Vortrag von Dr. Barth - Pastorale Informationen

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Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter
Tagesheilige 7.9.: vom Vater enthauptet
Regina von Burgund
Gedenktag katholisch: 7. September
Name bedeutet: die Königin (latein.)
Märtyrerin * in Alesia *, heute Alise-Sainte-Reine in Frankreich
† um 300 (?) daselbst
Studientag Firmung
Entwicklungspsychologische Aspekte
Paderborn, 07.09.2013
Dr. Gottfried Maria Barth, M.A:
Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter
der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen
Barth
Regina wurde der Legende zufolge in den
Verfolgungen unter Kaiser Maximianus Herkulis
gefangen genommen, weil sie Christin war. Im
Kerker ist ihr demnach das Kreuz Christi erschienen
- von der Erde bis zum Himmel reichend - und eine
Taube darauf verhieß ihr die himmlische
Märtyrerkrone. Ihr eigener heidnischer Vater
veranlasste das Todesurteil, die Enthauptung.
Schon um 620 wurde Regina nachweislich verehrt,
aufgrund vieler Wunder gab es große Wallfahrten zu
ihrem Grab, über dem im 7. Jahrhundert eine
Basilika gebaut wurde.
Attribute: Taube
Patronin der Zimmerleute; gegen Krätze, Räude und
Geschlechtskrankheiten
Bauernregel: "Ist Regine warm und wonnig, / bleibt das Wetter lange
sonnig."
Barth 2013
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Die Psychiatrie in Tübingen
Barth 2012
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Francisco Pacheco (Sanlucar de
Barrameda): Regina, 1604, im Musée
Goya in Castres im Département Tarn
Therapie
Barth 2013
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Stationen
Barth 2013
Freizeit
Barth 2013
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Schule
Alle Schulformen
bis einschließlich 11.
Klasse Gymnasium
kleinste Berufsschule:
BVJ für schwache
Schüler
Ggf. öffentliche Schule
Hölderlinturm: Beziehung und Pflege statt Therapie
Barth 2013
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Barth 2013
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Warum ist Psychiatrie fragwürdig
Festlegung auf Diagnosen
Unterliegt „Moden“
Unterscheidung:
krank-gesund
Sokrates
statt dimensionalem Denken:
Aristoteles
Platon
Kontinuum zwischen extremen Ausformungen
Epikur
Anpassung an gesellschaftliche Forderungen:
in den eigenen Werten und Zielen
Pythagoras
Heraklit
Diogenes
der Patienten: Herstellung des Funktionierens
stark an bewussten Denkprozessen orientiert
wenig Zeit für Entwicklungsprozesse
Barth 2013
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Warum ist Psychiatrie fragwürdig
Festlegung auf Diagnosen
Unterliegt „Moden“
Unterscheidung:
krank-gesund
statt dimensionalem Denken:
Kontinuum zwischen extremen Ausformungen
Anpassung an gesellschaftliche Forderungen:
in den eigenen Werten und Zielen
der Patienten: Herstellung des Funktionierens
stark an bewussten Denkprozessen orientiert
wenig Zeit für Entwicklungsprozesse
Barth 2013
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Mythen und Wissenschaft
Es gibt also keinen klar formulierbaren Unterschied
zwischen Mythen und wissenschaftlichen
Theorien. Die Wissenschaft ist eine der vielen
Lebensformen, die die Menschen entwickelt
haben, und nicht unbedingt die beste. Sie ist laut,
frech, teuer und fällt auf. Grundsätzlich
überlegen ist sie aber nur in den Augen derer,
die bereits eine gewisse Position bezogen
haben
oder
die
die
Wissenschaften
akzeptieren, ohne jemals ihre Vorzüge und
Schwächen geprüft haben. Und da das
Annehmen und Ablehnen von Positionen dem
einzelnen
oder,
in
einer
Demokratie,
demokratischen Ausschüssen überlassen werden
sollte, so folgt, daß die Trennung von Staat und
Kirche durch die Trennung von Staat und
Wissenschaft zu ergänzen ist.
Barth 2013
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Paul Feyerabend: Wider den Methodenzwang, 1982
Wissen um Fremdpsychisches
Wichtigkeit der Diagnose
Thomas Nagel:
Gefahr langdauernden Leidens auf Seiten des Patienten
und seiner Umwelt
sekundäre Psychopathologie
Teufelskreis der Fehldiagnose:
verstärkt sekundäre Psychopathologie
diese verstärkt Fehldiagnose
…
Barth 2013
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Barth 2013
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16
Reizworte?
Geschichte?
Oder
Tragen
Psychiatrie:
Kinder haben von klein auf damit zu tun
Wir
Noch
Heute
Psychopharmaka:
Das
wir nehmen mehr davon zu uns als wir
denken
Erbe
In
Uns?
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Die Bürde unseres Erziehens
Barth 2013
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Erziehung?
Viele unserer Vorstellungen sind weniger vom
Entwicklungsgedanken als von Dressur geprägt.
BErziehung
Darin versteckt sich häufig noch ein gewichtiges Erbe aus der NSIdeologie oder aus DDR-Erfahrungen.
Also Ziehen?
Dies führt häufig zu sadistisch geprägten Situationen.
Das Gras wächst nicht schneller, wenn man
daran zieht …
Die Verhaltenstherapie hat diese Vorstellungen zwar modernisiert
aber nicht ersetzt.
Im Grunde versteckt sich ein Kulturkampf darin:
sollen unsere Kinder funktionieren
oder wollen wir Entwicklung zu reifen Persönlichkeiten
Wer erzieht
Wen
Wohin?
Oder
Es gibt vorbildliche Persönlichkeiten, die hier eindeutig Stellung
bezogen haben:
BErziehung
Erzieher z.B. Martin Buber
die Entwicklung ermöglicht
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Barth 2013
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Entwicklungsgedanke in der Psychiatrie
Dimensional statt Kategorial
Statt Pathologisierung: Entwicklungslinien der Kinder
und Jugendlichen
gesund ?
krank ??
z.B. Autismus
Entwicklung der psychiatrischen Einschätzung
Therapie als Förderung der Entwicklung
Zahl bzw.
Schwere
der
Symptome
?
Schwere der Erkrankung ?
Barth 2013
Bäume und andere Pflanzen
haben in sich den
vollkommenen Bauplan
widrige Bedingungen machen
sie oft interessant
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Dualismus oder Physikalismus?
Körperliche (physikalische) Entwicklung und psychische
(psychosoziale, geistige) Entwicklung verlaufen nach
unterschiedlichen Gesetzen
Sie benötigen unterschiedliche Verstehensmodelle
Den Sprung von organischen Substraten zu geistigpsychischen Inhalten können wir nicht erklären
Die Wertkategorien für Ziele und Ergebnisse der
Entwicklung sind nicht festgelegt
Kinder haben einen
vollständigen körperlichen Bauplan aber
keinen fertigen sozialen oder emotionalen Bauplan.
Widrige Bedingungen können ihre Entwicklung verhindern.
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Grundzüge kindlicher Entwicklung
Die Entwicklung eines differenzierten emotionalen
Bewusstseins ist ein Entwicklungsprozess der von der
frühesten Kindheit bis ins Erwachsenenalter andauert
(mit entsprechender Reifung der präfrontalen Hirnrinde)
Die Integration von anspruchsvollen Aufgaben und
körperlichen Veränderungen ruft oft erhebliche
Spannungen hervor.
Unausgereifte oder verzögerte emotionale Entwicklung
behindert die Bewältigung affektiver Spannungen und
zugrunde liegender zwischenmenschlicher Konflikte.
Die Entwicklung zur Autonomie mit schmerzhaften
Ablösungsprozessen kann oft nur mit Hilfe von
aggressiver Abgrenzung vollzogen werden.
Warum hat Kindheit und Jugendzeit so
große Bedeutung?
