April 2008 • Bd. 6 • Nr. 4 INFORMATIONSBLATT ZU AIDS-IMPFSTOFFEN ● WWW.IAVIREPORT.ORG Spotlight Den AIDS-Impfstoffetat ausgleichen Führende AIDS-Impfstoffforscher diskutieren Prioritäten bei der Finanzierung von AIDSImpfstoffen Vor dem Hintergrund des jüngsten Scheiterns eines Impfstoffkandidaten von Merck in einer als STEP bezeichneten Phase IIb-Studie zum Test des Konzepts sowie auf Druck von Wissenschaftlern überdenkt das US National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), einer der wichtigsten Geldgeber für die AIDSImpfstoffforschung und -entwicklung, seine Finanzzuteilungen. Der Etat des NIAID blieb in den letzten fünf Jahren unverändert. Ohne zusätzliche Gelder stellt sich die Frage, ob die vorhandenen Finanzmittel umgelagert werden sollten – von klinischer Forschung, zu der Tests von Impfstoffkandidaten in Studienreihen mit menschlichen Versuchsteilnehmern zur Feststellung der Sicherheit und Wirksamkeit gehören, zur Grundlagen- und Entdeckungsforschung, die normalerweise in Universitätslabors oder Instituten durchgeführt wird und das Design zukünftiger Impfstoffkandidaten bestimmt. „Ich denke die Antwort ist ein überwältigendes ja“, sagte Anthony Fauci, Direktor des NIAID, zum Abschluss eines eintägigen Gipfels zu HIV Vaccine Research and Development, der am 25. März in Bethesda im US-Bundesstaat Maryland stattfand. „Wir werden Korrekturen an den vorhandenen Ressourcen vornehmen.“ Fauci sagte, dass er wahrscheinlich damit beginnen werde 2009 10 Mio. US-Dollar in die Entdeckungsforschung zu verschieben, um neue Forschungsvorhaben zu finanzieren, die eine Stimulierung neuartiger Ansätze bei der AIDS-Impfstoffforschung zum Ziel haben. „Es gibt so viele Dinge auf dem Gebiet der HIV-Impfstoffe, über die wir nichts wissen“, sagte er. Die US-Regierung ist der größte Geldgeber der AIDS-Impfstoffforschung und das NIAID ist einer der wichtigsten Empfänger. Im vergangenen Jahr gab das NIAID 1,5 Mrd. US-Dollar für alle Bereiche der AIDSForschung aus. Davon wurden 497 Mio. USDollar für die AIDS-Impfstoffforschung und entwicklung aufgewendet, 47 % gingen in die Grundlagen- oder Entdeckungsforschung und 38 % in die klinische Entwicklung. Des Weiteren stellt das NIAID über die nächsten sieben Jahre zusätzliche 300 Mio. US-Dollar bereit – über einen separaten Finanzierungsmechanismus an das Center for HIV/AIDS Vaccine Immunology (CHAVI), ein aus AIDS-Impfstoffforschern bestehendes virtuelles Konsortium. In Reaktion auf die Forderung einer US-amerikanischen Gruppe, alle staatlichen Finanzierungen für die AIDS-Impfstoffforschung zu streichen, wiederholten Fauci und die über 200 auf dem Gipfel versammelten Forscher ihr unerschütterliches Engagement zur Suche nach einem AIDSImpfstoff. „Unter keinen Umständen werden wir die AIDS-Impfstoffforschung aufgeben“, sagte Fauci. „Ich werde weiterhin wie verrückt um mehr Geld kämpfen.