Verschränkte Photonenpaare Michael Schug Autor, Johannes Gutenberg Universität Mainz Dr. Herwig Ott Betreuer, Johannes Gutenberg Universität Mainz, QUANTUM (Dated: 18. Juli 2006) Die Untersuchung einer Korrelation zwischen physikalischen Systemen, die räumlich separiert sind, war und ist bis heute Gegenstand der Forschung in der Physik. Dabei stand in der Vergangenheit die Frage im Raum, inwiefern die Quantenmechanik eine solche Verschränkung von 2 getrennten physikalischen Systemen beschreiben kann. Nachdem die von Einstein vorgeschlagene lokal-realistische Theorie widerlegt wurde, konnte in verschiedenen Experimenten die nicht-lokal-realistische Eigenschaft der Quantenmechanik voll und ganz bestätigt werden. Es zeigt sich eindrucksvoll in den Experimenten, dass durch die Zustandsmessung einer beliebigen Eigenschaften eines Teilchens am System 1, hier der Polarisation von Photonen, der Zustand des Teilchens 2 am System 2 instantan festgelegt ist. Die Messung am Teilsystem ist somit als Messung am Gesamtsystem anzusehen. Heutzutage werden verschränkte Photonenpaare in nicht-linearen, doppelbrechenden Medien wie BBO-Kristallen erzeugt, die den Ausgangspunkt für interessante Anwendungen wie die Quantenteleportation darstellen. I. HISTORISCHES UND MOTIVATION dass die Messung an einem Teilsystem, die Eigenschaft eines weit entfernten Systems ändert, und diese dann nicht Im Jahre 1935 stellte sich Albert Einstein, zusammen mit dem Physiker Boris Podolsky, und dem Philosophen Nathan Rosen die Frage: "Kann die quantenmechanische Beschreibung der physikalischen Realität als vollstandig angesehen werden?" mehr unabhängig von der Messung ist. Einstein sah nun durch diese beiden Verletzungen, und dadurch dass der Zufall durch freie Wahl dessen, was man miÿt, eine erhebliche Rolle spielt, die Quantenmechanik als unvollständige Theorie an. In dieser Frage kommt in erster Linie der Zweifel Einsteins an der Gültigkeit der Quantenmechanik zum Ausdruck. Um diesen Zweifel zu manifestieren, hatte Einstein II. VERSCHRÄNKTE PHOTONENPAARE folgendes Gedankenexperiment vorgeschlagen: Nachdem 2 Elektronen kollidiert sind und anschlieÿend A. Überprüfung des Gedankenexperiments durch John Bell weit auseinander geogen sind, misst man an Elektron 1 den Impuls und kann damit über Impulserhaltung den Impuls des 2.Elektrons störungsfrei bestimmen. Ebenso Im Jahre 1964 wurde die Überprüfung dessen, ob die kann man den Ort des 1.Elektrons messen, und dadurch Quantenmechanik eine lokal-realistische Theorie ist, ent- den Ort des 2.Elektrons störungsfrei bestimmen. Nun scheident vom Physiker John Bell vorrangetrieben. Sein sind also Ort und Impuls von Elektron 2 störungsfrei Gedankenexperiment soll nun anhand von polarisierten bestimmt, aufgrund der Tatsache, dass beide an Elek- Photonen vorgestellt werden. Abbildung 1 zeigt den hy- tron 1 gemessen wurden. Unbeachtet dessen, dass dies pothetischen Versuchsaufbau. die Heisenbergsche Unschärferelation verletzten würde, Nachdem ein Kristall mit einem Laser gepumpt wird, bei der Ort und Impuls eines Teilchens nicht exakt be- erhält man hinter diesem ein polarisationsverschränk- stimmt werden können, wollte Einstein nicht verstehen, tes Photonenpaar, welches durch folgenden Zustand be- dass die Messung an einem Teilsystem, als Messung am schrieben wird: Gesamtsystem anzusehen ist. Er