KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Psychotherapie in Deutschland - etwas Besonderes? Prof. Dr. med. Peter Joraschky, Dresden www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1. Der deutsche Sonderweg 2. Historische Entwicklung 3. Psychosomatische Medizin 4. Stationäre, störungsorientierte Psychotherapie 5. Versorgungsforschung ambulanter Psychotherapie 6. Von der verfahrensbezogenen zur multimodularen und modularen Psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Psychotherapie in Deutschland – etwas Besonderes? www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Ja! Deutschland ist Weltmarktführer www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Dank Kostenträger Kosten-Nutzen-Analysen Konkurrenz Kompetenz www.psychosomatik-ukd.de Kampf um Monopole KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Der ökonomische Nutzen von Psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Kosten-Nutzen-Aspekt (Zielke 1999) 2 Euro eingesparte Folgekosten 1 Euro für die stationäre Psychotherapie Verminderung von Krankheitsfolgelasten durch verhaltensmedizinische Interventionen in einzelnen Kostenbereichen pro Jahr bei Neurosen, funktionellen Störungen und depressiven Zuständen (Zielke, 1999) Krankheitsfolgeleistungen: EUR 0,665 Mrd. Behandlungsausgaben: EUR 0,574 Mrd. ambulante Behandlung BU-/EU- Renten 144 stationäre Behandlung Im Akutkrankenhaus 312 Gesamt: EUR 1,239 Mrd. 229 181 84 Arzneien 117 sonst. med. Rehabilitationsleistungen Prof. Dr. med. Peter Joraschky sonst. Einkommensleistungen 172 Entgeltfortzahlung Arbeitgeber Universitätsklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, TU Dresden KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK • 1967 kassenärztliche Abrechnung der TP und der analytischen PT dank der ambulanten Berliner Versorgungsstudien (Dührssen) • 2010 Nutzen von 2-4 Euro pro investiertem Euro (Albani) www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Gesellschaftliche Herausforderungen Epidemiologie 25-30% der erwachsenen Bevölkerung (18,5% Kinder und Jugendliche) sind von einer psychischen oder psychosomatischen Störung betroffen Anpassungsstörungen 14,5% Depressive Störungen Somatoforme Störungen Schmerzstörungen 11,9% 11% 8,9% steigende AU-Zahlen wegen psychischer Erkrankungen Frühberentungen: 40% psych. Erkrankungen KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Sozialer, technologischer und demographischer Wandel als Herausforderung • Anforderungen an Mobilität, Flexibilität und sozialinteraktionelle Fähigkeiten als Arbeitnehmer • Verdichtete Arbeitsprozesse • Verschiebung des Belastungsspektrums der Arbeitstätigkeit von physischer auf psychomentale Beanspruchung • psycho-somatische Wechselwirkungen unter Stressbelastung (kardiovaskuläre, gastrointestinale, muskuloskeletale Erkrankungen gefordert: betriebsmedizinische Primär- und Sekundärprävention von stressassoziierten Erkrankungen KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1. Konkurrenz „Der deutsche Sonderweg“ www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Berufsgruppen in der psychotherapeutischen Versorgung (KBV 2009) n=2508 n=2176 Zusatztitel PSO KJP n=2987 www.psychosomatik-ukd.de n=1917 ohne Nervenärzte PSY Psychol n=13 023 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Entwicklung • Zweigleisigkeit • Wechselwirkung vs. • Dialogfähigkeit www.psychosomatik-ukd.de Parallelentwicklung KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 2. Historisch Die besonderen Entwicklungsbedingungen der Psychotherapie in Deutschland www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Historisch Etablierung der Psychotherapie 1. Freud führte Ende des 19. Jahrhunderts ein psychogenetisches, psychodynamisches Verständnis bestimmter Störungen ein. Ablehnung durch die deutsche Hochschulpsychiatrie. 2. 