in Münster

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Westfälische Wilhelms Universität Münster
Fachbereich Geowissenschaften
Institut für Landschaftsökologie
Robert-Koch-Str. 26
Diplomarbeit
Untersuchungen zur Ökologie der Wasserfledermaus
Myotis daubentonii (KUHL 1817) in Münster
von
Lena Grosche, Münster
Juli 2005
Foto: D. Nill
Erstgutachter: Prof. Dr. H. Mattes
Zweitgutachter: Dipl.-Biol. C. Trappmann
Dank
Bedanken möchte ich mich bei Prof. Dr. Hermann Mattes für die Betreuung dieser
Arbeit und für die Unterstützung durch hilfreiche, konstruktive Gespräche.
Außerdem möchte ich mich bei Dr. Carsten Trappmann bedanken, dass er als
Zweitgutachter und Betreuer dieser Arbeit zur Verfügung stand.
Ohne die Unterstützung tatkräftiger HelferInnen bei der umfassenden Feldarbeit wäre
diese Untersuchung nicht möglich gewesen. Aus diesem Grund möchte ich mich
herzlich bei folgenden Personen für die tatkräftige Hilfe bedanken:
Kerstin Borrmann, Bernd Brudny, Kristina Chobanetz, Axel Donning, Hildis Eichhorn,
Steffi Enning, Antje Fechter, Verena Fiene, Mari Garcia, Myriam Götz, Elisabeth Haidl,
Martina Hegemann, Sabrina Homburg, Max Hundsrucker, Eva Kemper, Jens
Kockerbeck, Christina Kösters, Frauke Krüger, Stephanie Krüßmann, Frauke Meier,
Sandra Meier, Marcel Möhrchen, Claudia Multhaupt, Jennifer Nolte, Florian Pointke,
Sonja Schubert, Martin Relligmann, Bernhard Richard, Holger Rossol, Ralf Rost, Lutz
Rubarth, Sibylle Schäfer, Birgit Schmiemann, Nora Schmitzer, Nicole Steffens, Carsten
Trappmann, Eva Weppelmann & Jörg Wissmann
Weiterhin danke ich Karin Rietman vom NABU – Münster durch die Unterstützung in
Form von HelferInnen und Dr. Dag Encke vom Allwetterzoo Münster für die Leihgabe
eines Zooschlüssels. Schließlich danke ich der Abteilung Klimatologie von Prof. Dr. O.
Klemm am Institut für Landschaftsökologie für die Leihgabe eines
Aspirationspsychrometers und für die Bereitstellung der Klimadaten.
Für Hilfreiche Tipps bei der Computerarbeit und dem Layout danke ich Annett
Herrmann und Holger Rossol.
Bei meinen FreundInnen und einigen Fledermaus KollegInnen möchte ich mich
bedanken für interessante fachliche Diskussionen und moralische Aufbauarbeit.
Besonders möchte ich an dieser Stelle Frauke Meier, Stefanie Enning-Harmann und
Carsten Trappmann erwähnen, die mir stets zur Seite standen.
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung und Fragestellung
1
2.
2.1
2.2
Portrait der Wasserfledermaus
Verbreitung und Aussehen
Ökologie
3
3
4
3.
3.1
3.2
Untersuchungsgebiet
Münstersche Aa und Aasee
Klima
5
5
6
4.
4.1
4.2
4.3
4.3.1
4.3.2
4.3.3
4.3.3.1
4.3.3.2
4.3.4
4.3.4.1
4.3.4.2
4.3.4.3
4.3.4.4
4.3.4.5
4.3.4.6
4.4
4.5
4.5.1
4.5.2
4.6
Material und Methode
Detektorbegehungen
Netzfänge
Bearbeitung der gefangenen Tiere
Gewicht
Unterarmlänge
Geschlecht und Fortpflanzungsstatus
Männchen
Weibchen
Alter
Ossifikationsgrad der Handknochen
Kinnfleck
Fortpflanzungsstatus
Zustand der Zähne
Ohrschäden
Synthese der Parameter
Untersuchungsstandorte
Radiotelemetrie
Erhebung der Daten
Auswertung der Telemetriedaten
Zeitangaben
9
9
11
12
12
12
12
12
13
14
14
14
14
15
16
16
17
19
19
20
22
5.
5.1
5.1.1
5.1.2
5.1.3
5.2
5.2.1
5.2.2
5.2.2.1
5.2.2.2
5.2.2.3
5.2.2.4
5.2.2.5
5.3
5.4
Ergebnisse
Phänologische Aspekte
Ergebnisse der Detektoruntersuchungen
Ausflugs- und Einflugszeiten
Reproduktionsverläufe
Raumnutzung
Ergebnisse der Netzfänge
Telemetrie
Weibchen 1 - (W1) aus Sentrup
Weibchen 2 - (W2) aus dem Boniburger Wald
Weibchen 3 - (W3 ) aus Gievenbeck
Weibchen 4 - (W4) aus dem Aaseewald
Vergleich der telemetrierten Tiere
Quartierfänge und Ausflugszählungen
Sonstige Beobachtungen
23
23
23
27
28
30
30
35
35
38
42
45
49
50
51
I
6.
6.1
6.2
6.3
6.4
6.4.1
6.4.2
6.4.3
6.5
6.6
6.7
Diskussion
Reproduktionsverlauf
Geschlechterspezifische Raumnutzung
Nutzungsintensitäten
Individuelle Raumnutzung
Jagdgebietsnutzung
Quartiernutzung
Flugwege
Anmerkungen zum Paarungsverhalten
Schutzempfehlungen
Offene Fragen
53
53
55
58
63
64
66
68
69
70
71
7.
Zusammenfassung
73
8.
Literaturverzeichnis
74
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Verlauf der Tages Minimal- und Maximaltemperaturen und tägliche
Niederschlagsmengen im Untersuchungszeitraum.
7
Abbildung 2:
Mittlere Differenzen der an der Wetterstation Hüffergarten gemessenen
Lufttemperaturen gegenüber den an den Untersuchungspunkten gemessenen
Lufttemperaturen pro Dekade.
8
Abbildung 3:
Lage der Untersuchungspunkte.
17
Abbildung 4:
Zusammengefasste Ergebnisse der Zählungen von allen Detektierpunkten im
Untersuchungszeitraum pro Dekade.
23
Abbildung 5:
Zusammengefasste Ergebnisse der Detektorbegehungen im
Untersuchungszeitraum pro Dekade ohne den Detektierpunkt 7a (LBS).
24
Abbildung 6:
Wasserfledermausaktivität an den Untersuchungspunkten des nördlichen
Aaverlaufes.
25
Abbildung 7:
Wasserfledermausaktivität an den Untersuchungspunkten der Innenstadt.
26
Abbildung 8:
Wasserfledermausaktivität an den Untersuchungspunkten des oberen
Aaverlaufes.
26
Abbildung 9:
Wasserfledermausaktivität am Untersuchungspunkt 7a (LBS).
27
Abbildung 10:
Erste und letzte Registrierungen von Wasserfledermäusen in Bezug zu den
Sonnenauf- und Sonnenuntergangszeiten.
28
Abbildung 11:
Verlauf der Reproduktionsphasen adulter Weibchen und Auftreten der
Diesjährigen.
29
Abbildung 12:
Befüllungsgrad der Nebenhoden und Hoden bei den gefangenen adulten
Männchen.
30
Abbildung 13:
Aufenthaltsbereiche von Weibchen 1 im Zeitraum vom 10. – 15. Mai 2004.
36
Abbildung 14:
Aufenthaltsbereiche von Weibchen 2 im Zeitraum vom 8. – 13. Juli 2004.
39
Abbildung 15:
Aufenthaltsbereiche von Weibchen 3 im Zeitraum vom 26. – 31. Juli.
42
Abbildung 16:
Aufenthaltsbereiche von Weibchen 4 im Zeitraum vom 16. – 21. August 2004.
46
III
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Übersicht über die Untersuchungsstandorte.
Tabelle 2:
Anzahl von Erstberingungen an den Untersuchungspunkten in den Jahren 2003
und 2004.
18
31
Tabelle 3:
Übersicht der Wiederfang-Ereignisse in Bezug zu den Orten der Erstberingung.
Tabelle 4:
Aufenthaltsnachweise ausgewählter Wasserfledermaus-Individuen in zeitlichem
Bezug.
33
Verhältnis männliche/weibliche, sowie diesjährige/adulte Wasserfledermäuse an
den verschiedenen Untersuchungspunkten.
34
Aufenthaltsanteile an den verschiedenen Orten von Weibchen 1 relativ zur
telemetrierten Zeit.
38
Tabelle 5:
Tabelle 6:
Tabelle 7:
Aufenthaltsanteile an den verschiedenen Orten von Weibchen 2 relativ zur
telemetrierten Zeit.
Tabelle 8:
Aufenthaltsdauern an den verschiedenen Orten von Weibchen 3 relativ zur
telemetrierten Zeit.
32
41
45
Tabelle 9:
Aufenthaltsdauern an den verschiedenen Orten von Weibchen 4 relativ zur
telemetrierten Zeit
Tabelle 10:
Gegenüberstellung der vier telemetrierten Weibchen hinsichtlich der
Aktivitätsanteile und der Luftliniendistanzen zwischen wichtigen Aufenthaltsorten.
50
Anzahl beobachteter Interaktionen zwischen jagenden und durchfliegenden
Wasserfledermäusen während der Detektorbegehungen.
52
Tabelle 11:
49
IV
Einleitung und Fragestellung
1. Einleitung und Fragestellung
Die Beobachtung der Fledermäuse des Münsterlandes hat mittlerweile eine lange
Tradition. Bereits in historischer Literatur findet die Wasserfledermaus Erwähnung als
häufige Art im Münsterland, die „ganz niedrig“ über „klarstem Wasserspiegel“ nach
Beute jagt (ALTUM 1867, LANDOIS 1883). Ebenfalls wird in diesen Quellen bereits der
„Havixbecker Felsenbrunnen“ als Winterquartier für die Wasserfledermaus und andere
Arten beschrieben. In neuerer Literatur werden Wasserfledermäuse stets als häufig
und flächendeckend vorhanden für Münster und Umgebung erwähnt (STEINBORN &
VIERHAUS 1984, TRAPPMANN 2002), was sicher mit der leichten Nachweismethode von
Wasserfledermäusen zu erklären ist. An nahezu jedem größeren Gewässer können
während der Sommermonate jagende Wasserfledermäuse angetroffen werden und
auch in bekannten Winterquartieren der Region wird die Art regelmäßig in großen
Zahlen nachgewiesen (STEINBORN & VIERHAUS 1984, LINDENSCHMIDT & VIERHAUS
1997, PINNO 1999, SCHÄFER 2001, TRAPPMANN 2003, 2004) Besonders hinsichtlich der
regionalen Sommerlebensraumnutzung bestehen jedoch noch große Wissensdefizite.
Wie alle europäischen Fledermausarten werden Wasserfledermäuse im Anhang IV der
„FFH-Richtlinie“ (Richtlinie 92/43/EWG) aufgeführt. Demnach zählen sie nach § 10
Abs. 2 Nr. 11 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG 2002) zu den streng
geschützten Arten. Nach § 42 Abs. 1. BNatSchG 2002 ist es verboten wild lebende
Tiere der „streng geschützten Arten“ an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten
zu stören oder deren Lebensräume zu zerstören.
Für den Fledermausschutz ist es unerlässlich, die Teillebensräume einzelner Arten
kennen zu lernen, um direkte Schutzempfehlungen ableiten zu können. Es liegen für
Münster nahezu keine Daten zu der sommerlichen Quartiernutzung von
Wasserfledermäusen vor. Ebenso wenig ist bekannt, wie sich die hiesige Population
zusammensetzt und ob alle Gewässer von gleicher Qualität für die Tiere sind. Daher
iniziierte die AG Fledertierschutz des NABU Münster im Jahre 2002 ein ehrenamtliches
Projekt zur Bestandeserfassung der Wasserfledermäuse in Münster und Umgebung.
Seit dem Herbst 2002 werden Wasserfledermäuse an großen Winterquartieren im
Kreis Coesfeld und im Sommerlebensraum im Stadtgebiet Münster und in den
angrenzenden Kreisen Warendorf und Coesfeld mit Unterarmklammern markiert. Ziel
dieses Projektes ist es, Informationen zum Raumnutzungsverhalten der Tiere zu
erhalten und längerfristig die Bestände und mögliche Veränderungen derer
einschätzen zu können. So wurden bis 2004 am „Brunnen Meyer“, einem großen
Überwinterungs- und Schwarmquartier in den Baumbergen bei Havixbeck 714
Wasserfledermäuse markiert. Am „Brunnen von Twickel“, einem benachbarten Objekt
gelang die Markierung von 36 Individuen. Beide Quartiere befinden sich in circa 15 km
Luftlinienentfernung zum Stadtgebiet Münster. Ferner wurden in einem Eiskeller bei
Coesfeld 22 Erstberingungen an Wasserfledermäusen durchgeführt. Im Stadtgebiet
von Münster wurden bis zum Beginn dieser Untersuchung 129 Wasserfledermäuse
markiert, davon 111 im Untersuchungsgebiet. Durch erste Wiederfänge konnte der
Ortswechsel eines Wasserfledermausmännchens zwischen dem „Brunnen Meyer“ und
dem Aasee nachgewiesen werden. Weiterhin wurden einige Individuen am Ort ihrer
1
Einleitung und Fragestellung
Erstberingung wieder gefangen, was einen Hinweis auf Teillebensraumtreue gibt. Mit
dem Fang von laktierenden Weibchen und Flüggen Jungtieren wurde
Reproduktionstätigkeit im Stadtgebiet Münster festgestellt. Leider stößt die
ehrenamtliche Fledermausarbeit aus zeitlichen und finanziellen Gründen häufig an ihre
Grenzen. So ist es kaum durchführbar, eine systematische, zeitaufwendige Kartierung
(einer nachtaktiven Tierart) in der „Freizeit“ zu bewältigen. Dies gab den Anlass für
vorliegende Arbeit.
Ziel der Untersuchung war es, die Wasserfledermaus-Bestände am feuchten Herzstück
Münsters – der münsterschen Aa mit dem Aasee – zu erfassen. Dabei sollten
Antworten auf folgende Fragen gefunden werden:
• Wer nutzt den Aasee und den Aaverlauf? Sind es Männchen, Weibchen oder
beide Geschlechter?
• Findet flächendeckend Reproduktionstätigkeit im Untersuchungsgebiet statt?
• Gibt es räumliche und zeitliche Veränderungen im Laufe der Untersuchung?
Wenn ja, warum?
• Ist durch Wiederfänge ein Ortswechselverhalten festzustellen?
• Werden die untersuchten Abschnitte gleichermaßen als Jagdgebiet genutzt
oder gibt es qualitative Unterschiede?
• Wo befinden sich die Quartiere? In welcher Entfernung liegen sie zu den
Jagdgewässern?
• Wie setzten sich die Quartiergesellschaften zusammen?
• Gibt es Beziehungen zu den Winterquartieren Brunnen Meyer, Brunnen
Twickel und Eiskeller Coesfeld?
• Wie ist das (Raumnutzungs-)Verhalten ausgewählter Individuen?
• Welche Schutzmaßnahmen lassen sich aus den Ergebnissen ableiten?
2
Portrait der Wasserfledermaus
2. Portrait der Wasserfledermaus
2.1 Verbreitung und Aussehen
In Europa wurden bislang zwölf Arten der weltweit verbreiteten Gattung Myotis
nachgewiesen (vgl. DIETZ & V. HELVERSEN 2004). Dazugehörig ist auch die
Wasserfledermaus Myotis daubentonii (KUHL 1817). Neben anderen über Gewässern
jagenden Myotis - Arten wird sie der Untergattung Leuconoë zugeordnet (KOOPMAN
1994, DIETZ & VON HELVERSEN 2004). Die Gesamtverbreitung der M. daubentonii –
Gruppe erstreckt sich als breites Band von Westeuropa bis Japan (KOOPMAN 1994). In
Europa ist nur die Nominatform M. d. daubentonii heimisch (DIETZ & V. HELVERSEN
2004). Ihre Verbreitung erstreckt sich im Norden etwa bis zum 63. Breitengrad (MittelSkandinavien). Sie fehlt vermutlich in Südost-Europa (SCHOBER & GRIMMBERGER
1998). Die von TUPINIER (1977) beschriebene, auf der Iberischen Halbinsel verbreitete
Zwillingsart Myotis nathalinae wird von anderen Autoren als Unterart von M.
daubentonii angesehen (HANÁK & HORÁČEK 1984, BOGDANOWICZ & WÓJCIK 1985/86,
KOOPMAN 1994). Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass M. nathalinae, ebenso
wie die für die Wolgaregion beschriebene Unterart M. d. volgensis (EVERSMANN 1840),
als Synonym von M. daubentonii anzusehen ist (GEBHARD 1997, SCHOBER &
GRIMMBERGER 1998, DIETZ & V. HELVERSEN 2004). In Deutschland ist die
Wasserfledermaus flächendeckend verbreitet und in bergigen Gegenden mitunter bis
in Höhenlagen von über 1000 m anzutreffen (GEIGER & RUDOLPH 2004). Aus
Nordrhein-Westfalen liegen ebenfalls zahlreiche Sommer- und Winterfunde vor.
(STEINBORN & VIERHAUS 1984, SKIBA 1988, ROER 1993, TAAKE 1993, BELZ &
FUHRMANN 1997, LINDENSCHMIDT & VIERHAUS 1997, TRAPPMANN 1997, 2004, VIERHAUS
1997). Obwohl wegen der schweren Auffindbarkeit der Baumhöhlenquartiere nur
wenige Wochenstuben bekannt sind, ist aufgrund der Nachweise flügger Jungtiere und
laktierender Weibchen flächendeckende Reproduktionstätigkeit im Münsterland
anzunehmen.
Mit einer Flügelspannweite von 240-275 mm und einem Gewicht von (5) 7-15 (17) g
gehört die Wasserfledermaus zu den kleinen bis mittelgroßen Fledermausarten
Europas (GEBHARD 1997, SCHOBER & GRIMMBERGER 1998, RICHARZ & LIMBRUNNER
1999, MESCHEDE & HELLER 2000, SKIBA 2003). Ihr Fell ist dicht und kurzhaarig mit auf
der Oberseite dunkel graubrauner Haarbasis und rot- bis graubraunen Haarspitzen.
Die Unterseite ist wie bei allen Myotis - Arten hell gefärbt, meistens stumpf grauweiß.
Ohren und Flughäute sind dunkel graubraun gefärbt. Wasserfledermäuse haben
verhältnismäßig kurze Ohren, die nach vorne gelegt die Schnauzenspitze knapp
erreichen. Der Ohrhinterrand ist im oberen Drittel leicht eingedellt, durch das Ohr
verlaufen vier bis fünf Querfalten. Bei Beunruhigung werden die Ohren fast
rechtwinkelig zur Seite gelegt. Der Tragus (Ohrdeckel) ist gerade und verschmälert
sich nach oben. Er erreicht knapp die halbe Ohrlänge. Die Schnauze ist bräunlich und
dicht behaart, im höheren Alter wirkt sie rosa (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998, ROER &
SCHOBER 2001). Besonders ausgeprägt ist bei Wasserfledermäusen in jungen Jahren
ein bläulich schwarzer Pigmentfleck (chin-spot) auf der Unterlippe (RICHARDSON 1994,
3
Portrait der Wasserfledermaus
GEIGER et al. 1996). Dieser Pigmentfleck (im Folgenden als „Kinnfleck“ bezeichnet) ist
der Rest der ehemals schwarzen Gesichtsfärbung der Jungtiere (TRAPPMANN 1999).
Eine weitere Auffälligkeit sind verhältnismäßig große Füße, eine Anpassung an die
Jagdweise der Wasserfledermäuse (GEBHARD 1997, SCHOBER & GRIMMBERGER 1998,
NAGEL & HÄUSSLER 2003).
2.2 Ökologie
Die Wasserfledermaus bevorzugt langsam fließende und stehende Gewässer als
Jagdhabitat. Als Waldfledermausart bezieht sie ihre Sommerquartiere zumeist in
Baumhöhlen (NYHOLM 1965, RIEGER & ALDER 1994, MESCHEDE & HELLER 2000). Daher
sind Wasserfledermäuse zumeist in Gegenden mit hohem Gewässer- und Waldanteil
anzutreffen (z.B. MESCHEDE & HELLER 2000, NAGEL & HÄUSSLER 2003, GEIGER &
RUDOLPH
2004).
Die
weiblichen Tiere
formieren
sich
im
Mai
zu
Wochenstubengesellschaften, in denen sie gemeinsam ihre Jungtiere aufziehen. Im
Regelfall bekommt ein Weibchen ein Jungtier. Die Männchen verbringen die
Sommermonate solitär oder in Männchengesellschaften. Es bilden sich in dieser Zeit
aber ebenfalls Gesellschaften von Männchen und nicht reproduzierenden Weibchen
(DIETZ 1998, GEIGER & RUDOLPH 2004). Als Winterquartier bevorzugen
Wasserfledermäuse Quartiere mit einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit und Temperaturen
von etwa 3–8°C (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Aus dem Münsterland sind
aufgrund des Fehlens von Naturhöhlen Überwinterungen in Objekten anthropogenen
Ursprungs bekannt. Hierzu gehören zum Beispiel Brunnenschächte, Eiskeller,
Bachunterführungen und im Teutoburger Wald alte Bergwergstollen (LINDENSCHMIDT &
VIERHAUS 1997, TRAPPMANN 1996, 1997, PINNO 1999, SCHÄFER 2001). Neben der
Funktion als Hibernaculum dienen solche Quartiere vermutlich zusätzlich der
innerartlichen Kommunikation. So wurde oftmals sogenanntes „Schwarmverhalten“ an
Winterquartieren im Früh- und Spätsommer beschrieben (z.B. HARRJE 1994,
EICHSTÄDT 1997, TRAPPMANN 1997, KUGELSCHAFTER 1998, PINNO 1999). Darüber
hinaus konnten in den Herbst- und Wintermonaten mehrfach Kopulationen in
Winterquartieren beobachtet werden (ROER & EGSBAEK 1966, GRIMMBERGER et al.
1986, HARRJE 1994, 1999).
Nach KALKO (1991) fangen Wasserfledermäuse ihre Beuteinsekten „meistens knapp
oberhalb oder auch direkt von der Wasseroberfläche“, wobei sie ihre großen Füße und
ihre Schwanzflughaut zur Hilfe nehmen. Die erbeuteten Insekten werden direkt im Flug
verspeist. Weiterhin wurden Fänge im freien Luftraum in bis zu fünf Metern Höhe und
in Waldgebieten beobachtet, bei denen mitunter zusätzlich die Flügel als
Fanginstrument eingesetzt werden (NYHOLM 1965, KALKO 1991, KALKO & SCHNITZLER
1989, DIETZ 1993). Bevorzugte Beute stellen u. A. Insekten der Ordnungen Diptera,
Trichoptera, Lepidoptera und Hymenoptera dar (NYHOLM 1965, TAAKE 1992). Dabei
können Chironomiden Anteile von über 90% ausmachen (KOKUREWICZ 1995). TAAKE
(1992) ermittelte eine mittlere Beutetiergröße von 7,2 mm.
4
Untersuchungsgebiet
3. Untersuchungsgebiet
Naturräumlich ist das Untersuchungsgebiet der Westfälischen Bucht zuzuordnen.
Diese wiederum ist Teil des niederdeutschen Tieflandes. Im Nordwesten wird sie durch
die Staatsgrenze der Niederlande und im Norden durch das Emsland begrenzt. Im
Osten bilden die Gebirgsketten des Teutoburger Waldes und des Eggegebirges, im
Süden die des Rheinischen Schiefergebirges die Umrandungen. Im Westen wird sie
durch den Übergang zur Niederrheinischen Bucht begrenzt. (JEDICKE & JEDICKE 1992).
Geologisch stellt die Westfälische Bucht eine flache Mulde mit NW–SE - Achse dar. In
ihrer Großform wird sie als glazial überformtes Kreide-Schichtstufenbecken bezeichnet
(MÜLLER-WILLE 1966, BURRICHTER 1973). Die Oberflächengestalt wird von kalkreichen
Sedimenten der Oberkreide und von den Ablagerungen des Pleistozäns geprägt. Die
Sedimente der Oberkreide treten in den Höhenzügen zutage, die das Kernmünsterland
umgrenzen. Hierzu zählen beispielsweise die Baumberge, die Höhenstufen von 186 m
über NN erreichen. Der überwiegende Teil der Westfälischen Bucht ist von
Höhenstufen zwischen 40 m und 80 m über NN geprägt (MÜLLER-WILLE 1966). Die
potenziell natürliche Vegetation ist in Abhängigkeit zum Untergrund zu sehen. Im
Kernmünsterland dominieren auf den stau- und grundwasserfeuchten Böden EichenHainbuchenwälder (Stellario-Carpinetum). In den kalkreicheren Hügelgebieten gewinnt
die Rotbuche (Fagus sylvatica) vermehrt an Dominanz und es bilden sich
Buchenwaldgesellschaften wie zum Beispiel der Waldmeister-Buchenwald (Galio
odorati-Fagetum). Zerstreut kommen Buchen-Eichenwälder (Fago-Quercetum) vor
(BURRICHTER 1973, BURRICHTER et al. 1988).
3.1 Münstersche Aa und Aasee
Die Untersuchungen wurden allesamt im Gebiet der kreisfreien Stadt Münster
durchgeführt. Kernuntersuchungsgebiet waren hierbei die münstersche Aa innerhalb
der Stadtgrenzen, sowie der von ihr durchflossene Aasee. Von ihrem Quellgebiet in
den Baumbergen westlich des Ortes Havixbeck fließt die Aa zunächst in östliche
Richtung und biegt nach dem Durchfließen der Bauerschaft Hohenholte nach Südosten
ab. Auf münsterschem Stadtgebiet westlich von „Haus Kump“ ändert sie ihre
Fließrichtung und knickt nach Nordosten ab. Bis zur Mündung in den Aasee beträgt die
Fließstrecke der münsterschen Aa 21 km. Ungefähr im Aaseebereich hat das
Gewässereinzugsgebiet der Münsterschen Aa eine Ausdehnung von 103,33 km².