Weitgehende körperliche und seelische Abhängigkeit von
Umwelt
Ungefilterte Wahrnehmung
Kind hat noch keinen eigenen Bezugsrahmen
Kind kann die Erfahrungen noch nicht verdauen
Kind ist der Umwelt ohne eigenen Wahrnehmungsschutz
ausgeliefert
Gehirn in besonders sensibler Entwicklungsphase
Unterschied wachsender Baum – Kind
Baum wächst ohne Beeinflussung zu vollkommener Form
Kindesentwicklung bricht ohne Beeinflussung ab:
Ohne Pflege und Erziehung folgt psychische
Desorganisation und Auflösung
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Patientin: Sali 16 Jahre
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Patientin: Sali 16 Jahre
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Patientin: Sali 16 Jahre
tiefe Beziehungsunsicherheit
Patientin: Sali 16 Jahre
Angst vor Nähe beim
Therapeuten sollte
überwunden werden
Angst um Eltern
Vertrauen in
Therapeutin
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Patientin: Sali 16 Jahre
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Patientin: Sali 16 Jahre
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Was will Therapie erreichen?
unterscheidet sich nicht grundsätzlich von Zielen
pädagogischer Arbeit mit Kindern
hängt aber von therapeutischer Schule, Werthaltungen
von Therapeuten und Patienten und dem
Verständnis für Entwicklungsgedanken ab
reine Symptomreduzierung oder …
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Entwicklungspsychologie
Piagets Stufen kognitiver Entwicklung
Man kann den Schwerpunkt auf die Entwicklung der
einzelnen Bereiche legen
Stufe
Oder kann vor allem bestimmte Lebensspannen im
Auge haben
Sensomotorisch Geburt –
2 Jahre
Denken und körperliche
Einwirkung auf Umwelt sind
nicht getrennt
Präoperational
Verwendung von Symbolen
Kontinuität oder Diskontinuität
zugrundeliegende Modelle
Psychoanalyse
behavioristisch/lerntheoretisch
Piaget
evolutionspsychologisch
Informationsverarbeitung
soziales bzw. ökologisches System
…
Barth 2013
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Konkret
operational
Formal
operational
Barth 2013
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Entwicklungszeitraum
2-7
Jahre
7-11
Jahre
11 Jahre
u. älter
Beschreibung
Prälogisch, Konstanz trotz
veränderter Escheinung, …
Abstraktion und formales
Denken
Freuds psychosexuelle Entwicklungsstufen
Psychosexuelle Stufe
Entwicklungs
-zeitraum
Oral
Geburt – Auf Mutterbrust oder Flasche
orientiert. Bei Mangel Fixierung auf
1 Jahr
Beschreibung
solche Objekte.
Anal
Phallisch
1-3
Jahre
Festhalten – Loslassen.
Sauberkeitserziehung. Aggression,
Zwanghaftigkeit, Unsauberkeit.
3-6
Jahre
Erste Genitale Stimulation. Ödipusund Elektrakomplex. Übernahme
nichtsexueller Wertvorstellungen des
gleichgeschlechtlichen Elternteils. Über-Ich.
Latenz
6-11
Jahre
Verdrängung sexueller Triebe.
Weitere Über-Ich-Entwicklung.
Genital
Adoleszenz
Partnerschaft.
Reife Sexualität.
Barth 2013
Theorie
Autor
Beschreibung
Integration von
Objekt und Ich
Klein
Paranoid-schizoide Position
Depressive Position
Übergangsobjekt
Winnicott
Ermöglicht Ausgang aus
Symbiose und Trennung
Selbstpsychologie
Kohut
Unterstützung durch reale
Selbstobjekte notwendig
Objektumwandlung
Balint
Umwandlung destruktiver
Energie in gute Objekte
Barth 2013
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Eriksons Phasen der psychosozialen
Entwicklung und psychosexuelen Phasen
Psychosoziale Phase
Objektbeziehungstheorien
Entwicklungszeitraum
Urvertrauen – Misstrauen Geburt –
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Religiöse und ethische Entwicklung
Beschreibung
Entwicklung von Vertrauen und
Sicherheit
Seit alters her Thema: z.B. Platon, Aristoteles, …
1-3 Jahre
Entscheidungsraum ohne Zwang oder
Beschämung
an Piagets Stufen angelehnt
Initiative – Schuld
(phallisch)
3-6 Jahre
Ehrgeiz und Verantwortung. Cave zu
hohe Selbstkontrolle
Fleiß – Minderwertigkeit
(Latenz)
6-11 Jahre
Arbeits- und Kooperationsfähigkeit
Identität – Rollendiffusion (genital)
Adoleszenz
Selbstgewählte Wertvorstellungen und
berufliche Perspektiven
Identität - Isolierung
Frühes
Erwachsenenalter
Enge intime Beziehungen
Generativität - Stagnation
Mittleres
Erwachsenenalter
Investieren in folgende Generation
Ich-Integration Verzweiflung
Alter
Wert eigenes Lebens
(oral)
1 Jahr
Autonomie – Scham und
Selbstzweifel (anal)
Barth 2013
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Entwicklungskonzepte religiöser und moralischer
Entwicklung
emotionale Entwicklung lange vernachlässigte
Frage
heute Boom der „Intuition“ bzw. der
„emotionalen Intelligenz“
dennoch seltene Frage nach den Bedingungen
der natürlichen emotionalen Entwicklung
bewusste und unbewusste Emotionen sind von
hoher Bedeutung für unser Denken und
Handeln (Damasio, Freud …)
Barth 2013
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Markus Wrobel, Florian Ermann, 2004
Levels of emotional awareness
Stufen der Gefühlswahrnehmung
Barth 2013
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Notwendige Voraussetzung
Geborgenheit und Einfühlungsvermögen
Notwendige Getrenntheit
(sonst fehlt Verarbeitung des Gegenüber und
Entwicklung einer eigenen Gefühlswahrnehmung)
Fehlen von bewußten Gefühlen
oder nur körperliches Fühlen
Allgemeine Gefühle
und Wahrnehmen von Handeln
Fähigkeit des Gegenüber zu Gefühlserleben
Gefühle von nur einer Qualität
Fähigkeit des Gegenüber, Gefühle auszuhalten
Verschiedenartige Gefühle bei sich selbst
Verschiedenartige Gefühle bei sich und anderen
= Psychische Geburt des Menschen (Mahler)
Die wichtige Rolle des Vaters (3. Person) liegt in der
Unterstützung der Mutter (primäre Bezugsperson)
und in der Einführung der Getrenntheit
(Triangulierung)
Barth 2013
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Barth 2013
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Gefühle bestehen aus
Körperlicher Reaktion
Mimischem Ausdruck
Was sind Gefühle und Emotionen?
bewusste und unbewusste Emotionen?
Subjektivem Befinden
objektgerichtete Emotionen und unspezifische affektive
Erregung
Selbstwahrnehmung
Emotionen beinhalten
Gedanklicher Symbolisierung
Erlebensaspekt
physiologischer Aspekt
Verhaltensaspekt
Handlungsbereitschaft
Begriffe:
Barth 2013
Stimmung
Affekt
Emotion
Gefühl
Ausdrucksaspekt
Handlungsaspekt
geben Informationen über die soziale Situation
(“Sozialer Sinn“)
Fördern die Speicherung im Kurzzeitgedächtnis
Barth 2013
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Warum sind Gefühle, Emotionen, Affekte wichtig
Gefühle bilden für den Menschen
die Grundlage eines inneren Erlebens
die fundamentale Ausdrucksmöglichkeit
die Möglichkeit des Erlebens anderer
die wesentliche Entscheidungsgrundlage
Gefühle
sind unser sozialer Sinn
also
Gefühle sind die Grundlage aller
Selbstwahrnehmung
Kommunikation
Entscheidung und Handlung
Ich-Entwicklung
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Interpersonelle Funktion
Emotionen - Gefühle
Gefühle sind die wichtigste Informationsquelle um
etwas über den anderen erfahren zu können:
Gefühlsäußerungen sind
nur die Spitze des Eisbergs
ich nehme die Gefühle des anderen wahr und interpretiere sie
die Gefühle des anderen schlagen sich auf meine Gefühle
nieder und ich kann sie darin wahrnehmen und interpretieren
diese Vorgänge sind häufig nicht bewusst
nicht bewusste Emotionen
spielen in allem unserem
Denken und Handeln eine
große und oft
entscheidende Rolle
Barth 2013
Barth 2013
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50
Hierarchie des Denkens und Fühlens
Kind
Erwachsene
Bewusstsein
Höhere Denkprozesse
Bewußtsein:
Semantischer Gehalt der Sprache
bewusste Symbolik
Bewusstsein
Gefühle
Vorbewusstes
Nicht bewußt:
Vorbewusstes
Emotionen
Unbewusstes
Komplexe
Reaktionsmuster
Sekundäre Emotionen
primäre Emotionen
Hintergrundemotionen
(Stoffwechsel,
basale Lebensregulation Reaktionsmuster
Reflexe, … = biologische Grundlage
von Emotionen)
Damasio:
Der Großteil der Kommunikation ist nicht bewusst!
