scinexx | Wie Hirnlawinen entstehen: Forscher untersuchen Gehirn

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scinexx | Wie Hirnlawinen entstehen: Forscher untersuchen Gehirn an der Grenze zum Chaos
Freitag, 14.12.2007
Wie Hirnlawinen entstehen
Forscher untersuchen Gehirn an der Grenze zum Chaos
Nicht nur in der Natur, auch im Nervensystem gibt es Lawinen:
Sendet eine Nervenzelle einen elektrischen Impuls, so kann dies,
muss aber nicht in einem nachgeschalteten Neuron ebenfalls
einen Impuls auslösen. Je nachdem, ob eine Impulsweitergabe
erfolgt und wie oft sich die Impulsweitergabe wiederholt, kommt
es zu Ketten neuronaler Entladungen mit einer jeweils sehr
unterschiedlichen Anzahl von Neuronen. Wissenschaftler haben
nun gezeigt, wie genau solche Lawinen im Gehirn entstehen.
Viele Systeme in der Natur steuern von
selbst auf einen kritischen Zustand zu,
den Forscher als höchst instabiles
Gleichgewicht charakterisieren: Rieselt
beispielsweise Sand langsam auf eine
Oberfläche, häuft er sich an, bis der
Böschungswinkel so steil ist, dass
Sandlawinen die Böschung
herunterstürzen. Dabei gibt es keine
typische Lawinengröße, in zufälliger
Selbstorganisierte Kritikalität
Reihenfolge entstehen in einem gewissen
© Anna Levina
Zeitraum viele kleine Lawinen, in anderen
Fällen wenige große. Auch der Aufbau von Spannungen in der
Plattentektonik der Erdkruste und die jeweilige Entladung durch Erdbeben
ist ein Beispiel für diese „selbstorganisierte Kritikalität", wie das
Phänomen im Fachjargon heißt.
Kritischer Zustand im System
Dass die Signalweitergabe im Nervensystem ebenfalls diesem Prinzip
folgt, haben Göttinger Wissenschaftler um Michael Herrmann bereits
2002 auf der Basis von theoretischen Berechnungen vermutet, in den
darauf folgenden Jahren wurde dies auch experimentell beobachtet.
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„Auf diese Weise kann das Nervensystem das volle Spektrum seiner
Reaktionsmöglichkeiten ausschöpfen - mal reagiert es stärker, in anderen
Fällen weniger stark", erklärt Herrmann. In einer neuen Studie ist es
Herrmann jetzt gemeinsam mit seinen Kollegen Anna Levina und Theo
Geisel, Wissenschaftler am Bernstein Zentrum für Computational
Neuroscience, dem Max Planck Institut für Dynamik und
Selbstorganisation und der Universität Göttingen gelungen, die
neuronalen Mechanismen zu identifizieren, die diesem Phänomen zu
Grunde liegen.
Bisher gelang es in Computersimulationen nur in Ausnahmefällen, ein
neuronales Netzwerk in einen kritischen Zustand zu bringen. In ihrer
aktuellen Untersuchung konnten die Wissenschaftler selbstorganisierte
Kritikalität eines Netzwerks im Computer realitätsnah modellieren und
erklären, indem sie berücksichtigten, dass sich die Verbindungsstärke
zwischen Neuronen durch die wiederholte neuronale Aktivität abschwächt.
Synaptische Depression
Neurone leiten Informationen in Form von elektrischen Signalen weiter.
Dort, wo zwei Neurone aufeinander treffen, an der Synapse, ist aber die
Leitung unterbrochen und das Signal wird durch Botenstoffe von einer
Zelle zur nächsten übertragen. „Der Vorrat an Botenstoffen wird durch
die Aktivität der Synapse reduziert, so dass die Stärke der
Signalübertragung abnimmt. Erst dadurch, dass der Speicher wieder
aufgefüllt wird, nimmt die Effizienz der Synapse wieder zu", erklärt
Levina. Lange Zeit hat man in dieser Erschöpfung des Vorratsspeichers
nichts weiter als eine biologisch bedingte Unzulänglichkeit gesehen.
Erst in den letzten Jahren wurde erkannt, dass dieser Mechanismus synaptische Depression genannt - für die Funktion des Gehirns durchaus
bedeutend ist. Die Wissenschaftler um Geisel haben nun erstmals
gezeigt, dass dieser synaptische Anpassungsmechanismus das neuronale
Netz in den Zustand selbstorganisierter Kritikalität an der Grenze zum
Chaos treibt.
(idw - Bernstein Centers for Computational Neuroscience,
26.11.2007 - DLO)
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