“ Mehrere Forscher pflichteten diesen Aussagen bei. „Wenn es um Prävention und Krankheitsbekämpfung geht, gibt es nichts, was sich besser auf die Gesundheit auswirkt, als Impfstoffe“, sagte Adel Mahmoud von der Princeton University und Co-Vorsitzender des Gipfels. Abstand gewinnen Die Verteilung der Gelder auf Entdeckungsund klinische Forschung wurde kürzlich von einer Gruppe engagierter Forscher in Frage gestellt; zuerst in einem Brief an das NIAID und später öffentlich auf der Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections, einer der wichtigen jährlichen Wissenschaftskonferenzen in den USA zu HIV/AIDS. Sie riefen das NIAID auf, der Grundlagenund Entdeckungsforschung einen höheren Stellenwert einzuräumen, da die Frage, wie sich ein Impfstoff gegen HIV/AIDS am besten entwickeln lässt, noch immer ungeklärt sei. Einige dieser Fragen tauchten auf, nachdem Mercks Impfstoffkandidat MRKAd5 keine Wirksamkeit bei der Prävention einer HIVInfektion zeigte oder die im Blut vorhandene Virenmenge (virale Belastung) in Teilnehmern nicht modulieren konnte, die sich trotz Impfung mit HIV infiziert hatten (siehe VAX Dezember 2007 Spotlight-Artikel, Einen STEP zurück?). Noch schlimmer wurde die Situation, als Forscher später berichteten, dass in bestimmten Untergruppen von Personen – hauptsächlich in nicht beschnittenen Männern mit bestehender Immunität gegen den als Impfstoffvektor verwendeten modifizieren Erkältungsvirus – eine Tendenz zu mehr HIVInfektionen unter den Impfstoffempfängern der STEP-Studie zu verzeichnen war (siehe VAX Februar 2008 Primer zu Hintergrund: Biostatistik und die STEP-Studie). Diese Studie war zum Teil vom NIAID finanziert worden. Bis heute gibt es keine Erklärung für das Versagen des Kandidaten oder den potentiellen Effekt, den die Impfung auf das HIV-Infektionsrisiko hatte. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse begannen sich die auf dem Gebiet tätigen Forscher aber kritisch mit der derzeitigen klinischen Vorgehensweise und den Strategien zur Stimulierung schützender Immunität gegen HIV auseinanderzusetzen. „Das Forschungsgebiet steht zweifellos an einem wichtigen Scheideweg“, sagte Warner Greene, Direktor In dieser Ausgabe Spotlight ■ Den AIDS-Impfstoffetat ausgleichen Nachrichten aus aller Welt ■ HIV-Impfstoffe: Fortschritt und Perspektiven ■ Erste Phase I-Studie mit Ad26-Vektor beginnt Primer ■ Hintergrund: Zellständige Immunreaktionen EINE VERÖFFENTLICHUNG DES IAVI-REPORT [ Das Informationsblatt zur internationalen AIDS-Impfstoffforschung ] des Gladstone Institute of Virology and Immunology und Co-Vorsitzender des Gipfels. Aufgrund der Ergebnisse der STEP-Studie setzte das NIAID den Beginn einer großen Phase IIb-Studie zum Test des Konzepts (auch als PAVE 100 bezeichnet) aus. Die Studie sollte ein Primer/Booster-Regime mit zwei Kandidaten testen, die von Forschern des Vaccine Research Centers am NIAID entwickelt worden waren und von denen einer einen ähnlichen Adenovirus-Serotyp-5 (Ad5)-Vektor benutzt (siehe VAX Dezember 2007 Spotlight-Artikel, Einen STEP zurück?). Die Diskussionen darüber, ob oder wie diese Studie fortgesetzt werden soll, dauern an. „Alles wird genau untersucht werden“, sagte Fauci. „Wir müssen diese klinischen Studien viel genauer betrachten, sowohl ihre Durchführung als auch ihren Umfang.“ Eine von Fauci vorgeschlagene Möglichkeit wäre, die PAVE 100-Studie in einem wesentlich kleineren Umfang durchzuführen. Dies würde Gelder für die Grundlagen- und Entdeckungsforschung freisetzen. „Studien kosten mehr als Forschungsbeihilfen“, sagte er und fügte hinzu, dass die Durchführung dieser Studie mit 3.000 Teilnehmern anstelle der ursprünglich geplanten 8.000 eine Einsparung von 35 bis 60 Mio. US-Dollar über den Zeitraum der nächsten sieben Jahre bedeuten würde. Identifizierung von Forschungsprioritäten Während des Gipfels diskutierten die Forscher einige der bisher