51
Sensorische Muster
signalisieren Schmerz, Lust,
Emotionen
– werden zu Vorstellungen
Einfache stereotypisierte
Unbewusstes
Nicht bewusste Symbolik
nicht bewusster semantischer Gehalt
Konnotationen
Fehler
scheinbar bedeutungslose Alltäglichkeiten
Barth 2013
Komplexe individuell
zugeschnittene Vorstellungen
„Ich fühle also bin ich“
Barth 2013
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Auswirkungen des Denkens und Fühlens
Gefühle sind angeboren und gelernt
bestimmte Grundemotionen sind angeboren
Wenig Einfluß auf Befinden,
Handeln und sichtbare
Symptome
leicht zugänglich:
•Selbstbeschreibung
•Exploration
hohes Maß
an
Objektivität
•Fragebogen
die meisten Gefühle sind in ihrer Qualität und Quantität
erlernt
schwer zugänglich:
Starker Einfluß auf
Befinden, Handeln
und sichtbare
Symptome
•Interpretation
subjektiv
•projektive Tests
geringe
Objektivität
•Langdauernde
psychoanalytische
Arbeit
Barth 2013
Körperliche
Auswirkungen
Objektive Marker
der Subjektivität
Ausdruck in Mimik,
Gestik, Stimmung, …
Grundlegende
soziale
Kommunikation
Barth 2013
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Mentalisierung
Kind
Entwicklung von Denken und
Verstehen
bewusst:
symbolische Repräsentanz:
„Gefühle“ - Sprache
unbewusst:
undifferenzierte Affekte
quälende Beunruhigung
Barth 2013
55
der Zeitpunkt des Erlernens von Gefühlen hängt vom
Alter und von den Umgebungsbedingungen ab
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Wege des Verstehens
Gegenüber
Wahrnehmen:
Sprache
Aussage
Stimme, Sprachfluß
Mimik
Gestik
Handeln
Kreative Ausdrucksformen
Körperliche Reaktionen (z.B. Einnässen)
Verarbeitung im Denken und
Fühlen
Aufnahme der quälenden
Beunruhigunng
Eigene Gefühle
Eigene Reaktionen
Barth 2013
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Wege des Verstehens
Umgang mit Gefühlen
Interpretation:
Unmittelbare Reaktion innerhalb von
Sekunden ist die wirkungsvollste
= Erkennen bzw. Anerkennen von
Bedeutung
Reaktionen dürfen bei normalen Gefühlen
reflexartig erfolgen
„Nachfühlen“
Differenzieren von Gefühlen
Reaktionen sollten bei exzessiven Gefühlen
bedacht sein
Gefühlserleben dem anderen zuschreiben
Barth 2013
Verbinden der Gefühle mit Situationen
zuerst gedankliches Verdauen
erkennbare Reaktion auf die wahrgenommen
Gefühle
und dann Reaktion
(sonst droht Teufelskreis)
Barth 2013
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Umgang mit Gefühlen
Unterscheidung ob adäquate oder übertriebene
Gefühle
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Organisationsprinzip cortical / subcortical
Hirnentwicklung: Immer mehr cortikale Kontrolle
über die Amygdala und andere subcortikale
Zentren des „emotional processing“
adäquate Gefühle bestärken
übertriebene Gefühle einschränken
Gilt für alle Gefühlsqualitäten
Amygdalaaktivität steigt, wenn cortikale
Kontrolle fehlt
 Balance ist gestört (Regression ?)
 „Kleines Kind ist wieder da“ (G. Roth)
Barth 2013
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Barth 2013
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Herz als Teil der emotionalen Entwicklung
Verschiedene Organisationsstufen mentaler Tätigkeit
tiefgreifende überdauernde affektive Zustände: z.B.
Amygdala, limbisches System
Entwickelte
aushaltende
differenzierte
Gefühle und
kontrollierendes
Denken
teils bewusste differenzierte cortikale Gefühle:
präfrontaler Kortex
Präfrontaler Cortex reift bis ins junge
Erwachsenenalter
(Präfontale Hirnrinde)
Hemmung von Amygdala und limbischem System
durch präfrontalen Cortex
Drängende basale
Gefühle
(limbisches System)
Hüther 2003
Hüther 2004
Präfrontale Entwicklungsrückstände bedeuten eine ungenügende
Dämpfung und ein Ausgeliefertsein an tiefe innere Beunruhigung und
führen zu affektiven Durchbrüchen.
Barth 2013
61
61
16,11 Jahre alter männlicher Patient mit
Störung des Sozialverhaltens (Delinquenz),
keine Medikamente
16,0 Jahre alter männlicher Patient mit
schizophrener Psychose
unter Medikation mit Taxilan
8,4 Jahre alter männlicher Patient mit
ADHD,
keine Medikamente
Steuerung des Herzens u.a. aus limbischem
System aber auch direkt aus dem präfrontalen
Cortex
Herzfrequenzvariabilität korreliert mit emotionaler Reagibilität
und Copingfähigkeiten (?)
Barth 2013
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Sitz der Beziehung im Herzen?
„Man sieht nur mit dem Herzen
gut. Das Wesentliche ist für die
Augen unsichtbar.“
Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944)
(Werk: Der Kleine Prinz)
„Logik des Herzens“
Sehr regelmäßiges EKG.
Völlig regelmäßiges EKG.
Sehr unregelmäßiges EKG.
Geringe Differenzen der R-R-Strecken.
Wenig periodische Schwankungen der
Herzfrequenz. Lediglich deutliche low-frequency
Komponente (grün).
Wenig Streuung im Poincaré-Plot.
Kaum Differenzen der R-R-Strecken.
Kaum periodische Schwankungen der
Herzfrequenz.
Minimale Streuung im Poincaré-Plot.
Große Differenzen der R-R-Strecken.
Große periodische Schwankungen der
Herzfrequenz, vor allem der high-frequency
Komponente.
Sehr ausgeprägte Streuung im Poincaré-Plot.
hoher sympathischer Tonus
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Barth 2013
Blockierung des Parasympathikus,
kein erhöhter sympathischer Tonus
hoher parasympathischer Tonus
Blaise Pascal (1623-1662)
(Werk: Pensées
Barth 2013
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Reagibilität auf Stress / Belastungen
Stress
Persönliche Faktoren
z.B. Resilienz, Coping
beeinflusst durch aktuelle
Beziehungen zu den Eltern
frühe Beziehungserfahrungen,
lebenslange Reagibilität auf Stress
Bindung,
Regulationsstörungen …
UmgebungsFaktoren
z.B. Vorbilder,
Belastungen,
Traumatisierung
Barth 2013
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Akuter und kontrollierbarer Streß
fördert Synaptogenese
und adaptives Verhalten
psychische
Störungen
Beziehungsstörungen
Chronischer und unkontrollierbarer Streß
Synapsenauflösung
Substanzmissbrauch
Transmitter-Depot-Entleerung
Altersabbau
Schrumpfung des Hippocampus (u.a. Zelltod)
Barth 2013
66
Barth 2013
68
Andreas Bourani: Nur in meinem Kopf
Barth 2013
67
Also brauchen Jugendliche
Umgang mit Jugendlichen
Berk 2005
Ersatz fehlender Selbstkontrolle durch z.B. Eltern
Persönliche Kontakte zur emotionalen Differenzierung des
Frontalhirns
Ermutigung zum Lernen:
Bessere Lernen durch Belohnung als durch Bestrafung
„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“
Barth 2013
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Triangulierung
Barth 2013
Regeln
Beziehung
Konsequenzen
Wertschätzung
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überforderte Emotionsregulation
in Kindheit und Jugend
Frühe Mutter-Kind-Einheit (bzw. primäre Bezugsperson und Kind)
reaktive Bindungsstörung
Schlafstörungen (F51)
Dritte Person bleibt immer ausgeschlossen
Vater (zweite Bezugsperson) kommt dazu und läßt sich nicht
ausschließen
emotionale Störung des Kindesalters (F93, F3)
wirkt sich aus als
ADHS (F90)
Störung der Emotionen und des Sozialverhaltens
(F92)
Impulskontrollstörung (F63)
tritt in Beziehung zum Kind
Borderline (F60.3)
ist in Beziehung zur Mutter
Anorexie (F50)
Trennung des Kindes von der Mutter fördert
psychosomatische Störungen (F45)
Sprachentwicklung
Belastungsstörung, dissoziative Störung, Zwang,
… (F4)
Denken / Symbolisierung
Störungen des Verhaltens, sozialer Funktionen,
Tics, …(F94, F95, F98)
Trennung ist kein tödlicher Verlust
