Axiomatische Beschreibung der Euklidischen Geometrie Honermann, Klee Wintersemester 2016/2017 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 1.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Grundaussagen Euklids für alle Wissenschaften 1.3 Der Punktbegri 1.4 Die geometrische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.5 Schreibweise der Zwischenrelation . . . . . . . . . . . . . . . . 6 . . . . . . . . 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2 Die Anordnungsaxiome 8 2.1 Axiom A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2 Axiom A2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.3 Axiom A3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.4 Axiom A4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.5 Axiom A5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.6 Axiom A6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.7 Denition: Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.8 Denition: Gerade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.9 Bemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Die unabhängige Zwischenrelation 2.10 Denition: Parallelität 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.11 Axiom A7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.12 Axiom A8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.13 Bemerkung und Denitionen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.13.1 Denition: Halbgerade . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.13.2 Denition: Halbebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.13.3 Denition: Dreieck 3 Kongruenzaxiome 18 3.1 Denition: Distanzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.2 Axiom M1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.3 Axiom M2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.4 Axiom M3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.5 Axiom M4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.6 Denitionen: Isometrie und Kongruenz . . . . . . . . . . . . . 22 3.7 Bemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.8 Axiom M5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.9 Axiom M6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.10 Satz: Zwischenrelation des Mittelpunkts . . . . . . . . . . . . 24 3.11 Denitionen: Winkel und -kongruenz . . . . . . . . . . . . . . 25 3.12 Kongruenzsatz: SWS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.13 Denition: Nebenwinkel und rechter Winkel . . . . . . . . . . 27 3.14 Denition: Lot 28 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.15 Denition: Gegenwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 28 3.16 Satz: Gegenwinkelkongruenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.17 Satz: Parallelenexistenz 30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1 Einleitung 1.1 Hintergrund Bereits sehr früh in ihrer Entwicklungsgeschichte haben sich die Menschen mit Geometrie beschäftigt. Bereits in alten ägyptischen Aufzeichnungen werden Fragen zu Dreiecken und Kreisen behandelt. Die ersten Versuche bekannte, intuitiv gefundene Zusammenhänge zu beweisen, machte der griechische Philosoph Thales von Milet (etwa 624 - 547 v. Chr.). Er bewies