2. Weltkrieg Vertreibung jüdischer Analytiker aus Deutschland und Österreich 3. Nach dem 2. Weltkrieg Integration des analytischen Ansatzes in die Psychosomatische Medizin, vorrangig durch Internisten bestimmt www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Psychotherapeutische Organisationen 1910 Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (DPG) 1926/27 Allgemeine ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie (AÄGP) 1947 Neukonstituierung der AÄGP 1946 Zentralinstitut für psychogene Erkrankungen AOK-Ambulanz Berlin (Schultz-Hencke) 1949 Deutsche Gesellschaft für Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) 1950 Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV) Zweig der IPV 1957 Zusatzbezeichnung Psychotherapie für Ärzte aller Fachgebiete einschließlich Psychiatrie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1967 Richtlinien Psychotherapie (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, analytische Psychotherapie) 1967 Gründung des Arbeitskreises für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (DAGG) (Heigl-Evers, Enke u. a.) 1970 Zweitfacharzt Psychotherapie in der DDR 1970 Ärztliche Approbationsordnung, Einführung der Fächer Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie, Praktikum für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Entwicklung von Universitätsabteilungen und Lehrstühlen www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1973 Gründung des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (Th. v. Uexküll) Integrativer, holistischer Ansatz in der psychosomatischen Medizin 1975 Enquète-Bericht der Bundesregierung beharrt auf einem zweiteiligen Versorgungsstrang - einem psychiatrischen - und einem psychotherapeutischenpsychosomatischen Die Geburtsstunde eines anhaltenden Konflikts. 1978 Einführung der Zusatzbezeichnung Psychoanalyse www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1984 Konzeptualisierung der psychosomatischen Grundversorgung 1987 Integration der Verhaltenstherapie in die RichtlinienPsychotherapie Etablierung der Verhaltensmedizin 1991 Forschungsgutachten zum Psychotherapeutengesetz 1998 Psychotherapeutengesetz Psychologischer Psychotherapeut www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1992 -2012 Dt. Ärztetag Mai 1992: Dreistufiges Versorgungskonzept der Psychosomatischen Medizin Psychosomatische Grundversorgung Fachgebundene Psychotherapie des somatisch tätigen Arztes Gebietsbezeichnung Psychotherapeutische Medizin 2003: FA für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie FA für Psychiatrie und Psychotherapie FA für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 1991 Forschungsgutachten für ein Psychotherapeutengesetz (Meyer et al. 1971) ca. 4000 Ärzte mit Zusatztitel (PT/PSM) waren ausschließlich psychotherapeutisch tätig 1992 Eigenständiges Gebiet mit tiefenpsychologischer und/oder verhaltenstherapeutischer Ausrichtung mehr psychosomatischinternistisch mehr neurosenpsychologisch-psychotherapeutisch Ehem. DDR : Facharzt für Psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (2003) Dieser wird folgendermaßen definiert: Die psychotherapeutische Medizin umfasst die Erkennung, psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Krankheiten und Leidenszuständen, an deren subjektiver Verarbeitung psychosoziale Faktoren und/oder körperlich-seelische Wechselwirkung maßgeblich beteiligt sind. www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Aufgabenprofil des Facharztes Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Vermittler: Schnittstelle zwischen dem somatischen und psychosomatischpsychotherapeutischen Versorgungssystem. Niederschwelliger Zugang. Diagnostiker: biopsychosoziale Diagnose: Neben Symptomatik (ICD.10) Verständnis der Entwicklung der Symptomatik im Rahmen sozialer, interpersoneller, biographischer, persönlichkeitsstruktureller, intrapsychischer Bedingungen sowie der Lerngeschichte. Behandlungsplaner: Einbezug psychosomatischer, psychotherapeutischer und pharmakologischer Behandlungen im Rahmen eines „informed consent“ mit dem Patienten Kooperation mit Psychologischen Psychotherapeuten und Psychiater. www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Therapeut: Die therapeutischen Aufgaben gehen weit über die Durchführung der Richtlinien-Therapie hinaus. Sie umfassen Motivationsarbeit zur Psychotherapie, den Aufbau eines psychosomatischen Krankheitsverständnisses mit den Patienten sowie die Durchführung von kurzen psychoedukativen Interventionen. Auf dem Boden des erlernten Grundverfahrens wendet der Facharzt flexibel störungsorientierte und störungsübergreifende Techniken und Methoden an. So führt er störungsorientierte Therapie in der Schmerztherapie, Psychoonkologie, Psychokardiologie, Traumatherapie etc. durch sowie kurze oder nieder-frequente supportive