Michael Glaß Daniel Bohle FARB- UND ZEICHNUNGSVARIANTEN DER KORNNATTER Schlupf einer Kornnatter der Variante Ghost VORWORT Im letzten Jahrzehnt avancierte die Kornnatter – vor allem durch die Vielzahl ihrer Farb- und Zeichnungsvarianten – zu einem der gefragtesten Terrarienpfleglinge überhaupt. Die Zahl der verschiedenen Farbformen hat gerade in den letzten Jahren einen fast exponentiellen Anstieg erfahren, sodass es selbst für den Spezialisten immer schwerer wird, den Überblick zu behalten. Das vorliegende Buch basiert auf dem nicht mehr neu aufgelegten Titel „Kornnattern und ihre Farb- und Zeichnungsvarianten“ von Michael Glaß. Der allgemeine Teil zur Haltung und Zucht der Kornnatter wurde aus dem Titel als eigenständiges Buch „Haltungsgrundlagen der Kornnatter“ ausgekoppelt. Damit richtet sich das vorliegende Buch noch stärker an den ambitionierten Halter und professionellen Farbzüchter. Durch über 40 neu gewonnene und 16 im Vergleich zur Vorauflage erweiterte Seiten, konnte es vollständig überarbeitet und aktualisiert werden. Daniel Bohle, der bereits für die Vorauflage als Fotograf tätig war, hat sich in dieser Auflage darüber hinaus auch inhaltlich stark als Autor engagiert. So werden nun über 100 Zuchtformen beschrieben und es wurden aus Tausenden aufgenommenen und eingereichten Fotos die besten 300 zur Bebilderung ausgewählt. Dennoch würde eine vollständige Auflistung aller gezüchteten Varianten nicht nur den Rahmen dieses Buches sprengen, sondern wäre schon vor Erscheinen nicht mehr aktuell. Um derzeitige und zukünftige Farb- und Zeichnungsvarianten zu verstehen, diese richtig einzuordnen und eine entsprechend gezielte Zucht durchführen zu können, beinhaltet dieses Buch sowohl das nötige Basiswissen über Vererbungslehre und Zucht als auch alle wesentlichen Varianten, welche die Grundlage der Farbzucht bilden. Im Vorgängerbuch wurden ausschließlich in Deutschland gepflegte Kornnattern abgebildet. Um die weltweit verfügbaren Farb- und Zeichnungsvarianten der Kornnatter noch umfassender darzustellen, haben wir dieses Buch mit zahlreichen Aufnahmen befreundeter Fotografen erweitert und nahezu alle Bilder der ersten Auflage durch bisher unveröffentlichte Fotos ersetzt. Dem Grundsatz, nicht nur besonders schöne und seltene Exemplare darzustellen, sondern vor allem repräsentative Vertreter ihrer Varianten zu zeigen, sind wir dabei jedoch treu geblieben. So ergibt sich für den Leser ein realistisches Bild der erhältlichen Farbvarianten. Die eine oder andere Rarität rundet dieses Buch jedoch ab. Veitsbronn & Berlin, im Mai 2012 Michael Glaß & Daniel Bohle 3 INHALTSVERZEICHNIS GRUNDLAGEN 7 Einführung Grundlagen der Genetik Mendelsche Regeln MUTATIONSZUCHT 19 Amelanismus Hypomelanismus Hypomelanistic Sunkissed Lava Dilute Strawberry Ultra und Ultramel Anerythrismus Anerythristic Charcoal Caramel Lavender Cinder Hypoerythrismus Kastanie Buf und Toffee Leuzismus Palmetto Zeichnungsmutationen Motley und Striped Terrazzo Tessera Diffused (Bloodred) Kombinationen mit Farbmutationen Kombinationen mit Amelanistic Snow Blizzard Butter Opal Peppermint Mandarin 4 7 12 14 20 23 23 24 27 27 28 31 33 33 36 37 40 40 44 44 47 49 49 52 52 58 58 63 66 69 69 70 70 73 73 74 Kombinationen mit Hypomelanistic Ghost Phantom Amber Hypo Lavender Weitere Kombinationen Kombinationen mit Zeichnungsmutationen Kombinationen mit Bloodred Kombinationen