noch relativ unergründeten Territorien bei der AIDSImpfstoffentwicklung. Darunter waren die Notwendigkeit eines besseren Verständnisses der Schleimhautimmunität und ihrer Rolle beim Schutz vor einer HIV-Infektion (siehe VAX Januar 2008 Primer zu Hintergrund: HIV-Übertragung); der Fähigkeit bestimmter nicht-menschlicher Primaten zur effektiven Kontrolle der SIV-Infektion, der verwandten Affenversion des HIV (SIV (simian immunodeficiency virus) genannt); der frühen Stadien der HIV/SIV-Übertragung und -Infektion; und der Induzierung breitflächig neutralisierender Antikörper gegen HIV (siehe VAX Februar 2007 Primer zu Hintergrund: Neutralisierende Antikörper). „Die größte Herausforderung besteht darin, zu bestimmen, was ein vielversprechender Impfstoff eigentlich ist“, sagte Rafi Ahmed, Immunologe an der Emory University. Er betonte die Wichtigkeit der Entwicklung von Impfstoffkandidaten, die neutralisierende Antikörper gegen HIV erzeugen können – ein Ziel, das die Forschung seit Jahren verfehlt. Kandidaten wie MRKAd5 und die vom VRC entwickelten induzieren hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, T-Zellenreaktionen gegen HIV (siehe Primer, diese Ausgabe). Ahmed schlägt vor nur Kandidaten für Wirksamkeitsstudien zuzulassen, die sowohl T-Zellen- als auch neutralisierende Antikörperreaktionen auslösen. „Impfstoffkonzepte, die nur einen Arm des Immunsystems testen, sind zum Scheitern verurteilt“, fügte er hinzu. Das heißt jedoch nicht, dass die klinische Entwicklung komplett eingestellt werden sollte. Fast alle waren sich einig, dass klinische Phase I- und II-Studien weiterhin notwenig sind. „Wir können eine Menge von der klinischen Forschung lernen“, sagte Alan Bernstein, der kürzlich zum Executive Director des Global HIV Vaccine Enterprise ernannt wurde. Mehrere Teilnehmer sprachen sich dagegen für eine bessere Brückenbildung zwischen Entdeckungs- und klinischer Forschung aus um sicherzustellen, dass beide miteinander kommunizieren. Um dies zu erreichen, sagte Scott Hammer von der „Der Schwerpunkt muss verstärkt auf die Entdeckung gelegt werden. Dies sollte nicht zu Lasten der klinischen Infrastruktur geschehen.“ Rafi Ahmed Columbia University, sei ein „wendiges, gemeinschaftliches klinisches Studiensystem“ erforderlich. „Der Schwerpunkt muss verstärkt auf die Entdeckung gelegt werden“, sagte Ahmed, aber „dies sollte nicht zu Lasten der klinischen Infrastruktur geschehen.“ Mäuse und Menschen In einem Seminar zu den Vorteilen und Grenzen der derzeitigen Tiermodelle bei der Erforschung der HIV-Infektion sowie ihrer Rolle bei der Suche nach einem Impfstoff sagte Louis Picker von der Oregon Health & Science University, dass jeder rationale Ansatz zur AIDS-Impfstoffentwicklung die vollständige Ausnutzung des nicht-menschlichen Primatenmodells beinhalten muss. Einige Wissenschaftler forderten umfassende vorklinische Studien von AIDSImpfstoffkandidaten mit SIV in nichtmenschlichen Primaten, um die besten Kandidaten für klinische Studien zu bestimmen (siehe VAX Oktober 2006 Primer zu Hintergrund: Vorklinische Entwicklung von AIDS-Impfstoffen). Anderen aber widerstrebte es, das nicht-menschliche Primatenmodell als „Pförtner“ zu befürworten. Julie Overbaugh vom Fred Hutchinson Cancer Research Center argumentierte, dass keines der Affenmodelle nachweislich dazu geeignet ist, die Impfstoffwirksamkeit in Menschen