Therapien, Kurzzeittherapie, Richtlinientherapie im Einzel- oder Gruppensetting und Paar- und Familientherapien. www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 3. Psychosomatische Medizin www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Geschichte der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie vor 1945 • Als Gegenbewegung zur naturwissenschaftlichen dominierenden Medizin • Die psychosomatische Gegenbewegung gründet auf drei Traditionen: - die holistische - die psychogenetische - die psychophysiologische www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Holistischer Ansatz • Psychosomatik als Grundlagenfach aller Ärzte unter Berücksichtigung der psychosozialen Faktoren neben den biologischen bei allen Krankheiten • Nicht Krankheiten, sondern Kranke werden behandelt (Weiss u. a. English, 1941) • Die Einführung des Subjekts in die Medizin (V. v. Weizsäcker) Arzt-Patient-Beziehung (M. Balint) www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Integrierte oder holistische Tradition V.v. Weizsäcker, T. v. Uexküll • bei allen Krankheiten geht es darum, das Gesamtbild von biologischen, psychischen und sozialen Bedingungen des Krankseins und Gesundwerdens zu erfassen und zu behandeln • Herstellung einer Beziehung, die der Sprache und Wahrnehmung den Raum öffnet • Überzogene Vision eines „kompletten Arztes“ mit spezialisierter somatischer und psychotherapeutischer Kompetenz www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Die psychogenetische Psychosomatik • Berücksichtigung der subjektiven Innenwelt des Patienten (S. Freud) und seine Interaktion mit dem Therapeuten • Konversionsmodell • (Groddeck 1917, F. Deutsch 1922, F. Alexander 1950) • (L. Kreil, G. v. Bergmann) Einführung des internistischpsychoanalytischen Gedankenguts in die Innere Medizin www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK holistischer Ansatz psychogenetischer Ansatz Facharzt für Psychotherapeutische Medizin 1992 bio-psycho-sozial biologische Plastizität des Gehirns Epigenetik Stressresistenz www.psychosomatik-ukd.de psychol. Entideologisierung der PT-Verfahren Stressresistenz Sozial neue gesellschaftliche Herausforderungen z.B. Mobilität, 24- Std. Arbeit Psyche KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK SOZIAL Soma Bild: Deutscheswww.psychosomatik-ukd.de Ärzteblatt 100, 06.01.2003 „The most powerful KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK therapeutic tool you´ll ever have is your own personality“ David Sackett – Stammvater der Evidenzbasierten Medizin Deutscher Ärztetag 2006 Astrid Bühren www.psychosomatik-ukd.de Ein bio-psycho-soziales ganzheitliches ärztliches Handeln bedeutet umfassende Vorteile für alle Beteiligte KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK PatientInnen: Wünsche+Erwartung Effizienz ärztlicher Behandlung Arbeitszufriedenheit Ärzte und Ärztinnen Deutscher Ärztetag 2006 Astrid Bühren www.psychosomatik-ukd.de Allensbach-Umfrage Dez. 2005: KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Das ist mir bei einem Arzt besonders wichtig: Menschlich, sollte auf seine Patienten eingehen 78% Vertrauen erweckend, sollte seinen Beruf verstehen 78% Medizinisch auf dem neuesten Stand, sollte die modernen Behandlungsmethoden kennen 76% Sollte sich für seine Patienten viel Zeit nehmen …………. …………. 74% MLP Gesundheitsreport 2006 – Auszug - Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre. Quelle: IfD-Allensbach Umfrage 7083, Dezember 2005 www.psychosomatik-ukd.de Deutscher Ärztetag 2006 Astrid Bühren Inanspruchnahme komplementärer/ alternativ-medizinischer Massnahmen Ein-Jahres-Prävalenz KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 70 * In Deutschland 21.000 Heilpraktiker ! 60 50 40 30 20 10 0 Deutschland Kanada Frankreich www.psychosomatik-ukd.de Deutscher Ärztetag 2006 Astrid Bühren USA Schweiz KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Fazit Psychische und psychosomatische Erkrankungen sind zu einem zentralen Problem des Gesundheitswesens geworden. Deutscher Ärztetag 2006 Astrid Bühren KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 4. Stationäre Psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Persönlicher Nutzen für die Patienten www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 100% 80% Rating des Psychischen Wohlbefindens 38,9 43,7 Frage an die Therapeuten: Wie hat sich das psychische Befinden (psychische Symptomatik) des/der Patienten/Patientin verändert? Frage an den Patienten: Wie hat sich die Störung Ihres seelischen Befindens (psychische Symptomatik) verändert? 