meh- rere geometrische Sätze, wobei es vielmehr wichtig ist zu beachten, dass er erstmals eine Methode des Beweisens entwickelte. Beim beweisen mathematischer Sätze nutzt man vorher bewiesene oder getroene Aussagen aus denen man Neues ableitet. Auf diese Aussagen lassen sich die Sätze dann auch zurückführen. Die Beweisnotwendigkeit der Sätze besteht in der Selbstverständlichkeit, die für jede Person unterschiedlich ist und hinterfragt werden kann. Somit sind aber bestimmte Aussagen nötig, die zu Beginn bestehen und auf denen die Beweise fuÿen. Diese nennt man auch Grundaussagen (Axiome) . Sie werden als gegeben angesehen und aus ihnen sind die anderen geometrischen Eigenschaften und Sätze ableitbar. Viele Jahre später schrieb der griechische Mathematiker Alexandria (ca. 365 - 300 v. Chr.) sein berühmtes Werk Euklid von Elemente , welches das Wissen der damaligen griechischen Mathematik zusammenfasst. Man sagt, die Elemente seien neben der Bibel das am zweithäugsten gedruckte Buch mit mehr als 1000 Auagen. Sie bestehen aus 13 Büchern, welche mitunter den ersten Versuch beinhalten, die Geometrie als theoretisches System darzustellen. Das Werk zeigt erstmals den Aufbau der gesamten Mathematik der Zeit, wobei die Aussagen aus einem begrenzten Vorrat von Denitionen, Postulaten und Axiomen hergeleitet und bewiesen werden. Die Grundlagen lassen sich so auch in diese drei Kategorien aufteilen, wobei Denitionen Axiome GrundPostulate Grundaussagen auf die spe- die Erklärungen der auftretenden Begrie, aussagen aller Wissenschaften und die zielle Geometrie sind. Ebenfalls wichtig zu beachten ist der signikante Unterschied zur analytischen Darstellung von geometrischen Elementen. Diese ist hauptsächlich bekannt, da sie in den Schulen den Groÿteil der Unterrichtszeit genutzt wird. Schülerinnen und Schüler lernen den axiomatischen Aufbau der Geometrie selten bis gar nicht kennen und lassen sich im Allgemeinen von dem Glauben leiten, die Geometrie sie der leichteste Bereich der Mathematik, da man sich hierzu alles genau vorstellen und aufmalen kann. Dabei fördert gerade die algebraische Herangehensweise an die Geometrie das Verständnis, was überhaupt z.B. eine Strecke oder Gerade ist und stellt grundlegende Fragen, wie z.B. ob es wirklich immer eine Parallele zu einer Geraden gibt oder was überhaupt gerade bedeutet. 3 In den folgenden Kapiteln geht es um diesen systematisierenden Aufbau der euklidischen Geometrie. Dabei treten die eigentlichen Axiome Euklids nur zu Beginn zusammengefasst auf und die Postulate, welche ja den Bezug zur Geometrie ziehen, werden hier als Axiome bezeichnet. Diese Vorstellung zeigt nur ein mögliches Axiomensystem für eine absolute geometrische Ebene, es existieren viele unterschiedliche, jedoch äquivalente Zugänge. Unterschiede nden sich beispielsweise darin, ob zuerst eine oder die Begrie Punkt Anordnungsaxiome Das und Gerade Zwischenrelation eingeführt werden. Danach folgen die . Parallelenaxiom ist kein Teil der absoluten Geometrie, es zeichnet euklidische Ebene unter den geometrischen Ebenen aus. Seine Modikation führt zur nichteuklidischen Elementargeometrie und ist somit nicht hier enthalten. 