Asperger / Autismus (F84)
…
Dreierbeziehung wird möglich
Barth 2013
71
psychische Störungen im Wochenbett (F53)
Barth 2013
72
Entwicklungspsychologische Grundtatsachen
Situation der Kinder und Jugendlichen
Herausforderungen
Psychopathologie benötigt
Anfälligkeit
und
belastete Entwicklungsbedingungen
Produktive und gesunde Entwicklung:
Steigende Kompetenzen
Aggressionen
Mobbing
Gewalt
virtuell und real
wachsen in sehr komplexe Welt hinein
Autonomieentwicklung
häufig verunsicherte Eltern
Soziale Integration
kaum allgemein gültige Orientierungshilfen
zentrale Werte sind Profit, Leistung, Konkurrenz
aber auch gedankenloser Konsum etc. von Eltern …
Barth 2013
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Barth 2013
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Barth 2013
75
Barth 2013
76
Entwicklungslinien der Adoleszenzentwicklung
Entwicklungsaufgaben
des Adoleszenzalters
Körperliche Entwicklung – Veränderung des
Körperschemas
Problem der körperlichen Akzeleration und psychosozialen
Retardierung
Formaloperationales statt konkret anschauliches
Denken
Veränderung bisheriger Orientierungssysteme
Selbstreflexion
Zunehmende Kritikfähigkeit
Identität
Identifikation
Selbstwert
Individualität
Intimität
Selbstbehauptung
Neue Rollen des Erwachsenenalters
Übernahme von Verantwortlichkeit
Weichenstellung
Barth 2013
Barth 2013
77
Entwicklungsaufgaben und Krisen
des Adoleszenzalters
78
Aufgaben der Adoleszenz
1. Ablösung
Identität
Identitätskrisen
Depersonalisation
Identifikation
Rollenkonfusion
Selbstwert
Narzißtische Krisen
Individualität
Ablösungskrisen
Intimität
Selbstbehauptung
zwischen Individualitätsentwicklung,
sozialen Verpflichtungen
Objektverlusten mit Trauer
Rückhalt in idealisierten Gefühlen oder Beziehungen
Beziehungskrisen
Rivalitätskrisen
Autoritätskrisen
2. Umformung des Körperbildes
Erwachen der Sexualität
Wachstumsschub und Kraftzunahme
Versuch und Zusammenbruch der Abwehr (Askese, Sport, Nahrungsverweigerung,
Fressen)
Hypochondrie
3. eigene Wertesetzung
eigene Normen statt elterlicher Gebote
4. Änderung der Beziehungen zu den Gleichaltrigen
außerfamiliäre Beziehungen bekommen mehr Gewicht
Elternbeziehungen verlieren an Wichtigkeit
5. sozioökonomischer Status als Erwachsener
in vielen Kulturen durch Rituale vollzogen
bei uns Rituale von der tatsächlichen sozioökonomischen Unabhängigkeit getrennt
(z.B. durch lange Ausbildung, Studium, ...)
Barth 2013
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Barth 2013
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Adoleszenz als physiologische Krisensituation
Risikoentwicklungen in der Adoleszenz
Autoritätskrise
Schul- und Arbeitsverweigerung
Weglaufen
demonstrativ:
-
um gesucht und gefunden zu werden
Gefühl des um sich Kümmerns, Heimweh
internalisierende Störungen
Depression
Ess-Störungen
Suizidalität
Selbstverletzungen
Ausweichen vor belastender unerträglicher Situation
expansives Ausleben, Lust zu Streunen
Affektkrise
aggressive Erregungszustände
ängstliche Erregungszustände
Dissozialität
Normenkonflikte
bis hin zu eruptiver Gewalt
Verwahrlosung
kriminelle Handlungen
externalisierende Störungen
Störung des Sozialverhaltens
Delinqunez
Drogen
Suizidversuch
häufiger bei Mädchen
vollendeter Sucid bei Knaben häufiger
Identitätskrise
depressive Verstimmungen
psychogene Anfälle (z.B. Stupor)
Entfremdungserlebnisse
Depersonalisation
Derealisation
Gemischte Störungen
Rauchen, Alkohol, Drogen, Risikoverhalten
Störungen der psychosexuellen Entwicklung (z.B. Perversionen)
Inzest, sexueller Mißbrauch, sexuelle Gewalterfahrung
Barth 2013
Barth 2013
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Psychopathologie der Adoleszenz
Es können alle Symptomatiken wie im
Erwachsenenalter auftreten (ab 10 bis 12
Jahren)
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Einige häufige unzweckmäßige
Bewältigungsversuche
Unkontrollierbares
Schicksal
Kontrollversuche
Es können noch kindliche Bilder auftreten
(z.B. körperbezogen)
Deutlicher in den Vordergrund treten
Selbstverletzung
Substanzmißbrauch
Suizidalität
Klassische psychiatrische Bilder (Schizophrenie,
Depression, …)
Barth 2013
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Rückzug (depressiv, autistisch, …)
Selbstverletzungen, Suizid
Manische Aktivität
Zwänge
Nahrungskontrolle
Dissozial (Lügen, Diebstahl, …)
Alkohol und Drogen
Unruhe (Hyperaktivität)
Leistungsfixierung
Paranoider Familienzusammenhalt
Barth 2013
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12 Jahre, psychosenahe Impulsdurchbrüche
Familie: Familienzusammenhalt bei paranoid
erlebter Umwelt
Keine Kritik an
bedrohlichen Eltern
möglich.
Risikoverhaltensweisen in der Adoleszenz
Alkohol- und Drogeneinnahme
Delinquenz
Abnahme der Leistungsmotivation
Keine Annahme von
Hilfe möglich.
Aggressive Interaktionen
Rückzug, Kontaktabbruch
Änderung von Lebensstil und Lebensrhythmus
Verschränkung mit psychopathologischen
Symptomen
Barth 2013
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Coping
Barth 2013
86
Psychische Symptome
bei Kindern und Jugendlichen
Wie kann der einzelne Jugendliche mit Belastungen
umgehen?
Internalisierend
Externalisierend
Hängt ab u.a. von seinem Selbstwert und seiner tiefen
Emotionalität
Entwicklungsrückstände
bei Mädchen
bei Jungen
Barth 2013
87
Barth 2013
88
Essstörungen: geschlechtsspezifisch
Psychische Symptome (bzw. Diagnosen)
bei Kindern und Jugendlichen
Altersentwicklung der Essstörungen geschlechtsabhängig
Mädchen
Internalisierend
Jungen
Anorexie
Depression
Selbstverletzungen
Suizidales Verhalten
Somatoforme Störungen
Zwang
Borderline
Hysterie
Externalisierend
Barth 2013
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Suizid
ADHD
Sozialverhaltensstörung
Der Vergleich mit den anderen
Vergleich mit anderen führt zu Unzufriedenheit mit dem
Aussehen
Sowohl Mädchen als auch Jungen vergleichen sich
Jungen möchten genau so gut aussehen wie die
attraktiven anderen
Barth 2013
Die Welt im Kopf entscheidet
nicht das tatsächliche Gewicht, sondern die Vorstellung,
übergewichtig zu sein bewirkt die Vulnerabilität für
Essstörungen
negatives Körperbild korreliert mit niedrigerem Selbstwert
und weniger empfundene Akzeptanz durch Gleichaltrige
Mädchen haben im Vergleich zu Jungen
den größeren Druck des Vergleichens mit peers
und der Gewichtsregulation,
eine höhere körperliche Unzufriedenheit,
eine höhere Internalisierung soziokultureller Einstellungen und
vermehrtes gestörtes Essverhalten
Mädchen wollen besser aussehen als attraktive Peers
Selbstwert und Selbstkonzept hängen bei Mädchen
enger mit der selbst eingeschätzten körperlichen
Attraktivität zusammen als bei Jungen
Barth 2013
91
90
diese Einstellungen bleiben im Alterbereich 11-16 Jahre
konstant
Barth 2013
92
psychosoziale Einflussfaktoren
„männliche“ Sozialisation
Mädchen:
Schönheitsideal überwiegend asketisch
Bis zur weiterführenden Schule Dominanz
weiblicher Betreuung
Aufgabenvielfalt für die erwachsene Frau
 bedeutet nicht automatisch Einschränkung
der Aktivität und Entfaltung von Jungen!
biologische Veränderungen
o Schule stellt jedoch stark „weibliche“
Anforderungen
Jungen:
sportlich – athletischer Körperbau
o in den ersten 10 Lebensjahren haben es die
affektive Entlastung über Aktivität
aktiven Jungen schwer („ADHS“)
o danach werden die ruhigen Jungen den
„männlichen“ Anforderungen nicht gerecht.
