Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg – Weissenau Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I des Universitätsklinikums Ulm Direktor: Prof. Dr. W.P. Kaschka Der Einfluss einer zwangsweisen Unterbringung von Patienten mit Schizophrenie auf Rehospitalisierung und Behandlungsadhärenz - eine prospektive, naturalistische Studie - Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Humanbiologie der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm Carmen Pfiffner Isny im Allgäu 2010 Amtierender Dekan: Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin 1. Berichterstatter: Prof. Dr. Tilman Steinert 2. Berichterstatter: Prof. Dr. Ferdinand Keller Tag der Promotion: 23.07.2010 Inhalt i Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................................................................ 1 1.1 Schizophrenie und Schizoaffektive Störung ................................................................. 2 1.2 Richterliche Unterbringungen in psychiatrischen Kliniken .......................................... 4 1.3 Adhärenz in der Schizophreniebehandlung ................................................................... 6 1.4 Rehospitalisierung in ein psychiatrisches Krankenhaus ............................................... 9 1.5 Fragestellungen und Hypothesen ................................................................................ 11 2 Methode............................................................................................................................. 13 2.1 Studiendesign ............................................................................................................... 13 2.2 Unabhängige Variablen der vorliegenden Arbeit ........................................................ 17 2.3 Abhängige Variablen der vorliegenden Arbeit ........................................................... 19 2.4 Umgang mit fehlenden Werten.................................................................................... 27 2.5 Statistische Methoden .................................................................................................. 27 3 Ergebnisse ......................................................................................................................... 32 3.1. Stichprobengewinnung ............................................................................................... 32 3.2 Stichprobenbeschreibung zum Zeitpunkt des Einschlusses ........................................ 34 3.3 Repräsentativität der Gesamtstichprobe ...................................................................... 40 3.4 Studienteilnahme über 24 Monate hinweg .................................................................. 40 3.5 Drop-Out Analysen – Vergleich der Teilnehmer und Drop-Outs zu jedem Katamnesezeitpunkt.................................................................................................... 42 3.6 Medikamenten- und Behandlungsadhärenz ................................................................ 45 3.7 Zusammenhang der Selbstbeurteilungsinstrumente und der anhand des Medikamentenspiegels eingestuften Medikamentenadhärenz ................................... 59 3.7 Rehospitalisierung ....................................................................................................... 62 3.8 Freiwilligkeitsstatus des Folgeaufenthaltes ................................................................. 68 3.9 Anzahl und Gesamtdauer der Aufenthalte in den 24 Monaten nach Entlassung aus der Indexbehandlung .................................................................................................. 69 4 Diskussion ......................................................................................................................... 70 4.1 Ergebnisdiskussion ...................................................................................................... 70 4.2 Methodendiskussion .................................................................................................... 77 4.3 Schlussfolgerungen ...................................................................................................... 82 5 Zusammenfassung ............................................................................................................. 86 Inhalt ii 6 Literaturverzeichnis........................................................................................................... 88 Anhang ............................................................................................................................... 102 Ablehnerbogen ................................................................................................................. 102 Medication Adherence Rating Scale (MARS) – Deutsche Version ............................... 104 Compliance Selbst-Rating Instrument – Erstinterview (CSRI-E)................................... 105 Compliance Selbst-Rating Instrument – Katamnese (CSRI-K) ...................................... 106 Erhebungsbogen zur Rehospitalisierung ......................................................................... 107 Positiv- und Negativ- Syndrom Skala (PANSS) ............................................................. 108 Global Assessment of Functioning Scale (GAF) ............................................................ 119 Basisdaten – Entlassuntersuchung ................................................................................... 120 Basisdaten – Katamnesen ................................................................................................ 122 Krankheits- und Behandlungsanamnese – Entlassuntersuchung .................................... 124 Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory (CSSRI-D) ........................... 129 Missings in den Fragebögen MARS, CSRI-E und CSRI-K............................................ 138 Drop-Out Analysen zu jedem Katamnesezeitpunkt ........................................................ 139 Vergleich der Probanden mit vollständigen und unvollständigen Blutserumspiegeln ... 143 Danksagung ........................................................................................................................ 144 Inhalt iii Abkürzungsverzeichnis B Betakoeffizient Beh. Behandlung BGB Bürgerliches Gesetzbuch BPRS Brief Psychiatric Rating Scale CI-6 Complianceinventar (6 Items) CSRI-E Compliance Selbst Rating Inventar - Erstinterview CSRI-K Compliance Selbst Rating Inventar - Katamnese CSSRI-D Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory – deutsche Adaptation CSSRI–EU Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory – europäische Version CUtLASS Cost Utility of the Latest Antipsychotic Drugs in Schizophrenia Study DAI Drug Attitude Inventory df Freiheitsgrade DSM-IV Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (4. Version) E Erstinterview zum Zeitpunkt der Entlassung ELAN Studie mit dem Titel: „Einflüsse der antipsychotischen Langzeitbehandlung mit atypischen Neuroleptika auf die funktionale Beeinträchtigung und die subjektive Lebensqualität von Patienten mit schizophrenen Erkrankungen“ F1x.2 ICD-10 Diagnose Substanzabhängigkeit F20.xx ICD-10 Diagnose Schizophrenie F25.xx ICD-10 Diagnose Schizoaffektive Störung F7x.x ICD-10 Diagnose Intelligenzminderung GAF Global Assessment of Functioning Scale GAS Globale Beurteilungsskala GPV Gemeindepsychiatrischer Verbund Gr. 1 Gruppe der freiwillig Behandelten Gr. 2 Gruppe der unfreiwillig Behandelten Inhalt ICD-10 iv International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (10th edition) K6, 12, 18, 24 Katamneseinterview nach 6, 12, 18 und 24 Monaten M Mittelwert MANOVA Multivariate Varianzanalyse MARS Medication Adherence Rating Scale MAQ Medication Adherence Questionnaire Max Maximum Min Minimum n Stichprobengröße n.s. nicht signifikant p Signifikanzniveau PANSS Positiv und Negativ Syndrom Skala PP.rt Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Reutlingen Psych-KG Landesgesetz zur Unterbringung psychisch Kranker SD Standardabweichung SE Standardfehler SPDi Sozialpsychiatrischer Dienst stat. stationär UBG Landesgesetz zur Unterbringung psychisch Kranker zens. zensierte Daten ZfP Zentrum für Psychiatrie Einleitung 1 1 Einleitung Die Zahl der stationären Aufnahmen und Behandlungen in psychiatrischen Krankenhäusern nimmt in den letzten Jahren stetig zu (Spießl et al. 2006). Patienten1 mit Schizophrenien stellen einen abnehmenden Anteil, aber immer noch ca. 20% aller stationären Aufnahmen dar (Hübner-Liebermann et al. 2008). Schizophrenie ist eine der schwersten psychischen Erkrankungen und man geht von einer Lebenszeitprävalenz weltweit zwischen 0,5% bis 1,6% aus (Jablensky 1995). Sie kann durch ihre Symptome weitreichende Folgen für Betroffene und ihre Umgebung haben. Personen mit der Erkrankung Schizophrenie oder der verwandten Erkrankung Schizoaffektive Störung erleiden oftmals Rückfälle, die mit Selbst- oder Fremdgefährdung einhergehen und zu einer stationären Wiederaufnahme führen können (Miller et al. 1984; Bernardo u. Forchuk 2001; Rosca et al. 2006). Solche stationären Behandlungen verursachen hohe finanzielle Gesundheitskosten (Rice 1999). Sowohl die hohen persönlichen Kosten (Einbußen) als auch die hohen gesellschaftlichen Kosten begründen das anhaltend große Forschungsinteresse im Bereich der Behandlung und Rückfallprävention der Erkrankung Schizophrenie. Eine wichtige Komponente in der Rückfallprävention ist die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz. Als Adhärenz wird in der Medizin die Einhaltung der gemeinsam von Patient und Arzt gesetzten Therapieziele bezeichnet. Eine gute Medikamentenadhärenz verringert das Risiko eines Rückfalls innerhalb eines Jahres von etwa 70% auf 30% (Thieda et al. 2003). Fenton et al. (1997) berichten jedoch von einem Median der Medikamentenadhärenz-Rate von ungefähr 55% bei an Schizophrenie erkrankten Personen über längere Zeit hinweg. Die Prädiktion von Adhärenz und Maßnahmen zu ihrer Verbesserung stellen somit wichtige Ziele der Adhärenz-Forschung dar. An Schizophrenie erkrankte Personen stellen den größten Anteil an richterlich untergebrachten Patienten in psychiatrischen Einrichtungen dar (29,5% - 52,7%) (Salize u. Dreßing 2004). Eine richterliche Unterbringung kann aufgrund einer möglichen Selbstoder Fremdgefährdung gegen den Willen einer Person durch das Amtsgericht oder 1 Aus Gründen der Lesbarkeit wurde neben der männlichen nicht auch die weibliche Bezeichnung aufgeführt. Gemeint sind jedoch in allen Fällen sowohl Frauen als auch Männer. Einleitung Vormundschaftsgericht 2 beschlossen werden. Diese richterlich angeordneten Unterbringungen sind ein ethisch und gesellschaftlich immer wieder diskutiertes Konfliktthema. Ärzte, Richter, Angehörige und Behandlungsteams stehen vor dem ethischen Dilemma der Fürsorgepflicht für einen hilfebedürftigen Menschen und gegebenenfalls auch der Pflicht zum Schutz der Rechte Dritter bei Fremdgefährdung einerseits und dem Respekt vor der Patientenautonomie andererseits. Im Hinblick auf die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz, die unter ambulanten Bedingungen nicht erzwungen werden kann, liegt die Befürchtung nahe, dass Zwangsbehandlungen ablehnende Einstellungen bei den betroffenen Patienten erst recht verstärken – mit der Folge des Absetzens der Medikamente und anderer Behandlungsmaßnahmen rasch nach der Entlassung und einem circulus vitiosus von um so häufigeren und wiederum unter Zwang erfolgenden Wiederaufnahmen. Obwohl die Prädiktion von Adhärenz und von Rehospitalisierungen in zahlreichen Studien untersucht wurde, ist dieser Aspekt – der Einfluss einer unter Zwang erfolgten stationären psychiatrischen Behandlung – insbesondere im Hinblick auf den Langzeitverlauf bisher kaum untersucht worden. Die wenigen vorliegenden Ergebnisse liefern ein uneinheitliches Bild (Kallert et al. 2008). Ziel der vorliegenden Arbeit war es deshalb, den Einfluss einer unfreiwilligen Behandlung in einer psychiatrischen Klinik auf die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz sowie die Rehospitalisierung zu untersuchen. Hierzu fand die Datenerhebung im Rahmen einer prospektiven naturalistischen Langzeitstudie im Zeitraum von April 2005 bis Oktober 2008 im Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg – Weissenau mit seiner Satellitenstation in Wangen und den Tageskliniken Wangen, Ravensburg und Friedrichshafen statt. 1.1 Schizophrenie und Schizoaffektive Störung Die Schizophrenie ist eine der schwersten psychischen Erkrankungen. Weltweit erkranken zwischen 0,5% bis 1,6% der Erwachsenen in der Gesamtbevölkerung innerhalb des Lebens mindestens einmal an Schizophrenie (Lebenszeitprävalenz) (Jablensky 1995). Eine andere Typologie und eine Mischform hin zur bipolaren Störung stellt die Schizoaffektive Psychose dar. Diese Verlaufsform zeichnet sich durch gleichzeitig auftretende Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis und Symptome der affektiven Störungen einer Major Einleitung 3 Depression oder manischen Episode aus, die Prognose ist langfristig etwas günstiger. In der ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, 10th edition) (Dilling et al. 1993) und im DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen, vierte Version) (Saß et al. 1998) sind beide Störungsbilder unter den schizophrenen Störungen zusammengefasst, die Übergänge sind in der Praxis oft fließend. Die häufig schweren und sehr beeinträchtigenden Symptome einer schizophrenen Störung betreffen Wahrnehmung, Denken, Gefühle und Verhalten einer Person. Diese Symptome können sowohl für den Betroffenen selbst als auch für sein soziales Umfeld weitreichende Folgen haben. So können Betroffene beispielsweise durch Probleme im sozialen Umgang ihre sozialen Kontakte verlieren und ein bestehendes soziales Netzwerk verkleinert sich dadurch immer mehr (Angermeyer 1995). Durch den Verlust der Produktivität kommt es im Verlauf der Erkrankung häufig zu einem Arbeitsplatzverlust und damit einhergehend zu Armut oder Obdachlosigkeit (Aurich et al. 1999). Weitere weitreichende Folgen können unter anderem Stigmatisierung, Traumatisierung oder Suizid sein (Lauber et al. 2004; Meyer et al. 1999; Vauth u. Bottlender 2007; Braga et al. 2005; Finzen 1997). Wichtige Behandlungsziele stellen deshalb die Symptomreduktion und die Vermeidung eines Rückfalls dar. Als „good clinical practice“ der Schizophreniebehandlung2 und des Rückfallschutzes gilt die Pharmakotherapie mit Antipsychotika (DGPPN 2006). Diese sollen die Symptome insoweit beeinflussen, dass die betroffenen Personen ein möglichst symptomfreies Leben führen können und das Risiko eines Rückfalls reduziert wird. Zusätzlich sollen die Antipsychotika der zweiten Generation einen positiven Einfluss auf kognitive Leistungen wie Konzentration und Gedächtnis haben (Green et al. 1997) und sich günstig auf den Krankheitsverlauf, die Lebensqualität und Funktionsfähigkeit auswirken, wobei die CUtLASS-Studie (Cost Utility of the Latest Antipsychotic Drugs in Schizophrenia Study) dies nicht bestätigen konnte (Jones et al. 2006). Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell (Zubin u. Spring 1977), das von Liberman et al. (1986) durch die Komponente der Stressbewältigung (Coping) ergänzt wurde, stellt das zurzeit am 2 Im Folgenden soll der Begriff „Schizophrenie“ sowohl für die Erkrankung Schizophrenie als auch für Schizoaffektive Störungen stehen, da im ICD-10 und DSM-IV beide Störungsbilder unter den schizophrenen Störungen zusammengefasst sind und es auch keine separaten Behandlungsleitlinien gibt. Einleitung 4 besten akzeptierte ätiopathogenetische Modell der Schizophrenie dar. Es geht davon aus, dass die Vulnerabilität, die Erkrankungsbereitschaft, durch eine Kombination von biologischen, sozialen und psychologischen Faktoren entsteht, die in Kombination mit zu viel Stress oder ungünstigen Umweltbedingungen zu einer Erstmanifestation einer Schizophrenie oder zu einem Rückfall führen kann. Davon ausgehend wird nicht nur die Einnahme von Antipsychotika als notwendig und wirksam in der Schizophreniebehandlung angesehen, sondern auch eine gesunde Lebensführung und die Fähigkeit Stress anhand von Bewältigungsstrategien zu reduzieren. Wichtig sind hierbei eine geregelte Tagesstruktur, der Verzicht auf Alkohol und Drogen, genügend Schlaf und wenig Stress sowie regelmäßige Arztbesuche. Aus diesem Grund werden zusätzlich psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen empfohlen, wie beispielsweise Psychoedukation, Familieninterventionen oder das Trainieren alltäglicher Fähigkeiten (DGPPN 2006). An Schizophrenie erkrankte Personen haben im Vergleich zu Personen mit anderen psychischen Erkrankungen ein erhöhtes Rückfallrisiko. Eine Langzeitstudie über zehn Jahre zeigte, dass 27% der Betroffenen einen günstigen Ausgang der Erkrankung erleben mit vollständiger Remission. 22% haben ein leichtes Residuum und in 42% der Fälle nimmt die Erkrankung einen ungünstigen Verlauf mit mittlerer bis schwerer Ausprägung (Ciompi 1980). Durch die hohen direkten Kosten (Einbußen) wie beispielsweise häufige Rückfälle, stationäre Wiederaufnahmen oder den Verlust sozialer Beziehungen und durch die indirekten Kosten wie Arbeitsausfall und dem Verlust der Produktivität gilt die Schizophrenie als eine der teuersten psychischen Erkrankungen (Rice 1999). Es wird geschätzt, dass 1% - 2% der Gesamtgesundheitsausgaben und 22% der Gesamtkosten psychischer Erkrankungen mit der Erkrankung Schizophrenie zusammenhängen (Rice 1999). Bestehorn et al. (1999) schätzten die Gesamtkosten der Schizophreniebehandlung in Deutschland im Jahr 1998 auf 9,5 Milliarden Euro. 1.2 Richterliche Unterbringungen in psychiatrischen Kliniken Richterliche Unterbringungen sind die häufigste Zwangsmaßnahme im Gesundheitswesen (Salize u. Dreßing 2005). Die Anzahl der zwangsweisen Unterbringungen ist einhergehend mit der Zunahme psychiatrischer Klinikeinweisungen und betreuungsrechtlicher Verfahren in Deutschland in den letzten 20 Jahren angestiegen (Spengler 2007; Salize u. Dreßing Einleitung 5 2004). Während die Rate (Häufigkeit pro 100.000 Einwohner) kontinuierlich stieg, blieb die Quote (Anteil an Zwangsunterbringungen an allen Klinikaufenthalten praktisch konstant (Salize et al. 2007). Von zwangsweisen Unterbringungen (30% - 50%) (Bruns 1991; Szmukler et al. 1981; Salize u. Dreßing 2004; Zeppegno et al. 2005; Rosca et al. 2006) sowie von Zwangsmaßnahmen (Isolierung, Fixierung, Zwangsmedikation) während ihrer stationären Behandlung (Steinert et al. 2007) sind hauptsächlich an Schizophrenie erkrankte Personen betroffen. Obwohl Unterbringungen seit über 100 Jahren immer wieder ethisch und gesellschaftlich kontrovers diskutiert werden, können sich die Debatten kaum auf eine empirische Evidenz des erwarteten Nutzens und der dafür in Kauf genommenen Kosten stützen (Salize u. Dreßing 2005). Dies liegt teilweise am Fehlen einer einheitlichen Gesetzgebung (Martin u. Steinert 2005; Dreßing u. Salize 2004). Bisherige Studien zum Erleben von Patienten und dem kurzzeitigen Behandlungserfolg einer unfreiwilligen Behandlung erbrachten uneinheitliche Ergebnisse. So erleben zwangsweise untergebrachte Patienten die stationäre Behandlung häufig als hohen Zwang und stehen der zwangsweisen Behandlung ablehnend gegenüber auch wenn sie im Nachhinein die Behandlung als gerechtfertigt einstufen (Bindman et al. 2005; Smolka et al. 1997; Gardner et al. 1999). Jedoch gibt es auch längere Zeit nach der Entlassung einen Teil der Patienten, die ihre unfreiwillige Behandlung als weder hilfreich noch gerechtfertigt empfinden (Katsakou u. Priebe 2006; Längle u. Bayer 2007, Pieters 2003). Sowohl positive als auch negative Aspekte einer unfreiwilligen Behandlung gibt eine Übersichtsarbeit mit qualitativen Studien wieder (Katsakou u. Priebe 2007). Dabei spielen die vier Faktoren Patientenautonomie, Versorgungsqualität, emotionaler Einfluss und Behandlungserfolg eine große Rolle. So kann im negativen Fall eine unfreiwillige Behandlung zum Gefühl des Verlustes der Selbstverantwortlichkeit und eigenen Entscheidungsfreiheit führen oder im positiven Fall kann die Einbeziehung in die Behandlungsplanung und die Zusammenarbeit zwischen Patient und Behandlungsteam einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Zwangs haben. Das Erlebnis des Krankenhauses als sicheren Ort, der Patienten vor Selbstverletzungen schützt, kann zu positiven Behandlungserfolgen auch auf lange Sicht hin führen. Pieters (2003) fand, dass Behandlungen, trotz Zwangsmaßnahmen, oft ohne größere negative Folgen von Betroffenen verarbeitet werden und dass die allgemeine Zufriedenheit nach drei Wochen bei freiwillig und unfreiwillig behandelten Patienten gleich war. Jedoch waren die zwangsweise behandelten Patienten im Vergleich mit einer Kontrollgruppe freiwillig Einleitung 6 behandelter Patienten kurz- und langfristig signifikant weniger zufrieden mit der ärztlichen Behandlung, bei fehlenden objektiven Unterschieden in allen Outcome-Maßen. Nicht nur ein Teil der unfreiwillig behandelten Patienten erlebt die stationäre Behandlung als Zwang, sondern auch ein Teil der freiwillig Behandelten (Bindman et al. 2005; Nicholson et al. 1996; Kaltiala-Heino et al. 1997). Sowohl bei freiwillig als auch bei unfreiwillig behandelten Personen kommt es im Verlauf der stationären Behandlung zu einer klinischen Verbesserung der Psychopathologie mit einem Rückgang der Symptomatik (McEvoy et al. 1989; Steinert u. Schmid 2004; Katsakou u. Priebe 2006). Jedoch haben Personen, die einmal unfreiwillig behandelt wurden, bei weiteren stationären psychiatrischen Behandlungen häufig ein erhöhtes Risiko erneut zwangsweise untergebracht zu werden (Munk-Jørgensen et al. 1991; McEvoy et al. 1989; Fennig et al. 1999; Szmukler et al. 1981). Bisher wurden die Auswirkungen einer richterlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf die für die Schizophreniebehandlung maßgebliche Medikamenten- und Behandlungsadhärenz und die Wahrscheinlichkeit künftiger Rehospitalisierungen nur wenig untersucht. Darauf wird in den beiden folgenden Kapiteln 1.3 und 1.4 genauer eingegangen. 1.3 Adhärenz in der Schizophreniebehandlung Die Adhärenz wird als wichtige Komponente in der Behandlung und Rückfallprävention von Personen, die an Schizophrenie erkrankt sind, angesehen. Das Fehlen einer guten Adhärenz bildet das Hauptproblem in der klinischen Behandlung (Kikkert et al. 2006). Dem Begriff „Adhärenz“ ging in der Literatur der Begriff „Compliance“ voraus. Compliance bezeichnet den Grad, in dem das Verhalten eines Patienten mit den ärztlichen Ratschlägen und Verordnungen übereinstimmt (Haynes et al. 1979). Im Laufe der Jahre wurde der Begriff „Compliance“ aufgrund seiner inhaltlichen Bedeutung, des bloßen passiven Befolgens einer ärztlichen Anweisung, eher kritisiert und an seine Stelle traten die Begriffe „Adhärenz“ oder „Konkordanz“. Diese beiden Begriffe werden als Betroffenen-freundlicher und das Thema der Behandlungstreue und Medikamenteneinnahme treffender bewertet, da sie die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient betonen und somit dem Patienten eine aktivere Rolle zuweisen (Day 2003). Der Einleitung 7 Begriff „Compliance“ findet jedoch noch häufig in Literatur und klinischem Alltag Verwendung. Eine gute Medikamenten- und Behandlungsadhärenz reduziert die Rückfallhäufigkeit (Verdoux et al. 2000; Morken et al. 2008) und macht eine Rehospitalisierung in einer psychiatrische Klinik seltener notwendig (Sullivan et al. 1995; Corrigan et al. 1990; Haywood et al. 1995; Houston et al. 2001; Verdoux et al. 2000; Morken et al. 2008). Jedoch liegen die Medikamentenadhärenz-Raten über die Zeit hinweg bei der Erkrankung Schizophrenie im Durchschnitt nur bei 50% bis 55% (Day 2003; Fenton et al. 1997). Aus diesem Grunde ist die Erforschung der Prädiktion von Adhärenz und deren Verbesserung ein zentrales Thema der klinischen Schizophrenieforschung. Zur Prädiktion von Adhärenz liegen bereits zahlreiche Studien vor, die jedoch teilweise aufgrund methodischer Schwierigkeiten keine verallgemeinerbaren Aussagen zulassen (Farmer 1999). Als große Schwierigkeiten stellten sich unterschiedliche Definitionen von „Adhärenz/Compliance“ und unterschiedliche Messverfahren heraus. Velligan et al. (2006) fanden in ihrem Übersichtsartikel mit Studien der letzten drei Jahrzehnte zum Thema Adhärenz, dass es eine sehr breite Definition von adhärentem Verhalten gibt, die von der bloßen Zustimmung Medikamente einzunehmen bis hin zur Definition mindestens 90% der verschriebenen Medikamente eingenommen zu haben, reicht. Oftmals erfolgt eine dichotome Einteilung in „gute“ oder „schlechte“ Adhärenz, die jedoch der alltäglichen Medikamenteneinnahme nicht gerecht wird – man sollte deshalb die Adhärenz als ein graduelles Konstrukt betrachten (Möller et al. 2007), das von zahlreichen persönlichen, krankheitsbedingten, psychopharmakologischen, umweltbezogenen oder anderen Faktoren beeinflusst werden kann und einen komplexen Prozess darstellt (Day 2003; Fleischhacker et al. 2003; Fenton et al. 1997). Zur Messung der Medikamentenadhärenz stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. In den meisten Fällen (77%) werden Selbsteinschätzungen verwendet (Velligan et al. 2006). Eine objektivere oder direktere Art der Adhärenzbestimmung bilden sogenannte biologische Messverfahren, die auf die Messung des Blutserumspiegels oder der Konzentrationsbestimmung im Urin zurückgreifen. Keines der Messverfahren ist absolut genau (O´Shea 1995) und die Konkordanz zwischen diesen Messmethoden ist niedrig (Fenton et al. 1997). Trotz zahlreicher Studien zur Prädiktion von Adhärenz wurde bisher nur selten der Einfluss einer unfreiwilligen stationären psychiatrischen Behandlung auf die Einleitung 8 Medikamenten- und Behandlungsadhärenz im nachstationären Verlauf untersucht. Unklar ist deshalb, ob eine richterlich angeordnete Unterbringung sich negativ auf die anschließende Medikamenten- und Behandlungsadhärenz auswirken kann oder diese möglicherweise fördern kann. Vier von sechs Studien zum Einfluss einer richterlichen Unterbringung auf die Medikamentenadhärenz zeigten keinen signifikanten Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Personen. Eine Studie aus Frankreich mit 65 Probanden zeigte keinen signifikanten Unterschied in der Medikamentenadhärenz über einen Zeitraum von zwei Jahren nach Entlassung (Verdoux et al. 2000). Eine amerikanische Studie mit 52 Probanden berichtet nach einem Beobachtungszeitraum von 2,5 bis 3,5 Jahren keinen signifikanten Unterschied zwischen unfreiwillig und freiwillig behandelten Personen (McEvoy et al. 1989). Eine deutsche Studie mit 83 Teilnehmern brachte ebenfalls nach 18 Monaten keinen signifikanten Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Patienten hervor (Pieters 2003). Eine neue Studie mit 217 Teilnehmern, die in Dänemark und Norwegen stattfand, brachte ebenfalls keinen signifikanten Unterschied nach zwei Jahren Beobachtungszeit in der Medikamentenadhärenz (Opjordsmoen et al. 2010). Zwei der vier Studien untersuchten ausschließlich Personen mit den Diagnosen Schizophrenie oder Schizoaffektive Störung. Nur eine dieser Studien fand in Deutschland statt. Hingegen werden signifikante Unterschiede hinsichtlich der Medikamentenadhärenz zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Patienten in zwei Studien berichtet. In einer englischen Studie mit 250 Probanden, davon 150 unfreiwillig behandelte, lag nach einem Jahr ein signifikanter Unterschied in der Medikamenteneinnahme zwischen freiwillig und unfreiwillig Behandelten vor: Unfreiwillig behandelte Patienten nahmen weniger häufig Medikamente ein als freiwillig behandelte Probanden (Szmukler et al. 1981). Dieser signifikante Unterschied verschwand jedoch nach Matching bezüglich der Diagnose. Eine niederländische Studie mit einer Probandenzahl von 119 berichtet von signifikant mehr Medikamentenadhärenz bei freiwillig behandelten Probanden nach einem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren (De Haan et al. 2007). Auch hinsichtlich der Behandlungsadhärenz (Teilnahme an Psychotherapie, gemeindepsychiatrischen Angebote, regelmäßige Arztbesuche usw.) finden sich bisher nur wenig empirische Belege zu den Auswirkungen einer unfreiwilligen stationären Behandlung. Drei bereits im oberen Abschnitt erwähnte Studien mit 83, 217 und 825 Probanden berichten Einleitung 9 von keinen signifikanten Unterschieden über einen Zeitraum von 18 Monaten bis 3,5 Jahren (McEvoy et al. 1989; Pieters 2003; Opjordsmoen et al. 2010). Eine weitere Studie von Leung et al. (1993) fand ebenfalls nach zwei Jahren keinen Unterschied in der nachstationären Behandlung zwischen zuvor freiwillig und unfreiwillig Behandelten. Eine ebenfalls bereits oben beschriebene Studie zeigte einen signifikanten Unterschied in die Richtung auf, dass unfreiwillig behandelte Personen, ein Jahr nach Entlassung weniger ambulante Einrichtungen nutzten und weniger Arztkontakte hatten (Szmukler et al. 1981). Nur zwei dieser fünf Studien untersuchten ausschließlich an Schizophrenie oder Schizoaffektiver Störung erkrankte Personen. 1.4 Rehospitalisierung in ein psychiatrisches Krankenhaus Von wiederholten stationären Behandlungen in psychiatrischen Krankenhäusern sind besonders an Schizophrenie erkrankte Personen häufig betroffen (Miller et al. 1984; Sanguineti et al. 1996; Bernardo u. Forchuk 2001; Rosca et al. 2006). Eine Studie von Eaton et al. (1992) ergab in vier Gesundheitszentren eine Rehospitalisierungsrate innerhalb eines 20-jährigen Beobachtungszeitraums zwischen 50% und 85% nach einer Erstmanifestation einer schizophrenen Psychose. Davon wurden die meisten Personen innerhalb von fünf Jahren wiederaufgenommen. Rückfälle verursachen zum einen hohe persönliche Kosten (Einbußen) durch Arbeitsausfall, weniger Kontakt zu Familie und Freunden, Herausgerissen sein aus dem Alltag und einem damit einhergehenden Rückgang der Lebensqualität und der persönlichen Zufriedenheit (Salokangas et al. 2006) als auch gemeinschaftliche Kosten durch Krankenhausbehandlung oder Arbeitsausfall (Weiden u. Olfson 1995; Rice 1999). Zusätzlich gibt es einen weltweiten Trend der Zunahme an psychiatrischen Rehospitalisierungen (Spießl et al. 2006; Riecher-Rössler u. Rössler 1993). Dieser Trend wird häufig mit der Deinstitutionalisierung, dem Verlagern der Behandlung vom stationären in den ambulanten Bereich und den aus ökonomischen Gründen verkürzten Verweildauern in Verbindung gebracht (Spießl et al. 2006; Baron u. Hays 2003). Da es bereits seit den 60er Jahren ein Anliegen zahlreicher Forscher ist, die Faktoren, die eine erneute stationäre psychiatrische Behandlung begünstigen, zu erfassen, um einem Rückfall präventiv begegnen zu können, gibt es zahlreiche Ergebnisse zur Prädiktion einer Rehospitalisierung. Methodisch problematisch sind dabei häufig eine geringe Stichproben- Einleitung 10 größe, ein geringer Beobachtungszeitraum von nur wenigen Wochen bis Monaten, der Einschluss nur einer prädiktiven Variable, das Fehlen von Analysen, die sich auf die Kontrolle von relevanten Kovariaten stützen oder retrospektive Erhebungsansätze auf der Basis von Selbstberichten. Häufig werden die Wiederaufnahmedaten auf ein dichotomes Ergebnis eingeschränkt und sagen so nichts über unterschiedliche Verläufe, sondern nur über Häufigkeiten und Raten aus. Nur selten wird ein genauer Verlauf anhand von Angaben zu Tagen bis zu einer Rehospitalisierung analysiert. Obwohl die Prädiktion einer Rehospitalisierung so häufig Gegenstand unterschiedlicher Studien war, wurden bisher nur selten die Folgen einer unfreiwilligen stationären psychiatrischen Behandlung auf das Risiko einer Rehospitalisierung empirisch untersucht. Keine signifikanten Unterschiede zwischen freiwillig und unfreiwillig stationär behandelten Personen zeigten sich in sieben Studien (McEvoy et al. 1989; Leung et al. 1993; Russo et al. 1997; Fennig et al. 1999; Olfson et al. 1999; Pieters 2003; Opjordsmoen et al. 2010). Hierbei reichten die Studienpopulationen von 42 bis 9081 Teilnehmern. Zwei der sechs Studien untersuchten ausschließlich an Schizophrenie oder Schizoaffektiver Störung erkrankte Personen und die Beobachtungszeiten lagen zwischen 3 Monaten und 17 Jahren. In einer weiteren Studie mit 1064 unfreiwillig behandelten Patienten verschwand ein signifikanter Unterschied hinsichtlich des erhöhten Risikos einer Wiederaufnahme nach neun Jahren durch die Adjustierung der Variable „kriminelles Verhalten“ (Crisanti 1999). Eine erhöhte Wiederaufnahmerate bei zuvor unfreiwillig behandelten Personen wurde in fünf Studien berichtet (Szmukler et al. 1981; Houston et al. 2001; Feigon u. Hays 2003; Bruns 1991; Rosca et al. 2006). Die Studienpopulationen reichten von 250 bis 2150 Personen, der Beobachtungszeitraum lag bei 30 Tagen bis zu 10 Jahren. Keine der Studien untersuchte ausschließlich Personen, die an Schizophrenie oder einer schizoaffektiven Psychose erkrankt waren. Es zeigt sich, dass es bisher keine einheitlichen Ergebnisse zu den Folgen einer Unterbringung auf das Risiko einer Rehospitalisierung gibt, jedoch scheint die Rehospitalisierungsrate bei unfreiwillig behandelten Patienten nach der Literatur zumindest nicht höher als bei freiwillig behandelten zu sein. Einleitung 11 1.5 Fragestellungen und Hypothesen Die Erkrankungen Schizophrenie und Schizoaffektive Störung sind psychische Erkrankungen, die häufig auftreten und die schwere Folgen für Betroffene und ihre Umwelt mit sich bringen können. Nicht selten kommt es bei diesen psychischen Erkrankungen zu Rückfällen, die eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik notwendig machen. Diese stationären Behandlungen sind häufig unfreiwilliger Art und können dadurch für Patienten negative Folgen mit sich bringen. Bisher standen in empirischen Studien das Erleben von Zwang und die kurzfristigen Behandlungsergebnisse im Vordergrund. Obwohl die Adhärenz eine wichtige Komponente im Rückfallschutz darstellt und deren Prädiktion und Verbesserung seit Jahren Gegenstand empirischer Untersuchungen sind, wurden bisher kaum die Auswirkungen einer unfreiwilligen stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik auf die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz untersucht. Genauso verhält es sich mit der Prädiktion von Rehospitalisierungen. Auch diese wurde in zahlreichen Studien beforscht, jedoch lag nur in wenigen Studien der Fokus auf den Auswirkungen einer unfreiwilligen stationären Behandlung auf das Risiko einer Rehospitalisierung. Ziel dieser Studie ist es, mehr empirische Evidenz bezüglich der Einflüsse einer zwangsweisen Unterbringung auf die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz sowie auf die Rehospitalisierung zu erbringen. Es sollen folgende Fragestellungen beantwortet werden: Erste zentrale Fragestellung (1): Hat eine unfreiwillige stationäre Behandlung von an Schizophrenie erkrankten Personen eine schlechtere Medikamenten- und Behandlungsadhärenz zur Folge? Bereits vorliegende Studien weisen in die Richtung, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Personen in ihrer poststationären Medikamenten- und Behandlungsadhärenz über längere Zeit gibt. Einleitung 12 Somit lautet die erste zentrale Hypothese der Studie: Personen, die unfreiwillig stationär behandelt wurden, haben im Verlauf von zwei Jahren nach ihrer Entlassung aus der stationären Behandlung keine schlechtere Medikamenten- oder Behandlungsadhärenz als Personen, die freiwillig behandelt wurden (zentrale Hypothese 1). Zweite zentrale Fragestellung (2): Führt eine unfreiwillige stationäre Behandlung von an Schizophrenie erkrankten Personen zu einer schnelleren Wiederaufnahme (a) und zu häufigeren und längeren Wiederaufnahmen (b) in einer psychiatrischen Klinik? Bereits vorliegende Studien zum Einfluss einer Unterbringung auf die Rehospitalisierung bringen ein noch wenig eindeutiges Bild hervor. Es liegen jedoch mehr Ergebnisse dahingehend vor, dass es zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Personen über die Zeit keinen signifikanten Unterschied in der Rehospitalisierung gibt. Deshalb lauten zwei weitere zentrale Hypothesen: Personen, die eine unfreiwillige stationäre Behandlung erfahren haben, werden nicht schneller rehospitalisiert als freiwillig Behandelte (zentrale Hypothese 2 (a)). Personen, die eine unfreiwillige stationäre Behandlung erfahren haben, werden nicht häufiger und nicht länger rehospitalisiert (zentrale Hypothese 2 (b)). Zusätzlich ist folgende Fragestellung von Interesse: Fragestellung (3): Handelt es sich beim Status der „Unfreiwilligkeit“ einer stationären Behandlung um ein konstantes Merkmal über die Zeit? Das Risiko erneut unfreiwillig behandelt zu werden, ist bei zuvor untergebrachten Personen erhöht, so die bisher vorliegenden Ergebnisse früherer Studien. Daraus lässt sich die dritte Hypothese ableiten: Personen mit unfreiwilliger Indexbehandlung werden mit höherer Wahrscheinlichkeit bei ihrer nächsten stationären Behandlung erneut richterlich untergebracht (Hypothese 3). Methode 13 2 Methode 2.1 Studiendesign Die Untersuchung der Fragestellungen erfolgte auf Grundlage der Daten der ELAN-Studie („Einflüsse der antipsychotischen Langzeitbehandlung mit atypischen Neuroleptika auf die funktionale Beeinträchtigung und die subjektive Lebensqualität von Patienten mit schizophrenen Erkrankungen“). Die ELAN-Studie war eine multizentrische, prospektive Langzeitstudie, die in den folgenden Abschnitten 2.1.1-2.1.4 genauer beschrieben wird. Danach wird in Abschnitt 2.1.5 das Studiendesign der vorliegenden vorgestellt. 