mit Motley und Striped AUSWAHLZUCHT 100 Lokalvarianten Okeetee Miami Rosacea Farbzüchtungen Bloodred Pied-Sided Bloodred Amelanistische Varianten Coral, Pastel, Pink & Green Zeichnungszüchtungen ZigZag und Aztec Banded Varianten von Motley und Striped Linienzüchtungen HYBRIDZUCHT 101 101 104 104 109 109 110 114 117 117 117 120 121 123 Kornnatter-Hybriden Erdnatter-Hybriden Königsnatter-Hybriden Weitere Hybridzuchten 129 130 130 131 ZUCHTGEDANKEN 133 Zuchtphänomene Auf ein Wort 133 135 VERZEICHNISSE Adressen & Zeitschriften Glossar Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis Bildquellennachweis Danksagung Die Autoren 138 141 142 145 154 157 158 129 75 75 78 78 80 85 85 87 95 138 5 MUTATIONSZUCHT Bei dieser adulten Hypomelanistic sind die kaum mehr vorhandenen Sattelfleckumrandungen und die kräftig leuchtenden Farben gegenüber wildfarbenen Tieren deutlich erkennbar. Vor allem Hypomelanistic-Jungtiere sind im Vergleich zu ihren wildfarbenen Artgenossen schon nach dem Schlupf wesentlich heller und leuchtender gefärbt. 22 FARB- UND ZEICHNUNGSVARIANTEN DER KORNNATTER Hypomelanismus Hypomelanismus Hypomelanismus, also die ver­min­ der­te (hypo-) Bil­dung des schwarzen Farb­stoffes Me­la­nin, be­zeich­ net einen Kom­plex von ge­ne­ti­schen Korn­natter­va­ri­an­ten, welcher, der­ zeit wei­test­geh­end nach­ge­wiesen, aus sie­ben ver­schie­den­en Ge­nen be­steht, von denen zu­mindest vier un­ab­häng­ig von­ein­an­der wirken (Pritzel 2012). Neben den nachfolgend ausführlicher erläuterten Genen gibt es noch die weniger bedeutenden Varianten, wie Christmas und Dream Hypo, bei denen es sich – Zuchtergebnissen zufolge – nicht um eigenständige Gene handelt, sondern um Gene, die sich mit dem Hypomelanistic-Allel einen Genplatz (Locus) (Pritzel 2012) teilen. Es ist hierbei folglich extrem schwierig, mit gängigen Testverpaarungen herauszufinden, ob es sich wirklich um unterschiedliche Gene handelt. Leider nutzen einige Züchter die relativ verwirrende und bei weitem noch nicht abschließend geklärte Situation um die verschiedenen hypomelanistischen Varianten aus, um normale Hypomelanistic durch falsche Deklaration und abenteuerliche Namen aufzuwerten. Beim Kauf ist also hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer Farbvariante besondere Vorsicht geboten. PANTHEROPHIS GUTTATUS Hypomelanistic Mitte der 1980er Jahre wurde erstmals ein hypomelanistisches Gen bei der Kornnatter entdeckt und gezielt in die Zucht mit einbezogen. Dieses noch heute als Hypomelanistic, Hypomelanistic A oder kurz Hypo bezeichnete Gen hat durch seine das Schwarz reduzierende Wirkung nicht nur schmalere, häufig mehr dunkelgraue Sattelfleckumrandungen zur Folge, sondern bewirkt zudem eine Aufhellung aller Farben. Dies ruft bei vielen Varianten eine noch intensivere Farbwirkung hervor. Häufig wirken Hypos durch den fehlenden Melaninanteil in ihrer Gesamtheit sauberer als vergleichbare wildfarbene Tiere. Die Iris und die Pupille der Tiere bleiben weitestgehend unverändert und können in Einzelfällen als minimal heller gegenüber den Augen wildfarbener Tiere wahrgenommen werden. Für viele Farbzüchter stellt die Hypomelanistic eine Alternative zum Amelanistic-Allel dar, vor allem, wenn die roten Augen der amelanistischen Tiere als weniger ansprechend empfunden werden. Wie sich hypomelanistische und nicht hypomelanistische Tiere gut unterscheiden lassen, ist eine bei der Kornnatterfarbzucht immer wiederkehrende Frage, die sich anhand des Aussehens der Tiere meist nur schwer beantworten lässt. 