forderte Lokalität und Realismus, die auch in seiner allgemeinen Relativitätstheorie verankert waren, als wesentliche Bestandteile ei- j ner gültigen Theorie. Lokalität heiÿt, dass es keine kausa- >= p1 (jH >1 jV 2 >2 jV >1 jH >2 ) le Beziehung zwischen Ereignissen gibt, die räumlich von- In den beiden Strahlen hat man also eine Überlagerung einander getrennt sind. Realismus meint an dieser Stel- aus horizontaler |H> und vertikaler |V> Polarisation. le, dass die Messergebnisse eine Folge von Eigenschaften Diese gelangen zu einem Polarisator, der die Überlage- sind, die das System vor und unabhängig von der Mes- rung wieder in die jeweiligen Teile aufspaltet, beschrie- sung trägt. Ersteres würde in diesem Fall bedeuten, dass der Signalübertrag für Systeme die Lichtjahre voneinander entfernt sind, mit Überlichtgeschwindigkeit stattnden müÿte. Der zweite Punkt ist in sofern verletzt, als j >1 ,j? >1 , bzw. j >1 ,j? >1 . Dreht man nun die Polarisatoren um einen gemeinsamen Winkel so stellt man fest, dass der Zustand j > rotationsinvaben durch riant ist, was bedeutet, dass stets zueinander senkrechte 2 Führt man nun eine Messung durch, so erkennt man absolut perfekte Korrelation zwischen den beiden Systemen hinsichtlich der Polarisation. Wird also an einem Polari- j >1 gemessen, dann wird am Andej? >2 gemessen, usw. Dies ist insofern sator der Zusatnd ren der Zustand erstaunlich, da vorher eine unbestimmte Überlagerung aus horizontaler und vertikaler Polarisation vorlag. Dieses Phänomen kann man nun auf verschiedenen Wegen erklären, jedoch sollte stets die von Einstein geforderte Lokalität mitberücksichtigt werden. Dazu stellt man sich zunächst eine Korrelationsfunktion C (; ) = Mittelwert[A()B ()] Abbildung 1: Aufbau des Gedankenexperiments zwischen den beiden Polarisatoren auf, und führt viePolarisationen gemessen werden. Man erhält also folgen- le Messungen nacheinander durch. Dabei erhält man 4 den Zustand nach der Transformation in die neue Basis: verschiedene Kombinationspaare aus den möglichen Er- j >= p1 (j >1 j? >2 j? >1 j >2 ) 2 gebnissen einer Messung, deren Wahrscheinlichkeiten die Korrelationsfunktion bilden. C (; ) = P (j >1 j >2 ) + P (j? >1 j? >2 ) Hinsichtlich des Zustandes j > erhält man also: C (; ) = cos[2( )] P (j >1 j? >2 ) P (j? >1 j >2 ) dessen, mit welcher Wahrscheinlichkeit gemessen wird, ergibt sich eine neue Korrelationsfunktion: CHV (; ) = Die quantenmechanische Beschreibung der Korrelations- Z A(; )B (; )()d funktion ist also nur noch von den beiden Winkeln der Polarisatoren abhängig. Um nun die quantenmechanische mit der lokal- realistischen Beschreibung zu vergleichen, deniert man B. Einbeziehung der Lokaliät sich 4 beliebige Grössen X1 bis X4 , die alle 1 sind. Die- se lassen sich im Hinblick auf die Messung nun zu einer Um nun die Lokalität miteinzubinden, denierte sich Bell eine verborgene Variable , die die Eigenschaften der Teilchen bei ihrer Entstehung festlegen soll, was zur Folge hat, dass die Teilchen ihre Eigenschaft vor und un- Grösse S verbinden, sodass diese nur die Werte nehmen kann. S = X1 (X2 + X20 ) + X10 (X2 2 an- X20 ) = 2 abhängig von der Messung besitzen. Damit kann es keine von Einstein zitierte spukhafte Fernwirkung geben, die Ordnet man den Variablen nun die möglichen Messwert- die Information was an einem System gemessen wurde, paare, unter