2.1.1 Beschreibung des Studiendesigns der ELAN-Studie Die ELAN-Studie bildete die Datengrundlage zur Testung der Fragestellungen der vorliegenden Arbeit. Sie wurde vor Studienbeginn durch die Ethikkommission der Universität Ulm bewilligt. Bei der Studie handelte es sich um eine multizentrische, naturalistische, prospektive Verlaufsstudie mit fünf halbjährlich stattfindenden Messzeitpunkten. Sie hatte zum Ziel, Aufschlüsse über die Auswirkungen einer antipsychotischen Langzeitbehandlung auf Lebensqualität, Gesundheit, allgemeines Funktionsniveau und verschiedene Lebensbereiche zu geben. Hierzu wurden Personen mit der Diagnose Schizophrenie (F20.x nach ICD-10) oder Schizoaffektive Störung (F25.x nach ICD-10) befragt. Zu den teilnehmenden Zentren zählten das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg mit den Standorten Weissenau (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm) und Zwiefalten, die Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik Tübingen, die Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Reutlingen (PP.rt) und das Bezirkskrankenhaus Günzburg (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm). Zusätzlich waren das Bezirkskrankenhaus Augsburg und die psychiatrische Abteilung des Klinikums Heidenheim sowie die Psychiatrische Tagesklinik Friedrichshafen involviert. Die Stichprobengröße aller Zentren lag insgesamt bei 374 Studienteilnehmern. Die geplante und angestrebte Teilnehmerzahl für den Standort Weissenau des ZfPSüdwürttemberg lag bei 130 Probanden. Diese Teilstichprobe diente als Datengrundlage Methode 14 der vorliegenden Arbeit, da die betreffenden Probanden von der Autorin oder von einer Kollegin (Dr. Susanne Jaeger) selbst zu allen Messzeitpunkten untersucht wurden und Daten im Hinblick auf die Fragestellungen prospektiv erfasst werden konnten. Die Rekrutierung erfolgte in der Zeit von April 2005 bis November 2006. Das ZfP Südwürttemberg-Weissenau ist für die Regionen Ravensburg und Bodenseekreis die einzige pflichtversorgende vollstationäre psychiatrische Einrichtung. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die hier behandelte Klientel repräsentativ für stationär behandlungsbedürftige Patienten mit schizophrenen und schizoaffektiven Erkrankungen in der untersuchten Versorgungsregion ist. Die Region umfasst teils kleinstädtische, teils ländliche Gebiete mit insgesamt 480.000 Einwohnern. Die Patienten wurden auf insgesamt zehn verschiedenen psychiatrischen Stationen behandelt. Dazu zählten drei akutpsychiatrische Aufnahmestationen, wovon eine Station ein ausgelagerter „Satellit“ in Wangen war. Des Weiteren waren eine gerontopsychiatrische Station, zwei offen geführte allgemeinpsychiatrische Stationen, eine geschlossen geführte allgemeinpsychiatrische Station und drei Tageskliniken in Ravensburg, Wangen und Friedrichshafen beteiligt. Die Tagesklinik Friedrichshafen gehört nicht zum ZfP Südwürttemberg, dieses stellt aber das ärztliche Personal im Rahmen eines Gestellungsvertrages und es besteht eine enge Kooperation auf vielen Ebenen. Die Patienten wurden in einem Informationsschreiben und einem zusätzlichen Informationsgespräch über die Studieninhalte und das methodische Vorgehen aufgeklärt und um ihr Einverständnis zur Studienteilnahme gebeten. Bei Vorliegen des Einverständnisses (informed consent) fand die erste persönliche Befragung im stationären Rahmen kurz vor Entlassung (ein bis zwei Wochen) statt. Sie nahm in der Regel eineinhalb Stunden in Anspruch. Das Interview war teils vollstrukturiert, teils halbstrukturiert und wurde jeweils von der Autorin oder der anderen für die Studie eingestellten DiplomPsychologin (Dr. Susanne Jaeger) durchgeführt. Zusätzlich wurden Daten aus den Archivakten oder aus der elektronischen Krankenakte erhoben. Wenn möglich, fanden Gespräche mit den behandelnden Ärzten statt, um fremdanamnestische Informationen zu erhalten. Das Studiendesign der ELAN-Studie sah die Einteilung in zwei Gruppen vor, die dieselbe Größe haben sollten. Die Experimentalgruppe hatte zum Entlasszeitpunkt eine Methode 15 medikamentöse Behandlung mit Quetiapin, die Probanden in der Kontrollgruppe hatten entweder Olanzapin oder Risperidon als Entlassmedikation. Um einen Verlauf über die Zeit abbilden zu können, fanden weitere vier Befragungen statt, die sich im halbjährigen Turnus über zwei Jahre erstreckten. Die Katamneseinterviews wurden größtenteils mit den Teilnehmern im persönlichen Kontakt durchgeführt. In Ausnahmen wurde auf die Möglichkeit einer telefonischen oder schriftlichen Befragung zurückgegriffen. In den Katamneseinterviews konnten nur selten fremdanamnestische Angaben zusätzlich als Informationsquellen herangezogen werden, da die Interviews in der Regel ohne weitere Personen stattfanden. Der zeitliche Erhebungsspielraum der Halbjahres-Katamnesen lag bei ± sechs Wochen, da sich viele Patienten zu diesen Zeitpunkten nicht in stationärer Behandlung befanden und es teilweise schwierig war, passende Termine zu finden. Oftmals wurden Hausbesuche durchgeführt, da es für Probanden aus den verschiedensten Gründen, wie beispielsweise schlechte Verkehrsanbindung oder Zeitprobleme, schwierig war, in die psychiatrische Klinik zu gelangen. 2.1.2 Einschlusskriterien der ELAN-Studie Als potentielle Teilnehmer („eligible patients“) für die ELAN-Studie wurden alle Patienten mit einem Mindestalter von 18 Jahren betrachtet, die die klinischen Diagnosen Schizophrenie (F20.x nach ICD-10) oder Schizoaffektive Störung (F25.x nach ICD-10) hatten, sich kurz vor Entlassung (maximal ein bis zwei Wochen) befanden und mit einem der drei „atypischen“ Neuroleptika Quetiapin, Risperidon oder Olanzapin behandelt wurden. Eine Kombinationstherapie mit anderen, außer den genannten Medikamenten, war erlaubt, jedoch durfte keine Kombinationstherapie zwischen den drei Medikamenten bestehen. Die Rekrutierungsvorschrift gab vor, dass in die „Quetiapin – Gruppe“ ebenso viele Patienten eingeschlossen sein sollten wie in die „Olanzapin und Risperidon – Gruppe“ (Vereinbarung mit dem Sponsor der Studie, Firma Astra-Zeneca GmbH). Methode 16 2.1.3 Ausschlusskriterien der ELAN-Studie Ausschlusskriterien waren eine zusätzlich diagnostizierte Abhängigkeitserkrankung (F1x.2 nach ICD-10), das Vorliegen einer schweren begleitenden organischen Erkrankung, die möglicherweise zum Tod führen konnte, niedrige Intelligenz (F7x.x nach ICD-10), unzureichende deutsche Sprachkenntnisse, fehlende Einwilligungsfähigkeit oder eine Kombinationstherapie mit zwei oder drei der unter 2.1.2 genannten Neuroleptika. 2.1.4 Studienablauf der ELAN-Studie Zu Beginn der ELAN-Studie wurden alle Ärzte der betreffenden Stationen über das Studiendesign, die Bedingungen der Studienteilnahme und die Ein- und Ausschlusskriterien aufgeklärt. Dabei war es wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Studie keinerlei Einfluss auf die Verordnung der Medikamente haben durfte. Von großer Bedeutung war, eine möglichst naturalistische Studie zu erhalten. Das Screening der Patienten erfolgte über wöchentliche Kontrollen der elektronischen Krankenakte sowie Stationsbesuche. Befand sich ein Patient wenige Wochen vor Entlassung, so sprach entweder der behandelnde Arzt mit ihm über die Studienteilnahme oder eine der Interviewerinnen ging auf den Patienten zu und informierte über die Studienbedingungen und den Studienablauf. War ein Patient mit der Studienteilnahme nicht einverstanden, wurde ein Ablehnerbogen ausgefüllt (siehe Anhang S.102). Entschied sich ein Patient für die Teilnahme, wurde ein Interviewtermin vereinbart. Zu Beginn des Erstinterviews wurde eine Einwilligungserklärung vom Probanden unterschrieben und danach in einem zeitlichen Rahmen von circa eineinhalb Stunden das Interview geführt. Zeigte sich, dass das gesamte Interview innerhalb eines Termins zu anstrengend für einen Patienten war, fanden mehrere Interviewsitzungen statt. Jedes halbe Jahr nahmen die Interviewerinnen schriftlichen Kontakt mit dem Probanden auf und kündigten ein baldiges Telefonat an. So hatten die Probanden Zeit, sich Gedanken zu machen, ob sie erneut befragt werden möchten. Im telefonischen Kontakt wurde bei Zustimmung ein Termin vereinbart, der entweder in der Klinik oder bei den Studienteilnehmern zu Hause stattfand. Zudem wurde bei der einjährigen und zweijährigen Datenerhebung, sofern sich die Patienten dazu bereit erklärt hatten, eine Blutentnahme Methode 17 beim behandelnden Hausarzt vereinbart oder ein Termin zu diesem Zweck im ZfP Südwürttemberg-Weissenau vereinbart. Inhaltlich glichen sich alle Interviews. Die Teilnahme pro Interview wurde mit 15 Euro vergütet. Fand eine zusätzliche Blutabnahme statt, erhielten die Patienten zusätzlich 5 Euro. Kamen die Patienten zum Termin in die Psychiatrie Weissenau, wurden ihnen darüber hinaus die Fahrtkosten erstattet. Konnte kein persönliches Treffen zustande kommen, da der Proband verzogen war oder sich momentan zu instabil fühlte, bestand die Möglichkeit einer telefonischen oder schriftlichen Befragung, zu der ein Teil der Probanden bereit war. 2.1.5 Beschreibung des Studiendesigns der vorliegenden Arbeit Es sollte im naturalistischen Verlauf eine Gruppe von freiwillig und unfreiwillig behandelten Patienten mit Schizophrenie oder Schizoaffektiver Störung hinsichtlich ihrer Medikamenten- und Behandlungsadhärenz sowie Rehospitalisierung verglichen werden. Dazu wurden Probanden der ELAN-Studie anhand ihres Freiwilligkeitsstatus zum Zeitpunkt der Indexbehandlung (Aufenthalt während dessen die Patienten für die ELANStudie rekrutiert wurden) in zwei Gruppen eingeteilt. Für den zeitlichen Verlauf über zwei Jahre wurden die Daten der halbjährlich durchgeführten Katamneseinterviews herangezogen. 2.2 Unabhängige Variablen der vorliegenden Arbeit 2.2.1 Freiwilligkeit/Unterbringung Um der Frage nach dem Einfluss eines freiwilligen oder unfreiwilligen stationären Aufenthaltes in einem psychiatrischen Krankenhaus auf den weiteren Behandlungsverlauf nachgehen zu können, wurden die Teilnehmer der ELAN-Studie in zwei Gruppen eingeteilt. Hierzu wurden archivierte Papierakten nach einem richterlichen Unterbringungsbescheid für den Indexaufenthalt durchgesehen. Mit Hilfe dieser Information fand die Gruppeneinteilung in die eine Gruppe, der zum Indexaufenthalt freiwillig behandelten Patienten, und in die andere Gruppe, der zum Indexaufenthalt unfreiwillig behandelten Patienten, statt. Personen, die zu Beginn ihrer Indexbehandlung den Status „fürsorgliche Zurückhaltung“ hatten, sich aber innerhalb der ersten drei Tage zu Methode 18 einer weiterführenden freiwilligen Behandlung bereit erklärten, so dass keine richterliche Unterbringung beantragt wurde, wurden als freiwillig behandelte Patienten betrachtet. Die „fürsorgliche Zurückhaltung“ kann gemäß dem baden-württembergischen Unterbringungsgesetz für maximal drei Tage erfolgen, ohne einen Unterbringungsantrag beim Amtsgericht stellen zu müssen. Durch diese Einteilung kann man davon ausgehen, dass sich in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Patienten nur solche Patienten befanden, die über längere Zeit unfreiwillig in stationärer Behandlung waren. Sie waren formal gemäß Unterbringungsgesetz (UBG) oder nach dem Betreuungsgesetz/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) untergebracht und befanden sich nicht nur aufgrund einer möglicherweise turbulenten Aufnahmesituation kurzzeitig formal unfreiwillig auf Station. Wegen der sonst zu kleinen Gruppengrößen wurde auf eine Bildung von Subgruppen verzichtet. Um von einem zeitnahen Einfluss der Unterbringungsmaßnahme auf den weiteren Krankheitsverlauf ausgehen zu können, erfolgte die Gruppeneinteilung nach dem Freiwilligkeitsstatus der Indexbehandlung. Ein Vergleich derjenigen Patienten, die sich erstmalig in freiwilliger oder unfreiwilliger stationärer psychiatrischer Behandlung befanden, ließ sich aufgrund der geringen Zahl der eingeschlossenen Erstaufnahmen nicht verwirklichen. Methode 19 2.3 Abhängige Variablen der vorliegenden Arbeit Einen Überblick über die abhängigen Variablen und die verwendeten Messinstrumente gibt Tabelle 1. Jedes Messinstrument wird in diesem Kapitel ausführlicher dargestellt. Die Hauptoutcomevariablen der vorliegenden Studie waren gemäß den Fragestellungen und Hypothesen die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz sowie die Rehospitalisierung. Erhebungsinstrumente K12-Interview K18-Interview K24-Interview x x x x x Medikamenten- und BehandlungsAdhärenz Medication Adherence Rating Scale – MARS Compliance Selbst Rating Instrument Entlassung – CSRI-E Compliance Selbst Rating Instrument Katamnese – CSRI-K Medikamentenspiegel x x Rehospitalisierung Erhebungsbogen zur Rehospitalisierung Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory – CSSRI-D x x x x x x x x x x Psychopathologie Positiv und Negativ Syndrom Skala – PANSS x x x x x Globales Funktionsniveaus Global Assessment of Functioning Scale – GAF x x x x x Soziodemographische Daten und Angaben zu Drop-Out Fragebogen zu Basisdaten – E Fragebogen zu Basisdaten – K x bisheriger Krankheitsverlauf und Angaben zur Zufriedenheit mit medikamentöser und psychiatrischer Behandlung Fragebogen zur Krankheits- und Behandlungsanamnese – E x E-Interview Variablen K6-Interview Tabelle 1: Erhebungsinstrumente zu den jeweiligen Messzeitpunkten x x x x x x x x x x Methode 20 2.3.1 Erfassung der Adhärenz Die Adhärenz stellte eines der zwei Hauptoutcomemaße der vorliegenden Arbeit dar. Sie wurde anhand verschiedener Messinstrumente und –methoden ermittelt, die im Folgenden genauer beschrieben werden. 2.3.1.1 Medication Adherence Rating Scale – MARS Die Medication Adherence Rating Scale (MARS), ist einer der drei verwendeten Fragebögen zur Adhärenzerfassung. Dieser Fragebogen ist eine von Thompson et al. (2000) überarbeitete Fassung des Drug Attitude Inventory (DAI) von Hogan et al. (1983) und des Medication Adherence Questionnaire (MAQ) von Morisky et al. (1986), das medikamentenadhärentes Verhalten valider und reliabler erheben soll als die beiden genannten Verfahren. Die MARS ist, wie die beiden Ursprungsfragebögen, ein Selbstbeurteilungsinstrument. Sie besteht aus zehn Items, die zur Erfassung der Medikamentenadhärenz bei psychoaktiver Medikation im Zeitraum der vergangenen Woche dient (siehe Anhang S.104). Dabei gibt es zu jedem Item die dichotome Antwortmöglichkeit ja/nein. Die Faktorenanalyse brachte drei zugrundeliegende Faktoren hervor. Der erste Faktor (Item 1-4) bezieht sich auf das medikamentenadhärente Verhalten, der zweite Faktor (Item 5-8) bildet die Einstellung zur Medikamenteneinnahme ab und der dritte Faktor (Item 9-10) repräsentiert die Wahrnehmung von Nebenwirkungen und die Einstellung zu Psychopharmaka. Die Studien zur MARS von Thompson et al. (2000) und Fialko et al. (2008) zeigten, dass es sich bei der MARS um ein moderat reliables (Cronbachs α=0,75 und α=0,60) Messinstrument mit einer schwachen bis guten Konstruktvalidität (r=0,60 und r=0,18) handelt. Die MARS ist ursprünglich ein englischsprachiges Messinstrument, das für die Zwecke dieser Studie ins Deutsche übersetzt und zur Überprüfung rückübersetzt wurde. Die Auswertung der MARS erfolgt über einen Summenwert. Dazu werden die Antworten „nein“ mit einer 1 und „ja“ mit 0 gewichtet. Zwei der zehn Items (Item 7 und 8) sind entgegengesetzt zu den anderen acht Items gepolt (Fialko et al. 2008). Ein „ja“ wird in diesen beiden Fällen mit einer 1 und ein „nein“ mit einer 0 bewertet. Der Summenwert reicht von 0 (geringe Wahrscheinlichkeit von Medikamentenadhärenz) bis 10 (hohe Wahrscheinlichkeit). Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Medikamentenadhärenz Methode 21 als dichotomes Ergebnis (adhärent und nicht adhärent) nicht ausreichend abgebildet werden kann, sondern sich auf einem Kontinuum befindet (Möller et al. 2007). Die MARS war Teil des ELAN-Interviews und wurde von den Teilnehmern selbstständig zu jedem Messzeitpunkt ausgefüllt. Dabei wurde explizit auf den zeitlichen Rahmen der letzten Woche hingewiesen. Falls Verständnisschwierigkeiten auftauchten, wurden diese mit den Probanden besprochen. 2.3.1.2 Compliance Selbst Rating Instrument – CSRI-E Das Compliance Selbst Rating Instrument für das Erstinterview (CSRI-E) ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen zur Erfassung der aktuellen Einstellung in Bezug auf Medikamenteneinnahme, Nutzung gemeindepsychiatrischer Angebote und gesunde Lebensführung (siehe Anhang S.105). Dieses Instrument wurde am ZfP SüdwürttembergWeissenau entwickelt und stellt eine Weiterentwicklung des Compliance Inventar (CI-6) dar (Gebhardt et al. 2000). Der erste praktische Einsatz erfolgte im Rahmen der ELANStudie. Dem CSRI–E liegen zwei Annahmen zugrunde. Zum einen wird Compliance nicht als kategoriales bzw. dichotomes, sondern als dimensionales Konstrukt angesehen, bei dem es kein entweder-oder, sondern ein mehr oder weniger gibt (Möller et al. 2007). Zum anderen wird in diesem Fragebogen zusätzlich auf eine umfassendere „Behandlungs-Compliance“ eingegangen, die sich nicht ausschließlich auf Medikamenteneinnahme reduziert, sondern wesentliche Aspekte einer leitliniengemäßen Schizophreniebehandlung (DGPPN 2006, S. 42) berücksichtigt, insbesondere Verzicht auf Substanzmissbrauch, Einhaltung regelmäßiger Arztkontakte und die Teilnahme an tagesstrukturierenden Angeboten. Bisher vorliegende Fragebögen berücksichtigen ausschließlich die Medikamenten-Compliance. Das CSRI–E besteht aus 10 Items. Die ersten beiden Items A und B beziehen sich auf die Krankheitseinsicht. Die Items 1-8 gehen auf eine gesundheitsfördernde Lebensführung, die Nutzung gemeindepsychiatrischer oder anderer tagesstrukturierender Angebote sowie auf die Einnahme von Medikamenten ein. Dabei wird die aktuelle Überzeugung auf einer Fünf-Punkte-Likert-Skala erfasst (1=stimme zu, 2=stimme weitestgehend zu, 3=stimme teilweise zu, 4=stimme kaum zu, 5=stimme nicht zu). Die Auswertung erfolgt über einen Summenwert der Items 1-8, der von 8 bis 40 reichen kann. Ein niedriger Summenwert Methode 22 weist auf eine hohe Compliance hin, ein hoher Summenwert entsprechend auf eine niedrige Compliance. Item A und B werden bei der Auswertung gesondert betrachtet. Der Fragebogen wurde von den Teilnehmern selbstständig ausgefüllt. Unklarheiten wurden direkt besprochen. 2.3.1.3 Compliance Selbst Rating Instrument – CSRI-K Das Compliance Selbst Rating Instrument für die Katamnesen (CSRI-K) ist das Nacherhebungsinstrument des CSRI–E. Auch dieses Instrument wurde von Gebhardt et al. (2000) entwickelt und baut ebenfalls wie in Abschnitt 2.3.1.2 beschrieben auf einem weiter gefassten Begriff von Adhärenz auf (Möller et al. 2007). Mit dem CSRI–K soll, im Unterschied zum Erstfragebogen, nicht die aktuelle Einstellung, sondern das tatsächliche Verhalten und der erlebte Zwang Medikamenteneinnahme, Nutzung im letzten halben Jahr in Bezug auf gemeindepsychiatrischer Angebote, regelmäßige Arztkontakte eine gesunde Lebensführung sowie Abstinenz von Alkohol und Drogen erfragt werden. Es handelt sich um einen Selbstbeurteilungsfragebogen mit 12 Items (siehe Anhang S.106). Zur Einstufung jedes Items dient wiederum eine Fünf-Punkte-Likert-Skala (1=stimme zu, 2=stimme weitestgehend zu, 3=stimme teilweise zu, 4=stimme kaum zu, 5=stimme nicht zu). Die Auswertung erfolgt über zwei Summenwerte. Der erste Summenwert aus den Items 1 bis 8 soll das Compliance-Verhalten im letzten halben Jahr beschreiben. Der Summenwert reicht von 8 bis 40. Je niedriger der Wert, umso höher das Compliance-Verhalten im letzten halben Jahr. Die Items 1-8 des CSRI-K entsprechen in etwa den Items 1-8 des CSRI-E. Der zweite Summenwert wird aus den Items 9 bis 12 gebildet. Damit soll der erlebte Zwang bei der Medikamenteneinnahme, den Arztbesuchen und der Nutzung gemeindepsychiatrischer bzw. tagesstrukturierender Angebote im letzten halben Jahr abgebildet werden. Die Summe kann Werte von 4 bis 20 annehmen, wobei niedrigere Werte für höhere Ausmaße subjektiv erlebten Zwangs stehen. Der Fragebogen wurde von den Teilnehmern selbstständig während des Katamneseinterviews ausgefüllt, wobei explizit auf den zeitlichen Rahmen des vergangenen halben Jahres hingewiesen wurde. Methode 23 2.3.1.4 Bestimmung der Medikamentenadhärenz anhand des Medikamentenserumspiegels Zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24 wurden, sofern die Probanden einverstanden waren, Blutserumspiegel der Wirkstoffe Quetiapin, Risperidon und Olanzapin bestimmt. Diese Medikamentenspiegel wurden auf der Basis von für diesen Zweck definierten Referenzkriterien dichotom als Indikatoren einer vorhandenen bzw. nicht/ungenügend vorhandenen Medikamentenadhärenz bewertet. 1. Referenzkriterium: Bei einer Dosierung von mindestens 400mg Quetiapin sollten mindestens 40ng/ml im Serumspiegel nachgewiesen werden. Bei einer Dosierung von mindestens 4mg Risperidon sollten mindestens 10ng/ml Risperidon plus 9-Hydroxyrisperidon (Metabolit, es erfolgt eine Bestimmung des Summenwertes) nachgewiesen werden. Bei einer Dosierung von mindestens 10mg Olanzapin sollten mindestens 20ng/ml nachgewiesen werden. Lag der Medikamentenspiegel in diesem Zielbereich, wurde dies als „Medikamentenadhärenz vorhanden“ bewertet. 2. Referenzkriterium: Ein Blutserumspiegel der Katamneseuntersuchungen, der weniger als die Hälfte des vorangegangenen Blutserumspiegels bei gleicher Medikamentendosis betrug, wurde als Indikator einer nicht/ungenügend vorhandenen Medikamentenadhärenz bewertet. 2.3.2 Erfassung der Angaben zur Rehospitalisierung: Erhebungsbogen zur Rehospitalisierung Die Rehospitalisierung stellte das zweite Hauptoutcomemaße der vorliegenden Arbeit dar. Eigens dafür wurde der Erhebungsbogen zur Rehospitalisierung von der Autorin entworfen (siehe Anhang S.107). In diesem Bogen wurden Angaben zu erneuten stationären psychiatrischen Behandlungen innerhalb der 24 Monate nach Entlassung aus der Indexbehandlung gesammelt. Erfasst wurden die Anzahl der Aufenthalte, die Dauer bis zur Wiederaufnahme nach der Entlassung in Tagen und die Dauer der Rehospitalisierungen in Tagen. Um diese Informationen zu erhalten, wurden sowohl Daten aus der elektronischen Krankenakte als auch aus den Papierarchivakten gesammelt. Zusätzlich wurden Patienten Methode 24 befragt und Angaben aus dem Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory – CSSRI, der in Abschnitt 2.3.7.1 genauer erläutert wird, zu Hilfe genommen. 2.3.3 Erfassung der Psychopathologie: Positiv und Negativ Syndrom Skala – PANSS Die Positiv und Negativ Syndrom Skala (PANSS) ist eine Fremdbeurteilungsskala zur Erfassung der schizophrenen Psychopathologie (Kay et al. 1987; Kay et al. 1988). Sie ist eine Weiterentwicklung der Brief Psychiatric Rating Scale (BPRS; Overall u. Gorham 1962) und der Psychopathology Rating Schedule (Singh u. Kay 1975) und enthält die 18 Items der BPRS und 12 Items aus der Psychopathology Rating Schedule (Kay et al. 1989). Die PANSS umfasst drei psychopathologische Skalen (Positivskala, Negativskala und Allgemeinpsychopathologie) (siehe Anhang S.108). Die Positiv- und Negativskala bestehen jeweils aus sieben Items. Die Allgemeinpsychopathologie umfasst 16 Items. Die Einstufung der Symptomschwere erfolgt jeweils auf einer Sieben-Punkte-Likert-Skala (1=nicht vorhanden, 2=minimal, 3=leicht, 4=mäßig, 5=mäßig schwer, 6=schwer, 7=extrem). Der Bewertungszeitraum ist die vergangene Woche. Für jede Subskala lässt sich ein Summenwert berechnen, der bei der Positiv- und Negativskala von 7 bis 49 reicht, bei der Allgemeinpsychopathologie von 16 bis 112. Zusätzlich interessiert der PANSSGesamtwert, der sich als Summe aus den drei Subskalen zusammensetzt und von 30 bis 210 Punkte reichen kann. Je höher der Wert, desto höher ist die Ausprägung der Symptomatik. Zur Informationsgewinnung wird ein ausführliches Interview mit dem Patienten geführt. Zusätzlich werden teilweise fremdanamnestische Angaben der Beurteilung zugrunde gelegt. Die Einschätzung der PANSS-Items erfolgte jeweils nach der Durchführung der ELANInterviews durch die Autorin oder die andere beteiligte Psychologin am Studienzentrum Weissenau. Teilweise konnten fremdanamnestischen Angaben der Stationsmitarbeiter mit einbezogen werden. Methode 25 2.3.4 Erfassung des Globalen Funktionsniveaus: Global Assessment of Functioning Scale – GAF Die Global Assessment of Functioning Scale (GAF) (siehe Anhang S.119) ist die modifizierte Version der Globalen Beurteilungsskala (Global Assessment Scale, GAS) von Endicott et al. (1976). Der Globalen Beurteilungsskala lag ursprünglich die GesundheitsKrankheits-Skala von Luborsky et al. (1962) zugrunde. Diese Skala sollte eine Beurteilung der gesamten psychischen Funktionen ermöglichen. Die GAF gehört als Achse V zum DSM-IV Diagnosesystem (Saß et al. 1998). Sie dient zur globalen Erfassung des allgemeinen Funktionsniveaus. In die Beurteilung fließen sowohl psychische, soziale als auch berufliche Aspekte mit ein. Der Wert reicht von 1-100. Dabei stellt 1 das niedrigste und 100 das höchste Funktionsniveau dar. Zugrunde liegt die Annahme, dass es sich beim allgemeinen Funktionsniveau um ein Kontinuum handelt, das sich von psychischer Gesundheit (100) bis zu schwerer Krankheit (1) erstreckt (Saß et al. 1998). Die Bewertung bezieht sich auf den aktuellen Zeitpunkt. Sie wurde zum Entlassinterview von den behandelnden Ärzten oder den beiden Diplom-Psychologinnen vorgenommen, zu den Katamnesezeitpunkten von den Diplom-Psychologinnen. 2.3.5 Erfassung der soziodemographischen Daten 2.3.5.1 Fragebogen zu Basisdaten – E Der Fragebogen zu den Basisdaten wurde von den Projektleitern der ELAN-Studie (Becker, Günzburg; Steinert, Weissenau und Längle, Tübingen) erstellt. Anhand dieses Fragebogens wurden während des Erstinterviews die soziodemographischen Daten Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Muttersprache, Schulbildung und Berufsausbildung erfragt (siehe Anhang S. 120). 2.3.5.2 Fragebogen zu Basisdaten – K Der Fragebogen zu den Basisdaten, der zu den Katamneseuntersuchungen eingesetzt wurde, ist ebenfalls ein Erhebungsinstrument, das von den Projektleitern der ELAN-Studie (Becker, Günzburg; Steinert, Weissenau und Längle, Tübingen) entworfen wurde. Dieser Methode 26 Fragebogen erfasst die Variablen „Erhebungsart“ der Katamnese (persönlich, telefonisch oder schriftlich) und „Angaben zu Drop Out“ mit Gründen (siehe Anhang S. 122). 2.3.6 Erfassung des bisherigen Krankheitsverlaufs und Angaben zur Zufriedenheit mit medikamentöser und psychiatrischer Behandlung 2.3.6.1 Fragebogen zur Krankheits- und Behandlungsanamnese – E Im Fragebogen zur Krankheits- und Behandlungsanamnese-E zum Zeitpunkt des Erstinterviews, ebenfalls ein von den Projektleitern der ELAN-Studie (Becker, Günzburg; Steinert, Weissenau und Längle, Tübingen) erstellter Fragebogen, werden Daten zur Krankenvorgeschichte, der aktuellen Krankheitsepisode und Behandlung sowie zur psychopharmakologischen Medikation ermittelt. Zusätzlich werden Fragen zur Zufriedenheit mit der medikamentösen Behandlung gestellt (siehe Anhang S. 124). Diese Angaben wurden direkt während des Interviews erfragt und teilweise durch Informationen aus der elektronischen Krankenakte ergänzt. 2.3.7 Erfassung der Wohn- und Arbeitssituation 2.3.7.1 Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory CSSRI – D Das Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory (CSSRI–D) (Roick et al. 2001) ist eine an die deutschen Verhältnisse adaptierte Version des in Großbritannien entwickelten CSSRI–EU (Chisholm et al. 2000). Das Instrument wurde entwickelt, um gesundheitsökonomische Aspekte berücksichtigen und psychiatrische Versorgungskosten in Deutschland erfassen zu können (Roick et al. 2001). Das CSSRI–D unterteilt sich in fünf Bereiche (siehe Anhang S.129). Es werden soziodemographische Daten, die Lebenssituation der Probanden, Beschäftigung und Einkommen, die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen und die Medikation im Zeitraum von bis zu einem halben Jahr erfragt. Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit waren die Informationen aus drei von fünf Bereichen von Bedeutung: Wohnsituation, Item 1.1 (aktuelle Wohnsituation), Beschäftigung und Einkommen, hier Item 2.1 (aktuelle Arbeitstätigkeit), Inanspruchnahme Methode 27 von Versorgungsleistungen, Item 3.1 (stationäre Behandlung), 3.2 (teilstationäre Behandlung), 3.4 (Sozialpsychiatrischer Dienst (SPDi) und 3.5 (Betreuer). 2.4 Umgang mit fehlenden Werten Bei der Beantwortung der Selbstbeurteilungsfragebögen MARS, CSRI-E und -K kam es teilweise zu fehlenden Werten. Das Fehlen von Werten kann zu einem Verlust der Effizienz bei der Parameterschätzung führen oder es kann bei systematischen Unterschieden zwischen fehlenden und vorhandenen Werten zu Verzerrungen in der Parameterschätzung kommen (Lüdtke et al. 2007). Eine Möglichkeit des Ersetzens fehlender Werte sind imputationsbasierte Verfahren (Lüdtke et al. 2007). Bei diesen Verfahren werden fehlende Werte durch die Einbeziehung verschiedener Variablen geschätzt. Imputationsverfahren können zu einer Korrektur der Selektionsverzerrung führen und sie haben den weiteren Vorteil, dass keine Person aufgrund fehlender Werte aus den Analysen ausgeschlossen werden muss. In der vorliegenden Arbeit wurde auf eine regressionsbasierte Imputation zurückgegriffen. Dabei wurden in die Schätzung die Kovariaten Wirkstoff, Alter, Geschlecht, Nationalität, Berufsausbildung, Diagnose, Muttersprache, Anzahl der bisherigen stationären Behandlungen, GAF und PANSS-Gesamt einbezogen. Die Schätzung erfolgte auf der Ebene der Summenwerte, das heißt es wurden diejenigen Summen imputiert, die aufgrund fehlender Items nicht gebildet werden konnten ( Anzahl siehe Tabelle 21, Anhang S.138). 