Davon entfallen 11,47 km² auf den 8,5 km langen Meckelbach und 6,73 km² auf den
7,1 km langen Gievenbach (STAWA Münster 1994 zitiert in: VEST 1999). Nach
Verlassen des Aasees verläuft die weitere Fließrichtung nach Norden. Bei Greven
mündet die münstersche Aa nach einer gesamten Fließstrecke von 28 km in die Ems.
In historischer Zeit diente die Aa dazu, die Abwässer der Stadt Münster in die Ems zu
leiten. Aus hygienischen Gründen musste alsbald die Fließgeschwindigkeit des
Flusses erhöht werden, um die Abwässer zu beseitigen, Daher wurde die Aa stark
begradigt und das Flussbett über weite Strecken mit Schutt oder Beton ausgebaut. Die
5
Untersuchungsgebiet
Aa büßte durch diese Maßnahmen ihren natürlichen Verlauf ein. Ende der 80er Jahre
begannen Planungen zur Renaturierung der Aa. Im Bereich zwischen „Haus Kump“
und der Aaseemündung wurde das Flussbett stark verändert, so dass die Aa dort
inzwischen einen breiten, mäandrierenden Verlauf hat. Ebenso wurde im nördlichen
Bereich zwischen Innenstadt und Nevinghoff die künstliche Gesteinssohle entfernt, so
dass die Fließgeschwindigkeit herabgesetzt wurde. Nördlich des Nevinghoffs schließt
sich ebenfalls ein renaturierter Bereich an. In der Innenstadt ist es aufgrund der
angrenzenden Bebauung nicht möglich, das Betonbett des Flusses zu entfernen, da
der Hochwasserschutz gewährleistet bleiben muss. Um den Aaverlauf dennoch
naturnaher zu gestalten, wurden auf eingebrachten Kokosfaserbündeln
Röhrichtpflanzen angepflanzt, um die Qualität als Lebensraum für Tiere aufzuwerten
und dem ästhetischen Empfinden der Bürger näher zu kommen (SCHUSTER 1999).
Der von der Aa durchflossene Aasee ist anthropogenen Ursprungs. Die Idee des
Aaseeprojektes stammte von Prof. Hermann Landois (1835 – 1905), der zu Zwecken
des Hochwasserschutzes bereits 1888 den Bau eines „Aa-Bassins“ propagierte
(SCHUSTER 1999). Durch Unterbrechungen durch den ersten Weltkrieg bedingt, wurde
im Jahre 1934 der alte Aasee mit einer Fläche von 20,7 ha fertig gestellt. Er umfasste
den Bereich zwischen der Innenstadt und der Torminbrücke. In den Jahren 1972 bis
1976 wurde der Aasee südwestlich der Torminbrücke erweitert. Eine umgebende
Parkanlage sollte zu Freizeit- und Erholungszwecken dienen. Die heutige Fläche des
Aasees beträgt 40,2 ha (VEST 1999). Die Wasserqualität von Aa und Aasee wird durch
die angrenzende Nutzung bedingt. Außerhalb der städtischen Bebauung dominieren
Felder und Viehweiden das Bild. Der dem Einzugsgebiet zugehörige Meckelbach war
bis ins Jahr 1996 an die Kläranlage Roxel angeschlossen und dadurch stark
eutrophiert. Landwirtschaft, innerstädtische Nutzung und Abwässer bewirken einen
hohen Nährstoffeintrag in die Aa und den Aasee. Das Problem der
Nährstoffanreicherung wird zudem durch die geringe Tiefe des Aasees verstärkt.
Dadurch kann sich keine stabile Schichtung einstellen und die Nährstoffe befinden sich
immer frei verfügbar im Gewässer. Algenblüte, Sauerstoffdefizite und hohe pH-Werte
können die Folge sein (SURHOLT 1994). Insgesamt sind Aa und Aasee extrem
nährstoffüberfrachtet, besonders hinsichtlich der Stickstoffkomponenten Nitrat und
Nitrit. (VEST 1999). Die Umgebung der Aa außerhalb der städtischen Bebauung
spiegelt den typischen Charakter der münsterländer Parklandschaft wieder. Felder,
Wiesen, Viehweiden, Waldstücke und Hecken bilden eine mosaikartig strukturierte
Landschaft.
3.2 Klima
Die Westfälische Bucht wird der extrem atlantisch geprägten Klimaregion zugeordnet.
Charakteristische Merkmale dafür sind die relativ hohe Luftfeuchtigkeit bei geringer
Verdunstung und hohe Niederschlagsmengen (MÜLLER-WILLE 1966). Der mäßigende
Einfluss des Meeres ist verantwortlich für milde Winter mit durchschnittlichen
Temperaturen über 0°C im Januar und kühle Sommern mit mittleren Temperaturen von
6
Untersuchungsgebiet
17-18°C im Juli (BURRICHTER 1973). Abbildung 1 stellt den Temperaturverlauf sowie
die Niederschlagsmengen im Untersuchungszeitraum dar.
Temperatur
(°C)
40
40
35
35
30
30
25
25
20
20
15
15
10
10
5
5
0
0
April
Niederschlag
(mm)
Mai
Juni
Juli
Aug
Sep
Okt
Datum
Niederschlag
Temperatur-Minimumwert
Temperatur-Maximumwert
Abbildung 1: Verlauf der Tages Minimal- und Maximaltemperaturen und tägliche Niederschlagsmengen im Untersuchungszeitraum. Datengrundlage: Institut für Landschaftsökologie, Klimatologie,
Wetterstation Hüffergarten.
Die Tagesminima werden meistens in den frühen Morgenstunden erreicht. Der
Sommer war geprägt von wechselhaften, kühlen Witterungsverhältnissen. Im Frühjahr
hingegen wurden nur wenige niederschlagsreiche Tage verzeichnet, wobei die
maximalen Tagestemperaturen auch in dieser Zeit nur selten über 20°C stiegen.
Erwähnenswert ist ein kleiner Kälteeinbruch Ende Mai, bei dem die Minimalwerte unter
fünf Grad sanken. Mit Ausnahme eines kurzzeitigen Peaks in der ersten Junihälfte
erreichten die Tagesmaxima bis Ende Juli nicht die 25°C Marke. Die Tagesminima
hingegen sanken bis zum Juli noch häufig unter zehn Grad. Im Juli und August stiegen
die Temperaturen allmählich, jedoch waren beide Monate durch hohe
Niederschlagsmengen gekennzeichnet. Lediglich an zwei Tagen Anfang August
stiegen die Tagesmaxima über 30°C. Diese Zeit war zusätzlich nahezu
niederschlagsfrei. Eine weitere Trockene Phase mit Temperaturen über 25°C wurde
Anfang September verzeichnet.
Bei diesem Temperaturverlauf sollte beachtet werden, dass es sich um Werte handelt,
die auf einem Gebäudedach in der Innenstadt erhoben wurden. An den untersuchten
Gewässerabschnitten lagen die Temperaturen zumeist deutlich niedriger. Abbildung 2
zeigt die mittleren Differenzen zwischen den stündlich gemessenen Temperaturen
während der Netzfänge und den Temperatur - Stundenmitteln der Station Hüffergarten.
7
Untersuchungsgebiet
Die Differenzen sind pro Dekade gemittelt. Zusätzlich werden die minimalen und
maximalen Abweichungen dargestellt. In den meisten Fällen lagen die an der
Wetterstation gemessenen Temperaturen deutlich höher als die über den
Wasseroberflächen erhobenen. Nur in zwei Fällen Ende Mai und Anfang Juli lagen
vereinzelte Messwerte im Untersuchungsgebiet geringfügig über den Werten der
Wetterstation. Da für das Vorkommen von Insekten als potenzielle Beute der
Fledermäuse die lokalklimatischen Gegebenheiten ausschlaggebend sind, ist diese
Abweichung von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Differenz
(°C)
9,0
8,5
8,0
7,5
7,0
6,5
6,0
5,5
5,0
4,5
4,0
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
-1,0
Max
Min
2/4
3/4
1/5
2/5
3/5
1/6
2/6
3/6
1/7
2/7
3/7
1/8
3/8
1/9
2/9
n=8
n=28
n=18
n=4
n=19
n=10
n=17
n=9
n=6
n=12
n=6
n=14
n=19
n=29
n=5
Dekade
arithm. Mittel
Abbildung 2: Mittlere Differenzen der an der Wetterstation Hüffergarten gemessenen Lufttemperaturen
gegenüber den an den Untersuchungspunkten gemessenen Lufttemperaturen pro Dekade. Zusätzlich
werden die minimalen und maximalen Abweichungen dargestellt. n=Anzahl der Messereignisse im
Untersuchungsgebiet.
8
Material und Methode
4. Material und Methode
Die Untersuchung wurde unter Verwendung unterschiedlicher Methoden durchgeführt.
Im Folgenden werden diese näher beschrieben und diskutiert.
4.1 Detektorbegehungen
Untersuchungen mit Bat-Detektoren eignen sich besonders dafür, Aussagen über die
Aktivitätsdichte der Fledermäuse treffen zu können. Bat-Detektoren sind Geräte,
welche die Ultraschallrufe der Fledermäuse in tiefere Frequenzen umwandeln, so dass
sie für das menschliche Gehör wahrnehmbar werden. Die Ortungslaute ermöglichen in
bedingtem Maße eine Determination der Spezies. Da besonders die Arten der Gattung
Myotis jedoch sehr ähnlich rufen, wurde zur sicheren Artbestimmung zusätzlich bei
Detektorkontakt mit Hilfe eines Handscheinwerfers kurz die Wasseroberfläche
abgeleuchtet um Sichtkontakt zu jeder gehörten Wasserfledermaus zu bekommen.
Das charakteristische Flugverhalten der Tiere ermöglicht dem geübten Beobachter
eine sichere Artbestimmung (VIERHAUS & KLAWITTER 1988). Zum Einsatz kam ein
Mischerdetektor mit Frequenzwahlverfahern der Firma Petterson (Modell D-200). Eine
Beschreibung der Funktionsweise, Möglichkeiten und Grenzen von Detektoren geben
zum Beispiel WEID (1988) und SKIBA (2003). Die Detektor-Untersuchungen wurden
zwischen dem 23.04. und dem 13.10.2004 durchgeführt.
Zunächst erfolgte die Festlegung von insgesamt sieben verschiedenen UntersuchungsPunkten entlang des Aaverlaufes. Dabei sollten die unterschiedlichen Flussabschnitte
„Aa-Oberlauf“, “innerstädtischer Bereich“ nach Verlassen des Aasees und „nördlicher
Aaverlauf“ außerhalb des Siedlungsbereiches abgedeckt werden. Es wurden jeweils
zwei strukturell ähnlich erscheinende Standorte pro Abschnitt gewählt. Ein weiterer
Standort befand sich in unmittelbarer Aasee-Nähe (vgl. 4.4). Pro Begehungstermin
wurden drei bis sechs Standorte begangen und jeweils 25 min lang hinsichtlich des
Vorkommens von Wasserfledermäusen untersucht. Jede Begehung begann bei
Einbruch der Dunkelheit und endete zumeist in der ersten Nachthälfte. Um eine
möglichst große Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erzielen wurde die Abfolge, in der
die Punkte begangen wurden variiert. Da die einzelnen Untersuchungspunkte
nacheinander begangen wurden, ist eine mögliche, zeitlich bedingte Varianz zu
berücksichtigen. Einerseits verändert sich die Fledermausaktivität im Verlauf der Nacht
natürlicherweise, was durch die variierte Abfolge der Punkte pro Begehung und die
Beschränkung auf die erste Nachthälfte ausgeglichen werden sollte, andererseits kann
sich die Aktivität mit wechselnden Witterungsverhältnissen wie zum Beispiel raschem
Temperaturabfall oder aufkommendem Wind schlagartig verändern. Bei starker
Verschlechterung des Wetters mussten einige Begehungen sogar vorzeitig
abgebrochen werden.
Um die Nutzung der untersuchten Gewässerabschnitte durch die Wasserfledermäuse
möglichst genau zu charakterisieren, wurde versucht, jedes Tier mit Zeit- und
9
Material und Methode
Richtungsangabe den Rubriken „Jagd“ und „Durchflug“ zuzuordnen. Ein jagendes Tier
wurde anhand hörbarer „Final-Buzz“ Sequenzen (WEID & VON HELVERSEN 1987,
GEBHARD 1997) und durch sichtbares Jagdverhalten bestimmt. Ein „Final Buzz“ (auch:
terminal buzz, feeding buzz) bezeichnet die stark beschleunigte Abfolge der
Ortungsrufe unmittelbar vor einer Fanghandlung. Durchfliegende Tiere zeichneten sich
durch gerichteten Flug ohne sichtbare Kehrtwendungen und das Fehlen von FinalBuzz - Sequenzen aus. Gelang es nicht, Sichtkontakt zu den Tieren aufzubauen,
wurden diese einer weiteren Kategorie „Detektorkontakte“ zugeordnet.
Innerhalb der Gattung Myotis besteht aufgrund der ähnlichen Ortungsrufe einiger Arten
Verwechselungsmöglichkeit. Obwohl auf eine computergestützte Lautanalyse während
dieser Untersuchung verzichtet wurde, ließen die äußeren Umstände der
Beobachtungen in den meisten Fällen eine zweifelsfreie Determination der Art Myotis
daubentonii zu. Die Netzfänge, während derer an den entsprechenden
Untersuchungspunkten keine anderen Myotis-Arten nachgewiesen wurden, bestätigten
das Ergebnis. Dennoch traten einige Zweifelsfälle hinsichtlich der Artzugehörigkeit auf.
Diese Detektorereignisse wurden als Myotis species angesprochen oder blieben in der
Auswertung unberücksichtigt, wenn eine Wasserfledermaus auszuschließen war.
Insgesamt muss bei der angewendeten Methode beachtet werden, dass der Einblick
auf die Wasseroberfläche an den unterschiedlichen Standorten nicht immer
gleichwertig gegeben war. So kann beispielsweise die Sicht durch einen kurvenreichen
Gewässerverlauf oder uferbegleitende Vegetation beeinträchtigt werden. Demzufolge
können einzelne Fledermäuse an den unterschiedlichen Standorten über verschieden
lange Strecken beobachtet werden. Bei einem geraden Flussverlauf mit guter
Einsehbarkeit ist es möglich, die komplette Flugbahn eines jagenden Tieres zu
beobachten.An anderen Standorten entziehen sich die Wendepunkte in der Flugbahn
jagender Tiere der Sicht. Dies begünstigt eventuell Doppelzählungen. Ferner ist es an
einigen Punkten nicht möglich, sich auf das Niveau der Wasseroberfläche zu begeben,
was ein Anleuchten der durchfliegenden Fledermäuse erschwert. In Folge dessen
können die „Detektorkontakte“ ohne Sichtkontakt an schwer einsehbaren Standorten
überrepräsentiert sein. In dieser Rubrik können sowohl durchfliegende als auch
jagende Tiere enthalten sein. Im Falle von letzteren sind Doppelzählungen sehr
wahrscheinlich, da sich jagende Wasserfledermäuse über einen längeren Zeitraum
einen kleinen Bereich aufhalten.
Es kann außerdem nicht ausgeschlossen werden, dass das Anleuchten der
Wasserfledermäuse mit einem Scheinwerfer jagende Tiere in ihrem Verhalten
beeinträchtigt. Es konnte während der Untersuchung jedoch in keinem Fall beobachtet
werden, dass diese Störung ein Individuum zum Verlassen seines Jagdgebietes
veranlasst hätte. Sollte dies dennoch geschehen, würde das Resultat nicht bedeutend
verändert, denn die Fledermaus wäre ja vor ihrem Vermeidungsverhalten trotzdem
quantitativ erfasst worden. Abschließend sei zu erwähnen, dass sich die physische und
psychische Konstitution des Bearbeiters in einigen Fällen auf die Qualität der
Kartierung auswirken kann. Regelmäßige Nachtarbeit kann einerseits zur
Verminderung der allgemeinen Leistungsfähigkeit führen, andererseits können bei
allein durchgeführten nächtlichen Kartierungen entstehende Ängste Einfluss auf die
10
Material und Methode
Geländearbeit nehmen (WILHELM & MÜNCH, 1996). Da Netzfänge und Telemetrie kaum
von einer Person durchzuführen sind, wurde in dieser Untersuchung infolge
Personalmangels am ehesten bei den Detektorbegehungen auf eine Begleitung
verzichtet. Dieser Umstand hat in einigen Fällen zum vorzeitigen Abbruch einer
Begehung oder zur Meidung besonders dunkeler Untersuchungspunkte geführt, was
eine unterschiedliche Begehungsintensität an den verschiedenen Stellen zur Folge
hatte.
4.2 Netzfänge
Um Aussagen über das Alter und das Geschlecht von Fledermäusen zu treffen, ist es
unerlässlich, die Tiere zu fangen um sie manuell untersuchen zu können. Aus diesem
Grund wurden zwischen dem 15.04. und dem 17.09.2004 regelmäßig Netzfänge an
verschiedenen Stellen des Aaverlaufes durchgeführt. Zum Einsatz kamen
ausschließlich Puppenhaarnetze von einer Länge von 8 bzw. 10 m und einer Höhe von
2 m. Die Netze wurden auf handelsübliche Netzstangen (Fa. „Heindl“) gezogen und im
Boden befestigt. An Fangstellen, die mit einer Wathose aufgrund der Wassertiefe nicht
zu begehen waren, wurden die Netze von den Brücken herabgelassen. Hierfür wurden
je zwei Mal drei Alu-Profile (1 m), die gewöhnlich beim Fliesenlegen verwendet
werden, zusammengeschraubt. In die entstandenen Leisten wurde das Netz mit Hilfe
von Karabiner Haken eingespannt. Um der Windanfälligkeit dieser leichten
Konstruktion entgegen zu wirken wurden die Leisten mit gefüllten Plastikflaschen
beschwert. Bei Fangerfolg musste das Netz von zwei Personen empor gezogen
werden, während eine dritte Person die gefangenen Fledermäuse befreite. Mit
einsetzender Dämmerung wurde jeweils ein Netz rechtwinkelig zum Aaverlauf flach
über die Wasseroberfläche gespannt. An Stellen, die weniger gut durch steile
Uferböschungen begrenzt waren, wurde ein zweites Netz entlang des Ufers gespannt,
um ein seitliches Ausweichen der Tiere zu verhindern. Die Netze wurden lückenlos
bewacht. Bei Fangerfolg wurden die Fledermäuse sofort befreit. Die Fangeinsätze
endeten nach Möglichkeit in der Morgendämmerung. Zur Bestimmung der
Lufttemperatur wurde stündlich eine Messung mit einem Aspirationspsychrometer in
30 cm Höhe über der Wasseroberfläche durchgeführt.
Die Netzfangmethode eignet sich kaum, um quantitative Aussagen zu treffen. Trotz
des sehr feinen Materials sind Fledermäuse in der Lage, die Netze wahrzunehmen.
Tiere, die sich auf einem Durchflugweg befinden orten häufig weniger intensiv, da sie
ihre Flugroute genau kennen. Das Netz stellt ein unerwartetes Hindernis dar, was zum
Fangerfolg führen kann. Bei häufigen Fangeinsätzen an derselben Stelle ist mitunter
jedoch eine Veränderung der Flugbahnen zu beobachten, was auf einen Lerneffekt
schließen lässt. Jagende Tiere sind äußerst schwierig zu fangen, da sie während der
Beutedetektion besonders sensibel orten, was ein schnelles Erkennen des Netzes
fördert. Eine gewisse „Netzscheuheit“ beschreiben u. A. GAISLER (1973), KEMME
(1993) und LUBZCYK (1995). Die Methode ist zudem stark witterungsabhängig. Bereits
leichter Wind führt an ungeschützten Stellen zum Aufblähen der Netze, was eine
Ortung durch die Fledermäuse begünstigt. Ebenfalls werden nasse Netze schnell
11
Material und Methode
wahrgenommen, da sie durch die hängen bleibenden Tropfen an Stärke zunehmen.
Bei Fängen an Gewässern ergeben sich diese Bedingungen besonders häufig, da die
Fangstellen einerseits windexponiert sind und sich andererseits in den Morgenstunden
häufig Nebel bildet, der sich als Tropfen auf den Netzen niederschlägt. Zusätzlich war
der Witterungsverlauf im Untersuchungszeitraum suboptimal. Der Effekt von
Regenschauern konnten mitunter umgangen werden, wenn es möglich war, das Netz
unter eine Brücke zu stellen. Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen wie starkem
Wind oder anhaltendem Regen mussten jedoch einige Fänge vorzeitig abgebrochen
werden.
4.3 Bearbeitung der gefangenen Tiere
Jede gefangene Fledermaus wurde hinsichtlich verschiedener Parameter untersucht.
Diese werden im Folgenden näher beschrieben. Nach dem Vermessen wurden die
Wasserfledermäuse
individuell
markiert.
Die
Weibchen
erhielten
eine
Unterarmklammer am rechten, die Männchen am linken Unterarm. Zudem wurden Für
jede gefangene Fledermaus der genaue Fangzeitpunkt und die Flugrichtung notiert.
Besondere Auffälligkeiten wurden ebenfalls im Protokoll vermerkt.
4.3.1 Gewicht
Zur Ermittlung des Körpergewichtes kam eine elektronische Waage der Firma Kern
(Messgenauigkeit 0,1 g) zum Einsatz.
4.3.2 Unterarmlänge
Die Unterarmlänge der einzelnen Tiere wurde mit einem Messschieber auf 0,1 mm
Genauigkeit bestimmt. Von allen Fledermäusen wurde stets der rechte Unterarm
gemessen.
4.3.3 Geschlecht und Fortpflanzungsstatus
Das Geschlecht von Fledermäusen ist leicht durch die Betrachtung der primären
Geschlechtsorgane zu bestimmen. Zur Einschätzung des Fortpflanzungsstatus
hingegen bedarf es einer zusätzlichen Betrachtung sekundärer Geschlechtsorgane.
4.3.3.1 Männchen
Die Vorbereitung der Reproduktionstätigkeit beginnt bei den heimischen Fledermäusen
mit dem Einsetzen verstärkter Samenproduktion in den Hoden. Dieses geschieht nur in
den Jahreszeiten der Paarung (NEUWEILER 1993). Äußerlich erkennbar ist dieser
Zeitpunkt an der beginnenden Schwellung der Hoden. Die produzierten Samen werden
in die Nebenhoden geleitet, von wo aus sie als Ejakulationsprodukt Verwendung
finden. Bei paarungsaktiven Männchen sind die Nebenhoden (äußerlich sichtbar)
12
Material und Methode
zumeist prall gefüllt, während die Schwellung der Hoden im Regelfall schon wieder
nachlässt.
Der Zustand der Hoden und Nebenhoden wurde jeweils folgenden Kategorien
zugeordnet:
• unauffällig: keine äußerlich erkennbare Vergrößerung der Hoden und/oder
Nebenhoden, letztere oft nur als kleine, bläulich-schwarze Punkte zu
erkennen,
• deutlich erkennbar: deutlich erkennbare Schwellung der Hoden/sichtbare
Füllung der Nebenhoden und
• stark geschwollen: starke Schwellung der Hoden (zumeist einhergehend
mit deutlich erkennbaren Nebenhoden)/prall gefüllte Nebenhoden.
Bei beginnender Hodenschwellung wurde die beginnende Spermatogenese
angenommen,
Paarungsaktivität wurde erst bei stark gefüllten Nebenhoden
diagnostiziert. Zum Zustand der Nebenhoden vgl. TRAPPMANN (1999), ENCARNAÇÃO et
al. (2004).
4.3.3.2 Weibchen
Zur Einschätzung der Reproduktionsphase weiblicher Fledermäuse wurden die Zitzen
näher untersucht. Diese sind durch Aufpusten des Fells nahe der Achselregion
auffindbar. Zusätzlich wurde im Frühsommer der Bauch vorsichtig abgetastet, um eine
eventuelle Trächtigkeit festzustellen. Bei Tieren, die noch nie ein Jungtier aufgezogen
haben und die sich gerade in unauffälligem Fortpflanzungsstatus befinden, sind die
Zitzen klein, behaart und kaum sichtbar. Im Laufe der Gravidität setzt die
Milchproduktion ein, wodurch eine erkennbare Schwellung der Zitzen verursacht wird.
Mit der Geburt des Jungtieres beginnt die Phase der Laktation. Die Zitzen sind in
diesem Zeitraum groß und um sie herum ist ein haarfreier Hof erkennbar. Nach
Absäugen des Jungtieres bilden sie sich langsam zurück und das umgebende Fell
wächst nach. Der Fortpflanzungsstatus wurde folgendermaßen kategorisiert:
• unauffällig: Die Zitzen sind unauffällig und es ist weder eine Trächtigkeit,
noch eine Reproduktion im vergangenen Fortpflanzungszyklus ersichtlich,
• trächtiges Weibchen: Gewicht, Zustand des Bauches und der Zitzen
lassen eine Schwangerschaft annehmen,
• säugendes Weibchen: Die Zitzen sind erkennbar besäugt und
• hat Jungtier großgezogen: Die Zitzen sind in der Rückbildung begriffen,
jedoch noch deutlich erkennbar.
13
Material und Methode
4.3.4 Alter
Das Alter von Fledermäusen ist am lebenden Tier nur ungefähr einzuschätzen. Daher
werden lediglich drei Altersklassen unterschieden:
• juvenil: Tiere im Zeitraum von der Geburt bis zur ersten Überwinterung,
• vorjährig: Jahr nach der ersten Überwinterung, in zweiter Jahreshälfte
jedoch kaum sicher zu bestimmen und
• adult: alle Tiere die nicht sicher als juvenil oder vorjährig bezeichnet
werden können.
