Hohenheim:
„Entwicklung und Validierung von Methoden zur Bestimmung von Carotinoiden
und Polyphenolen in Nahrungsergänzungsmitteln und
funktionellen Lebensmitteln
mittels HPLC“
Laufzeit: 1.10.2002-30.9.2005
Leitung:
Prof. Dr. Reinhold Carle
Dr. Andreas Schieber
Institut für Lebensmitteltechnologie
Universität Hohenheim
August-von-Hartmann-Straße
Ökologiegebäude 2. BA 138
70599 Stuttgart
Tel.: 0711/459-2314
Fax: 0711/459-4110
[email protected]
www.uni-hohenheim.de
Publikationsverzeichnis
Schriftenreihe
der LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg
1
ERSTER WETTBEWERB BERUFLICHE SCHULEN – Dokumentation des
Wettbewerbs 2002 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern
2
NEUE WEGE DER FÖRDERUNG FREIWILLIGEN ENGAGEMENTS VON
JUGENDLICHEN – Eine Zwischenbilanz zu Modellen in Baden-Württemberg
3
ZWEITER WETTBEWERB BERUFLICHE SCHULEN – Dokumentation des
Wettbewerbs 2003 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern
4
JUGEND UND VERANTWORTUNGSVOLLE MEDIENNUTZUNG MEDIEN UND
PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG – Dokumentation des Fachtags, 4.12.2003
5
DRITTER WETTBEWERB BERUFLICHE SCHULEN – Dokumentation des
Wettbewerbs 2004 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern
6
HOCHSCHULZULASSUNG:AUSWAHLMODELLE FÜR DIE ZUKUNFT – Eine
Entscheidungshilfe für die Hochschulen (in Zusammenarbeit mit dem
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft)
7
FAUSTLOS IN KINDERGÄRTEN – Evaluation des Faustlos-Curriculums für
den Kindergarten
8
SELBSTVERTRAUEN STÄRKEN – AUSBILDUNGSREIFE VERBESSERN –
Dokumentation innovativer Projekte im Berufsvorbereitungsjahr 2001/2002
9
DIALOG WISSENSCHAFT UND ÖFFENTLICHKEIT – Ein Ideenwettbewerb zur
Vermittlung von Wissenschaft und Forschung an Kinder und Jugendliche
10
BERICHT ZUR WISSENSCHAFTLICHEN EVALUATION VON JUGEND UND
VERANTWORTUNGSVOLLE MEDIENNUTZUNG – Medien und Persönlichkeitsentwicklung
11
STRATEGISCHE FORSCHUNG IN BADEN-WÜRTTEMBERG – Bericht an die
Landesstiftung
12
„BERUF UND FAMILIE“ – WIE GESTALTEN WIR DAS UND? Ein Leitfaden für
Praktiker und Praktikerinnen aus Unternehmen und Kommunen
13
VIERTER WETTBEWERB BERUFLICHE SCHULEN – Dokumentation des
Wettbewerbs 2005 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern
14
JUGEND. WERTE. ZUKUNFT. – Wertvorstellungen, Zukunftsperspektiven und
soziales Engagement im Jugendalter
15
FORSCHUNGSPROGRAMM OPTISCHE TECHNOLOGIEN – Zwischenberichte
aus den Forschungsprojekten
16
MEDIENKOMPETENZ VERMITTELN – STRATEGIEN UND EVALUATION – Das Einsteigerprogramm start und klick! der Landesstiftung Baden-Württemberg
17
FORSCHUNGSPROGRAMM NAHRUNGSMITTELSICHERHEIT –
Berichte und Ergebnisse aus den Forschungsprojekten.
Alle Publikationen finden sich auch zum Download im Internet:
www.landesstiftung-bw.de
LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg 2006
43
Die gemeinnützige Landesstiftung
Baden-Württemberg ist die einzige
bedeutende Stiftung, die in außergewöhnlicher Themenbreite dauerhaft,
unparteiisch und ausschließlich in
die Zukunft Baden-Württembergs
investiert – und damit in die Zukunft
seiner Bürgerinnen und Bürger.
LANDESSTIFTUNG
Baden-Württemberg gGmbH
Im Kaisemer 1
70191 Stuttgart
Tel.: 0711/248476-0
Fax: 0711/248476-50
[email protected]
www.landesstiftung-bw.de
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