2.5 Statistische Methoden Zur statistischen Auswertung diente das Programm SPSS 11.5 für Windows. Für die Imputation der fehlenden Werte wurde das Programm STATA 8.0 angewendet. Zur Beschreibung der Gesamtstichprobe und der beiden Gruppen wurden größtenteils bei intervallskalierten Daten Mittelwert (M) und Standardabweichung (± SD) angegeben. In manchen Fällen wurde zusätzlich der Median mit Minimum (Min) und Maximum (Max) berechnet. Bei nominalskalierten Daten wurden die absoluten und relativen Häufigkeiten bestimmt. Methode 28 Da bei einer Stichprobengröße über 30 der zentrale Grenzwertsatz greift, durfte für den Vergleich von Gruppen der t-Test angewendet werden. Nominalskalierte Daten wurden mit Hilfe des χ²-Test nach Pearson analysiert. Waren die erwarteten Zellhäufigkeiten kleiner als fünf, wurden Fisher-Exakt-Tests berechnet. Zur Analyse der Gruppenunterschiede in den Drop-Out-Analysen konnten Mittelwertunterschiede aufgrund einer Stichprobengröße unter 30 nicht immer mit Hilfe eines t-Tests berechnet werden, sondern wurden anhand des Mann-Whitney-U-Test ausgewertet. Dieser Test ist ein nichtparametrisches Verfahren zur Testung von Gruppenunterschieden zwischen zwei unabhängigen Stichproben. Zur Bestimmung des Zusammenhangs der selbsteingeschätzten Adhärenz und der durch die Medikamentenspiegel bestimmten Medikamentenadhärenz wurden Korrelationen nach Pearson berechnet. Ein r>0,30 wurde als mittlerer Zusammenhang und ein r>0,50 als hoher Zusammenhang gewertet (Cohen 1988, S.80). Weitere statistische Analyseverfahren waren die Überlebenszeitanalysen nach Kaplan Meier, Cox-Regressionen, logistische und multiple lineare Regressionsanalysen sowie multivariate Varianzanalysen (MANOVAs). Diese Verfahren werden folgend genauer beschrieben. Die Signifikanz-Überprüfung erfolgte durchgängig zweiseitig auf einem Niveau von 5%, wobei bei multiplen Tests Alpha-Korrekturen nach Bonferroni durchgeführt wurden. 2.5.1 Überlebenszeitanalyse nach Kaplan Meier Die Überlebenszeitanalyse ist ein statistisches Verfahren, bei dem die Zeit bis zu einem bestimmten Ereignis zwischen zwei oder mehr Gruppen verglichen werden kann. Dabei hat die Zielvariable keinen festen Erhebungszeitpunkt, vielmehr ist zu Beginn der Beobachtung unbekannt, wann das Ereignis eintreten wird (Ziegler et al. 2002). Mit der Überlebenszeitanalyse nach Kaplan Meier kann die Verteilung der Zeiten zwischen zwei Ereignissen analysiert werden. Dabei kommt es häufig vor, dass es einen Startpunkt gibt, jedoch das interessierende Endereignis im Beobachtungszeitraum noch nicht eingetreten ist. In einem solchen Fall spricht man von zensierten Daten, genauer gesagt von rechtszensierten Daten, die ebenfalls in die Analyse mit einbezogen werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit von linkszensierten Daten, wenn der Startpunkt nicht bekannt ist, dafür aber der Endpunkt feststeht. In der vorliegenden Arbeit liegen nur rechtszensierte Daten vor. Die Überlebenszeitanalyse soll das Risiko des Eintretens eines Methode 29 Ereignisses zu einem bestimmten Zeitpunkt schätzen. Die Kaplan-Meier-Überlebenszeitanalyse ist ein nichtparametrisches Verfahren und stellt das gebräuchlichste Verfahren bei der Schätzung der Überlebensfunktion dar. Zur Untersuchung der Frage, ob das Mortalitätsrisiko in zwei oder mehr Gruppen unterschiedlich ist, wird als Standardverfahren der Log-Rang-Test angewendet, der auf dem χ²- Test aufbaut (Ziegler et al. 2004). Der Log-Rang-Test beachtet insbesondere die Unterschiede zwischen den Überlebenskurven gegen Ende der Beobachtungszeit (Hosmer u. Lemeshow 1999, S.61). 2.5.2 Cox-Regression Zur detaillierteren Analyse eines zeitlichen Verlaufs wird auf die Cox-Regression zurückgegriffen. Bei einer Cox-Regression können verschiedene Einflussfaktoren gleichzeitig in die Analyse einbezogen werden. Dadurch kann, unter Adjustierung der anderen Einflussgrößen des Regressionsmodells, die Schätzung des Gruppeneffektes auf die Überlebenszeit erfolgen (Ziegler et al. 2007). Ein wichtiger Kennwert der Cox-Regression ist die Hazard-Funktion. Sie gibt „…die Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit an, dass eine Person innerhalb eines kleinen Zeitintervalls das Zielereignis erfährt, wenn sie denn bis zum Beginn dieses Zeitintervalls überlebt hat.“ (Ziegler et al. 2007, S.e42). Die Hazard-Rate gibt das erhöhte oder erniedrigte Risiko an, dass ein Ereignis eintritt, unter Adjustierung der anderen Variablen des Modells. Ziel der Cox-Regression ist es also, den Einfluss einzelner Variablen auf die Hazard-Rate zu schätzen, während für den Einfluss andere Einflussgrößen kontrolliert wird. 2.5.3 Multiple lineare Regressionsanalyse Die multiple lineare Regressionsanalyse dient der Analyse von Beziehungen zwischen einer abhängigen Variablen und mehreren unabhängigen Variablen (Backhaus et al. 2003, S.60). Die lineare Regressionsanalyse ist bei abhängigen Variablen mit metrischem Skalenniveau anwendbar. Als unabhängige Variable können sowohl metrische als auch qualitative Variablen einbezogen werden. Mit Hilfe der Regressionsanalyse kann ein zugrunde gelegtes, theoretisch begründetes Modell, statistisch getestet werden. Methode 30 Die Koeffizienten der linearen Regressionsanalyse werden mittels der Kleinste-QuadrateSchätzung bestimmt. Um die Güte der Schätzung zu überprüfen, gibt es unterschiedliche Kennwerte. Das Bestimmtheitsmaß R² liegt zwischen 0 und 1. „Es gibt den Anteil der Varianz der Zielvariablen an, der durch alle erklärenden Variablen im Modell gemeinsam erklärt werden kann.“ (Bender et al. 2007a, S.e32). Je höher der Wert, umso mehr wird von der Gesamtvarianz erklärt. Das korrigierte R² berücksichtigt die Anzahl der Regressoren und der Freiheitsgrade und kann durch die Aufnahme weiterer Regressoren abnehmen, wohingegen das einfache R² durch Hinzunahme weiterer Regressoren automatisch zunimmt. Der F-Test prüft die Nullhypothese, dass alle Koeffizienten der Regressionsgleichung 0 sind. Wird der F-Test signifikant, hat mindestens eine Variable einen signifikanten Einfluss. Um die Regressionskoeffizienten einzeln zu testen, wird die t-Statistik herangezogen. 2.5.4 Logistische Regressionsanalyse Die logistische Regressionsanalyse ist ein spezielles nichtlineares Regressionsverfahren zur Untersuchung der Effekte von unabhängigen Variablen auf eine diskrete dichotome abhängige Variable. Dabei wird der Effekt einzelner Variablen auf die bedingte Wahrscheinlichkeit geschätzt, dass die abhängige Variable den Wert 1 annimmt, unter Kontrolle aller anderen unabhängigen Variablen. In die logistische Regressionsanalyse können ebenfalls mehrere unabhängige Variablen einfließen. Wie bei der linearen multiplen Regressionsanalyse bedarf es bei der logistischen Regressionsanalyse zu Beginn einer Modellformulierung, die auf sachlogischen Überlegungen basiert (Backhaus et al. 2003, S.425). Die Modellparameter werden mit Hilfe der Maximum-Likelihood-Methode geschätzt. Da es sich um kein lineares Regressionsmodell handelt, können die Regressionskoeffizienten im bedingten Wahrscheinlichkeitsmodell nur begrenzt interpretiert werden. Im Hinblick auf die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass die abhängige Variable den Wert 1 annimmt, kann nur eine Aussage über die Richtung des Einflusses (Vorzeichen) der unabhängigen Variablen getroffen werden. Eine leichtere Ergebnisinterpretation kann jedoch durch eine Transformation des nichtlinearen Wahrscheinlichkeitsmodells erreicht werden. Die zentrale Größe stellt hierbei das Quotenverhältnis (Odds-Ratio) dar. Es ist ein Maß dafür, um wie viel größer die Chance ist, dass das Ereignis 1 eintritt im Vergleich zu Methode 31 der Chance, dass das Ereignis 0 eintritt. Das Odds-Ratio nimmt Werte zwischen 0 und unendlich an. Ein Wert von 1 bedeutet ein gleiches Quotenverhältnis. Ein Gütemaß zur Beurteilung des Regressionsansatzes ist das Nagel-Kerkes-R². Es zählt zu den Pseudo-R²-Statistiken und quantifiziert „…den Anteil der erklärten Variation des logistischen Regressionsmodells…“ (Backhaus et al. 2003, S.440). Werte über 0,5 werden als sehr gut interpretiert (Urban 1993, S. 62). 2.5.5 Multivariate Varianzanalyse (MANOVA) Bei einer MANOVA (Multivariate Analysis of Variance) können mehrere abhängige Variablen gleichzeitig in eine Varianzanalyse einbezogen werden. Auch im Falle einer Messwiederholung über mehrere Messzeitpunkte kann eine MANOVA berechnet werden (Tabachnick u. Fidell 1996; S.379). Sie darf trotz ungleicher Gruppengrößen angewendet werden, da alle MANOVA-Programme für ungleiche n adjustieren (Tabachnick u. Fidell 1996, S.406). Wichtig ist jedoch, dass die Anzahl der Probanden in der kleineren Gruppe die Anzahl der abhängigen Variablen im Modell übersteigt (Tabachnick u. Fidell 1996, S.444). Das zugrundeliegende Verfahren ist der F-Test. Dieser darf berechnet werden, wenn die Bedingung der Sphärizität erfüllt ist. Die Sphärizität gibt an, ob die Korrelationen der Messungen ein symmetrisches Muster aufweisen (Bender et al. 2007b). Sie wird mit Hilfe des Mauchly-Tests geprüft. Falls die Bedingung der Sphärizität verletzt ist, kann auf Korrekturverfahren zurückgegriffen werden, beispielsweise die Greenhouse-GeisserEpsilon-Adjustierung der Freiheitsgrade. Wird die Sphärizität angenommen, so ist die FStatistik ohne Korrektur der Freitheitsgrade gültig. Von zusätzlicher Bedeutung ist die Berücksichtigung von Haupteffekten und Wechselwirkungen zwischen Intra- und InterSubjekt-Faktoren. Die Zeit ist bei Messwiederholungen bei einer Person ein Intra-SubjektFaktor. Die Gruppenunterschiede werden als Inter-Subjekt-Faktoren bezeichnet. Ergebnisse 32 3 Ergebnisse 3.1. Stichprobengewinnung Insgesamt befanden sich 363 potentielle Studienteilnehmer mit den Diagnosen Schizophrenie (F20.x nach ICD-10) oder Schizoaffektive Störung (F25.x nach ICD-10) im Alter zwischen 18 und 82 Jahren in der Zeit von April 2005 bis Oktober 2006 auf den Stationen im ZfP Südwürttemberg-Weissenau mit seiner Satellitenstation in Wangen und den Tageskliniken in Wangen, Friedrichshafen und Ravensburg. Von den gescreenten Patienten wurden 128 Patienten aufgrund der vorgegebenen Ausschlusskriterien nicht in die Studie aufgenommen (siehe Abbildung 1). Aufgrund der Rekrutierungsvorschrift, dass auf einen Probanden mit Quetiapin ein Proband mit Risperidon oder Olanzapin folgen musste (siehe Abschnitt 2.1.2), konnten weitere 20 Personen nicht in die Studie eingeschlossen werden. Weitere 22 Patienten konnten wegen ihrer vorzeitigen Entlassung nicht um ihre Studienteilnahme gebeten werden. Insgesamt wurden 213 Patienten über die Studieninhalte informiert und um ihre Teilnahme gebeten, wovon 80 Personen ablehnten. Somit gaben insgesamt 133 Patienten ihr Einverständnis und die Erstinterviews wurden durchgeführt. Von diesen 133 mussten fünf Patienten im Nachhinein ausgeschlossen werden, da kurz vor Entlassung die Medikamente noch einmal geändert wurden und somit das Haupteinschlusskriterium „Medikament“ der ELAN-Studie nicht mehr erfüllt war. Es verblieben somit 128 Studienteilnehmer. Die Gruppeneinteilung anhand der Freiwilligkeit des Indexaufenthalts ergab eine Gruppengröße von 93 in der Gruppe der freiwillig behandelten und 35 in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Patienten (siehe Abbildung 1). Ergebnisse 33 Screening von 363 Patienten Ausschlüsse insgesamt Gründe für Ausschluss Kriterien Praktische Hindernisse Gesamt 128 Rekrutierungsvorschrift 20 Medikamentenkombination Sucht Intelligenzminderung nicht einwilligungsfähig o. interviewfähig Verlegung in anderes KH Umzug außerhalb Einzugsgebiet schwere Krankheit verbale Fähigkeiten Sonstiges vorzeitige Entlassung 19 26 12 17 10 8 2 12 2 22 Gesamt Rekrutierungsgespräche 213 Ablehner Interviews Entlasszeitpunkt 133 nachträglicher Ausschluss aufgrund von Medikamentenumstellung vor der Entlassung Gesamtstichprobe 80 5 128 Gruppeneinteilung anhand der Freiwilligkeit des Indexaufenthaltes Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig 93 35 Abbildung 1: Darstellung der Stichprobengewinnung im Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg – Weissenau im Zeitraum von April 2005 bis Oktober 2006 Ergebnisse 34 3.2 Stichprobenbeschreibung zum Zeitpunkt des Einschlusses 3.2.1 Beschreibung der Gesamtstichprobe Die Variablen zur Beschreibung der Gesamtstichprobe finden sich im Überblick in den Tabellen 2-5. In Tabelle 2 sind soziodemographische Daten zusammengefasst, schulische und berufliche Variablen finden sich in Tabelle 3, in Tabelle 4 sind krankheitsananmnestische Daten dargestellt und Tabelle 5 beinhaltet Angaben zu Zwangsmaßnahmen, Psychopathologie, allgemeinem Funktionsniveau, Behandlungsdauer und Zufriedenheit mit medikamentöser Behandlung sowie der Einschätzung wie hilfreich die Indexbehandlung erlebt wurde. 3.2.2 Vergleich der zwei Gruppen Zum Vergleich der zwei Gruppen und zur Testung signifikanter Unterschiede wurden die Variablen aus den Tabellen 2-5 analysiert. Die Gruppe der freiwillig behandelten Patienten unterschied sich nur in wenigen Variablen von der Gruppe der unfreiwillig behandelten Patienten. In den soziodemographischen Daten fanden sich signifikante Unterschiede in der Wohnform und im Vorhandensein von Kontakten zu gemeindepsychiatrischen Einrichtungen (Tabelle 2). Die Patienten der Gruppe der unfreiwillig Behandelten lebten häufiger selbstständig und weniger häufig in einer betreuten Wohnform oder bei ihrer Familie (χ²=5,365; df=1; p<0,05). Zusätzlich hatten freiwillig behandelte Probanden signifikant häufiger Kontakte zu gemeindepsychiatrischen Einrichtungen (χ²=5,933; df=1; p<0,05). Im Bereich der schulischen und beruflichen Angaben fand sich ein signifikanter Unterschied bezüglich des höchsten Schulabschlusses (χ²=6,640; df=2; p<0,05) (Tabelle 3). Die unfreiwillig Behandelten besaßen häufiger Abitur oder die Fachhochschulreife, wohingegen die freiwillig behandelten Patienten häufiger einen Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife hatten. Zusätzlich hatten unfreiwillig Behandelte häufiger ein abgeschlossenes Studium, während freiwillig Behandelte abgeschlossene Ausbildung verfügten (Fisher-Exakt-Test; p<0,05). häufiger über eine Prozentangaben: Abweichungen von 100% in der Gesamtsumme entstehen durch Rundungsfehler. Die Variableneinteilung zur Berechnung von Gruppenunterschieden ist mit einem Querstrich zwischen den Ausprägungen gekennzeichnet. a b c Ergebnisse Tabelle 2: Beschreibung der Gesamtstichprobe und der beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) anhand soziodemographischer Daten T-Test für zwei unabhängige Stichproben χ2-Test nach Pearson Fisher-Exakt-Test (bei erwarteten Zellhäufigkeiten <5) Stichprobenumfang Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig 128 93 35 Signifikanzniveau p Alter M ± SD [Jahre] 39.5 (± 12.7) 40.5 (± 13.3) 36.8 (± 10.4) .148 a Geschlecht weiblich männlich 56 (43.75%) 72 (56.25%) 39 (41.9%) 54 (58.1%) 17 (48.6%) 18 (51.4%) .500 b Partnerschaft verh. /mit festem Partner geschieden/getrennt lebend ledig 43 (33.6%) 20 (15.6%) 65 (50.8%) 28 (30.1%) 18 (19.4%) 47 (50.5%) 15 (42.9%) 2 (5.7%) 18 (51.4%) .173 Nationalität deutsch EU nicht EU 119 (93.0%) 5 (3.9%) 4 (3.1%) 86 (92.5%) 4 (4.3%) 3 (3.2%) 33 (94.3%) 1 (2.9%) 1 (2.9%) .721 c Wohnform selbstständig bei Familie/Verwandten betreut im Krankenhaus andere 86 (67.2%) 17 (13.3%) 21 (16.4%) 1 (0.8%) 3 (2.3%) 57 (61.3%) 14 (15.1%) 19 (20.4%) 1 (1.1%) 2 (2.2%) 29 (82.9%) 3 (8.6%) 2 (5.7%) Kontakte zu gemeindepsychiatrischen Einrichtungen (Wohnen und SpDi) ja nein 30 (23.4%) 98 (76.6%) 27 (29.0%) 66 (71.0%) 3 (8.6%) 32 (91.4%) .015 b Betreuung (Berufsbetreuer oder Angehörige) ja nein 29 (22.7%) 99 (77.3%) 19 (20.4%) 74 (79.6%) 10 (28.6%) 25 (71.4%) .327 b .021 b 1 (2.9%) 35 SPDi=Sozialpsychiatrischer Dienst b Prozentangaben: Abweichungen von 100% in der Gesamtsumme entstehen durch Rundungsfehler. Die Variableneinteilung zur Berechnung von Gruppenunterschieden ist mit einem Querstrich zwischen den Ausprägungen gekennzeichnet. b c d Ergebnisse Tabelle 3: Beschreibung der Gesamtstichprobe und der beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) anhand schulischer und beruflicher Daten χ2-Test nach Pearson Fisher-Exakt-Test (bei erwarteten Zellhäufigkeiten <5) Die Kategorie „allgemeiner Arbeitsmarkt“ umfasst die regulären Beschäftigungsformen und beinhaltet zudem Studenten, Schüler, Auszubildende und Hausfrauen. Die Kategorie „andere Beschäftigung“ beinhaltet die geschützte Tätigkeit und berufliche Rehabilitation. Die Kategorie „ohne Beschäftigung“ beinhaltet Arbeitslosigkeit und Berentung. Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig 6 (4.7%) 1 (0.8%) 48 (37.5%) 34 (26.6%) 10 (7.8%) 26 (20.3%) 2 (1.6%) 5 (5.4%) 1 (1.1%) 40 (43.0%) 25 (26.9%) 6 (6.5%) 14 (15.1%) 2 (2.2%) 1 (2.9%) Höchster Schulabschluss keinen Abschluss Sonderschulabschluss Hauptschulabschluss Mittlere Reife Fachhochschulreife Abitur noch in der Schule Berufsausbildung abgeschlossene Ausbildung abgeschlossenes Studium in Ausbildung im Studium sonstiges keine abgeschlossene Ausbildung 64 (50.0%) 14 (10.9%) 1 (0.8%) 3 (2.3%) 1 (0.8%) 43 (33.6%) 49 (53.3%) 6 (6.5%) 1 (1.1%) 2 (2.2%) Beschäftigungssituation d allgemeiner Arbeitsmarkt andere Beschäftigung ohne Beschäftigung Eigener Verdienst ja nein 8 (23.5%) 9 (26.5%) 4 (11.8%) 12 (35.3%) Signifikanzniveau p .036 b 15 (44.1%) 8 (23.5%) .021c .418c 34 (37.0%) 1 (2.9%) 1 (2.9%) 9 (26.5%) 37 (28.9%) 36 (28.1%) 55 (43.0%) 23 (24.7%) 31 (33.3%) 39 (41.9%) 14 (40.0%) 5 (14.3%) 16 (45.7%) .067 54 (42.2%) 74 (57.8%) 43 (46.2%) 50 (53.8%) 11 (31.4%) 24 (68.6%) .131 b b 36 Prozentangaben: Abweichungen von 100% in der Gesamtsumme entstehen durch Rundungsfehler. Die Variableneinteilung zur Berechnung von Gruppenunterschieden ist mit einem Querstrich zwischen den Ausprägungen gekennzeichnet. a b Ergebnisse Tabelle 4: Beschreibung der Gesamtstichprobe und der beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) anhand krankheitsanamnestischer Daten T-Test für zwei unabhängige Stichproben χ2-Test nach Pearson Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig Signifikanzniveau p Diagnose nach ICD-10 F20.0 andere F20 F25 72 (56.3%) 13 (10.2%) 43 (33.6%) 55 (59.1%) 10 (10.8%) 28 (30.1%) 17 (48.6%) 3 (8.6%) 15 (42.9%) .173 b Alter bei erster stationären Behandlung M ± SD [in Jahren] 26.3 (± 9.9) 26.0 (± 10.6) 27.2 (± 7.6) .985 a Erste nervenärztliche Behandlung M ± SD [vor Jahren] 13.2 (± 11.4) 14.5 (± 11.7) 9.7 (± 9.9) Erste stationäre psychiatrische Behandlung M ± SD [vor Jahren] 11.6 (± 10.9) 12.6 (± 11.2) 9.0 (± 9.6) .095 a Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen (ohne Indexbehandlung) M ± SD Median (Min-Max) 6.7 (± 9.8) 4 (0-86) 7.0 (± 10.5) 4 (0-86) 6.0 (± 8.0) 2 (0-40) .637 a Gesamtdauer aller vorangegangenen stationären Behandlungen (ohne Indexbehandlung) M ± SD [in Monaten] Median (Min-Max) 11.8 (± 18.4) 6 (0-119) 12.2 (± 19.0) 6 (0-119) 10.9 (± 17.0) 5 (0-90) .731 a Anzahl der Patienten mit Ersterkrankung 14 (10.9%) 8 (8.7%) 6 (17.1%) .080 b Anzahl der Patienten mit mindestens 10 stationären Aufenthalten 25 (19.7%) 18 (19.6%) 7 (20.0%) 1.00 b .033 a F20= Schizophrenie; F25=Schizoaffektive Störung 37 Prozentangaben: Abweichungen von 100% in der Gesamtsumme entstehen durch Rundungsfehler. Die Variableneinteilung zur Berechnung von Gruppenunterschieden ist mit einem Querstrich zwischen den Ausprägungen gekennzeichnet. a b c Ergebnisse Tabelle 5: Beschreibung der Gesamtstichprobe und der beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) anhand von Daten zur Psychopathologie, allgemeinem Funktionsniveau und Indexbehandlung T-Test für zwei unabhängige Stichproben χ2-Test nach Pearson Fisher-Exakt-Test (bei erwarteten Zellhäufigkeiten <5) Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig Signifikanzniveau p 20 (15.6%) 15 (11.7%) 10 (7.8%) 6 (6.5%) 3 (3.2%) 1 (1.1%) 14 (40.0%) 12 (34.3%) 9 (25.7%) .000 b .000 c .000 c Zwangsmaßnahmen während Indexbehandlung Isolierung Fixierung Zwangsmedikation PANSS Positiv Negativ Allgemeinpsychopathologie Gesamt 12.5 (± 4.5) 13.4 (± 4.7) 28.7 (± 7.5) 54.5 (± 14.3) 12.7 (± 4.5) 14.0 (± 4.4) 29.1 (± 7.1) 55.8 (±13.5) 11.9 (± 4.4) 11.7 (± 5.1) 27.4 (± 8.4) 51.0 (± 15.7) .372 a .014 a .253 a .090 a GAF M ± SD 51.4 (± 12.0) 51.0 (± 11.5) 52.6 (± 13.4) .493 a M ± SD [Tage] Median (Min-Max) reguläre Entlassung gegen ärztlichen Rat wegen mangelnder Motivation/ Kooperation M ± SD Median (Min-Max) M ± SD Median (Min-Max) 76.2 (± 54.5) 69.5 (3-229) 117 (91.4%) 6 (4.7%) 5 (3.9%) 67.6 (± 52.6) 50 (3-227) 85 (91.4%) 4 (4.3%) 4 (4.3%) 98.9 (± 53.7) 84 (23-229) 32 (91.4%) 2 (5.7%) 1 (2.9%) .003 a 5.3 (± 1.7) 6 (1-7) 5.4 (± 1.6) 6 (1-7) 5.5 (± 1.7) 6 (1-7) 5.6 (± 1.5) 6 (1-7) 4.8 (± 1.6) 5 (1-7) 5.0 (± 1.8) 5.5 (1-7) Indexbehandlungsdauer Entlassmodus Zufriedenheit mit medikamentöser Behandlung Wie hilfreich wurde der Indexaufenthalt empfunden .885 b .024 a .088 a PANSS=Positiv und Negativ Syndrom Skala; GAF=Global Assessment of Functioning Scale 38 Ergebnisse 39 Hinsichtlich krankheitsanamnestischer Angaben (Tabelle 4) fand sich ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) hinsichtlich der bisherigen Dauer der nervenärztlichen Behandlung. Freiwillig behandelte Patienten waren bereits länger in nervenärztlicher Behandlung als unfreiwillig Behandelte (t(126)=2,154; p<0,05). Signifikante Unterschiede zeigten sich in der Häufigkeit von Isolierungen (χ²=21,71; df=1; p<0,001), Fixierungen oder Zwangsmedikation (Fisher-Exakt-Test; p<0,001) (Tabelle 5). Unfreiwillige Patienten erfuhren während des Indexaufenthalts mehr Zwangsmaßnahmen (Isolierungen, Zwangsmedikation und Fixierungen). Desweiteren hatten sie einen signifikant längeren stationären Aufenthalt im Vergleich zu freiwillig behandelten Probanden (t(126)=-2,986; p<0,01). Die Probanden aus der Gruppe der unfreiwillig behandelten Personen hatten zum Zeitpunkt des Erstinterviews einen signifikant geringeren PANSS-Negativ-Wert (t(126)=2,505; p<0,05) und somit eine geringere Negativsymptomatik. Die Zufriedenheit mit der medikamentösen Behandlung zum Zeitpunkt des Erstinterviews wurde von den unfreiwillig behandelten Personen signifikant geringer eingeschätzt (t(126)=2,277; p<0,05). Insgesamt unterschieden sich die beiden Gruppen in Wohn- und Betreuungssituation voneinander. Die Unterschiede wiesen in die Richtung, dass diejenigen Patienten, die sich in unfreiwilliger Behandlung befanden, häufiger selbständig wohnten und weniger Kontakte zu gemeindepsychiatrischen Einrichtungen hatten sowie zum Zeitpunkt ihrer Entlassung eine geringere Negativsymptomatik aufwiesen. Dies lässt ein höheres Maß an Autonomie und geringer ausgeprägte Indikatoren der Chronifizierung vermuten. Zwangsweise untergebrachte Probanden erfuhren zudem während ihrer stationären Behandlung häufiger Zwangsmaßnahmen, hatten einen längeren Indexaufenthalt und waren weniger zufrieden mit ihrer medikamentösen Behandlung zum Zeitpunkt des Erstinterviews. Ergebnisse 40 3.3 Repräsentativität der Gesamtstichprobe 3.3.1 Vergleich der Studienteilnehmer und Ablehner Um eine Aussage über die Repräsentativität der Stichprobe treffen zu können, wurden die Teilnehmer und Ablehner anhand der Variablen Alter, Geschlecht, Diagnose und Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen miteinander verglichen. Dies ergab, dass die Ablehner signifikant älter (t(206)=3,274; p<0,01) und signifikant häufiger weiblich (χ²=6,926; df=1; p<0,01) waren sowie häufiger die Diagnose F20.0 (χ²=34,247; df=2; p<0,001) hatten (Tabelle 6). Bei den Teilnehmern handelte es sich somit eher um jüngere Männer mit einer Diagnose aus dem Diagnosebereich F25.x. Tabelle 6: Vergleich der Studienteilnehmer und Ablehner a T-Test für zwei unabhängige Stichproben b χ2-Test nach Pearson Teilnehmer Ablehner p Geschlecht weiblich männlich 56 (43.75%) 72 (56.25%) 50 (62.5%) 30 (37.5%) .008b Alter M ± SD [Jahre] 39.5 (± 12.7) 45.6 (± 14.1) .001a Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen M ± SD 7.7 (± 9.8) 6.4 (± 6.5) .282 a Diagnose F20.0 andere F20 F25 72 (56.3%) 13 (10.2%) 43 (33.6%) 65 (81.25%) 15 (18.75%) 0 (0%) .000 b 3.4 Studienteilnahme über 24 Monate hinweg Einen Überblick über die Teilnehmer und Drop-Outs zu jedem Messzeitpunkt findet sich in Abbildung 2. 108 Personen nahmen an der ersten Katamnese, ein halbes Jahr nach Entlassung aus der Indexbehandlung, teil. 20 (15,6%) der Probanden fielen aufgrund der in Abbildung 2 aufgeführten Gründe aus. Der Anteil der beiden Untersuchungsgruppen (freiwillig/nicht freiwillig) unter den Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern unterschied sich nicht signifikant (p=0,40). Ergebnisse 41 Gesamt Gr.1 Gr.2 Gesamtstichprobe 128 93 35 Drop-Out Gründe verstorben abgelehnt nicht erreicht nicht durchführbar Sonstiges 6 Monats Katamnese 12 Monats Katamnese 18 Monats Katamnese 24 Monats Katamnese 108 109 101 100 Gesamt 20 (15,6%) Gr.1 Gr.2 13(14%) 7(20%) 2 12 3 2 1 2 8 2 1 0 0 4 1 1 1 80 28 Drop-Out Gründe verstorben abgelehnt nicht erreicht nicht durchführbar Sonstiges 19 (14,8%) 15(16%) 4(11%) Drop-Out Gründe verstorben abgelehnt nicht erreicht nicht durchführbar Sonstiges 27 (21,1%) 20(22%) 7(20%) Drop-Out Gründe verstorben abgelehnt nicht erreicht nicht durchführbar Sonstiges 28 (21,9%) 21(23%) 7(20%) 2 12 2 2 1 2 9 2 1 1 0 3 0 1 0 78 31 2 13 3 6 3 2 9 2 4 3 0 4 1 2 0 73 28 4 14 5 3 2 4 10 4 1 2 0 4 1 2 0 72 28 Abbildung 2: Anzahl der Studienteilnehmer und Drop-Outs Katamnesezeitpunkt für den Beobachtungszeitraum von zwei Jahren (Gr.1= Indexaufenthalt freiwillig, Gr.2 = Indexaufenthalt unfreiwillig) zu jedem Ergebnisse 42 Nach einem Jahr konnten 109 Probanden für eine weitere Teilnahme gewonnen werden. 19 Teilnehmer (14,8%) konnten nicht interviewt werden. Auch zu diesem Zeitpunkt lag kein signifikanter Unterschied der Anteile der beiden Untersuchungsgruppen (freiwillig/ unfreiwillig) zwischen Teilnehmern und Drop-Outs vor (p=0,50). Die Drop-Out-Rate lag nach 18 Monaten bei 21,1%, 101 Probanden nahmen zu diesem Messzeitpunkt an einem Interview teil. Wiederum unterschieden sich die Anteile der Nicht-Teilnehmer in beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) nicht signifikant (p=0,85). Nach 2 Jahren waren noch 100 Probanden zur Teilnahme an einem letzten Interview bereit. 28 Probanden (21,9%) fielen aus. Auch hier fand sich kein signifikanter Unterschied in den Anteilen zwischen den Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) (p=0,75). 3.5 Drop-Out Analysen – Vergleich der Teilnehmer und Drop-Outs zu jedem Katamnesezeitpunkt Zu jedem Katamnesezeitpunkt wurden 29 Variablen aus den Bereichen Soziodemographie, Krankheitsanamnese, Schule und Beruf sowie Psychopathologie, Adhärenz, GAF und einzelne Parameter aus Messinstrumenten, die im Erstinterview erhoben wurden, miteinander verglichen. Es wurde überprüft, ob signifikante Unterschiede zwischen den teilnehmenden Personen und den Drop-Outs zu jedem Katamnesezeitpunkt vorhanden waren. 3.5.1 6-Monatskatamnese Der Vergleich der Teilnehmer der 6-Monatskatamnese mit den Drop-Outs dieses Messzeitpunktes ergab, dass nur wenige signifikante Unterschiede vorlagen (siehe Tabelle 22, Anhang S.139). Die Teilnehmer hatten zum Zeitpunkt des Erstinterviews geringere PANSS-Positiv- (U=767,0; p<0,05), -Allgemeinpsychopathologie- (U=711,0; p<0,05) und –Gesamt- (U=713,5; p<0,05) Werte. Ein weiterer Unterschied fand sich in der Schulbildung. Unter den Drop-Outs fanden sich mehr Personen mit Sonderschulabschluss und weniger mit Abitur oder Fachhochschulreife, als statistisch erwartet (χ²=10,8; df=2; p<0,01). Ergebnisse 43 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Teilnehmer der 6-Monatskatamnese in ihrer Psychopathologie zum Zeitpunkt des Entlassinterviews eher besser waren und mehr Patienten mit Abitur, als statistisch erwartet, teilgenommen haben. 3.5.2 12-Monatskatamnese Zum Zeitpunkt der 12-Monatskatamnese fanden sich die meisten signifikanten Unterschiede zwischen Teilnehmern und Drop-Outs (siehe Tabelle 23, Anhang S.140). Wie zum Zeitpunkt der 6-Monatskatamnese nahmen signifikant weniger Patienten mit Sonderschulabschluss und mehr Patienten mit Abitur, als statistisch erwartet, an der Befragung teil (χ²=11,3; df=2; p<0,01). Zusätzlich fanden sich signifikante Unterschiede im Alter (t(126)=-2,53; p<0,05) und dem Alter zum Zeitpunkt der ersten stationären Behandlung (U=709,0; p<0,05). Die Teilnehmer waren signifikant jünger und waren jünger erkrankt als die Drop-Outs. Wie bei der 6-Monatskatamnese hatten die Teilnehmer zum Zeitpunkt des Erstinterviews weniger Restsymptomatik als die Drop-Outs (PANSSPositiv, -Negativ und –Gesamt) (U=669,0; U=744,0; 700,0; p<0,05). Desweiteren waren die Teilnehmer zum Zeitpunkt der Entlassung zufriedener mit ihrer medikamentösen Behandlung (U= 696,5; p<0,05). Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass eine leicht positive Selektion zum Katamnesezeitpunkt K12 vorlag mit solchen Teilnehmern, die zufriedener mit der medikamentösen Behandlung zum Zeitpunkt ihrer Entlassung waren, einen eher höheren Schulabschluss und weniger Restsymptomatik bei ihrer Entlassung hatten sowie insgesamt jünger waren als die Nicht-Teilnehmer. 3.5.3 18-Monatskatamnese Es fanden sich zu diesem Messzeitpunkt keine signifikanten Unterschiede zwischen der Gruppe der Teilnehmer und der Gruppe der Drop-Outs (siehe Tabelle 24, Anhang S.141). Ergebnisse 44 3.5.4 24-Monatskatamnese Zu diesem Messzeitpunkt lagen zwei signifikante Unterschiede vor (siehe Tabelle 25, Anhang S.142). Zum einen hatten signifikant mehr Drop-Outs keine Beschäftigung (χ²=6,491; df=2; p<0,05), zum anderen nahmen weniger Probanden mit Sonder-, Real- und Hauptschulabschluss und mehr mit Abitur, als statistisch erwartet, an der Untersuchung teil (Fisher-Exakt-Test; p<0,05). Insgesamt lässt sich festhalten, dass es eine leichte Tendenz zur positiven Selektion gab, die sich bei den meisten Katamnesezeitpunkten, außer zum Zeitpunkt K18, zeigte. Es nahmen eher solche Patienten teil, die eine höhere Schulbildung hatten und zum Zeitpunkt des Erstinterviews weniger Restsymptomatik aufwiesen. Ergebnisse 45 3.6 Medikamenten- und Behandlungsadhärenz Zur Analyse der Gruppenunterschiede zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Probanden hinsichtlich ihrer Adhärenz über die Zeit, wurde jeweils eine multivariate Varianzanalyse und multiple lineare Regressionsanalysen sowie logistische Regressionsanalysen für jeden Messzeitpunkt berechnet. 3.6.1 Compliance Selbst Rating Instrument - CSRI 3.6.1.1 CSRI-E - Die „Compliance-Einstellung“ zum Zeitpunkt des Erstinterviews Die „Compliance-Einstellung“, gemessen anhand des CSRI-E zum Zeitpunkt des Erstinterviews, ergab einen Summenmittelwert von 12,4 (± 3,6) in der Gruppe der freiwillig behandelten Patienten und 13,5 (± 4,8) in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Patienten. Dieser Unterschied war nicht signifikant (t(124)=-1,375; p=0,71). Da die Summenwerte des CSRI-E von 8-40 reichen können und geringere Summenwerte für eine höhere Compliance sprechen, weisen beide Gruppen eine hohe „ComplianceEinstellung“ zum Zeitpunkt des Erstinterviews auf. Item A („Ich bin hier aufgrund einer psychotischen Erkrankung in Behandlung“) wurde in der Gruppe der freiwillig Behandelten durchschnittlich mit 1,5 (± 0,9) (Median=1) und in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Patienten mit 1,9 (± 1,5) (Median=1) bewertet. Item B („Ich muss zukünftig Maßnahmen zur Rückfallverhütung beachten“) lag durchschnittlich bei 1,5 (± 1,1) (Median=1) in der ersten Gruppe und bei 1,8 (± 1,3) (Median=1) in der zweiten Gruppe. Hierbei handelt es sich um keine signifikanten Unterschiede (Item A: p=0,32; Item B: p=0,28). Probanden beider Gruppen geben im Mittel an, den Aussagen „zuzustimmen“ (Wert „1“) bis „weitestgehend zuzustimmen“ (Wert „2“). 3.6.1.2 CSRI-K – „Compliance-Verhalten“ im letzten halben Jahr Der CSRI-K wurde zu jedem Katamnesezeitpunkt vorgelegt. Die Summe aus den ersten acht Items dieses Fragebogens stellt ein Maß für das „Compliance-Verhalten“ im letzten halben Jahr dar. Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Summe aus den Items 1-8 Ergebnisse 46 des CSRI-K zu jedem Katamnesezeitpunkt sind in Tabelle 7 dargestellt. Die Summenwerte des CSRI-K können von 8-40 reichen, wobei ein geringerer Wert für ein besseres Compliance-Verhalten spricht. Wie in Tabelle 7 zu sehen ist, wird das „ComplianceVerhalten“ zu jedem Katamnesezeitpunkt in beiden Gruppen als durchschnittlich gut angegeben, wobei die Gruppe der unfreiwillig Behandelten ihr „Compliance-Verhalten“ tendenziell schlechter bewertete. Tabelle 7: Mittelwerte und Standardabweichungen der Summen der Items 1-8 des CSRI–K (Compliance-Verhalten) zu jedem Katamnesezeitpunkt Messzzeitpunkt Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig K6-ComplianceVerhalten M ± SD Median (Min-Max) 15.4 (±4.6) 16.0 (8-33) 15.2 (±4.6) 16.0 (8-33) 15.9 (±4.8) 16.5 (8-28) K12-ComplianceVerhalten M ± SD Median (Min-Max) 16.4 (±5.1) 16.0 (8-35) 15.9 (±4.8) 15.0 (8-35) 17.5 (±5.5) 17.0 (8-34) K18-ComplianceVerhalten M ± SD Median (Min-Max) 16.2 (±5.7) 16.0 (8-38) 15.9 (±5.6) 16.0 (8-38) 17.0 (±6.0) 17.5 (8-30) K24-ComplianceVerhalten M ± SD Median (Min-Max) 16.3 (±5.5) 15.4 (8-34) 16.0 (±5.4) 15.0 (8-33) 17.1 (±5.7) 16.0 (9-34) Um die Gruppenunterschiede im Zeitverlauf analysieren zu können, wurde eine MANOVA mit den Summen der Items 1-8 des CSRI-K zu jedem Katamnesezeitpunkt als abhängige Variablen durchgeführt. Der Auswertung liegen die Daten der vier Katamnesezeitpunkte zugrunde, wobei nur Datensätze von denjenigen Probanden ausgewertet wurden, die zu jedem Katamnesezeitpunkt teilgenommen haben und den Fragebogen ausgefüllt haben. Dies war in der Gruppe der freiwillig behandelten Probanden bei 62 Teilnehmern der Fall und in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Personen bei 25 Teilnehmern. Der Mauchly-Test zur Prüfung der Sphärizität wurde nicht signifikant und somit konnten F-Tests der Varianzanalyse ohne Korrektur der Freiheitsgrade verwendet werden (Mauchly-W=0,931; df=5; p=0,31). Die Analyse ergab keinen signifikanten Zeiteffekt (F=1,127; df=3; p=0,34) sowie keinen signifikanten Haupteffekt der Gruppenzugehörigkeit (F=1,226; df=1; p=0,27). Die Wechselwirkung zwischen „Zeit“ und „Gruppe“ wurde ebenfalls nicht signifikant (F=0,267; df=3; p=0,85). Somit gab es keine Gruppenunterschiede im „Compliance-Verhalten“ zwischen freiwillig und unfreiwillig Ergebnisse 47 behandelten Probanden über die zwei Jahre nach Entlassung hinweg. Zudem gab es keine Veränderung des „Compliance-Verhaltens“ über die Zeit. 3.6.1.3 Multiple lineare Regressionsanalysen mit dem CSRI-E - „Compliance-Einstellung“ und CSRI-K - „Compliance-Verhalten“ Zur Prüfung des Einflusses des Faktors „Gruppe“ auf die Compliance-Einstellung (CSRIE) und das Compliance-Verhalten (CSRI-K), gemessen anhand der Summe aus den Itemwerten 1-8 des CSRI-E und -K, wurden zu jedem Messzeitpunkt eine multiple lineare Regressionsanalyse mit den Kovariaten Alter, Geschlecht, Partnerschaft, Verdienst, Anzahl vorangegangener Aufenthalte, Schulbildung und Wohnsituation berechnet. Diese Variablen wurden aus sozialwissenschaftlichen Überlegungen als mögliche Prädiktoren für Adhärenz in die Analyse aufgenommen. Die Ergebnisse sind im Überblick in Tabelle 8 dargestellt. Die Variable „Gruppe“ hatte zu keinem Messzeitpunkt einen signifikanten Einfluss, unter Konstanthalten der Kovariaten, weder auf die „Compliance-Einstellung“ zum Zeitpunkt des Erstinterviews, noch auf das „Compliance-Verhalten“ im letzten halben Jahr“ zu jedem Katamnesezeitpunkt. Nach Bonferroni-Adjustierung des Signifikanzniveaus für multiple Tests stellten sich ausschließlich die Variable „Geschlecht“ zum Zeitpunkt E (p<0,01) und „Alter“ zum Zeitpunkt K24 als signifikant heraus (p<0,001). Männer bewerteten ihre „Compliance-Einstellung“ zum Zeitpunkt E als schlechter und jüngere Probanden gaben zum Zeitpunkt K24 ein schlechteres „Compliance-Verhalten“ an. Insgesamt erweist sich der Freiwilligkeitsstatus zu keinem Zeitpunkt als signifikanter Prädiktor auf die „Compliance-Einstellung“ und das „Compliance-Verhalten“. CSRI-E CSRI-K6 CSRI-K12 CSRI-K18 CSRI-K24 Einstellung Verhalten Verhalten Verhalten Verhalten F=2.567; df=8; p=.013 F=0.872; df=8; p=.581 F=1.864; df=8; p=.074 F=1.141; df=8; p=.344 F=3.097; df=8; p=.004 Ergebnisse Tabelle 8: Multiple lineare Regressionsanalysen mit den Summen der Items 1-8 des CSRI-E (Compliance-Einstellung) und –K (Compliance-Verhalten) zu jedem Messzeitpunkt Variable B SE p B SE p B SE p B SE p B SE p 14.006 1.49 0 .000 15.852 1.983 ,000 20.341 2.097 .000 17.352 2.436 .000 22.033 2.235 .000 Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) -1.245 .841 .141 .105 1.143 ,927 -1.298 1.156 .264 -.129 1.408 .927 .243 1.246 .846 Alter -.037 .032 .249 -.066 .042 ,120 -.101 .044 .023 -.069 .052 .190 -.199 .047 .000 2.425 .794 .003 1.271 1.073 ,239 .745 1.137 .514 -.654 1.327 .623 .794 1.211 .514 .421 .826 .611 -.071 1.122 ,950 .800 1.220 .514 1.833 1.378 .187 -.754 1.246 .547 .535 .723 .461 -.400 .970 ,681 1.598 1.024 .122 1.515 1.166 .197 -.263 1.048 .802 -.040 .038 .299 .038 .049 ,434 -.028 .051 .580 .092 .058 .117 .109 .052 .039 -.607 .812 .456 .790 1.094 ,472 -.226 1.120 .841 .440 1.338 .743 .472 1.168 .687 -.371 .882 .675 1.601 1.180 ,178 -.450 1.220 .713 .006 1.491 .997 1.114 1.300 .394 (Konstante) Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) Partnerschaft (1=ja; 0=nein) eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) Korrigiertes R² 0.092 -0.013 0.061 0.011 0.147 48 Ergebnisse 49 3.6.1.4 CSRI-K - „Zwangserleben“ im letzten halben Jahr Zusätzlich zu den Fragen zum „Compliance-Verhalten“ sind im CSRI-K Fragen zum Zwangserleben im letzten halben Jahr beinhaltet. Ein Maß für das Zwangserleben stellt die Summe der Items 9-12 dar. Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Summen für jede Gruppe zu den Katamnesezeitpunkten sind in Tabelle 9 aufgelistet. Die Summenwerte des CSRI-K-Zwangserleben reichen von 4 bis 20, wobei höhere Werte für ein geringeres Zwangserleben im letzten halben Jahr sprechen. Wie in Tabelle 9 zu sehen ist, unterscheiden sich die beiden Gruppen in ihrem Zwangserleben nicht voneinander und Probanden beider Gruppen bewerteten ihr Zwangserleben zu jedem Katamnesezeitpunkt im Durchschnitt als gering. Tabelle 9: Mittelwerte und Standardabweichungen der Summen der Items 9-12 des CSRI-K (Zwangserleben) zu jedem Katamnesezeitpunkt Messzeitpunkt Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig K6Zwangserleben M ± SD Median (Min-Max) 18.6 (±2.2) 20.0 (12-23) 18.6 (±2.1) 20.0 (12-23) 18.5 (±2.3) 20.0 (12-20) K12Zwangserleben M ± SD Median (Min-Max) 18.3 (±3.0) 20.0 (8-20) 18.3 (±2.7) 20.0 (8-20) 18.1 (±3.5) 20.0 (8-20) K18Zwangserleben M ± SD Median (Min-Max) 18.2 (±3.2) 20.0 (4-20.0) 18.2 (±3.1) 20.0 (4-20) 18.1 (±3.6) 20.0 (8-20) K24Zwangserleben M ± SD Median (Min-Max) 18.9 (±2.3) 20.0 (9-20) 19.0 (±2.1) 20.0 (10-20) 18.5 (±2.7) 20.0 (12-20) Zur Analyse von Gruppenunterschieden im Zwangserleben über die zwei Jahre wurde eine multivariate ANOVA berechnet. Die abhängigen Variablen waren die Summenwerte der Items 9-12 aus dem CSRI-K zu jedem Katamnesezeitpunkt. Aus der Gruppe der freiwillig behandelten Personen konnten Daten von 62 Personen zu allen vier Katamnesezeitpunkten analysiert werden. Aus der Gruppe der unfreiwillig Behandelten waren 25 Datensätze von vier Messzeitpunkten vorhanden. Der Mauchly-Test zur Prüfung der Sphärizität wurde nicht signifikant, somit konnten F-Tests der Varianzanalyse ohne Korrektur der Freiheitsgrade verwendet werden (Mauchly-W=0,877; df=5; p=0,05). Die Analyse ergab keinen signifikanten Zeiteffekt (F=0,701; df=3; p=0,55) sowie keinen signifikanten Effekt Ergebnisse 50 des Faktors „Gruppe“ (F=1,980; df=1; p=0,16). Die Wechselwirkung zwischen „Zeit“ und „Gruppe“ wurde ebenfalls nicht signifikant (F=0,566; df=3; p=0,64). Auch hier zeigte sich kein signifikanter Unterschied im Zwangserleben zwischen der Gruppe der freiwillig und unfreiwillig behandelten Probanden. Zudem gab es keine signifikante Veränderung im Zwangserleben über die Zeit. 3.6.1.5 Multiple lineare Regressionsanalysen mit dem CSRI-K-„Zwangserleben“ Analog zu Abschnitt 3.6.1.3 wurden multiple lineare Regressionsanalysen mit der Summe aus den Itemwerten 9-12 des CSRI-K zu den vier Katamnesezeitpunkten berechnet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 10 aufgelistet. Erneut zeigte sich zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Einfluss der Variable „Gruppe“, unter Adjustierung der Kovariaten, auf das „Zwangserleben“. Nach Bonferroni-Adjustierung des Signifikanzniveaus bei multiplen Tests hatten zwei Kovariaten einen signifikanten Einfluss auf das „Zwangserleben“. Zum Zeitpunkt K6 wurde die Variable „Geschlecht“ signifikant (p<0,05), unter Konstanthalten der Kovariaten. Männer gaben mehr Zwangserleben im letzten halben Jahr an. Die Variable „Wohnsituation“ wurde zum Zeitpunkt K12 signifikant (p<0,01). Probanden, die selbständig wohnten, gaben höhere Ausprägungen auf den Items 9-12 an und hatten somit ein geringeres Zwangserleben. Insgesamt erwies sich die Freiwilligkeit einer Behandlung zu keinem Zeitpunkt als signifikanter Prädiktor für das Zwangserleben der Probanden. Variable CSRI K6 CSRI K12 CSRI K18 CSRI K24 Zwangserleben Zwangserleben Zwangserleben Zwangserleben F=1.775; df=8; p=.091 F=1.781; df=8; p=.090 F=0.867; df=8; p=.548 F=0.221; df=8; p=.986 B SE p B SE p B SE p B SE p 18.230 .888 .000 16.391 1.225 .000 17.392 1.428 .000 18.595 1.068 .000 Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) .217 .512 .672 .976 .675 .152 .428 .826 .605 .605 .596 .312 Alter .026 .019 .176 -.007 .026 .791 .017 .031 .582 .002 .023 .934 -1.265 .480 .010 -.535 .664 .423 -1.047 .778 .181 -.390 .579 .503 .451 .502 .372 -.356 .713 .619 -.337 .808 .678 .047 .596 .937 .358 .434 .412 .435 .598 .469 .999 .684 .147 -.054 .501 .914 -.032 .022 .149 .010 .030 .746 -.055 .034 .111 .003 .025 .891 Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) .331 .490 .501 .709 .654 .281 .875 .784 .267 .106 .558 .850 Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) -.402 .528 .448 2.185 .713 .003 .233 .874 .791 -.104 .621 .867 (Konstante) Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) Partnerschaft (1=ja; 0=nein) eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte Korrigiertes R² 0.056 0.056 -0.011 Ergebnisse Tabelle 10: Multiple lineare Regressionsanalysen mit den Summen der Items 9-12 des CSRI-K (Zwangserleben) zu jedem Katamnesezeitpunkt -0.069 51 Ergebnisse 52 3.6.2 Medication Adherence Rating Scale – MARS Das dritte Selbstbeurteilungsinstrument zur Bestimmung der Adhärenz war die MARS. Sie ist ein Fragebogen zur Selbstbeurteilung der Medikamentenadhärenz. 3.6.2.1 MARS Die Summenmittelwerte und ihre Standardabweichungen der MARS für beide Gruppen zu jedem Messzeitpunkt sind in Tabelle 11 aufgelistet. Die Summenwerte der MARS reichen von 0 bis 10, wobei höhere Werte für eine höhere Wahrscheinlichkeit der Medikamentenadhärenz sprechen. Die durchschnittlichen Summen der MARS sind in beiden Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) zu allen Messzeitpunkten hoch. Probanden geben somit unabhängig ihrer Erfahrung einer Unterbringung eine hohe Medikamentenadhärenz an, die sich zwischen beiden Gruppen nicht wesentlich voneinander unterscheidet. Tabelle 11: Mittelwerte und Standardabweichungen der Summen der MARS zu jedem Messzeitpunkt Messzeitpunkt Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig E M ± SD Median (Min-Max) 7.9 (± 1.6) 8.0 (2-10) 8.0 (± 1.5) 8.0 (2.5-10) 7.5 (± 1.7) 7.0 (2-10) K6 M ± SD Median (Min-Max) 7.8 (± 1.8) 8.0 (3-10) 7.9 (± 1.8) 8.2 (3-10) 7.3 (± 1.9) 8.0 (4-10) K12 M ± SD Median (Min-Max) 8.0 (± 1.6) 8.0 (5-10) 7.9 (± 1.6) 8.0 (5-10) 8.0 (± 1.5) 8.0 (5-10) K18 M ± SD Median (Min-Max) 8.3 (± 1.5) 9.0 (2-10) 8.5 (± 1.5) 9.0 (2-10) 7.8 (± 1.6) 8.0 (5-10) K24 M ± SD Median (Min-Max) 8.1 (± 1.7) 9.0 (3-10) 8.2 (± 1.6) 9.0 (3-10) 8.0 (± 1.9) 8.5 (4-10) Zur Berechnung der Gruppenunterschiede der MARS über die Zeit wurde erneut eine Varianzanalyse für Messwertwiederholungen – eine multivariate ANOVA – berechnet. Hierzu konnten aus der Gruppe der freiwillig Behandelten von 60 Personen über alle fünf Messzeitpunkte hinweg Daten einbezogen werden, während in der Gruppe der unfreiwillig Ergebnisse 53 Behandelten von 22 Personen Daten der fünf Messzeitpunkte zur Verfügung standen. Es konnten dabei fünf Messzeitpunkte in die Analyse einfließen, da es inhaltlich keinen Unterschied zwischen Erstinterview und Katamnese gab. Der Mauchly-Test ergab, dass die Sphärizität den Daten zur MARS zugrundelag (Mauchly-W=0,837; df=9; p=0,12). Somit mussten die Freiheitsgrade nicht korrigiert werden. Die Analyse zeigte einen signifikanten Effekt des Faktors „Zeit“ (F=2,742; df=4; p=0,03). Die Medikamentenadhärenz nahm in beiden Gruppen über die Zeit signifikant zu (siehe Abbildung 3). Es fand sich kein signifikanter Effekt des Faktors „Gruppe“ (F=2,097; df=1; p=0,15) und keine statistisch signifikante Wechselwirkung zwischen „Zeit“ und „Gruppe“ (F=0,433; df=4; p=0,79). Dies bedeutet, dass es wiederum keinen signifikanten Unterschied im zeitlichen Verlauf zwischen der Gruppe der freiwillig und unfreiwillig Behandelten gab, jedoch gab es insgesamt über die Zeit hinweg eine signifikante Zunahme der selbstberichteten Medikamentenadhärenz. 8,6 Summenmittelwerte der MARS 8,4 8,2 8,0 GRUPPEN 7,8 Indexaufenthalt freiwillig 7,6 Indexaufenthalt 7,4 unfreiwillig E K6 K12 K18 K24 Messzeitpunkte Abbildung 3: Summenmittelwerte der MARS zu jedem Messzeitpunkt für beide Gruppen (freiwillig/unfreiwillig) getrennt Ergebnisse 54 3.6.2.2 Multiple lineare Regressionsanalysen mit der MARS Um den Einfluss der Variable „Gruppe“ auf die MARS unter Konstanthalten von möglichen anderen Einflussvariablen zu testen, wurden multiple lineare Regressionsanalysen mit den Kovariaten Geschlecht, Alter, Schulbildung, Wohnsituation, Partnerschaft, Verdienst im letzten halben Jahr, Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte und Partnerschaft zu jedem Messzeitpunkt berechnet. Diese Variablen wurden aus sozialwissenschaftlichen Überlegungen als mögliche Einflussfaktoren auf die Medikamentenadhärenz ausgewählt. Die Ergebnisse der multiplen linearen Regressionsanalysen zu jedem Messzeitpunkt sind in Tabelle 12 dargestellt. Nach Adjustierung des Signifikanzniveaus für multiple Tests haben weder der Faktor „Gruppe“ noch eine der Kovariaten einen signifikanten Einfluss auf die selbstberichtete Medikamentenadhärenz. Die Freiwilligkeit der Indexbehandlung stellte sich somit zu keinem Zeitpunkt als signifikanten Prädiktor für die Medikamentenadhärenz heraus. Ergebnisse Tabelle 12: Multiple lineare Regressionsanalysen mit den Summen der MARS zu jedem Messzeitpunkt Variable (Konstante) MARS E MARS K6 MARS K12 MARS K18 MARS K24 F=1.666; df=8; F=1.519; df=8; F=0.787; df=8; F=1.896; df=8; F=0.255; df=8; p=.114 p=.161 p=.615 p=.071 p=.978 B SE p B SE p B SE p B SE p B SE p 6.860 .608 .000 7.005 .728 .000 7.646 .695 .000 7.146 .651 .000 7.387 .810 .000 .667 .344 .055 .611 .428 .157 .114 .383 .766 .768 .379 .046 .261 .452 .566 Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) Alter Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) Partnerschaft (1=ja; 0=nein) eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) .022 .013 .093 .023 .016 .147 .008 .014 .560 .027 .014 .054 .011 .017 .519 -.475 .324 .146 -.787 .396 .050 -.243 .371 .513 -.561 .354 .116 -.097 .436 .824 -.109 .336 .747 .190 .419 .651 .386 .400 .337 -.107 .368 .772 -.061 .448 .891 -.311 .295 .294 -.198 .360 .584 -.486 .338 .154 -.380 .316 .233 .113 .381 .767 Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte .004 .016 .777 -.016 .018 .364 -.007 .017 .694 -.009 .015 .557 -.001 .019 .966 .624 .332 .063 1.023 .404 .013 .168 .369 .650 .727 .360 .046 .012 .424 .978 -.196 .361 .589 -.433 .440 .327 .171 .402 .671 -.274 .400 .495 .260 .474 .584 Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) Korrigiertes R² 0.041 0.039 -0.017 0.070 -0.068 55 Ergebnisse 56 3.6.3 Medikamentenspiegelbestimmung als objektives Maß der Medikamentenadhärenz Die Einteilung des Blutserumspiegels in „Medikamentenadhärenz vorhanden“ und „nicht genügend vorhanden“ wurde auf Grundlage der zwei Referenzkriterien, wie sie in Abschnitt 2.3.1.4 näher beschrieben sind, vorgenommen. Tabelle 13 stellt die Anzahl der als adhärent und nicht adhärent eingestuften Teilnehmer zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24 dar. Zur Testung möglicher Gruppenunterschiede in den Anteilen adhärenter und nicht adhärenter Probanden wurden ein χ²-Test und Fisher-Exakt-Tests berechnet. Hierbei zeigte sich zu keinem Messzeitpunkt ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Nach einem Jahr wurden 26,5% der Probanden aus der Gruppe der freiwillig Behandelten als nicht adhärent eingestuft und 31,6% der Probanden aus der Gruppe der unfreiwillig Behandelten. Nach zwei Jahren waren es 17,1% aus der Gruppe der freiwillig Behandelten und 26,7% aus der Gruppe der unfreiwillig Behandelten, die als nicht adhärent galten. Tabelle 13: Anzahl der Medikamenten adhärenten und nicht-adhärenten Teilnehmer zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24, eingestuft anhand des Medikamentenspiegels a Fisher-Exakt-Test b χ²-Test nach Pearson Adhärenz vorhanden Gesamtstichprobe Gruppe 1 Indexaufenthalt freiwillig Gruppe 2 Indexaufenthalt unfreiwillig Signifikanzniveau p E nein ja 4 (3.6%) 106 (96.4%) 3 (3.9%) 73 (96.1%) 1 (2.9%) 33 (97.1%) 1.000 a K12 nein ja 19 (27.9%) 49 (72.1%) 13 (26.5%) 36 (73.5%) 6 (31.6%) 13 (68.4%) 0.677 b K24 nein ja 11 (19.6) 45 (80.4%) 7 (17.1%) 34 (82.9%) 4 (26.7%) 11 (73.3%) 0.461 a Messzeitpunkt 3.6.3.1 Medikamentenserumspiegel Insgesamt konnte von 34 Personen Blutserumspiegel zu drei Messzeitpunkten bestimmt werden. Um einen systematischen Ausfall ausschließen zu können, wurden die Personen ohne vollständige Blutserumspiegel anhand mehrerer Variablen mit den Personen Ergebnisse 57 verglichen, deren Blutserumspiegel von drei Messzeitpunkten vorhanden war. Die beiden Gruppen unterschieden sich in Alter und Diagnose signifikant voneinander (siehe Tabelle 26, Anhang S.143). Die Personen ohne vollständige Bestimmung über 3 Messzeitpunkte waren im Mittel fünf Jahre älter als die Personen, die vollständige Blutserumspiegel hatten (t(126)=2,199; p<0,05). Die Personen mit unvollständigen Spiegeln, hatten häufiger die Diagnose F25.x (nach ICD-10) als die Personen mit vollständigen Blutserumspiegeln (χ²=5,278; df=1; p<0,05). Keine signifikanten Unterschiede ergaben sich in den Variablen Geschlecht, Anzahl vorangegangener Aufenthalte, GAF, Wohnsituation, GPV-Kontakte und eigener Verdienst. Insgesamt konnte davon ausgegangen werden, dass es sich um keinen selektiven Ausfall derjenigen Personen handelt, die keine Medikamentenspiegel von drei Messzeitpunkten hatten. Es wurde zur Berechnung der Gruppenunterschiede hinsichtlich der Medikamentenadhärenz über die Zeit eine MANOVA durchgeführt. In der Gruppe der freiwillig Behandelten konnten dazu Daten von 22 Personen einbezogen werden, in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Personen Daten von 12 Personen. Der Mauchly-Test ergab, dass die Sphärizität den Daten der Medikamentenadhärenz zugrunde lag (Mauchly-W=0,974; df=2; p=0,66). Somit mussten die Freiheitsgrade nicht korrigiert werden. Die MANOVA ergab einen signifikanten Effekt des Faktors „Zeit“ (F=5,189; df=2; p=0,01). Jedoch war kein signifikanter Effekt des Faktors „Gruppe“ (F=0,504; df=1; p=0,483) und keine signifikante Wechselwirkung zwischen „Zeit“ und „Gruppe“ vorhanden (F=0,449; df=2; p=0,64). Folglich unterschieden sich beide Gruppen in ihrer Medikamenteneinnahme nicht signifikant voneinander, jedoch nahm die Einnahmezuverlässigkeit nach der Entlassung ab, ohne aber im Verlauf weiter abzufallen. Die Freiwilligkeit der Indexbehandlung erwies sich demnach auch nicht als Prädiktor für die Medikamentenadhärenz, wenn diese über die Medikamentenspiegel objektiviert wurde. 3.6.3.2 Logistische Regressionsanalysen mit dem Medikamentenspiegel Zur Analyse möglicher Gruppenunterschiede in der adhärenten Medikamenteneinnahme wurden jeweils zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24 logistische Regressionsanalysen mit der abhängigen Variablen „Medikamentenadhärenz vorhanden/nicht vorhanden“ und den Kovariaten Alter, Geschlecht, Partnerschaft, Verdienst, Anzahl vorangegangener Aufenthalte, Schulbildung und Wohnsituation berechnet. Ergebnisse Tabelle 14: Logistische Regressionsanalysen mit der abhängigen Variablen Medikamentenadhärenz vorhanden/ nicht vorhanden, eingestuft anhand des Blutserumspiegels (0= Medikamentenadhärenz nicht vorhanden; 1= Medikamentenadhärenz vorhanden) Variable E K12 K24 Χ²=6.294; df=8; p=.614 Χ²=13.455; df=8; p=.097 Χ²=10.064; df=8; p=.261 B SE Wald p OR B SE Wald p OR B SE Wald p OR 2.874 2.658 1.170 .279 17.711 -2.064 1.537 1.804 .179 .127 1.503 1.927 .609 .435 4.497 Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) -.813 1.324 .377 .539 .444 .340 .737 .213 .645 1.405 .378 1.035 .134 .715 1.460 Alter .100 .071 2.003 .157 1.106 .076 .037 4.170 .041 1.079 .014 .043 .100 .752 1.014 -.385 1.555 .061 .805 .681 -.569 .779 .532 .466 .566 -2.117 1.269 2.781 .095 .120 -.174 1.653 .011 .916 .841 .043 .841 .003 .959 1.044 -.015 1.133 .000 .989 .985 -.766 1.265 .367 .545 .465 -.064 .686 .009 .926 .938 .739 .838 .777 .378 2.093 -.038 .045 .707 .400 .963 .064 .066 .952 .329 1.066 .122 .126 .931 .335 1.129 -1.954 1.320 2.191 .139 .142 1.303 .730 3.184 .074 3.680 -.337 .825 .167 .683 .714 -.782 1.529 .261 .609 .457 -.336 .739 .206 .650 .715 -.130 .928 .020 .889 .878 (Konstante) Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) Partnerschaft (1=ja; 0=nein) eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) Korrigiertes R² 0.209 0.265 0.276 58 Ergebnisse 59 Diese Kovariaten wurden aus sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen als mögliche Einflussfaktoren auf die Medikamentenadhärenz für die Analyse ausgewählt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 14 dargestellt. Nach Bonferroni-Adjustierung des Signifikanzniveaus für multiple Tests hatte weder die Variable „Gruppe“ noch eine der Kovariaten einen signifikanten Einfluss auf die Medikamentenadhärenz unter Konstanthalten der Kovariaten. Die Freiwilligkeit stellte zu keinem Zeitpunkt einen signifikanten Prädiktor der Medikamenteneinnahme dar. 3.7 Zusammenhang der Selbstbeurteilungsinstrumente und der anhand des Medikamentenspiegels eingestuften Medikamentenadhärenz Anhand der Einteilung durch den Medikamentenserumspiegel in die Gruppe der Probanden, deren Medikamentenadhärenz vorhanden war, und in die Gruppe der Patienten, deren Medikamentenadhärenz als nicht genügend vorhanden eingestuft wurde, wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen des CSRI-E und –K sowie der MARS berechnet. Diese sind in Tabelle 15 aufgelistet. Die Werte der Selbstbeurteilungsbögen zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung sind wenig interpretierbar, da die Medikamenteneinnahme im stationären Setting unter Aufsicht stattfand und somit auch Personen, die außerhalb des stationären Settings weniger adhärent sind, eine genügend vorhandene Adhärenz zum Zeitpunkt des Erstinterviews aufwiesen. Die Summenmittelwerte der Selbstbeurteilungen zu den Katamnesen entsprechen größtenteils der jeweils für die Gruppe erwarteten Richtung. Es fand sich zu jedem Zeitpunkt ein geringerer Mittelwert des CSRI-K (Compliance-Verhalten ∑Item 1-8), somit ein besseres Compliance-Verhalten in der Gruppe der Probanden, die als adhärent eingestuft wurden im Vergleich zu Probanden deren Medikamentenadhärenz als nicht genügend eingeschätzt wurde. Das Zwangserleben (CSRI-K ∑Item 9-12) war zum Zeitpunkt der 12-Monats-Katamnese in der Gruppe der Medikamenten-adhärenten Probanden geringer, zum Zeitpunkt der 24-Monats-Katamnese jedoch leicht höher als in der Gruppe der nicht genügend adhärenten Personen. Die selbstbeurteilte Medikamentenadhärenz (MARS) wurde, wie erwartet, in der Gruppe der adhärenten Probanden höher eingestuft. Ergebnisse 60 Tabelle 15: Mittelwerte und Standardabweichungen der CSRI-E und –K sowie der MARS-Scores der adhärenten und nicht genügend adhärenten Teilnehmer zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24 CSRI-E (Item A) CSRI-E (Item B) CSRI-E (∑ Item 1-8) MARS E CSRI-K 12 (∑ Item 1-8) CSRI-K 12 (∑ Item 9-12) MARS K12 CSRI-K 24 (∑ Item 1-8) CSRI-K 24 (∑ Item 9-12) MARS K 24 M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD M ± SD E K12 K24 Medikamentenadhärenz vornicht handen vorhanden 1.6 1.3 (± 1.1) (± 0.5) 1.5 2.5 (± 1.0) (± 1.9) 12.4 15.0 (± 3.8) (± 5.4) 7.8 9.0 (± 1.6) (± 1.2) Medikamentenadhärenz vornicht handen vorhanden Medikamentenadhärenz vornicht handen vorhanden 15.0 (± 3.5) 18.8 (± 2.4) 8.1 (± 1.5) 22.4 (± 6.2) 15.9 (± 4.6) 7.1 (± 1.8) 14.9 (± 4.2) 18.4 (± 2.2) 8.3 (± 1.5) 22.6 (± 8.0) 19.0 (± 2.8) 6.8 (± 3.3) CSRI-E Item A und B: je höher desto geringer die Krankheitseinsicht CSRI-E (∑ Item 1-8)=Compliance-Einstellung (je niedriger desto besser die Einstellung); CSRI-K (∑ Item 1-8)=Compliance-Verhalten (je niedriger desto besser das Verhalten); CSRI-K (∑ Item 9-12)=Zwangserleben (je höher desto geringer das Zwangserleben); MARS=Medikamentenadhärenz (je höher desto besser die Medikamentenadhärenz) Zur Bestimmung des Zusammenhangs der subjektiv erhobenen Einschätzungen der Adhärenz mit der durch den Blutserumspiegel ermittelten Medikamentenadhärenz wurden Korrelationen mit den Daten zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24 berechnet. Die Ergebnisse der Korrelationen sind in Tabelle 16 dargestellt. Der Zusammenhang zwischen selbstbeurteilter Adhärenz und der durch den Medikamentenserumspiegel bestimmten Medikamentenadhärenz war zum Zeitpunkt des Erstinterviews nur gering. Jedoch lagen die Korrelationen zu den Katamnesen K12 und K24 in einem mittleren bis hohen Bereich und wurden größtenteils hoch signifikant. Die Korrelation zwischen MARS und dem Medikamentenspiegel zu K24 wurde tendenziell signifikant (p=0,07). Es lag folglich ein mittlerer bis hoher Zusammenhang zwischen der Einschätzung der Adhärenz anhand des Ergebnisse 61 Medikamentenspiegels und der selbstbeurteilten Adhärenz anhand von CSRI-K und MARS zu den Katamnesezeitpunkten vor. Die Korrelation zum Zeitpunkt der Entlassung war erwartungsgemäß gering, weil bei stationären Patienten durch Medikamenteneinnahme unter Aufsicht suffiziente Medikamentenspiegel auch bei im Grunde mangelnder Adhärenz erreicht werden können. Tabelle 16: Korrelationen zwischen selbstbeurteilter Adhärenz (MARS, CSRI-E und –K) und anhand des Medikamentenserumspiegels eingestufter Adhärenz zu den Messzeitpunkten E, K12 und K24 (0=Medikamentenadhärenz nicht vorhanden; 1=Medikamentenadhärenz vorhanden) E CSRI-E (Item A) CSRI-E (Item B) CSRI-E (∑ Item 1-8) MARS E CSRI-K 12 (∑ Item 1-8) CSRI-K 12 (∑ Item 9-12) MARS K12 CSRI-K 24 (∑ Item 1-8) CSRI-K 24 (∑ Item 9-12) MARS K 24 K12 K24 .055 -.196* -.126 -.144 -.605** .382** .274* -.511** -.084 .254 (p=.07) * p<0,05; ** p<0,01; CSRI-E Item A und B: je höher desto geringer die Krankheitseinsicht CSRI-E (∑ Item 1-8)=Compliance-Einstellung (je niedriger desto besser die Einstellung); CSRI-K (∑ Item 1-8)=Compliance-Verhalten (je niedriger desto besser das Verhalten); CSRI-K (∑ Item 9-12)=Zwangserleben (je höher desto geringer das Zwangserleben); MARS=Medikamentenadhärenz (je höher desto besser die Medikamentenadhärenz) Ergebnisse 62 3.7 Rehospitalisierung 3.7.1 Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse 3.7.1.1 Gesamtstichprobe Nach 24 Monaten wurden 74 Patienten (57,8%) der Gesamtstichprobe erneut aufgenommen. Die kumulierte Verteilung der Tage bis zur Wiederaufnahme für die Gesamtstichprobe ist in Abbildung 4 dargestellt. Der Median für die Tage bis zur Wiederaufnahme lag bei 538 Tagen (95%-KI: 318,7 – 757,3). Eine Zensierung während der Zeit wurde aufgrund eines Todesfalls vorgenommen. ,6 Kumulierte Verteilung ,5 ,4 ,3 ,2 ,1 1-Überlebensfunktion 0,0 Zensiert 0 200 400 600 800 Tage bis zur Rehospitalisierung Abbildung 4: Kumulierter Anteil der Rehospitalisierungen in der Gesamtstichprobe für den Zeitraum von 24 Monaten Ergebnisse 63 3.7.1.2 Vergleich der zwei Gruppen Die Kaplan-Meier-Survivalanalyse ergab die in Abbildung 5 dargestellten kumulierten Verteilungen der Rehospitalisierung separat für beide Gruppen. Es fand sich kein signifikanter Unterschied der beiden zeitlichen Verläufe im Log-Rang-Test (Q=0,24; df=1; p=0,63). Aus der Gruppe der während des Indexaufenthaltes freiwillig Behandelten kamen 53 Patienten (57%) innerhalb von 24 Monaten wieder. In dieser Gruppe verstarb eine Patientin vor einer erneuten Aufnahme. Dieser Fall wurde zensiert. Aus der Gruppe der unfreiwillig behandelten Patienten kamen innerhalb von 24 Monaten 21 Personen (60%) wieder in stationäre Behandlung. Der Median für die Tage bis zur Wiederaufnahme lag in der Gruppe der während des Indexaufenthaltes freiwillig Behandelten bei 609 Tagen (95%-KI: 364,8 – 853,2) und in der Gruppe der unfreiwillig Behandelten bei 459 Tagen (95%-KI: 136,8 – 781,2). ,7 Kumulierte Verteilung ,6 ,5 GRUPPEN ,4 Indexaufenthalt unfreiwillig ,3 Indexaufenthalt unfreiwillig -zens. ,2 Indexaufenthalt freiwillig ,1 Indexaufenthalt 0,0 freiwillig -zens. 0 200 400 600 800 Tage bis zur Rehospitalisierung Abbildung 5: Kumulierte Anteile der Rehospitalisierungen für beide Gruppen (freiwillig/ unfreiwillig) getrennt für den Zeitraum von 24 Monaten (zens.=zensiert) Ergebnisse 64 3.7.2 Cox-Regression zur Kontrolle von Einflussvariablen auf die Rehospitalisierung Um den Einfluss der Variablen „Gruppe“ auf die Hazard-Rate unter Adjustierung von möglichen anderen Einflussvariablen zu testen, wurde die Cox-Regression angewendet. Als zusätzliche mögliche Einflussvariablen gingen das Geschlecht, Alter, die Schulbildung, Wohnsituation, eigener Verdienst im letzten halben Jahr vor Aufnahme der Indexbehandlung, Anzahl bisheriger Aufenthalte und Partnerschaft in die Analyse ein. Diese Variablen wurden aus sozialwissenschaftlichen Überlegungen in das Modell einbezogen. Der Log-Likelihood Test für die Signifikanz des Gesamtmodells ergab, dass die Nullhypothese „alle Koeffizienten sind gleich 0“ auf einem Signifikanzniveau von 5% abgelehnt wird (χ²=22,761; df=8; p=0,004). Daraus folgt, dass ein signifikanter Einfluss einiger der unabhängigen Variablen nicht ausgeschlossen werden kann. In die Analyse wurden Daten von 126 Personen eingeschlossen. Zum Test der Signifikanz einzelner Einflussfaktoren wurde auf den Wald-Test zurückgegriffen. Hierbei hatte die Variable „Gruppe“, unter Kontrolle der Kovariaten, keinen signifikanten Einfluss auf die HazardRate (p=0,48) (siehe Tabelle 17). Tabelle 17: Cox-Regression zur Kontrolle Rehospitalisierung (0=keine Rehospitalisierung; 1=Rehospitalisierung) Kovariaten von Einflussvariablen auf die B SE Wald Signifikanz HR Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) -.201 .284 .502 .479 .818 Alter -.001 .010 .008 .929 .999 Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) .062 .265 .054 .816 1.064 Partnerschaft (1=ja; 0=nein) .374 .298 1.580 .209 1.454 eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) -.885 .269 10.800 .001 .413 Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte .043 .012 12.075 .001 1.044 Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) -.052 .279 .034 .854 .950 Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) -.318 .314 1.025 .311 .728 (χ²=22,761; df=8; p=0,004) (n=126) Ergebnisse 65 Die einzigen Variablen, die sich als signifikant unter Konstanthalten der Kovariaten herausstellten, waren die „Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte“ (p<0,01) und „eigener Verdienst“ (p<0,01). Im ersten Fall bedeutet dies, dass die Hazard-Rate um 4,4% steigt, wenn sich die Anzahl der Aufenthalte um 1 erhöht, gegeben alle anderen Faktoren sind konstant. Folglich hat die Anzahl früherer Aufenthalte einen signifikant positiven Einfluss auf das Risiko einer Rehospitalisierung. Im zweiten Fall heißt das Ergebnis, dass die Hazard-Rate wieder rehospitalisiert zu werden um 58,7% abnimmt, wenn jemand einen eigenen Verdienst hat, gegeben alle anderen Variablen sind konstant. Kein Verdienst hat somit einen signifikanten Einfluss auf das Risiko einer Rehospitalisierung. Abbildung 6 zeigt die kumulierten Verteilungen für die Rehospitalisierung unter Adjustierung der Kovariaten anhand ihrer Mittelwerte. Es ist zu sehen, dass sich unter Adjustierung der Kovariaten keine wesentlichen Veränderungen zu den in Abbildung 5 dargestellten Verläufen ergaben. Der Einfluss des Faktors „Gruppe“ stellte sich als nicht signifikant auf die Rehospitalisierung heraus. ,7 kumulierte Verteilung ,6 ,5 ,4 ,3 GRUPPEN ,2 Indexaufenthalt freiwillig ,1 Indexaufenthalt 0,0 unfreiwillig 0 200 400 600 800 Tage bis zur Rehospitalisierung Abbildung 6: Adjustierte kumulierte Anteile der Rehospitalisierungen für beide Gruppen (freiwillig/ unfreiwillig) getrennt für den Zeitraum von 24 Monaten Ergebnisse 66 3.7.3 Logistische Regressionsanalyse zur Kontrolle des Einflusses „Gruppe“ 3.7.3.1 Rehospitalisierung innerhalb eines Jahres Um den Einfluss der Variablen „Gruppe“ auf die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung innerhalb eines Jahres bestimmen zu können, wurde eine logistische Regressionsanalyse mit der abhängigen Variablen „Rehospitalisierung innerhalb eines Jahres“ und den Kovariaten Alter, Geschlecht, Partnerschaft, Verdienst, Anzahl vorangegangener Aufenthalte, Schulbildung und Wohnsituation berechnet. Diese Variablen wurden aus sozialwissenschaftlichen Überlegungen in das Modell einbezogen. Die Analyse ergab die in Tabelle 18 dargestellten Ergebnisse. Die Nullhypothese, dass alle Koeffizienten gleich Null sind, wurde auf dem 5% Signifikanzniveau abgelehnt (χ²=15,784; df=8; p=0,046). Unter Konstanthalten der Kovariaten ergab sich kein signifikanter Einfluss der Variablen „Gruppe“ auf die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung innerhalb eines Jahres. Jedoch stellte sich ein „eigener Verdienst“ im halben Jahr vor Aufnahme der Indexbehandlung als signifikante Einflussvariable heraus (p<0,01). Das Risiko von Personen mit eigenem Verdienst, nach einem Jahr erneut stationär aufgenommen worden zu sein, war geringer (OR<1) im Vergleich zu Personen ohne eigenen Verdienst. Tabelle 18: Logistische Regressionsanalyse zur Kontrolle des Einflusses „Gruppe“ auf die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung innerhalb eines Jahres (0=keine Rehospitalisierung; 1=Rehospitalisierung) Kovariaten B SE Wald p OR Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) -.310 .466 .442 .506 .733 Alter .005 .017 .092 .762 1.005 Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) .289 .448 .416 .519 1.335 Partnerschaft (1=ja; 0=nein) .753 .480 2.462 .117 2.123 -1.451 .438 10.990 .001 .234 Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte .027 .021 1.590 .207 1.027 Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) -.225 .458 .243 .622 .798 Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) -.749 .502 2.229 .135 .473 Konstante .224 .837 .072 .789 1.251 eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) (χ²=15,784; df=8; p=0,046; Nagel-Kerkes-R²=0,158) (n=126) Ergebnisse 67 3.7.3.2 Rehospitalisierung innerhalb von zwei Jahren Die logistische Regressionsanalyse zur Überprüfung des Einflusses der Variablen „Gruppe“ auf die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung innerhalb von zwei Jahren unter Adjustierung der Kovariaten Alter, Geschlecht, Partnerschaft, Verdienst, Anzahl vorangegangener Aufenthalte, Schulbildung und Wohnsituation ergab die in Tabelle 19 dargestellten Ergebnisse. Das Gesamtmodell wurde signifikant und deutete so auf einen möglichen signifikanten Einfluss einzelner unabhängiger Variablen hin (χ²=23,638; df=8; p=0,003). Erneut wird die Variable „Gruppe“ nicht signifikant. Die beiden Variablen, deren Einfluss sich als signifikant herausstellte, waren wiederum „eigener Verdienst“ (p<0,01) und „Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte“ (p<0,05). Personen mit eigenem Verdienst hatten ein geringeres Risiko (OR<1) innerhalb von 2 Jahren erneut stationär zu sein, im Vergleich zu Personen ohne eigenen Verdienst. Desweiteren wurde das Risiko einer Rehospitalisierung innerhalb von zwei Jahren, durch eine Erhöhung der Anzahl der vorangegangenen stationären Aufenthalte um 1, um das 1,1-fache erhöht. Tabelle 19: Logistische Regressionsanalyse zur Kontrolle des Einflusses „Gruppe“ auf die Wahrscheinlichkeit einer Rehospitalisierung innerhalb von 2 Jahren. (0=keine Rehospitalisierung; 1=Rehospitalisierung) Kovariaten B SE Wald p OR Gruppe (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) -.254 .498 .260 .610 .776 Alter .009 .019 .227 .633 1.009 Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) .272 .469 .337 .561 1.313 Partnerschaft (1=ja; 0=nein) .411 .490 .704 .401 1.508 -1.459 .434 11.301 .001 .232 Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte .106 .042 6.419 .011 1.112 Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) -.193 .474 .166 .684 .824 Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) -.297 .508 .340 .560 .743 Konstante .140 .888 .025 .875 1.150 eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) (χ²=23,638; df=8; p=0,003; Nagel-Kerkes-R²=0,23) (n=126) Ergebnisse 68 3.8 Freiwilligkeitsstatus des Folgeaufenthaltes Wie bereits im Abschnitt 3.7.1.1 dargestellt, wurden während der 24 Monate nach Entlassung aus der Indexbehandlung 74 Personen (57,8%) mindestens ein weiteres Mal stationär psychiatrisch behandelt. Bei 60 Probanden (81,1%) handelte es sich beim Folgeaufenthalt um eine freiwillige stationäre Behandlung. 