Für die Altersbestimmung wurden folgende Parameter berücksichtigt.
4.3.4.1 Ossifikationsgrad der Handknochen
Anhand des Verknöcherungszustandes der Finger- und Mittelhandknochen ist es
möglich, Jungtiere in den ersten drei Lebensmonaten von den Alttieren abzugrenzen
(ANTHONY 1988). Die knorpelige Epiphysenfuge bleibt etwa bis zu diesem Zeitpunkt als
Wachstumszone erhalten und erscheint heller als das umliegende Knochengewebe
(TRAPPMANN 1999b). Sie ist gut erkennbar, wenn man den Flügel mit einer starken
Taschenlampe durchleuchtet. Tiere mit erkennbaren Epipysenfugen können eindeutig
als juvenil eingestuft werden.
4.3.4.2 Kinnfleck
Der Kinnfleck eignet sich in bedingtem Maße zur Alterseinstufung von
Wasserfledermäusen (RICHARDSON 1994). GEIGER et al. (1996) belegen mit einer
Wahrscheinlichkeit von über 80 %, dass Wasserfledermäuse mit einem Kinnfleck der
„Klasse 1“ als juvenil einzustufen sind. Die Kategorisierung des Kinnflecks orientierte
sich an den Vorschlägen von GEIGER et al. (1996) in folgenden Rubriken:
• stark: Kinnfleck dehnt sich fast über die gesamte Unterlippe aus, scharfe
Randbegrenzung, schwarz-blau pigmentiert,
• deutlich ausgeprägt: Kinnfleck ist in der Ausdehnung verkleinert, so dass
die angrenzenden Seiten der Unterlippe bereits stark aufgehellt sind,
Randbegrenzung weniger scharf, schwarz-blau pigmentiert,
• schwach ausgeprägt: Randbegrenzung sehr verschwommen, oft kaum
noch sichtbarer Kinnfleck, schwach grau-blau pigmentiert und
• fehlt: Auch mit Lupe kein Kinnfleck mehr sichtbar.
Die Alterseinstufung erfolgte bei dieser Untersuchung niemals ausschließlich nach dem
Kinnfleck.
4.3.4.3 Fortpflanzungsstatus
Anhand des Zustandes der Zitzen und der Nebenhoden ist es möglich zu beurteilen,
ob ein Individuum jemals an der Reproduktion teilgenommen hat. Sind die
Nebenhoden lediglich als kleine, bläulich-schwarze Punkte ausgebildet, hat noch nie
eine Füllung stattgefunden. Das Männchen befindet sich vermutlich im ersten
14
Material und Methode
Lebensjahr. Entsprechendes gilt für die Weibchen mit unauffälligen, kaum im Fell
auffindbaren Zitzen.
4.3.4.4 Zustand der Zähne
Das Gebiss eines juvenilen Tieres unterscheidet sich von dem eines älteren
Individuums. Bei diesjährigen und oft auch noch bei vorjährigen Tieren sind die
Zahnspitzen spitz und es sind noch keine Abnutzungserscheinungen sichtbar. Die
Eckzahnspitzen lassen oftmals eine leichte „Tropfenform“ erkennen und sind leicht
nach hinten gebogen. Mit zunehmendem Alter wird das Gebiss durch das Zerkauen
der Chitinpanzer der Beutetiere allmählich abgenutzt, was durch Abrundung der
Zahnspitzen und einer gleichmäßigen Abnutzung der Mandibel ersichtlich wird.
Abgebrochene Einzelzähne bleiben bei der Einstufung der Zahnabnutzung
unberücksichtigt, da es sich hierbei nicht um altersbedingte Erscheinungen handelt.
Die Zahnabnutzung wurde in vier verschiedene Kategorien eingestuft:
• keine: Alle Zahnflächen weisen noch hohe, spitze Höcker auf, keine
Abnutzungserscheinung erkennbar,
• leicht: bereits erste Anzeichen von gleichmäßiger Abreibung der
Zahnreihen,
• mäßig: zwischen leichter und starker Zahnabnutzung und
• stark: Die Zahnreihen wirken durch die starke Abnutzung bereits
deformiert, nur noch kleine, abgerundete Höcker auf den Zahnflächen.
Zusätzlich wurden die Zähne mit einer Lupe (Vergrößerung achtfach) hinsichtlich des
Vorhandenseins von Plaque-Ablagerungen untersucht. Diese als „Zahnstein“
bezeichneten Ablagerungen entstehen vermutlich aus Resten der Insektennahrung
(VIERHAUS 1994). Sie sind als schmaler, schwarz gefärbter Saum an der
Zahnhalsbasis erkennbar. Die Zahnsteinbildung beginnt gewöhnlich an der Außenseite
des hintersten, oberen Molars. Mit fortschreitendem Alter bildet sich der Zahnstein
allmählich auch an den vorderen Zähnen, an den Innenseiten und an den unteren
Zahnreihen. Da die Intensität der Zahnsteinbildung bei verschiedenen
Fledermausarten variiert, sind bei der Beurteilung derselben leichte artspezifische
Modifikationen sinnvoll. Im Wesentlichen orientiert sich die Einstufung an den von
TRAPPMANN (1996) für die Fransenfledermaus vorgeschlagenen Kategorien. Für
Wasserfledermäuse ergeben sich daraus folgende Rubriken:
• fehlt: kein Zahnstein sichtbar,
• gering: dünne Zahnsteinablagerung an der Außenseite der oberen
Zahnreihen, die nur M(Molar)3 betrifft,
• mäßig: dünne Zahnsteinablagerung an der Außenseite der oberen
Zahnreihen, die sich über der oberen M2 und M1 erstrecken kann und
• stark: dickere Zahnsteinablagerung an der Außenseite der oberen
Zahnreihen, die M3-M1 betrifft; Zahnsteinbildung an den Praemolaren (P),
im Extremfall bis hin zu den Canini (C), sowie Ablagerungen an den
unteren Zahnreihen und an den Zahn-Innenseiten.(also alles, was über
„mäßig“ hinausgeht).
15
Material und Methode
4.3.4.5 Ohrschäden
Bei einigen Tieren sind an den Ohrmuscheln Schäden festzustellen. KIEFER (1996)
führt sie auf die Frosteinwirkung im Winter zurück, was eine zurückliegende
Überwinterung zur Vorraussetzung hat. Tiere mit Frostschäden an den Ohren sind
demnach nicht als juvenil einzustufen (TRAPPMANN 1999b).
4.3.3.6 Synthese der einzelnen Parameter
Die Einstufung des Alters orientierte sich im Wesentlichen an dem von TRAPPMANN
(1999b) vorgeschlagenen Schema. Demnach sind juvenile Wasserfledermäuse
einwandfrei durch das Vorhandensein von Epiphysenfugen zu erkennen. Sind diese
bereits geschlossen, müssen Kinnfleck, der Zustand der Zähne und der
Fortpflanzungsstatus mit einbezogen werden. Sind kein Zahnstein und
Zahnabnutzungserscheinungen erkennbar, ein mindestens deutlicher Kinnfleck
vorhanden und hat das Tier noch niemals an der Reproduktion teilgenommen, ist es in
der postnatalen Phase bis zum Winter als juvenil einzustufen. Das Erkennen von
vorjährigen Tieren ist äußerst schwierig und erfordert viel Übung. Nach dem ersten
Winter können bereits leichter Zahnstein und Ohrschäden vorhanden sein. Dennoch
weisen vorjährige Tiere in der Phase unmittelbar nach dem Winterschlaf noch häufig
die Merkmale von juvenilen Tieren vor, was eine Einstufung als „vorjährig“ ermöglicht.
Im Laufe des Jahres wird diese Abgrenzung immer schwieriger, so dass Zweifelsfälle
stets als adult bezeichnet werden sollten.
16
Material und Methode
4.4 Untersuchungsstandorte
Abbildung 3 gibt einen Überblick über die Lage der Fang- und Detektorpunkte.
Die Kartierpunkte werden im Folgenden aufgrund ihrer Lage oder Eigenschaften
gruppiert. Dabei umfasst der „obere Aaverlauf“ die Punkte 10 und 11, die Punkte 7 bis
9 werden dem Aasee zugeordnet, wobei Punkt 9 eigentlich bereits zum Aaverlauf
gehört.
Abbildung 3: Lage der Untersuchungspunkte. 1 = Ahlertweg, 2 = Coermühle, 3 = Zum Rieselfeld, 4 = Nevinghoff,
5 = Neubrückenstraße, 6 = Bispinghof, 7a = LBS, 7b = Adenauerallee, 8a = Aasee Zookanal, 8b = Zookanal Zoo,
9 = Haus Kump, 10 = Sentruper Straße, 11 = Roxeler Straße.
Durch seine weite Ausdehnung und geringe Fließgeschwindigkeit weist der renaturierte
Bereich zwischen „Haus Kump“ und der eigentlichen Aaseemündung einen anderen
Charakter vor als der anschließende Aa-Oberlauf. Hier wirkt die Aa bereits eher dem
Aasee zugehörig als dem Aa-Oberlauf. Deshalb wird Punkt 9 in die Standortgruppe
Aasee gefasst. Die Untersuchungspunkte 5 und 6 werden als „Innenstadtstandorte“
bezeichnet, während die Punkte 1 bis 4 dem „nördlichen Aaverlauf“ angehören. In
Tabelle 1 werden die Untersuchungspunkte hinsichtlich einiger standörtlicher
Eigenschaften charakterisiert.
17
Material und Methode
Tabelle 1: Übersicht über die Untersuchungsstandorte. Die Breitenangabe ist aufgrund wechselnder
Wasserstände nur ein Annäherungswert.
Nr.
Bezeichnung
Methoden
Breite
Beschreibung
1
Ahlertweg
N*, D**
8m
2
Coermühle
N
5m
3
Zum Rieselfeld
N, D
7m
4
Nevinghoff
N
10 m
5
Neubrückenstraße
D
0,5m –
6m
6
Bispinghof
D
7a
LBS
D
14 m
7b
Adenauerallee
N
14 m
8a
Aasee Zookanal
N
9m
8b
Zookanal Zoo
N
9m
Außerhalb Siedlungsbereich; unter Brücke;
stark wechselnde Wasserstände;
Angrenzend Viehweiden (Rinder),Felder
Außerhalb Siedlungsbereich; unter Brücke;
geringe Wassertiefe, durch Steine im
Wasser unruhige Wasseroberfläche;
angrenzend Viehweiden (Rinder)
Außerhalb Siedlungsbereich; steile
Böschung; stark wechselnde
Wasserstände; angrenzend Viehweiden
(Pferde), Gehölze (Pappeln)
Nahe Siedlungsbereich; angrenzend
Wiesen, renaturierte Bereiche mit
Feuchtbiotopen, Übergang zu südlich
angrenzenden, stark begradigten und
kanalisierten Bereichen der Innenstadt
Innenstadt, Brückenbereich, in Beton-Bett;
stark wechselnde Wasserstände,
angrenzend Gebäude, hohe Mauern
Innenstadt, in Beton-Bett; angrenzend
Straßen und Gebäude
Innenstadt, angrenzend Fußwege,
Parkgehölze
Innenstadt, Fang von Brücke herab,
befestigte Ufer, angrenzend Fußwege,
Parkgehölze, Aa-Austritt aus dem Aasee
Parkanlage nahe Innenstadt, Fang von
Brücke herab, angrenzend Grünflächen und
Gehölze, Durchfahrt des Wasserbusses
vom Aasee zum Zoo
Siehe 8a; angrenzend Zoogelände
9
Haus Kump
N
7m
10
Sentruper Straße
D
4m
11
Roxeler Straße
D
5m
Nahe Siedlungsbereich; Brückenbereich;
angrenzend Weiden (Pferde) und
renaturierte Bereiche der Aa; nahe
Aamündung in Aasee
Außerhalb Siedlungsbereich, begradigt,
unruhige Wasseroberfläche; angrenzend
Ackerflächen und Wiesen
Außerhalb Siedlungsbereich; begradigt;
angrenzend Ackerflächen, Weiden (Rinder)
*Netzfang
** Detektor
18
Material und Methode
4.5 Radiotelemetrie
4.5.1 Erhebung der Daten
Die Methode der Radiotelemetrie (im Folgenden als „Telemetrie“ bezeichnet) eignet
sich für die zeitliche und räumliche Beobachtung einzelner Individuen (KALLASCH
1994). Eine besondere Bedeutung wird ihr im Auffinden von Quartieren heimlich
lebender Tierarten zuteil. Das grundlegende Prinzip der Telemetrie ist die Ausstattung
eines mobilen Objektes oder Individuums mit einem Funksender und die Verfolgung
desselben mit Hilfe einer Richtantenne und eines Empfängers. In vorliegender
Untersuchung wurde pro Telemetriephase jeweils eine weibliche Wasserfledermaus
mit einem kleinen Funksender der englischen Firma „Biotrack“ ausgestattet. Da das
Sendergewicht maximal ein Zehntel des Körpergewichtes der besenderten Fledermaus
ausmachen sollte (KALLASCH 1994) wurde jeweils das schwerste gefangene Tier
ausgewählt. Juvenile, hochträchtige und frisch säugende Weibchen wurden zum
Schutz der Tiere nicht telemetriert. Der Sender wurde zunächst mit einem kleinen
Reflektor präpariert um die verfolgte Fledermaus bei Sichtkontakt durch Anleuchten mit
einer Taschenlampe besser ausfindig machen zu können. Ein auf diese Weise
vorbereiteter Sender hatte ein Gewicht von maximal 0,7 g. Anschließend wurde der
Sender mit einem ungiftigen, in Apotheken erhältlichen Hautkleber auf Kautschukbasis
(Fa. „Sauer“) zwischen den Schulterblättern auf dem Rücken des Tieres befestigt, so
dass die 30 cm lange Antenne Richtung Abdomen zeigte. Die ausgesendeten Signale
wurden mit einem Empfänger, Modell „TRX 1000S“ der Firma Wildlife Materials und
einer daran angeschlossenen 3-Element-Yagi-Antenne geortet. Die Verfolgung der
Tiere erfolgte fünf Nächte lang mit einem PKW oder zu Fuß.
Eingesetzte Telemetriemethoden waren die „Homing in on the animal“-Methode
(WHITE & GARROTT 1990) und zeitversetzte Kreuzpeilung. Grundlage der „Homing in
Methode“ ist es, möglichst nahen Kontakt zum verfolgten Tier zu halten, ohne dessen
Verhalten zu beeinträchtigen. Bei der zeitversetzten Kreuzpeilung wird die
Aufenthaltsrichtung des Sendertieres von einem definierten Punkt aus mit einem
Kompass eingepeilt. In möglichst geringem Zeitabstand wird eine weitere Peilung von
einem etwa rechtwinkelig zum Tier gelegenen Peilpunkt durchgeführt. Der Schnittpunkt
der auf einer Karte eingetragenen Kompassmessungen ergibt den ungefähren
Aufenthaltsort des Tieres. Diese Methode eignet sich nur dann, wenn das Sendertier
sich längere Zeit in einem kleineren Gebiet aufhält, da bei gerichteter Fortbewegung
der Fehler durch die zeitliche Diskrepanz zu groß werden würde. In jeder
Telemetrienacht wurde ein Protokoll auf ein Tonbandgerät gesprochen, in dem
Veränderungen des Aufenthaltsortes und des Verhaltens der Fledermäuse, sowie
Änderungen der Witterungsverhältnisse und sonstige Anmerkungen zeitgenau
vermerkt wurden.
Aufgrund der großen Mobilität der Fledermäuse, die zudem keine Rücksicht auf das für
Menschen zugängliche Wegenetz nehmen, kommt es bei der Telemetrierung von
Fledermäusen zwangsläufig zu Datenausfällen, wenn das Sendertier schnelle
Ortswechsel vollzieht. Weitere potenzielle Quellen für Datenverluste stellen technische
19
Material und Methode
Defekte, Störungen des Sendesignals und frühzeitiges Abfallen des Senders dar. Eine
lückenlose Beobachtung ist daher kaum möglich. Die anfallenden Fehlzeiten verzerren
automatisch die der Auswertung zugrunde liegenden Ergebnisse. Es ist nicht bekannt,
ob ein Tier jagt, ruht oder sich auf einem Transferweg befindet, wenn kein Sendesignal
empfangen wird. Der prozentuale Anteil des Datenausfalls könnte theoretisch jeder
dieser Verhaltensweisen zugerechnet werden, was das Gesamtbild der relativen
Aktivitätsanteile grundlegend verändern könnte. Die Interpretation der Daten sollte
daher mit entsprechender Vorsicht vollzogen werden.
Weiterhin darf nicht unerwähnt bleiben, dass Fang, Bearbeitung und anschließende
Ausstattung mit einem Sender eine erhebliche Beeinträchtigung für die Fledermaus
darstellen. Diese äußert sich einerseits in direktem Verlust potenzieller Jagdzeit
während der Zeit zwischen Fang und Freilassung, andererseits durch das auferlegte
Tragen eines zusätzlichen Gewichtes. Das Fliegen mit dem Telemetriesender bedeutet
einen erhöhten Energieaufwand. Besonders für Tierarten, die Reserven für die
Überwinterung ansammeln müssen, könnte diese Belastung im Extremfall gravierende
Folgen haben. Daher sollten zur Telemetrierung stets die Individuen mit der
augenscheinlich größten Fitness ausgewählt werden. Aus dem Grund sollte die
Methode der Telemetrie bei Fledermäusen nur dann eingesetzt werden, wenn sie der
Beantwortung sinnvoller fachlicher Fragen dient, die auf keinem anderen Wege erzielt
werden können. Diese Beeinträchtigungen können sich außerdem auf das Verhalten
der Tiere auswirken (WHITE & GARROTT 1990). Erfahrungsgemäß gewöhnen sie sich
schnell an das Handicap, doch besonders in der Nacht der Besenderung muss mit
verlängerten Jagdzeiten gerechnet werden, um die im Zuge der Bearbeitung
entstandene Verlustzeit (s.o.) zu kompensieren. Für viele Fragestellungen stellt die
Telemetrie trotz der Problematiken jedoch die bislang einzig adäquate Methode dar.
4.5.2 Auswertung der Telemetriedaten
Für die Auswertung von Telemetriedaten ist es notwendig, sie zu vereinheitlichen, um
Vergleichbarkeit zwischen den untersuchten Tieren zu schaffen. Im Folgenden werden
die in dieser Arbeit häufig verwendeten Begriffe definiert. Um das Verhalten der
telemetrierten Fledermäuse zu beschreiben werden zunächst verschiedene Aktivitäten
differenziert:
• Flugaktivität: bewegtes Signal,
• Jagd: Nicht deutlich gerichtete Flugaktivität > 2 min in einem Aufenthaltsort
• Überflug: gerichteter Transferflug zum Wechsel zwischen zwei
Aufenthaltsorten. Es können auch direkte Überflüge zwischen zwei
Teiljagdgebieten (s.u.) innerhalb eines Jagdgebietes stattfinden.,
• Schwärmen am Quartier: morgendliche Flugaktivität > 2 min mit Peilung auf
ein bekanntes Tagesquartier,
• Flugpause: nicht bewegtes Signal an einem Aufenthaltsort > 2 min und
• Aktion unbekannt: nicht einzuschätzende Verhaltensweise bei Kontakt zum
Sendertier.
20
Material und Methode
Diese Aktivitäten bilden die Grundlage zur Charakterisierung verschiedener
Aufenthaltsorte. Es muss jedoch bedacht werden, dass bereits die Einteilung in
verschiedene Aktivitäten eine Interpretation der empfangenen Sendesignale darstellt.
Ob eine Fledermaus immer dann jagt, wenn das Signal über mehrere Minuten bewegt
in einem Bereich ist, sei dahingestellt. Eine noch größere Willkür entspringt der
Abgrenzung verschiedener Aktionsräume oder Aufenthaltsorte. Für Fledermäuse
spielen die von uns optisch wahrgenommenen Begrenzungen eines Gebietes sicher
keine Rolle, oder wenn, dann eine andere. Besonders auf zusammenhängenden
Gewässern erweist sich daher eine Abgrenzung einzelner Jagdgebiete als schwierig,
da davon auszugehen ist, dass in den Abschnitten dazwischen ebenso Beute
aufgenommen werden kann. Dennoch ist es sinnvoll, die Haupt-Aufenthaltsbereiche
innerhalb eines bejagten Gewässers herauszustellen. Eine Möglichkeit, dieses
Problem zu lösen, bietet die Methode der zeitgenauen Kreuzpeilung (MESCHEDE &
HELLER 2000), für deren Durchführung jedoch zwei Empfangsteams notwendig sind.
Dieser personelle Aufwand konnte für vorliegende Untersuchung nicht bewältigt
werden, aber auch mit den angewandten Methoden ist es möglich, Aufenthaltsbereiche
des Telemetrierten Tieres anhand der Peilungen ungefähr abzugrenzen. Daher werden
für die Auswertung folgende Aufenthaltsorte differenziert:
• Jagdgebiet (JG): Durch deutliche Überflüge von anderen Bereichen
getrenntes Gebiet, in dem Jagdaktivität festgestellt werden kann. Es kann
sich aus mehreren Teil-Jagdgebieten und
Jagdgebiets-Erweiterungen
zusammensetzen. Die Abgrenzung der Jagdgebiete erfolgte anhand
äußerlich erkennbarer, markanter Strukturen oder Begrenzungen wie zum
Beispiel Brücken oder Waldrändern.
• Teil-Jagdgebiet: Bereich innerhalb eines JG, in dem sich das Tier > 5 % der
in dem JG zugebrachten Gesamtzeit aufhält. Sie werden in den Ergebnissen
als JG1a, JG1b etc. benannt. In der graphischen Darstellung stellen die
Grenzen nur einen ungefähr skizzierten Bereich dar.
• Jagdgebiets-Erweiterungen (JE): Bereiche, die auf demselben Gewässer
unmittelbar an die Teiljagdgebiete angrenzen oder diese miteinander
verbinden, jedoch nur sporadisch in die Jagd mit einbezogen werden
• Streifgebiet (SG): Ungefährer Aufenthaltsbereich außerhalb der abgrenzbaren
Jagdgebiete, in dem > 2 min Flugaktivität feststellbar ist und welcher nicht
einem Überflugs – Korridor angehört. Da der genaue Aufenthaltsort des
Tieres innerhalb der Streifgebiete nicht bekannt ist, wird in der grafischen
Darstellung ein großzügiger Bereich gewählt, innerhalb dessen er sich mit
Sicherheit befindet. Eine Abgrenzung von der Rubrik „Aufenthaltsort
unbekannt“ erfolgt, um eine genauere Anschaulichkeit der Ergebnisse zu
erzielen.
• Ruheplatz (R): Ort außerhalb des Tagesquartiers, an dem das Tier
Flugpausen abhält. Nicht genau bekannte Ruheplätze, die räumlich unweit
voneinander getrennt sind (z.B. zwei benachbarte Bäume) werden zu einem
Ruheplatz zusammengefasst.
• Tagesquartier (Q): Quartier, in dem das Tier sich vom morgendlichen Einflug
bis zum abendlichen Ausflug aufhält.
21
Material und Methode
•
•
•
Flugwege: Genau abgrenzbare Wege, die eine Fledermaus auf
Transferflügen zwischen zwei Aufenthaltsorten genutzt hat.
Überflug - Korridore: Flugwege, bei denen die genaue Struktur, an der sich
das Tier orientiert, unbekannt ist, die aber ungefähr eingeschätzt werden
können.
Aufenthaltsort unbekannt: nicht einzuschätzender Aufenthaltsort bei Kontakt
zum Sendertier. Diese Rubrik wird gewählt, wenn beispielsweise durch
Anpeilschwierigkeiten bedingt keine Richtungsangabe des Sendesignals
möglich ist.
Die Aufenthaltsdauern an den verschiedenen Orten, sowie die Dauern der
verschiedenen Aktivitäten beziehen sich auf die nächtliche Aktivitätszeit der Individuen.
Damit ist die Zeit zwischen dam abendlichen Ausflug und dem morgendlichen Einflug
gemeint. In einigen Nächten konnte die Aktivitätszeit nicht genau festgestellt werden.
Daher werden die relativen Aktivitätsanteile in Bezug zur telemetrierten Zeit gesetzt.
Sind die exakten Ausflugs- und Einflugszeiten bekannt, ist sie identisch mit der
Aktivitätszeit. In Fällen, in denen der abendliche Ausflug verpasst wurde, beginnt die
telemetrierte Zeit mit dieser Feststellung. Bei verpasstem morgendlichem Einflug
infolge Signalverlustes endet die telemetrierte Zeit, sobald das konstante Signal im
Tagesquartier erstmalig festgestellt werden kann. Ausnahmen bilden die
Telemetrienächte, in denen das Tier auch nach langer, morgendlicher Suche nicht
aufgefunden werden konnte. Hier wird als imaginärer Wert für das Ende der
Telemetriezeit die volle Stunde vor Sonnenaufgang gewählt. Endete eine
Telemetrienacht abrupt durch einen technischen Defekt, beendet dieser Zeitpunkt die
telemetrierte Zeit in dieser Nacht.
4.6 Zeitangaben
Alle Zeitangaben erfolgen in Mitteleuropäischer Zeit (MEZ). Die Zeiten der Sonnenaufund Sonnenuntergänge sind für die Stadt Münster berechnet.
22
Ergebnisse
5. Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse unter Berücksichtigung zeitlicher und räumlicher
Aspekte dargestellt.
5.1 Phänologische Aspekte
Im Untersuchungszeitraum waren zeitliche Veränderungen in der Wasserfledermausaktivität
erkennbar. Diese sind eng an den Verlauf des Reproduktionszyklus gebunden.