60% 40% 42,2 40 20% 10 11,2 0% 2,3 2,6 0,2% kein Problem Therapeuten 3,1 2,2 3,5 Patienten www.psychosomatik-ukd.de deutlich verbessert etwas verbessert unverändert etwas verschlechtert deutlich verschlechtert kein Problem KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Wie hat sich die Störung Ihres seelischen Befindens (psychische Symptomatik) verändert? 3,5 2,2 3,1 % 10 42,2 38,9 0 10 20 30 40 50 Wie hat sich Ihr Selbstwerterleben, Ihre Selbstannahme verändert? Mögen Sie sich jetzt mehr oder eher weniger? 1,6 7,6 1 % 1,9 16,1 39,5 32,3 0 10 deutlich gebessert etwas verschlechtert nicht beurteilbar 20 30 etwas verbessert deutlich verschlechtert 40 50 unverändert kein Problem KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Wie hat sich Ihr Krankheitsverständnis geändert? Spüren Sie Fähigkeit, in Ihrem Leben durch eigene Aktivitäten Veränderungen herbeiführen zu können, weil Sie verstanden haben, worunter Sie leiden bzw. welches Ihre Probleme sind? 13 43,6 43,4 0 10 20 30 40 50 Wie hat sich Ihr allgemeines seelisches Wohlbefinden verändert? 2,8 2,2 4,2 10,8 42,7 37,3 0 10 1,6 1 1,9 20 deutlich gebessert etwas verschlechtert nicht beurteilbar 16,1 32,3 39,5 30 etwas verbessert deutlich verschlechtert 40 50 unverändert kein Problem KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Zur Wirksamkeit stationärer Psychotherapie störungsspezifische Verläufe www.psychosomatik-ukd.de Stationäre Behandlung KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Station 1 10 Betten Station 2 10 Betten Station 3 10 Betten einzeltherapeutischer Schwerpunkt gruppentherapeutischer Schwerpunkt einzeltherapeutischer Schwerpunkt Störungsspezifische Schwerpunkte Störungsspezifische Schwerpunkte Störungsspezifische Schwerpunkte • Somatoforme Störungen • Panik / Agoraphobie • Posttraumatische Belastungsstörung • Sozialphobie • Somatoforme Schmerzstörungen • Dysthymie • Essstörungen • Sexualstörungen • Zwangsstörungen Krisenbehandlung www.psychosomatik-ukd.de • Dissoziative Störungen • Persönlichkeitsstörungen KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Störungsspezifischer Verlauf AN M EN M EN + 1J M SD SD SD 23.69 13.02 12.64 9.96 10.91 11.15 20.57 13.33 11.48 10.69 13.35 12.84 20.63 11.50 20.63 9.26 7.69 15.43 Belastungsstörung 14.00 7.27 7.55 8.25 5.75 5.61 Trauma & Dissoziative St. 23.11 14.39 18.44 9.83 12.15 17.05 24.82 17.82 21.71 12.53 9.57 12.47 25.59 17.86 14.86 11.07 13.38 14.22 BDI Affektive Störung Angst Zwang Somatof. Störung Essstörung www.psychosomatik-ukd.de AN-EN d ANEN + 1J d 1.02 1.05 0.60 0.77 1.08 - 0.96 0.93 0.79 0.35 0.63 - 0.63 0.85 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Wie gut werden Therapieempfehlungen befolgt? www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Compliance mit Therapieempfehlungen Entlassung Therapeut Katamnese Patient Psychotherapie empfohlen psychotherapeutische Behandlung n % ja ja 95 57 ja nein 39 23 nein nein 15 9 nein ja 18 11 valid Etwa ein Viertel der Patienten führt trotz Empfehlung die psychotherapeutische Behandlung nicht fort www.psychosomatik-ukd.de Grund für die Verzögerung der Weiterbehandlung (n = 59) KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 100 wollte keine Weiterbehandlung 90 80 43 70 60 7 50 keine Kraft zu suchen Therapeut unsympathisch 4 6 40 keine Kostenübernahme 12 30 Warteliste 20 28 10 0 www.psychosomatik-ukd.de kein Therapieplatz KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 5. Versorgungsforschung ambulanter Psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Von 3000 befragten Bundesbürgern würden sich im Falle einer Depression an folgende Therapeuten wenden: 76,7% Hausarzt 25,6% FA für Psychosom. Med. und PT 23,8 FA für Psychiatrie und PT 15,3% Psychologische Psychotherapeuten 35% 48,2% Ausschließlich durch Hausarzt Spezialisierte PT Mitbehandlung KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Bei funktionellen Schmerzen: 69,4% Hausarzt 23% FA für Psychomsom. Med. und PT 14,6 FA für Psychiatrie und PT 9,7% Psychologische Psychotherapeuten KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Versorgungsprofile