1.2 Grundaussagen Euklids für alle Wissenschaften Die hier aufgeführten Aussagen sind, wie oben erwähnt, die eigentlich als Axiome bezeichneten: 1. Dinge, die demselben Ding gleich sind, sind einander gleich. 2. Fügt man zu Gleichem Gleiches hinzu, so sind die Summen gleich. 3. Nimmt man von Gleichem Gleiches hinweg, so sind die Reste gleich. 4. Was zur Deckung miteinander gebracht werden kann, ist einander gleich. 5. Das Ganze ist gröÿer als sein Teil. 4 1.3 Der Punktbegri Geschichtliche gesehen gab es viele unterschiedliche Punktbegrie und Versuche diesen zu denieren. Um dies zu zeigen sind hier einige aufgeführt: Plato Aristoteles (ca. 380 v. Chr.): Ein Punkt ist der Anfang einer Linie. (ca. 340 v. Chr.): die eine Position besitzt. Euklid Heron (ca. 325 v. Chr.): Ein Punkt ist eine unteilbare Einheit, Was keine Teile hat, ist ein Punkt. Ein Punkt ist, was keine Teile hat oder eine Begrenzung ohne Dimension oder die Grenze einer Linie. (ca. 50 n. Chr.): Simplicus Punkte sind Anfänge von Gröÿen und das, woraus diese erwachsen. Weiterhin sind Punkte die einzigen Objekte, die über eine Position verfügen. (ca. 6. Jh. n. Chr.): Wenn man die letzte Bezeichnung genauer betrachtet, fällt schnell der vorher noch nicht erschienene Begri der Position auf. Dieser deutet schon auf eine analytische Beschreibung der Objekte, was unterstützt wird durch die zeitliche Entfernung zu den anderen Versuchen. Ebenso zeigt sich, dass keine exakte Denition möglich ist, eher nur eine Beschreibung. Das liegt daran, das man an dieser Stelle noch keine weiteren Oberbegrie oder Eigenschaften hat, um das Objekt zu beschreiben. Hier trit die Beschreibung aus dem Nichts denieren zu, die Eigenschaft wird also gefordert. Neben diesen Punktbeschreibungen wird eine Eine Länge ohne Breite ist eine Linie. Linie beschrieben mit: 1.4 Die geometrische Ebene Bevor wir beginnen uns mit dem ersten Axiomen auseinanderzusetzen, muss die Ebene auf der wir uns dabei benden beschrieben werden. Die geometrische Ebene • • einer Menge einer Menge aus P in Z, P, besteht aus: deren Elemente wir Z ⊂ P × P × P. Punkte nennen. Liegt das Tripel (A,B,C) von Punkten so werden wir davon sprechen, dass der Punkt B zwischen den Punkten A und C liegt. Letzteres Teil (Z ) wird auch als Zwischenrelation bezeichnet. 5 1.5 Schreibweise der Zwischenrelation Nach der Einführung der Zwischenrelation oben, folgt hier kurz die später genutzte mathematische Schreibweise: Ist das Tripel (A,B,C) mit A,B,C ∈P in Z enthalten, schreiben kann man auch schreiben: (A,B,C) In ∈Z Abb. 1 und 2 werden beispielhaft die Punkte A,B,C ∈ (P ) auf der Ebene und in Z dargestellt. [Abb.1] 6 [Abb.2] Es folgt nach dem ersten Anordnungsaxiom noch eine weitere Schreibweise. 7 2 Die Anordnungsaxiome Die erste Axiomgruppe, die sog. der Teilmenge (Z) (der Anordnungsaxiome Zwischenrelation xiert die Eigenschaft ). Es wird also der Begri zwi- schen erstmalig deniert als Beziehung zwischen drei Punkten. Die Axiome sind unabhängig voneinander, wobei nicht immer alle gelten. 