vorauszusagen. „Es [das nicht-menschliche Primatenmodell] sollte nicht lediglich eingesetzt werden, um ‚Weiter‘ oder ‚Stopp‘ zu sagen“, sagte Seth Berkley, President und Chief Executive Officer von IAVI. Zustrom von Ideen Wenn es ein Thema gab, bei dem man sich weitgehend einig war, dann war es der Ruf nach einer kreativeren Herangehensweise bei der Suche nach einem Impfstoff. Carl Dieffenbach, Direktor des Bereichs AIDS am NIAID, sagte, dass das NIAID 2007 alle „Anerkennung verdienenden“ Entdeckungszuschüsse für die HIV-Impfstoffforschung, die beim Institut beantragt wurden, auch gewährt hat. Er erläuterte, dies sei kein Kommentar zur Menge der vorhandenen Gelder, sondern eher zum „Ideenmangel“. „Die einfachen Dinge wurden getan“, sagte James Hoxie von der University of Pennsylvania. Es gibt mehrere, derzeit auf dem Gebiet tätige Innovationsprogramme, darunter die der IAVI und der Bill & Melinda Gates-Stiftung. Aber auch andere Mechanismen zur Unterstützung neuer Forschung sind nach Meinung vieler Gipfelteilnehmer weiterhin notwendig. Bruce Walker von der Harvard University meinte, dass nicht die innovativen Ideen das Problem sind, sondern Geld zu bekommen, um diese zu testen. Einige Konzepte zur Innovationsförderung beinhalten die Rekrutierung junger Forscher für die AIDS-Impfstoffforschung sowie die Kollaboration mit Wissenschaftlern aus anderen, aber verwandten Disziplinen. Die Hoffnung ist, dass junge Wissenschaftler eine frische Perspektive in dieses mittlerweile 25 Jahre alte Problem einbringen. „Der wirklich nächste Schritt wird von außerhalb dieses Saales kommen“, sagte Mahmoud. Obwohl dieser Punkt im Laufe des Tages mehrfach wiederholt wurde, blieb die Frage, wie genau diese jungen Forscher rekrutiert werden sollen, weitgehend unbeantwortet. „Wir müssen Mechanismen entwickeln, um junge Leute für das Gebiet zu gewinnen, und nicht nur darüber reden“, sagte Dennis Burton vom Scripps Research Institute. Weitere Orientierungshilfe zu diesem Thema könnte auf künftigen Tagungen folgen. Fauci sagte, dass dieses Treffen lediglich der erste Schritt war, und es ein iterativer Vorgang sei, bis die richtige Balance zwischen Entdeckungsund klinischer Forschung gefunden ist. „Wir beginnen gerade erst damit“, fügte Hoxie hinzu. Nachrichten aus aller Welt HIV-Impfstoffe: Fortschritt und Perspektiven Nur wenige Tage nach dem HIV Vaccine Summit, auf dem sich viele der führenden, auf dem Gebiet der AIDS-Impfstoffforschung tätigen Wissenschaftler versammelt hatten (siehe Spotlight, diese Ausgabe), trafen sie auf den jährlichen gemeinsamen Keystone Symposia on HIV Vaccines and HIV Pathogenesis erneut zusammen – diesmal in einem erheblich anderen Umfeld. Das diesjährige Treffen fand vom 26. März bis 1. April in Banff, Kanada, statt und – wie das Gebiet selbst – beschäftigte sich mit elementarer Immunologie und Entdeckungsforschung. Zahlreiche Redner erwähnten die Resultate der STEP-Studie und ihre Nachwirkungen in der einen oder anderen Form. Larry Corey von der University of Washington sagte in seiner zur Eröffnung gehaltenen Grundsatzpräsentation, dass die STEP-Studie das HIVImpfstoffgebiet „neu kalibriert“ hat, wies aber die Auffassung zurück, dass nichts Positives daraus gewonnen wurde, und machte klar, dass die Ergebnisse der STEP-Studie seiner Einschätzung nach nicht das Ende von Impfstoffkandidaten bedeuten, die T-Zellenreaktionen und