(z.B. Anorexie)
Barth 2013
Barth 2013
93
Unterschiedliche Ideale
Aggressives Verhalten
♀
♂
Körper
„nicht passend“
„nicht passend“
Körperideal
Schönheit,
Schlanksein,
Gewichtsverlust
Athletisch
muskulös
Gewichtsveränderug
abnehmen
zunehmen
>
abnehmen
Nahrungsrestriktion
„Lebenshaltung“
bei Übergewicht
abnehmen
Fettreduktion
zunehmen
Muskelaufbau
Sport
Barth 2013
95
94
Aggressives Verhalten lässt sich in
physische Aggression (schlagen, beißen, stoßen),
verbale Aggression (schimpfen, Gerüchte verbreiten,
lästern) oder in
Rückzug (schmollen) unterteilen.
Aggressive Handlungen haben meist die Intention,
andere zu schädigen oder manipulieren zu wollen.
Werden andere aus Versehen geschädigt, da das Kind
so unruhig ist und sich selbst schwer kontrollieren kann,
geht man eher von einer Hyperaktivität aus. Schon früh
kann sich die Disposition zu aggressivem Verhalten
zeigen.
Barth 2013
96
Typen von aggressivem Verhalten
Fremdaggression oder
Selbstaggression
Fremdaggression:
instrumentell – dissozial
impulsiv – feindselig
ängstlich – depressiv
Barth 2013
Barth 2013
97
Suizide von Kindern und Jugendlichen
98
Geschlechtsverteilung von Suiziden und
Suizidversuchen
Suizidversuch - Mädchen:
„Jeder Suizid eines Kindes oder eines
Jugendlichen ist ein missglückter Suizidversuch“
Gerd Biermann
Interpretationsmöglichkeiten:
appellativer Charakter von Suizidversuchen
konkretistisches Handeln aus Symbolisierungsschwäche ohne
definitive Todesabsicht
hohes Risiko auch offensichtlich appellativer Suizidversuche
Verstehen der insuffizienten Sprache als Prophylaxe des Suizid
Barth 2013
99
Symbolisierungsversuch mit zweifelhaften Mitteln
Mädchen ist die Symbolisierung zugänglicher auch bei noch
mangelhafter Integration der differenzierten Gefühle
(einschließlich Scham und Schuld)
typisch internalisierende Lösung (zumindest scheinbar)
Suizid - Jungen:
Zusammenbruch aller Symbolisierung
liegt Jungs mit ihrem schwächeren Zugang zu Emotionen
näher
Suizid typisch externalisierend?
hormonell bedingte heftigere Aktivität?
Barth 2013 100
Formen von Selbstverletzendem Verhalten
Selbstverletzungen sind weit verbreitet
Selbstverletzendes Verhalten
Es gibt eine „Szene“, in der eine Mode / ein Kult des
Selbstverletzenden Verhaltens gepflegt wird:
Jugendliche mit relativ typischen Formen der Selbstverletzung
Offene Selbstbeschädigung
z.B. psychiatrische Erkrankungen
Können sich gegenseitig anstecken
z.B. Geistige Behinderung
Sind im Internet vernetzt
Heimliche Selbstbeschädigung
Stellen nur einen Ausschnitt des Spektrums dar
z.B. Handgelenke und Unterarme
nicht voreilig aus dem Symptom auf die Befindlichkeit / Situation
schließen
z.B. Haare ausreißen
Vorgetäuschte Erkrankung
z.B. Krankheitsgewinn
z.B. Ausweichen aus Haftbedingungen
„zufällige“ Selbstverletzungen
z.B. Extremsportarten
z.B. gefährlicher Fahrstil
Barth 2013 101
Barth 2012 102
102
Selbstverletzendes Verhalten
Internetseiten
Von was reden wir?
Synonyme:
Selbstdestruktion
Selbstbestrafung
Autoaggression
Automutilation
Selbstverstümmelung
Masochistisches Verhalten
dermatitis fatitia
Para-Artefakte
Selbstbeschreibung
SVV = selbstverletzendes
Verhalten
Ritzen,
Cutten,
Schneiden,
Schnibbeln
…
engl.:
self-injury, SI, self-harm, self-mutilation, automutilation, self-inflicted violence
Barth 2013 103
Barth 2012 104
Authentisch?
Subkulturen im Internet
Essstörungen (pro ana, …)
Selbstaggressionen
Es gibt eine „Szene“, in der eine Mode /
ein Kult des Selbstverletzenden
Verhaltens gepflegt wird:
Jugendliche mit relativ typischen
Formen der Selbstverletzung
Können sich gegenseitig anstecken
Sind im Internet vernetzt
Suizidverabredungen
Drogenbeschaffung
…
Barth 2013 105
Barth 2013 106
Risiken in Chats / sozialen Netzwerken
Skalen zum Erleben von Emotionen
SEE-Auswertung
Verabredung pathologischer Inhalte (Suizidalität,
Magersucht, Selbstverletzungen etc.)
Beschimpfungen und Beleidigungen
Sexuelle Belästigung bis zur Anbahnung eines
Missbrauchs
Anfrage nach Bildern oder anderem
Übergriffe per Mail, Telefon oder Handy
Übergriffe über Instant Messenger
in chats besteht meisten eine Moderation = Überwachung
in instant messenger kann der direkte Kontakt nicht überwacht
werden
Barth 2013 107
Barth 2013 108
Beziehungen und Internet
?
Digitale Demenz: Wie wir uns und
unsere Kinder um den Verstand
bringen!
Bisher keine digital demente Patienten
Barth 2013 109
Was ist besser?
Bei Jugendlichen überwiegend
getrennte Welten
Barth 2013 110
Beispiele für Techniken zur
Bewältigung der Adoleszenzaufgaben
Jugendsprache
Schaffung neuer sozialer Zusammenhänge
z.T. mit Benutzung provozierender Ausdrücke als Bestandteile der
Jugendsprache
politisches und religiöses Engagement
sofern nicht auf Ausgrenzung beruhend
berufliche Zielstrebigkeit und Leistungsorientierung
Unabhängigkeit von bisheriger Versorgung durch eigene Leistung
ohne Leistungsfixierung
sportliches Training
erreichbare Zielsetzungen und Erfolge
Körpergefühl
kreative Betätigung
eigene Identitätsfindung
soziale Anerkennung
Subkulturen und Rückzugswelten
Anerkennung und sozialer Kontakt
Barth 2013
111
Sanders et al in Spitzer 2000
Barth 2013 112
Wie geschieht Containment
wahrnehmen: z.B. Angst spüren
nicht verleugnen, darauf
eingehen
Probleme für die Eltern und Umgebung
Kränkung
Trauer
nicht zerbrechen
Ausstoßungsreaktionen
sich selbst containen lassen
Angst vor Verwahrlosung
(aber nicht vom Kind!)
Letzte Gelegenheit zum Eingreifen
verdauen
dosiert zurückgeben
Problem: kann nicht angelernt werden,
muß selbst entwickelt werden!