der drei PT-Säulen Schnittstellen und Zugangswege sind zu optimieren: • 35%-50% der Personen mit psychischen Störungen erhalten keine professionelle Hilfe (Jacobi et al. 2004) • Hausärzte Überweisung 33.5% amb. PT • Psychiater Überweisung 8,9% amb. PT (Zapf 2003; Albani et al. 2012) KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Komplexe Patienten in der Versorgung Durchschnittlich 5,1 Beschwerden führen in PT: neben Depressionen, Ängsten, psychosomatischen Störungen (54%), Essstörungen (26%), Unterstützung bei der Bewältigung chronischer körperlicher Erkrankungen (30%) (Albani et al. 2010) KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK PT-Patienten sind YARVIS-Patienten? (young, attractive, rich, verbal, intelligent, successful) • Anteil Arbeitsloser höher als in der Allgemeinbevölkerung • Mehr als die Hälfte der Pat. hat ein monatl. Nettoeinkommen unter 1000 Euro pro Person im Haushalt (Kruse u. Herzog 2012) www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Effizienz der ambulanten psychotherapeutischen und psychotherapeutischen Versorgung (Albani et al. 2010) • Ca. 70% der Pat. berichten über positive Effekte auf die Selbsteinschätzung, Symptomatik, Arbeitsfähigkeit, Arbeitsproduktivität • Symptomreduktion nach einer PT, Effektstärke 1,0 (Stabile Ein-Jahres-Katamnese) • Kosten-Nutzen-Analyse: Nutzen von 2-4 Euro pro investiertem Euro KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Problembereiche Resultate aus Diskussionen zwischen Hausärzten und Psychotherapeuten • Psychotherapeuten geben keine Rückmeldung über angenommene Therapien • Es ist schwierig, Psychotherapeuten telefonisch zu erreichen. • Informationsdefizite über Qualifikation und Ausrichtung des Psychotherapeuten • Kein psychotherapeutische Ansprechpartner in Krisensituationen • Informationsaustausch nach der Überweisung ist schlecht • Kritik der Psychotherapeuten an der Zurückhaltung der Hausärzte beim Ansprechen psychischer Probleme: „z.B. durch Blutdruckmessung und EKG wird eine Distanz hergestellt und vom eigentlich Behandlungsanlass abgelenkt.“ • Es fehlt eine gemeinsame Sprache, die eine Verständigung über den jeweiligen Arbeitsbereich und die Patientenprobleme ermöglicht. • Die Patienten sind häufig entweder nur beim Hausarzt oder in der Psychotherapie. Gemeinsames Behandeln findet kaum statt. www.uniklinikum-dresden.de Seite 57 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK 6. Von der verfahrensbezogenen Psychotherapie zur multimodalen Psychotherapie www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Psychotherapeutische Verfahren (KV Daten 2004) Ärzte 59% tiefenpsychologisch fundierte PT 16% tiefenpsychologisch fundierte und analytische PT 13% 12% Verhaltenstherapie analytische Psychotherapie Psychologen 46% 35% 10% 9% Verhaltenstherapie tiefenpsychologisch fundierte PT analytische Psychotherapie tiefenpsychologisch fundierte und analytische PT Richtlinienverfahren genützt von 700.000 Patienten/Jahr 2000-2012 Verdoppelung der Genehmigungen www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Multimodale Psychotherapie psychodynamische Einzeltherapie Psychodynamische Gruppentherapie Paar- und Familientherapie Kunsttherapie www.psychosomatik-ukd.de Kognitiv-behaviorale Therapie analytische Körpertherapie Psychopharmakotherapie Musiktherapie KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Multimodale Psychotherapie Im Zentrum der psychosomatisch-psychotherapeutischen Komplexbehandlung steht die kurativ ausgerichtete Intensivpsychotherapie. Ziel der Behandlung ist nicht nur die Besserung oder Heilung einer krankheitswertigen Symptomatik. Über die Symptombesserung hinaus wird eine Verbesserung der persönlichen Beziehungsgestaltung, der Mentalisierungsfähigkeit, der Selbstwertregulation und anderer persönlichkeitsstruktureller Aspekte mit dem Ziel angestrebt, eine nachhaltige Veränderung zu erreichen. www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Kategorie der Modularen Psychotherapie (Ebene 1) Modulare Psychotherapie Theorie Basis-Kompetenzen und Strategien Therapeutische Interventionen Störungsspezifische Kompetenzen Behandlungsheurismen Evaluative Kompetenzen KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Zukunftsherausforderungen psychosomatischer Medizin • generalisierte ärztliche Grundhaltung und