Berücksichtigung der verborgenen Variable zum anderen System überträgt. Unter Berücksichtigung zu, so erhält man folgende Beziehung für die Grösse S: S = A(; )B (; ) + A(; )B (0 ; ) + A(0 ; )B (; ) Integriert man nun über , so erhält man R 4 Korrelations()d = 1 gilt, funktionen, die aufgrund dessen, dass A(0 ; )B (0 ; ) innerhalb des Intervalls von 2 liegen, und die Bell'sche 3 Ungleichung bilden: 2 6 CHV (; ) + CHV (0 ; ) + CHV (; 0 ) Nimmt man sich nun 4 verschiedene Winkel , 4 = , 8 0 = , 8 = 0, = )] 0 und setzt diese in die quantenme- chanische Korrelationsfunktion ein, so erhält man als Ergebnis: C (; ) = cos[2( S = C (; ) + C (0 ; ) + C (; 0 ) C (0 ; 0 ) = 2 p 2 Dieses Ergebnis steht also im Widerspruch zur lokalrealistischen Beschreibung des Experiments. Es zeigt sich also eine Verletzung der Bell'schen Ungleichnung durch CHV (0 ; 0 ) 6 +2 der Quelle emittiert wurden. Aus diesen Koinzidenzraten ergab sich bei Betrachtung der Wahrscheinlichen die Korrelationsfunktion: C (; ) = P++ (; )+ P (; ) P+ (; ) P + (; ) Dadurch konnte nun für 4 verschiedene Ausrichtungen der Polarisatoren die verbindende Grösse S berechnet werden: C (; 0 ) + C (0 ; ) + C (0 ; 0 ) S = C (; ) die quantenmechanische Beschreibung. Da es sich hierbei um eine theoretische Beschreibung eines Gedankenexpe- S = 2; 6970; 015. Zur riments handelte, muss nun die experimentelle Überprü- Das Experiment lieferte den Wert fung zeigen, welche der Theorien das Gedankenexperi- bestmöglichen Verizierung wurde zusätzlich eine theo- ment korrekt beschreibt. retische Betrachtung des Experiments vorgenommen, bei der sich die Korrelationsfunktion aus den Transmissions- C. Experimentelle Überprüfung Nachdem nun die Theorie in den 60er Jahren aufgestellt wurde, präsentierte Alain Aspect et al. 1982 ein Experiment, welches die Bell'schen Ungleichungen bis dahin maximal verletzte, und die gröÿte Genauigkeit bei der Messung von Koinzidenzraten aufwiess. Dabei wurde folgender Versuchsaufbau verwendet: koezienten der Polarisatoren ergab. (T1k T1? )(T2k T2? ) cos 2(; ) (T1k + T1? )(T2k + T2? ) Hier ergab sich der Wert für S = 2; 700; 05. Wie nun in C (; ) = F beiden Werten für S deutlich zu erkennen war, lagen diese ausserhalb des nach der Bell'schen Ungleichung geforderten Intervalls 2, wodurch das Experiment die quan- tenmechaniche Vorhersage belegte. Damit war der Be- weis geführt, dass die Quantenmechanik eine nicht-lokalrealistische Theorie ist. III. HEUTIGE ERZEUGUNG VERSCHRÄNKTER PHOTONENPAARE Die geläugste Methode zur Erzeugung verschränkter Photonenpaare ist die spontane, parametrische Floureszens, oder auch spontaneous parametric down conversion (SPDC) genannt, bei der ein nicht-linearer, doppelbrechender Kristall durch ein Laser gepumpt wird, dessen Wellenlänge meist im UV-Bereich liegt. Abbildung 2: Experiment Aspect Anschlieÿend werden über ein kontinuierliches Spektrum Photonen emittiert. Das dabei verwendete Material ist In einer Calcium-40 Quelle wurden mittels 2 Photo- meist BBO ( -Bariumborat) oder KDP. Die Nichtlinea- nenabsorption im Kristall ein polarisationsverschränktes rität des Materials drückt sich in der Entwicklung der Photonenpaar erzeugt, welche wiederum durch Polarisa- Polarisation des Materials bis zur zweiten Ordnung in toren in 2 Polarisationsrichtungen getrennt wurden. Aus der Suszeptibiliät aus, wie in der