Barth 2013 113
Barth 2013 114
Resilienz = Widerstandsfähigkeit
Förderung der adoleszenten Entwicklung
Echte und verläßliche Beziehung
Keine “antlitzlose Fürsorge“ (M.Buber)
Ermöglichen aller Gefühlszustände
Bereitschaft auch zu heftigen Gefühlen
Verstehen und Aushalten des Jugendlichen
Hilfegebende Grenzen nicht vorenthalten
Raum zur Selbsterprobung eröffnen
Getrenntheit aushalten und ermöglichen
Stabile Vorbildfunktion und Sinnangebote
Kontinuierliche Wertschätzung
Barth 2013 115
Protektive Faktoren
Elterliche Kontrolle, die vor schädlichen Umgebungseinflüssen
schützt
Soziale Netzwerke (auch subkulturelle)
Religiöse Eingebundenheit und Glauben
Gute zwischenmenschliche Bewusstheit, Empathiefähigkeit und
Gefühl für Humor
Sichere Bindung an die Mutter in den ersten 2 Lebensjahren
Positive eigene Einstellung der Erwachsenen zur Familie und
Fähigkeit zur Selbstreflexion
Funktionalität der Familie im Sinne der Modulation von
Verhaltensauffälligkeiten der Kinder
Funktionale (d.h. auch interkulturelle) Peergroup-Beziehungen
Barth 2013 116
gesellschaftliche Dimension
Adoleszenz und Bindung
Druck auf Eltern hoch
Sichere Bindung:
von Kindern geforderte Bewältigungskompetenz hoch
genügend Freiraum für die körperliche und emotionale
Versorgung und Erziehung von Kindern
politische Dimension
psychische Dimension: schwierige Distanzierung zu häufig
internalisiertem Leistungsdruck
nicht als Kritik an der Politik sondern als Aufgabe
Lösungen nicht einfach
Ärzte und Pädagogen sind nicht automatisch bessere Politiker
Barth 2013 117
Mehr Autonomie
Mehr Verbundenheit
Offenerer nonverbaler Gefühlsausdruck
Mehr der Mutter zugewandt
Expressiverer Gesichtsausdruck
Gelungenere Anpassung
Bessere Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
Flexible realistische Bewertung von Situationen
Stabiles Freundschaftsnetz mit regelmäßigen Kontakten
Erleben von Akzeptanz und Wohlbefinden
Angemessene Handlungsaktivierung
Kohärenz und Integration
Barth 2013 118
Adoleszenz und Bindung
Coping = Bewältigung
Unsichere Bindung:
Bewältigungsstrategien bei
sicherer Bindung:
Rigide, schematische oder widersprüchliche
Bewertungen
Wechsel zwischen Emotionslosigkeit und
intensivem negativem Gefühl
Ängstlicher und feindseliger
Geringe Aktiviertheit mit unflexibler
Handlungsweise
Vermeidende und problemleugnende
Bewältigungsstrategien
Starke Aktiviertheit ohne Realitätsorientierung
Inkohärente Bewertung
Ungenügende Integration
Barth 2013 119
Selbstöffnung
Resilienz
Kohärenz psychobiologischer Faktoren
Ich-Flexibilität
Flexibilität der Verhaltensstrategien
Suche nach sozialer Unterstützung
Zufriedenheit mit sozialer Unterstützung
Barth 2013 120
Coping = Bewältigung
Mißglückte Adoleszenzentwicklung
Bewältigungsstrategien bei
sicherer Bindung:
ambivalenter / vermeidender Bindung:
Verbleiben in regressiver Abhängigkeit
Selbstöffnung
• Aufmerksamkeitszuwendung
Aggresionsbereitschaft
• Repressive Defensivität
dissoziale Entwicklung
• Defensiv gegen Angst
Regression in Abhängigkeit von Substanzen
• Hohe Bedrohungseinschätzung
Leistungsfixierung
Resilienz
Kohärenz
psychobiologisch
er Faktoren
Ich-Flexibilität
Flexibilität der
Verhaltensstrate
gien
• z.T. hohe Bedrohungskontrolle
Suche nach sozialer
Unterstützung
• Emotionale Reaktionen
Zufriedenheit mit
sozialer
Unterstützung
• Vigilanz und kognitive Vermeidung
• Vermeidende Reaktionen
„Hypernormalität“
Selbstverletzendes Verhalten
Suicidalität
• Selbstkritik und Selbstbeschuldigung
Barth 2013 121
Barth 2013 122
Mißglückte Adoleszenzentwicklung I
Verbleiben in regressiver Abhängigkeit
Regression in psychische Erkrankung
depressiv
unbewußte Wendung gegen die eigene Person
psychotisch
Abwehr der Realität, Aufbau eigener Realitäten
zwanghaft
Aufbau stützender Strukturen
ängstlich und phobisch
tiefe innere Konflikte lösen Panik aus, können durch Vermeidungsverhalten
ausgehalten werden
eßgestört
orale Gier mit Freßanfällen oder
Beherrschung der Gier durch Nahrungsverweigerung
expansiv
Ausleben eigenes Verletztseins
Provokation von Reaktionen = Gehaltensein
autoaggressiv
(z.B. Hautritzen, Anorexie, ..)
Mißglückte Adoleszenzentwicklung II
Aggressionsbereitschaft
eigenes Verletztsein wird nach außen projiziert in ein Angegriffenwerden, gegen das man sich
verteidigen kann
Identifikation mit dem Angreifer: das Angegriffenwerden wird durch eigene Aggression provoziert,
die dem Angegriffenwerden zuvorkommen muß. Es besteht ein dauerndes Bedrohungsgefühl,
das nur durch real erfahrende Verletzung Entlastung erfährt.
dissoziale Entwicklung
regressive Verweigerung der Anforderungen
Regression in Abhängigkeit von Substanzen
Probierer: Dazugehörenwollen
bei sozialer Ausgrenzung Anerkennung unter anderen Abhängigen
Flucht aus unerträglicher Realität in drogeninduzierten Zustand
Leistungsfixierung
(z.B. bei Anorexie)
„Hypernormalität“
Verteidigung ausgrenzender starrer Normen
z.B. ausländerfeindliche Parolen und Ideologien
(wenn verbunden mit unbewußter Identifikation mit den Eltern oder Großeltern  regressive
Lösung des Adoleszenzproblems)
humanistische und religiöse Ideale, die vorübergehend zur Abwehr innerseelischer Konflikte
benutzt werden
Selbstverletzendes Verhalten
Suicidalität
Barth 2013 123
Barth 2013 124
Maßnahmen bei Krisensituationen in der
Adoleszenz
1. Einschätzung der aktuellen Situation
vor allem der familiären Beziehungsdynamik
Stellung in der Gleichaltrigengruppe
Probleme der Partnerbeziehungen
äußere Zwänge (in Beziehungen, durch Drogen- und
andere Kriminalität)
2. Krisenintervention
Teil-Übernahme der Verantwortung durch den
„Krisenmanager“
Professionelle (psychiatrische) Hilfe
Maßnahmen bei Krisensituationen in
der Adoleszenz
1.
Einschätzung der aktuellen Situation
vor allem der familiären Beziehungsdynamik
Stellung in der Gleichaltrigengruppe
Probleme der Partnerbeziehungen
äußere Zwänge (in Beziehungen, durch Drogen- und andere Kriminalität)
2.
Krisenintervention
Teil-Übernahme der Verantwortung durch den „Krisenmanager“
Professionelle (psychiatrische) Hilfe
bei fraglicher oder sicherer Suicidalität
bei zerstörerischer Aggression
bei psychotischer oder anderer Dekompensation, die vom Umfeld nicht mehr mitgetragen werden kann
3. Frage chronischer psychischer und sozialer
Probleme
ggf. Hinführung zu psychotherapeutischer Behandlung, evtl.
Familientherapie, Hilfe durch Sozialarbeit
ggf. Fremdplazierung
dazu notwendig:
- Freiwilligkeit
- Kooperation zwischen Jugendamt, Jugendpsychiatrie und wenn möglich
- gute Übergabe an Sozialarbeiter, Therapeuten, Heim etc.
bei fraglicher oder sicherer Suicidalität
bei zerstörerischer Aggression
bei psychotischer oder anderer Dekompensation, die vom
Umfeld nicht mehr mitgetragen werden kann
Barth 2013 125
Zentrale Aufgabe der Adoleszenz
Probleme der Fremdplazierung:
Barth 2013 126
Loyalitätskonflikt der Jugendlichen
Entfernung aus der peer group
Versagensgefühlen
Konkurrenz Eltern - Helfer
gefährdeter Zusammenhalt der Eltern
Hinter der Symptomatik
Differenzierung der Symbolisierungsfähigkeit und
damit der Gefühlswahrnehmung
Gefühle sind unterschieden von affektiven Zuständen
Gefühle sind unser zentraler sozialer Sinn
Es gibt keine guten oder schlechten Gefühle
Gefühle sind verbunden mit Sprachlichkeit
Gefühle bestimmen unser Denken, Entscheiden und
Handeln
Gefühle wirken sich massiv auf unser körperliches
Befinden aus
Religion trägt zur Symbolisierungsfähigkeit bei
Barth 2013 127
-
Barth 2013 128
Eltern
Religiöse Sprache
Religiöse Sprache
Gefühlsdifferenzierung
Grundbefindlichkeit des
Menschen
Barth 2013 129
Religion
Nicht
mehr
Gut
und
Böse:
Barth 2013 130
Mißglückte Adoleszenzentwicklung
Verbleiben in regressiver Abhängigkeit
Aggresionsbereitschaft
dissoziale Entwicklung
Regression in Abhängigkeit von Substanzen
Leistungsfixierung
„Hypernormalität“
Selbstverletzendes Verhalten
Suicidalität
Barth 2013 131
Barth 2013 132
Hilfe zu belastbarer psychischer Entwicklung
Entwicklung einer eigenen Gefühlswelt:
Fähigkeit zu Angst, Trauer, ….