2.1 Axiom A1 Es existieren drei verschiedene Punkte ordnung in der Zwischenrelation Z A0 , B0 , C0 ∈ P Dieses Axiom drückt aus, dass die Dimension von (Siehe auch welche in keiner An- liegen. P mindestens zwei beträgt. [Abb.1]) Wie vorher erwähnt setzen wir hier nun eine Bezeichnung zur weiteren Schreibweise der Zwischenrelation ein: Die unabhängige Zwischenrelation Es seien A,B,C ∈ P der Zwischenrelation Punkte so, dass sie in einer beliebigen Anordnung in Z stehen. Somit liegt einer der Punkte zwischen den anderen. Das nennt man die unabhängige Zwischenrelation . Diese kann man schreiben als: [A, B, C] ∈ Z Analog dazu gilt: [A, B, C] ∈ / Z, wobei hier keine Anordnung der Punkte A,B,C in der Zwischenrelation Z steht. 2.2 Axiom A2 Liegt einer der Punkte A,B,C zwischen den anderen, so sind die drei Punkte verschieden. ∀A, B, C ∈ P : [A, B, C] ∈ Z ⇒ A 6= B 6= C 6= A Wenn zwei Punkte nicht verschieden sind, sind sie gleich. 8 2.3 Axiom A3 Zu je zwei verschiedenen Punkten A und B, existiert ein Punkt C derart, dass B zwischen A und C liegt. ∀A, B ∈ P ∃C ∈ P : (A, B, C) ∈ Z Es existiert eine Zwischenrelation. Es existiert sogar mindestens ein Punkt. (Eigentlich ist es je nach Punktmenge sogar nicht unwahrscheinlich, dass unendlich viele Punkte existieren, die in Zwischenrelation stehen zu zwei anderen beliebigen Punkten.) [Abb.3] 2.4 Axiom A4 Liegt B zwischen A und C, so liegt B gleichfalls zwischen C und A. Dies ist vergleichbar mit einer Symmetrie der Relation ren Punkten im Tripel der Zwischenrelation. [Abb.4] 9 Z, hier mit den äuÿe- 2.5 Axiom A5 Sind A,B,C drei Punkte aus P, so liegt höchstens einer dieser Punkte zwi- schen den anderen. ∀A, B, C ∈ P : ¯ [A, B, C] ∈ /Z ∨ ¯ ¯ (A, C, B) ∈ Z (A, B, C) ∈ Z ∨ (B, A, C) ∈ Z ∨ Es existiert also höchstens eine Zwischenrelation zwischen drei Punkten (unter Beachtung der Symmetrie). Dieses Axiom gilt aber vor allem, weil erst drei Punkte benötigt werden, damit einer zwischen den anderen liegen kann. 2.6 Axiom A6 Liegt einer der Punkte A,B,C zwischen den beiden anderen und einer der Punkte A,B,D auch zwischen den beiden anderen (A,B,C,D∈ P ), so liegt einer der Punkte B,C,D gleichfalls zwischen den beiden anderen. ∀A, B, C, D ∈ P : [A, B, C] ∈ Z ∧ [A, B, D] ∈ Z ⇒ [B, C, D] ∈ Z Dabei gilt A2 (Symmetrie). [Abb.5] als Beispiel Ausgehend von diesen Axiomen wird deniert: 2.7 Denition: Strecke Seien A,B ∈P zwei verschiedene Punkte. Die Strecke AB und allen zwischen A und B liegenden Punkten. ∀A, B ∈ P : AB := {A, B} ∪ {C ∈ P|(A, C, B) ∈ Z} 10 besteht aus A,B In Bezug zu A3: Angenommen wir benden uns im R2 , dann existieren unendliche viele Punkte in AB, also zwischen A und B. [Abb.6] 2.8 Denition: Gerade Seien A,B ∈P zwei verschiedene Punkte. Die Gerade A,B und allen Punkten C ∈P G(A, B) besteht aus mit der Eigenschaft, dass unter den Punkten A,B,C einer zwischen den beiden anderen liegt. ∀A, B ∈ P : G(A, B) := {C ∈ P|[A, B, C] ∈ Z} ∪ {A, B} G(A, B) besteht also aus allen Punkten auf der Strecke AB, sowie den Punkten die auf den Verlängerungen der Strecke über A und B hinaus liegen. [Abb.7] Sowohl Strecke als auch Gerade sind Mengen von Punkten. Auÿerdem ist in der Denition der Gerade enthalten, dass Punkte in Zwischenrelation auch auf einer gemeinsamen Geraden liegen. 11 2.9 Bemerkung Aus A3 und A6 lässt sich folgern: • Durch je zwei verschiedene Punkte verläuft genau eine Gerade. • Zwei Geraden schneiden sich höchstens in einem Punkt, sonst sind sie identisch. 