folgenden Formel zu den Einzelzählraten die mittels Photomultiplier gemes- sehen: sen wurden, konnte man die zugehörigen Photonenpaare durch Messung von Koinzidenzraten bestimmen, d.h. es wurden die Photonenpaare gesucht, die gleichzeitig von (2) Pi = (1) ij Ej + ijk Ej Ek + ::: 4 II.jpg Dabei wird die Umwandlung der Photonen durch den Hamiltonoperator beschrieben: ^W W H (2) a^P a^yS a^yi + H:c: Die wichtigsten Bedingungen, bei der Umwandlung der Pumpphotonen in Signal und Idler Photonen sind die Energie- und Impulserhaltung (auch Phasenanpassung genannt): ~!P ~kP = ~!S + ~!i = ~kS + ~ki Abbildung 4: SPDC Type II Aus dieser Phasenanpassung entstehen die signikanten Lichtkegel, die zunächst den SPDC Typ I ausmachen, wie in Abbildung 3 zu sehen. Die SPDC Typ I liefert I.jpg j+ >= p1 (jH >1 jV >2 +jV >1 jH >2 ) 2 1 j >= p (jH >1 jV >2 jV >1 jH >2 ) 2 1 j+ >= p (jH >1 jH >2 +jV >1 jV >2 ) 2 1 j >= p (jH >1 jH >2 jV >1 jV >2 ) 2 IV. WEITERE EXPERIMENTE UND ANWENDUNGEN Abbildung 3: SPDC Typ I Neben der Verschränkung von einzelnen Photonenpaanoch keine verschränkten Photonenpaare sondern 2 Photonen die gleiche Polarisation besitzen, die jedoch senkrecht zu der des Pumpstrahls ist. Man kann sich verschränkte Paare erzeugen, indem man 2 senkrecht zueinander stehende Kristalle hat, die mit dem gleichen Laser gepumpt werden, und man die Lichtkegel sich überschneiden läÿt. Damit gelangt man direkt zur SPDC Typ II, bei der nun Signal und Idler zueinander sekrechte Polarisation besitzen, aufgrund der Tatsache, dass diese Kristalle eine doppelbrechende Wirkung besitzen, sodass die beiden Lichtkegel sich überschneiden. Damit erhält man auf den Schnittpunkten ein verschränktes Photonenpaar, was in Abbildung 4 zu sehen ist. Mit diesem Paar lassen sich dann die Messungen durchführen, die zu den Ergebnissen aus dem genannten Gedankenexperiment führen. ren ist auch die Verschränkung von 3 Photonen möglich, die von Greene,Horne und Zeilinger realisiert wurden, und als GHZ-Zustände bekannt sind. Desweiteren besteht nicht nur die Möglichkeit, Photonen mittels Polarisation zu verschränken, sondern auch Atome, die in Ionenfallen gespeichert werden, und mittels ihres Spins über kurze Distanzen miteinander verschränkt sind. Neben diesen Experimenten nden heutzutage immer noch Experimente statt, die sogannte Schlupöcher in der Theorie überprüfen, d.h. es werden Ansätze veriziert, die die Quantenmechanik als inkorrrekt und die lokalrealistische Theorie bestätigen. Jedoch zeigen bis heute alle Experimente die quantenmechanische Beschreibung als korrekt. Eine Anwendung der Verschränkung ndet sich im sicherlich spektakulärsten Beispiel der Quantenteleportation, bei der die Verschränkung ausgenutzt wird, um die Information eines 3.Teilchens über das verschränkte Paar zu teleportieren. Eine weitere Anwendung steckt im Quan- Aus diesem Kristall Typ II lassen sich die 4 Bell- tencomputer, der mit sogenannten Quantenbits arbeitet, Zustände konstruieren, die alle möglichen Kombinationen die einen verschränkten Zustand beinhalten, und deshalb der Verschränkung darstellen: wesentlich schneller arbeitet. 5 V. Christopher Lett.,49, 2 (1982) LITERATUR Jerry, Peter Knight, Introductory Quantum Optics A.Aspect, P.Grangier, and G.Roger,Phys. Rev. Gregor Weihs, Diss., 1998, Universität Wien Jürgen Audretsch, Verschränkte Welt, Wiley-Vch