14 Probanden (18,9%) erfuhren in den 24 Monaten nach Entlassung eine unfreiwillige Folgebehandlung. Von den 21 aus der Gruppe der unfreiwillig Behandelten, die wiederaufgenommen wurden, befanden sich 10 (47,6%) erneut unfreiwillig in Behandlung. Von den 93 zuvor freiwillig Behandelten wurden 53 wiederaufgenommen, von denen 4 (7,5%) untergebracht wurden. Um der Frage nach der Konstanz der Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit stationärer psychiatrischer Behandlungen nachzugehen, wurde anhand einer logistischen Regressionsanalyse der Einfluss der Variablen „Freiwilligkeit der Indexbehandlung“ auf die Freiwilligkeit des Folgeaufenthaltes näher analysiert. Als Kovariaten dienten Alter, Geschlecht, Wohnsituation, Verdienst, Schulbildung, Partnerschaft und Anzahl vorangegangener Aufenthalte. Diese Variablen wurden aus sozialwissenschaftlichen Überlegungen in das Modell einbezogen. Die Wald-Statistik zum Test der Signifikanz einzelner Einflussfaktoren ergab, dass die Variable „Freiwilligkeit der Indexbehandlung“ unter Konstanthalten der Kovariaten einen signifikanten Einfluss auf die Freiwilligkeit der Folgebehandlung hatte (OR=17,734; p<0,01) (Tabelle 20). Die Chance für zum Indexaufenthalt freiwillig Behandelte war gegenüber den unfreiwillig Behandelten um das 17,7-fache erhöht, bei einem Folgeaufenthalt erneut freiwillig in Behandlung zu sein. Im Umkehrschluss gilt, dass die Chance einer unfreiwilligen Folgebehandlung erhöht war, wenn die Indexbehandlung unfreiwillig war. Es fand sich kein weiterer signifikanter Einfluss der einbezogenen Kovariaten. Ergebnisse 69 Tabelle 20: Logistische Regressionsanalyse zur Kontrolle des Einflusses der „Freiwilligkeit der Indexbehandlung“ auf die Freiwilligkeit der Folgebehandlung (0= unfreiwillig; 1= freiwillig). Kovariaten B SE Wald p OR 2.875 .915 9.867 .002 17.734 -.036 .043 .708 .400 .965 Geschlecht (1=männlich; 0=weiblich) -.455 .931 .239 .625 .634 Partnerschaft (1=ja; 0=nein) .758 1.017 .556 .456 2.134 eigener Verdienst (1=ja; 0=nein) .567 1.026 .306 .580 1.763 .028 .047 .365 .546 1.029 -.575 .795 .524 .469 .563 1.297 1.005 1.665 .197 3.659 .399 1.754 .052 .820 1.491 Freiwilligkeit der Indexbehandlung (1=freiwillig; 0=unfreiwillig) Alter Anzahl vorangegangener stationärer Aufenthalte Abitur oder Fachhochschulreife (1=ja; 0=nein) Wohnsituation (1=selbständig; 0=nicht selbständig) Konstante (χ²=20,095; df=8; p=0,010; Nagel-Kerkes-R²=0,386) (n=73) 3.9 Anzahl und Gesamtdauer der Aufenthalte in den 24 Monaten nach Entlassung aus der Indexbehandlung Durchschnittlich hatten Probanden der Gesamtstichprobe in den 24 Monaten nach Indexbehandlung 2,8 (± 3,6) weitere stationäre Aufenthalte. Diese Aufenthalte hatten eine mittlere Gesamtdauer von 116,2 Tagen (± 108,3). In der Gruppe der unfreiwillig Behandelten folgten in den 24 Monaten nach Indexbehandlung durchschnittlich 2,8 (± 1,9) stationäre Aufenthalte mit einer mittleren Gesamtdauer von 189.3 Tagen (± 123,4; Median=156; Min-Max=44-527). In der Gruppe der freiwillig behandelten Personen waren ebenfalls durchschnittlich 2,8 Aufenthalte (±4,1) mit einer Gesamtdauer von 87,2 Tagen (± 87,2; Median=70; Min-Max=2-393). Die durchschnittliche Anzahl der Aufenthalte unterschied sich nicht signifikant zwischen den Gruppen (p=0,09), jedoch zeigte sich ein hoch signifikanter Unterschied in der durchschnittlichen Gesamtdauer (U=217,5; p<0,001). Unfreiwillig behandelte Probanden hatten eine signifikant längere Gesamtdauer der Folgeaufenthalte in den 24 Monaten nach Entlassung aus der Indexbehandlung. Diskussion 70 4 Diskussion Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss einer unfreiwilligen stationären psychiatrischen Behandlung auf die poststationäre Medikamenten- und Behandlungsadhärenz sowie Rehospitalisierung zu ermitteln. Die Nebenfragestellung bezog sich auf die Unfreiwilligkeit einer stationären Behandlung als ein über die Zeit stabiles Merkmal. 4.1 Ergebnisdiskussion Die erste zentrale Fragestellung dieser Arbeit war: Hat eine unfreiwillige stationäre Behandlung von an Schizophrenie erkrankten Personen eine schlechtere Medikamentenund Behandlungsadhärenz zur Folge? Die unterschiedlichen Analysen zur Medikamenten- und Behandlungsadhärenz weisen darauf hin, dass die Unfreiwilligkeit der Indexbehandlung keinen signifikanten Prädiktor darstellt. Sowohl kurzzeitig zum Zeitpunkt der Entlassung als auch über den Beobachtungszeitraum von zwei Jahren fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen. Auch unter Adjustierung möglicher Einflussvariablen stellte sich eine Unterbringung nicht als Prädiktor für Medikamenten- oder Behandlungsadhärenz heraus. Die Ergebnisse decken sich mit dem Großteil der vorausgegangenen Befunde. Studien aus den USA, Niederlanden, Frankreich und Deutschland kamen zu den Ergebnissen, dass die Unfreiwilligkeit einer Behandlung keinen Einfluss auf die Medikamenten- oder Behandlungsadhärenz nach Entlassung hat (Pieters 2003; McEvoy et al. 1989; Verdoux et al. 2000; Szmukler et al. 1981; Leung et al. 1993). Nur eine niederländische Studie mit Probanden im Alter zwischen 16 und 28 Jahren mit einer Erstmanifestation einer schizophrenen oder schizoaffektiven Psychose fand einen signifikant negativen Einfluss einer Unterbringung auf die Medikamentenadhärenz in den fünf Jahren nach Entlassung (De Haan et al. 2007). Bei genauer Betrachtung geben die Werte einzelner Items und Summenwerte in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Personen oftmals tendenziell eine etwas schlechtere Adhärenz wider, jedoch wurden diese Unterschiede nicht signifikant. Die Krankheitseinsicht (Item A „Ich bin hier aufgrund einer psychotischen Erkrankung“ und Item B „Ich Diskussion 71 muss zukünftig Maßnahmen zur Rückfallverhütung beachten“ des CSRI-E) wurde in beiden Gruppen als hoch (Median=1; „stimme zu“) angegeben. Zudem unterschieden sich beide Gruppen nicht signifikant in ihrer Compliance-Einstellung (CSRI-E, Summe der Items 1-8) zum Zeitpunkt des Erstinterviews. Betrachtet man die Summenmittelwerte des CSRI–K, so fällt auf, dass das selbstberichtete Compliance-Verhalten (Summe der Items 18) über die Zeit tendenziell abnahm. Dieser Effekt wurde jedoch nicht signifikant. Der größte Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig Behandelten fand sich zum Zeitpunkt K12, wobei eine Differenz von 1,6 Punkten eher klein ist. Zusätzlich zeigte sich eine Diskrepanz in der angegebenen Einstellung bei Entlassung und dem berichteten Verhalten bei den Katamnesen. Probanden schätzen durchaus Maßnahmen zur gesunden Lebensführung als sinnvoll ein, jedoch ist die Umsetzung im Alltag häufig nicht in dem Maße möglich, wie man es sich vorstellt oder für richtig erachtet. Während das selbstberichtete Compliance-Verhalten der Probanden im Hinblick auf Behandlungstreue und weitere gesundheitsfördernde Maßnahmen tendenziell abnahm, weisen die Ergebnisse zur selbstberichteten Medikamentenadhärenz (MARS) in die entgegengesetzte Richtung. Die MANOVA ergab eine signifikante Zunahme der selbstberichteten Medikamentenadhärenz im Laufe von zwei Jahren. Die MARS lag mit ihren Summenmittelwerten zwischen 7,9 und 8,5 in der Gruppe der freiwillig Behandelten und 7,3 bis 8,0 in der Gruppe der unfreiwillig Behandelten. In beiden Gruppen lagen die Ergebnisse über den Werten, wie sie in der Studie von Fialko et al. (2008) (Mittelwert=6) berichtet wurden. Es könnte sich somit bei der Stichprobe der vorliegenden Studie eher um Personen gehandelt haben, die tendenziell eine hohe Medikamentenadhärenz angaben. Eine weitere Erklärung könnte in den Ergebnissen von Fialko et al. (2008) zu finden sein. Sie berichten von gering signifikanten Korrelationen zwischen fremdgerateter Medikamentenadhärenz und der MARS. Aufgrund der Itemformulierungen wird deutlich, dass die MARS nicht ausschließlich Verhalten, sondern auch Einstellungen abbildet. Deshalb ist ein Zusammenhang zum Verhaltensmaß (CSRI-K) nicht zwingend notwendig. Insgesamt wurde die selbstberichtete Adhärenz im CSRI-E und –K sowie in der MARS von den Teilnehmern als gut bis sehr gut angegeben. Ein Problem von Selbstberichten ist die Überschätzung der eigenen Adhärenz. Studien berichten von einer Überschätzung im Bereich von ungefähr 30% (Piatkowska u. Farnill 1992; Wright 1993). Jedoch kann man in beiden Gruppen gleichermaßen von dieser Tendenz ausgehen, ein Einfluss auf Gruppenunterschiede ist unwahrscheinlich. Diskussion 72 Ein objektiveres Maß zur Bestimmung der Adhärenz stellt die Medikamentenspiegelmessung dar. Aber auch hier fand sich kein signifikanter Einfluss der Unterbringung auf die Medikamentenadhärenz. Jedoch ergab sich über drei Messzeitpunkte ein signifikanter Zeiteffekt. Die Medikamentenadhärenz nahm nach einem Jahr deutlich ab. 26,5% der freiwillig behandelten und 31,6% der unfreiwillig behandelten Probanden wurden anhand des Medikamentenspiegels als nicht adhärent eingestuft. Nach 2 Jahren wurde die Medikamentenadhärenz wieder etwas besser. Zu diesem Zeitpunkt wurden 17,1% der freiwillig Behandelten und 26,7% der unfreiwillig Behandelten als nicht adhärent eingestuft. Die vorliegenden Nicht-Medikamentenadhärenz-Raten liegen im unteren Bereich der Spanne von 10-76%, wie sie von Young et al. (1986) in ihrem Review berichtet wurde. Die Korrelationen zwischen der selbstbeurteilten Adhärenz und der objektiv anhand des Medikamentenspiegels eingeschätzten Adhärenz waren zu den Katamnesezeitpunkten mittel bis hoch. Die Korrelationen zwischen der MARS und dem Medikamentenspiegel waren jedoch geringer als bei Thompson et al. (2000) berichtet wurde (r=0,60; p<0,05). Die geringe Korrelation zwischen Selbstberichten und Medikamentenspiegel zum Entlasszeitpunkt lässt sich durch die externe Kontrolle der Medikamenteneinnahme erklären, die dazu führt, dass die meisten Patienten mit einem im Referenzbereich liegenden Spiegel entlassen werden. Eine Abnahme der Adhärenz über die Zeit wurde bereits in anderen Arbeiten erwähnt. Weiden und Olfson (1995) schätzten die durchschnittliche Abnahme der Medikamentenadhärenz von Personen, die in gemeindepsychiatrischen Einrichtungen angebunden waren, auf monatlich 7%-8%. Eine weitere Schätzung von Weiden und Zygmunt (1997) geht davon aus, dass ein Jahr nach Entlassung bereits 50% der an Schizophrenie erkrankten Patienten nur noch teilweise adhärent sind. Im Laufe des Folgejahres steigt der Anteil nur teilweise adhärenter Personen auf 75%. Im Vergleich hierzu war die prozentuale Abnahme der adhärenten Patienten in der vorliegenden Arbeit geringer. Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass es sich bei der vorliegenden Stichprobe um Probanden mit guter Adhärenz handelte. Nach Bonferroni-Adjustierung des Signifikanzniveaus bei multiplen Tests stellten sich zum Zeitpunkt E das Geschlecht und zum Zeitpunkt K24 das Alter als signifikante Einflussgrößen auf die Adhärenz-Einstellung und das Adhärenz-Verhalten heraus. Jedoch waren diese Variablen nicht konsistent über mehrere Messzeitpunkte signifikant und können somit nicht als Prädiktoren angesehen werden. Diese Inkonsistenz der Ergebnisse wird bereits in Übersichtsarbeiten von Fenton et al. (1997) oder Lacro et al. (2002) Diskussion 73 berichtet. Dabei gibt es in vielen Bereichen, wie beispielsweise Soziodemographie, keine einheitlichen Studienergebnisse, da Studienauswertungen unter anderem nur auf Daten eines Messzeitpunkts aufbauen oder eine Adjustierung möglicher Einflussvariablen nicht vorgenommen wurde. Bei Adhärenz handelt es sich offenbar um ein multifaktorielles Konstrukt, das sich nicht durch eine Intervention oder einen Faktor alleine verändern und bestimmen lassen kann (Day 2003; Fleischhacker et al. 2003; Perkins 2002). Das Zwangserleben in den vergangenen sechs Monaten, erfasst mit dem CSRI-K (Summe der Items 9-12), unterschied sich zu den Zeitpunkten der Nachuntersuchung ebenfalls nicht signifikant zwischen den Gruppen der freiwillig Behandelten und unfreiwillig Behandelten. Auch unter Adjustierung möglicher Einflussvariablen stellte sich die Unterbringung nicht als Prädiktor auf das Zwangserleben heraus. Jedoch gab es zu zwei Messzeitpunkten jeweils eine signifikante Einflussgröße. Zum Zeitpunkt K6 wurde das Geschlecht signifikant und zum Zeitpunkt K12 die Wohnsituation. Da diese zwei Variablen jedoch nicht signifikante Einflussgrößen über mehrere Messzeitpunkte waren, können sie nicht als Prädiktoren für das Zwangserleben angesehen werden. Die zweite zentrale Fragestellung dieser Arbeit war: Führt eine unfreiwillige stationäre Behandlung von an Schizophrenie erkrankten Personen zu einer schnelleren Wiederaufnahme (a) und zu häufigeren und längeren Wiederaufnahmen (b) in einer psychiatrischen Klinik? Die Berechnungen zur Rehospitalisierung ergaben, dass eine Unterbringung keinen signifikanten Prädiktor für die Rehospitalisierung darstellt. Insgesamt wurden 57,8% der Probanden innerhalb von 24 Monaten erneut stationär behandelt. Hierbei gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen freiwillig (57%) und unfreiwillig (60%) Behandelten. Ebenfalls erhöhte die Unfreiwilligkeit der Indexbehandlung nicht das Risiko einer Rehospitalisierung innerhalb eines Jahres oder innerhalb von zwei Jahren. Zudem gab es keinen signifikanten Unterschied in der Anzahl der stationären Behandlungen im followup-Zeitraum. Jedoch unterschied sich die Gesamtdauer der stationären Behandlungen innerhalb der 24 Monate nach Indexbehandlung signifikant voneinander. Initial unfreiwillig behandelte Probanden wurden insgesamt länger stationär behandelt. Die Wiederaufnahmerate von 57,8% innerhalb von zwei Jahren ist vergleichbar mit den Ergebnissen von Eaton et al. (1992), welche Rehospitalisierungsraten von circa 35%-70% innerhalb von 750 Tagen hatten. In der vorliegenden Arbeit unterschieden sich freiwillig Diskussion 74 und unfreiwillig Behandelte nicht signifikant im Anteil der wiederaufgenommenen Patienten. Die Verläufe der kumulierten Rehospitalisierungsraten der freiwillig und unfreiwillig Behandelten innerhalb des Beobachtungszeitraums unterschieden sich ebenfalls nicht signifikant voneinander. Dies entspricht der Studie von McEvoy et al. (1989), die von ähnlichen Verläufen der kumulierten Rehospitalisierungen in einem Beobachtungszeitraum von 2,5 bis 3,5 Jahren berichten. Auch unter Adjustierung anhand der Mittelwerte von Einflussgrößen zeigte sich kein signifikanter Unterschied in den Rehospitalisierungsverläufen zwischen den Gruppen. Der größere Teil der Studien, die den Einfluss einer Unterbringung auf die Rehospitalisierung untersucht haben, zeigte ebenfalls keinen signifikanten Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig Behandelten (McEvoy et al. 1989; Leung et al. 1993; Russo et al. 1997; Fennig et al. 1999; Olfson et al. 1999; Pieters 2003; Opjordsmoen et al. 2010; Crisanti 1999). Im Gegensatz hierzu berichten fünf Studien von einer signifikant höheren Anzahl der Rehospitalisierungen (Feigon u. Hays 2003; Szmukler et al. 1981; Rosca et al. 2006) und höheren Rehospitalisierungsraten (Rosca et al. 2006; Szmukler et al. 1981; Houston et al. 2001; Bruns 1991) bei zuvor unfreiwillig behandelten Probanden. Als signifikante Prädiktoren einer Rehospitalisierung zeigten sich in der vorliegenden Arbeit ein „eigener Verdienst“ und die „Anzahl vorangegangener Aufenthalte“. Ein positiver Einfluss eines eigenen Verdienstes oder einer Beschäftigung auf die Prävention eines Rückfalls wurde bereits in anderen Studien berichtet (Munk-Jørgensen et al. 1991; Bell et al. 1996). Die Variable „eigener Verdienst“ kann zahlreiche Faktoren wie zum Beispiel Symptomatik, Motivation, Ausbildung oder Arbeitsmöglichkeiten beinhalten, so dass eine kausale Interpretation dieses Ergebnisses schwierig ist. Auch die Variable „Anzahl vorangegangener Aufenthalte“ wurde schon in früheren Studien als signifikanter Prädiktor genannt (Silva et al. 2009; Olfson et al. 1999; Bernardo u. Forchuk 2001). Sie kann mit der Erkrankungsschwere einer Person in Zusammenhang gebracht werden, die häufige Wiederaufnahmen in stationäre Behandlung notwendig macht. Betrachtet man die Anzahl der stationären Behandlungen in den 24 Monaten nach Entlassung aus der Indexbehandlung, so fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Probanden. Solch ein Ergebnis berichtet auch Fennig et al. (1999). Im Gegensatz hierzu stehen Studien, die häufigere Wiederaufnahmen in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Probanden berichten (Szmukler et al. 1981; Feigon et al. 1999). Rosca et al. (2006) zeigten einen signifikanten Einfluss einer unfrei- Diskussion 75 willigen Behandlung auf die Anzahl der Folgebehandlungen. Es handelte sich hierbei jedoch nur um einen schwachen Prädiktor, der eine Gesamtvarianz von 1,46% erklärte. Auffallend ist ein großer Unterschied in der Gesamtdauer der stationären Behandlungen. Die unfreiwillig behandelten Probanden hatten im Mittel eine um 102 Tage längere stationäre Behandlungsdauer in den 24 Monaten nach Indexbehandlung. Hierzu passt das Ergebnis, dass unfreiwillig behandelte Probanden bereits eine signifikant längere Indexbehandlungsdauer hatten als die freiwillig behandelten Patienten. Diese Ergebnisse entsprechen dem Ergebnis der Übersichtsarbeit von Kallert et al. (2008), die von neun von 17 Studien mit einer längeren Indexbehandlungsdauer bei untergebrachten Probanden im Vergleich zu freiwillig behandelten Patienten berichten. Eine mögliche Erklärung ist die Beobachtung, dass unfreiwillig Behandelte teilweise in einem psychisch schlechteren Zustand in stationäre Behandlung kommen und dadurch eine längere Behandlungszeit notwendig ist (Lyons et al. 1997; Szmukler et al. 1981; McEvoy et al 1989; Steinert u. Schmid 2004). Dieser Vermutung konnte jedoch mit den vorliegenden Daten nicht nachgegangen werden, da es keine PANSS- und GAF-Werte zum Zeitpunkt der Aufnahme gab. Gegen die Hypothese, dass freiwillig Behandelte die Behandlung vorzeitig gegen ärztlichen Rat beenden können und somit kürzer in Behandlung sind, spricht, dass es in der vorliegenden Arbeit keinen Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig Behandelten im Entlassmodus gab. Zusätzlich könnte es sich bei unfreiwillig behandelten Personen um eine Gruppe handeln, die aufgrund von geringer Medikamentenverträglichkeit häufig eine Umstellung der Medikation benötigen und deren Aufenthalte dadurch eine längere Dauer haben. Pieters (2003, S.202) stellte eine Häufung starker Nebenwirkungen bei untergebrachten Patienten fest. Dieser Vermutung konnte jedoch mit den vorliegenden Daten nicht nachgegangen werden. Die dritte Fragestellung lautete: Handelt es sich beim Status der „Unfreiwilligkeit“ einer stationären Behandlung um ein konstantes Merkmal über die Zeit? Bereits vorliegende Studien konnten einen Zusammenhang zwischen früheren unfreiwilligen Behandlungen und zukünftigen unfreiwilligen Behandlungen zeigen (Szmukler 1981; McEvoy et al. 1989; Munk-Jørgensen et al. 1991; Fennig et al. 1999). Das vorliegende Ergebnis weist in dieselbe Richtung. Eine vorangegangene Unterbringung erhöht deutlich das Risiko, bei einer weiteren stationären Behandlung wieder untergebracht zu werden. 10 Probanden (47,6%) von den 21 aus der Gruppe der unfreiwillig Be- Diskussion 76 handelten, die wiederaufgenommen wurden, befanden sich erneut unfreiwillig in Behandlung. Nur 4 (7,5%) der 53 wiederaufgenommenen Personen aus der Gruppe der zuvor freiwillig Behandelten waren beim Folgeaufenthalt untergebracht. Pieters (2003, S.225) berichtet davon, dass die Bereitschaft zu einer freiwilligen Wiederaufnahme bei gerichtlich Untergebrachten deutlich unter der Bereitschaft freiwillig Behandelter lag. Probanden der Gruppe der unfreiwillig Behandelten hatten häufiger Abitur und ein abgeschlossenes Studium im Vergleich zu Probanden, die freiwillig behandelt wurden. Tendenziell arbeiteten unfreiwillig Behandelte häufiger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und wohnten häufiger selbstständig. Zusätzlich befand sich in der Gruppe der unfreiwillig Behandelten tendenziell ein größerer Anteil an Personen, die zum ersten Mal in stationärer psychiatrischer Behandlung waren. Wie in der Studie von Steinert und Schmid (2004) gab es zwischen den Gruppen keinen Unterschied in GAF-Werten und PANSS-Positiv- und – Gesamt-Werten zum Entlasszeitpunkt. Die Gruppen unterschieden sich jedoch in der Negativsymptomatik. Diese war in der Gruppe der unfreiwillig Behandelten geringer. Freiwillig Behandelte waren insgesamt häufiger in Kontakt mit gemeindepsychiatrischen Einrichtungen (GPV) und arbeiteten häufiger in geschützten Arbeitsbereichen. Für einen präventiven Charakter von GPV-Kontakten hinsichtlich einer Unterbringung sprechen auch andere Ergebnisse (Wierdsma et al. 2009; Pfiffner et al. 2009). Insgesamt können diese Ergebnisse so interpretiert werden, dass es sich, anders als es die Literatur nahelegt (Smolka et al. 1997), bei den Probanden aus der Gruppe der freiwillig Behandelten eher um Personen mit einer Chronifizierung handelte, die häufig bereits in Einrichtungen des Gemeindepsychiatrischen Verbunds betreut wurden. Probanden, die unfreiwillig behandelt wurden, hatten demgegenüber ein höheres Bildungs- und Beschäftigungsniveau und weniger Kontakte mit psychiatrischen Einrichtungen. Positiv könnte man diese Unterschiede dahingehend deuten, dass Menschen, die bereits in der einen oder anderen Weise Hilfe im psychiatrischen Versorgungssystem erfahren haben, eher bereit sind, sich einer erforderlich werdenden stationären Behandlung wegen einer Exazerbation ihrer Psychose auf freiwilliger Basis zu unterziehen. Dass untergebrachte Probanden während ihrer Indexbehandlung signifikant häufiger Zwangsmaßnahmen (Isolierung, Fixierung oder Zwangsmedikation) hatten, entspricht den Erwartungen und der Literatur (Kaltiala-Heino et al. 1997). Diskussion 77 4.2 Methodendiskussion 4.2.1 Grenzen der Studie Eine Reihe von Ausschlusskriterien der ELAN-Studie sorgte dafür, dass nicht alle Patienten mit den Diagnosen F20.x oder F25.x eingeschlossen werden konnten. Zu den Ausschlusskriterien zählten Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, Minderbegabung, fehlende Einwilligungsfähigkeit oder eine schwere körperliche Erkrankung. Eine weitere mögliche Selektion entstand durch die geforderte Bereitschaft, über zwei Jahre hinweg an einer Studie mit halbjährlichen Messzeitpunkten teilzunehmen. Hierzu bedurfte es motivierter Probanden, die es sich vorstellen konnten, mehrmals interviewt zu werden. Ein Vergleich der Studienteilnehmer mit den Ablehnern ergab, dass es sich bei den Teilnehmern signifikant häufiger um jüngere Männer mit einer Diagnose aus dem Bereich F25.x handelte. Aufgrund des Fehlens von Angaben zur Unterbringung bei Ablehnern konnte keine Aussage über den Anteil unfreiwillig behandelter Probanden bei den Ablehnern gemacht werden. Ein weiteres Hindernis zur Studienteilnahme könnte die Dauer der Interviews von 1,5 bis 2 Stunden für manche Patienten dargestellt haben. Des Weiteren kann man davon ausgehen, dass größtenteils nur solche Personen an einer Studie zu den Langzeitfolgen von Neuroleptika teilnehmen, die in einem gewissen Ausmaß bereit sind, diese auch einzunehmen. Deshalb kann vermutet werden, dass es sich bei dieser Studienpopulation um besonders motivierte Personen handelte, die bereit waren, sich mit dem Thema der Medikamenteneinnahme auseinanderzusetzen. Kane (1983) meinte zu dieser Problematik, dass Probanden, die an einer Studie zu Adhärenz mitmachen, nicht unbedingt repräsentativ für die Gesamtstichprobe sind. Zudem ist die Versorgungsregion des Studienzentrums kleinstädtisch, ländlich mit einem eng strukturierten und hohen Versorgungsgrad. Dadurch müssen die Ergebnisse nicht notwendigerweise für die Gesamtheit an Schizophrenie erkrankter Personen gelten. Ein Vergleich der Studienpopulation mit Studienteilnehmern anderer Studien ergab jedoch, dass die vorliegende Stichprobe mit anderen gering selektierten Patientengruppen vergleichbar ist. Im Vergleich zur Studie von Janssen et al. (2005), die sieben deutsche Kliniken einschloss, ergab sich ein geringerer Anteil an Patienten mit der Diagnose F20 und ein höherer Anteil mit der Diagnose F25 in der vorliegenden Arbeit. Ein Vergleich mit der CUtLASS-Studie von Jones et al. (2006), die in 14 psychiatrischen Einrichtungen in England stattfand, zeigte einen geringeren Männeranteil und einen leicht geringeren Anteil an Ersterkrankten in der vorliegenden Diskussion 78 Arbeit. Mit einem Ablehneranteil von 37,6% ist die vorliegende Arbeit durchaus mit Teilnehmerzahlen anderer Studien vergleichbar (Längle 2001, S.201). Der Schwund über die Zeit lag mit 14,8%-21,9% in einem Bereich, der als normal bis gut betrachtet werden kann (Längle 2001, S.201). Die Drop-Out-Analysen der Studienpopulation ergaben, dass es zu den Messzeitpunkten K6, K12 und K24 zu einer leichten positiven Selektion dahingehend kam, dass eher Patienten teilnahmen, die psychopathologisch zum Entlasszeitpunkt weniger beeinträchtigt waren und über einen höheren Schulabschluss verfügten. Da es jedoch in den meisten Vergleichsparametern keine Unterschiede zwischen Teilnehmern und Drop-Outs gab, kann man die Studienpopulation noch als ausreichend repräsentativ für die Gesamtstichprobe betrachten. Die Tendenz zur positiven Selektion lässt jedoch die Möglichkeit offen, dass die Schwundgruppe einen schlechteren Verlauf über die Zeit zeigte. Zur Beurteilung des Einflusses einer unfreiwilligen Behandlung auf die Adhärenz oder Rehospitalisierung auf längere Sicht wurde die Studienpopulation anhand ihrer Freiwilligkeit der Indexbehandlung unterteilt. Dies hatte jedoch zur Folge, dass es in beiden Gruppen Patienten gab, die in der Vergangenheit Erfahrungen mit unfreiwilligen oder freiwilligen Aufenthalten haben konnten. Da bereits vorliegende Arbeiten darstellten, dass es sich bei der Unfreiwilligkeit eines Aufenthaltes um ein über die Zeit hoch konstantes Maß handelt (Munk-Jørgensen et al. 1991; McEvoy et al. 1989; Fennig et al. 1999; Szmukler et al. 1981), konnte bei der Gruppeneinteilung anhand der Freiwilligkeit der Indexbehandlung davon ausgegangen werden, dass in der Gruppe der unfreiwillig behandelten Personen anteilsmäßig mehr Patienten waren, deren frühere Aufenthalte auch unfreiwilliger Art waren. Dementsprechend sollte es sich in der Gruppe der freiwillig behandelten Patienten verhalten haben. Zudem liegt nahe, dass die aktuelle Art der Behandlung den größten Einfluss auf die darauf folgende Adhärenz oder Rehospitalisierung besitzt. Das hinsichtlich seiner Dauer der möglichen „fürsorglichen Zurückhaltung“ von den anderen deutschen Unterbringungsgesetzen oder Psych-KGs abweichende baden-württembergische Unterbringungsgesetzt bringt eine weitere Schwierigkeit mit sich. Die Unterbringungsraten und -quoten sind durch eine um 48 Stunden längere Dauer der fürsorglichen Zurückhaltung in Baden-Württemberg geringer als in den übrigen Bundesländern (Längle et al. 2000). Dadurch sind die unfreiwillig behandelten Probanden der vorliegenden Arbeit Personen, die nicht nur aufgrund einer turbulenten Aufnahmesituation und eines kurzen Beurteilungszeitraums eine richterliche Diskussion 79 Unterbringung erfuhren (der Antrag muss in allen anderen Bundesländern innerhalb 24 Stunden gestellt sein), sondern es handelt sich um Personen, bei denen auch innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Tagen keine freiwillige stationäre Behandlung erreicht werden konnte. Die Unterbringung wurde anhand der Papierpatientenakten ermittelt. Dazu wurden die Akten nach Unterbringungsbescheiden des Vormundschaftsgerichts gesichtet. Die Erhebung des Freiwilligkeitsstatus zum Folgeaufenthalt erfolgte teilweise auf dieselbe Art, teilweise wurden die Studienteilnehmer befragt. Dies kann jedoch eine leichte Ungenauigkeit mit sich bringen, da Patienten in Selbstberichten Unterbringungen eher verschweigen (Smolka et al. 1997). Da sich im Laufe der Zeit eine Vertrauensbasis zwischen den Interviewerinnen und den Teilnehmern aufgebaut hat, wird der Anteil verschwiegener Unterbringungen jedoch als gering eingestuft. Dadurch, dass die Gruppeneinteilung nicht randomisiert vorgenommen werden konnte, lagen bereits zu Beginn gewisse Unterschiede zwischen beiden Gruppen vor. Diese wurden in Kapitel 4.5 ausführlich beschrieben. Durch die statistischen Analyseverfahren wurde versucht, diese Unterschiede teilweise zu kontrollieren. Die Ergebnisse zur Adhärenz basieren auf drei Selbstrating-Instrumenten und einer Prüfung der Medikamentenserumspiegel bei einer Teilstichprobe, bei der dies realisiert werden konnte. Der Nachteil von Selbstberichten liegt in der leichten Verfälschbarkeit. In früheren Studien zur Compliance wurde gezeigt, dass die Compliance anhand von Selbstberichten zu circa 30% überschätzt wird (Piatkowska u. Farnill 1992; Wright 1993). Da es sich in der vorliegenden Arbeit um Personen handelt, die sehr adhärentes Verhalten und eine adhärente Einstellung angaben, besteht die Gefahr, dass auch hier die Adhärenz überschätzt wurde. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dies ein Gruppeneffekt ist, der sich auf die Fragestellungen auswirkt. Um die Adhärenz durch ein objektiveres Maß bestimmen zu können, wurde zusätzlich jährlich der Blutserumspiegel des Psychopharmakons bestimmt. Nachteile einer Medikamentenspiegelbestimmung sind die leichte Verfälschbarkeit durch eine gezielte Einnahme der Medikamente in den Tagen oder Stunden vor Blutentnahme, die sie möglicherweise zu anderen Zeitpunkten außerhalb der terminlich vereinbarten Katamneseuntersuchungen nicht einnahmen (Farmer 1999). Zudem hängt die Konzentration im Blut vom individuellen Stoffwechsel ab. Dies sind Schwierigkeiten, die sich nur teilweise kontrollieren lassen und die in anderen Studien ebenfalls auftauchen können. Durch das 2. Referenzkriterium (Abschnitt 2.3.1.4), das den individuellen Medikamentenspiegel vorangegangener Untersuchungen als Referenz zu Diskussion 80 Hilfe nahm, wurde versucht, den Einfluss des Faktors „Stoffwechsel“ zu minimieren. In der vorliegenden Arbeit wurde die Adhärenz nicht anhand einer Fremdbeurteilung durch den Arzt oder sonstige Personen vorgenommen, da dies im ambulanten Bereich nur schwer valide umzusetzen gewesen wäre. Zudem kann auch eine Fremdbeurteilung durch Ärzte zu einer Überschätzung der Compliance führen (Byerly et al. 2005). Angaben zur Rehospitalisierung wurden größtenteils aus Patienteninterviews gewonnen. Fanden erneute stationäre Behandlungen im ZfP Südwürttemberg-Weissenau statt, so konnten zusätzlich anhand des computergestützten Dokumentationssystems genaue Daten über Aufnahme und Dauer einer Behandlung ermittelt werden. Wurden Personen jedoch außerhalb stationär behandelt, so musste den Angaben der Probanden vertraut werden. Diese Angaben können leichte Abweichungen in der Zeitangabe mit sich bringen. Dadurch, dass jedoch halbjährlich Interviews durchgeführt wurden, bezog sich die Erhebung jeweils auf die letzten sechs Monate und stellte somit eine noch übersichtliche Zeiteinheit für die Gedächtnisleistung dar. Die Beurteilung der Psychopathologie anhand der PANSS wurde von der Autorin und ihrer Kollegin vorgenommen. Dadurch können leichte Abweichungen in den Einschätzungen entstanden sein. Jedoch fanden zu Beginn der Studie zwei PANSS Trainings statt und die Autorin und ihre Kollegin besprachen sich regelmäßig, um eine hohe Übereinstimmung in ihrer Einschätzung zu gewährleisten. Ebenso verhielt es sich bei der Einschätzung des globalen Funktionsniveaus anhand des GAF-Werts. Auch hier war zu Beginn der Studie ein Rater-Training durchgeführt worden. 