5.1.1 Ergebnisse der Detektoruntersuchungen
Zwischen dem 23.04. und dem 13.10. wurden die sieben relevanten Detektierpunkte jeweils
10 – 18 Mal begangen. Eine genaue Auflistung der jeweiligen Kartierungstermine findet sich
im Anhang (Tabelle.A1). Die Abbildungen 4 - 9 zeigen die Ergebnisse der Zählungen pro
Dekade. Die Rubriken „Jagd“, „Durchflug“ und „Detektorkontakt“ werden einzeln dargestellt.
45
40
35
Ereignisse
30
25
20
15
10
5
n.b.
0
n.b. n.b.
n.b.
3/4
1/5
2/5
3/5
1/6
2/6
3/6
1/7
2/7
3/7
1/8
2/8
3/8
1/9
2/9
4
5
0
4
7
5
6
0
0
6
6
0
5
7
6
3/9 1/10 2/10
7
6
6
Dekade und Anzahl begangener Punkte
Jagd
Durchflug
Detektor
Abbildung 4: Zusammengefasste Ergebnisse der Zählungen von allen Detektierpunkten
im Untersuchungszeitraum pro Dekade. n.b. = nicht begangen.
Bezogen auf das gesamte UG zeichneten sich verschiedene Aktivitätsphasen ab, die
maßgeblich durch die Durchflugsereignisse geprägt wurden (Abbildung 4). In der
ersten Maidekade war ein vorläufiges Aktivitätsmaximum erkennbar, dessen Dauer
23
Ergebnisse
aufgrund der Kartierungslücke in der zweiten Maidekade nicht genau bestimmt werden
konnte. In den ersten beiden Junidritteln war die Zahl jagender und durchfliegender
Wasserfledermäuse annähernd konstant und nahm zum Ende des Monats etwas ab.
Aufgrund der fehlenden Daten für die ersten beiden Julidrittel kann für diesen Zeitraum
keine Aussage getroffen werden. Ab Ende Juli hatte sich die Aktivität fast verdoppelt,
mit weiterhin steigender Tendenz Anfang August. Das absolute Maximum wurde Ende
August verzeichnet. Ein weiterer Peak war Mitte September feststellbar. Danach ging
die Zahl der Durchflugsereignisse langsam zurück bis zu einem relativen Minimum in
der ersten Oktober-Dekade. Die Zahl jagender Tiere änderte sich über diesen Zeitraum
nur gering, wobei tendenziell ein ähnlicher Verlauf wie bei den durchfliegenden Tieren
erkennbar war. In der zweiten Oktoberdekade wurde erneut ein leichter Anstieg
verzeichnet. Da die dargestellte Phänologie besonders durch die hohe Aktivität am
Standort 7a (LBS) geprägt wurde (s.u.), erfolgt eine weitere Darstellung ohne diesen
Standort (Abbildung 5). In diesem Fall verschwindet der Peak im Mai, wobei in dieser
Dekade dennoch ein leichter Anstieg der Zahl jagender Tiere verzeichnet werden
konnte. Die Aktivität stieg mit dem Flüggewerden der Jungtiere in der dritten
Julidekade, wobei für den Zeitraum zuvor keine Aussagen getroffen werden können.
Das absolute Maximum in der Gesamtaktivität verschob sich auf Mitte September,
gefolgt von einem raschen Einbruch der Aktivität Ende September.
30
Ereignisse
25
20
15
10
5
n.b.
0
3/4
1/5
3
4
n.b. n.b.
2/5 3/5
0
3
1/6
2/6
3/6
1/7
6
4
5
0
n.b.
2/7 3/7
0
5
1/8
5
2/8 3/8
0
4
1/9
2/9
6
5
3/9 1/10 2/10
6
5
5
Dekade und Anzahl begangener Punkte
Jagd
Durchflug
Detektor
Abbildung 5: Zusammengefasste Ergebnisse der Detektorbegehungen im Untersuchungszeitraum pro
Dekade ohne den Detektierpunkt 7a (LBS). (n.b. = nicht begangen)
An den einzelnen Kartierungspunkten waren die relativen Aktivitätsmaxima und
-Minima zeitlich geringfügig verschoben. Außerdem waren deutliche Unterschiede in
der qualitativen Art der Nutzung erkennbar. An den Punkten 1 (Ahlertweg) und 3
(Rieselfeld), (Abbildung 6) konnten sowohl Jagd- als auch Durchflugsereignisse
registriert werden, wobei an Punkt 1 insgesamt etwas weniger Aktivität festzustellen
war.
24
Ergebnisse
b.
15
15
Ereignisse
20
10
10
5
Dekade
Jagd
Durchflug
2/10
3/9
1/10
2/9
1/9
3/8
2/8
1/8
n.b.
3/7
2/7
1/7
3/6
2/6
1/6
1/5
3/4
2/10
3/9
1/10
2/9
n.b.n.b.
3/5
n.b.
0
1/9
3/8
2/8
1/8
n.b.n.b.
3/7
2/7
1/7
n.b.n.b.
3/6
2/6
n.b.
1/6
3/5
2/5
n.b.n.b.
1/5
0 n.b.
2/5
5
3/4
Ereignisse
a.
20
Dekade
Detektor
Jagd
Durchflug
Detektor
Abbildung 6: Wasserfledermausaktivität an den Untersuchungspunkten des nördlichen Aaverlaufes.
a. Ahlertweg (1), b. zum Rieselfeld (3). n.b. = nicht begangen.
Jahresphänologisch ähnelt sich der Verlauf an beiden Standorten. Auffällig ist jedoch
die geringe Aktivität im Juni an Punkt 1 (Abb. 6a). Zu dieser Zeit konnten an Punkt 3
sowohl jagende als auch durchfliegende Tiere nachgewiesen werden. An beiden
Standorten ist ein Maximum der Durchflugs-Ereignisse in den ersten beiden
September-Dekaden zu verzeichnen. Danach ging die Aktivität an beiden Punkten
stark zurück. Die teilweise sehr hohe Anzahl von Detektorereignissen im Sommer an
Punkt 1 ist auf die erschwerte Einsehbarkeit an dem Standort zurück zu führen. Es ist
anzunehmen, dass hier ein weiteres Tier jagte. Punkt 3 (Abb. 6b) war hingegen sehr
gut einzusehen. Hier konnte bei fast jedem Kartierungstermin mindestens ein jagendes
Tier angetroffen werden, welches immer denselben Bereich bejagte. Am 26.05.2004,
der einzigen Begehung in der ersten Jahreshälfte, in der hier keine WasserfledermausAktivität nachgewiesen werden konnte, kam es unmittelbar zuvor zu einer
Verschlechterung der Witterungsverhältnisse.
Eine deutlich andere Verteilung zeigt sich an den Standorten der Innenstadt, Punkt 5
(Neubrückenstraße)und 6 (Bispinghof), (Abbildung 7). An Standort 5 (Abb. 7a) konnte
bis zum August sporadisch eine durchfliegende oder jagende Wasserfledermaus
beobachtet werden. Ab August wurde ein Anstieg der Aktivität registriert, mit einem
Maximum in der dritten August-Dekade. Auffällig ist, dass dieser Bereich der Aa ab
dieser Zeit regelmäßig zur Jagd genutzt wurde. Meistens jagte ein Tier direkt unter der
Straße in der Unterführung und war schwer sichtbar, was die Ursache für die
Detektorkontakte ohne Sichtkontakt sein könnte. Ein ähnliches, noch eindeutigeres
Verteilungsmuster zeigt sich am Punkt 6. (Abb. 7b) Hier war bis in den August gar
keine Wasserfledermausaktivität nachweisbar, ab diesem Zeitpunkt jedoch regelmäßig.
25
Ergebnisse
b.
20
15
15
Ereignisse
10
10
5
2/10
3/9
1/10
2/9
1/9
3/8
2/8
1/8
3/7
n.b.
Dekade
Dekade
Jagd
2/7
1/7
n.b.n.b.
3/6
1/6
n.b.
3/5
2/5
2/10
3/9
1/5
0 n.b.n.b.n.b.
n.b.
1/10
2/9
1/9
n.b.
3/8
2/8
n.b.
1/8
3/7
2/7
1/7
3/6
2/6
n.b.n.b.n.b.
1/6
3/5
1/5
3/4
2/5
n.b.n.b.
0
2/6
5
3/4
Ereignisse
a.
20
Durchflug
Jagd
Detektor
Durchflug
Detektor
Abbildung 7: Wasserfledermausaktivität an den Untersuchungspunkten der Innenstadt.
a. Neubrückenstraße (5), b. Bispinghof (6). n.b. = nicht begangen.
An diesem Standort waren die Tiere äußerst schwierig zu erkennen, so dass die Art
der Nutzung durch die Fledermäuse über einen längeren Zeitraum nicht einschätzbar
war. Bemerkenswert ist hier die Aktivität in der letzten September- und der ersten
Oktober-Dekade. An den Untersuchungspunkten am nördlichen Aaverlauf (Abb. 6)
konnte im selben Zeitraum kaum Aktivität festgestellt werden. Ein wiederum
unterschiedlicher Verlauf der Wasserfledermausaktivität konnte an den
Untersuchungspunkten am oberen Aaverlauf registriert werden (Abbildung 8). An
Punkt 10 (Sentruper Str.) war im gesamten Untersuchungszeitraum nur eine
Wasserfledermaus sicher nachzuweisen. An drei weiteren Terminen konnte jeweils ein
Tier der Gattung Myotis gehört werden (Abb. 8a). An Punkt 11 (Roxeler Str.) waren
insgesamt ebenfalls kaum Wasserfledermäuse feststellbar. Auffällig ist die
zunehmende Aktivität im Oktober. An beiden Begehungsterminen jagte dort ein links
beringtes Tier. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um dasselbe Individuum
handelt.
b.
20
15
15
Ereignisse
20
10
10
5
Dekade
Jagd
Durchflug
2/10
1/10
3/9
2/9
1/9
3/8
2/8
1/8
n.b.n.b.
3/7
2/7
1/7
3/6
2/6
n.b.n.b.
1/6
3/5
n.b.n.b.
2/5
0 n.b.
1/5
2/10
1/10
3/9
2/9
n.b.
1/9
3/8
2/8
1/8
n.b.n.b.
3/7
2/7
1/7
3/6
2/6
1/6
n.b.n.b.n.b.
3/5
2/5
1/5
n.b.n.b.
0
3/4
5
3/4
Ereignisse
a.
Dekade
Detektor
Jagd
Durchflug
Detektor
Abbildung 8: Wasserfledermausaktivität an den Untersuchungspunkten des oberen Aaverlaufes.
a. Sentruper Straße (10), b. Roxeler Straße (11). n.b. = nicht begangen.
26
Ergebnisse
Eine Sonderstellung nimmt Untersuchungspunkt 7a (LBS) ein (Abbildung 9). Aufgrund
seiner Lage zwischen dem Aasee und einem Wehr, welches durch seine stauende
Wirkung die Fließgeschwindigkeit mindert und großer Gewässerbreite, hat die Aa in
diesem Bereich den Charakter eines Stillgewässers (vgl. 4.4.).
20
Ereignisse
15
10
5
2/10
3/9
1/10
2/9
1/9
3/8
2/8
1/8
n.b.
3/7
2/7
1/7
3/6
2/6
1/6
n.b.n.b.
3/5
1/5
3/4
2/5
n.b.
0
Dekade
Jagd
Durchflug
Detektor
Abbildung 9: Wasserfledermausaktivität am Untersuchungspunkt 7a (LBS). n.b.=nicht begangen.
An diesem Punkt konnten bei jeder Begehung mehrere Wasserfledermäuse
nachgewiesen werden. Dennoch ist ein deutlicher jahresphänologischer Verlauf
erkennbar. Ein erster Anstieg der Durchflugs- und Jagdaktivität war in der ersten MaiDekade zu verzeichnen. In den folgenden Wochen blieb die Anzahl nachgewiesener
Wasserfledermäuse bis Ende Juni zunächst konstant, dann rückläufig. Die ersten zwei
Julidrittel wurden nicht erfasst. Ab der dritten Julidekade hatte sich die Aktivität im
Vergleich zur vorhergehenden Begehung verdoppelt. Besonders die Anzahl der
erfassten Durchflugsereignisse stieg bis zu einem Maximum im August an. In dieser
Dekade konnten ebenfalls die meisten jagenden Wasserfledermäuse gezählt werden.
In der ersten Septemberhälfte sank die Zahl der Durchflugs-Ereignisse wieder,
während jagende Tiere nach wie vor festgestellt werden konnten. Zwei weitere
Aktivitätsmaxima waren Ende September und Mitte Oktober zu registrieren. Aufgrund
der Mittelwert-Bildung ist das Maximum für die dritte Septemberdekade in der
Darstellung weniger prägnant ausgeprägt. Es wurden zwei Begehungen
zusammengefasst, von denen sich die erste durch eine große Zahl von
Durchflugsereignissen auszeichnete, während bei der zweiten Begehung nur geringe
Aktivität festgestellt wurde. Die genauen Zahlen können Tabelle A1 (Anhang)
entnommen werden.
5.1.2 Ausflugs- und Einflugszeiten
Im Jahresverlauf verschieben sich die Aktivitätszeiten der Wasserfledermäuse relativ
zu den Sonnenzeiten. In Abbildung 10 werden erste und letzte Registrierungen von
Wasserfledermäusen im nächtlichen Verlauf dargestellt. Als Datengrundlage dienen
während der Fangnächte erhobene Beobachtungen, sowie die Ausflugs- und
27
Ergebnisse
Einflugszeiten der telemetrierten Tiere. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die
Fledermäuse zu den unterschiedlichen Beobachtungspunkten unterschiedliche
„Anflugszeiten“ vom Quartier aus haben. Die Werte stellen daher nur einen ungefähren
Verlauf dar,
MEZ 0:00
23:00
22:00
21:00
20:00
19:00
18:00
17:00
16:00
15:00
14:00
13:00
12:00
11:00
10:00
9:00
8:00
7:00
6:00
5:00
4:00
3:00
2:00
1:00
0:00
A
M
J
Sonnenauf- und -untergänge
J
A
S
Monatsbeginn
erste und letzte Registrierung
Abbildung 10: Erste und letzte Registrierungen von Wasserfledermäusen in Bezug zu den Sonnenaufund Sonnenuntergangszeiten.
Die Zeitpunkte der ersten Registrierungen verlaufen parallel zum Verlauf des
Sonnenuntergangs. Sowohl das arithmetische Mittel als auch der Median ergeben
einen Wert von etwa einer Stunde nach Sonnenuntergang. Der Verlauf der letzten
nächtlichen Registrierungen ist weniger eindeutig. Jedoch konnte im gesamten
Untersuchungszeitraum keine Wasserfledermaus mehr später als 45 min vor
Sonnenaufgang jagend beobachtet werden. In diesem Fall handelte es sich um ein
telemetriertes Tier in der Nacht der Besenderung.
5.1.3 Reproduktionsverläufe
Mit Hilfe der Netzfänge konnten Daten zum Fortpflanzungsstatus der
Wasserfledermäuse erhoben werden. Abbildung 11 zeigt den Jahresverlauf der
Zusammensetzung verschiedener Reproduktionszustände gefangener adulter
Weibchen und das Auftreten der flügge gewordenen Jungtiere. In die Darstellung
wurden an einem Schwarmquartier (Brunnen Meyer) erhobene Netzfangdaten mit
einbezogen.
28
Ergebnisse
35
30
Anzahl
25
20
15
10
5
0
16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Gravidität
Laktationsphase
Postlaktationsphase
Kalenderwoche und Reproduktionsphase
unauffällig
trächtig
besäugt
Jungtier aufgezogen
diesjährig
Abbildung 11: Verlauf der Reproduktionsphasen adulter Weibchen und Auftreten der Diesjährigen.
Ab Ende April (18. Kalenderwoche) war die Trächtigkeit einiger Weibchen bereits
deutlich sichtbar. Das erste Tier mit frisch besäugten Zitzen wurde in diesem Jahr
erstmalig am 12. Juni (24. KW) gefangen. Erste flügge gewordene Jungtiere traten ab
Mitte Juli (30. KW) auf. Daraus lassen sich ungefähr die verschiedenen
Reproduktionsphasen abgrenzen. Für den Beginn der Laktationsphase wird der
Erstnachweis eines säugenden Weibchens und für den der Postlaktationsphase der
Erstnachweis eines Jungtieres verwendet. Der Beginn der Graviditätsphase kann nicht
zeitlich eingeordnet werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Befruchtung
der Eizelle mit Beginn der Untersuchung bereits stattgefunden hatte. Bei den Tieren
mit unauffälligem Reproduktionsstatus handelt es sich in der Postlaktationsphase um
Weibchen, die sich nicht erfolgreich reproduzieren konnten, oder die erst gar nicht an
diesem Reproduktionszyklus teilgenommen hatten. Mit steigender Kalenderwoche wird
zudem die diesbezügliche Einstufung immer schwieriger.
Analog dazu lassen sich Reproduktionsphasen für die adulten Männchen ableiten
(Abbildung 12). Die Phase der Spermatogenese wird ab dem Nachweis von Männchen
mit deutlich geschwollenen Hoden datiert. Mit dem Auftreten von Männchen mit stark
geschwollenen Nebenhoden wird der Beginn der Paarungsaktivität angenommen. In
der Betrachtung wird nur der Zeitraum ab der 30. KW berücksichtigt, da in den Wochen
davor die Stichprobe adulter Männchen zu gering war. Aus diesem Grund ist der
Beginn der Spermatogenese nicht zu datieren. Auch in diese Darstellung finden Daten
vom „Brunnen Meyer“ Eingang. Eine Zusammenfassung der Daten war möglich, da am
Winterquartier und im Sommerlebensraum keine Unterschiede hinsichtlich der
Reproduktionsphase erkennbar waren. Die ersten, aber auch die meisten
29
Ergebnisse
paarungsaktiven Männchen wurden Anfang September (37.KW) gefangen, während
Ende August (36.KW) bei ähnlichem Stichprobenumfang noch kein Männchen mit stark
geschwollenen Nebenhoden festgestellt wurde. Bemerkenswert ist der im Vergleich zur
37.KW nur geringe Anteil gefangener paarungsaktiver Männchen in den folgenden
Wochen.
20
Anzahl
15
10
5
0
30
31
32
33
34
35
36
Samenpro duktio n
37
38
39
40
P aarungsaktivität
Kalenderw oche und Reproduktionsphase
unauffällig
beg. Hodenschw ellung
beg. Nebenhodenfüllung
paarungsaktiv
Abbildung 12: Befüllungsgrad der Nebenhoden und Hoden bei den gefangenen adulten Männchen. Die
Stichprobe umfasst zusätzlich am „Brunnen Meyer“ gefangene Tiere.
5.2 Raumnutzung
Die individuelle Markierung von Fledermäusen bietet die Möglichkeit, Eindrücke
hinsichtlich der Raumnutzung einzelner Tiere zu sammeln. Im Folgenden werden die
Ergebnisse der Netzfänge und der Telemetrie dargestellt.
5.2.1 Ergebnisse der Netzfänge
Zwischen dem 15.04. und dem 10.09. 2004 wurden im Untersuchungsgebiet 235
Wasserfledermäuse erstmalig gefangen. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die
Erstberingungen an den einzelnen Standorten. Zusätzlich werden die im Jahre 2003 im
UG beringten Individuen in der Auswertung berücksichtigt. Somit wurden in der
Summe im UG 346 Wasserfledermäuse markiert. Eine detailliertere Darstellung der
einzelnen Netzfangereignisse bietet Tabelle A2 im Anhang.
30
Ergebnisse
Tabelle 2: Anzahl von Erstberingungen an den Untersuchungspunkten in den Jahren 2003 und 2004.
Standort
Standort
Nr.
Ahlertweg
1
Erstfänge
2003
2004
Σ
18
18
Coermühle
2
23
23
Rieselfeld
3
20
20
Nevinghoff
4
Adenauerallee
7b
Aasee Zookanal
8a
Zookanal Zoo
Haus Kump
3
13
16
18
18
72
98
170
8b
29
15
44
9
7
28
35
Q Sentrup
1
1
Q Küchenbusch
1
1
235
346
111
Von diesen 346 Tieren konnten im Untersuchungszeitraum 69 Individuen (20 %)
wieder gefangen werden. Diese wurden jeweils zu 50 % in 2004 und in 2003 beringt.
Zusätzlich wurden vier Individuen gefangen, die an Winterquartieren in den
Baumbergen markiert worden waren. Einige der Tiere wurden mehrfach wieder
gefangen (vgl. Anhang, Tabelle A4). In Tabelle 3 werden alle Wiederfang-Ereignisse
ab 2004 dargestellt, die in direktem Bezug zum Untersuchungsgebiet stehen. Der
ersten Zeile sind die Wiederfang-Orte und der ersten Spalte die Orte der Erstberingung
zu entnehmen. In 39 % der Ereignisse stimmte der Wiederfang-Ort mit dem Ort der
Erstberingung überein. Allerdings könnten die Fangstellen „Aasee Zookanal“ (8a) und
„Zookanal Zoo“ (8b) aufgrund ihrer großen räumlichen Nähe zu einem einzigen
Standort zusammengefasst werden. Der intensive Austausch der an diesen Stellen
gefangenen Tiere unterstützt diese Überlegung. In diesem Fall würde sich der Anteil
von Wiederfängen am Beringungsort auf 61 % erhöhen. Insgesamt konnten für die
Wasserfledermäuse zwischen den Untersuchungspunkten am Aasee zahlreiche
Wechsel festgestellt werden (Tabelle 3, Quadrant oben links). Bemerkenswert ist der
Nachweis von insgesamt 12 Tieren am Punkt „Adenauerallee“ (7b), die am Zookanal
(8a & b) beringt wurden. Alle diese Tiere waren weiblich. Auch in die umgekehrte
Richtung wurde Austausch nachgewiesen, trotz der geringen Zahl von nur 18
Erstfängen an der Adenauerallee. Demgegenüber ist am „Haus Kump“ (9) die Anzahl
zwei gefangener Tiere vom Zookanal bedeutend geringer. Auch der Fang von zwei
Tieren am Zookanal, die bei „Haus Kump“ beringt worden waren ist in Relation zu den
dortigen 35 Erstberinungen (Tabelle 2) weniger gewichtig als die Nachweise vom
Standort „Adenauerallee“ ausgehend. Im Jahr 2003 wurden am Zookanal 30
diesjährige Wasserfledermäuse beringt, die zu 40 % Männchen und 60 % Weibchen
waren. Neun Individuen dieser Stichprobe (30 %) wurden 2004 an den Punkten
„Adenauerallee“ (7a) und „Zookanal“ (8a & b) wieder gefangen, die zu 78 % weiblich
waren. Altersunabhängig wurden insgesamt 57 am Aasee beringte Individuen am
Aasee wieder gefangen. Diese bestanden zu 53 % aus männlichen und 47 % aus
weiblichen Tieren.
31
Ergebnisse
Tabelle 3: Übersicht der Wiederfang-Ereignisse in Bezug zu den Orten der Erstberingung.
EF=Erstfang, WF = Wiederfang, 8a = Aasee Zookanal, 8b = Zookanal Zoo, 7b = Adenauerallee, 9 =
Haus Kump, 4 = Nevinghoff, 3 = Rieselfeld, 2 = Coermühle, 1 = Ahlertweg, BM = Brunnen Meyer,
BT = Brunnen Twickel, TG = Tiergartenheide, OS = Osnabrück.
Die Anzahl von Wiederfang-Ereignissen ist analog zu der Anzahl von Erstberingungen
an den Untersuchungspunkten des nördlichen Aaverlaufes weitaus geringer als im
Aaseebereich (Tabelle 3, Quadrant unten rechts). Trotzdem konnten vereinzelt
Wechsel zwischen den einzelnen Stellen nachgewiesen werden. Hingegen wurde
keines dieser Tiere an weiter entfernten Fangstellen nachgewiesen. Bemerkenswert
sind die Wiederfänge am „Nevinghoff“ (4). Hier wurden zwei von den insgesamt drei in
2003 an dieser Stelle beringten Individuen wieder gefangen.
Es konnten zusätzlich einige räumlich weiter vom Beringungsort entfernte Wiederfänge
verzeichnet werden. So wurde am „Ahlertweg“ (1) ein Tier gefangen, welches im
selben Jahr in 7,7 km Luftlinie am „Zookanal“ (8a) beringt wurde (Tabelle 3, Quadrant
oben rechts). Weiterhin wurde an der Stelle „zum Rieselfeld“ (3) in 4,2 km Entfernung
ein Tier von der „Adenauerallee“ (7b) gefangen. Am „Zookanal“ und an der
„Adenauerallee“ hielten sich mitunter Wasserfledermäuse auf, die am „Brunnen
Meyer“, in 15,3 km Luftlinie markiert wurden. Außerdem wurde hier ein Tier vom
„Brunnen Twickel“ in gleicher Luftlinien-Entfernung nachgewiesen (Tabelle 3, unteres
Feld). Dieses Individuum wurde zwei Monate später an der „Adenauerallee“ gefangen
und telemetriert (s.u.). Außerdem gelang der Nachweis von zwei Tieren, die innerhalb
des Untersuchungsgebietes markiert wurden und dieses verlassen haben (Tabelle 3,
rechtes Feld). So wurde im Juli 2004 im Rahmen einer parallelen Untersuchung ein
Weibchen gefangen, welches 2003 als juveniles Tier am „Zookanal“ beringt worden
war. Im Februar 2005 wurde ein überwinterndes Männchen in etwa 45 km Luftlinie in
einem südöstlich von Osnabrück gelegenen Stollen gefunden. Dieses Tier war im Juli
2004 am „Zookanal“ beringt worden.