keine neutralisierenden Antikörper stimulieren (siehe Primer, diese Ausgabe). „Die Herstellung solcher Impfstoffe könnte machbarer sein als die Herstellung wirksamer neutralisierender Antikörperimpfstoffe“, fügte Corey hinzu. Einige aktualisierte Daten aus den laufenden Analysen der Studie wurden präsentiert. Susan Buchbinder vom San Francisco Department of Public Health und eine der Forschungsleiterinnen der STEP-Studie sagte, dass eine zwei- bis dreieinhalbfache Erhöhung des HIV-Infektionsrisikos bei der Impfstoffgruppe beobachtet wurde, die eine höhere Antikörperkonzentration gegen den Adenovirus Serotyp5 (Ad5) – dem als Impfstoffvektor dienenden, modifizierten Erkältungsvirus – hatte. Corey und Buchbinder erörterten auch mögliche Erklärungen für diese Beobachtung. Die Mehrheit der Teilnehmer dieser Studie waren Männer, die Sex mit Männern haben. Ein möglicher Mechanismus ist daher laut Corey, dass mehr Ad5-spezifische CD4+ T-Zellen im Schleimhautgewebe des Rektums präsent sind, die mehr Angriffsfläche für HIV schaffen. Er sagte auch, dass ein indirekter biologischer Mechanismus eine Rolle spielen könnte, und dass der Impfstoffkandidat mit der angeborenen oder natürlichen Immunreaktion des Körpers auf HIV interferiert haben könnte. Buchbinder sagte, dass die Analysen anderer potentieller Störvariablen wie sexueller Netzwerke, Infektionscluster und Änderungen im sexuellen Verhalten, die diese Beobachtung weiter erklären könnten, noch andauern (siehe VAX Februar 2008 Primer zu Hintergrund: Biostatistik und die STEP-Studie). Auch die Bemühungen zum besseren Verständnis der Schleimhautimmunologie (siehe VAX Januar 2008 Primer zu Hintergrund: HIV-Übertragung), der Arten der T-Zellenrektionen, die ein Impfstoff induzieren sollte (siehe Primer, diese Ausgabe), und des Mysteriums von Personen, die trotz HIV-Infektion in der Lage sind das Virus unter Kontrolle zu halten (Longterm-Nonprogressors), spielten eine große Rolle auf dieser Tagung und bleiben weiterhin klare Prioritäten auf dem Gebiet. „Einen einzigen Weg nach vorn oder einen einfachen Weg nach vorn gibt es nicht“, sagte Alan Bernstein, Executive Director der Global HIV Vaccine Enterprise. „Wenn das jemand behauptet, muss er im Besitz einer Kristallkugel sein, die ich nicht habe.“ Erste Phase I-Studie mit Ad26-Vektor beginnt Dan Barouch und Kollegen am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston begannen im April mit der Aufnahme von Teilnehmern für eine klinische Phase I-Studie zur Evaluierung der Sicherheit eines Adenovirus Serotyp-26 (Ad26) Vektorbasierten Impfstoffkandidaten im Vergleich zu einem inaktiven Placebo. Die Studie wird am ebenfalls in Boston befindlichen Brigham and Women’s Hospital durchgeführt und soll 48 Teilnehmer umfassen, die nach dem Zufallsprinzip entweder zwei oder drei Dosierungen des Impfstoffkandidaten erhalten. Der Ad26-Vektor wird zum Transport eines HIVFragments verwendet, in der Hoffnung, dass es eine Immunreaktion gegen HIV auslöst. Der Impfstoffkandidat selbst kann keine HIVInfektion verursachen. Es gibt mehrere Serotypen des Adenovirus (einer der Erkältungserreger). Auf dem Adenovirus-Serotyp-5 (Ad5) basierende AIDS-Impfstoffkandidaten wurden bereits in klinischen Studien getestet. Mercks Impfstoffkandidat, der in der als STEP-Studie bezeichneten Phase IIbStudie zum Test des Konzepts getestet wurde, verwendete den