Möglichkeit des eigenen Lebens =
Getrenntheit möglich
also keine Vernachlässigung und
Risikoentwicklungen
Gefährdete Kompetenz- und Autonomieentwicklung
geht einher mit
Selbstablehnung und Selbstzerstörung
= internalisierende Problemverarbeitung
Gefährdete soziale Integration geht einher mit
Störung und Zerstörung der sozialen
Lebenszusammenhänge
= externalisierende Problemverarbeitung
keine Überbehütung
Barth 2013 133
Barth 2013 134
Förderung der adoleszenten Entwicklung
Echte und verläßliche Beziehung
Keine “antlitzlose Fürsorge“ (M.Buber)
Ermöglichen aller Gefühlszustände
Bereitschaft auch zu heftigen Gefühlen
Verstehen und Aushalten des Jugendlichen
Hilfegebende Grenzen nicht vorenthalten
Raum zur Selbsterprobung eröffnen
Getrenntheit aushalten und ermöglichen
Stabile Vorbildfunktion und Sinnangebote
Kontinuierliche Wertschätzung
Barth 2012 135
Barth 2013 136
Wie unterstützt man Kinder und Jugendliche
Beziehungsangebot
Möglichkeit, dass sich Kind ausdrücken kann (verbal,
spielerisch, malen, ...)
Kind soll sich ernstgenommen fühlen
Kinder und Jugendliche brauchen einen festen
Rahmen um neue sinnvolle Erinnerungen
aufzubauen
Kinder muß auch Getrenntheit, Unterschied
zugemutet bzw. gewährt werden
Emotionen des Kindes / Jugendlichen müssen
ausgehalten werden
Hüther 2004
Wiederholtes Gesprächsangebot ohne Bedrängen
Barth 2013 137
Barth 2012 138
Barth 2012 140
Barth 2012 141
Barth 2012 142
Kommunikationstraining
„Du hörst dir
nie an was
ich zu sagen
habe“
Kommunikationstraining
„Wenn ich mit dir
rede, habe ich das
Gefühl du hörst mir
nicht zu, dass macht
mich traurig“
„Du machst
mir nur
Vorwürfe“
Verbal, nonverbal
Tonfall
Übermittelte Nachricht (Inhalt)
Wortwahl, Aufforderung… (Form)
Verbal, nonverbal
Tonfall
Übermittelte Nachricht (Inhalt)
Wortwahl, Aufforderung… (Form)
Barth 2013 143
„Das habe ich
nicht gewusst,
wie können
wir dies
ändern?“
Barth 2013 144
Welches Spiel spielt man gerne?
Mein Apfelbäumchen: Lied „Zeugnistag“
Apfelbäumchen
tut es nicht gut,
zu früh Früchte
zu tragen.
Was erwarten wir
von unseren
Kindern und
Jugendlichen
heute?
Barth 2013 145
Barth 2013 146
unsere heutige Jugend …
… ist vielleicht die beste, die wir je hatten
JIM-Studie 2012
(Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest)
Tel. Befragung 1201 Jugendlicher von 12 bis 19 Jahre in der BRD
die Schlagzeilen geben ein falsches Bild:
Komasaufen
Aggressionsausbrüche
Computersucht
schlechte Schulleistungen
…
die positiven Seiten geben keine Schlagzeilen
weniger Alkoholkonsum
große Anpassungsfähigkeit
EDV-Fertigkeiten
klaglose Performance bei G8
…
Barth 2013 147
Barth 2013 148
Pseudogefühle
Handywelt
Vermittlung von Pseudogefühlen durch
eingeschränkte Kommunikation
Fernsehen
- anfällig für falsche Vorbilder
Umwelt: „Jugendnormen“
Werbung
Kultur
- z.B. Trinken wird zelebriert
Internet
- Verabredungen
- Foren mit zweifelhaften Idealen
Barth 2013 149
Gefühllosigkeit
Missbrauch der Möglichkeiten
(z.B. „Schluss machen“ per SMS)
Gefahren der Foto- und Videofunktion
Gefahren der Funkübertragung (bluetooth)
Barth 2013 150
Fernsehwelt
Prophylaxe
Gewalt als Normalität
Erziehung nicht in einer Pseudowelt …
-
Virtuelle Welt
Dauererregung
eigene Kreativität beeinträchtigt
Zeitvernichtung
Überforderung von Inhalten
… sondern mit echten Beziehungen, die authentische
Gefühle vermitteln
-
Kinder nehmen anders wahr
Kinder entwickeln erst Verarbeitungskapazität
Altersempfehlungen sind fundiert
Barth 2012 151
Fernsehen, Werbungs-Welt, Internet, …
Anpassungsforderung ohne Freiräume
Fixierung auf Leistung und Konsum
…
Barth 2013 152
keine Scheu vor heftigen Gefühlen (ohne Gewalt)
keine Besserwisserei
kein angstvoller Orientierungsentzug
…
Was braucht biologische Entwicklung: Nähe
Kinder brauchen Kontakt und Schutz durch …
Katzen
als
Einzelgän
ger
suchen
als Kinder
die Nähe
Eltern
Lehrer
speziell Suchtpräventionslehrer
professionelle Unterstützer der Schulen
Therapeuten/Ärzte
andere
Barth 2013 153
Frans de Waal
Barth 2013 154
gesellschaftliche Dimension
„Nicht traumatisierende Eltern
Tiere sind nicht nur sozial,
sondern moralisch.
sind nicht von dieser Welt“
Menschliche Moralität hat eine
emotionale und intuitive
Grundlage.
Druck auf Eltern hoch
Bei Primaten zeigen sich viele
der Tendenzen, in denen sich
menschliche Moralität
verkörpert.
genügend Freiraum für die körperliche und emotionale Versorgung und
Erziehung von Kindern
Jaques Bernard
von Kindern geforderte Bewältigungskompetenz hoch
politische Dimension
psychische Dimension: schwierige Distanzierung zu häufig internalisiertem
Leistungsdruck
nicht als Kritik an der Politik sondern als Aufgabe
Lösungen nicht einfach
Ärzte und Pädagogen sind nicht automatisch bessere Politiker
Barth 2013 155
Barth 2013 156
Problemfelder: eine Frage der Perspektive
Faktoren zur Entstehung psychischer Symptome
äußere Problemfelder:
Familie, Schule, …
Genetische
Disposition
Umwelt
Problematisches
Denken und Verhalten
Frühe
Beziehungserfahrungen
Seelische
Bedingungen
Barth 2013 157
Barth 2013 158
unbewusste Gefühle können zerstören
Barth 2013 159
… oder eine sichere Basis bilden
Barth 2013 160
10-jähriger Junge: autistische emotionale
Retardierung und kognitive Überfunktion
Emotionale und Kognitive Empathie
Emotionale Empathie:
primär
Kognitive Empathie:
sekundär entwickelt.
wird in TOM gemessen
ASS
Emotionale Empathie:
ASS
oder
Autisten leben ICH-DU, weniger ICH-ES. Sie sind im Sinne von
Martin Buber damit mehr in der unmittelbaren Begegnung
Barth 2013 161
Barth 2013 162
Jugendpsychiatrischer Patient
Leb wohl, du altes Elternhaus,
Ihr werft mit Schande mich hinaus,
Ade, ihr Lieben (?) groß und klein,
Von neuem bin ich jetzt allein!
Leb wohl, du Gott der ganzen Welt
Dem man den Bügel dienend hält,
Vom Dienen bin ich dunpf und matt,
Das Dienen hab ich lange satt.
Zum Teufel geht die Freiheit auch,
Sie war ja immer höchstens Rauch,
Ich wird’ ins Irrenhaus geschickt,
Wer weiß – ich bin wohl gar verrückt.
Barth 2013 163
Barth: Was können Kinder und Jugendliche bewältigen – 23.11.2004 163
(21. August 1892)
Barth 2012 164
Jugendpsychiatrischer Patient
Nobelpreis
Auch ich hab einst nach dem Glücke gestrebt,
Auch ich bin nicht lächelnd durchs Leben geschwebt,
Doch alles ist lange verflogen,
Verflogen der Traum von Freude und Scherz,
Erfroren, erstarrt das glühende Herz,
Und die kindliche Unschuld betrogen.
Die Kindheit, sie ist so schnell verschäumt
Und der Traum der Liebe so schnell verträumt,
Verklungen die heiteren Lieder,
Und der Glaube, der frohe hoffende Sinn,
Mit Lenz und Tugend ist lange dahin
Und nimmer kehret er wieder.
(20. Juni 1892, erster Tag in Stetten)
„Behandlung fand bisher keine statt.
Schwer zu behandeln; leidet an Größenwahn,
fühlt sich zu Großem berufen, träumt von
großen dichterischen Erfolgen. Ideal:
Zeitungsredakteur. Will nicht arbeiten. Schickt
sich in die Ordnung, lernt arbeiten, ist aber oft
verdrossen, lebensüberdrüssig. So sehr er mir
folgt, so verb. ist er gegen die seinigen.“
Barth 2012 165
Barth 2012 166
Mit 2 Jahren das erste
wörtliche Zitat von
Hermann Hesse: er wolle in
diesem Jahr zum lieben
Heiland gehen.