In Tabelle 4 werden exemplarisch vier Wasserfledermaus–Individuen hinsichtlich der
räumlichen und zeitlichen Nachweise vorgestellt. Das erste Tier (H135939) wurde 2003
am Aasee als diesjähriges Tier beringt und bereits im nächsten Monat an derselben
Stelle wieder gefangen. Im nächsten Jahr konnte es im Frühjahr an der
„Adenauerallee“ (7b) und im Spätsommer am Beringungsort erneut nachgewiesen
werden. Ebenfalls 2003 wurden die beiden folgenden Individuen (H138267, H138300)
32
Ergebnisse
beringt, jedoch beide bei Fängen in der spätsommerlichen Schwärmphase an
Winterquartieren in den Baumbergen.
Tabelle 4: Aufenthaltsnachweise ausgewählter Wasserfledermaus-Individuen in zeitlichem Bezug.
Ringnummer
Geschlecht
H135939
Weibchen
H138267
H138300
H147669
Weibchen
Männchen
Weibchen
Alter Ort
dj
8a
Datum
Differenz
(Tage)
23.07.03
8a
19.08.03
27
vj
7b
25.05.04
280
8a
16.09.04
114
ad
BT
25.08.03
8a
11.06.04
291
7a
16.08.04
66
BM
09.09.03
8a
06.05.04
240
8a
19.07.04
74
8a
16.09.04
59
8a
05.05.04
8a
12.06.04
38
7b
24.07.04
42
ad
ad
1
01.08.04
8
8a
16.09.04
46
1 = Ahlertweg, 7a = Adenauerallee, 8a = Aasee Zookanal, BM = Brunnen Meyer, BT = Brunnen
Twickel, dj = diesjährig, vj = vorjährig, ad = adult
Beide Tiere tauchten im nächsten Jahr am Aasee auf. Das Weibchen H138267 wurde
sowohl am „Zookanal“ (8a), als auch an der „Adenauerallee“ (7b) gefangen. Detaillierte
Daten zur Raumnutzung dieses Individuums wurden durch Telemetrie erhoben (s.u.).
Das Männchen H138300 hielt sich nachweislich im Frühjahr, Sommer und
Spätsommer jeweils ein Mal am „Zookanal“ auf. Das Weibchen H147669 wurde
innerhalb eines Jahres am häufigsten und mit größter Stetigkeit gefangen. Es wurde im
Frühjahr am „Zookanal“ beringt, im nächsten Monat an gleicher Stelle und nach
weiteren 42 Tagen an der „Adenauerallee“ wieder gefangen. Eine Woche später
gelang der Nachweis dieses Tieres am „Ahlertweg“ (1), dem nördlichsten Fangplatz. Im
Spätsommer hielt es sich erneut am Beringungsort auf. Der Zustand der Zitzen ließ auf
eine erfolgreiche Reproduktion im selben Jahr schließen.
Die geschlechterspezifische Verteilung der gefangenen Wasserfledermäuse im
Untersuchungsgebiet ist der Tabelle 5 zu entnehmen. Berücksichtigt werden hierbei
ausschließlich adulte Tiere. Die Wiederfänge sind mit einbezogen. Bei einem Wert des
m/w-Quotienten < 1 war das Verhältnis zugunsten der Weibchen verschoben, bei
einem Wert > 1 überwogen die Männchen. Aufgrund des kleinen Stichprobenumfangs
an einigen Standorten wurde das Geschlechterverhältnis für den gesamten
Untersuchungszeitraum errechnet. Die absoluten Zahlen gefangener Weibchen und
Männchen sind dem Anhang (Tabelle A2) zu entnehmen. Für die Standorte 8a und 8b
werden zusätzlich die Ergebnisse aus 2003 dargestellt. Eine Zusammenfassung beider
Jahre zur Vergrößerung der Stichprobe ist nicht möglich, da der Erfassungszeitraum
nicht vergleichbar ist.
33
Ergebnisse
Tabelle 5: Verhältnis männliche/weibliche, sowie diesjährige/adulte Wasserfledermäuse an den
verschiedenen Untersuchungspunkten. Die Stichprobe für den dj/ad-Wert beginnt mit dem 19.Juli.
m/w
Standort
2004
dj/ad
2003
2004
2003
1
0,6 (n=18)
0,4 (n=10)
2
0,8 (n=20)
0,6 (n=16)
3
1,6 (n=18)
0,6 (n=11)
4
2,3 (n=10)
1,5 (n=10)
7b
0,7 (n=25)
8a
1,2 (n=110)
1,6 (n=55)*
0,9 (n=41)
8b**
2,2 (n=35)
7,3 (n=25)
0,2 (n=18)
0,4 (n=35)
8(ges)
1,4 (n=145)
4,5 (n=70)*
0,6 (n=59)
0,4 (n=113)
9
3,8 (n=29)
1,0 (n=16)
0,4 (n=78)
0,4 (n=22)
m = Männchen, w = Weibchen, dj = diesjährig, ad = adult, 1 = Ahlertweg, 2 = Coermühle, 3 = Rieselfeld,
4 = Nevinghoff, 7b = Adenauerallee, 8a = Aasee Zookanal, 8b = Zookanal Zoo, 8(ges) = 8a+8b, 9 =
Haus Kump * Erfassungszeitraum ab Mittel Juli, **insgesamt nur drei Fangeinsätze.
An den nördlichsten Untersuchungspunkten (1, 2), sowie der Adenauerallee (7a) ergibt
der Wert einen leichten Weibchenüberschuss, an den übrigen Stellen fällt das
Verhältnis durchweg zugunsten der Männchen aus. Allerdings nähern sich die Werte
an den Punkten 2, 7a und 8a dem Wert 1, was für ein nahezu ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis spricht. Der Wert des Untersuchungspunktes 4 spricht für einen
Männchenüberschuss, ist jedoch aufgrund der Stichprobe nicht verwertbar. Weiterhin
wurde Männchenüberschuss am Punkt 8b nachgewiesen. Dieser Stichprobe liegen
jedoch nur insgesamt drei Fangeinsätze zugrunde. Diese fanden 2004 im Mai und
August, 2003 im September statt. Demgegenüber ist der Männchenüberschuss an
Standort 8a weniger hoch. In diesen Wert gehen für 2004 Daten aus dem gesamten
Erfassungszeitraum ein, für 2003 nur ab dem Flüggewerden der Jungtiere. Am
Standort 9 wurde mit einem Wert von 3,8 eine deutliche Dominanz männlicher Tiere
festgestellt. Diese Tendenz war über den gesamten Untersuchungszeitraum erkennbar
(vgl. Tabelle A2).
Zusätzlich wurde das Zahlenverhältnis von diesjährigen zu adulten Tieren berechnet
(Tabelle 5). In die zugrunde liegende Stichprobe wurden nur die gefangenen Tiere ab
dem Flüggewerden der Jungtiere mit einbezogen. Demzufolge sind die Stichproben
einigen Untersuchungspunkten sehr klein, weshalb sie nur bedingt interpretierbar sind.
Bei Werten < 1 wurde eine höhere Anzahl von Alttieren gefangen, entsprechend
überwog bei Werten > 1 die Anzahl gefangener Jungtiere. Mit Ausnahme der
Standorte 4 und 7a wurden im Spätsommer an allen Untersuchungspunkten mehr
adulte Tiere als diesjährige gefangen. Auffällig sind die kleinen Werte an den Punkten
8b und 9. An diesen Standorten wurde ebenfalls Männchendominanz ermittelt. An den
Punkten 8a und 7a hingegen war das Verhältnis von Jungtieren zu Alttieren im
Untersuchungsjahr ausgeglichen.
Um zu beurteilen, ob die männlichen Wasserfledermäuse eine größere Ortrstreue
vorweisen als weibliche oder umgekehrt wurde zuletzt das Geschlechterverhältnis der
34
Ergebnisse
Wiederfänge errechnet. Für die 2004 im Untersuchungsgebiet wiedergefangenen
Individuen ergibt sich ein ausgeglichenes m/w- Verhältnis von 1,1 bei einer Stichprobe
von 65 adulten Tieren.
5.2.2 Telemetrie
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Telemetrie für jedes Tier einzeln dargestellt.
5.2.2.1 Weibchen 1 – (W1) aus Sentrup
W1 wurde am 10.05.2004 um 22:12 Uhr am „Zookanal“ (8a) vom Aasee kommend,
gefangen. Das 2003 geborene Tier war mit einem Gewicht von 10,5 g zu dem
Zeitpunkt vermutlich erstmalig trächtig. Es erhielt einen Ring mit der Nummer
H 147 686 und wurde um 00:03 Uhr am Fangplatz freigelassen. Die Aufenthaltsorte
des Tieres sind in Abbildung 13 dargestellt. Der Verlauf der Telemetrie wird im
Folgenden beschrieben.
Zunächst entfernte sich W1 der ursprünglichen Flugrichtung folgend den Zookanal
entlang. Es hielt sich 21 min auf dem Zoogelände auf, wobei der genaue Aufenthaltsort
und die Aktion nicht einzuschätzen waren (vgl. Abbildung 13, SG1). Anschließend flog
es zur Jagd für mindestens 9 min über den Aasee, wo es sich in einem Teiljagdgebiet
(JG1a) im Südwestteil des Sees aufhielt Durch einen Satelliten wurde der Funkkontakt
in den darauf folgenden 25 min gestört, so dass der weitere Aufenthalt über dem
Aasee nicht mit Sicherheit belegt, jedoch vermutet werden konnte. Nach Beendigung
der Störung jagte W1 für weitere 49 min in JG1a. Danach wechselte es erneut auf das
Zoogelände. Abermals konnte für weitere 20 min kein genauer Aufenthaltsort
abgegrenzt werden. Danach wurde das Tier für 11 min jagend über dem Zookanal im
Bereich der Anlegestelle des Wasserbusses (JG1b) festgestellt. Anschließend folgte
eine circa einstündige Jagdphase in JG1a über dem Aasee. Um 3:42 Uhr verließ das
Tier endgültig den Aasee und entfernte sich erneut Richtung Zoo. Hier jagte es noch
einige Minuten in JG1b, bevor es sich allmählich auf den Weg zum Quartier begab. Der
Kontakt zum Signal ging wenig später verloren und konnte erst um 4:37 Uhr wieder
hergestellt werden. Zu dieser Zeit war die Fledermaus bereits in ihr Quartier (Q1),
eingeflogen. Der Zeitpunkt des Einflugs ist zwischen 4:07 Uhr, als ein letzter Kontakt
zum fliegenden Tier bestand und 04:37 Uhr nicht genau zu bestimmen. Das Quartier
befand sich in einer Spechthöhle in einer alten Eiche von etwa 70 cm
Brusthöhendurchmesser in 8 m Höhe. Sie war durch einen deutlichen schwarzen
Streifen unterhalb der Einflugsöffnung gekennzeichnet, der auf eine Nutzung durch
eine größere Gesellschaft schließen ließ.
Am Abend des 11.05.2004 verließ W1 um 21:07 Uhr, 55 min nach Sonnenuntergang,
sein Tagesquartier (Q1) und hielt sich noch 10 min in demselben Waldstück (SG2) auf.
Es ist nicht sicher, ob das Tier in dieser Zeit gejagt oder geschwärmt hat. In den
nächsten 5 min verlagert es seine Position bereits allmählich in Richtung des Zoos. Der
direkte Überflug fand um 21:22 Uhr statt. Das Tier flog sofort in JG1a über dem
südwestlichen Aasee, wo es sich eine gute halbe Stunde aufhielt. Danach erfolgte ein
Wechsel in den Zoo. Dort bejagte es zunächst für 8 min JG1b, bevor es 16 min in
35
Ergebnisse
einem offenen Lagerraum des Zoos eine Flugpause hielt (Abb. 13, „Unterstand“).
Nach Beendigung der Pause jagte das Tier zunächst 21 min in JG1b, danach etwa
eine Stunde in JG1a und erneut eine halbe Stunde in JG1b, bevor es wieder für
20 min den Hangplatz im Zoo aufsuchte. Nach anschließender halbstündiger Jagd in
JG1a entfernte es sich in südwestliche Richtung. Dabei orientierte es sich etwa am
Verlauf des Meckelbachs, der genaue Flugweg ist jedoch unbekannt. Vermutlich hielt
sich das Tier zunächst im Bereich der Sportanlage von „Wacker Mecklenbeck“ auf,
bevor es langsam zu einem Waldstück nördlich der Bahnlinie und östlich der A1
flog(vgl. Abb. 13). Die weiteren Peilungen deuteten darauf hin, dass die Fledermaus
die A1 im Bereich Bahnunterführung querte. Mangels Sicht- und Detektorkontakt
konnte dies jedoch nicht genau belegt werden. Westlich der Autobahn und östlich des
Stadtteils Albachten hielt sich das Tier in im Bereich verschiedener kleinerer
Waldstücke nördlich und südlich der Weseler Straße auf (SG3) auf, bis es ab
01:51 Uhr sicher in einem weiteren Jagdgebiet (JG2), einem Waldstück zwischen den
Stadtteilen Oberort und Albachten festgestellt werden konnte. Hier hielt es für
mindestens fünf min eine Flugpause im Bereich westlich der Straße „Oberort“ und
bejagte anschließend die Bereiche beidseitig der Straße. Um 02:10 Uhr musste die
Telemetrie in dieser Nacht aufgrund einer Autopanne abgebrochen werden.
Abbildung 13: Aufenthaltsbereiche von Weibchen 1 im Zeitraum vom 10.-15. Mai 2004.
Kartengrundlage TUEK 200.
36
Ergebnisse
Am Abend des 12.05.2004 wurde W1 im selben Waldstück angetroffen, in dem auch
das erste Tagesquartier festgestellt werden konnte, jedoch in einem neuen Quartier
(Vgl. Abb. 13). Auch dieses befand sich in einer Eiche, jedoch konnte der Höhlentyp
nicht näher definiert werden, da die Einflugöffnung in etwa 10 m Höhe nur sehr schwer
erkennbar war. Möglicherweise handelt es sich aber auch in diesem Fall um eine
Spechthöhle, deren Öffnung von Borke umwuchert und daher nahezu unsichtbar ist.
Die Eiche hat Brusthöhendurchmesser von etwa 40 cm. Der Ausflug des Sendertieres
aus Q2 erfolgte um 21:12 Uhr, 58 min nach Sonnenuntergang. Danach entfernte es
sich bald darauf in Richtung Zoo. Der Flugweg konnte aufgrund des schwer
befahrbaren Weges nicht komplett verfolgt werden. Bei Erreichen des Aasees wurde
das Tier dort bereits jagend angetroffen und hielt sich für weitere 35 min in JG1a auf.
Anschließend flog es zu dem bereits bekannten Hangplatz in einem Lagerraum nahe
des Lieferanteneingangs vom Zoo-Restaurant. In der verbleibenden Nacht hing W1 mit
einer zweiten Wasserfledermaus zusammen in einer Ecke frei an der Wand. Beide
Fledermäuse ruhten die meiste Zeit, mehrmals unterbrochen von kurzem Warmzittern
und anschließenden Exkretionen. Zwischenzeitlich kletterte die unbekannte
Wasserfledermaus unter einen Flügel von W1. Um 03:42 Uhr begannen beide Tiere für
5 min, sich selbst und gegenseitig zu putzen und zu gähnen. Danach begaben sie sich
in Tagesschlaflethargie. Bemerkenswert ist, dass in dieser Nacht bereits zur
Ausflugszeit die Lufttemperatur deutlich geringer war als an den übrigen Abenden,
während sich die Temperatur-Stundenmittel sich im weiteren Verlauf kaum von denen
der Vornacht unterschieden (vgl. Anhang, Tabelle A3).
Am folgenden Abend verließ W1 bereits 34 min nach Sonnenuntergang, um 20:49 Uhr,
für 12 min Q3 um in JG1b zu jagen. Anschließend hing es sich wieder an denselben
Platz wie zuvor, wo es weitere 40 min verweilte. Nach erneuter kurzer Jagd in JG1b
entfernte es sich in JG1a, wo es sich mindestens für 35 min aufhielt. Im weiteren
Verlauf der Nacht erfolgten immer wieder Wechsel zwischen beiden Teiljagdgebieten.
Dazwischen hielt das Tier drei kurzen Flugpausen (in Folge 3, 4 und 8 min) an Q3.
Nennenswerte Aufenthalte in JG1b dauerten 70 und 21 min, in JG1a 26, 20 und
188 min. Um 03:26 Uhr verließ W1 den Aasee und flog zu dem Waldstück der ersten
beiden Tagesquartiere. In den folgenden min hielt es sich im Bereich von SG2 auf,
wobei der exakte Aufenthaltsort nicht festgestellt werden konnte. Der Einflug in Q2
erfolgte um 03:43 Uhr, 57 min vor Sonnenaufgang.
Am Abend des 14.05.2004 fand der Ausflug vermutlich um 21:11 Uhr, 54 min nach
Sonnenuntergang, statt. Da in den folgenden Minuten unklar war, ob das Signal als
konstant oder bewegt einzustufen ist, befand sich Das Tier möglicherweise auch noch
bis 21:25 Uhr in der Baumhöhle. Ab diesem Zeitpunkt begab es sich zunächst für eine
gute Stunde in JG1a. In der folgenden Zeit konnten die Aktionen im Bereich von JG1b
nicht eindeutig zugeordnet werden: Das Tier unterbrach kurze Jagdphasen immer
wieder durch kurze Flugpausen an unterschiedlichen Orten. Der Wechsel zwischen
bewegtem und unbewegtem Signal erfolgte teilweise im Minutentakt. Die längste
zusammenhängende Jagdphase im Bereich des Hafenbeckens hatte eine Dauer von
8 min. Insgesamt dauerten diese kurzzeitigen Wechsel etwa eine halbe Stunde.
Danach begab sich das Tier zur Jagd für eine Stunde in JG1a, bevor es sich um
37
Ergebnisse
00:50 Uhr wie in der zweiten Telemetrienacht langsam nach Südwesten entfernte.
Abermals wählte es einen Flugkorridor nördlich des Stadtteils Mecklenbeck und querte
die A1 vermutlich an der Bahnunterführung (s.o.). In den weiteren 15 min hielt es sich
wieder ungefähr im Bereich von SG3 auf, bis es JG2 westlich der Straße „Oberort“ zur
Jagd nutzte. Etwa 40 min hielt das Tier sich hauptsächlich in diesem Teil des Waldes
auf, wo es auch zwei kürzere Flugpausen von 4 und 6 min hielt. Gelegentlich querte es
die Straße in den Bestand östlich von dieser. Um 01:48 Uhr entfernte es sich aus JG2
und flog zurück zum Aasee, wo es noch für etwa eine Stunde in JG1a jagte. Danach
flog es sich über den Zookanal allmählich zum Quartier. Ab 03:17 Uhr hielt es sich
bereits in unmittelbarer Nähe zu Q2 auf, vermutlich zum morgendlichen Schwärmen.
Um 03:30 Uhr, 68 min vor Sonnenaufgang, flog W1 bereits in das Quartier ein,
während andere Wasserfledermäuse noch um den Baum schwärmten.
Tabelle 6: Aufenthaltsanteile an den verschiedenen Orten von Weibchen 1 relativ zur
telemetrierten Zeit.
Nacht
1 (10/11.5.)
2 (11/12.5.)
3 (12/13.5.)
4 (13/14.5.)
5 (14/15.5.)
1-5
telem. Zeit
(min)
273
303
414
474
379
1843
JG1a
40,3%
37,3%
8,5%
55,5%
48,8%
38,3%
JG1b
5,5%
18,2%
22,8%
5,3%
10,7%
1,5%
2,6%
0,9%
8,4%
2,5%
4,0%
3,2%
2,7%
7,1%
2,7%
1,8%
2,0%
1,0%
1,9%
11,1%
4,7%
4,2%
1,1%
88,2%
11,6%
1,8%
25,1%
2,4%
4,0%
4,7%
6,1%
JE1
JG2
SG1
4,6%
16,1%
SG2
3,3%
SG3
Überflug
9,9%
1,5%
9,2%
R1
1,7%
Q3
11,9%
unbekannt
15,0%
1,7%
kein Sig
21,6%
2,3%
2,5%
JG = Jagdgebiet, JE = Jagdgebietserweiterung, SG = Streifgebiet, R = Ruheplatz, Q = Tagesquartier.
Fettdruck: Werte >10%.
Tabelle 6 fasst die Aufenthaltsanteile an den verschieden ermittelten Orten relativ zur
telemetrierten Zeit zusammen. W1 verbrachte den größten Teil der Jagdzeit in JG1,
wobei JG1a durchgehend bevorzugt wurde. JG2 wurde nur in zwei Nächten für einen
vergleichsweise kurzen Zeitraum zur Jagd genutzt. Die dritte Telemetrienacht
verbrachte das Tier nahezu ausschließlich an einer Wand hängend in einem offenen
Lagerraum im Zoo. Diesen Ort nutzte es ebenfalls als Tagesquartier. In den
Abendstunden dieser Nacht waren die Lufttemperaturen niedriger als an den übrigen
Abenden (Vgl. Anhang, Tabelle A3). Im weiteren Verlauf wurden hingegen keine
Temperaturunterschiede zu Nächten mit gewöhnlicher Aktivität festgestellt. Der Anteil
von Überflügen steigt in den Nächten, in denen W1 zu JG2 geflogen ist.
38
Ergebnisse
5.2.2.2 Weibchen 2 – (W2) aus dem Boniburger Wald
W2 wurde am 09.07.2004 an der Aa am „Nevinghoff“ (4) um 00:28 Uhr gefangen. Das
adulte Weibchen trug bereits einen Ring mit der Nummer M21881. Es war am
07.05.2003 erstmalig an derselben Stelle als adultes, trächtiges Tier gefangen worden.
In der Nacht der Besenderung wog das Tier 11,9 g und befand sich in der
Laktationsphase. Es wurde um 01:34 Uhr am Fangplatz fliegen gelassen. Abbildung 14
zeigt die Aufenthaltsbereiche von W2. Im Folgenden wird der Verlauf der Telemetrie
beschrieben.
Abbildung 14: Aufenthaltsbereiche von Weibchen 2 im Zeitraum vom 8.-13. Juli 2004.
Kartengrundlage TUEK 200.
Bis 03:32 Uhr blieb das Tier im Bereich des Fangplatzes und jagte dort über der Aa
(JG2, vgl. Abb, 14). Beim anschließenden Überflug nach Osten ging der Kontakt zum
Sendesignal wegebedingt verloren. Erst um 4:18 Uhr wurde das Weibchen in einer
Baumhöhle im Boniburger Wald zwischen MS-Mariendorf und MS-Werse angetroffen.
Bei dem Quartier handelte es sich um eine Spechthöhle in 15 m Höhe in einer
Rotbuche mit einem Brusthöhendurchmesser von etwa 70 cm.
Am Abend des 9.7.04 verließ W2 56 min nach Sonnenuntergang, um 21:47 Uhr, die
Baumhöhle und entfernte sich nach Westen. Hierbei nutzte es den unbebauten Bereich
südlich der Mariendorfer Straße. Der genaue Flugweg konnte nicht ermittelt werden.
Auch die Dauer des Flugweges konnte aufgrund kurzer Signalunterbrechung nicht
festgestellt werden. Zunächst nutzte das Tier für mindestens 17 min ein Jagdgebiet
39
Ergebnisse
(JG1) über dem Dortmund-Ems-Kanal nördlich der Kanalbrücke „Schiffahrter
Damm“(Abb. 14). Anschließend entfernte es sich nach Nordwest, wobei der genaue
Flugweg unklar ist. Nachdem das Signal erneut für einige Minuten verloren ging, wurde
das Tier um 22:26 Uhr in JG2 jagend angetroffen. Nach 50 min verließ es dieses und
das Signal riss abrupt ab. Die Ergebnisse der späteren Telemetrienächte lassen
nahezu zweifelsfrei vermuten, dass die Fledermaus in dieser Situation in ein offenes
Kanalrohr nordwestlich des Jagdgebietes geflogen ist, in dem das Signal sofort
abgeschirmt wurde. In dieser Nacht erfolgte eine großräumige Suche nach dem Tier,
so dass die mögliche Aufenthaltsdauer in dem Objekt nicht rekonstruiert werden
konnte. Erst um 23:50 Uhr konnte W2 erneut in JG2 angetroffen werden. In dieser
Nacht flog es noch ein weiteres Mal für 20 min in das Kanalrohr, gefolgt von einer gut
zweieinhalb stündigen Jagdphase in JG2. Anschließend begab sich die Fledermaus
auf den etwa 8 min dauernden Heimweg zum bereits bekannten Quartier. Dort
schwärmte es weitere 7 min, bevor es um 03:25 Uhr, 58 min vor Sonnenaufgang, in die
Baumhöhle einflog. In den folgenden Nächten änderte sich das Aktivitätsmuster von
W2 kaum.
Am 10.07.2004 verließ es um 21:56 Uhr, 66 min nach Sonnenuntergang, Q1 und
benötigte 5 min, um JG1 zu erreichen. Bereits nach 5 min verließ es den DortmundEms-Kanal und hielt sich weitere 4 min in einem nicht näher einzuordnenden
Streifgebiet nordwestlich von JG1 (SG1) auf. Eventuell jagte es in dieser Zeit im
Bereich des Edelbachs. Um 22:10 Uhr begann der Überflug zur Aa. Hierfür nutzte das
Tier einen unbebauten Korridor südlich des Wohngebietes „An der Meerwiese“ (vgl.
Abb 14). Aufgrund nicht möglicher Verfolgung mit dem PKW ging der Kontakt zum Tier
für 8 min verloren, danach wurde W2 um 22:20 Uhr in JG2 angetroffen, welches es
bereits nach 9 min wieder verließ. 10 min später wurde es in einem kleinen Waldstück
nördlich des Wohnhauses „Hotel Wienburg“ angetroffen, wo es eine Flugpause von
wenigen min hielt (R2). Der Aufenthaltsort im Zeitraum zuvor konnte aufgrund der zu
großen Distanz zum Sendertier nicht eindeutig abgegrenzt werden, weshalb nur die
Benennung eines weiteren Streifgebietes (SG2) möglich ist. Nach dem Ausflug in SG2
folgten drei weitere Jagdphasen von mindestens 24, 57 und 129 min in JG2.