2.10 Denition: Parallelität Zwei Geraden G und G0 heiÿen Durchschnitt haben, also parallel , falls sie gleich sind oder einen leeren G ∩ G 0 = ∅. [Abb.8] 12 2.11 Axiom A7 ∈ P drei verschiedene, in keiner Zwischenrelation stehende Punk∈ P ein Punkt der Strecke AB, sowie T ein Punkt der Geraden G(A, C), welcher nicht in der Strecke AC liegt, so enthält die Gerade G(S, T ) Sind A,B,C te und sind S mindestens einen Punkt der Strecke BC. ∀A, B, C ∈ P, [A, B, C] ∈ / Z, S ∈ AB, T ∈ G(A, C) \ AC : ∃R ∈ G(S, T ) : R ∈ BC [Abb.9] [Abb.10] 13 2.12 Axiom A8 Sind A,B,C ∈P drei in keiner Zwischenrelation stehende, verschiedene Punk- 4(A, B, C) Ebene P . te, so ist die Vereinigung aller Geraden, welche eine Ecke des Dreiecks und einen Punkt der zugehörigen Gegenseite enthalten, gleich der ∀A, B, C ∈ P, [A, B, C] ∈ /Z: P= S G(A, S) ∪ S∈BC S G(B, T ) ∪ T ∈AC U ∈AB [Abb.11] Mit A1 (dim P ≤ 2) zeigt A8, dass dim 14 S P = 2. G(C, U ) 2.13 Bemerkung und Denitionen: Mit den Anordnungsaxiomen lassen sich die Begrie Halbgerade, Halbebene und Dreieck denieren. 2.13.1 Denition: Halbgerade Eine Gerade wird durch jeden ihrer Punkte in zwei Sei G eine Gerade in P, Halbgeraden dann existiert ein beliebiger Punkt P Gerade teilt und ein weiterer, fester Punkt B identizieren wird) so, dass für alle weiteren geteilt. ∈ G, der die ∈ G \ {B} (welcher eine Seite Punkte A ∈ G \ {P, B} genau eine der folgenden Zwischenrelationen gilt: (P, A, B) ∈ Z ¯ (P, B, A) ∈ Z ∨ ¯ (A, P, B) ∈ Z ∨ Das A in einer Zwischenrelation steht folgt aus der Geradendenition 2.8. Die Eindeutigkeit gilt nach A5. [Abb.12] Man kann sagen: B liegt auf der einen Seite der Gerade, somit auf einer der Halbgeraden. So kann man die Halbgeraden denieren als: P~B := {A ∈ G | (P, A, B) ∈ Z ∨ (P, B, A) ∈ Z} ∪ {B} P~B 0 := {A ∈ G | (A, P, B) ∈ Z}. Dabei liegt B in P~B . [Abb.12.1] Je nach Ansicht kann man mit kleiner Änderung P den Halbgeraden hinzufügen. 15 2.13.2 Denition: Halbebene Jede Gerade zerlegt die Ebene Für eine Gerade G P in zwei beliebigen, fest gewählten Punkt P Halbebenen dann mit χ0 (G, P ) Halbebenen . kann man die Seiten (wie bei den Halbgeraden) mit einem χ(G, P ) ∈ P identizieren. Bezeichnet werden die χ0 (G, P ), wobei P auf der Halbebene und liegen soll. Folgend können die Halbebenen deniert werden: χ(G, P ) := {A ∈ P | ∃R ∈ G : (A, R, P ) ∈ Z}, χ0 (G, P ) := P \ [χ(G, P ) ∪ G]. [Abb.13] Ob die Gerade selbst zu den Halbebenen gehört ist wieder Ansichtssache und kann schnell geändert werden. 16 2.13.3 Denition: Dreieck Sind A,B,C ∈P drei nicht auf einer Gerade liegende Punkte, so heiÿen die Strecken AB, BC, AC die Seiten des Dreiecks . Die im Dreieck liegenden Punkte sind diejenigen Punkte der geometrischen Ebene, welche auf einer Strecke von einem Eckpunkt A zu einem Punkt P ∈ BC der Gegenseite liegen. Somit wird erst einmal ausgesagt: ∀A, B, C ∈ P, [A, B, C] ∈ /Z: ∃4(A, B, C), wobei A,B,C vertauschbar Das Dreieck denieren wird dann als alle Punkte, die innerhalb der Strecken zwischen den Eckpunkten liegen: 4(A, B, C) := AB ∪ BC ∪ AC [Abb.14] 17 3 Kongruenzaxiome Die folgende Axiomgruppe, die sog. Messens und der Stetigkeit Kongruenzaxiome, sind die Axiome des . Dabei bedienen wir uns der Sprache der metrischen Topologie . Es gilt ab hier die Denition der Halbgerade mit dem vorher die Gerade teilenden Punkt enthalten. Die Axiome sind ebenfalls unabhängig voneinander, wobei nicht immer alle gelten. 