Pressemitteilung - LKH

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Mag. Simone Pfandl-Pichler
LKH-Univ. Klinikum Graz
Auenbruggerplatz 19, 8036 Graz
[email protected]
Tel. Nr.: + 43 (316) 385-87791
Presseinformation
zur sofortigen Veröffentlichung
Graz, 13.10.2016
Tatsache oder Ammenmärchen:
Ernährungstheorien im Faktencheck
Macht Essen am Abend tatsächlich dick? Ist Kokosöl unter den Fetten wirklich das
Maß aller Dinge? Und: Lindert Tabasco ernsthaft Schmerzen? Expertin Jane
Bergthaler vom ernährungsmedizinischen Dienst des LKH-Univ. Klinikum Graz hat
diese und weitere Thesen unter die Lupe genommen.
„Tabasco: das alternative Schmerzmittel“. Der Hauptbestandteil Tabascos ist
bekanntlich Chili und das wiederum beinhaltet Capsaicin. Dabei handelt es sich um
ein Alkaloid, das in vielen Schmerzmitteln verwendet wird. Es kommt als Inhaltsstoff
bei Medikamenten zur Linderung von Gelenks-, Muskel- und Nervenschmerzen zum
Einsatz. Bei hohen Dosen des Stoffes geht das Gehirn von einem starken Schmerz
aus, den es zu bekämpfen gilt: Endorphine werden ausgeschüttet und der Kreislauf
angeregt. Auch ein gesteigertes Glücksgefühl wird oftmals verspürt, sodass der –
vollkommen harmlose! – Zustand gerne als „Pepper-High“ bezeichnet wird. Schärfe
per se ist übrigens keine Geschmacksrichtung – wie süß, sauer, salzig, bitter und
umami
–
sondern
eine
Schmerzreaktion
auf
die
Nervenreizung
in
der
Mundschleimhaut. Beim Kochen werden Chili und Co. verwendet, um dem Essen
mehr Würze zu geben. Tabasco und Chili zur Schmerzlinderung zu essen, klappt
aber leider nicht: Die Menge, die für eine schmerzstillende Wirkung gegessen
werden müsste, würde der Magen nicht vertragen. Gänzlich erforscht sind die
gesundheitlichen und damit verbunden therapeutischen Effekte von Capsaicin
allerdings noch nicht. Dennoch lässt sich wohl salopp sagen: Tabasco heizt den
Schmerzen ein.
„Detox: der trendige Hausputz für den Körper“. Mit einer Detox-Kur (engl.
„detoxication“ für „Entgiftung“) sagt man den viel zitierten Schlacken, die den Körper
belasten, den Kampf an. Ganz nebenbei purzeln die Kilos und Hunger kommt gar
nicht erst auf. Perfekt, oder? Eindeutig: Nein!! Schlacken gibt’s nur in der
metallverarbeitenden Industrie, in der Medizin kennt man Stoffwechselendprodukte,
die der Körper aber problemlos selbst ausscheiden kann. Ist der Säure-BasenHaushalt jedoch tatsächlich durch z. B. eine Erkrankung gestört, gehört er
medizinisch und nicht mittels Detox-Kur behandelt. Fazit: Ob als fertige Smoothies, in
Pulver- oder Pillenform – Detox entschlackt die Geldbörse, nicht den Körper.
„Kokosöl, das ultimative, gesunde Fett“. Gesund ja, ultimativ bedingt. Seine
positive Wirkung hat es der Laurinsäure zu verdanken: einer gesättigten,
mittelkettigen Fettsäure, der antivirale, antibakterielle, antimykotische (gegen Pilze
wirkende) Eigenschaften zugeschrieben werden. Studien zum Kokosöl haben zudem
ergeben, dass es den Fettstoff- sowie den Gehirnstoffwechsel, das Körpergewicht u.
v. m. positiv beeinflusst. Derlei Ergebnisse sind aber mit Vorsicht zu genießen, da oft
nicht klar dokumentiert ist, ob der Einsatz von Kokosöl nicht generell mit einer
Ernährungsumstellung einhergegangen ist. Daher: Kokosöl punktet sicher mit vielen
positiven Eigenschaften, sollte aber nicht ausschließlich verwendet werden. Andere
Öle – vom Olivenöl bis zum Kürbiskernöl – haben ein anderes Fettsäurespektrum
(langkettig, einfach bzw. mehrfach ungesättigt) und ergänzen daher die Inhaltsstoffe
des Kokosöls. Wichtig: Immer unraffiniertes Kokosöl bester Qualität kaufen.