Psychotherapie in der Hausarztpraxis • Weiterentwicklung der Psychosomatischen Grundversorgung • Weiterentwicklung der fachbezogenen Psychotherapie • stepped-care Modelle www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Zukunftsherausforderungen Psychotherapie • Multimodale und multimodulare Ansätze in der Langzeitbehandlung • Behandlungskontinuität stationär-ambulant, Schnittstellenarbeit • Störungsspezialisierung und Vernetzung www.psychosomatik-ukd.de KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik Prof. Dr. med. Peter Joraschky Tel.: (0351) 458 7085 www.uniklinikum-dresden.de E-Mail: [email protected] Seite 65 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PSYCHOTHERAPIE UND PSYCHOSOMATIK Anhang www.psychosomatik-ukd.de Prof. Dr. med. Peter Joraschky Entwicklung der Psychosomatik Historisch 1. Freud führte Ende des 19. Jahrhunderts ein psychogenetisches, psychodynamisches Verständnis bestimmter Störungen ein. Ablehnung durch die deutsche Hochschulpsychiatrie. 2. 2. Weltkrieg Vertreibung jüdischer Analytiker aus Deutschland und Österreich 3. Nach dem 2. Weltkrieg Integration des analytischen Ansatzes in die Psychosomatische Medizin, vorrangig durch Internisten bestimmt 4. Victor v. Weizsäcker (1886 – 1957) Thure v. Uexküll (1908 – 2004) Systematische Berücksichtigung der Arzt-PatientBeziehung: Michael Balint (1896 – 1970) 1992 -2012 Dt. Ärztetag Mai 1992: Dreistufiges Versorgungskonzept der Psychosomatischen Medizin Psychosomatische Grundversorgung Fachgebundene Psychotherapie des somatisch tätigen Arztes Gebietsbezeichnung Psychotherapeutische Medizin 2003: FA für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie FA für Psychiatrie und Psychotherapie FA für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (2003) Dieser wird folgendermaßen definiert: Die psychotherapeutische Medizin umfasst die Erkennung, psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Krankheiten und Leidenszuständen, an deren subjektiver Verarbeitung psychosoziale Faktoren und/oder körperlich-seelische Wechselwirkung maßgeblich beteiligt sind. Einrichtung psychosomatischer Abteilungen Psychosomatische Einrichtungen der ersten Jahre o 1946 an der internistischen Klinik in Lübeck o 1949 eine psychosomatisch-psychotherapeutische Station in dem niedersächsischen Landeskrankenhaus in Tiefenbrunn (Kühnel/Schwidder) o 1948 die Wiegmann-Klinik für psychogene Störungen in Berlin o 1949 in München (Seitz) o 1950 in Heidelberg eine psychotherapeutisch-psychosomatische Klinik (von Weizsäcker/Mitscherlich) o 1950 Psychosomatische Klinik Wittgenstein in Bad Berleburg o 1957 in Freiburg (Heilmeyer) o 1959 an der Universität Hamburg eine psychosomatische Abteilung an der Klinik für Innere Medizin (Jores) Psychotherapeutische Organisationen o 1910 Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (DPG) o 1926/27 Allgemeine ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie (AÄGP) o 1947 Neukonstituierung der AÄGP o 1946 Zentralinstitut für psychogene Erkrankungen AOK-Ambulanz Berlin (Schultz-Hencke) o 1949 Deutsche Gesellschaft für Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) o 1950 Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV) Zweig der IPV o 1957 Zusatzbezeichnung Psychotherapie für Ärzte aller Fachgebiete einschließlich Psychiatrie o 1967 Richtlinien Psychotherapie (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, analytische Psychotherapie) o 1967 Gründung des Arbeitskreises für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (DAGG) (Heigl-Evers, Enke u. a. o 1970 Zweitfacharzt Psychotherapie in der DDR o 1970 Ärztliche Approbationsordnung, Einführung der Fächer Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie, Praktikum für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Entwicklung von Universitätsabteilungen und Lehrstühlen o 1973 Gründung des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (Th. v. Uexküll) Integrativer, holistischer Ansatz in der psychosomatischen Medizin o 1975 Enquète-Bericht der Bundesregierung beharrt auf einem zweiteiligen Versorgungsstrang - einem psychiatrischen - und einem psychotherapeutischenpsychosomatischen Die Geburtsstunde eines anhaltenden Konflikts. o 1978 Einführung der Zusatzbezeichnung Psychoanalyse o 1987 Integration der Verhaltenstherapie in die Richtlinien-Psychotherapie