Dazwischen flog das Tier noch zwei Mal in das Kanalrohr (R1). Beim ersten Überflug
folgte abermals eine großräumige Suche nach dem erneut abrupt verloren
gegangenen Signal, was eine Ausfallzeit von 35 min bedingte (s.o.). Daher konnte nur
eine Aufenthaltsdauer von mindestens 4 min sicher festgestellt werden. Beim zweiten
Überflug hielt sich das Tier 11 min in dem Objekt auf. Nach der letzten langen
Jagdphase verließ die Fledermaus um 03:15 Uhr das Jagdgebiet und entfernte sich
Richtung Osten. Als Flugkorridor nutzte es vermutlich den unbebauten Bereich
zwischen „MS-Zentrum Nord“ und „MS-Coerde“ (vgl. Abb. 14).Der Überflug konnte
zunächst für drei min verfolgt werden, danach ging aus verkehrsbedingten Gründen
der Kontakt für vier min verloren. Um 03:22 Uhr befand sich W2 bereits östlich des
Dortmund-Ems-Kanals und zwei min später bereits im Bereich seines Quartiers. Um
03:26 Uhr, 58 min vor Sonnenaufgang, flog es in Q1 ein.
Der Ausflug am folgenden Abend erfolgte um 21:41 Uhr, 53 min nach
Sonnenuntergang. Erneut benötigte das Tier 5 min, um JG1 zu erreichen, in dem es
10 min jagte. Danach wechselte es unmittelbar zu JG2. Hier folgten Jagdphasen von
40
Ergebnisse
23, 7, 54, 64 und 63 min. Dazwischen hielt sich das Tier fast ausnahmslos in dem
Kanalrohr auf. Eine Ausnahme stellte ein etwa 10 min andauernder Ausflug in SG2
dar, der zwischen der zweiten und dritten Jagdphase über der Aa erfolgte. Die
Aufenthalte im Kanalrohr hatten eine Dauer von > 8, 26 und 11 min. Erstmalig konnte
nachgewiesen werden, dass W2 in dem Objekt Ruhepausen abhielt, denn das Signal
war wiederholt über mehrere Minuten konstant. Zwischenzeitlich konnte die Aktion
jedoch nicht eingeschätzt werden, denn das Signal war wiederholt in kurzen Abständen
bewegt und konstant. Das Sendertier hielt sich nicht alleine in dem Kanlrohr auf. Es
konnten mehrere Wasserfledermäuse daraus ausfliegend beobachtet werden. Der
Rückflug zum Boniburger Wald begann um 03:04 Uhr. Nach einem Signalausfall wurde
das Tier um 03:15 Uhr im Bereich des Quartiers angetroffen, wo es vor dem Einflug um
03:24 Uhr einige Minuten schwärmte.
Am 12.07.2004 gelang es nicht, die genaue Ausflugszeit aus Q1 abzupassen. Um 21:41 Uhr
befand sich W2 bereits im Überflug zu JG1, welches es um 21:45 Uhr erreichte. Aufgrund
der in den Nächten zuvor ermittelten Überflugszeiten, wird der Ausflug aus dem
Quartier vermutlich um 21:40 Uhr stattgefunden haben. Nach kurzem Aufenthalt in
SG1 begab sich die Fledermaus auf üblichem Wege zu JG2, wo sie Jagdphasen von
57, 64 und 121 min zum Beutefang nutzte. Dazwischen flog sie für 26 und 34 min in
das Kanalrohr, hauptsächlich für Ruhepausen. Der Rückflug zum Quartier erfolgte um
03:19 Uhr. Aufgrund einer Verkehrskontrolle brach der Funkkontakt erneut ab, so dass
der Zeitpunkt des Einflugs nicht festgestellt werden konnte. Um 03:33 Uhr konnte W2
in der üblichen Baumhöhle festgestellt werden.
Tabelle 7: Aufenthaltsanteile an den verschiedenen Orten von Weibchen 2 relativ zur telemetrierten Zeit.
Nacht
1 (8/9.7.)
2 (9/10.7.)
3 (10/11.7.)
4 (11/12.7.)
5 (12/13.7)
1-5
Telem. Zeit
(min)
164
338
330
343
352
1527
68,29%
5,03%
66,27%
1,52%
66,36%
1,21%
3,64%
6,67%
4,55%
0,61%
2,92%
61,52%
2,84%
68,75%
1,75%
9,04%
13,12%
5,68%
17,05%
2,75%
66,01%
0,26%
1,18%
6,42%
9,36%
0,13%
2,37%
0,61%
2,62%
13,91%
0,61%
14,24%
9,04%
JG1
JG2
SG1
SG2
Überflug
R1
R2
Schwärmen
Q1
unbekannt
kein Sig
3,66%
28,05%
5,62%
6,80%
1,24%
1,14%
4,55%
0,39%
12,25%
JG = Jagdgebiet, SG = Streifgebiet, R = Ruheplatz, Q = Tagesquartier. Fettdruck: Werte >10%.
Tabelle 7 fasst die Anteile, in denen sich W2 an den verschienen Aufenthaltsorten
aufgehalten hat, relativ zur telemetrierten Zeit zusammen. Auffällig ist die große
Stetigkeit, mit der das Tier das JG2 in hohen prozentualen Anteilen nutzt. Weitere
Werte von über 10 % werden in den ersten drei Telemetrienächten bei den
Ausfallzeiten erreicht. In den letzten beiden Nächten hingegen entfallen Anteile in
vergleichbaren Dimensionen an die Aufenthalte im Kanalrohr (R1). Die Überflüge
werden in der Tabelle hinsichtlich des jeweiligen Aufenthaltsortes nicht näher
41
Ergebnisse
spezifiziert. Der größte Anteil entfällt dabei auf die Transferflüge zwischen dem
Quartier und den Jagdgebieten. Kleinräumige Überflüge, beispielsweise zwischen R1
und JG2, sind in den Angaben ebenfalls enthalten, nehmen aber aufgrund der
geringen Distanz zwischen den Orten nur eine untergeordnete Bedeutung ein.
5.2.2.3 Weibchen 3 – (W3 ) aus Gievenbeck
Am Abend des 26.07.2004 flog W3 um 22:20 Uhr von Nord kommend unter der
Aabrücke am Ahlertweg ins Netz. Es handelte sich um ein adultes Tier mit einem
Gewicht von 10,5 g. Der Zustand der Zitzen verriet, dass das Weibchen in diesem Jahr
nicht erfolgreich reproduziert hatte. Es erhielt einen Ring mit der Nummer H 147 824
und wurde um 23:53 Uhr am Fangplatz fliegen gelassen. Die Abbildung 15 zeigt die
Aufenthaltsorte von W3. Im folgenden wird der Verlauf der Telemetrie beschrieben.
Abbildung 15: Aufenthaltsbereiche von Weibchen 3 im Zeitraum vom 26.-31. Juli.
Kartengrundlage TUEK 200.
Die Fledermaus entfernte sich sofort zu einem kleinen Waldstück nördlich des
Ahlertweges, wo sie an einem unbekannten Ort für 3 min verweilte (R1). Danach jagte
sie für 17 min über der Aa nördlich des Ahlertweges (JG1a). Für 9 min ging der Kontakt
zum Sendertier verloren, in den darauf folgenden 27 min jagte es zwischen den Brücken
„Ahlertweg“ und „Coermühle“ (JG1b). Nach erneuter Jagd in JG1a für 12 min hielt es eine
Flugpause von mindestens 7 min in demselben Bereich wie zuvor. Anschließend folgte
über 11 min ein stetiger Wechsel zwischen konstantem und bewegtem Signal. Es ist
unbekannt, welcher Aktion das Tier in dieser Zeit nachging. Danach hielt sich W3
42
Ergebnisse
wenige min in JG1a auf, flog dann für 2 min in JG1b, um anschließend wieder weitere
23 min JG1a zu bejagen. Um 01:50 Uhr entfernte sich das Sendertier außer
Reichweite, jedoch ist aufgrund der späteren Nächte anzunehmen, dass es in dieser
Zeit nur geringfügig weiter Nach Norden geflogen ist und sich weiterhin über der Aa
aufhielt. 9 min später konnte das Signal wieder aus JG1a empfangen werden. Die Jagd
wurde ab 02:32 Uhr durch eine weitere, 14 min andauernde Flugpause unterbrochen.
Dieses Mal hielt sich das Tier nicht in dem zuvor zur Flugpause genutzten Waldstück,
sondern an einem zweiten unbekannten Ruheplatz (R2) auf. Danach jagte es für weitere
18 min in JG1a und entfernte sich schließlich weiter nach Norden. Ab 03:11 Uhr konnte es
für 5 min über dem nördlich an JG1a angrenzenden Aa-Abschnitt festgestellt werden (JE),
danach war der Aufenthaltsort für weitere 7 min unbekannt. Bereits 82 min vor
Sonnenaufgang, um 03:23 Uhr, erfolgte der Einflug in das Tagesquartier. Dieses
befand sich in einer Eiche in einem kleinen Waldstück östlich des Ortsteils „MS-Sprakel“
(Q1). Die Einflugöffnung konnte nicht ausfindig gemacht werden, folglich blieben
Höhlentyp und Höhe unbekannt. Wie sich am folgenden Abend zeigte, handelte es sich
um ein Solitärquartier.
Am Abend verließ W3 sein Quartier um 21:54 Uhr, 84 min nach Sonnenuntergang.
Nach einem kurzen Ausflug zur Aa auf Höhe des Quartiers (JG2) legte das Tier eine
kurze Flugpause an einem unbekannten Ruheplatz (R3) ein, danach jagte es weitere
17 min in JG2, bevor es sich nach Süden entfernte. Für 15 min konnte der
Aufenthaltsort des Tieres nicht festgestellt werden, danach jagte es über der Aa im
Bereich von JG1a. Nach weiterer neunminütiger Jagdzeit begab es sich für eine
36 min andauernde Pause an R1. Danach entfernt es sich für 10 min in JG1b. Ab
23:41 Uhr erfolgten im Wechsel Jagdphasen in JG1a und Flugpausen an R1. Die
Dauer der Jagdsequenzen betrug 35, 27 und 6 min, die der Flugpausen 32 und 13 min.
Um 01:36 Uhr verließ das Tier das Gebiet und das Signal konnte für den Rest der
Nacht nicht wieder gefunden werden. W3 vollzog offenbar einen Quartierwechsel, da
es am Morgen nicht in Q1 angetroffen werden konnte.
Am Nachmittag des 28.07.2004 konnte nach großräumiger Suche das Signal ausfindig
gemacht werden. Das Sendertier befand sich in einem Waldstück im Westen von
Münster (Abb. 15) in einer Eiche mit langem Stammriss. Die Baumhöhle konnte
lediglich als Auswölbung am Stamm ausgemacht werden. Eventuell handelte es sich
um eine alte, von Borke umwucherte Spechthöhle. Am Abend flogen mehrere
Wasserfledermäuse aus diesem Quartier aus. Um was für eine Gesellschaft es sich
dabei handelte, konnte nicht festgestellt werden. W3 flog um 21:35 Uhr, 66 min nach
Sonnenuntergang aus, entfernte sich rasch und das Signal ging verloren. Aufgrund
technischer Schwierigkeiten konnte das Tier erst um 23:47 Uhr in JG1a wieder
gefunden werden. Nach 16 min Jagd folgte eine Flugpause von 16 min an R1, danach eine
weitere Jagdphase in JG1a. Nach 106 min verließ W3 um 02:06 Uhr das Jagdgebiet und
entfernte sich bereits Richtung Q2. Während des Überflugs bestand kein Kontakt zum
Sendertier. Dieses wurde um 02:39 Uhr für fünf min schwärmend am Quartier
angetroffen, bevor es bereits um 02:44 Uhr, 124 min vor Sonnenaufgang, zur
Tagesruhe einflog.
43
Ergebnisse
Am 29.07.2004 erfolgte der Ausflug um 21:25 Uhr, 58 min nach Sonnenuntergang.
Daraufhin entfernte sich das Sendertier in nordöstliche Richtung. Der ungefähre
Flugkorridor ist Abbildung 15 zu entnehmen. Um 21:35 Uhr befand sich W3 nördlich
der Umgehungsstraße B54, danach ging das Signal aufgrund unzulänglicher
Verkehrswege verloren. Der Weiterflug erfolgte wahrscheinlich westlich an MSKinderhaus vorbei. Der nächste Kontakt zum Sendertier gelang um 21:46 Uhr, als es
sich von Westen der Straßenkreuzung des ehemaligen Max Clemens Kanals mit der
B 219 näherte. Möglicherweise nutzte es zu diesem Zeitpunkt die Struktur des
Nienberger Baches zur Orientierung. Nach erneut kurzem Signalverlust wurde das Tier
um 21:58 Uhr in JG1a angetroffen. Nach 13 min Jagd folgte für 20 min eine bereits
mehrmals erwähnte, uneinschätzbare Aktivität, die durch den schnellen Wechsel von
konstantem und bewegtem Signal gekennzeichnet ist. In diesem Fall hielt sich das Tier
dabei im Bereich einer kleinen Baumgruppe nahe des Fangplatzes auf. Zwischen den
Flugpausen vollzog es kleinräumige Ortswechsel innerhalb der Baumgruppe. Danach
schloss sich eine Jagdphase an, in der W3 zunächst JG1a und anschließend für
13 min einen nicht eindeutig abgrenzbaren Bereich nordöstlich des Fangplatzes (SG1)
beflog. Nach weiterer kurzer Jagd in JG1a hielt es eine Flugpause an R1. Danach
folgten noch drei Jagdsequenzen in JG1a (74, 38, ca. 37 min), unterbrochen von
Flugpausen an R1 (15 und ca. 6 min). Der genaue Wechsel zwischen der zweiten
Flugpause und der dritten Jagdphase konnte aufgrund technischer Schwierigkeiten
nicht exakt bestimmt werden. Um 02:24 Uhr entfernte sich die Fledermaus nach
Norden und konnte noch einmal 4 min später in JG2 festgestellt werden. Nach 15 min
ohne Signal wurde sie um bereits 02:41 Uhr, 126 min vor Sonnenaufgang, ruhend in
Q1 wieder gefunden. Der genaue Zeitpunkt des Einflugs ist unklar.
Am 30.07.2004 verließ W3 um 21:08 Uhr sein Tagesquartier, bereits 43 min nach
Sonnenuntergang. Es flog zunächst zu JG2, wo es sich für mindestens 2 min aufhielt.
Danach begab es sich für eine kurze Flugpause an R3, danach suchte es erneut JG2
auf. Dieses Mal bejagte das Tier für 22 min den Wöstebach. Es entfernte sich aus dem
Jagdgebiet entlang einer Struktur, die südlich, fast parallel zum Wöstebach verläuft
(Abb. 15). Der weitere Flugweg ist unbekannt. Nach 8 min, in denen kein Kontakt zum
Sendertier bestand, konnte es um 21:50 Uhr in JG1a angetroffen werden. 9 min später
wechselte es zu R1, wo es eine Flugpause von 14 min abhielt. Anschließend folgte
eine weitere Jagdphase in JG1a für 44 min. Das Tier entfernte sich daraufhin in
östliche Richtung aus seinem Jagdgebiet, überflog die Bahnlinie Münster – Rheine und
hielt eine Flugpause an einem „neuen“ Ruheplatz (R4). Hier blieb es für 24 min. Der
Rückflug zur Aa erfolgte langsam entlang einer Bachstruktur (Karte). Danach jagte das
Tier 29 min in JG1a, 6 min in JG1b und weitere 24 min in JG1a. Um 00:30 Uhr flog es
sich für eine lange Pause (36 min) zu R1 und wechselte danach zu R2, wo es weitere
4 min verharrte. Wie bereits in der Nacht zuvor jagte es in den darauf folgenden 7 min
im nicht sicher abzugrenzenden SG1, bevor es sich für eine lange Jagdphase von
97 min in JG1a begab. Von hier aus konnte eine allmähliche Verlagerung der Position
nach Norden registriert werden, danach riss der Kontakt zum Signal für 7 min ab. Das
Tier wurde in JG2 wieder getroffen, welches es bereits nach 2 min wieder in
südwestliche Richtung verließ. Schließlich wurde es um 03:34 Uhr an Q2 angetroffen.
Der Einflug lag zwischen 03:34 Uhr und 03:37 Uhr, 76–73 min vor Sonnenuntergang.
44
Ergebnisse
Eine genaue Zeitangabe ist aufgrund einer durch einen Satelliten bedingten
Signalstörung nicht möglich.
Tabelle 8 stellt die Aufenthaltsanteile an den für W3 ermittelten Aufenthaltsorten dar.
Das Tier nutzte konservativ das Teil-Jagdgebiet 1a. Die übrigen Jagdbereiche wurden
nur sporadisch und für kürzere Zeiträume genutzt. Es unternahm nur gelegentliche
Ausflüge in die übrigen Jagdgebiete. Ferner hielt es viele Flugpausen. Dafür wurde
ebenfalls durchgehend ein Ort bevorzugt. Der große Anteil von Fehlzeiten resultiert in
der zweiten Nacht daraus, dass der Kontakt zum Tier verloren ging, als es erstmals
Richtung Gievenbeck flog. Es ist anzunehmen, dass es sich ab Signalverlust bereits zu
seinem Tagesquartier begeben hat. In Nacht drei entstand der Signalverlust durch
einen technischen Defekt, der erst spät festgestellt wurde. Vermutlich hielt sich das
Tier in dieser Zeit im Bereich der Jagdgebiete auf.
Tabelle 8: Aufenthaltsdauern an den verschiedenen Orten von Weibchen 3 relativ zur telemetrierten Zeit.
Nacht
1 (26/27.7.)
2 (27/28.7.)
3 (28/29.7.)
4 (29/30.7.)
5 (30/31.7.)
1-5
Telem. Zeit
(min)
210
366
309
316
366
1567
JG1a
JG1b
JE1
JG2
SG1
Überflug
R1
R2
R3
R4
51,43%
13,81%
2,38%
18,85%
2,73%
2,19%
6,56%
39,48%
57,28%
1,43%
4,76%
6,67%
3,01%
22,13%
2,27%
5,18%
1,58%
0,63%
4,11%
5,06%
11,08%
55,46%
1,64%
0,82%
6,56%
1,91%
5,46%
13,66%
1,09%
1,09%
6,56%
43,59%
2,87%
1,34%
3,19%
1,28%
3,64%
12,25%
1,15%
0,51%
1,53%
Schwärmen
Q2
unbekannt
kein Sig
1,09%
1,62%
10,95%
8,57%
4,64%
38,80%
51,46%
0,32%
8,86%
11,39%
0,82%
4,92%
4,53%
23,80%
JG = Jagdgebiet, JE = Jagdgebiets Erweiterung, SG = Streifgebiet, R = Ruheplatz, Q = Tagesquartier.
Fettdruck: Werte >10%.
5.2.2.4 Weibchen 4 – (W4) aus dem Aaseewald
W4 wurde am 16.08.2004 um 21:04 Uhr am der „Adenauerallee“ (7a) gefangen, als es
gerade den Aasee verließ. Das Tier hatte ein Gewicht von 9,6 g und trug bereits einen
Ring mit der Nummer H 138 267. Es wurde erstmalig am 25. August 2003 am
„Brunnen von Twickel“ (vgl. Tabelle 3) in 16,6 km Luftlinienentfernung gefangen und
war zum Zeitpunkt der Beringung adult. Es konnte nicht sicher festgestellt werden, ob
sich W4 in diesem Jahr erfolgreich reproduziert hatte. Die Abbildung 16 stellt die
Aufenthaltsorte von W3 dar. Im Folgenden wird der Verlauf der Telemetrie
beschrieben.
45
Ergebnisse
Abbildung 16: Aufenthaltsbereiche von Weibchen 4 im Zeitraum vom 16. – 21. August 2004.
Kartengrundlage TUEK 200.
Um 22:21 Uhr wurde es am Fangplatz fliegengelassen. Es begab sich sofort in die
ursprünglich geplante Richtung zum Schlossgarten, wo es zunächst eine kurze
Flugpause von 4 min Dauer abhielt (Abb. 16, R1). Danach bejagte es den westlich
gelegenen Abschnitt des Schlossgrabens (JG1). Nach 11 min flog es zurück zum
Aasee. Ein Teil des Weges orientierte es sich an dem Abschnitt der Aa, an dem die
Untersuchungspunkte 7a und 7b gelegen sind (vgl. Abb. 3). Über dem Aasee war das
zweite Jagdgebiet gelegen, innerhalb dessen das Tier ein Teiljagdgebiet JG2a
(Abb. 16) aufsuchte. Etwa nach einer Viertelstunde wechselte es wieder in JG1 für eine
längere Jagdphase von etwa Eineinhalb Stunden. In der darauf folgenden langen
Jagdphase in JG2a wurde zwischenzeitlich für 17 min das Empfangssignal durch einen
Satelliten gestört, so dass für diesen Zeitraum der Aufenthaltsort als unbekannt
eingestuft werden musste. Mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch hat das Tier das
Jagdgebiet in dieser Zeit nicht verlassen. Um 02:48 Uhr begann es stark zu regnen.
Das Tier orientierte sich daraufhin Richtung Südwest und suchte Schutz unter der
„Torminbrücke“. Das Signal war dabei für eine Minute konstant. Bereits nach wenigen
Minuten ließ der Regen nach und die Fledermaus flog weiter nach Südwesten, wo sie ein
zweites Teiljagdgebiet innerhalb von JG2 (JG2b) aufsuchte. Nach 7 min Jagd ging das
Signal verloren. 20 min später wurde das Tier wieder in JG2a angetroffen. Abermals
entfernte sich das Tier nach wenigen Minuten plötzlich, so dass der Kontakt verloren
ging. Ab 03:38 Uhr konnte das Signal konstant an einem nicht näher bestimmbaren
Ruheplatz am südwestlichen Rand des Zoogeländes (R2) vorgefunden werden. Hier
46
Ergebnisse
verweilte das Sendertier eine halbe Stunde, bis es für eine abschließende Jagdphase
in JG2b flog. Um 04:33 Uhr, 45 min vor Sonnenaufgang, flog W4 in sein Tagesquartier
(Q1) ein. Hierbei handelte es sich um eine Buntspechthöhle in einer Eiche. Der
nordwestlich exponierte Einflug war in etwa sieben Metern Höhe gelegen und
gekennzeichnet durch einen deutlichen schwarzen Streifen unterhalb der Öffnung. Um
das Quartier herum schwärmten mehrere weitere Wasserfledermäuse.
Der abendliche Ausflug geschah am 17.08.2004 um 20:44 Uhr, 52 min nach
Sonnenuntergang. W4 flog durch den Aaseewald direkt zu JG2b, um dort etwa für eine
halbe Stunde zu jagen. Danach entfernte es sich, ohne dass eine Verfolgung gelang.
In der folgenden, lange andauernden Suche bestand nur einmal kurz für 3 min Kontakt
zum Tier. In dieser Zeit hielt es sich in einem nicht genau abgrenzbaren Bereich
südlich der Roxeler Straße auf (SG1). Danach ging das Signal sofort wieder verloren.
Erst um 22:58 Uhr konnte W4 jagend in JG1 angetroffen werden, wo es sich noch etwa
für 40 min aufhielt. Danach wechselte es für eine lange Jagdphase von Eineinhalb
Stunden in JG2a. Bei einsetzendem Regen flog das Tier in den Südwestlichen Bereich
des Aasees. Dort hielt es eine kurze Flugpause unter einer Fußgängerbrücke (R3).
Danach bejagte es zunächst für eine halbe Stunde JG2b und anschließend über
Zweieinhalb Stunden JG2a. Um 04:22 Uhr verlagerte das Tier seine Position allmählich
nach Südwesten. An dem Morgen herrschte eine dicht geschlossene Wolkendecke
und es erschien merklich dunkeler als an dem Morgen zuvor zur selben Zeit. Erst um
04:30 Uhr verließ das Tier JG2b und flog direkt zu der bereits bekannten Baumhöhle
(Q1). Um diese schwärmten abermals zahlreiche Wasserfledermäuse und auch W4
ging dieser Aktivität für weitere 10 min nach. Auffällig war, dass keines der Tiere in das
Quartier einflog. Dann entfernte sich das Signal plötzlich und auch die Aktivität um die
Baumhöhle herum nahm ab. Offensichtlich vollzog die Wochenstubengesellschaft in
diesem Moment einen Quartierwechsel. Der neue Aufenthaltsort konnte zunächst nicht
ausfindig gemacht werden, da das Signal aufgrund unbekannter Ursache äußerst
schwierig anzupeilen war und immer wieder verschwand. Erst um 05:09 Uhr gelang es,
das neue Quartier (Q2) ausfindig zu machen. Zu dieser Zeit hatte sich W4 bereits in
die Tagesruhe begeben. Das Quartier befand sich circa 520 m nordwestlich von Q1 in
einer Eiche mit einem Brusthöhendurchmesser von 30 cm (vgl. Abb. 16). Die nach
Westen exponierte Einflugöffnung ist kaum sichtbar und der Höhlentyp nicht
feststellbar.
Am Abend des 18.08.2004 herrschte ebenfalls eine dicht geschlossene Wolkendecke.
Ein Gewitter nahte und es war für diese Tageszeit verhältnismäßig dunkel. Bei
Eintreffen am Quartier um 20:33 Uhr, also 43 min nach Sonnenuntergang, hatte sich
das Sendertier bereits entfernt. Es konnte wenig später in der Erweiterung von JG2b
jagend über der renaturierten Aa südwestlich des Ruheplatzes R2 angetroffen werden.