„Wer Cola trinkt, bleibt klein“. Ja, ist möglich. Cola-Getränke bestehen vorrangig
aus Zucker, Koffein und Phosphorsäure, welche u. a. Kalzium bindet. Somit steht der
Mineralstoff den Knochen nicht mehr zur Verfügung, um wachsen zu können.
Fehlendes Kalzium kann sich auch negativ auf die Knochendichte auswirken, was
vor
allem
bei
Kindern
und
Jugendlichen
zu
Problemen
führt.
Aus
ernährungsmedizinischer Sicht sollte Cola dem Nachwuchs am besten gar nicht
angeboten werden. Kleine Anmerkung am Rande: Hinlänglich bekannt ist wohl, dass
sich der Kariesteufel so richtig über den hohen Zucker- und Phosphorsäuregehalt
des Getränks freut. Weniger bekannt ist, dass er besonders gerne zubeißt, wenn die
Zähne nach dem Genuss des braunen Trunks sofort geputzt werden. Denn dabei
bürstet man die schädlichen Stoffe intensiv in den Zahnschmelz hinein.
„Abends Essen macht dick“. Nein, stimmt nicht. Die Gesamtmenge an Kalorien,
die wir täglich zu uns nehmen, beeinflusst unser Gewicht, nicht der Zeitpunkt, an
dem wir sie zu uns nehmen. Um Heißhungerattacken zu vermeiden, die uns gerne zu
Schokolade und Co. greifen lassen, sollte man lange Essenspausen vermeiden.
„Schwammerl und Spinat nie aufwärmen“. Zu Ur-Großmutters Zeiten hatte dieser
Satz absolute Berechtigung. Kühlschränke waren Luxus, Speisen wurden zum
Kühlen oft auf die Kellertreppe gestellt und die Hygienebedingungen in den Küchen
ließen generell zu wünschen übrig: Für Lebensmittel wie z. B. Spinat äußerst
problematisch, da sich das darin enthaltene Nitrat bei Zimmertemperatur durch den
Einfluss von Bakterien in gesundheitsschädliches Nitrit verwandelt und dieses zum
krebserregenden Nitrosamin mutiert. Wird der Spinat nach dem Abkühlen jedoch
direkt in den Kühlschrank gegeben, wirkt man dem Prozess entgegen und kann ihn
noch einmal aufwärmen – selbiges gilt auch für Pilze. Aber Achtung: Babys und
Kinder reagieren sehr empfindlich auf Nitrit. Es kann den Sauerstofftransport im Blut
beeinträchtigen.
Im
schlimmsten
Fall
droht
Erstickungsgefahr.
Popeyes
Lieblingsessen sollte man dem Nachwuchs daher immer nur frisch servieren.
„Eier sind Cholesterinturbos“. Stimmt bedingt. Sie helfen zwar mit ihrem
Cholesterinwert von rund 200 mg/Ei ordentlich dabei, den Tagesbedarf eines
Erwachsenen (ca. 300 mg) zu decken, reihen sich damit aber in die Riege von Steak
und Wiener Schnitzel ein. Allerdings stecken auch jede Menge Vitamine und
Mineralstoffe unter der Eischale: u. a. Kalium, Phosphor, Magnesium, Folsäure oder
die Vitamine A und B. Daher: Bis zu drei Eier pro Woche können nicht nur guten
Gewissens genossen werden, sondern sind aufgrund ihres hohen Nährstoffgehalts
auch eine tolle Alternative zu Fleisch und Wurst.
„Vegane Ernährung ist das Maß aller Ernährungsformen“. Nein! Eine vegane
Ernährungsweise kann zwar per se aufgrund des hohen Pflanzenanteils durchaus
positiv bewertet werden, für jeden ist sie aber definitiv nicht geeignet. Schwangere,
Stillende, alte bzw. chronisch kranke Menschen, aber auch Kinder und Jugendliche
sollten darauf verzichten. Denn das Risiko, dass es zu Mangelerscheinungen
aufgrund der Einseitigkeit kommt, ist extrem hoch. In der Folge kann dies
Erkrankungen oder auch Entwicklungsstörungen bei Kindern nach sich ziehen.
Grundsätzlich gilt: Wer sich für eine vegane Ernährung entscheidet, sollte sich in
Ernährungsfragen bestens auskennen und wissen, wie fehlende Nährstoffe ergänzt
werden können.
Bildunterschrift: Diätologin Jane Bergthaler, BSc MSc
Bildnachweis: W. Stieber/LKH-Univ. Klinikum Graz
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