3.1 Denition: Distanzfunktion Um die Ebene metrisch betrachten zu können benötigen wir zuerst die Distanzfunktion, die den Abstand zweier Punkte ausgibt: d : P × P −→ R1+ = [0, ∞) Die Zahl d (A,B) nennen wir den Abstand des Punktes A zum Punkt B . Die Funktion wird weiterhin durch 3 Forderungen deniert, die nun folgen. Der Abstand d (A,B) verschwindet genau dann, falls die Punkte A = B gleich sind. ∀A, B ∈ P : Weiterhin sei der Abstand der Dreiecksungleichung d (A, B) = 0 ⇔ A = B symmetrisch , d (A,B) = d (B,A) und genüge : ∀A, B, C ∈ P : d (A, B) ≤ d (A, C) + d (C, B) [Abb.15] Die längste Seite eines Dreiecks ist kürzer oder gleichlang als die Summe der anderen beiden Seiten. 18 3.2 Axiom M1 ∀A, B, C ∈ P : Der Punkt C liegt in Strecke AB genau dann, wenn: C ∈ AB ⇔ d (A,B) = d (A,C) + d (C,B) [Abb.16] Jeder Punkt auf der Strecke teilt diese in Teilstrecken, somit lässt sich jede Strecke in Teilstrecken zerlegen, die Summe der Teilstrecken ergibt dann wieder die Strecke. Es gilt auch: (A, C, B) ∈ Z ⇔ d (A,B) = d (A,C) + d (C,B). 3.3 Axiom M2 Das Paar (P ,d ) ist ein vollständiger metrischer Raum D.h., dass jede Cauchy-Folge in P . gegen einen bestimmten Punkt in P konver- giert. Somit gibt es keine Löcher im metrischen Raum. Das wird nach M6 auch noch klarer weitergeführt. 3.4 Axiom M3 G und G 0 zwei sich in einem Punkt P schneidende Geraden. Weiterhin 0 seien A, A1 ∈ G und B, B1 ∈ G jeweils zwei Punkte auf diesen Geraden 0 derart, dass P zwischen A, A1 auf G und B, B1 auf G liegt. Gilt d (P,A) = d (P,A1 ) und d (P,B) = d (P,B1 ), so folgt d (A,B) = d (A1 , B1 ). Seien G, G 0 ⊂ P Geraden, G ∩ G0 = P ∈ P , A, A1 ∈ G, B, B1 ∈ G 0 , (A, P, A1 ), (B, P, B1 ) ∈ Z : d (P,A) d (P, A1 ) ∧ d (P, B) = d (P, B1 ) ⇒ d (A, B) = d (A1 , B1 ) = 19 [Abb.17] P ist Mittelpunkt der Strecken AA1 und 20 BB1 . 3.5 Axiom M4 ∈ P drei verschiedene, nicht in Zwischenrelation stehende Punkte A1 , B1 ∈ P zwei weitere Punkte mit d (A,B) = d (A1 , B1 ), so existiert ein weiterer Punkt C1 ∈ P mit d (A,C) = d (A1 , C1 ) und d (B,C) = d (B1 , C1 ). Sind A,B,C und ∀A, B, C, A1 , B1 ∈ P, [A, B, C] ∈ / Z, d (A, B) = d (A1 , B1 ): ∃C1 ∈ P : d (A, C) = d (A1 , C1 ) ∧ d (B, C) = d (B1 , C1 ) [Abb.18] Mithilfe vor allem des letzten Axioms lässt sich nun eine bestimmte Art Abbildungen beschreiben, die Abstände zwischen mehreren Punkten erhält. 21 3.6 Denitionen: Isometrie und Kongruenz Eine Isometrie der geometrischen Ebene P f : P → P, ist eine bijektive Abbildung die den Abstand zwischen den Punkten enthält, d.h.: ∀A, B ∈ P : d (f (A),f (B)) f ∈ Iso(P), = d (A,B) der Menge aller Isometrien über Zwei Teilmengen von P heiÿen kongruent P , falls eine Isometrie existiert, die diese Mengen bijektiv aufeinander abbildet. M, M 0 ⊆ P kongruent ⇔ ∃f ∈ Iso(P) : f (M ) = M 0 3.7 Bemerkung Neben der Abstandserhaltung gilt für Isometrien auch die Erhaltung der Zwischenrelation Z. ∀A, B, C ∈ P, f ∈ Isom(P) : (A, B, C) ∈ Z ⇔ (f (A), f (B), f (C)) ∈ Z 3.8 Axiom M5 Sind A,B,C und A1 , B1 , C1 jeweils drei Punkte aus P und es gilt d(A,B) = d(A1 , B1 ), d(A,C) = d(A1 , C1 ) und d(B,C) = d(B1 , C1 ), so existiert ein Isometrie f ∈ Iso(P) mit f (A)=A1 , f (B)=B1 und f (C)=C1 . ∀A, B, C, A1 , B1 , C1 ∈ P, d (A, B) = d (A1 , B1 ), d (A, C) = d (A1 , C1 ), d (B, C) = d (B1 , C1 ) : ∃f ∈ Iso(P) : f (A) = A1 , f (B) = B1 , f (C) = C1 22 [Abb.19] Dieses Axiom ist äquivalent zum Kongruenzsatz SSS. Der Kongruenzsatz erhält also das Dreieck: f (4(A, B, C)) = 41 (A1 , B1 , C1 ). 3.9 Axiom M6 Für die Gerade A1 , A2 ∈ G G, so, dass ∈ G und t∈ R>0 d (P, A1 ) = d (P, A2 ) = t. Punkt P gibt es genau zwei Punkte Gerade G ⊂ P : ∀P ∈ G ∀t ∈ R>0 ∃!A1 , A2 ∈ G : d (P, Ai ) = t Den Punkt P nennt man so auch Mittelpunkt von A1 A2 [Abb.20] 23 (Strecke). 3.10 Satz: Zwischenrelation des Mittelpunkts Zu zwei Punkten A1 , A2 Zwischenrelation so, dass Beweis: G ⊂P (A1 , P, A2 ) ∈ Z . auf Gerade gilt für den Mittelpunkt P die Der Beweis kann sich alleine durch die Tatsache ergeben, dass P auf der Strecke zwischen A1 und A2 liegen sollte (P ist schlieÿlich Mittel- punkt dieser Strecke). A1 , A2 Da die zwei Punkte Geradendenition G liegen, muss nach der 2.8 eine der folgenden Zwischenrelationen gelten: (A1 , P, A2 ) ∈ Z Nach und der Punkt P auf ¯ (P, A1 , A2 ) ∈ Z ∨ ¯ (P, A2 , A1 ) ∈ Z ∨ M1 gilt dabei: (P, A1 , A2 ) ∈ Z ⇔ d (P, A2 ) = d (P, A1 ) + d (A1 , A2 ), bzw. (P, A2 , A1 ) ∈ Z ⇔ d (P, A1 ) = d (P, A2 ) + d (A2 , A1 ). (P, A1 , A2 ) ∈ Z und (P, A2 , A1 ) ∈ Z , da d (P, A1 ) = d (P, A2 ), aber zusätzlich 3.1 besagt, dass d (A1 , A2 ) 6= 0, wegen der Verschiedenheit von A1 und A2 . Hier folgt ein Widerspruch für nach M6 schon gilt Beweis (math. Schreibweise): P, A1 , A2 ∈ G , 2.8: ⇒ (A1 , P, A2 ) ∈ Z ¯ (P, A1 , A2 ) ∈ Z ∨ ¯ (P, A2 , A1 ) ∈ Z ∨ M1: (P, A1 , A2 ) ∈ Z ⇔ d (P, A2 ) = d (P, A1 ) + d (A1 , A2 ), bzw. (P, A2 , A1 ) ∈ Z ⇔ d (P, A1 ) = d (P, A2 ) + d (A2 , A1 ). M6: d (P, A1 ) = d (P, A2 ) 3.1: A1 6= A2 ⇔ d (A1 , A2 ) 6= 0 Hierauf folgend kann man sagen, dass in jedem vollständigen metrischen Raum ein Mittelpunkt zwischen zwei beliebigen Punkten existiert mit den Eigenschaften aus M6 und dem letztem Satz. 24 3.11 Denitionen: Winkel und -kongruenz Ein sog. Winkel ](h, k ) besteht aus einem Scheitelpunkt S aus ihm herauslaufenden Halbgeraden h und ∈ P, sowie zwei k. [h, k ⊂ P, h ∩ k = {S}] [Abb.21] Schreibweise: Wählt man beliebige Punkte A∈ h Halbgeraden, kann man Winkel auch umschreiben: ](h, k) = ](A, S, B) = ](B, S, A). 25 und B∈ k auf den Zwei Winkel existiert, welche ](h, k ) und ](h 0 , k 0 ) sind kongruent h in h 0 und k in k 0 überführt. , falls eine Isometrie [Abb.22] 3.12 Kongruenzsatz: SWS 4(A, B, C) und 41 (A1 , B1 , C1 ) zwei Dreiecke mit d (A, B) = d (A1 , B1 ), d (A, C) = d (A1 , C1 ) und ](B, A, C) = ](B1 , A1 , C1 ). Dann ist auch: d (B, C) = d (B1 , C1 ) und somit nach SSS 4(A, B, C) kongruent zu 41 (A1 , B1 , C1 ). Seien Beweis: 4(A, B, C) auf 41 (A1 , B1 , C1 ) ab, dass A auf A1 liegt A1 B1 . Da d (A, B) = d (A1 , B1 ), muss auch B auf B1 liegen. Mit ](B, A, C) = ](B1 , A1 , C1 ) liegt entweder AC auf A1 C1 oder AC ist A1 C1 an A1 