4.2.2 Stärken der Studie Die vorliegende Arbeit zeichnet sich durch ihre prospektive Erhebung über einen Erhebungszeitraum von zwei Jahren aus, den die meisten Studien in diesem Bereich nicht aufweisen können. Nur drei Studien verfügen über einen längeren prospektiven Erhebungszeitraum von bis zu fünf Jahren (De Haan et al. 2007; Leung et al. 1993; McEvoy et al. 1989). Durch die regelmäßigen und zeitlich eng zusammen liegenden Termine konnte eine genaue Erhebung und Darstellung der interessierenden Parameter erfolgen. Diese kontinuierliche Erhebung machte es zudem möglich, detaillierte Angaben zur Rehospitalisierung zu erhalten, mit relativ genauen Zeitangaben in Tagen und ohne Zensierung aufgrund von Drop-Outs und dadurch fehlenden Informationen. Nicht nur die Diskussion 81 gute Datenqualität, sondern auch die Analyse der zeitlichen Verläufe beider Gruppen anhand einer Überlebenszeitanalyse nach Kaplan-Meier stellt eine der wenigen Ausnahmen im Forschungsbereich zur Rehospitalisierung dar. Üblicherweise wird die Wiederaufnahme als dichotomes Ereignis über einen gewissen Zeitraum hinweg betrachtet und es können dadurch nur Aussagen über das Eintreffen eines Ereignisses, jedoch nicht über Unterschiede in zeitlichen Verläufen, getroffen werden. Eine weitere Stärke stellt die Stichprobengröße von 128 Personen dar, die nach zwei Jahren noch immer aus 100 teilnehmenden Personen bestand. Es lag zu jedem Messzeitpunkt eine vergleichsweise geringe Drop-Out Rate vor. Dies spricht zusätzlich für eine gute Datenqualität, da die Teilnehmer motiviert und über eine Zeitspanne von zwei Jahren bereit waren, an der Studie teilzunehmen. Da die meisten Studien zu Unterbringungen in psychiatrischen Einrichtungen bisher in den USA stattfanden, könnte dies insgesamt zu einer Verzerrung der Diskussionen in Richtung auf anglo-amerikanische Versorgungsverhältnisse führen (Salize u. Dreßing 2005). Deshalb stellt die vorliegende Studie eine Bereicherung der Diskussionen zu Unterbringungen und ihren Auswirkungen in Deutschland dar. Wie Kallert et al. (2008) in ihrer Übersichtsarbeit feststellten, mangelt es häufig an standardisierten Messinstrumenten zur Einschätzung klinischer Parameter. Die vorliegende Arbeit nutzte bereits standardisierte und bekannte Messinstrumente wie GAF, PANSS und CSSRI. Zusätzlich wurde die Medikamentenadhärenz mit der MARS, einer ebenfalls bekannten und bereits standardisierten Selbstbeurteilungsskala erhoben. Zudem wurden zwei neu entworfene Compliance-Inventare eingesetzt, die nicht nur auf die Medikamentenadhärenz Bezug nahmen, sondern auch weitere wichtige Behandlungsaspekte wie Stressvermeidung oder regelmäßige Arztkontakte beinhalteten. Als objektives Maß zur Ermittlung der Medikamentenadhärenz diente eine jährliche Medikamentenspiegelbestimmung. Des Weiteren wurde die Adhärenz (abgesehen von der Bewertung der Medikamentenspiegel) nicht in „gut“ oder „schlecht“ eingeteilt, sondern als Kontinuum betrachtet. Frühere Studien zu unfreiwilligen Behandlungen schlossen größtenteils auch solche Personen ein, die nur unfreiwillig aufgenommen wurden und sich danach zu einem freiwilligen Aufenthalt entschieden. Da das Unterbringungsgesetz in Baden-Württemberg eine „fürsorgliche Zurückhaltung“ von bis zu 72 Stunden erlaubt, kommt es häufig vor, dass Patienten zwar unfreiwillig aufgenommen werden, sich aber während der ersten drei Behandlungstage zu einem freiwilligen Aufenthalt entschließen. Aus diesem Grund wurden in der vorliegenden Arbeit nur solche Patienten als „unfreiwillig“ eingestuft, die Diskussion 82 aufgrund einer richterlichen Unterbringung nach UBG oder BGB in stationärer Behandlung waren. Diese Einteilung erscheint aussagekräftiger, da hierbei die Unfreiwilligkeit, die über mehrere Tage bis Wochen andauert, abgebildet wird. Weitere Stärken stellen die statistischen Auswertungen dar. Anhand der MANOVA konnte ein zeitlicher Verlauf der Adhärenz über einen Zeitraum von zwei Jahren abgebildet werden. Die logistischen und multiplen Regressionsanalysen beinhalteten mehrere mögliche Einflussvariablen und es konnte so eine genauere Aussage über den Einfluss der „Unfreiwilligkeit“ unter Adjustierung möglicher anderer Einflussvariablen getroffen werden. Ein Einschluss zusätzlicher potentieller Einflussvariablen in die statistischen Analysen findet häufig bei Studienauswertungen nicht statt (Klinkenberg u. Caslyn, 1996). Des Weiteren wurden Missings der abhängigen Variablen zur Adhärenz nicht nur durch den Mittelwert ersetzt, sondern anhand neuer Imputationsverfahren berechnet und ergänzt. Dadurch konnte eine Verzerrung und ein Verlust von Daten reduziert werden. 4.3 Schlussfolgerungen Die Hauptergebnisse dieser Arbeit weisen darauf hin, dass es zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Patienten mit Schizophrenie keinen Unterschied in ihrer Adhärenz und ihrem Risiko einer Rehospitalisierung gibt. Somit ist eine zwangsweise Unterbringung nicht grundsätzlich als schädlich für Adhärenz und Rehospitalisierung anzusehen. Jedoch kann die Eingrenzung auf die Unterbringung allein kein Gesamtbild der während einer stationären Behandlung wirksamen Aspekte von Zwang abbilden. Untergebrachte Probanden erfuhren häufiger freiheitsbeschränkende Zwangsmaßnahmen wie Isolierung, Fixierung und Zwangsmedikation und befanden sich länger in stationärer Behandlung. Mögliche Einflüsse dieser objektiv bestimmbaren Faktoren sollten in zukünftigen Studien berücksichtigt werden. Zusätzlich gibt es während einer stationären Behandlung auch ein subjektives Zwangserleben der Patienten, das ebenfalls Gegenstand weiterer Arbeiten sein sollte. Bereits vorliegende Studien zu dieser Thematik stellten fest, dass eine Unterbringung je nach äußeren Bedingungen anders erlebt wird. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Patientenautonomie und Teilhabe an Entscheidungen zur Behandlung, die Versorgungsqualität und das Gefühl, dass sich der Arzt für einen Patienten interessiert (Katsakou u. Priebe 2007). Zukünftige Studien sollten deshalb sowohl objektive Faktoren wie die Anzahl und Art der Zwangsmaßnahmen als auch Diskussion 83 subjektive Faktoren wie den Grad des Zwangserlebens einbeziehen und daraus den Einfluss auf die Adhärenz und Rehospitalisierung über längere Zeit bestimmen. Freiwillig behandelte Patienten der vorliegenden Studie lebten häufiger in einer betreuten Wohnform und gingen häufiger einer Beschäftigung im geschützten Arbeitsbereich nach. Die Tendenz von freiwillig behandelten Patienten, häufiger Kontakte mit Einrichtungen des gemeindepsychiatrischen Verbunds zu haben, wirft die Frage auf, ob sich GPVKontakte präventiv auf die Häufigkeit von Zwangsmaßnahmen und Unterbringungen auswirken (Wierdsma et al. 2009; Pfiffner et al. 2009). Hierzu wäre interessant, welche Komponenten der GPV-Betreuung sich dabei als positive Einflussfaktoren herausstellen und ob diese auch bei Personen realisiert werden können, die keine Betreuung durch den gemeindepsychiatrischen Verbund erfahren. Priebe et al. (2009) berichten, dass die Patientensicht und Patientenzufriedenheit innerhalb der ersten Behandlungswoche einen großen Einfluss darauf haben, ob eine Behandlung im Nachhinein als gerechtfertigt erlebt wird und ob die folgende stationäre Behandlung erneut unfreiwillig ist. Hierzu kann es hilfreich sein, rasch eine gute Beziehung zwischen Behandlungsteam und Patient aufzubauen und die gemeinsam Planung der Behandlungsinhalte schon zu Beginn zu verfolgen. Zudem könnte zur Verbesserung des Erlebens einer Aufnahmesituation und Einwilligung in die Behandlung ein Rechtsbeistand dienen, wie es ihn bereits in anderen Ländern gibt (Dreßing u. Salize 2004). Von Interesse ist die Frage, welche Faktoren dazu beitragen, dass Patienten eine Behandlung freiwillig akzeptieren. Unfreiwillig behandelte Patienten haben ein erhöhtes Risiko, bei einer weiteren stationären Behandlung wieder richterlich untergebracht zu werden. Welche Faktoren hier verstärkend wirken, konnte aufgrund der Datenlage nicht ermittelt werden. Vorstellbar ist ein Kreislauf, der durch eine erste unfreiwillige Behandlung in Gang gesetzt wird. Das Erleben einer zwangsweisen Behandlung als weder hilfreich noch gerechtfertigt kann dazu führen, dass im Falle einer Verschlechterung der Symptomatik oder eines Rückfalls, nicht rechtzeitig ein Arzt oder die Klinik aufgesucht wird (Swartz et al. 2003). Erst wenn die Erkrankung aufgrund von Selbst- oder Fremdgefährdung eine Behandlung notwendig macht, wird die Aufnahme in eine psychiatrische Klinik veranlasst und in vielen Fällen kommt es zu einer erneuten richterlichen Unterbringung. Aufgrund der Schwere der Symptomatik ist eine längere Behandlung notwendig und insgesamt besteht die Gefahr, dass sich die Unzufriedenheit verstärkt. Um die Gründe richterlicher Unterbringungen bestimmen zu können, können inhaltliche Analysen der Unterbringungsbescheide hilfreich Diskussion 84 sein. Zusätzlich wären Pfadanalysen der Behandlungsverläufe von Interesse, um spezielle Behandlungsangebote oder Unterstützungen für untergebrachte Patienten anbieten und kreieren zu können. Durch die als gut zu bewertende ambulante Versorgung und Versorgungsstruktur im Bereich des Studienzentrums kann davon ausgegangen werden, dass diese ebenfalls einen positiven Einfluss auf Adhärenz und Rehospitalisierung hatte (Silva 2009). Die vorliegenden Ergebnisse lassen sich nicht notwendigerweise auf die Gesamtpopulation der untergebrachten Patienten mit Schizophrenie verallgemeinern. Aufgrund der von anderen Bundesländern abweichenden Gesetzgebung in Baden-Württemberg und dem kleinstädtisch, ländlichen Versorgungsgebiets des Studienzentrums Weissenau bedarf es weiterer Studien in Versorgungsgebieten, die auch Großstädte beinhalten. Aufgrund des wachsenden Interesses, für die EU einheitliche Standards und Leitlinien zu erstellen, stellt die Einbeziehung von Studienzentren in europäischen Ländern ein großes Ziel dar. Aktuell widmete sich bereits die EUNOMIA Studie diesem Ziel (http://www.eunomia-study.net). Sie beinhaltete Fragestellungen zu Unterbringungen und Zwangserleben und fand in 12 europäischen Ländern statt. Die Bestimmung und Optimierung der Adhärenz stellt eine Herausforderung in der Forschung dar. Die hier vorliegenden Messungen zur Adhärenz konnten Aufschluss über die Einstellung und das Befolgen der von außen vorgegebenen Behandlungsempfehlungen geben. Jedoch sollte in zukünftigen Arbeiten zusätzlich die gemeinsam verhandelte Zielsetzung von Arzt und Patient berücksichtigt werden und deren Umsetzung und Einhaltung untersucht werden. Hierbei spielt die therapeutische Beziehung zwischen Arzt und Patient eine tragende Rolle (Day et al. 2005) und sollte deshalb ebenfalls mit erhoben werden. Weitere Forschungsarbeiten sollten direkte Interventionen für untergebrachte Patienten in den ersten Tagen der stationären Behandlung entwickeln und ihre kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen auf die Entlastung der Patienten nach einer zwangsweisen Aufnahme oder Unterbringung untersuchen. Konkret lassen sich folgende Ableitungen aus der Arbeit ziehen. Die zwangsweise Unterbringung von an Schizophrenie erkrankten Personen stellt keinen Prädiktor für ein schlechtes Behandlungsergebnis auf lange Sicht hin dar. Optimistisch könnte man aus den Ergebnissen schließen, dass die Intervention einer Unterbringung sogar zu einem Behandlungserfolg hinsichtlich Adhärenz und Rehospitalisierung führen kann. Falsch wäre jedoch, daraus abzuleiten, dass es sich bei richterlichen Unterbringungen um eine Diskussion 85 bedenkenlos anzuwendende Maßnahme handelt. Unterbringungen stellen zweifelsfrei ein einschneidendes Erlebnis dar, das oftmals mit häufigeren Zwangsmaßnahmen und einer längeren Behandlungsdauer einhergeht. Ziel sollte deshalb immer die Vermeidung einer solchen Unterbringung sein. Teilweise lassen sich jedoch Unterbringungen nicht umgehen. In solchen Fällen können ein positiver Arzt-Patienten-Kontakt mit Interesse für den Patienten und seine Einbeziehung in die Behandlungsplanung oder ein Stationsklima, das Sicherheit und ein Gefühl von „gut versorgt zu werden“ vermittelt, positive Faktoren bei der Verarbeitung einer zwangsweisen stationären Behandlung sein. Zusätzlich sollte das Erlebnis einer Unterbringung bei Bedarf therapeutisch aufgearbeitet werden können. Die Erfahrungen der Autorin und ihrer Kollegin (Frau Dr. Jaeger) haben gezeigt, dass Unterbringungen auch in den zwei Jahren nach der Entlassung noch regelmäßig Gegenstand von Gesprächen mit den betroffenen Patienten waren. Ihre Verarbeitung schien ein besonders wichtiger Bestandteil der subjektiven Verarbeitung einer stationären Behandlung zu sein. Zusammenfassung 86 5 Zusammenfassung Die Erkrankung Schizophrenie ist eine der schwersten psychischen Erkrankungen, die schwere Folgen für Betroffene und ihre Umwelt mit sich bringen kann. Häufig kommt es zu Rückfällen, die mit einer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik einhergehen. Solche stationären Behandlungen sind aufgrund von Fremd- oder Selbstgefährdung oftmals unfreiwilliger Art und können dadurch für Patienten negative Erfahrungen und Folgen mit sich bringen. Obwohl die Behandlungs- und Medikamentenadhärenz eine der wichtigsten Komponenten im Rückfallschutz darstellt und deren Prädiktion und Verbesserung seit Jahren Gegenstand empirischer Untersuchungen sind, wurden bisher kaum die Auswirkungen einer unfreiwilligen stationären psychiatrischen Behandlung auf die Adhärenz untersucht. Auch die Prädiktion von Rehospitalisierungen wurde in zahlreichen Studien beforscht, jedoch hatten nur wenige Studien den Fokus auf den Auswirkungen einer unfreiwilligen stationären Behandlung auf das Risiko einer Rehospitalisierung. Ziel dieser Studie war es, mehr empirische Evidenz für die Einflüsse einer zwangsweisen Unterbringung auf die Medikamenten- und Behandlungsadhärenz sowie auf das Risiko einer Rehospitalisierung zu erbringen. Zur Untersuchung der Fragestellung diente eine naturalistische, prospektive Studie mit einem Beobachtungszeitraum von zwei Jahren. Insgesamt konnten 128 Probanden in der Zeit zwischen April 2005 und Oktober 2008 im Zentrum für Psychiatrie SüdwürttembergWeissenau mit den Diagnosen F20.x und F25.x (nach ICD-10) für die Studienteilnahme gewonnen werden und ein Erstinterview fand kurz vor ihrer Entlassung statt. Die Gruppeneinteilung wurde anhand des Freiwilligkeitstatus der Indexbehandlung vorgenommen. Dadurch befanden sich in der Gruppe der freiwillig Behandelten 93 Patienten und in der Gruppe der zwangsweise Untergebrachten 35 Patienten. In den halbjährlich stattfindenden Katamneseinterviews wurde die Behandlungs- und Medikamentenadhärenz mittels Selbstbeurteilungsbögen (MARS, CSRI-E, CSRI-K) ermittelt und zusätzlich jährlich ein Medikamentenserumspiegel bestimmt. Die Maße zur Rehospitalisierung bezogen sich auf eine mögliche Rehospitalisierung innerhalb der zwei Jahre und die Tage bis zu dieser. Als statistische Verfahren dienten Multivariate Varianzanalysen (MANOVA), Kaplan-Meier Survivalanalysen, Cox-Regression, multiple lineare Regressionsanalysen sowie logistische Regressionsanalysen. Zusammenfassung 87 Unfreiwillig behandelte Probanden lebten häufiger selbstständig, hatten häufiger einen höherwertigen Schulabschluss und ein abgeschlossenes Studium, hatten seltener Kontakt zu gemeindepsychiatrischen Einrichtungen und waren kürzer in nervenärztlicher Behandlung. Zudem erlebten sie während der Indexbehandlung häufiger Zwangsmaßnahmen, hatten eine längere Behandlungsdauer, waren am Ende unzufriedener mit der medikamentösen Behandlung und hatten eine geringer ausgeprägte Negativsymptomatik. Im Beobachtungszeitraum zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen freiwillig und unfreiwillig behandelten Patienten in ihrer Behandlungs- und Medikamentenadhärenz. Innerhalb von zwei Jahren kam es in der Gruppe der freiwillig Behandelten bei 57% zu mindestens einer weiteren stationären Behandlung, in der Gruppe der unfreiwillig Behandelten bei 60%. Die zeitlichen Verläufe der kumulierten Rehospitalisierungen waren in beiden Gruppen ähnlich. Auch hinsichtlich des Risikos einer Rehospitalisierung fand sich sowohl nach einem Jahr als auch nach zwei Jahren kein signifikanter Unterschied zwischen freiwilligen und untergebrachten Probanden. Bei den zwangsweise Behandelten zeigte sich eine signifikant längere Gesamtdauer der stationären Aufenthalte innerhalb des Beobachtungszeitraums, die um durchschnittlich 102 Tage länger (189,3 Tage) bei gleicher Anzahl an Aufenthalten (2,8) war. Untergebrachte Patienten hatten ein erhöhtes Risiko, erneut bei einer stationären Behandlung richterlich untergebracht zu werden. Es konnte gezeigt werden, dass eine zwangsweise Unterbringung bei an Schizophrenie erkrankten Personen keinen Prädiktor einer schlechteren Behandlungs- und Medikamentenadhärenz im Anschluss an eine stationäre psychiatrische Behandlung darstellt. Zudem wird das Risiko einer Rehospitalisierung nicht signifikant durch eine richterliche Unterbringung erhöht. Für zukünftige Studien ist es von Interesse sowohl weitere objektive Faktoren wie beispielsweise die Anzahl und Dauer an Zwangsmaßnahmen als auch subjektive Maße wie das Zwangserleben in die Erhebung einzuschließen und daraus Einflüsse auf Adhärenz und Rehospitalisierungsrisiko abzuleiten. Literaturverzeichnis 88 6 Literaturverzeichnis 1 Angermeyer MC: Ergebnisse der Forschung zum sozialen Netzwerk schizophrener Kranker. In Häfner H (Hrsg.) Was ist Schizophrenie? Fischer, Stuttgart S.171-188 (1995) 2 Aurich C, Riedel-Heller SG, Becker T: Schizophrenie und Armut. Psycho 25: 506510 (1999) 3 Backhaus K, Erichson B, Plinke W, Weiber R: Multivariate Analysemethoden – eine anwendungsorientierte Einführung. Springer, Berlin, 10. Auflage (2003) 4 Baron K, Hays JR: Characteristics of readmitted psychiatric inpatients. Psychological Reports 93: 235-238 (2003) 5 Bell MD, Lysaker PH, Milstein RM: Clinical benefits of paid work activity in schizophrenia. 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Journal of Abnormal Psychology 86: 103-126 (1977) 119 http://www.eunomia-study.net Anhang 102 Anhang Ablehnerbogen Zentrum: (zentr) 1 Günzburg 2 Reutlingen 3 Tübingen 4 Weissenau 5 Zwiefalten 6 Bad Schussenried 7 Friedrichshafen 8 Augsburg 9 Heidenheim 2 Olanzapin 3 Risperidon Patienten-Nr.: 9 (Zentrum: 1–5 + 9+ dreistelliger Patientencode) (vpnr) Wirkstoff: (wirk) 1 Quetiapin Datum der Untersuchung: (datum) Interviewer: (Zentrum: 1–5 + zweistelliger Code) (inter) Geburtsdatum des Pat.: (geb) Alter in Jahren: (alter) Geschlecht: (sex) 1 männlich 2 weiblich Anhang Aktuelle Behandlung: (abe01) 103 1 vollstationär 2 teilstationär Aufnahmedatum: (abe02) Entlassdatum: (abe03) Anzahl der bisherigen stationären Behandlungen (voll- und teilstationär, inklusive der aktuellen Behandlung): (stat2) Diagnose nach ICD-10: 1 Paranoide Schizophrenie F20.0 (diag1) 2 Hebephrene Schizophrenie F20.1 3 Katatone Schizophrenie F20.2 4 Undifferenzierte Schizophrenie F20.3 5 Postschizophrene Depression F20.4 6 Schizophrenes Residuum F20.5 7 Schizophrenia simplex F20.6 8 Sonstige Schizophrenie (Zönästhetische Schizophr.) F20.8 9 Schizophrenie, nicht näher bezeichnet F20.9 10 Schizoaffektive Störung, gegenwärtig manisch F25.0 11 Schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressiv F25.1 12 Gemischte schizoaffektive Störung F25.2 13 Sonstige schizoaffektive Störungen F25.8 14 Schizoaffektive Störung, nicht näher bezeichnet F25.9 Anhang 104 Medication Adherence Rating Scale (MARS) – Deutsche Version von Steinert und Lepping ins Deutsche übersetzt Bitte nehmen Sie zu den folgenden Aussagen Stellung, indem Sie die Antwort ankreuzen, die Ihre Einstellung oder Ihr Verhalten gegenüber Ihrer Medikation der vergangenen Woche am besten beschreibt. 1. Vergessen Sie jemals Ihre Medikamente einzunehmen? Ja / Nein 2. Sind Sie zu Zeiten sorglos hinsichtlich der Medikamenteneinnahme? Ja / Nein 3. Hören Sie manchmal auf, die Medikamente einzunehmen, wenn Sie sich besser fühlen? Ja / Nein 4. Wenn Sie sich manchmal schlechter fühlen, wenn Sie die Medikamente einnehmen, hören Sie dann auf, sie einzunehmen? Ja / Nein 5. Ich nehme meine Medikation nur, wenn es mir schlecht geht. Ja / Nein 6. Es ist unnatürlich für meinen Geist und meinen Körper, durch Medikamente gesteuert zu werden. Ja / Nein 7. Meine Gedanken sind mit Medikamenten klarer. Ja / Nein 8. Indem ich die Medikamente einnehme, kann ich verhindern, dass es mir wieder schlecht geht. Ja / Nein 9. Mit den Medikamenten fühle ich mich komisch, wie ein „Zombie“. Ja / Nein 10. Die Medikamente verursachen, dass ich mich müde und träge fühle. Ja / Nein Anhang 105 Compliance Selbst-Rating Instrument – Erstinterview (CSRI-E) von Gebhardt et al. (2000) 5 nicht zu A. Ich bin hier aufgrund einer psychotischen Erkrankung in Behandlung. (coe0a) B. Ich muss zukünftig Maßnahmen zur Rückfallverhütung beachten. (coe0b) 1. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich auf eine sinnvolle Tagesstruktur achte. (coe01) 2. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich auf Alkohol und Suchtmittel verzichte. (coe02) 3. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich Stress vermeide. (coe03) 4. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich auf genügend Schlaf achte. (coe04) 5. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich regelmäßig den niedergelassenen Nervenarzt/Psychiater besuche. (coe05) 6. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich gemeindepsychiatrische Angebote (z.B. SPDi, WfbM, Tagesstätte, Kulturwerkstatt) wahrnehme. (coe06) 7. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich alle verordneten Medikamente regelmäßig und zuverlässig einnehme. (coe07) 8. Ich meine, dass es für meine psychische Gesundheit gut ist, wenn ich den Empfehlungen des Arztes folge. (coe08) 4 kaum zu Der folgenden Aussage stimme ich ... 3 teilweise zu weitestgehend zu zu 1 2 Anhang 106 Compliance Selbst-Rating Instrument – Katamnese (CSRI-K) von Gebhardt et al. (2000) 3 4 5 weitestgehend zu teilweise zu kaum zu nicht zu 1. Im vergangenen halben Jahr habe ich auf eine sinnvolle Tagesstruktur geachtet. (cok01) 2. Im vergangenen halben Jahr habe ich auf Alkohol und Suchtmittel verzichtet. (cok02) 3. Im vergangenen halben Jahr habe ich Stress vermieden. (cok03) 4. Im vergangenen halben Jahr habe ich auf genügend Schlaf geachtet. (cok04) 5. Im vergangenen halben Jahr habe ich regelmäßig den niedergelassenen Nervenarzt/Psychiater besucht. (cok05) 6. Im vergangenen halben Jahr habe ich regelmäßig gemeindepsychiatrische Angebote (z.B. SPDi, WfbM, Tagesstätte, Kulturwerkstatt) wahrgenommen. (cok06) 7. Im vergangenen halben Jahr habe ich die verordneten Medikamente regelmäßig und zuverlässig eingenommen. (cok07) 8. Im vergangenen halben Jahr folgte ich den Empfehlungen des Arztes. (cok08) 9. Im vergangenen halben Jahr wurde ich mehrmals an die Einnahme der Medikamente erinnert. (cok09) 10. Im vergangenen halben Jahr wurde ich mindestens einmal zur Einnahme der Medikamente gezwungen. (cok10) 11. Im vergangenen halben Jahr wurde ich mindestens einmal zum Nervenarzt/Psychiater gebracht, obwohl ich dies nicht wollte. (cok11) 12. Im vergangenen halben Jahr musste ich gemeindepsychiatrische Angebote (z.B. SPDi, WfbM, Tagesstätte, Kulturwerkstatt) in Anspruch nehmen, obwohl ich dies nicht wollte. (cok12) 2 zu Der folgenden Aussage stimme ich ... 1 Anhang 107 Erhebungsbogen zur Rehospitalisierung Patientennummer: Angaben zu den 24 Monaten nach Entlassung aus der Indexbehandlung 1. Können Angaben zu einer Wiederaufnahme innerhalb der vergangenen 24 Monate gemacht werden? 1 ja 2 nein 1 ja 2 nein Wenn Frage 1 „nein“: Wann war der Zeitpunkt des (ersten) Drop-Out? Datum: Wenn Frage 1 „ja“: Fand eine erneute stationäre psychiatrische Behandlung statt? Wann war das Aufnahmedatum der erneuten stationären psychiatrischen Behandlung? Datum: Kam es bei der ersten stationären Wiederaufnahme nach Entlassung aus der Indexbehandlung zu einer Unterbringung? 1 ja 2 nein Wie viele stationäre psychiatrische Aufenthalte fanden in den vergangenen 24 Monaten nach Entlassung aus der Indexbehandlung statt? Wie lange dauerten diese stationären Behandlungen insgesamt (in Tagen)? Anhang 108 Positiv- und Negativ- Syndrom Skala (PANSS) von Kay et al. (1989) Die Bewertungen basieren auf der Gesamtheit der Informationen der vergangenen Woche. Es ist immer die höchstmögliche zutreffende Bewertungszahl zu vergeben. Positivskala (P) p01 1 2 3 4 5 6 7 P02 1 2 3 4 5 6 7 p03 1 2 3 4 5 6 7 Wahnideen: Überzeugungen, die unbegründet, unrealistisch und eigentümlich sind. Grundlage der Bewertung: Beim Interview ausgedrückte Denkinhalte und deren Einfluss auf soziale Beziehungen und Verhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Vorhandensein von ein bis zwei Wahnideen, die vage und nicht herauskristallisiert sind und an denen nicht hartnäckig festgehalten wird. Die Wahnideen interferieren nicht mit dem Denken, den sozialen Beziehungen oder dem Verhalten. Mäßig: Vorhandensein entweder eines kaleidoskopischen Musters wenig ausgeformter instabiler Wahnideen oder weniger, wohlausgeformter Wahnideen, die gelegentlich mit dem Denken, den Sozialbeziehungen oder dem Verhalten interferieren. Mäßig schwer: Vorhandensein zahlreicher wohlausgeformter Wahnideen, an denen hartnäckig festgehalten wird und die gelegentlich mit dem Denken, den Sozialbeziehungen oder dem Verhalten interferieren. Schwer: Vorhandensein eines stabilen Satzes von Wahnideen, die herauskristallisiert, eventuell systematisiert und verhärtet sind und die offenkundig mit dem Denken, den Sozialbeziehungen oder dem Verhalten interferieren. Extrem: Vorhandensein eines stabilen Satzes von Wahnideen, die entweder in hohem Maße systematisiert oder sehr zahlreich sind und erhebliche Bereiche des Lebens des Patienten dominieren. Dies resultiert häufig in unangemessenem und unverantwortlichem Handeln, welches die Sicherheit des Patienten oder Anderer gefährdet. Formale Denkstörung: Desorganisierter Denkprozess, charakterisiert durch Unterbrechung zielgerichteter Abfolgen, z.B. Umständlichkeit, Vorbeireden, loses Assoziieren, Sprunghaftigkeit, grob unlogisches Denken oder Sperrungen. Grundlage der Bewertung: Kognitiv-verbale Prozesse, die im Verlauf des Interviews beobachtet werden. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Das Denken ist umständlich, tangential oder scheinlogisch. Es bestehen leichte Schwierigkeiten, das Denken auf ein Ziel zu richten, und unter Druck mag sich eine gewisse Lockerung der Assoziationen zeigen. Mäßig: Kann die Gedankengänge fokussieren, wenn die Zusammenhänge kurz und strukturiert sind, wird aber weitschweifig und belanglos, wenn es sich um komplexere Zusammenhänge handelt oder wenn minimaler Druck besteht. Mäßig schwer: Hat im allgemeinen Schwierigkeiten im Organisieren der Gedanken, was sich auch ohne Druck in häufigen Belanglosigkeiten, Verlust des Zusammenhangs oder in Lockerung der Assoziationen erweist. Schwer: Das Denken ist ernsthaft entgleist und innerlich inkonsistent, was in groben Entgleisungen und Abrissen im Gedankenablauf resultiert, die nahezu beständig erfolgen. Extrem: Die Gedanken sind derart zerfahren, dass der Patient inkohärent ist. Es besteht eine deutliche Lockerung der Assoziationen, welche die Kommunikation vollständig verunmöglicht, zum Beispiel „Wortsalat“ oder Stummheit. Halluzinationen: Aussagen oder Verhalten zeigen Wahrnehmungen an, die nicht durch externe Stimuli erzeugt werden. Diese können im Gehör-, im visuellen oder Geruchs- bereich oder im somatischen Bereich erfolgen. Grundlage der Bewertung: Aussagen und körperliche Manifestationen im Verlaufe des Interviews, wie auch Berichte des Betreuungspersonals oder der Familie über das Verhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Eine oder zwei klar ausgeformte, aber selten auftretende Halluzinationen oder aber eine Anzahl von vagen abnormen Wahrnehmungen, die nicht zur Verzerrung des Denkens oder Verhaltens führen. Mäßig: Halluzinationen erfolgen häufig, aber nicht andauernd, und das Denken und Verhalten des Patienten sind nur geringfügig beeinträchtigt. Mäßig schwer: Halluzinationen sind häufig, können mehr als eine Sinnesqualität einbeziehen und tendieren zu einer Verzerrung des Denkens und/oder Zerrissenheit des Verhaltens. Der Patient mag diesen Erfahrungen eine wahnhafte Interpretation beimessen und sie gefühlsmäßig und gelegentlich verbal beantworten. Schwer: Halluzinationen sind fast dauernd vorhanden und führen zu erheblicher Zerrüttung des Denkens und Verhaltens. Der Patient behandelt sie wie reale Wahrnehmungen und seine Leistungsfähigkeit wird durch häufiges emotionelles und verbales Antworten auf sie behindert. Extrem: Der Patient ist fast dauernd mit Halluzinationen beschäftigt, die praktisch das Denken und Verhalten dominieren. Sie bekommen eine starre, wahnhafte Interpretation und rufen verbale und Verhaltensantworten hervor, bis hin zum Gehorsam gegenüber Befehlshalluzinationen. Anhang p04 1 2 3 4 5 6 7 p05 1 2 3 4 5 6 7 p06 1 2 3 4 5 6 7 109 Erregung: Überaktivierung, die sich in beschleunigtem motorischem Verhalten, erhöhtem Ansprechen auf Reize, Hypervigilanz oder übermäßiger Stimmungslabilität widerspiegelt. Grundlage der Bewertung: Manifestation des Verhaltens im Verlauf des Interviews wie auch Berichte des Betreuungspersonals oder der Familie über das Verhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Neigt während des ganzen Interviews zu leichter Agitation, Hypervigilanz oder leichtem Hyperarousal, aber ohne ausgeprägte Episoden von Erregung oder starker Stimmungslabilität. Die Sprechweise kann leicht gezwungen sein. Mäßig: Agitation oder Hyperarousal sind während des ganzen Interviews klar ersichtlich, wobei Sprechweise und allgemeine Mobilität betroffen sind, oder es erfolgen spontane Ausbrüche. Mäßig schwer: Man beobachtet eine merkbare Hyperaktivität oder häufige Ausbrüche motorischer Aktivität, was es für den Patienten schwierig macht, für länger als einige Minuten still zu sitzen. Schwer: Starke Erregung dominiert das Interview, begrenzt die Aufmerksamkeit und beeinträchtigt in einem gewissen Ausmaß persönliche Funktionen wie etwa Essen oder Schlafen. Extrem: Starke Erregung hat ernsthafte Auswirkungen auf das Essen und Schlafen und macht zwischenmenschliche Interaktion praktisch unmöglich. Beschleunigung von Sprechweise und motorischer Aktivität kann zu Inkohärenz und Erschöpfung führen. Größenideen: Übertriebene Selbsteinschätzung und unrealistische Überzeugungen von eigener Überlegenheit, mit Wahnideen von außerordentlichen Fähigkeiten, Reichtum, Wissen, Berühmtheit, Macht und moralischer Rechtschaffenheit. Grundlage der Bewertung: Im Interview ausgedrückter Denkinhalt und dessen Einfluss auf das Verhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Eine gewisse Überschwänglichkeit oder Überheblichkeit ist offenkundig, aber ohne eindeutigen Größenwahn. Mäßig: Fühlt sich ebenso eindeutig wie unrealistische anderen überlegen. Einige wenig ausgeformte Wahnideen über den eigenen Sonderstatus oder die eigenen Fähigkeiten können vorhanden sein, ohne dass danach gehandelt wird. Mäßig schwer: Eindeutige Wahnideen über bemerkenswerte Fähigkeiten, Stellung oder Macht werden ausgedrückt und beeinflussen die Einstellung, aber nicht das Verhalten. Schwer: Eindeutige Wahnideen von bemerkenswerter Überlegenheit, welche mehr als ein Merkmal umfassen (Reichtum, Wissen, Berühmtheit etc.), beeinflussen die Interaktionen und dienen als Handlungsbasis. Extrem: Denken, Interaktionen und Verhalten werden durch vielfältige Wahnideen über erstaunliche Befähigung, Reichtum, Wissen, Macht und/oder moralische Struktur dominiert, die bizarre Formen annehmen können. Misstrauen/ Verfolgungsideen: Unrealistische oder übertriebene Verfolgungsideen, die sich in Vorsicht, argwöhnischer Haltung, misstrauischem Aufpassen oder der glatten Wahnidee widerspiegeln, dass andere es böse mit einem meinten. Grundlage der Bewertung: Im Interview ausgedrückte Denkinhalte und deren Einfluss auf das Verhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Zeigt eine vorsichtige oder sogar argwöhnische Haltung, aber Gedanken, Interaktionen und Verhalten sind nur minimal betroffen. Mäßig: Argwohn ist offenkundig und stört das Interview und/oder das Verhalten; es gibt aber keine Anzeichen für Verfolgungswahn. Alternativ können Anzeichen lose ausgeformter wahnhafter Verfolgungsideen bestehen, aber diese scheinen die Einstellung und die zwischenmenschlichen Beziehungen des Patienten nicht zu beeinträchtigen. Mäßig schwer: Der Patient zeigt starken Argwohn, welcher zu erheblicher Zerrüttung der zwischenmenschlichen Beziehung führt. Alternativ bestehen eindeutig wahnhafte Verfolgungsideen, welche aber nur begrenzte Wirkung auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Verhalten ausüben. Schwer: Eindeutiger, vorherrschender Verfolgungswahn, der systematisiert sein kann und in die zwischenmenschlichen Beziehungen merkbar eingreift. Extrem: Ein Netzwerk systematisierter wahnhafter Verfolgungsideen dominiert das Denken, die sozialen Beziehungen und das Verhalten des Patienten. Anhang p07 1 2 3 4 5 6 7 110 Feindseligkeit: Verbaler und nicht verbaler Ausdruck von Ärger und Groll, mit Sarkasmus, passiv-aggressivem Verhalten, Beschimpfung und Tätlichkeiten. Grundlage der Bewertung: Zwischenmenschliches Verhalten während des Interviews und Berichte des Betreuungspersonals und der Familie. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Indirekte oder gezügelte Übermittlung von Ärger, wie etwa Sarkasmus, Respektlosigkeit, feindselige Äußerungen und gelegentliche Reizbarkeit. Mäßig: Zeigt mit häufiger Reizbarkeit und direktem Ausdruck von Ärger oder Groll eine offen feindselige Haltung. Mäßig schwer: Der Patient ist in hohem Maß reizbar und gelegentlich beleidigend oder drohend. Schwer: Mangel an Zusammenarbeit, Beschimpfungen oder Drohungen beeinflussen das Interview merklich und wirken sich ernsthaft auf die sozialen Beziehungen aus. Der Patient ist eventuell ausfallend und destruktiv, wird aber gegenüber anderen nicht tätlich. Extrem: Starke Wut resultiert in Ablehnung der Zusammenarbeit, was weitere Interaktionen ausschließt oder in Episoden tätlichen Angriffs auf andere ausartet. Negativskala (N) n01 1 2 3 4 5 6 7 n02 1 2 3 4 5 6 7 Affektverflachung: Verminderte affektive Antwortbreite, charakterisiert etwa durch eine Abnahme der Mimik, der Modulation von Gefühlen und der sprechenden Gestik. Grundlage der Bewertung: Beobachtung der körperlichen Manifestation, des affektiven Tonus und der emotionellen Antwortbreite während des Interviews. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Die Änderungen der Mimik und die wenigen ausdrucksvollen Gesten erscheinen geschraubt, gezwungen und künstlich oder sie entbehren der Modulation. Mäßig: Reduzierte Reichweite der Mimik und wenige ausdrucksvolle Gesten führen zu einem schwerfälligen Erscheinungsbild. Mäßig schwer: Der Affekt ist generell „flach“, mit nur gelegentlichen Änderungen der Mimik und einer geringen Anzahl sprechender Gesten. Schwer: Meist zeigt sich eine starke Verflachung und Armut an Emotionen. Eventuell finden sich unmodulierte, extrem affektive Entladungen, wie Aufregung, Wutanfälle oder unangemessenes, unkontrollierte Gelächter. Extrem: Änderungen der Mimik und ersichtliche sprechende Gestik sind praktisch nicht vorhanden. Der Patient scheint praktisch nicht vorhanden. Der Patient scheint beständig einen leeren oder „hölzernen“ Ausdruck zu zeigen. Emotionaler Rückzug: Fehlen von Interesse, Teilhabe und affektiver Bindung an die Lebensumstände. Grundlage der Bewertung: Berichte des Betreuungspersonals und der Familie über die Funktionsfähigkeit und Beobachtung des zwischenmenschlichen Verhaltens im Verlauf des Interviews. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Ist gewöhnlich ohne Initiative, zeigt eventuell mangelhaftes Interesse an den Ereignissen in der Umgebung. Mäßig: Der Patient steht im allgemeinen in emotionaler Distanz zu seiner Umgebung und ihren Anregungen, kann aber bei Ermutigung (daran) beteiligt werden. Mäßig schwer: Der Patient ist von Personen und Ereignissen in seinem Milieu klar emotional distanziert und widerstrebt allen Bemühungen, ihn einzubeziehen. Er scheint weit weg, gefügig und ziellos, kann aber zumindest für kurze Zeit ins Gespräch einbezogen werden und neigt zu persönlichen Bedürfnissen, manchmal mit fremder Hilfe. Schwer: Starker Mangel an Interesse und emotionaler Beteiligung resultiert in einer begrenzten Unterhaltung mit anderen und in häufiger Vernachlässigung der Körperpflege, für welche der Patient Aufsicht benötigt. Extrem: Als Resultat eines tiefen Mangels an Interesse und emotionaler Bindung ist der Patient fast völlig entrückt, nicht ansprechbar und nachlässig in den persönlichen Bedürfnissen. Anhang n03 1 2 3 4 5 6 7 n04 1 2 3 4 5 6 7 n05 1 2 3 4 5 6 7 111 Mangelnder affektiver Rapport: Fehlen von zwischenmenschlichem Einfühlungsvermögen, Offenheit im Gespräch und Gefühlen der Vertrautheit, des Interesses oder des Einvernehmens mit dem Interviewer. Dies ist aus der Distanzhaltung und der reduzierten verbalen und nicht-verbalen Verständigung ersichtlich. Grundlage der Bewertung: Das Verhalten gegenüber einer anderen Person beim Interview. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Die Unterhaltung ist gekennzeichnet durch einen geschraubten, angestrengten oder künstlichen Ton. Sie mag emotionale Tiefe vermissen lassen oder zum Verbleiben auf einer unpersönlichen, intellektuellen Ebene tendieren. Mäßig: Das Verhalten des Patienten ist gekennzeichnet durch ein sich abseits halten, er hält ziemlich offenkundig Distanz zu anderen Personen. Eventuell beantwortet er Fragen mechanisch, spielt den Gelangweilten oder äußert Desinteresse. Mäßig schwer: Mangelndes Einvernehmen ist offensichtlich und behindert die Ergiebigkeit des Interviews deutlich. Der Patient neigt eventuell dazu, Blick- und Gesichtskontakt zu vermeiden. Schwer: Der Patient ist hochgradig indifferent, mit starker Distanz zu anderen Personen. Die Antworten sind flüchtig und es gibt wenig nicht-verbale Anzeichen von Beteiligung. Blick- und Gesichtskontakt werden häufig vermieden. Extrem: Der Interviewer ist dem Patienten völlig egal. Er erscheint vollkommen gleichgültig und vermeidet während des Interviews durchweg Blick- oder Gesichtskontakt und nicht-verbale Interaktionen. Soziale Passivität und Apathie: Verminderung von Interesse an und zu sozialen Interaktionen infolge von Passivität, Apathie, Anergie oder Willensschwäche. Dies führt zu verminderter sozialer Einbindung und zur Vernachlässigung der Aktivitäten des Alltagslebens. Grundlage der Bewertung: Berichte des Betreuungspersonals oder der Familie über das Sozialverhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Zeigt gelegentliches Interesse an sozialen Aktivitäten, aber wenig Initiative. Lässt sich in der Regel mit anderen nur ein, wenn diese zuerst auf ihn zukommen. Mäßig: Begleitet die meisten sozialen Aktivitäten passiv, aber auf eine desinteressierte und mechanische Weise. Neigt dazu, sich in den Hintergrund zurückzuziehen. Mäßig schwer: Nimmt nur an einer Minderzahl von Aktivitäten passiv teil und zeigt praktisch kein Interesse oder Initiative. Verbringt generell wenig Zeit mit anderen. Schwer: Neigt dazu, apathisch und isoliert zu sein; nimmt sehr selten an sozialen Aktivitäten teil und vernachlässigt gelegentlich persönliche Bedürfnisse. Hat sehr wenig spontane soziale Kontakte. Extrem: Tief apathisch, sozial isoliert und persönlich vernachlässigt. Schwierigkeiten beim abstrakten Denken: Beeinträchtigung bei der Anwendung abstrakt-symbolischen Denkens, feststellbar als Schwierigkeiten im Einordnen, im Bilden von Verallgemeinerungen und in der Überschreitung des konkreten oder egozentrischen Denkens in Problemlösungsaufgaben. Grundlage der Bewertung: Antworten auf Fragen nach Ähnlichkeiten und zur Sprichwortinterpretation und Gebrauch des konkreten statt des abstrakten Denkmodus im Verlaufe des Interviews. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Neigt dazu, schwierigeren Sprichwörtern eine wörtliche oder personenbezogene Interpretation zu geben und hat eventuell einige Probleme mit Begriffen, die recht abstrakt sind oder in einem entfernten Zusammenhang stehen. Mäßig: Wendet oft konkretes Denken an. Hat Schwierigkeiten mit den meisten Sprichwörtern und bei einigen Begriffskategorien. Lässt sich durch funktionelle Aspekte und hervorstechende Merkmale ablenken. Mäßig schwer: Denkt primär in konkreten Begriffen, legt Schwierigkeiten bei den meisten Sprichwörtern und bei vielen Begriffskategorien an den Tag. Schwer: Ist unfähig, die abstrakte Bedeutung irgendeines Sprichworts oder eines bildhaften Ausdrucks zu erfassen und kann nur die allereinfachsten Ähnlichkeiten klassifizieren. Das Denken ist entweder nichtssagend oder in funktionelle Aspekte, hervorstechende Merkmale und eigentümliche Interpretationen eingerastet. Extrem: Kann nur in konkreten Begriffen denken. Zeigt keinerlei Verständnis von Sprichwörtern, gebräuchlichen Metaphern oder Gleichnissen und einfachen Kategorien. Sogar hervorstechende Merkmale und funktionelle Attribute dienen nicht als Basis einer Begriffsklassifikation. Diese Bewertung mag auf diejenigen Patienten angewendet werden, die wegen starker kognitiver Behinderung nicht einmal minimal mit dem Untersucher interagieren können. Anhang n06 1 2 3 4 5 6 7 n07 1 2 3 4 5 6 7 112 Mangel an Spontanität und Flüssigkeit der Sprache: Reduktion des normalen Kommunikationsflusses, verbunden mit Apathie, Willenlosigkeit, Abwehrhaltung oder kognitivem Defizit. Dies wird in der Flüssigkeit und Ergiebigkeit des verbal-interaktiven Prozesses augenscheinlich. Grundlage der Bewertung: Im Verlauf des Interviews beobachtete kognitiv-verbale Prozesse. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Das Gespräch zeigt wenig Initiative seitens des Patienten. Seine Antworten neigen zur Kürze und Schmucklosigkeit und erfordern vom Interviewer direkte führende Fragen. Mäßig: Dem Gespräch fehlt der freie Fluss: es erscheint holperig oder stockend. Häufig sind führende Fragen notwendig, um hinreichende Antworten zu erhalten und mit dem Gespräch fortfahren zu können. Mäßig schwer: Der Patient zeigt einen starken Mangel an Spontanität und Offenheit, weil er die Fragen des Interviewers immer nur mit ein oder zwei kurzen Sätzen beantwortet. Schwer: Die Antworten des Patienten sind hauptsächlich auf ein paar Worte oder kurze Phrasen beschränkt, die darauf abzielen, die Unterhaltung zu vermeiden oder abzukürzen (z.B. „Weiß nicht.“, „Darf ich nicht sagen.“). Als Resultat ist das Gespräch ernstlich beeinträchtigt und das Interview in hohem Maße unproduktiv. Extrem: Die verbale Leistung ist, höchstens, auf eine gelegentliche Äußerung beschränkt, was ein Gespräch verunmöglicht. Stereotype Gedanken: Verringerte Flüssigkeit, Spontanität und Flexibilität des Denkens, was sich am rigiden, ständig wiederholten oder dürftigen Inhalt erweist. Grundlage der Bewertung: Während des Interviews beobachtete kognitiv-verbale Prozesse. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Eine gewisse Rigidität in den Einstellungen oder Anschauungen. Der Patient mag es ablehnen, alternative Positionen in Betracht zu ziehen, oder hat eventuell Schwierigkeiten, von einer Idee zur anderen überzugehen. Mäßig: Das Gespräch kreist um ein ständig wiederkehrendes Thema, mit der Schwierigkeit zu einem neuen Gegenstand überzugehen. Mäßig schwer: Das Denken ist rigide und voller Wiederholungen, bis zu einem Punkt, wo das Gespräch trotz der Bemühungen des Interviewers auf nur zwei bis drei dominierende Themen beschränkt bleibt. Schwer: Unkontrollierte Wiederholung von Forderungen, Feststellungen, Ideen oder Fragen, was das Gespräch stark behindert. Extrem: Denken, Verhalten und Gespräch werden durch ständige Wiederholung fixer Ideen oder beschränkter Phrasen dominiert, was zu grober Rigidität, Unangemessenheit und Beschränktheit der Kommunikation des Patienten führt. Skala der Allgemeinpsychopathologie (G) g01 1 2 3 4 5 6 7 Sorge um die Gesundheit: Körperliche Beschwerden oder Vorstellungen von körperlichen Krankheiten oder Funktionsstörungen reichen vom vagen Eindruck krank zu sein bis zu offen- kundigen Wahnideen katastrophalen körperlichen Krankseins. Grundlage der Bewertung: Beim Interview geäußerter Denkinhalt. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Ausgeprägte Besorgnis üben den Gesundheitszustand oder körperliche Probleme, wie aus gelegentlichen Fragen und dem Wunsch nach beruhigenden Versicherungen hervorgeht. Mäßig: Beklagt sich über den schlechten Gesundheitszustand oder Störungen der Körperfunktion, aber es besteht diesbezüglich keine wahnhafte Überzeugung, und die übermäßige Besorgtheit kann durch Beruhigung beschwichtigt werden. Mäßig schwer: Der Patient äußert zahlreiche oder häufige Klagen über körperliche Krankheit oder gestörte Körperfunktionen oder aber er offenbart eine oder zwei offenkundige Wahnideen zu diesen Themen, ist aber nicht ausschließlich damit beschäftigt. Schwer: Der Patient wird durch eine oder wenige offenkundige Wahnideen über eine körperliche Erkrankung oder eine organische Funktionsstörung beunruhigt, aber affektiv ist er nicht völlig in diese Themen versenkt und die Gedanken können vom Interviewer mit einiger Anstrengung abgelenkt werden. Extrem: Zahlreiche und häufig angegebene somatische Wahnideen oder nur wenige somatische Wahnideen von allerdings katastrophaler Natur, welche den Gemütszustand und das Denken des Patienten völlig beherrschen. Anhang g02 1 2 3 4 5 6 7 g03 1 2 3 4 5 6 7 g04 1 2 3 4 5 6 7 113 Angst: Subjektive Erfahrung von Nervosität, Besorgnis, Erwartungsangst oder Unruhe, welche von übermäßiger Besorgtheit über Gegenwart und Zukunft bis zu Panik reicht. Grundlage der Bewertung: Aussagen im Verlauf des Interviews und entsprechende körperliche Manifestationen. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Drückt einige Sorge, Überbesorgtheit oder subjektive Unruhe aus, aber es werden keine körperlichen oder verhaltensmäßigen Folgen angegeben oder gezeigt. Mäßig: Der Patient gibt ausgeprägte Symptome von Nervosität an, die sich in leichten körperlichen Manifestationen, wie etwa Händezittern oder übermäßigem Schwitzen, niederschlagen. Mäßig schwer: Der Patient gibt ernsthafte Angstprobleme an, die merkbare körperliche oder verhaltensmäßige Folgen wie starke Spannung, schlechtes Konzentrationsvermögen, Herzklopfen oder gestörten Schlaf nach sich ziehen. Schwer: Subjektiver Zustand von fast ständiger Furcht in Verbindung mit Phobien, starker Unruhe oder zahl-reichen körperlichen Manifestationen. Extrem: Das Leben des Patienten ist ernsthaft zerrüttet durch Angst, welche fast ständig vorhanden ist und zeit-weise das Ausmaß einer Panik erreicht oder sich in echten Panik-Attacken manifestiert. Schuldgefühle: Gewissensbisse oder Selbstvorwürfe wegen echter oder vorgestellter Untaten in der Vergangenheit. Grundlage der Bewertung: Aussagen über Schuldgefühle im Verlaufe des Interviews und deren Einfluss auf Anschauungen und Gedanken. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Die Befragung ermittelt ein vages Gefühl der Schuld oder Selbstvorwürfe wegen eines geringfügigen Vorfalls, aber der Patient ist offensichtlich nicht besonders besorgt. Mäßig: Der Patient äußert eine ausgeprägte Besorgnis über seine Verantwortlichkeit für einen wirklichen Vorfall in seinem Leben, ist aber deswegen nicht beunruhigt, und seine Einstellungen und sein Verhalten sind im Grunde genommen nicht beeinträchtigt. Mäßig schwer: Der Patient äußert starkes Schuldgefühl in Verbindung mit Selbstabwertung oder dem Glauben, dass er eine Bestrafung verdiene. Die Schuldgefühle können eine wahnhafte Basis haben, spontan vorgebracht werden, eine Quelle der Beunruhigung und/oder depressiven Verstimmung sein und sind vom Untersucher nicht rasch zu beschwichtigen. Schwer: Starke Schuldgefühle nehmen eine wahnhafte Qualität an und führen zu einer Einstellung der Hoffnungslosigkeit oder Wertlosigkeit. Der Patient glaubt, er müsse für das begangene Unrecht streng bestraft werden und schaut eventuell auch seine gegenwärtige Lebenssituation als solch eine Strafe an. Extrem: Das Leben des Patienten wird durch unerschütterliche wahnhafte Schuldideen beherrscht, für die er seiner Meinung nach drastische Bestrafung verdient, eine lebenslängliche Haft, Folter oder Tod. Es bestehen eventuell suizidale Gedanken oder die Zurückführung der Probleme anderer auf ein eigenes begangenes Unrecht. Anspannung: Offenkundige körperliche Manifestationen von Furcht, Angst und Agitiertheit, wie Steifheit, Tremor, reichliches Schwitzen und Unruhe. Grundlage der Bewertung: Aussagen, welche die Angst belegen und dazu der beim Interview beobachtete Schweregrad der körperlichen Manifestationen von Spannung. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Haltung und Bewegungen deuten leichte Erwartungsangst an, etwa geringgradige Rigidität, gelegentliche Unruhe, Wechseln der Stellung oder ein feinschlägiger, schneller Tremor. Mäßig: Eine eindeutige Nervosität zeigt sich in verschiedenen Manifestationen wie etwa zappeligem Verhalten, Handtremor, übermäßigem Schwitzen oder nervösen Manierismen. Mäßig schwer: Ausgesprochene Anspannung geht aus zahlreichen Manifestationen wie etwa nervösem Schütteln, reichlichem Schwitzen und Unruhe hervor, das Betragen beim Interview ist aber nicht merkbar beeinträchtigt. Schwer: Ausgesprochene Anspannung bis zu de Punkt, wo der zwischenmenschliche Kontakt abbricht. Der Patient kann zum Beispiel ständig herumzappeln, unfähig sein, lange still zu sitzen oder hyperventilieren. Extrem: Starke Anspannung offenbart sich in Anzeichen von Panik oder grobmotorischer Unruhe, wie etwa ruhelosem Hinundherlaufen und die Unfähigkeit, länger als eine Minute still zu sitzen, wodurch ein anhaltendes Gespräch unmöglich wird. Anhang g05 1 2 3 4 5 6 7 g06 1 2 3 4 5 6 7 g07 1 2 3 4 5 6 7 114 Manierismen und unnatürliche Körperhaltung: Unnatürliche Bewegungen oder Posen, gekennzeichnet durch ein linkisches, geschraubtes, desorganisiertes oder bizarres Erscheinungsbild. Grundlage der Bewertung: Beobachtung der körperlichen Manifestationen im Verlauf des Interviews, wie auch Berichte des Betreuungspersonals oder der Familie. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Leicht linkische Bewegungen oder geringfügige Rigidität der Körperhaltung. Mäßig: Die Bewegungen sind merklich unbeholfen oder verrenkt, oder es wird eine unnatürliche Haltung für kurze Zeiträume beibehalten. Mäßig schwer: Gelegentlich beobachtet man bizarre Rituale oder eine verzerrte Pose; oder eine abnorme Haltung wird für längere Zeiträume aufrechterhalten. Schwer: Häufige Wiederholung von bizarren Ritualen, Manierismen oder stereotype Bewegungen, oder aber eine verrenkte Haltung wird für längere Perioden aufrechterhalten. Extrem: Die Funktionsfähigkeit ist durch praktisch ständige Einbindung in ritualisierte, manierierte oder stereotype Bewegungen oder durch eine längere Zeit beibehaltene, unnatürlich starre Pose ernsthaft beeinträchtigt. Depression: Gefühle der Traurigkeit, Entmündung, Hilflosigkeit und des Pessimismus. Grundlage der Bewertung: Aussagen im Verlaufe des Interviews über eine depressive Stimmung und deren beobachteter Einfluss auf Einstellung und Verhalten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Äußert Traurigkeit oder Entmutigung nur auf Befragen; nach der allgemeinen Einstellung und dem Benehmen lässt sich keine Depression erkennen. Mäßig: Ausgeprägte Gefühle der Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit, die spontan preisgegeben werden können; die depressive Verstimmung hat aber keinen erheblichen Einfluss auf das (Sozial-)Verhalten, und der Patient kann gewöhnlich ermuntert werden. Mäßig schwer: Ausgeprägt depressive Verstimmung ist verbunden mit offensichtlicher Traurigkeit und Pessimismus, Verlust des sozialen Interesses, psychomotorischer Retardierung und Störung von Appetit und Schlaf. Der Patient lässt sich nicht leicht ermuntern. Schwer: Stark depressive Stimmung ist verbunden mit anhaltenden Gefühlen des Elends, der Wertlosigkeit, gelegentlichem Weinen und Hoffnungslosigkeit. Zusätzlich besteht eine erhebliche Störung des Appetits und/oder des Schlafs wie auch der normalen motorischen und sozialen Funktionen mit möglichen Anzeichen der Selbstvernachlässigung. Extrem: Die depressiven Gefühle interferieren ernsthaft mit den meisten Hauptfunktionen. Zu den Manifestationen gehören häufiges Weinen, ausgeprägte körperliche Symptome, Konzentrationsstörungen, psychomotorische Verlangsamung, soziales Desinteresse, Selbstvernachlässigung, mögliche depressive oder nihilistische Wahnideen und/oder mögliche suizidale Gedanken oder Handlungen. Motorische Verlangsamung: Reduktion der motorischen Aktivität, widerspiegelt in der Verlangsamung und Verringerung von Bewegung und Sprache, dem verringerten Ansprechen auf Reize und im reduzierten körperlichen Tonus. Grundlage der Bewertung: Manifestationen im Verlauf des Interviews wie auch Berichte des Betreuungs- personals oder der Familie. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Leichte, aber merkbare Verminderung der Geschwindigkeit von Bewegungen und Sprache. Der Patient kann in der Unterhaltung und Gestik etwas zu wenig produktiv sein. Mäßig: Die Bewegungen sind deutlich verlangsamt, und die Sprache ist spärlich und kennzeichnet sich durch Antwortlatenz, ausgedehnte Pausen oder eine allgemeine Verlangsamung. Mäßig schwer: Eine deutliche Reduktion der motorischen Aktivität macht die Kommunikation in hohem Maße unergiebig oder beschränkt die Leistungsfähigkeit in sozialen oder Berufssituationen. Der Patient wird in der Regel im Sitzen oder Liegen angetroffen. Schwer: Die Bewegungen sind extrem langsam, mit dem Resultat eines Minimums an Aktivität oder Sprache. Im Wesentlichen wird der Tag in müßigem Herumsitzen oder –liegen verbracht. Extrem: Der Patient ist nahezu vollständig regungslos und spricht auf äußere Reize praktisch nicht an. Anhang g08 1 2 3 4 5 6 7 g09 1 2 3 4 5 6 7 g10 1 2 3 4 5 6 7 115 Unkooperatives Verhalten: Aktive Weigerung, sich dem Willen maßgeblicher anderer Personen zu fügen, einschließlich des Interviewers, des Krankenhauspersonals oder der Familie. Dies kann mit Argwohn, Abwehrhaltung, Sturheit, Negativismus, Ablehnung der Autorität, Feindseligkeit oder Angriffslust verbunden sein. Grundlage der Bewertung: Beim Interview beobachtetes zwischenmenschliches Verhalten wie auch Berichte des Betreuungspersonals oder der Familie. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Fügt sich mit einer Einstellung von Unmut, Ungeduld oder Sarkasmus. Widersetzt sich eventuell, ohne beleidigend zu werden, einer Exploration sensibler Bereiche des Interviews. Mäßig: Gelegentliche glatte Weigerung, sich normalen sozialen Anforderungen zu fügen, wie etwa sein eigenes Bett zu machen, beim angesetzten Programm mitzumachen, etc. Der Patient nimmt eventuell eine feindselige, abwehrende oder negative Haltung ein, kann aber zur Vernunft gebracht werden. Mäßig schwer: Der Patient hält sich häufig nicht an die Anforderungen seiner Umgebung und wird eventuell von anderen als „Paria“ oder „mit ernsthaften Einstellungsproblemen behaftet“ gekennzeichnet. Mangel an Willen zur Zusammenarbeit widerspiegelt sich in offensichtlicher Abwehrhaltung oder Reizbarkeit gegenüber dem Interviewer und in möglichem Widerwillen, sich vielen Fragen zu widmen. Schwer: Der Patient ist in hohem Maß unkooperativ, negativistisch und möglicherweise auch angriffslustig. Weigert sich, den meisten sozialen Anforderungen zu entsprechen und will eventuell das Interview entweder nicht anfangen oder nicht zu Ende führen. Extrem: Aktiver Widerstand beeinträchtigt nahezu alle wichtigen Funktionsbereiche. Der Patient mag seine Teilnahme an jeglicher sozialen Aktivität verweigern, sich verweigern, auf persönliche Sauberkeit zu achten, sich mit der Familie oder dem Personal zu unterhalten und auch nur kurz an einem Interview teilzunehmen. Ungewöhnliche Denkinhalte: Das Denken ist durch befremdliche, phantastische oder bizarre Ideen gekennzeichnet, welche vom Entfernten und Atypischen bis zum Verzerrten, Unlogischen und offenkundig Absurden reichen. Grundlage der Bewertung: Im Verlaufe des Interviews geäußerte Denkinhalte. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Der Denkinhalt ist etwas eigenartig oder eigentümlich, oder vertraute Ideen werden ein einen seltsamen Zusammenhang eingefügt. Mäßig: Die Ideen sind häufig verzerrt und erscheinen gelegentlich ziemlich bizarr. Mäßig schwer: Der Patient äußert viele befremdliche und phantastische Gedanken (z.B. der Adoptivsohn eines Königs, ein Ausbrecher aus der Todeszelle zu sein) oder einige, die völlig absurd sind (z.B. Hunderte von Kindern zu haben, über eine Zahnfüllung Strahlenbotschaften aus dem Weltraum zu erhalten). Schwer: Der Patient äußert viele unlogische oder absurde Ideen oder einige von ausgeprägt bizarrer Qualität (z.B. drei Köpfe zu haben, ein Besucher von einem anderen Planeten zu sein). Extrem: Das Denken ist voller absurder, bizarrer oder grotesker Ideen. Desorientiertheit: Fehlende Bewusstheit der eigenen Beziehung zur Umwelt, namentlich zu Personen, Raum und Zeit, welche Folge sein kann von Verwirrung oder Isolation. Grundlage der Bewertung: Antworten auf Fragen des Interviewers zur Orientierung. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Die allgemeine Orientierung ist hinreichend, aber es gibt Schwierigkeiten im Speziellen. Zum Beispiel weiß der Patient seinen Wohnort, jedoch nicht die Wohnadresse; er weiß die Namen der Krankenhausangestellten, jedoch nicht deren Funktion; er weiß den Monat, verwechselt aber den Wochentag mit einem benachbarten Tag oder irrt sich um mehr als zwei Tage im Datum. Eine Einengung der Interessen mag sich in der Vertrautheit mit der unmittelbaren, jedoch nicht mit der erweiterten Umgebung erweisen, etwa in der Fähigkeit, zwar das Pflege-personal, jedoch nicht die Spitzen der kommunalen, regionalen (Bundesland, Department, Kanton etc.) oder nationalen Regierung zu benennen. Mäßig: Mäßige Störung der interpersonalen, räumlichen und zeitlichen Orientierung. Zum Beispiel weiß der Patient, dass er in einem Krankenhaus ist, jedoch nicht dessen Namen, er weiß den Namen des Wohnorts, nicht jedoch des Stadtteils oder Bezirks; er kennt den Namen des Haupttherapeuten, jedoch nicht vieler anderer Pflegepersonen; er weiß Jahr und Jahreszeit, ist aber des laufenden Monats nicht sicher. Mäßig schwer: Erhebliche Störung der interpersonalen, räumlichen und zeitlichen Ordnung. Der Patient hat nur eine vage Ahnung, wo er ist und scheint mit den meisten Personen in seiner Umgebung unvertraut. Er mag das Jahr korrekt oder nahezu korrekt identifizieren, nicht aber den laufenden Monat, den Wochentag oder sogar die Jahreszeit. Schwer: Schwere Störung der interpersonalen, räumlichen und zeitlichen Ordnung. Zum Beispiel hat der Patient keine Kenntnis seines Aufenthaltsortes; irrt sich im Datum um mehr als ein Jahr; kann nur einen oder zwei Personen aus seinem gegenwärtigen Leben nennen. Extrem: Der Patient erscheint völlig desorientiert, was Personen, Raum oder Zeit betrifft. Es herrscht große Verwirrung oder völlige Unwissenheit bezüglich des Aufenthaltsortes, des laufenden Jahres und sogar der vertrautesten Personen, wie etwa Ehepartner, Freunde oder Haupttherapeuten. Anhang g11 1 2 3 4 5 6 7 g12 1 2 3 4 5 6 7 g13 1 2 3 4 5 6 7 116 Mangelnde Aufmerksamkeit: Versagen im Fokussieren der Aufmerksamkeit, sich äußernd in mangelhafter Konzentration, Ablenkbarkeit durch innere und äußere Reize und in der Schwierigkeit, den Blickpunkt des Interesses einzustellen, festzuhalten oder auf neue Reize hinzuwenden. Grundlage der Bewertung: Symptome im Verlauf des Interviews. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Die eingeschränkte Konzentration erweist sich in der gelegentlichen Anfälligkeit auf Ablenkung oder im Stocken der Aufmerksamkeit gegen den Schluss des Interviews. Mäßig: Das Gespräch wird beeinträchtigt durch die Tendenz, sich leicht ablenken zu lassen, durch die Schwierigkeit, die Konzentration auf ein bestimmtes Thema lange aufrechtzuerhalten und durch die Probleme bei der Hinwendung der Aufmerksamkeit auf neue Themen. Mäßig schwer: Das Gespräch wird durch die mangelhafte Konzentration, die Zerstreutheit und die Schwierigkeit, den Blickpunkt des Interesses richtig einzustellen, ernsthaft behindert. Schwer: Die Aufmerksamkeit des Patienten kann infolge der starken Ablenkung durch innere und äußere Reize nur für wenige Augenblicke oder mit großer Anstrengung gefesselt werden. Extrem: Die Aufmerksamkeit ist so zerrüttet, dass sogar ein kurzes Gespräch nicht möglich ist. Mangel an Urteilsfähigkeit und Einsicht: Störung der Bewusstheit oder des Verstehens der eigenen psychischen Verfassung und Lebenssituation. Dies erweist sich im Versagen beim Erkennen früherer oder gegenwärtiger psychiatrischer Erkrankung oder Symptome, dem Ableugnen der Notwendigkeit psychiatrischer Hospitalisierung oder Behandlung, in Entscheidungen mit mangelhafter Voraussicht der Konsequenzen und in unrealistischem kurzfristigen und langfristigen Planen. Grundlage der Bewertung: Während des Interviews geäußerte Ansichten. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Der Patient erkennt, dass er eine psychische Störung hat, aber unterschätzt zweifellos ihre Ernsthaftigkeit, ihre Folgen hinsichtlich der Behandlung oder die Wichtigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Rückfall zu vermeiden. Die Notwendigkeit einer Planung der Zukunft wird eventuell kaum begriffen. Mäßig: Der Patient zeigt nur eine vage oder oberflächliche Krankheitseinsicht. Eventuell bestehen Fluktuationen in der Krankheitseinsicht oder geringe Bewusstheit erheblicher bestehender Symptome, wie etwa von Wahnideen, desorganisiertem Denken, Misstrauen oder sozialer Angst, Spannung oder Schlaf. Mäßig schwer: Der Patient anerkennt frühere, aber nicht die gegenwärtige psychische Erkrankung. Auf Vorhalt mag der Patient das Vorhandensein einiger irrelevanter oder unwichtiger Symptome einräumen, welche er aber durch grobe Fehlinterpretation oder wahnhaftes Denken weg zu erklären neigt. Die Notwendigkeit einer psychiatrischen Behandlung wird auf ähnliche Weise verkannt. Schwer: Der Patient bestreitet, je eine psychische Störung gehabt zu haben. Er leugnet das Vorhandensein jeglicher psychiatrischer Symptome in der Vergangenheit oder Gegenwart und bestreitet die Notwendigkeit von Behandlung und Hospitalisierung, ohne sich allerdings dagegen aufzulehnen. Extrem: Nachdrückliches Leugnen früheren oder gegenwärtigen psychiatrischen Krankseins. Der laufenden Hospitalisierung und Behandlung wird eine wahnhafte Interpretation gegeben (z.B. einer Bestrafung für frühere Misse-taten, einer Verfolgung durch Quälgeister etc.) und der Patient mag sich deswegen weigern, mit dem Therapeuten, in der Medikation oder in anderen Aspekten der Behandlung mitzuwirken. Willensschwäche: Störung der willentlichen Initiierung, Erhaltung und Steuerung der eigenen Gedanken, des Verhaltens, der Bewegungen und der Sprache. Grundlage der Bewertung: Im Verlauf des Interviews offenbarte Denkinhalte und Verhaltensweisen. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Es gibt Anhaltspunkte für eine gewisse Unschlüssigkeit im Gespräch und im Denken, was die verbalen und kognitiven Prozesse in geringem Ausmaß behindern kann. Mäßig: Der Patient ist oft ambivalent und zeigt deutliche Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung. Die Unterhaltung kann durch Hin-und-her-schwanken des Denkens beeinträchtigt werden, mit der Konsequenz einer deutlichen Störung der verbalen und kognitiven Leistungsfähigkeit. Mäßig schwer: Die Willensschwäche greift in das Denken wie auch in das Verhalten ein. Der Patient zeigt eine ausgesprochene Unentschlossenheit, welche die Initiierung und Fortsetzung sozialer Aktivitäten behindert und sich auch in einer stockenden Sprechweise manifestiert. Schwer: Die Willensschwäche greift in die Ausführung einfacher motorischer Automatismen wie etwa das Ankleiden und die Körperpflege ein und beeinträchtigt die Sprache stark. Extrem: Fast vollständiges Versagen des Willens manifestiert sich in grober Behinderung von Bewegung und Sprache, mit dem Resultat der Bewegungslosigkeit und Stummheit. Anhang g14 1 2 3 4 5 6 7 g15 1 2 3 4 5 6 7 g16 1 2 3 4 5 6 7 117 Mangelnde Impulskontrolle: Gestörte Regulierung und Kontrolle innerer Antriebskräfte, mit dem Resultat der unmodulierten, launenhaften und fehlgerichteten Entladung von Spannung und Emotionen ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Grundlage der Bewertung: Verhalten im Verlauf des Interviews und in den Berichten des Betreuungspersonals und der Familie. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Der Pat. lässt sich leicht ärgern und frustrieren, wenn ihm Stresssituationen begegnen oder Genugtuung verweigert wird, aber er handelt selten impulsiv. Mäßig: Der Pat. wird bei der kleinsten Provokation ärgerlich und beleidigend. er kann gelegentlich drohen oder destruktiv sein oder es kommt zu ein bis zwei Episoden mit physischer Konfrontation oder einer kleinen Rauferei. Mäßig schwer: Der Pat. legt wiederholte Episoden impulsiven Verhaltens mit Beleidigungen, Zerstörung von Eigentum oder physischen Drohungen an den Tag. Eventuell kommt es zu ein bis zwei Episoden mit ernsthaften Tätlichkeiten, wegen welcher der Pat. Absonderung, mechanischer Fixierung oder bedarfsweise Sedierung erfordert. Schwer: Der Pat. ist unvermittelt aggressiv, drohend, fordernd und destruktiv, ohne jegliche ersichtliche Berücksichtigung der Konsequenzen. er wird handgreiflich – eventuell auch sexuell – und reagiert möglicherweise in seinem Verhalten auf halluzinatorische Befehle. Extrem: Der Pat. legt Angriffe mit Tötungsabsicht, sexuelle Belästigungen, wiederholte Brutalität oder selbstzerstörerisches Verhalten an den Tag. Er erfordert wegen seiner Unfähigkeit, gefährliche Impulse zu kontrollieren, ständige direkte Überwachung oder mechanische Fixierung. Selbstbezogenheit: Vertieftsein in innerlich erzeugte Gedanken und Gefühle und in autistische Erlebnisse, zum Schaden der Realitätsorientierung und des angepassten Verhaltens Grundlage der Bewertung: Im Verlaufe des Interviews beobachtetes Verhalten gegenüber anderen Personen. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Übermäßige Beschäftigung mit persönlichen Bedürfnissen und Problemen, so dass das Gespräch immer wieder auf egozentrische Ideen abdreht und wenig Rücksicht auf Mitmenschen an den Tag gelegt wird. Mäßig: Der Patient erscheint gelegentlich wie tagträumerisch in sich selbst vertieft oder mit innerlichen Erlebnissen beschäftig. Die Verständigung wird hierdurch geringfügig beeinträchtigt. Mäßig schwer: Der Patient scheint oft in autistische Erlebnisse eingesponnen, wie in Verhaltensweisen erkenntlich ist, die merklich mit den sozialen und kommunikativen Funktionen interferieren, wie etwa das Vorhandensein eines leeren Blicks, das Murmeln oder Sprechen mit sich selber oder die Vertiefung in stereotype Bewegungsmuster. Schwer: Starke Beschäftigung mit autistischen Erlebnissen, die eine ernsthafte Einschränkung der Konzentration, der Gesprächsfähigkeit und der Orientierung in der eigenen Umwelt darstellt. Der Patient kann oft lächelnd, lachend und in sich selber grummelnd, sprechend oder schreiend beobachtet werden. Extrem: Tiefes Versunkensein in autistische Erlebnisse, welches alle wichtigen Verhaltensweisen schwerwiegend beeinträchtigt. Der Patient antwortet eventuell ständig in Wort und Verhalten auf Halluzinationen und zeigt sich nur wenig seiner Mitmenschen oder der äußeren Umgebung bewusst. Aktives soziales Vermeidungsverhalten: Verringerte soziale Einbindung verbunden mit ungerechtfertigter Furcht, Feindseligkeit oder Misstrauen. Grundlage der Bewertung: Berichte des Betreuungspersonals oder der Familie zum sozialen Funktionieren. Nicht vorhanden: Die Definition trifft nicht zu. Vorhanden: Fraglich pathologisch; eventuell an der oberen Grenze des Normalen. Leicht: Der Patient scheint sich in der Gegenwart anderer unbehaglich zu fühlen und verbringt seine Zeit bevorzugt allein, obwohl er, wenn erforderlich, an sozialen Anlässen teilnimmt. Mäßig: Der Patient besucht widerwillig alle oder die meisten sozialen Aktivitäten, muss aber eventuell dazu über-redet werden, oder er entfernt sich vorzeitig aus Angst, Misstrauen oder Feindseligkeit. Mäßig schwer: Aus Furchtsamkeit oder Ärger hält sich der Patient von vielen sozialen Aktivitäten fern, trotz der Bemühungen anderer, ihn einzubeziehen. Gibt es kein Programm, so verbringt er die Zeit gewöhnlich alleine. Schwer: Der Patient nimmt aus Furcht, Feindseligkeit oder Argwohn an sehr wenigen sozialen Aktivitäten teil. Wenn man sich ihm nähert, neigt er stark dazu, die Interaktion abzubrechen und im allgemeinen scheint er sich von anderen abzusondern. Extrem: Der Patient lässt sich wegen ausgeprägter Ängste, Feindseligkeit oder Verfolgungswahn nicht in soziale Aktivitäten einbeziehen. Er vermeidet so weit als möglich alle Interaktionen und bleibt von anderen isoliert. Anhang 118 Positiv- und Negativ-Syndrom Skala (PANSS) – Übersicht Positivskala (P) p01 p02 p03 p04 p05 p06 p07 n01 n02 n03 n04 n05 n06 n07 g01 g02 g03 g04 g05 g06 g07 g08 g09 g10 g11 g12 g13 g14 g15 g16 Wahnideen Formale Denkstörung Halluzinationen Erregung Größenideen Misstrauen/ Verfolgungsideen Feindseligkeit Negativskala (N) Affektverflachung Emotionaler Rückzug Mangelnder affektiver Rapport Soziale Passivität und Apathie Schwierigkeiten beim abstrakten Denken Mangel an Spontanität und Flüssigkeit der Sprache Stereotype Gedanken Skala der Allgemeinpsychopathologie (G) Sorge um die Gesundheit Angst Schuldgefühle Anspannung Manierismen und unnatürliche Körperhaltung Depression Motorische Verlangsamung Unkooperatives Verhalten Ungewöhnliche Denkinhalte Desorientiertheit Mangelnde Aufmerksamkeit Mangel an Urteilsfähigkeit und Einsicht Willensschwäche Mangelnde Impulskontrolle Selbstbezogenheit Aktives soziales Vermeidungsverhalten Anhang 119 Global Assessment of Functioning Scale (GAF) Achse V des DSM-IV (Saß et al. 1998) Die psychischen, sozialen und beruflichen Funktionen sind auf einem hypothetischen Kontinuum von psychischer Gesundheit bis Krankheit gedacht. Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund von körperlichen (oder um-gebungsbedingten) Einschränkungen sollten nicht einbezogen werden. Code (Beachte: Benutze auch entsprechende Zwischenwerte, z.B. 45, 68 oder 72) 100–91 Hervorragende Leistungsfähigkeit in einem breiten Spektrum von Aktivitäten; Schwierigkeiten im Leben scheinen nie außer Kontrolle zu geraten; wird von anderen wegen einer Vielzahl positiver Qualitäten geschätzt; keine Symptome. 90–81 Keine oder nur minimale Symptome (z.B. leichte Angst vor einer Prüfung), gute Leistungsfähigkeit in allen Gebieten, interessiert und eingebunden in ein breites Spektrum von Aktivitäten, sozial effektiv im Verhalten, im allgemeinen zufrieden mit dem Leben, übliche Alltagsprobleme oder –sorgen (z.B. nur gelegentlicher Streit mit einem Familienmitglied). 80–71 Wenn Symptome vorliegen, sind diese vorübergehende oder zu erwartende Reaktionen auf psycho-soziale Belastungsfaktoren (z.B. Konzentrationsschwierigkeiten nach einem Familienstreit); höchstens leichte Beeinträchtigung der sozialen, beruflichen und schulischen Leistungsfähigkeit (z.B. zeitweises Zurückbleiben in der Schule). 70–61 Einige leichte Symptome (z.B. depressive Stimmung oder leichte Schlaflosigkeit) ODER einige leichte Schwierigkeiten hinsichtlich der sozialen, beruflichen oder schulischen Leistungsfähigkeit (z.B. gelegentliches Schule schwänzen oder Diebstahl im Haushalt), aber im Allgemeinen relativ gute Leistungsfähigkeit, hat einige wichtige zwischenmenschliche Beziehungen. 60–51 Mäßig ausgeprägte Symptome (z.B. Affektverflachung, weitschweifige Sprache, gelegentliche Panikattacken) ODER mäßig ausgeprägte Schwierigkeiten bezüglich der sozialen, beruflichen oderschulischen Leistungsfähigkeit (z.B. wenige Freunde, Konflikte mit Arbeitskollegen, Schulkameradenoder Bezugspersonen). 50–41 Ernste Symptome (z.B. Suizidgedanken, schwere Zwangsrituale, häufige Ladendiebstähle) ODER jedwede ernste Beeinträchtigung der sozialen, beruflichen und schulischen Leistungsfähigkeit (z.B. keine Freunde; Unfähigkeit, eine Arbeitsstelle zu behalten). 40–31 Einige Beeinträchtigungen in der Realitätskontrolle oder der Kommunikation (z.B. Sprache zeitweiseunlogisch, unverständlich oder belanglos) ODER starke Beeinträchtigung in mehreren Bereichen, z.B. Arbeit oder Schule, familiäre Beziehungen, Urteilsvermögen, Denken oder Stimmung (z.B. ein Mann mit einer Depression vermeidet Freunde, vernachlässigt seine Familie und ist unfähig zu arbeiten; ein Kind schlägt häufig jüngere Kinder, ist zu Hause trotzig und versagt in der Schule). 30–21 Das Verhalten ist ernsthaft durch Wahnphänomene oder Halluzinationen beeinflusst ODER ernsthafte Beeinträchtigung der Kommunikation und des Urteilsvermögens (z.B. manchmal inkohärent, handelt grob inadäquat, starkes Eingenommen Sein von Selbstmordgedanken) ODER Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit in fast allen Bereichen (z.B. bleibt den ganzen Tag im Bett, hat keine Arbeit, kein Zuhause und keine Freunde). 20–11 Selbst- oder Fremdgefährdung (z.B. Selbstmordversuche ohne eindeutige Todesabsicht, häufig gewalttätig, manische Erregung) ODER ist gelegentlich nicht in der Lage, die geringste persönliche Hygiene aufrechtzuerhalten (z.B. schmiert mit Kot) ODER grobe Beeinträchtigung in der Kommunikation(größtenteils inkohärent oder stumm). 10–1 Ständige Gefahr, sich oder andere schwer zu verletzen (z.B. wiederholte Gewaltanwendung) ODER anhaltende Unfähigkeit, die minimale persönliche Hygiene aufrechtzuerhalten ODER ernsthafter Selbstmordversuch mit eindeutiger Todesabsicht. 0 Unzureichende Informationen. Anhang 120 Basisdaten – Entlassuntersuchung Zentrum: (zentr) 1 Günzburg 4 Weissenau 2 Reutlingen 3 Tübingen 5 Zwiefalten 6 Bad Schussenried 7 Friedrichshafen 8 Augsburg 9 Heidenheim Patienten-Nr.: (Zentrum: 1–5 + dreistelliger Patientencode) (vpnr) Wirkstoff: (wirk) 1 Quetiapin 2 Olanzapin 3 Risperidon Datum der Untersuchung: (datum) Interviewer: (Zentrum: 1–5 + zweistelliger Code) (inter) Geburtsdatum des Pat.: (geb) Alter in Jahren: (alter) Geschlecht: (sex) 1 männlich 2 weiblich Staatsangehörigkeit: (nat) 1 deutsch 2 EU Muttersprache: (spra) 1 deutsch 2 andere Muttersprache 3 nicht EU Anhang Schulbildung: (schul) 121 1 keinen Abschluss 2 Sonderschulabschluss 3 Hauptschulabschluss 4 Realschulabschluss 5 Fachhochschulreife 6 Abitur 7 noch in der Schule 8 Sonstiges Berufsausbildung: (ausb) 1 keine abgeschlossene Berufsausbildung 2 abgeschlossene Berufsausbildung (Lehre, Fachschule) 3 abgeschlossenes Studium (Universität, Fachhochschule, Berufsakademie) 4 in Ausbildung 5 im Studium 6 Sonstiges Anhang 122 Basisdaten – Katamnesen Zentrum: (zentr) 1 Günzburg 4 Weissenau 2 Reutlingen 3 Tübingen 5 Zwiefalten 6 Bad Schussenried 7 Friedrichshafen 8 Augsburg 9 Heidenheim Patienten-Nr.: (Zentrum: 1–5 + dreistelliger Patientencode) (vpnr) Wirkstoff: (wirk) 1 Quetiapin 2 Olanzapin 3 Risperidon Datum der Untersuchung: (datum) Interviewer: (Zentrum: 1–5 + zweistelliger Code) (inter) Messzeitpunkt: (mess) 1 K6 Datenerhebung: (erheb) 1 persönlich 2 K12 3 K18 2 telefonisch 4 K24 3 schriftlich Anhang 123 Dropout: Reguläre Teilnahme oder Dropout (drop1) 1 Reguläre Teilnahme 2 Dropout, keine Katamnese Grund für Dropout (drop2) 1 nicht erreicht 2 abgelehnt 3 nicht durchführbar (zu krank, liegt im Koma etc.) 4 verstorben durch Suizid 5 verstorben, andere Todesursache: ______________________________ (drop3) 6 sonstiges: _________________________________________________ (drop4) Anhang 124 Krankheits- und Behandlungsanamnese – Entlassuntersuchung Diagnose nach ICD-10: 1 Paranoide Schizophrenie F20.0 (diag1) 2 Hebephrene Schizophrenie F20.1 3 Katatone Schizophrenie F20.2 4 Undifferenzierte Schizophrenie F20.3 5 Postschizophrene Depression F20.4 6 Schizophrenes Residuum F20.5 7 Schizophrenia simplex F20.6 8 Sonstige Schizophrenie (Zönästhetische Schizophr.) F20.8 9 Schizophrenie, nicht näher bezeichnet F20.9 10 Schizoaffektive Störung, gegenwärtig manisch F25.0 11 Schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressiv F25.1 12 Gemischte schizoaffektive Störung F25.2 13 Sonstige schizoaffektive Störungen F25.8 14 Schizoaffektive Störung, nicht näher bezeichnet F25.9 Zweitdiagnose nach ICD 10: (diag2) evtl. Zweitdiagnose nach ICD 10: (diag3) Somatische Diagnosen (aus der Akte): (diag4) (diag5) 1 ja 2 nein F . 9 keine Angaben Anhang Aktuelle Behandlung: (abe01) 125 1 vollstationär 2 teilstationär Bei Aufnahme- und Entlassdatum der aktuellen stationären Behandlung geht es um die aktuelle Erkrankungsphase. Bei vorübergehenden Entlassungen für wenige Tage (z.B. über das Wochenende) oder bei Verlegungen (z.B. zwischen zwei Kliniken oder zwischen vollund teilstationärer Behandlung) zählt das erste Aufnahmedatum. Aufnahmedatum: (abe02) Entlassdatum: (abe03) Einweisungsmodus 1 ohne ärztliche Einweisung zur aktuellen stationären 2 niedergelassener Psychiater/Psychotherapeut Behandlung: 3 sonstiger niedergelassener Arzt (abe04) 4 eigene psychiatrische Ambulanz, PIA/Poliklinik 5 Notarzt/ambulanter Notdienst 6 SPDi/PSD oder ähnliche Dienste 7 Gesundheitsamt/Polizei oder ähnliche Stellen 8 sonstige Psychopharmakologische Medikation vor der Aufnahme (Wirkstoff, nach Angabe des Patienten und aus der Akte): 1. Medikament: (abe05) 2. Medikament: (abe06) 3. Medikament: (abe07) 4. Medikament: (abe08) 5. Medikament: (abe09) Einnahme: (abe10) 1 wie verordnet 3 gar nicht 2 unregelmäßig 4 weiß nicht Anhang 126 Wie sehr wurden während der aktuellen Behandlung Ihre bisherigen Erfahrungen mit Medikamenten berücksichtigt? (abe11) 1 überhaupt nicht 2 3 4 5 6 7 sehr stark Wie war während der aktuellen Behandlung Ihre Mitsprachemöglichkeit bei der Auswahl des Neuroleptikums? (abe12) 1 überhaupt keine 2 3 4 5 6 7 sehr groß Wie empfanden Sie die Qualität der Aufklärung über die Wirkung des Neuroleptikums? (abe13) 1 2 sehr schlecht 3 4 5 6 7 sehr gut Wie empfanden Sie die Qualität der Aufklärung über die Nebenwirkungen des Neuroleptikums? (abe14) 1 2 sehr schlecht 3 4 5 6 7 sehr gut Wie zufrieden sind Sie mit der medikamentösen Behandlung zum Entlasszeitpunkt? (abe15) 1 2 überhaupt nicht zufrieden 3 4 5 6 7 sehr zufrieden Anhang Unterbringung nach UBG oder BGB: (abe16) 127 1 ja 2 nein Zwangsmaßnahmen während des aktuellen Aufenthalts: Fixierung: (abe17) 1 ja 2 nein Zwangsmedikation: (abe18) 1 ja 2 nein Isolation: (abe19) 1 ja 2 nein Entlassmodus: (abe20) 1 reguläre Entlassung 2 gegen ärztlichen Rat 3 Entlassung wegen mangelhafter Motivation/Kooperation Ambulante medizin. Behandlung vor Klinikaufenthalt: (amb1) 1 Psychiater, Nervenarzt Ambulante medizin. Behandlung nach Klinikaufenthalt: (amb2) 1 Psychiater, Nervenarzt 3 PIA, Poliklinik 3 PIA, Poliklinik 2 Hausarzt 4 sonstige 5 keine 2 Hausarzt 4 sonstige 5 keine Name/Ort des nun behandelnden Arztes: (amb3) Erste nervenärztliche/psychiatrische Behandlung (ambulant oder stationär): (nerv) vor Zeitpunkt der ersten (voll- oder teil-)stationären Behandlung: vor (stat1) Anzahl der bisherigen stationären Behandlungen (voll- und teilstationär, inklusive der aktuellen Behandlung): (stat2) Jahren. Jahren. Anhang 128 Gesamtdauer der bisherigen stationären Behandlungen (voll- und teilstationär, inklusive der aktuellen Behandlung): ca. (stat3) Monate. Psychiatrische Erkrankungen bei Verwandten ersten Grades (Eltern, Kinder, Geschwister): Schizophrene/Psychotische Störung: (verw1) 1 ja 2 nein 3 weiß nicht Affektive Störung: (verw2) 1 ja 2 nein 3 weiß nicht Substanzabhängigkeit: (verw3) 1 ja 2 nein 3 weiß nicht Andere psychiatrische Erkrankung: (verw4) 1 ja 2 nein 3 weiß nicht Hatten Sie im letzten halben Jahr Suizidgedanken? (sui01) 1 gar nicht 2 selten 3 häufig Haben Sie im letzten halben Jahr einen Suizidversuch unternommen? (sui02) Anzahl Suizidversuche (gesamtes Leben): (sui03) 1 ja 2 nein Anhang 129 Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory (CSSRI-D) – Deutsche Adaption der EU-Version (CSSRI-EU) von Roick et al. (2001) 1. Wohnsituation 1.1. Wo wohnen Sie zur Zeit normalerweise? (Definitionen s. Manual) a) Art und Name der Einrichtung:______________________________________________ b) Codierung: Privat/Familie Gemeinde (nicht Krankenhaus) Krankenhaus Sonstige 1 Eigentumswohnung, eigenes Haus 2 Mietwohnung/Haus von privatem Vermieter 3 Mietwohnung von Wohngesellschaft 4 Wohnung der Eltern 5 Gemeinschaftswohnung/Wohnheim ohne therapeutisches Anliegen 6 Übernachtungseinrichtung mit 24 Std. Betreuung/Heim 7 Übernachtungseinrichtung mit tägl. Betreuung, weniger als 24 h/Tag 8 Übernachtungseinrichtung mit Betreuung weniger als täglich 9 Ambulant betreutes Wohnen 10 Psychiatrische Station 11 Psychotherapeutische Station 12 Andere Station 13 Justizvollzugskrankenhaus 14 Maßregelvollzug 15 Obdachlosenheim 16 Obdachlos, auf der Straße lebend 17 Andere _____________________________________ 1.2. Bei privater Wohnsituation: Wie viele Erwachsene leben dort? Zahl der Erwachsenen (Alter über 18 Jahre) Wie viele Kinder leben dort? Zahl der Kinder (Alter unter 18 Jahre) 1.3. Haben Sie in den letzten 6 Monaten noch irgendwo anders gelebt? (außer der unter 1.1. angegebenen Unterbringung und außer im Krankenhaus) 1 ja, 2 nein Wenn ja: vervollständigen Sie bitte diese Tabelle! Art der Unterbringung bzw. bei nichtprivater Wohnform Art und Name der Einrichtung Code s. 1.1. Wie viele Tage wohnte der Klient in den letzten 6 Monaten dort? Anhang 130 2. Beschäftigung und Einkommen 2.1. Gehen Sie derzeit einer Arbeit nach (auch unentgeltlich oder geschützte Werkstatt)? Wenn nicht: Befinden Sie sich derzeit in Ausbildung, oder beziehen Sie Rente? a) verbale Beschreibung:______________________________________________________________ b) Codierung: 1 Selbständig o. Arbeits-/Angestelltenverhältnis, freier Arbeitsmarkt 2 Freiwillig (unentgeltlich) beschäftigt 3 Geschützte Tätigkeit 4 Arbeitslos/Arbeit suchend, seit ___________________________________ 5 Student, (Um-)Schüler, Azubi 6 Hausfrau/Hausmann 7 Altersrente/Pension/Vorruhestand 8 Erwerbs- o. Berufsunfähigkeit, seit ________________________________ 9 andere 98 Antwort verweigert 2.2. Wenn derzeit reguläres Arbeitsverhältnis besteht: Als was arbeitet Klient zur Zeit? a) verbale Beschreibung: _____________________________________________________________ b) Codierung: 1 Selbständige (z.B. Handwerker, selbst. Landwirte, Künstler) 2 ausführende Angestellte (z.B. Sekretärin) 3 mittlere Angestellte (z.B. Sachbearbeiter) 4 leitende Angestellte (z.B. Abteilungsleiter) 5 ausführende Beamte (z.B. Sekretärin) 6 mittlere Beamte (z.B. Lehrer) 7 leitende Beamte (z.B. Abteilungsleiter) 8 ungelernte Arbeiter 9 angelernte Arbeiter 10 Facharbeiter, Meister 11 Arbeiter in der Landwirtschaft 12 andere 98 Antwort verweigert c) Wie viele Tage mussten Sie der Arbeit in den letzten 3 Monaten wegen Krankheit fernbleiben? Arbeitsausfalltage infolge Krankheit (ohne regulär arbeitsfreie Tage): 2.3. Wenn arbeitslos: Wie viele Wochen waren Sie während der letzten 3 Monate arbeitslos? Zahl der Wochen 2.4. Erhalten Sie irgendwelche Unterstützungen? (außer privaten Unterstützungen) Wenn ja: Welche Unterstützungen erhalten Sie? Internationale Kategorien Nationale Varianten Arbeitslosenunterstützung/Sozialhilfe 1 Arbeitslosengeld I 2 Arbeitslosengeld II 3 Sozialhilfe 4 Hilfe in besonderen Lebenslagen 5 Einmalige Sonderunterstützungen 6 Erwerbsunfähigkeitsrente 7 Berufsunfähigkeitsrente 8 Fahrtkostenerstattung f. Behinderte 9 Krankengeld 10 Pflegegeld 11 Wohngeld 12 Einmalige Beihilfen 13 Altersrente 14 Hinterbliebenenrente 15 Kindergeld 16 sonstige Krankheit/Behinderung Wohnung Andere 1 ja, 2 nein Anhang 131 Mehrfachnennungen 1: Höhe der monatlichen Unterstützung in € (bezogen auf die letzten 3 Monate) _________________________ Mehrfachnennungen 2: _________________________ Mehrfachnennungen 3: _________________________ Mehrfachnennungen 4: _________________________ 2.5. Was ist Ihre Haupteinkommensquelle? 1 Gehalt/Lohn 2 Rente 3 Sozialleistungen 4 Familiäre Unterstützung (z.B. vom Ehegatten) 5 andere, nämlich: ___________________________ Auf den folgenden Seiten wird zu den Versorgungsleistungen und Medikamenten erfragt, wie hilfreich die jeweilige Leistung bzw. das jeweilige Medikament war. Die Einschätzungen des Probanden sollen auf einer siebenstufigen Ratingskala erfolgen. 1 = überhaupt nicht hilfreich 2 = nicht hilfreich 3 = wenig hilfreich 4 = teils / teils 5 = etwas hilfreich 6 = hilfreich 7 = sehr hilfreich Anhang 132 3. Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen 3.1. Stationär: Bitte führen Sie alle stationären Krankenhausaufenthalte während der letzten 6 Monate auf. Nutzen Sie das Manual zur Begriffsdefinition. Tragen Sie in jede Zeile eine 0 ein, wenn die entsprechende Einrichtung in den letzten 6 Monaten nicht in Anspruch genommen wurde. Stationärer Bereich Alle stationären Krankenhausaufenthalte während der letzten 6 Monate Name der Einrichtung von Psychiatrische Station Psychotherapeutische Station Maßregelvollzug/ Forensik Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke (RPK) Andere (somatische Klinik) bis Summe der abrechenbaren Tage Wie hilfreich war das? (1 – 7) Anhang 133 3.2. Teilstationär: Bitte führen Sie alle tagesklinischen Krankenhausaufenthalte während der letzten 6 Monate auf. Nutzen Sie das Manual zur Begriffsdefinition. Tragen Sie in jede Zeile eine 0 ein, wenn die entsprechende Einrichtung in den letzten 6 Monaten nicht in Anspruch genommen wurde. Teilstationärer Bereich Alle stationären Krankenhausaufenthalte während der letzten 6 Monate Name der Einrichtung von bis Wie hilfreich war das? (1 – 7) Summe der abrechenbaren Tage Psychiatrisch Andere 3.3. Ambulant: Bitte führen Sie alle, während der letzten 3 Monate genutzten, ambulanten medizinischen Versorgungsangebote auf. Nutzen Sie das Manual zur Begriffsdefinition. Tragen Sie in jede Zeile eine 0 ein, wenn die entsprechende Einrichtung in den letzten 3 Monaten nicht in Anspruch genommen wurde. Wie Ambulanter Zahl der Kontakte in Durchschnittliche Dauer der hilfreich Name den letzten 3 Monaten Kontakte in Minuten war das? Bereich (1 – 7) Arzt, Ort: Niedergelassener Psychiater Arzt, Ort: Arzt, Ort: Arzt, Ort: Psychiatr. Institutsambulanz PIA: PIA: PIA: Anderer Arzt: Fachrichtung: Anhang Anderer Arzt: Anderer Arzt: Anderer Arzt: 134 Fachrichtung: Fachrichtung: Fachrichtung: 3.4. Komplementär: Bitte führen Sie alle, während der letzten 3 Monate genutzten, komplementären Versorgungsleistungen auf. Nutzen Sie das Manual zur Begriffsdefinition. Tragen Sie in jede Zeile eine 0 ein, wenn die entsprechende Einrichtung in den letzten 3 Monaten nicht in Anspruch genommen wurde. Wie Zahl der Kontakte in Durchschnittliche Komplement. hilfreich Name der Einrichtung den letzten 3 Dauer der Kontakte in war das? Bereich Monaten Minuten (1 – 7) Geschützte Werkstätten Zweckbetriebe Ergotherapie Spezielle Ausbildung Kontakt- und Beratungsstellen, Tageszentren etc. (inkl. angegliederter Ergotherapie) Sozialpsychiatrischer Dienst Selbsthilfegruppen Sonstige Anhang 135 3.5. Sonstige Kontakte: Bitte führen Sie alle sonstigen Kontakte zu medizinischen und/oder sozialen Diensten während der letzten 3 Monate auf. Nutzen Sie das Manual zur Begriffsdefinition. Tragen Sie in jede Zeile eine 0 ein, wenn die entsprechende Einrichtung in den letzten 3 Monaten nicht in Anspruch genommen wurde. Wie Name der Zahl der Kontakte in Durchschnittliche Dauer der hilfreich Einrichtung/ Service den letzten 3 Monaten Kontakte in Minuten war das? Person (1 – 7) Niedergelassener Psychotherapeut Gemeindeschwester Hauswirtschaftshilfe/Mitarbeiter einer Sozialstation Betreuer 1 = ehrenamtlicher Betreuer (Angehöriger des Klienten) 2 = Betreuer des Sozialamtes 3 = selbständige o. im Verein organisierte Berufsbetreuer Schuldnerberatungsstelle Sonstige 3.6. War der Klient während der letzten 3 Monate in Kontakt mit Polizei oder Justiz? 1 = ja, 2 = nein, 99 = nicht bekannt Wenn ja: a) Wie viele Kontakte mit der Polizei fanden statt? Beachten Sie: Kontakt = Befragung oder Aufenthalt für einige Stunden, aber nicht über Nacht (98 = Antwort verweigert, 99 = nicht bekannt) b) Wie viele Nächte wurden in Polizeigewahrsam oder Gefängnis verbracht? (98 = Antwort verweigert, 99 = nicht bekannt) c) Wie viele psychiatrische Begutachtungen erfolgten während der Inhaftierung? (97 = Frage trifft nicht zu, 98 = Antwort verweigert, 99 = nicht bekannt) d) Wie viele (straf- oder zivilrechtliche) Gerichtsvorladungen erfolgten? (98 = Antwort verweigert, 99 = nicht bekannt) strafrechtlich zivilrechtlich Anhang 136 4. Medikation: 4.1. Stationär: Bitte führen Sie alle, während des letzten Monats genommenen, ärztlich verordneten Medikamente auf. Nehmen sie dazu die Akte des Patienten zu Hilfe. Handelsname Darreichungsform 0 Tabletten 1 Dragees 2 Tropfen 3 Suppositorien 4 Salben 5 s.c.-Injektion 6 i.m.-Injektion 7 i.v.-Injektion Depot 1 ja 2 nein Verordnete tägliche Dosis in mg Wie viele Tage im letzten Monat so eingenommen? Seit wann in dieser Dosierung? Bis wann in dieser Dosierung? (Datum) (Datum) Einnahme 0 wie verordnet 1 unregelmäßig 2 gar nicht 3 weiß nicht Wie hilfreich ist/war das Med.? (1 – 7) 4. Medikation: 4.2. Ambulant: Bitte führen Sie alle, während des letzten Monats genommenen, ärztlich verordneten Medikamente auf. Nehmen sie dazu die Akte des Patienten zu Hilfe. Handelsname Darreichungsform 0 Tabletten 1 Dragees 2 Tropfen 3 Suppositorien 4 Salben 5 s.c.-Injektion 6 i.m.-Injektion 7 i.v.-Injektion Depot 1 ja 2 nein Verordnete tägliche Dosis in mg Wie viele Tage im letzten Monat so eingenommen? Seit wann in dieser Dosierung? (Datum) Bis wann in dieser Dosierung? (Datum) Einnahme 0 wie verordnet 1 unregelmäßig 2 gar nicht 3 weiß nicht Wie hilfreich ist/war das Med.? (1 – 7) Anhang 137 5. Zuzahlungspflicht für Medikamente und Unterbringung 5.1. Zuzahlung zu Medikamenten Ist der Klient von den Zuzahlungen zu Medikamenten befreit? Wenn nicht: 1 = ja, 2 = nein Wie viel hat der Klient in den letzten 3 Monaten für die Zuzahlung zu verordneten Arzneimitteln aufgewendet? Betrag in € ____________ 5.2. Zuzahlung zur Krankenhausunterbringung Ist der Klient von der jährlichen Zuzahlung für die ersten 14 Tage eines Krankenhausaufenthalts befreit? 1 = ja, 2 = nein 5.3. Zuzahlung bei nichtprivater Unterbringung (außer Krankenhaus) Hat der Klient in den letzten 3 Monaten in einer nichtprivaten Wohnform (außer Krankenhaus) gelebt? Wenn ja: Wie viel muss der Klient selbst für seine Unterbringung zahlen? 1 = ja, 2 = nein Klientenanteil pro Tag in € ____________ 5.4. Praxisgebühr Hat der Klient in den letzten 3 Monaten Praxisgebühr bezahlt? 1 = ja, 2 = nein Wenn ja: Wie viel Praxisgebühr hat der Klient in den letzten drei Monaten bezahlt? Gesamtbetrag in € ____________ 6. Bemerkungen: Anhang 138 Missings in den Fragebögen MARS, CSRI-E und CSRI-K Tabelle 21: Anzahl der imputierten Summenwerte der Fragebögen MARS, CSRI-E und CSRI-K zu den jeweiligen Messzeitpunkten Items CSRI-E Item A Item B ∑ Item 1-8 E n=128 K12 n=109 K18 n=101 K24 n=100 4 3 2 0 0 0 3 0 9 8 5 4 1 0 4 CSRI-K ∑ Item 1-8 ∑ Item 9-12 MARS ∑ Item 1-10 K6 n=108 11 Anhang 139 Drop-Out Analysen zu jedem Katamnesezeitpunkt Tabelle 22: Drop-Out Analyse zum Zeitpunkt der 6-Monats Katamnese Parameter Zugehörigkeit Gr.1/Gr2 Alter Geschlecht Partnerschaft Nationalität Wohnform Betreuung (gesetzlich o. durch Angehörigen) Kontakt mit GPV Diagnose nach ICD-10 Alter bei erster stat. Beh. Erste nervenärztliche Behandlung Erste stationäre psychiatrische Behandlung Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen Gesamtdauer aller vorangegangenen stationären Behandlungen Anzahl der Patienten mit Ersterkrankung Anzahl der Patienten mit mindestens 10 stationären Aufenthalten Isolierung Fixierung Zwangsmedikation Indexbehandlungsdauer Höchster Schulabschluss Berufsausbildung Beschäftigungssituation Eigener Verdienst PANSS Positiv Negativ Allgemeinpsychopathologie Gesamt GAF MARS CSRI Item A Item B ∑ Item 1-8 Zufriedenheit mit med. Beh. Zufriedenheit mit Indexbeh. Statistischer Test χ 2-Test t - Test χ 2-Test χ 2-Test Fisher Exakt Test χ 2-Test Freiheitsgrade 1 126 1 2 1 Signifikanz n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 0,021 U = 916,0 1 - n.s. n.s. n.s. Mann-Whitney U = 924,5 - n.s. Mann-Whitney U = 966,5 - n.s. Mann-Whitney U = 1063,5 - n.s. Mann-Whitney U = 920,5 - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Mann-Whitney χ 2-Test Fisher Exakt Test χ 2-Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 1,48 χ 2 = 0,502 2 2 1 n.s. n.s. n.s. n.s. p < .01 n.s. n.s. n.s. U = 767,0 U = 809,0 U = 711,0 U = 713,5 t = 0,683 U = 904,5 126 - p < .05 n.s. p < .05 p < .05 n.s. n.s. U = 912,0 U = 780,0 U = 834,0 U = 826,0 U = 894,0 - n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. t - Test Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney Prüfgröße χ 2 = 0,699 t = -1,364 χ 2 = 0,015 χ 2 = 2,922 χ 2 = 1,765 U = 902,0 χ 2 = 10,8 Anhang 140 Tabelle 23: Drop-Out Analyse zum Zeitpunkt der 12-Monats Katamnese Parameter Statistischer Test Prüfgröße Freiheitsgrade Signifikanz Zugehörigkeit Gr.1/Gr2 Alter Geschlecht Partnerschaft Nationalität Wohnform Betreuung (gesetzlich o. durch Angehörigen) Kontakt mit GPV Diagnose nach ICD-10 Alter bei erster stat. Beh. Erste nervenärztliche Behandlung Erste stationäre psychiatrische Behandlung Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen Gesamtdauer aller vorangegangenen stationären Behandlungen Anzahl der Patienten mit Ersterkrankung Anzahl der Patienten mit mindestens 10 stationären Aufenthalten Isolierung Fixierung Zwangsmedikation Indexbehandlungsdauer Höchster Schulabschluss Berufsausbildung Beschäftigungssituation Eigener Verdienst PANSS Positiv Negativ Allgemeinpsychopathologie Gesamt GAF MARS CSRI Item A Item B ∑ Item 1-8 Zufriedenheit mit med. Beh. Zufriedenheit mit Indexbeh. χ 2-Test t - Test χ 2-Test χ 2-Test Fisher Exakt Test χ 2-Test χ 2 = 0,444 t = -2,53 χ 2 = 0,715 χ 2 = 4,028 1 126 1 2 1 n.s. p < .05 n.s. n.s. n.s. n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 0,725 U = 709,0 1 - n.s. n.s. p < .05 Mann-Whitney U = 856,0 - n.s. Mann-Whitney U = 878,5 - n.s. Mann-Whitney U = 994,5 - n.s. Mann-Whitney U = 977,0 - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Mann-Whitney χ 2-Test χ 2-Test χ 2-Test χ 2-Test Mann-Whitney U = 915,5 χ 2 = 11,3 χ 2 = 0,949 χ 2 = 2,416 χ 2 = 0,0 2 2 2 1 n.s. n.s. n.s. n.s. p < .01 n.s. n.s. n.s. U = 669,0 U = 744,0 U = 764,0 U = 700,0 t = 0,959 U = 974,0 126 - p < .05 p = .05 n.s. p < .05 n.s. n.s. U = 834,5 U = 770,5 U = 901,5 U = 696,5 U = 700,0 - n.s. n.s. n.s. p < .05 n.s. t – Test Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney χ 2 = 2,933 Anhang 141 Tabelle 24: Drop-Out Analyse zum Zeitpunkt der 18-Monats Katamnese Parameter Statistischer Test Prüfgröße Freiheitsgrade Signifikanz Zugehörigkeit Gr.1/Gr2 Alter Geschlecht Partnerschaft Nationalität Wohnform Betreuung (gesetzlich o. durch Angehörigen) Kontakt mit GPV Diagnose nach ICD-10 Alter bei erster stat. Beh. Erste nervenärztliche Behandlung Erste stationäre psychiatrische Behandlung Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen Gesamtdauer aller vorangegangenen stationären Behandlungen Anzahl der Patienten mit Ersterkrankung Anzahl der Patienten mit mindestens 10 stationären Aufenthalten Isolierung Fixierung Zwangsmedikation Indexbehandlungsdauer Höchster Schulabschluss Berufsausbildung Beschäftigungssituation Eigener Verdienst PANSS Positiv Negativ Allgemeinpsychopathologie Gesamt GAF MARS CSRI Item A Item B ∑ Item 1-8 Zufriedenheit mit med. Beh. Zufriedenheit mit Indexbeh. χ 2-Test t - Test χ 2-Test χ 2-Test Fisher Exakt Test χ 2-Test χ 2 = 0,035 t = - 0,296 χ 2 = 0,126 χ 2 = 3,283 χ 2 = 0,736 1 126 1 2 1 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. χ 2-Test χ 2 = 0,004 1 n.s. χ 2-Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 0,461 χ 2 = 0,783 U = 1230,0 1 1 - n.s. n.s. n.s. Mann-Whitney U = 1349,0 - n.s. Mann-Whitney U = 1282,0 - n.s. Mann-Whitney U = 1323,5 - n.s. Mann-Whitney U = 1263,5 - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Mann-Whitney χ 2-Test Fisher Exakt Test χ 2-Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 1,157 χ 2 = 0,372 2 2 1 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. U = 1211,5 U = 1243,5 U = 1205,5 U = 1211,0 t = 0,681 U = 1145,0 126 - n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. U = 1087,5 U = 1105,0 U = 1227,5 U = 1118,5 U = 1056,5 - n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. t - Test Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney U = 1076,5 χ 2 = 5,05 Anhang 142 Tabelle 25: Drop-Out Analyse zum Zeitpunkt der 24-Monats Katamnese Parameter Statistischer Test Prüfgröße Freiheitsgrade Signifikanz Zugehörigkeit Gr.1/Gr2 Alter Geschlecht Partnerschaft Nationalität Wohnform Betreuung (gesetzlich o. durch Angehörigen) Kontakt mit GPV Diagnose nach ICD-10 Alter bei erster stat. Beh. Erste nervenärztliche Behandlung Erste stationäre psychiatrische Behandlung Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen Gesamtdauer aller vorangegangenen stationären Behandlungen Anzahl der Patienten mit Ersterkrankung Anzahl der Patienten mit mindestens 10 stationären Aufenthalten Isolierung Fixierung Zwangsmedikation Indexbehandlungsdauer Höchster Schulabschluss Berufsausbildung Beschäftigungssituation Eigener Verdienst PANSS Positiv Negativ Allgemeinpsychopathologie Gesamt GAF MARS CSRI Item A Item B ∑ Item 1-8 Zufriedenheit mit med. Beh. Zufriedenheit mit akt. Beh. χ 2-Test t - Test χ 2-Test Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test χ 2-Test χ 2 = 0,099 t = -1,32 χ 2 = 1,405 χ 2 = 2,107 1 126 1 1 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. χ 2-Test χ 2 = 0,031 1 n.s. χ 2-Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 1,673 χ 2 = 0,521 U = 1093,5 1 1 - n.s. n.s. n.s. Mann-Whitney U = 1394,5 - n.s. Mann-Whitney U = 1357,5 - n.s. Mann-Whitney U = 1374,0 - n.s. Mann-Whitney U =1293,5 - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test - n.s. Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test Mann-Whitney Fisher Exakt Test Fisher Exakt Test χ 2-Test χ 2-Test Mann-Whitney χ 2 = 6,491 χ 2 = 0,616 2 1 n.s. n.s. n.s. n.s. p < .05 n.s. p < .05 n.s. U = 1167,0 U = 1351,5 U = 1213,5 U = 1234,5 t = 0,805 U = 1253,0 126 - n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. U = 1142,0 U = 1130,0 U = 1135,5 U = 1197,5 U = 962,0 - n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. t-Test Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney Mann-Whitney U = 1288,0 Anhang 143 Vergleich der Probanden mit vollständigen und unvollständigen Blutserumspiegeln Tabelle 26: Vergleich der Probanden mit vollständigen Blutserumspiegeln von drei Messzeitpunkten mit Probanden ohne vollständige Blutserumspiegel a T-Test für zwei unabhängige Stichproben b χ2-Test nach Pearson Alter Geschlecht Diagnose nach ICD-10 GAF Wohnform Anzahl vorangegangener stationärer Behandlungen eigener Verdienst GPV-Kontakt Blutserumspiegel vollständig n=34 Blutserumspiegel unvollständig n=94 Teststatistik Signifikanzniveau M ± SD [Jahre] 35.4 (± 11) 12.6 (± 13) 2.199 .030 a weiblich männlich F20.x F25.x M ± SD selbstständig nicht selbstständig 13 (38.2 %) 21 (61.8 %) 28 (82.4 %) 6 (17.6 %) 51.6 (± 11.7) 21 (61.8 %) 13 (38.2 %) 43 (45.7%) 51 (54.3%) 57 (60.6%) 37 (39.4%) 51.7 ( ±11.7) 65 (69.1%) 29 (30.9%) 0.572 .449 b 5.278 .022 b 0.314 .754 a 0.618 .432 b M ± SD 8.3 (± 14.6) 7.5 (± 7.5) -0.430 .668 a ja nein ja nein 14 (41.2 %) 20 (58.8 %) 10 (29.4 %) 24 (70.6 %) 40 (42.6%) 54 (57.4%) 20 (21.3%) 74 (78.7%) 0.019 .889 b 0.921 .337 b GAF= Global Assessment of Functioning Scale; GPV= Gemeindepsychiatrischer Verbund Lebenslauf 144 Danksagung Meinem Betreuer Prof. Dr. Tilman Steinert danke ich sehr für seine Unterstützung und seine wertvollen Anregungen. Herrn PD Dr. Ferdinand Keller danke ich für seine Bereitschaft das Zweitgutachten zu erstellen. Zudem bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Wolfgang Kaschka und Herrn Prof. Dr. Harald Traue für ihre Zusage den Beisitz in meinem Promotionskolloquium zu übernehmen. Meinen Kollegen der Versorgungsforschung im ZfP Südwürttemberg-Weissenau danke ich für ihren Teamgeist, ihre Zusprache und fachliche Beratung sowie das Korrekturlesen. Ein weiterer Dank geht an Frau Dr. Susanne Jaeger für die kollegiale Zusammenarbeit bei der Durchführung der ELAN-Studie, ihre professionellen Ideen und Anmerkungen sowie unsere gemeinsame Zeit in einem Büro. Erich Flammer danke ich für seine statistische Beratung. Ein großer Dank geht an alle Patienten, die mir durch ihre Studienteilnahme ermöglicht haben, diese Arbeit verfassen zu können und die mir durch ihr Vertrauen und ihre Erzählungen, viel Einblick in das Erleben einer schizophrenen Erkrankung und einer stationären Behandlung gegeben haben. Meinen Eltern danke ich herzlich für ihre Liebe, ihre Unterstützung und die Ermöglichung meiner beruflichen Ziele. Meinen Freunden danke ich für Ihre Ablenkungen und Aufmunterungen. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Freund Anton, der mir während der gesamten Zeit zur Seite stand und der mich durch seine Zeit und Geduld, seine liebevolle Zuwendung und Aufmunterung sowie seine fachliche Kompetenz sehr unterstützt hat und dadurch viel dazu beigetragen hat, dass ich diese Arbeit schreiben und vollenden konnte.