Nach einer zweiminütigen Flugpause hielt es sich eine halbe Stunde in JG2b auf. In
dieser Zeit setzte leichter Regen ein, der bald darauf zu einem Sturzregen wurde. W4
begab sich daraufhin an R3. Der Regen hielt in gleich bleibender Intensität etwa 30 min
an. Während dieser Zeit blieb das Signal konstant. Nur nach etwa 20 und 25 min war
es für jeweils eine knappe Minute bewegt. Als der Regen etwas nachließ, verließ die
Fledermaus ihren „Unterstand“ sofort und entfernte sich schnell. Der Kontakt riss ab
47
Ergebnisse
und konnte erst nach erfolgloser Suche in den Jagdgebieten 15 min später wieder
hergestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Tier in Q2, wo es für weitere
22 min verweilte. 10 min vor Abflug aus der Baumhöhle hatte der Regen ausgesetzt.
W4 flog sich in südöstliche Richtung zum Aasee. Hier bejagte es etwa Eineinhalb
Stunden JG2a, bevor es zum JG1 wechselte. Bei erneut einsetzendem starken Regen
hielt es im Schlossgarten eine Flugpause im Bereich einer Lindenallee (R1). Im
weiteren Verlauf wechselte das Tier noch mehrmals zwischen den Jagdgebieten.
Insgesamt nutzte es noch vier Mal JG2a für 20, 6, 10 und 51 min, zwei Mal JG2b für 3
und 6 min und zwei Mal JG1 für 59 und 2 min. Dazwischen hielt es zwei kurze
Flugpausen (5 und 4 min) im Schlossgarten (F1). Um 04:15 Uhr verließ W4 den Aasee
und flog zu Quartier 2. Nach kurzem Schwärmen um die Baumhöhle flog es um
04:23 Uhr, 58 min vor Sonnenaufgang in diese ein. Der Himmel war im Laufe der
Nacht aufgeklart und an diesem Morgen war es heller als 24 Stunden zuvor.
Auch am folgenden Abend misslang es, den Ausflug mitzubekommen. Bei Eintreffen
an der Baumhöhle, 39 min nach Sonnenuntergang, hatte W4 sein Tagesquartier
bereits verlassen. Das Signal konnte zunächst nicht aufgespürt werden. Ein
zwischenzeitlicher kurzer Kontakt deutete jedoch darauf hin, dass sich das Tier in
JG2b befand. Ursache für die Anpeil-Schwierigkeiten waren technische Probleme, wie
sich kurz danach herausstellte. Daher kann die Telemetriezeit bis 21:34 Uhr keiner
bestimmten Aktivität von W4 zugeordnet werden. Um diese Zeit jagte das Tier in JG1.
Es blieb länger als fünf Stunden im Schlossgarten. Die Jagdzeiten über dem
Schlossgraben wurden durch Flugpausen von jeweils 12, 2, 22 und 28 min
unterbrochen. Diese fanden allesamt im Schlossgarten, jedoch nicht immer an
derselben Stelle statt. Dennoch werden sie unter F1 zusammengefasst. (vgl. 4.5.2).
Teilweise waren die Pausen auch in dieser Telemetrienacht offensichtlich durch starke
Regenschauer bedingt. Um 02:48 Uhr verließ das Sendertier den Schlossgarten für die
verbleibende Nacht und flog zum Aasee. Sowohl JG2a (40 min), als auch JG2b
(18 min) wurden zur Jagd genutzt. Um 03:51 Uhr brach das Signal komplett ab und
konnte in den nächsten Stunden nicht wieder gefunden werden. Auch dieser
Datenausfall basierte auf technischen Problemen.
Am 20. August wurde W4 abends in Q2 angetroffen. Es flog um 20:28 Uhr, 42 min
nach Sonnenuntergang aus, entfernte sich einen Waldweg entlang nach Südosten und
suchte sofort eine weitere Baumhöhle (F4) auf. Es handelte sich um eine
Buntspechthöhle in einer Eiche nur etwa 50 m östlich von dem ersten Tagesquartier
(Q1). Hier blieb das Tier 14 min. Unmittelbar nachdem es die Baumhöhle verlassen
hatte, verlor es den Sender, der einige Minuten später auf dem Waldboden liegend
gefunden werden konnte. Hiermit endete die Telemetrie von W4 vorzeitig.
Tabelle 9 veranschaulicht die Aufenthaltsanteile von W4 an den ermittelten Orten
relativ zur telemetrierten Zeit. Dieses Tier nutzte beide Jagdgebiete in hohen Anteilen,
wobei Teiljagdgebiet JG2a bevorzugt wurde. Bemerkenswert ist die vierte
Telemetrienacht, in der sich das Tier fast ausschließlich im Schlossgarten aufhielt (JG1
& R1), während es in den vorhergehenden Nächten überwiegend den Aasee zur Jagd
bevorzugte. Die Telemetriewoche war gekennzeichnet durch häufige Regenschauer
(vgl. Abb.1). Aus diesem Grund musste W4 sich häufig „unterstellen“.
48
Ergebnisse
Tabelle 9: Aufenthaltsdauern an den verschiedenen Orten von Weibchen 4 relativ zur telemetrierten Zeit.
Nacht
1 (16/17.8.)
2 (17/18.8.)
3 (18/19.8.)
4 (19/20.8.)
5 (20/21.8.)
1-5
Telem. Zeit
(min)
372
505
470
513
16
1876
JG1
JG2a
JG2b
SG1
Überflug
R1
R2
R3
R4
26,34%
35,22%
7,26%
7,33%
47,52%
12,67%
0,59%
4,55%
16,17%
36,38%
9,79%
48,73%
7,80%
3,70%
4,89%
4,68%
0,97%
12,48%
12,50%
0,40%
7,23%
24,57%
31,02%
8,32%
0,16%
3,84%
4,80%
1,60%
1,92%
0,75%
5,11%
1,08%
8,06%
87,50%
Flugpause
Q2
4,68%
schwärmen
Q1
Schwärmen
Q2
kein Sig
unbekannt
1,17%
1,98%
0,53%
1,06%
15,05%
1,88%
23,76%
1,19%
14,26%
0,85%
0,27%
26,32%
20,15%
0,91%
JG = Jagdgebiet, SG = Streifgebiet, R = Ruheplatz, Q = Tagesquartier. Fettdruck: Werte >10%.
5.2.2.5 Vergleich der telemetrierten Tiere
Abschließend werden in Tabelle 10 die vier telemetrierten Weibchen hinsichtlich
einiger Parameter miteinander verglichen. Auffällig sind die relativ kürzeren Jagdanteile
der Weibchen 1 und 3 im Vergleich zu den anderen Tieren. Hierbei ist zu beachten,
dass W1 früh im Jahr telemetriert wurde, während W3 erst im Hochsommer einen
Sender bekam. Weiterhin ist es auffällig, dass W1 innerhalb einer Stunde nach
Sonnenuntergang sein Tagesquartier verlassen hat. W3 hingegen flog durchschnittlich
etwas später aus. Besonders auffällig ist die Differenz der Einflugszeiten. W3 beendete
die nächtliche Jagd deutlich früher als die übrigen Tiere. Diese Fledermaus war auch
die einzige, die ein Solitärquartier in einer Baumhöhle nutzte. Andererseits nahm sie in
einigen Nächten auch den längsten Flugweg in Kauf um zu einem Gemeinschaftsquartier zu
fliegen. W2 war das einzige Tier, welches im Telemetriezeitraum nur ein Tagesquatier
nutzte. Es zeigte auch die größte Jagdgebietstreue. Die telemetrierten Tiere
unterschieden sich in ihrem Status. W3 nahm im Untersuchungsjahr nicht an der
Reproduktion teil, bei den übrigen drei Weibchen wurde Reproduktion angenommen.
Während W2 und W4 bereits mehrjährig waren, handelte es sich bei W1 um ein
vorjähriges Tier, welches vermutlich erstmalig trächtig war.
49
Ergebnisse
Tabelle 10: Gegenüberstellung der vier telemetrierten Weibchen hinsichtlich der Aktivitätsanteile und
der Luftliniendistanzen zwischen wichtigen Aufenthaltsorten.
W1
W2
W3
W4
Phänologische Phase
Gravidität
Laktation
Postlaktation
Postlaktation
Reproduktion?
ja
ja
nein
ja
Telem. Zeit (min)
Aktivitätsanteile
Aus- und Einflug
1843
1527
1567
1876
Jagd
52%
69%
52%
64%
Flugpause
26%
3%
15%
10%
Transferflug
5%
6%
4%
4%
Schwärmen
n.n.
1%
n.n.
1%
Aktion unbekannt
11%
7%
5%
1%
Kein Signal
6%
12%
24%
20%
Ø Ausflug n. SoU (min)
50 (n=4)
56 (n=4)
63 (n=4)
44 (n=4)
Ø Einflug v. SoA (min)
63 (n=2)
61 (n=4)
102 (n=4)
52 (n=2)
Aufenthaltsorte
Quartiere
WsE, WsE, U
WsB
S, GsE
GsE, GsE
Jagdgebiete
St, Wa
St, Fl
Fl, Fl
St, St
Distanzen Luftlinie
Q - JG (min)
10
1600
100
300
(m)
Q - JG (max)
4100
3500
8600
2500
Q -Q
200, 1270
-
8500
520
JG - JG
5200
2100
2500
1000
SoU = Sonnenuntergang, SoA = Sonnenaufgang, n = Anzahl der Ereignisse für die Mittelwertbildung, WsE =
Wochenstube Eiche, WsB = Wochenstube Buche, U = Unterstandquartier, GsE = Gemeinschaftsquartier
Eiche, S = Solitärquartier, St = Stillgewässer, Fl = Fließgewässer, Q = Tagesquartier, JG = Jagdgebiet, n.n. =
nicht nachgewiesen
5.3 Quartierfänge und Ausflugszählungen
Es wurde versucht, die durch Telemetrie ausfindig gemachten Quartiere abzufangen.
In allen Fällen misslang dieses Vorhaben, da die Einflugsöffnungen nicht erreichbar
waren, oder die Kolonie im entscheidenden Moment umgezogen war:
• Beim Quartierfang von W1 am 21.5.2004 gelang der Fang eines trächtigen,
adulten Weibchens. Insgesamt konnten im Zeitaum von 22:45 Uhr bis
23:45 Uhr 31 Wasserfledermäuse ausfliegend beobachtet werden. Es ist
möglich, dass es sich bei der Gesellschaft um eine Wochenstube handelte.
• Am 13.07.2004 konnte beim abendlichen Quartierfang von W2 Uhr flogen 26
Tiere aus der Baumhöhle. Aufgrund des Fortpflanzungsstatus der
telemetrierten Fledermaus ist davon auszugehen, dass es sich um eine
Wochenstubengesellschaft handelte.
• Angesichts der beobachteten morgendlichen Schwarmaktivität in
erreichbaren Höhen wurde in den Morgenstunden des 01.08.2004 versucht,
das Q2 von W3 abzufangen. Den vorausgehenden Tag hatte W2 noch in
dieser Baumhöhle verbracht. Die Wasserfledermäuse schienen noch in
derselben Nacht ihre Baumhöhle gewechselt zu haben. Lediglich ein adultes
Weibchen, welches nicht gesäugt hatte, kehrte zu diesem Quartier zurück.
Das Sendesignal von W3 wurde im näheren Umkreis nicht wieder gefunden.
Der Status des Quartiers ist unbekannt.
50
Ergebnisse
•
Zu der Gesellschaft von W4 können hinsichtlich Größe und Struktur keine
Angaben gemacht werden. Aufgrund des Senderverlustes wurde das kaum
sichtbare Q2 nicht wiedergefunden und Q1 war zum Zeitpunkt des
Fangversuches unbesetzt. Aufgrund der beobachteten Schwarmaktivität
während der Telemetrie kann vermutet werden, dass sich um eine
Gruppierung von mindestens 20 Wasserfledermäusen handelte.
5.4 Sonstige Beobachtungen
Intensive Felddatenerhebungen an Fledermäusen führen zwangsläufig dazu,
zusätzliche Eindrücke zu sammeln. Auch wenn in dieser Untersuchung keine Daten
zum Verhalten der Tiere systematisch erhoben wurden, konnten besonders während
der Detektorbegehungen, einige wiederkehrende Beobachtungen gemacht werden: An
Untersuchungspunkten mit weiträumigem Einblick konnten immer wieder jagende und
durchfliegende Tiere über weitere Strecken beobachtet werden. So jagte
beispielsweise nördlich der Aabrücke „zum Rieselfeld“ (3) bei fast jeder Begehung eine
Wasserfledermaus. Diese wurde meistens bereits bei Eintreffen an dem Standort dort
angetroffen und jagte nach Ablauf der 25 min immer noch. Das Tier flog immer eine
ähnliche Flugbahn ab. Dabei wurde die Wasseroberfläche in kurvenreichem Flug nach
Insekten abgesucht. Das Jagdverhalten glich sich stets so sehr, dass die Möglichkeit
besteht, dass immer dasselbe Individuum beobachtet wurde, welches in diesem
Bereich sein angestammtes Jagdgebiet besetzt hat. Am 15. September wurde das Tier
dort zum letzten Mal beobachtet. An diesem Untersuchungspunkt wurden ebenfalls
etliche Durchflugsereignisse registriert. Ein durchfliegendes Tier unterschied sich von
dem jagenden durch gerichteten, geraden Flug in der Gewässermitte in ähnlicher
Flughöhe. Häufig konnten Tandemflüge zweier durchfliegender Tiere registriert
werden. Wenn eine durchfliegende Wasserfledermaus auf die jagende traf, war häufig
eine deutliche Verhaltens-Reaktion zu beobachten. Das jagende Tier verfolgte das
durchfliegende über einige Sekunden so lange, bis das durchfliegende Tier seinen
Weg fortsetzte. Das jagende Tier verblieb anschließend in seinem üblichen Jagdgebiet.
Solche Beobachtungen konnten auch an anderen Untersuchungspunkten getroffen
werden. Sie werden in Tabelle 11 aufgelistet. Zusätzlich wurde dieses Verhalten bei
W2 in dessen Haupt-Jagdgebiet beobachtet. Interaktionen zwischen jagenden und
durchfliegenden Tieren schienen sich ab dem Flüggewerden der Jungtiere zu mehren,
wurden jedoch vereinzelt auch schon vor diesem Zeitpunkt beobachtet.
51
Ergebnisse
Tabelle 11: Anzahl beobachteter Interaktionen zwischen
Wasserfledermäusen während der Detektorbegehungen.
Ort
Datum
1
5
1
1
25.8.
15.9.
1
1
1
und
durchfliegenden
Σ
1
4.8.
1.9.
7b
1
2.6.
22.7.
3
jagenden
1
2
3
1
1
3
5
1
3
1
1= Ahlertweg, 3 = Rieselfeld, 5 = Neubrückenstraße, 7b = LBS
Im Zuge der Netzfänge konnte häufig die Reaktion der Fledermäuse auf das künstliche
Hindernis studiert werden. Wurde das Netz durch ein durchfliegendes Tier geortet, so
flog es einige Runden vor dem Netz, „schraubte“ sich dabei hoch, bis es irgendwann
den Weg über das Netz, oder seitlich daran vorbei fand. Jagende Tiere schienen sich
hingegen häufig damit abzufinden, dass ein Hindernis ihre Flugbahn kreuzte. Sie
jagten einfach auf der einen Seite des Netzes weiter und versuchten nicht, dieses zu
queren. Bei dem Versuch, W2 nach Abschluss der Telemetrie im Jagdgebiet zu
fangen, nutzte dieses zunächst kontinuierlich den Aa-Bereich nördlich des Netzes. Um
die Fledermaus „auszutricksen“, wurde das Netz für kurze Zeit etwas hochgezogen,
um dem Tier freien Weg in den Bereich südlich des Netzes zu gewähren, welcher
während der Telemetrie nur selten bejagt wurde. W2 wechselte bereits nach kurzer
Zeit, worauf das Netz wieder in seine Ausgangsposition gebracht wurde. Die
Fledermaus fügte sich den Umständen und bejagte abweichend von den
Telemetrienächten „ohne Hindernis“ den Bereich südlich des Netzes bis zum Heimflug.
Dieses Verhalten könnte eine Anpassung an die veränderte Situation darstellen.
Während der Netzfänge an Punkt 8a (Zookanal), der häufig befangen wurde konnten in
einer Fangnacht im Juli lediglich Männchen und Jungtiere gefangen werden. Diese
Stelle ist jedoch als Durchflugsweg bekannt, den auch viele Weibchen regelmäßig
nutzen. In selber Nacht flogen etliche Tiere direkt über die Brücke. Möglicherweise
stellte diese abgewandelte Flugbahn Vermeidungsverhalten infolge des bereits
bekannten Netzes dar.
52
Diskussion
6. Diskussion
In Kapitel 5 wurden Ergebnisse zur Jahresphänologie und zur Räumlichen Verteilung
der Wasserfledermäuse im Untersuchungszeitraum vorgestellt. Das Auftreten der Tiere
an den unterschiedlichen Untesuchungspunkten scheint in Abhängigkeit zum Verlauf
des Reproduktionszyklus bedingt zu werden. Daher soll dieser zunächst diskutiert
werden.
6.1 Reproduktionsverlauf
Die Jahresphänologie der heimischen Fledermausarten wird durch die Abundanz der
Beuteinsekten beeinflusst (DIETZ 1993, 1998). Diese wiederum steht in Beziehung zu
klimatischen Faktoren. So fliegen kühlen Nächten weniger Insekten als in warmen. Als
heterotherme Organismen sind Fledermäuse dazu in der Lage, in nahrungsarmen
Perioden in Torpor zu verfallen, um den Energieverbrauch zu minimieren (GEBHARD
1997, WILDE et al. 1999, HEISE 1995). Eine Verlangsamung der Körperfunktionen
während der Gravidität kann eine Verzögerung der Embryonalentwickelung bewirken
(EISENTRAUT 1937). Die Bildung von Wochenstuben stellt eine thermoregulatorisch
günstige Maßnahme dar, um die Verlangsamung der Föten- und Jugendentwicklung
bei ungünstigen Witterungsverhältnissen zu kompensieren (z.B. EISENTRAUT 1937,
WILDE et al. 1999). Dennoch sind die phänologischen Ergebnisse hinsichtlich der
Reproduktionstätigkeit nur als eine Momentaufnahme für die Wasserfledermäuse
Münsters im Jahr 2004 anzusehen, denn es kann zu geografisch und klimatisch
bedingten Verschiebungen kommen.
Die Geburt der Jungtiere erstreckte sich über die 24 und 25 Kalenderwoche. Das erste
Weibchen mit besäugten Zitzen wurde am 12. Juni gefangen. In der Literatur werden
Geburtstermine der Wasserfledermäuse für Mitteleuropa ab Mitte Juni angegeben
(SCHOBER & GRIMMBERGER 1998, NAGEL & HÄUSSLER 2003). GEIGER & RUDOLPH
(2004) stellten bereits in der ersten Junihälfte laktierende Weibchen fest. Somit ist der
Geburtstermin in diesem Jahr mit den herkömmlichen Angaben konform. Für die Dauer
von der Geburt bis zur Flugfähigkeit nennt NYHOLM (1965) ein Zeitraum von sechs bis
sieben Wochen, In anderen Quellen hingegen werden kürzere Phasen von drei bis vier
Wochen genannt (KRÁTKÝ 1981, SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Zu erwähnen sei,
dass es sich bei der Angabe von NYHOLM um eine Studie aus Finnland handelte und
die Angaben aufgrund der kühleren Klimaverhältnisse nur bedingt vergleichbar sind. In
dieser Untersuchung betrug die Dauer von der Geburt der Jungtiere bis zum Flügge
werden maximal 37 Tage. Dies ist der Zeitraum vom Nachweis des ersten besäugten
Weibchens bis hin zu dem Fang mehrerer Jungtiere im Jagdgebiet. Zeitgleich mit dem
ersten Weibchen mit besäugten Zitzen wurden jedoch noch gravide Individuen
gefangen. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass die Jungtiere ausgerechnet in der
Nacht, in der sie gefangen wurden, erstmalig ausgeflogen sind. Daher ist die
Zeitspanne der Jugendentwickelung bis zur Flugfähigkeit im Untersuchungsjahr etwas
niedriger als 37 Tage anzusiedeln. Die aus den Ergebnissen abgeleitete Zeitspanne
53
Diskussion
bildet etwa einen Mittelwert zwischen den Angaben der verschiedenen Autoren. Auch
für diese Differenzen können klimatische Unterschiede verantwortlich gemacht werden.
NEUWEILER (1993) beschreibt für das Große Mausohr Myotis myotis, dass bei
Kälteeinbrüchen und dadurch bedingter Insektenarmut die Weibchen während der
Laktationszeit zur Mäßigung ihres eigenen Energieverbrauchs oftmals tagsüber nicht in
ihre Wochenstuben zurückkehren. Die Jungtiere verfallen daraufhin selbst in Torpor,
was die individuelle Entwickelung um einige Tage verzögern könnte. Übertragen auf
andere Myotis-Arten ist die Differenz in den Angaben verschiedener Autoren
hinsichtlich des Zeitraumes der Jungenaufzucht mit diesem Umstand zu erklären. So
erscheinen die Differenzen in den Ausflugsterminen der Jungtiere plausibel. DIETZ &
FITZENRÄUTER (1996) stellten in einem klimatisch begünstigten Gebiet in Mittelhessen
in zwei Jahren Ausflugstermine der Jungtiere in der letzten Juniwoche und in der
ersten Juliwoche fest. In diesem Zeitraum konnten 2004 in Münster noch keine flüggen
Jungtiere in den Jagdgebieten nachgewiesen werden.
Dieser Sachverhalt ist mit den geografisch bedingten Witterungsverhältnissen
erklärbar. Zur Zeit der Jungenaufzucht sanken die an der Wetterstation Hüffergarten
gemessenen Minimaltemperaturwerte mehrmals unter 10°C Die Maximalen
Tagestemperaturen blieben stets unter 25°C. Zusätzlich wurden besonders für die
erste Julihälfte regelmäßig Niederschläge verzeichnet (vgl. 3.2). Die Zuckmückendichte
nimmt in kühlen Nächten unterhalb 10°C ab und analog dazu die Jagdaktivität der
Wasserfledermäuse (DIETZ 1998). Außerdem konnte mehrfach beobachtet werden,
dass sich jagende Tiere bei stärkerem Regen „unterstellen“, was eine Verkürzung der
Jagdzeit verursacht. Es ist möglich dass die Weibchen Mühe hatten, im
Untersuchungsjahr den erhöhten Energiebedarf für die Milchproduktion zu
kompensieren. Eventuell ist ein „kühles“ Frühjahr für unsere Wasserfledermäuse
weniger entscheidend für den Reproduktionsverlauf, als ein „kühler“ Sommer. Im
Frühjahr müssen bei hiesigen Klimaverhältnissen jedes Jahr kalte Nächte mit
einhergehenden Jagdpausen einkalkuliert werden. Auch wenn die Temperaturen
während der Laktationszeit relativ höher lagen, als zur Graviditätsphase, haben doch
vielleicht die Witterungsverhältnisse dazu beigetragen, dass sich die Entwickelung der
Jungtiere bis zur Flugfähigkeit verlängert hat.
Etwa mit dem Auftreten flügge gewordener Jungtiere konnten bei den adulten
Männchen erste Anzeichen für die verstärkte Samenproduktion festgestellt werden. Ab
Anfang September wurden Männchen gefangen, die hinsichtlich des Befüllungsgrades
der Nebenhoden bereits als paarungsbereit einzustufen waren. Die weiteren Fänge in
den folgenden Wochen zeigten jedoch, dass sich andere adulte Männchen
offensichtlich noch in der Phase der Spermatogenese befanden. Die Paarungsaktivität
der Wasserfledermäuse erstreckt sich demnach über einen längeren Zeitraum.
ENCARNAÇÃO et al. (2004) untersuchten den zeitlichen Verlauf des Befüllungsgrades
der Nebenhoden bei Wasserfledermausmännchen im Sommerhabitat. Im Zeitraum von
Juli-November stellten sie eine zunehmende Füllung der Nebenhoden ab der zweiten
Julihälfte fest. Der relativ größte Anteil paarungsaktiver Männchen wurde in der
zweiten Septemberhälfte festgestellt. Mit diesem Verlauf scheinen die Ergebnisse aus
54
Diskussion
vorliegender Untersuchung vereinbar zu sein. Die Bedeutung dieses Befundes wird in
(6.5) näher diskutiert.
6.2 Geschlechterspezifische Raumnutzung
Wasserfledermauspopulationen können hinsichtlich der relativen Zusammensetzung
der Geschlechter unterschiedlich strukturiert sein. In scheinbar klimatisch
ungünstigeren
Gebieten
wurden
mehrfach
Populationen
mit
deutlicher
Überrepräsentanz adulter Männchen festgestellt (LEUTZINGER & BROSSARD 1994,
ENCARNAÇÃO & DIETZ 2000, ENCARNAÇÃO et al. 2002a, 2005) In anderen, scheinbar
günstigeren Gebieten überwiegen die Weibchen zahlenmäßig (LEUTZINGER &
BROSSARD 1994, DIETZ 1998, ENCARNAÇÃO et al. 2005). Geschlechtertrennung wird mit
dem Umstand begründet, dass Weibchen während der Sommermonate die Männchen
aus Gunstgebieten verdrängen (KUGELSCHAFTER & ORTMANN 2000, ENCARNAÇÃO
2005, ENCARNAÇÃO et al. 2005). Daher ist es interessant, die örtlichen Gegebenheiten
diesbezüglich näher zu betrachten. Ein über die gesamte Jagdsaison dargestelltes
Geschlechterverhältnis ist nur bedingt aussagekräftig, da potenziell mögliche
Veränderungen in den verschiedenen jahresphänologischen Phasen untergehen. So
können besonders im April und August/September noch beide Geschlechter ein Gebiet
nutzen (DIETZ 1998). Aufgrund des zeitlich begrenzten Untersuchungszeitraumes war
es jedoch nicht möglich, repräsentative Stichprobengrößen zu erreichen, die einen
Wandel der Geschlechterverhältnisse im Verlauf der Jagdsaison dokumentieren.