Ad5-Vektor. Nun wird aber erstmals ein Ad26-basierter Impfstoffkandidat mit menschlichen Versuchsteilnehmern analysiert. Ad26 wurde gewählt, da diesem Adenovirus-Serotypen weniger Menschen auf natürliche Weise bereits ausgesetzt waren, und daher der Grad der bestehenden Immunität auf Ad26 weltweit viel niedriger liegt. Eine bestehende Antikörperimmunität auf einen Impfstoffvektor könnte möglicherweise die Immunreaktionen einer Person gegenüber HIV einschränken. In vorklinischen Studien mit nichtmenschlichen Primaten fanden Barouch und Kollegen auch heraus, dass der Ad26-Impfstoffkandidat beim Schutz vor einer Infektion mit dem Affenäquivalent des HIV, dem SIV (simian immunodeficiency virus), wirksamer war als der Ad5-Kandidat. Dieser Ad26-Vektor „übertrifft den Ad5-Vektor in Rhesusaffen“, sagte Barouch. Der Impfstoffkandidat wird von dem niederländischen BiotechnologieUnternehmen Crucell hergestellt. Korrektur: Der Februar 2008 VAX SpotlightArtikel, Kleine Darlehen: Große Hoffnung, ordnete Grace Sebageni von World Vision fälschlicherweise eine Aussage zu. Die Aussage stammt von Annabel Erulkar vom Population Council. Geschäftsführende Redakteurin Kristen Jill Kresge Wissenschaftsredakteur Andreas von Bubnoff, PhD Produktionsleiterin Nicole Sender Editor at Large Simon Noble, PhD Alle Artikel von Kristen Jill Kresge. Der Spotlight-Artikel ist eine Überarbeitung eines Artikels aus dem IAVI-Report vom März-April 2008. KOSTENFREIE ABONNEMENTS: Um ein KOSTENLOSES Abonnement für VAX per E-Mail zu erhalten oder Ihre Abonnementdetails zu ändern, besuchen Sie bitte www.iavireport.org und klicken auf den entsprechenden Link im gelben Feld links oben. Falls Sie mehrere Druckexemplare von VAX zur Verteilung und/oder Verwendung in Ihren Programmen erhalten möchten, können Sie Ihre Anfrage unter Verwendung derselben Abonnement-Links eingeben. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte: www.iavireport.org. VAX ist ein monatliches Informationsblatt mit Berichten aus dem IAVI Report, der Publikation zur AIDS-Impfstoffforschung, die von der International AIDS Vaccine Initiative (IAVI) herausgegeben wird. Es steht derzeit in englischer, französischer, deutscher, spanischer und portugiesischer Sprache als herunterladbare PDF-Datei (www.iavireport.org) oder als E-Mail-Nachricht zur Verfügung. IAVI ist eine globale gemeinnützige Organisation, die bemüht ist, die Suche nach einem Impfstoff, der HIV-Infektion und AIDS verhindert, zu beschleunigen. Sie wurde 1996 gegründet und ist in 24 Ländern aktiv. Die Initiative und ihr Netzwerk an Partnern erforschen und entwickeln mögliche Impfstoffe. IAVI setzt sich für die globale Priorität der Entwicklung eines Impfstoffs und die weltweite Verfügbarkeit dieses Impfstoffs für alle Menschen ein. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte: www.iavi.org. Copyright © 2008 Primer Was ist über zellständige Immunreaktionen gegen HIV bekannt? Das menschliche Immunsystem verwendet sowohl angeborene als auch adaptive Immunreaktionen, um Pathogene wie Viren und Bakterien zu bekämpfen (siehe VAX März 2004 Primer zu Hintergrund: Das Immunsystem, Teil II). Angeborene Immunreaktionen sind immer in Bereitschaft und können schnell reagieren, normalerweise innerhalb von Stunden, um eine Infektion entweder auszulöschen oder einzugrenzen. Wenn weitere Hilfe erforderlich wird, schalten sich die adaptiven