Etablierung der Verhaltensmedizin o 1984 Konzeptualisierung der psychosomatischen Grundversorgung o 1991 Forschungsgutachten zum Psychotherapeutengesetz o 1998 Psychotherapeutengesetz Psychologischer Psychotherapeut Geschichte der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie vor 1945 als Gegenbewegung zur naturwissenschaftlichen dominierenden Medizin Die psychosomatische Gegenbewegung gründet auf drei Traditionen: - die holistische - die psychogenetische - die psychophysiologische Holistischer Ansatz Psychosomatik als Grundlagenfach aller Ärzte unter Berücksichtigung der psychosozialen Faktoren neben den biologischen bei allen Krankheiten Nicht Krankheiten, sondern Kranke werden behandelt (Weiss u. a. English, 1941) Die Einführung des Subjekts in die Medizin (V. v. Weizsäcker) Arzt-Patient-Beziehung (M. Balint) Die psychogenetische Psychosomatik Berücksichtigung der subjektiven Innenwelt des Patienten (S. Freud) und seine Interaktion mit dem Therapeuten Konversionsmodell (Groddeck 1917, F. Deutsch 1922, F. Alexander 1950) (L. Kreil, G. v. Bergmann) Einführung des internistisch-psychoanalytischen Gedankenguts in die Innere Medizin 1946 Zusatzbezeichnung Psychotherapie 1970 Approbationsordnung „Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“ Aufbau universitärer Kliniken und Abteilungen Wissenschaftstheoretische Grundlagen der Psychosomatik zwei methodische Wege der Erkenntnis vom Menschen lebensgeschichtliche, psychosoziale Situation des Subjekts einschließlich der Bedeutung des Körpers für das Subjekt Naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit der körperlichen Erkrankungen Bericht der Bundesregierung zur Lage der Psychiatrie in Deutschland 1975 Zwei Versorgungsstränge: psychiatrisch psychosomatisch Geburtsstunde eines anhaltenden Konflikts 1991 Forschungsgutachten für ein Psychotherapeutengesetz (Meyer et al. 1971) ca. 4000 Ärzte mit Zusatztitel (PT/PSM) waren ausschließlich psychotherapeutisch tätig 1992 Eigenständiges Gebiet mit tiefenpsychologischer und/oder verhaltenstherapeutischer Ausrichtung mehr psychosomatischinternistisch mehr neurosenpsychologisch-psychotherapeutisch Ehem. DDR : Facharzt für Psychotherapie Funktionskreismodell von Jakob von Uexküll Epigenetisches Modell der psycho-somatischen Störungen (1) Frühkindlich unzureichende/schädigende Eltern-Kind-Interaktion: - Sozioemotionale Irritationen und Deprivation - traumatische Belastungsstörungen Limbisches System, Synapsenstörungen, dejustierte Funktionen, strukturelle Defekte durch Epigenese: De/Methylierungen von Genen des stressmodulierenden Systems - Genexpression und –suppression durch sozio-emotionale Interaktionen Konflikthafte Erziehungsstile Epigenetisches Modell der psycho-somatischen Störungen (2) Abnorme Affektentwicklung behinderte Versprachlichung/Symbolisierung der Gefühle Somatoforme (psychophysiologische Störungen), Alexithymie, Dysphorie, Unsicher/desorganisierte Bindungsmuster, mangelhafte Mentalisierung Lern- und Verhaltensstörungen pathologische Psychodynamik psychosoziale Fehlinterpretationen, Verzerrung der „subjektiven Sinnentnahme“ Epigenetisches Modell der psycho-somatischen Störungen (3) Zyklisch-maladaptive Interaktionsmuster mit selbstbezüglicher und zwischenmenschlicher Destruktivität. Negative Lebensereignisse, chroinscher innerer und äußerer Stress, bio-psychosoziale Syndrombildungen. Pathologisches gesundheitliches Risikoverhalten zur Selbstberuhigung (Stressreduktion) bei chronischer Dysphorie. Chronische Erkrankungen, Invalidität, vorzeitiger Tod Gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Normen, Werte Multimodale Psychotherapie Im Zentrum der psychosomatisch-psychotherapeutischen Komplexbehandlung steht die kurativ ausgerichtete Intensivpsychotherapie. Ziel der Behandlung ist nicht nur die Besserung oder Heilung einer krankheitswertigen Symptomatik. Über die Symptombesserung hinaus wird eine Verbesserung der persönlichen Beziehungsgestaltung, der Mentalisierungsfähigkeit, der Selbstwertregulation und anderer persönlichkeitsstruktureller Aspekte mit dem Ziel angestrebt, eine nachhaltige Veränderung zu erreichen. Mittels verbaler, nonverbal erlebnisorientierter, übender und interaktionszentrierter Interventionen werden Veränderungen der Konflikt- und Strukturpathologie psychosomatisch Kranker eingeleitet, die