Weitere eineinhalb Jahre
später wissen sich die
Eltern schließlich nicht
mehr anders zu helfen als
den Jungen vom 21. Januar
bis 5. Juni vollstationär in
das Internat für
Missionarskinder zu geben
und ihn nur noch Sonntags
bei sich zu haben.
Mit knapp 4 Jahren legte
sich Hermann Hesse
anlässlich des Begrabens
einer Maus in ein von ihm
gegrabenes größeres Loch.
Und die Mutter beschreibt
den Vierjährigen als enorm
willensstark sehr
intelligent, tyrannisch und
von heftigen Emotionen,
der nur durch Gott geleitet
werden könne.
Barth 2012 167
Nach dem 5. Geburtstag ist
eine regressive Reaktion
von Hermann berichtet,
dass er nur noch aus der
Babyflasche trinken wollte.
Als Reaktion sei der
Junge blass, dünn
und depressiv
zurückgekommen,
doch er sei viel
besser zu betreuen
gewesen.
Barth 2012 168
Barth 2012 169
Barth 2012 170
Barth 2012 171
Barth 2012 172
Barth 2012 173
Barth 2012 174
Bedeutung der Schule
zentraler Lebensraum der Jugendlichen
zunehmende zeitliche Beanspruchung durch Schule
dauerhafte soziale Beziehungen
prägende Erfahrungen
frühe Ausrichtung des Lebenswegs
Ort, wo Jugendliche erreichbar sind
Zeit wichtiger Entwicklungsaufgaben
Differenzierung des emotionalen Erlebens
wirksame Identifizierungen
Erwerb autonomer Handlungsmuster
Auf dem Papier …
“Suchtvorbeugung geht also weit über die
Wissensvermittlung in den einschlägigen
Unterrichtsfächern hinaus. Suchtvorbeugend ist jede
Erziehung, die darauf ausgerichtet ist,
lebensbejahende, selbstbewusste, selbstständige
und belastbare junge Menschen heranzubilden und
ihnen über positive Grundeinstellungen den Weg in
die Zukunft zu bahnen.
Suchtvorbeugung ist somit eine Aufgabe für jeden
Lehrer.
Das Kultusministerium bemüht sich deshalb im
Zusammenwirken mit anderen verantwortlichen
Stellen, den Schulen für die dringend gebotenen
Präventionsaufgaben und insbesondere ihre
pädagogischen Möglichkeiten Hilfen zu geben.”
(aus: Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2000 des Ministeriums
für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg)
Barth 2013 175
Barth 2013 176
Bildungsplan 2004 (schulartübergreifend)
Jeden Bildungsplan wird man künftig daran messen, ob die ihm
zugrunde liegenden Vorstellungen und die von ihm veranlassten
Maßnahmen geeignet sind, in der gegenwärtigen Welt
die Zuversicht junger Menschen, ihr Selbstbewusstsein und ihre
Verständigungsbereitschaft zu erhöhen,
sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben, Pflichten und Rechte als
Bürgerinnen und Bürger anzuleiten,
sie in der Urteilsfähigkeit zu üben, die die veränderlichen, komplexen
und abstrakten Sachverhalte unseres Lebens fordern,
ihnen die Kenntnisse zu erschließen, die zum Verstehen der Welt
notwendig sind,
sie Freude am Lernen und an guter Leistung empfinden zu lassen,
ihnen Unterschiede verständlich zu machen und die Notwendigkeit,
diese unterschiedlich zu behandeln: die einen zu bejahen, die
anderen auszugleichen.
Dies alles sollte in Formen geschehen, die auch den Lehrerinnen
und Lehrern, Erziehern und Erzieherinnen bekömmlich sind.
Barth 2013 177
Barth 2012 178
Beziehung
Beziehung in der Psychotherapie
Ist nicht gleich Verschmelzen, Hineinschlüpfen
Empirische Wissenschaft versucht von der Therapeutenperson
und damit von wirklicher Beziehung zu abstrahieren.
Die Andersheit setzt Getrenntheit voraus.
Erfordert Herangehen = Aggredere
Kann Festhalten erfordern:
als Schutz
nicht als therapeutisches Prinzip
Halt kann bedeuten: ich muß es kontrollieren können (aus Sicht
des Kindes)
In der modernen Psychoanalyse wird Beziehung heute primär als
Übertragungs-Beziehung gesehen.
Die Analyse von Übertragung und Gegenübertragung ist im
Buberschen Sinn „ICH-ES“.
Das Auftreten von Übertragung und Gegenübertragung ist
unabhängig von der bewussten Analyse und geschieht in der
unmittelbaren Begegnung:
es hat Anteile von ICH-ES und ICH-DU
Bubersches ES ist etwas anderes als Freudsches ES
Barth 2013 179
Barth 2013 180
Authentische Beziehung jenseits der
psychischen Erfahrung oder des Wissens
Martin Buber: Ich und Du, 1923
Ich-Du der Begegnung
Das Antlitz des Anderen
Alles wirkliche Leben ist Begegnung.
Ich-Es des Wissens
zwingt mich ihm zu helfen
Ich werde am Du; Ich werdend spreche ich Du.
Das Grundwort kann nur mit dem ganzen Wesen gesprochen
werden; wer sich drangibt, darf von sich nichts vorenthalten.
Das Du begegnet mir von Gnaden – durch Suchen wird es nicht
gefunden.
Die Beziehung zum Du ist unmittelbar. Zwischen Ich und Du steht
keine Begrifflichkeit, kein Vorwissen und keine Phantasie.
Martin Buber
Emmanuel Levinas
Barth 2013 181
Beziehung kann bestehen, auch wenn der Mensch, zu dem
ich Du sage, in seiner Erfahrung es nicht vernimmt. Denn Du
ist mehr, als Es weiß. Du tut mehr, und ihm widerfährt mehr, als
Es weiß. Hierher langt kein Trug: Hier ist die Wiege des Wirklichen
Lebens.
Barth 2013 182
Papst Franziskus 31.5.2013
Papst Franziskus
Papst beendet Marienmonat Mai
„Ich will mir den Schrei zu eigen machen, der mit wachsender Sorge aus
jedem Teil der Erde, aus jedem Volk, aus dem Herzen eines jeden
aufsteigt, aus der ganzen Menschheitsfamilie: Das ist der Schrei nach
Frieden! Wir wollen eine Welt des Friedens, wir wollen Männer und
Frauen des Friedens sein, wir wollen, dass in dieser unserer
Gesellschaft, die von Spaltungen und Konflikten durchzogen wird, der
Friede ausbreche! Nie wieder Krieg! Nie wieder Krieg!“
Mit einem Wortgottesdienst und einer Meditation hat Papst Franziskus am
Freitagabend auf dem Petersplatz den Marienmonat Mai beendet. Vor
mehreren Zehntausend Gläubigen rief er dazu auf, dem „Wort Christi
und nicht den tausend Worten dieser Welt zu folgen“.
Maria habe gewusst, „wie man Gott zuhört“: „Da geht es nicht um ein einfaches,
oberflächliches Hinhören, sondern um ein aufmerksames, bereites Zuhören.
Nicht zerstreut, wie wir das manchmal sind, sondern aufmerksam für Gott.
Maria hört auch die Fakten, das heißt: sie liest die Ereignisse ihres Lebens, sie
ist aufmerksam für die konkrete Wirklichkeit und bleibt nicht an der Oberfläche.
Auch für unser Leben gilt das: Hinhören auf Gott, Hinsehen auf die konkrete
Realität. Der Herr klopft auf vielerlei Weise bei uns an, er legt uns Spuren auf
den Weg, und er gibt uns die Fähigkeit, sie zu sehen.“
Aber Maria sei nicht nur die „Frau des Zuhörens“, sondern auch „die Frau der
Entschiedenheit“. „Im Leben ist es schwierig, Entscheidungen zu treffen; oft
versuchen wir sie aufzuschieben oder auf andere abzuwälzen, den Moden des
Moments zu folgen. Manchmal wissen wir ganz genau, was zu tun wäre, aber
haben nicht den Mut dazu, oder die Sache kommt uns zu schwierig vor, weil
sie auf Widerstand stoßen könnte.
Barth 2013 183
Papst Franziskus lädt Sie ein, speziell am heutigen Samstag für Frieden in den
Krisenregionen der Welt zu beten und zu fasten..
Am heutigen Abend findet auf dem Petersplatz eine große Gebetsvigil mit Papst
Franziskus statt. Diese können Sie z.B. über kath.net live mitbegleiten.
Barth 2013 184
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