Immunreaktionen ein, die sowohl Antikörperals auch zelluläre Immunreaktio-nen umfassen. Diese brauchen länger um aktiv zu werden, da sie darauf ausgelegt sind ein bestimmtes Pathogen anzugreifen. Das Immun-system generiert HIV-spezifische Antikörper und zellständige Immunreaktionen gegen das Virus. Beide spielen bei der Prävention oder Kontrolle der Infektion eine wichtige Rolle und sind daher für die AIDS-Impfstoffforscher von großem Interesse. Die Antikörperreaktionen sind Y-förmige Moleküle, die sich primär an Viren binden und sie daran hindern Zellen zu infizieren (siehe VAX Februar 2007 Primer zu Hintergrund: Neutralisierende Antikörper). Wenn eine Zelle bereits infiziert ist, kommen die zellständigen Immunreaktionen ins Spiel. Diese Reaktionen werden von der als CD4+ T-Helferzellen bezeichneten Untergruppe der Immunzellen ausgeführt. Sie orchestrieren die Aktivitäten der aktivierten CD8+ T-Zellen, die als zytotoxische T-Lymphozyten (CTL) bezeichnet werden und die bereits von einem Virus infizierte Zellen töten können. Die Rolle der zellulären Immunreaktion bei einer HIV-Infektion ist kompliziert, da genau die Zellen, die bei der Eingrenzung der Infektion wichtig sind, angegriffen werden. Das Virus attackiert und infiziert bevorzugt die CD4+ T-Zellen, was die Abwehrfähigkeit des Immunsystems erheblich behindert. Und dennoch spielen sowohl die CD4+ als auch die CD8+ T-Zellen eine wichtige Rolle bei der Kontrolle einer HIV-Infektion und sind wahr-scheinlich auch bei der Entwicklung eines AIDS-Impfstoffs von großer Bedeutung. Die Forschung beschäftigt sich nun mit dem Studium der idealen Typen von Antikörper-und zellständigen Immunreaktionen, die ein Impf-stoff induzieren sollte, um eine HIV-Infektion am effektivsten verhindern und kontrollieren zu können. Induzieren der T-Zellenreaktionen Die Entwicklung eines AIDS-Impfstoffkandidaten, der in der Lage ist neutralisierende Hintergrund: Zellständige Immunreaktionen Antikörperreaktionen gegen HIV auszulösen, ist eine große Herausforderung, und die bisher getesteten Strategien haben sich alle als nicht erfolgreich erwiesen. Es wurden jedoch mehrere AIDS-Impfstoff-kandidaten identifiziert, die zellständige Immunreaktionen (sowohl CD4+ und CD8+ T-Zellen) gegen HIV induzieren können. Viele davon wurden in klinischen Studien bewertet, darunter Mercks MRKAd5-Impfstoffkandidat, der kürzlich in der STEP-Studie getestet wurde (siehe VAX September 2007 Sonderbericht). Normalerweise messen die Forscher die Stärke der zellständigen Immunreaktionen, die von verschiedenen Kandidaten induziert werden, sowie auch die Fähigkeit dieser Zellen Zytokine – das sind Proteine, die von Immunzellen in Reaktion auf ein Virus oder Bakterium produziert werden – zu sezernieren (siehe VAX August 2007 Primer zu Hintergrund: Immunogenität). Der MRKAd5-Kandidat von Merck induzierte T-Zellen, die ein als Interferon-γ (IFN-γ) bezeichnetes Zytokin sezernierten – in mehr Personen als je ein anderer Kandidat, der in einer klinischen Phase I-Studie getestet wurde, bevor er zu einer Phase IIb-Studie zum Test des Konzepts avancierte. In der Phase I-Studie entwickelten 80 % der MRKAd5-Empfänger, die keine hohen Konzentrationen an vorhandener Immunität auf das als Vektor verwendete Erkältungsvirus hatten, T-Zellen, die IFN-γ sezernierten. Die Mehrzahl der Impfstoffempfänger der STEP-Studie entwickelte nach dem Erhalt