die Grundlage weiterführender ambulanter psychotherapeutischer Behandlung bilden. Dadurch unterscheidet sich die Arbeit von psychiatrischen Einrichtungen, die eher auf Stabilisierung und soziale Reintegration ausgerichtet und symptombezogen, neurobiologisch (psychopharmakologisch) und system- und verhaltenstherapeutisch orientiert sind. Eine wissenschaftlich und klinisch fundierte Indikation für oder gegen eine Psychotherapie oder eine stationäre psychosomatische Komplexbehandlung ergibt sich nicht allein aus der Diagnose, sondern muss u. a. die Entstehungsbedingungen, die Schwere der Störung, die Komorbidität, die Therapieziele, die Behandlungsmotivation, die Persönlichkeitsstruktur und den Behandlungswunsch des Patienten einbeziehen. Kliniken für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie behandeln die nachfolgend aufgeführten Störungen: - somatopsychische Störungen: Störungen der Krankheitsverarbeitung, z. B. bei Krebserkrankung, Transplantation, Dialyse, chronisch somatischen Erkrankungen - psychosomatische Krankheiten im engeren Sinne, d. h. mit Beteiligung psychosozialer Faktoren bei somatischen Erkrankungen, z. B. Herzinfarkt, Hypertonus, Colitis - Somatoforme autonome Funktionsstörungen (z. B. des Herzens, des Magen-Darm-Trakts, der Atmung, des Urogenitalsystems) - Somatoforme Schmerzstörungen - Störungen des Essverhaltens - Konversionssymptome und dissoziative Störungen - Störungen der sexuellen Entwicklung/Identität - Posttraumatische Belastungsstörungen, akute und chronische Belastungsreaktionen, Anpassungsstörungen - Depression, Angst und Zwang in Verbindung mit körperlichen Funktionsstörungen und früher Stressbelastung - artifizielle Störungen - Persönlichkeitsstörungen, insbesondere bei somatischer Komborbidität Affektive Störungen, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen fallen sowohl in den Indikationsbereich des Fachgebiets Psychosomatische Medizin und Psychotherapie als auch des Fachgebiets Psychiatrie und Psychotherapie. Aufgabenprofil des Facharztes Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Vermittler: Schnittstelle zwischen dem somatischen und psychosomatischpsychotherapeutischen Versorgungssystem. Niederschwelliger Zugang. Diagnostiker: biopsychosoziale Diagnose: Neben Symptomatik (ICD.10) Verständnis der Entwicklung der Symptomatik im Rahmen sozialer, interpersoneller, biographischer, persönlichkeitsstruktureller, intrapsychischer Bedingungen sowie der Lerngeschichte. Behandlungsplaner: Einbezug psychosomatischer, psychotherapeutischer und pharmakologischer Behandlungen im Rahmen eines „informed consent“ mit dem Patienten Kooperation mit Psychologischen Psychotherapeuten und Psychiater. Therapeut: Die therapeutischen Aufgaben gehen weit über die Durchführung der Richtlinien-Therapie hinaus. Sie umfassen Motivationsarbeit zur Psychotherapie, den Aufbau eines psychosomatischen Krankheitsverständnisses mit den Patienten sowie die Durchführung von kurzen psychoedukativen Interventionen. Auf dem Boden des erlernten Grundverfahrens wendet der Facharzt flexibel störungsorientierte und störungsübergreifende Techniken und Methoden an. So führt er störungsorientierte Therapie in der Schmerztherapie, Psychoonkologie, Psychokardiologie, Traumatherapie etc. durch sowie kurze oder niederfrequente supportive Therapien, Kurzzeittherapie, Richtlinientherapie im Einzel- oder Gruppensetting und Paar- und Familientherapien. Psychotherapie in der Versorgung Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie arbeitet in einem dreigliedrigen ambulanten Versorgungssystem, das sich in Deutschland exemplarisch entwickelt hat. Dieses setzt sich zusammen aus der ärztlich psychosomatisch-psychotherapeutischen Versorgung: › Hausärzte/Fachärzte tragen in der psychosomatischen Grundversorgung die psychosomatische Basisversorgung (65000) › 2200 somatische Fachärzte mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie/Psychoanalyse leisten eine vertiefte psychotherapeutisch-psychosomatische Versorgung bei Patienten aus ihrem Fachgebiet. › Ca. 3000 Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie arbeiten als Spezialisten in diesem Bereich mit einem Schwerpunkt in der Psychotherapie. der ärztlich psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung und der Versorgung durch Psychologische Psychotherapeuten.