23 MUTATIONSZUCHT Eindrucksvoll, wie kaum eine andere neu entdeckte Mutation der letzten Jahre, zeigt sich diese Palmetto; ein Leuzist mit einigen wenigen farbigen Schuppen. Einige Palmetto zeigen vermehrt auch graue Schuppen zwischen den vereinzelten roten. Man darf gespannt sein, welche Ausprägungen dieser Mutation in Zukunft noch gezüchtet werden. 50 FARB- UND ZEICHNUNGSVARIANTEN DER KORNNATTER Kombinationen mit Farbmutationen Diese Hypo Lavender ist durch ihre leuchtenden Farben in der Kombination mit Orange besonders auffällig. Sunkissed Lavender Hypomelanistic Cinder Hypomelanistic Kastanie Golddust PANTHEROPHIS GUTTATUS 81 AUSWAHLZUCHT Die von einigen Züchtern vorgeschlagene Unterscheidung von Diffused-Tieren, also Tieren, die das Diffused-Gen tragen und damit auf die Genetik reduziert werden können, und Bloodred-Tieren, die zusätzlich das Zuchtziel der Zeichnungslosigkeit verwirklichen (Pritzel 2006), konnte sich bisher noch nicht durchsetzen. Der Name Bloodred scheint in diesem Falle zu bekannt und werbewirksam zu sein, als dass sich diese durchaus sinnvolle Unterscheidung durchsetzen könnte. Wie bereits beschrieben hält sich das vorliegende Buch darum an die gängigen Bezeichnungen und verwendet nur den Begriff Bloodred. Pied-Sided Bloodred Für Aufsehen sorgten im Jahre 2005 von Don Soderberg veröffentlichte Bilder von Bloodred, die an den Seiten genetisch reproduzierbare, pigmentlose und demzufolge schneeweiße Flecke aufweisen, die bei Jungtieren noch transparent erscheinen. Bei extremen Vertretern dieser Variante sind sogar weite Bereiche der Seiten pigmentlos. Dieses Fehlen von Pigmenten bezeichnet man in der Farbzucht von Reptilien meist mit dem Begriff Piebald, der nichts anderes ist als ein Leuzismus, der 110 auf bestimmte Bereiche des Körpers beschränkt ist. Diese in einer Züchtergemeinschaft gezogenen Tiere sind seither unter der Bezeichnung Pied-Sided Bloodred bekannt und begehrt. Das besondere Aufsehen erregten die Tiere, da zu der Zeit bei der Kornnatter kein genetisch reproduzierbares leuzistisches Gen bekannt war. Die ehemals von Tim Rainwater gezüchteten Calico stellten sich als genetisch vererbbare Hautkrankheit heraus, durch die die Pigmentbildung in der Haut gestört wurde. Genau umgekehrt gibt es – meistens als Paradox oder früher auch als Ruby Freckled bezeichnet – beispielsweise Snow oder Amelanistic, welche über den Körper verteilt plötzlich eigentlich unterdrückte schwarze und rote Farbpigmente zeigen. Keines dieser Tiere konnte diese Eigenschaft bisher vererben. Eventuell sind auch äußere Einflüsse während der Inkubation für diese Varianten verantwortlich. Die Pied-Sided Bloodred sind in Bezug auf ihren Anteil an pigmentlosen Bereichen sehr variabel. Einige Tiere zeigen lediglich auf dem Bauch die reinweißen bzw. anfangs transparenten Bereiche, andere besitzen dagegen schon einen schmalen, reinweißen Rand an der Grenze von der Bauchseite zur Körperseite. FARB- UND ZEICHNUNGSVARIANTEN DER KORNNATTER Farbzüchtungen Solch eine Pied-Sided Bloodred mit extrem hohem Weißanteil kann zweifelsfrei als Rarität bezeichnet werden. Hypomelanistic Pied-Sided Bloodred Hypomelanistic Pied-Sided Bloodred Pied-Sided Granite Ghost Pied-Sided Bloodred PANTHEROPHIS GUTTATUS 111