von MRKAd5 sowohl CD4+ als auch CD8+ T-Zellenreaktionen gegen das HIV. Aber diese Immunreaktionen reichten nicht aus, um vor einer Infektion zu schützen. Bisher konnten die Forscher keinen Zusammenhang beobachten zwischen der Stärke der HIV-spezifischen Immunreaktionen in Impfstoffempfängern und der Wahrscheinlichkeit sich in der Folgezeit durch Risikoverhalten wie ungeschütztem Sex mit einem HIV-infizierten Partner oder den Konsum injizierter Drogen mit HIV zu infizieren. Die Forscher haben auch festgestellt, dass das Ausmaß der T-Zellenreaktionen bei einigen als Elite-Controllern bezeichneten HIV-infizierten Personen ebenfalls in keinem Zusammenhang mit der Kontrollierbarkeit des Virus zu stehen scheint. Die EliteController sind eine Gruppe von LongtermNonprogressors, die HIV-infiziert sind, aber dennoch sehr geringe Virenmengen (virale Belastungen) haben und auch ohne antiretrovirale Therapien kein AIDS bekommen (siehe VAX September 2006 Primer zu Hintergrund: Longterm-Nonprogressors). In der Tat ist das Ausmaß der HIV-spezifischen zellständigen Immunreaktionen bei EliteControllern geringer als bei Personen mit normaler viraler Belastung und typischem Krankheitsverlauf. Quantität vs. Qualität Insgesamt lassen diese Erkenntnisse vermuten, dass die Stärke der T-Zellenreaktionen unter Umständen nicht der entscheidende Faktor bei der Prävention oder Kontrolle der HIV-Infektion ist. Stattdessen könnte die Fähigkeit der T-Zellen, eine bestimmte Funktion auszuführen, wichtiger sein. Einige Immunologen legen nahe, dass nicht die Stärke der anfänglichen T-Zellenreaktion auf die Impfung von Bedeutung ist, sondern die Fähigkeit dieser T-Zellen sich später zu vermehren, wenn die jeweilige Person mit dem Pathogen in Berührung kommt, gegen das sie geimpft wurde. Andere Forscher beschäftigen sich mit der direkten Fähigkeit der durch einen AIDSImpfstoffkandidaten induzierten T-Zellen, mit dem Virus infizierte Zellen zu töten. Die Forscher können T-Zellen von Teilnehmern an klinischen AIDS-Impfstoffstudien mittels Blutproben entnehmen und im Labor gegen HIV testen um zu sehen, ob sie tatsächlich in der Lage sind vom Virus infizierte Zellen zu töten. Diese Methode wird nun von einigen Forschern angewandt, um die Impfstoffkandidaten für klinische Phase I-Studien zu priorisieren. Ein anderer Ansatz besteht darin, die verschiedenen viralen und bakteriellen Vektoren zu untersuchen, die in AIDS-Impfstoffkandidaten eingesetzt werden könnten, um herauszufinden, ob sie unterschiedliche Arten von T-Zellenreaktionen induzieren. Die Forscher haben vorklinische Experimente mit Mäusen durchgeführt, um die von verschiedenen viralen Vektoren induzierten T-Zellen zu vergleichen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wahl des Vektors Einfluss darauf nimmt, welche Art T-Zelle durch die Impfung induziert wird. Die Forschung untersucht derzeit die Merkmale von effektiven T-Zellenreaktionen bei anderen Virusinfektionen, bei denen zellständige Immunreaktionen wenigstens zum Teil für die Schutzwirkung verantwortlich sind, um festzustellen, welche Arten von T-Zellen ein AIDS-Impfstoffkandidat im Idealfall induzieren sollte. Weitere Forschung mit T-Zellenreaktionen gegen HIV sowie auch andere Pathogene wird nötig sein, um diese Fragen beantworten und den Wissenschaftlern bei der Entwicklung eines wirksameren AIDS-Impfstoffkandidaten helfen zu können.