B1 gespiegelt. Wir legen AC auf A1 C1 , sodass mit d (A, C) = d (A1 , C1 ) auch C auf C1 liegt. So ist auch d (B, C) = d (B1 , C1 ), also 4(A, B, C) kongruent zu 41 (A1 , B1 , C1 ). Man lege und AB auf 26 3.13 Denition: Nebenwinkel und rechter Winkel Es sei ](h, k ) ein Winkel. Wird die Halbgerade h durch h1 zu einer Geraden ](k , h1 ) auch einen Nebenwinkel zu ](h, k ). ergänzt, nennt man [Abb.23] Ein rechter Winkel ist derjenige Winkel, der kongruent zu seinem Neben- winkel ist. [Abb.24] 27 3.14 Denition: Lot Aus der Denition des rechten Winkels folgt: L= 6 G, die den Punkt P enthält und deren (von P ausgehenden Halbgeraden) l1 , l2 im rechten Winkel zu G stehen. Man nennt ein l auch Lot von G auf P. Es gilt, dass alle (kleinsten) Winkel zwischen G und L rechte Winkel sind. Zu jedem Punkt P ∈P auf einer Gerade G⊂P existiert eine Gerade [Abb.Lot] 3.15 Denition: Gegenwinkel Es sei ](h, k) ein Winkel. Werden beide Halbgeraden h,k durch zu Geraden ergänzt, nennt man ](h1 , k1 ) [Abb.25] 28 auch den Gegenwinkel h1 zu k1 ](h, k). und 3.16 Satz: Gegenwinkelkongruenz Es sei ](h, k) ein Winkel und ](h1 , k1 ) sein Gegenwinkel. Dann gilt Kon- gruenz zwischen den Winkeln. Beweis: h, h1 ; k, k1 bilden zusammen die Geraden H, K mit Schnittpunkt H ∩ K = {P }. Wir wählen Punkte A ∈ h ⊂ H, A1 ∈ h1 ⊂ H, B ∈ k ⊂ K, B1 ∈ k1 ⊂ K so, dass: d (P,A) = d (P,A1 ) und d (P,B) = d (P,B1 ). Die Halbgeraden Dann gilt nach d (A,B) = M3 : d (A1 , B1 ). Dabei sind die Winkel nach ihrer Denition jetzt auch schreibbar als: ](h, k) = ](A, P, B), ](h1 , k1 ) = ](A1 , P, B1 ). Nach M5 sind dann die Dreiecke 4(P, A, B) und 4(P, A1 , B1 ) und somit auch die Winkel ](A, P, B), ](A1 , P, B1 ). kongruent Beweis (math. Schreibweise): h ∪ h1 ∪ {P } = H, k ∪ k1 ∪ {P } = K, H ∩ K = {P }; A ∈ h ⊂ H, A1 ∈ h1 ⊂ H, B ∈ k ⊂ K, B1 ∈ k1 ⊂ K so, dass: d (P,A) = d (P,A1 ) und d (P,B) = d (P,B1 ). M3: d (A,B) = d (A1 , B1 ), M5: 4(P, A, B), 4(P, A1 , B1 ) kongruent. ⇒ ](A, P, B), ](A1 , P, B1 ) (Schreibweise: s. Winkeldef.). Wähle [Abb.26] 29 3.17 Satz: Parallelenexistenz Zu jeder Geraden G mindestens eine zu Beweis: Punkt B'∈ und jedem nicht auf ihr liegenden Punkt A G Wir denieren eine Lotgerade G ∈P existiert parallele Gerade durch den Punkt A. so, dass A∈ L = G(A, B 0 ) von G durch einen L. Lotdef.: ](B 0 , B, A) kongruent zu ](N, B, A), ∀N ∈ G , 2.9.2: G ∩ G(A, B 0 ) = {B 0 }, A3: ∃C ∈ G(A, B 0 )\{B 0 }: d (A, B 0 ) = d (A, C) ∧ (B 0 , A, C) ∈ Z , ⇒ ∃f ∈ Iso(P) : f (B 0 ) = A, f (A) = C . 0 0 Wir denieren: f (G) = G (G ∩ L = {A}). zz.: G ∩ G 0 = ∅. Annahme: G ∩ G 0 = {D} ⇒ D ∈ G ⇒ f (D) ∈ G 0 . M5: ⇒ 41 (A, B 0 , D) kongruent zu 42 (A, C, f (D)). M6: ∃E ∈ G 0 : d (A, E) = d (B 0 , D) ∧ (E, A, D) ∈ Z . Nach Lotdef. sind die Winkel zw. beim abbilden mit f auf G0 G, L rechte und diese bleiben erhalten. Mit ](B 0 , A, E) folgt: SWS: 42 (A, C, f (D)) kongruent ](C, A, f (D)) kongru- ent zu zu 43 (A, B 0 , E). (Die Seiten- gleichheit folgt aus Def. von E und AB' ist gleich.) ⇒ 41 (A, B 0 , D) kongruent zu 43 (A, B 0 , E). M1 und Gleichheit Dreiecksseiten: d (D, E) = d (D, A) + d (A, E) = d (D, B 0 ) + d (B 0 , E) B,D ∈ G :⇒ E ∈ G ⇒ G ∩ G 0 = {D, E} 2.9.2: G = G 0 ! A∈ /G 30 [Abb.27] 31