Dennoch können einige Aussagen zur geschlechterspezifischen Raumnutzung
abgeleitet werden. Der nördliche Aaverlauf wurde von Männchen und Weibchen
genutzt. Die Ergebnisse weisen auf einen leichten Weibchenüberschuss an den
nördlichsten Untersuchungspunkten hin, der sich in südliche Richtung relativiert. Der
Männchenüberschuss an Punkt 4 ist jedoch aufgrund der Stichprobengröße von nur
zehn Tieren nicht verwertbar. Hier befand sich zudem das Haupt-Jagdgebiet von W2.
Die Netzfangergebnisse zeigten, dass an jedem Standort des nördlichen Aaverlaufes
auch zu der Wochenstubenzeit von beiden Geschlechtern adulte Tiere vertreten waren
(vgl. Tabelle A2). Durch die Telemetrie wurde nachgewiesen, dass sich dort feste
Jagdgebiete von Weibchen befinden. Ob dazwischen auch männliche Alttiere
dauerhaft Jagdgebiete etablieren können, oder ob sie die Weibchenjagdgebiete
hauptsächlich nur durchfliegen, kann nicht beantwortet werden. Die Beobachtung eines
durchfliegend jagenden Männchens (links beringt) an Standort 3 könnte auf
Jagdaktivität von Männchen in diesem Bereich hindeuten. Allerdings greifen auch
durchfliegende Tiere gelegentlich Beute auf.
Etwas mehr verraten die Ergebnisse über die Geschlechterverteilung am Aasee. Der
Zookanal scheint Teil einer Wasserfledermaus-Flugstraße zu sein. Kleinräumig scheint
sich hier das Geschlechterverhältnis zu verändern. Innerhalb des Zoos (8b) befliegen
offenbar mehr Männchen die Flugstraße als Weibchen. An der Mündung des
Zookanals in den Aasee nutzen dazu verhältnismäßig mehr Weibchen die Flugstraße,
wobei immer noch ein leichter Männchenüberschuss festzustellen ist.
Untersuchungspunkt 9 liegt in Südwestlicher Richtung zu der Flugstraße. Hier wurde
55
Diskussion
ganzjährig Männchendominanz festgestellt. An Punkt 7b, der in Nordöstlicher Richtung zu
der Flugstraße liegt, scheinen hingegen die Weibchen zu überwiegen. Das deutet auf
eine kleinräumige Verschiebung des Geschlechterverhältnisses hin. Es ist
anzunehmen, dass einige Weibchen erst zwischen den Standorten 8a und 8b die
Flugstraße Zookanal erreichen. Unterschiede im Geschlechterverhältnis könnten durch
das Quartierwechselverhalten der Tiere entstehen. Das telemetrierte Weibchen 4
nutzte beispielsweise zwei Gemeinschaftsquartiere nahe der Flugstraße Zookanal.
Vom ersten Quartier aus ist es unwahrscheinlich, dass die Wasserfledermäuse dieser
Gesellschaft via Zookanal fliegen würden. Nachdem sie in das zweite Quartier
umgezogen waren, würde die Flugstraße schon eher auf den Weg passen. Das
telemetrierte Tier orientierte sich auch in diesen Nächten entlang des Waldweges und
flog diesen entlang zum Aasee. Es ist aber denkbar, dass die Tiere ihren Weg durch
den Wald individuell wählten, so dass einige Mitglieder der Wasserfledermausgesellschaft
die Flugstraße an verschiedenen Stellen erreichten. Die regelmäßige Nutzung des
Zookanals durch männliche Tiere könnte bedeuten, dass ein oder mehrere
Männchenquartiere so gelegen sind, dass die Tiere den Zookanal über die gesamte
Sommersaison
passieren.
Der
Weibchenbestand
und
folglich
das
Geschlechterverhältnis auf der Flugstraße könnte bedingt durch die wechselnde Lage
der aaseenahen Quartiere und durch mögliche Durchmischung der Quartiere nach der
Wochenstubenzeit Schwankungen unterlegen sein.
An den übrigen aaseenahen Untersuchungspunkten 9 und 7a verändert sich das
Geschlechterverhältnis in entgegen gesetzte Richtungen (s. o.). An Punkt 9 wurden
durchweg mehrere Männchen als Weibchen gefangen. Auch die dort gefangenen
sechs diesjährigen Tiere waren mit einer Ausnahme männlich. Es besteht die
Möglichkeit, dass dieser Standort auf einem Transferweg von einem Männchenquartier
zum Jagdgebiet liegt und die Tiere erst zwischen den Punkten 10 und 9 auf die Aa
treffen um diese als weiteren Flugweg zu nutzen (s. o.). Für diese Vermutung würde
sprechen, dass die Tiere abends tendenziell bevorzugt aus Westen kamen, also zum
Aasee hinflogen (eigene Beobachtung). Die diesjährigen Tiere wurden an dieser Stelle
ab August gefangen, also gut zwei Wochen nach dem Flüggewerden. In dieser Zeit
befinden sich die Wochenstuben bereits in der Auflösung und es können sich
Mischquartiere verschiedener Konstellationen zusammenfinden (DIETZ 1998, GEIGER &
RUDOLPH 2004). Es wäre demnach möglich, dass sich Assoziationen von adulten und
juvenilen Männchen bilden, womit der Überschuss männlicher Jungtiere an Punkt 9 zu
erklären wäre. Dieser könnte auch dafür sprechen, dass juvenile Männchen sich im
Spätsommer an adulten Männchen orientieren und sich daher in dem
männchendominierten Bereich in größerer Anzahl aufhalten, als weibliche Jungtiere.
An Punkt 7b wurden ganzjährig Männchen nachgewiesen, das Geschlechterverhältnis
deutet jedoch insgesamt auf einen leichten Weibchenüberschuss hin. Anhand der wieder
gefangenen Tiere konnte belegt werden, dass sich mehrere reproduzierende Weibchen,
welche die Zookanal-Flugstraße nutzten in diesem Bereich aufhielten. Die Wiederfangergebnisse zeigten ebenfalls, dass sowohl männliche, als auch weibliche
Wasserfledermäuse Gebietstreue bewiesen.
56
Diskussion
Es kann also unter Berücksichtigung aller Hinweise für die Aasee-Teilpopulation und
für den Aasee als Jagdgewässer auf ein insgesamt etwa ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis geschlossen werden, obwohl sich kleinräumig leichte
Verschiebungen abzeichen. Im Vergleich zu den Gebieten mit sommerlicher räumlicher
Geschlechtertrennung (LEUTZINGER & BROSSARD 1994, DIETZ 1998, ENCARNAÇÃO &
DIETZ 2000, ENCARNAÇÃO et al. 2002a, 2005) weicht dieses Ergebnis ab. DIETZ (1993)
beschreibt ein stark eutrophiertes Jagdgewässer mit reichhaltiger Nahrungsressource,
welches auch von Männchen und Weibchen gleichzeitig genutzt wird. Möglicherweise
stellt der ebenfalls stark eutrophe Aasee eine optimale Nahrungsquelle zur Verfügung,
so dass er von einer Anzahl von Wasserfledermäusen bejagt werden kann, die über
die Größe der ansässigen Wochenstubengesellschaften hinausgeht.
Für eine zweite Möglichkeit sollte die Gebietsstruktur um den Aasee mit berücksichtigt
werden. In einem Radius von etwa 10 km um den Aasee befinden sich an größeren,
potenziell attraktiven Jagdgewässern Abschnitte der Aa, des Dortmund Ems Kanals,
der Angel, der Werse, die Rieselfelder, sowie einige kleinere Stillgewässer. Nahe
gelegen zur Werse und zu den Rieselfeldern ist mindesten ein weiteres
Wochenstubenquartier ansässig (vgl. 5.2.2.2), ebenso nahe der Angel (eigene
Beobachtung). Der Dortmund-Ems-Kanal scheint als Jagdgewässer in weiten Teilen
unattraktiv zu sein (eigene Beobachtung). Die Struktur des oberen Aaverlaufes
erscheint in einigen Bereichen zur Jagd suboptimal geeignet. Nach der Annahme
mehrerer Autoren scheinen die Weibchen potenziell bessere Jagdgebiete als
Männchen und nicht reproduzierende Weibchen zu nutzen (LEUTZINGER & BROSSARD
1994, ENCARNAÇÃO 2005, ENCARNAÇÃO et. al. 2005). Angesichts der weiteren
Wochenstuben im 10 km Umkreis um den Aasee ist ein Konkurrenzdruck „aus anderer
Richtung“ auf verfügbare Jagdgebiete zu erwarten. Vergleichende Untersuchungen an
diesen Gewässern wären notwendig um einschätzen zu können, ob hier eventuell eine
deutlichere sommerliche Geschlechtertrennung stattfindet und sich eine
Weibchendominanz abzeichnet. Es müsste in diesem Fall als zweite Möglichkeit in
Betracht gezogen werden, dass der Aasee ein eher mäßiges Jagdgewässer im
Vergleich zu anderen darstellen könnte und deshalb von vielen Männchen genutzt
wird.
Zuletzt sollten die geografischen Eigenarten eines Gebietes berücksichtigt werden.
Räumliche Geschlechtertrennung war in Regionen mit bewegtem Relief nachzuweisen
(LEUTZINGER & BROSSARD 1994, DIETZ 1998, ENCARNAÇÃO & DIETZ 2000, ENCARNAÇÃO
et al. 2002a, 2005). Tal- und Höhenlage bewirken kleinräumig wechselnde
Klimaverhältnisse. Zudem können sich Hanglagen auf den Nährstoffeintrag in die
Gewässer auswirken. Es ist denkbar, dass sich die Qualität potenzieller Jagdgewässer
in hügeligen oder bergigen Gegenden auf kleinem Raum stärker ändert als im
Flachland. Dies könnte den Hauptgrund für eine weniger ausgeprägte
Geschlechtertrennung im Untersuchungsgebiet darstellen. Es wäre denkbar, das die
lokalen
Gegebenheiten
eines
Gebietes
sich
auf
die
räumliche
Wasserfledermausverteilung auswirken.
57
Diskussion
6.3 Nutzungsintensitäten
Das saisonale Auftreten der Wasserfledermäuse wird durch mehrere Mechanismen
gesteuert. Einerseits ist es an die Phänologie des Reproduktionsverlaufes gebunden,
andererseits ist ein Zusammenhang mit der geschlechterspezifischen Raumnutzung zu
vermuten, der nachfolgend näher erläutert wird. Phänologie und Raumnutzung
wiederum stehen in Abhängigkeit zum Nahrungsangebot. Die wechselnden
Abundanzen von Wasserfledermäusen im gesamten Untersuchungsgebiet ähneln sehr
den Ergebnissen anderer Studien zum jährlichen Aktivitätsverlauf von
Wasserfledermäusen (RIEGER et al. 1990, 1992, RIEGER & ALDER 1993, DIETZ &
FITZENRÄUER 1996). Hierbei ist stets ein vergleichbares Schema zu erkennen.
Zunächst kommt es zu Beginn der Jagdperiode zu einem Anstieg der
Wasserfledermauszahlen, oftmals mit einem ersten Peak im Mai verbunden (RIEGER
1996b). Danach stabilisieren sich die Zahlen während Wochenstubenzeit auf ein
Standardniveau. Etwa mit dem Flüggewerden der Jungtiere steigt die Bestandesdichte
stark an, danach sinken die Zahlen nach etwa zeitweise nur einer Woche allmählich.
Diese Beobachtungen wurden für Wasserfledermaus – Flugstraßen und für GewässerJagdhabitate gemacht. In verschiedenen Regionen und über mehrere Jahre können
sich die Aktivitätsmaxima zeitlich um bis zu
mehrere Wochen verschieben.
(vgl. RIEGER 1996b, RIEGER & ALDER 1994, DIETZ & FITZENRÄUTER 1996, eigene
Untersuchung), was mit dem teilweise zeitlich verschobenen Reproduktionszyklus
(s.o.) zu erklären ist.
In dieser Untersuchung waren deutliche Unterschiede an den verschiedenen
Gewässerabschnitten erkennbar. Die häufig zu beobachtende Phänologie traf
besonders für den Untersuchungspunkt 7b zu, daher soll dieser zunächst betrachtet
werden. Hier wurde im Untersuchungsgebiet der einzige „Mai-Peak“ registriert, der
zeitlich mit den Angaben von DIETZ & FITZENRÄUTER (1996) korrespondiert. Der Grund
für dieses relative Aktivitätsmaximum kann bislang nur vermutet werden. Es könnte mit
der erhöhten Dynamik der Tiere in diesem Zeitraum zusammenhängen (DIETZ 1993,
DIETZ & FITZENRÄUTER 1996, ENCARNAÇÃO et al. 2002), die sich unter anderem in der
Frühsommerschwarmphase der Männchen an den Winterquartieren widerspiegelt
(KUGELSCHAFTER 1998). Die Frühsommerschwarmphase ist zeitlich zu dem „Mai Peak“
verschoben. Sie beginnt erst etwa ab Mitte Mai, wenn die Wasserfledermaus-Zahlen
im JG bereits wieder nachlassen und erstreckt sich bis Mitte/Ende Juni (HARRJE 1994,
KUGELSCHAFTER 1998, TRAPPMANN 2003, 2004). Dies erklärt den Bestandesrückgang
während dieser Zeit in einigen Sommerhabitaten, da einige Männchen sich
nachgewiesenermaßen zum Teil woanders aufhalten.
Es wäre denkbar, dass der Mai-Peak aus einem „allgemeiner Ansturm“ auf die
Gewässerjagdgebiete resultiert, einige Tiere dann aber daraus verdrängt werden. Dies
könnten einerseits die Männchen sein, die in der folgenden Zeit an den
Winterquartieren anzutreffen sind (KUGELSCHAFTER & ORTMANN 2000), jedoch auch die
vorjährigen Tiere, die zu Beginn der Gewässerjagdsaison eine Anbindung an die
Kolonie suchen (s.u.), oder zunächst einfach aus Gewohnheit in das Geburtsgebiet
zurückkehren. Möglicherweise werden einige von ihnen dann aufgrund
58
Diskussion
intraspezifischer Konkurrenz um die Nahrungsressource zur Abwanderung bewegt.
Untersuchungspunkt 7b scheint in engem Bezug zu einer Wochenstube zu stehen
(s.o.), was diese Überlegung unterstützen könnte. Eine weitere Möglichkeit wäre ein
relatives Maximum der Beutedichte über Gewässern im Mai. Ab Ende Mai schien sich
an Punkt 7b bis zum Juli ein ungefährer Standardbestand einzustellen, mit leicht
sinkender Tendenz. In der dritten Junidekade wurde im gesamten UG nur wenig
Aktivität festgestellt. Möglicherweise waren die Witterungsverhältnisse während des
Begehungstermins ungünstig, so dass sich die Tiere kurzzeitig woanders aufhielten.
Der Aktivitätsanstieg im Juli ist mit dem Flüggewerden der Jungtiere zu erklären. Das
absolute Aktivitätsmaximum aber wird erst zum Ende August erreicht, also erst einen
Monat nach dem Flüggewerden der Jungtiere. In den Untersuchungen aus den
Regionen Schaffhausen und Gießen (RIEGER et al. 1990, 1992, DIETZ & FITZENRÄUTER
1996) korrespondiert der sommerliche Peak stärker mit den Ausflugsterminen der
Jungtiere und die erhöhte Aktivität lässt mitunter bereits nach einer Woche wieder nach
(RIEGER et al. 1992). Jedoch wurden auch dort noch hohe Wasserfledermausdichten
im weiteren August und Anfang September festgestellt. Der erst nach dem
Jungenausflug beginnende Aktivitätsanstieg in dieser Untersuchung ist ein Hinweis
darauf, dass die großen Wasserfledermausdichten im Spätsommer nicht alleine durch
das Hinzukommen der Jungtiere zu erklären sind. Auffällig ist, dass sich besonders die
Anzahl durchfliegender Tiere verändert, während die der jagenden etwa konstant
bleibt. Das deutet auf eine größere Mobilität hin. Bevor dieser Befund näher diskutiert
wird, bedarf es zunächst einiger weiterer Betrachtungen.
Die am Standort 7b beobachtete Phänologie ließ sich an den übrigen Standorten nicht
erkennen. Kleinräumig konnten an den einzelnen Untersuchungspunkten deutliche
Unterschiede der Nutzungsintensität festgestellt werden. Der obere Aaverlauf mit den
Untersuchungspunkten „Roxelerstraße“ (10) und „Sentruper Straße“ (11) wurde
ganzjährig kaum von Wasserfledermäusen genutzt, wobei an der „Roxelerstraße“(10)
im Oktober Jagdaktivität nachgewiesen werden konnte. Bereits einige Meter weiter am
„Haus Kump“ (9) wurden regelmäßig Wasserfledermäuse nachgewiesen. Die
Aaseenahen Bereiche schienen ganzjährig attraktiv zu sein, jedoch mit wechselnden
Aktivitätsdichten. In der Innenstadt schienen die Punkte „Bispinghof“ (6) und
Neubrückenstraße (5) erst ab der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraumes an
Bedeutung als Jagdlebensraum zu gewinnen. Die untersuchten Abschnitte am
nördlichen Aaverlauf wurden ganzjährig als Jagdgebiet genutzt, wobei auch hier
Unterschiede in der Aktivität, besonders hinsichtlich der Durchflugsereignisse
erkennbar waren. Aus diesen Befunden lässt sich ableiten, dass sich bereits auf kurzer
Strecke die Qualität der Aa als Jagdgebiet für Wasserfledermäuse zu ändern scheint.
Es könnten verschiedene Gründe dafür vermutet werden: a) wechselnde
Insektenabundanzen an den einzelnen Gewässerbereichen, b) Unterschiede der
Gewässerstruktur und c) Unterschiede des angrenzenden Umfeldes. Im Folgenden
sollen diese drei Gründe näher dargelegt werden:
a) Einerseits könnten sich gewässerchemische Unterschiede auf die Dichte der
Beuteinsekten auswirken. Möglicherweise ist an den von Wasserfledermäusen schlechter frequentierten Punkten keine ausreichende
59
Diskussion
Nahrungsgrundlage vorhanden, so dass es sich für die Tiere nicht lohnt, dort
Jagdversuche zu unternehmen. Die der Aa angrenzenden Flächen sind
sowohl am oberen Aaverlauf als auch an den nördlichen Punkten durch
landwirtschaftliche
Nutzung
geprägt.
Das
lässt
vergleichbaren
Nährstoffeintrag vermuten. Kurz vor der Aaseemündung fließt der stark
verschmutzte Meckelbach in die Aa (VEST 1999), wodurch eine geringfügige
Verschlechterung der Wasserqualität bewirkt wird. Damit einhergehend ist
eine Vergrößerung des Insektenangebotes anzunehmen. Allerdings ist auch
der obere Aaverlauf durch die Einträge aus der Landwirtschaft bereits
Nährstoffüberfrachtet (VEST 1999), so dass der Erklärungsansatz mangelnder
Nahrungsressourcen unwahrscheinlich ist. Um diese Frage zu beantworten
müsste die Insektenabundanz an den entsprechenden Punkten bestimmt
werden.
b) Wahrscheinlicher ist, dass die Nahrung am oberen Aaverlauf für die
Wasserfledermäuse weniger gut zugänglich ist. An den Standorten 10 und 11
ist die Aa stark begradigt, was eine höhere Fließgeschwindigkeit begünstigt.
Weiterhin ist der Fluß in diesen Bereichen wenig tief, mit 3-4 Metern relativ
schmal und durch steile Böschungen begrenzt. Im Gewässer liegende
Gesteinsblöcke begünstigen zudem eine relativ unruhige Wasseroberfläche.
Wasserfledermäuse nutzen zur Jagd vorzugsweise Gewässer mit einer
geringen Fließgeschwindigkeit oder stehende Gewässer mit offenen, glatten
Wasseroberflächen (ALTRINGHAM et al. 1998, BOONMAN et al. 1998)Die
Beschaffenheit der Wasseroberfläche ist für die Myotis Arten des LeuconoëTyps maßgeblich für den Fangerfolg (SIEMERS et al. 2000, 2001). Die Autoren
beschrieben, dass glatte Oberflächen wie ein „akustischer Spiegel“ wirken
und die eintreffenden Ortungsrufe im Ausfallwinkel reflektieren. Die jagende
Fledermaus bekommt nur dann ein Echo zurück, wenn diese Oberfläche nicht
mehr glatt ist, zum Beispiel weil ein Beuteinsekt auf ihr schwimmt. So erhalten
die
über
Gewässern
jagenden
Myotis-Arten
keine
störenden
Hintergrundechos bei der Beutedetektion, ähnlich wie bei der Jagd im freien
Luftraum. Eine weniger ruhige Wasseroberfläche begünstigt die Reflexion von
Störechos zu der Fledermaus, was sich irritierend auf das Aufspüren der
Beute auswirkt. Es ist daher denkbar, dass am oberen Aaverlauf physikalisch
ungünstige
Bedingungen
für
das
geringe
Vorkommen
von
Wasserfledermäusen ursächlich sind. An der „Roxeler Straße“ (11) wurde
gelegentlich ein jagendes Tier angetroffen. Hier ist die Aa in kleinem Bereich
etwas verbreitert. Dies könnte eine leichte Beruhigung der Wasseroberfläche
bewirken. Möglicherweise verbessert dieser Umstand die Eignung als
Jagdgebiet. Der Bereich wird aber dennoch gering frequentiert, da die
Bedingungen an der umgebenden Aa hinsichtlich der Wasseroberfläche
schlechter sind. Vermutlich daher nutzen insgesamt nur weniger
Wasserfledermäuse diesen Gewässerabschnitt, auch nicht für Transferflüge.
Diese Vermutung wird durch die ebenfalls nahezu ausbleibenden
Durchflugsereignisse an den Punkten 10 und 11 untermauert. Es müssen
60
Diskussion
jedoch bei dieser Beurteilung noch weitere Faktoren berücksichtigt werden
(s.u.).
c) Einige Kriterien der Gewässerstruktur wurden als Einflussfaktor auf die
Beschaffenheit der Wasseroberfläche in b) bereits genannt. Deutliche
Unterschiede in der Struktur sind bezüglich der Gewässerbreite zu erkennen.
Die Aa ist innerhalb des Untersuchungsgebietes am nördlichen Verlauf
durchweg etwas breiter als am oberen Aaverlauf. Zudem begünstigt ein im
Norden teilweise leicht mäandrierender Verlauf in einigen Bereichen
möglicherweise eine geringfügige Minderung der Fließgeschwindigkeit (s.o.).
Ein ungünstiger Faktor an den Innenstadt-Standorten könnte der Starke
Verbau sein. Die Aa fließt hier durch ein Betonbett, was Einfluss auf das
Schlupfverhalten der Beutetiere haben könnte. In diesen Bereichen sind
kaum Bodensubstrat un Wasserpflanzen vorhanden. Weiterhin könnte sich
hier die Innenstadtbeleuchtung störend auf die jagenden Tiere auswirken. Es
wurde mehrfach beobachtet, dass Wasserfledermäuse Meidungsverhalten
gegenüber Licht zeigten (LIMPENS & KAPTEYN 1991, Rieger et al. 1990, 1992).
Die an der stark beleuchteten Neubrückenstraße jagenden Tiere hielten sich
meistens unter der Brücke auf, was als ein solches Verhalten gedeutet
werden könnte.
Aufgrund der Kartierungslücken an den einzelnen Untersuchungspunkten des
Aaverlaufes (exklusive des Aasees) ergibt sich kein durchgehendes Bild von der
Phänologie an den Einzelstandorten. Erkennbar ist jedoch, dass insgesamt die größten
Aktivitäten in der zweiten Jahreshälfte registriert wurden. Dies wird umso deutlicher,
wenn die Aktivitäten für den untersuchten Aaverlauf zusammengefasst werden Im
Vergleich zu Standort 7b (s.o.) fällt hierbei auf, dass kein „Mai-Peak“ festgestellt
werden konnte. Der übrige Aktivitätsverlauf ist dem an 7b registrierten ähnlich. Die
Wasserfledermausaktivität erhöht sich mit dem Flüggewerden der Jungtiere mit
steigender Tendenz. Die größte Wasserfledermausaktivität ergab sich am Aaverlauf
sogar erst Mitte September. Die Maximalen registrierten Aktivitäten wurden durch
erhöhte Anzahlen von Durchflugsereignissen verursacht, während sich die
zahlenmäßige Besetzung der Jagdgebiete nicht veränderte. Es ist daher notwendig,
die Ergebnisse nicht rein quantitativ, sondern auch qualitativ zu betrachten. An den
Untersuchungspunkten, die nahezu regelmäßig als Jagdgebiet genutzt wurden, waren
auch häufiger Durchflugsereignisse zu verzeichnen als an den Punkten, an denen nur
sporadisch jagende Tiere feststellbar waren. Das lässt auf eine sehr gute
Gebietskenntnis der Wasserfledermäuse schließen, da sie anscheinend wissen, wo es
sich lohnt lang zu fliegen und wo nicht.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum (besonders die juvenilen)
Wasserfledermäuse auf der Suche nach Jagdgebieten nicht trotzdem die
„ungünstigen“ Bereiche der Aa abfliegen, zumal sich diese nur in geringer Entfernung
zu stark frequentierten Jagdgewässern und zu mindestens einer Wochenstube
befinden. Zunächst sei erwähnt, dass Negativnachweise bei einer lückenhaften
Beobachtung nicht möglich sind. Zudem wurde an Punkt 11 sporadisch eine
61
Diskussion
Wasserfledermaus festgestellt. Eine Ursache für die dennoch weitgehend
ausbleibende Suchaktivität am oberen Aaverlauf könnte als Hinweis auf mögliches
„Folgeverhalten“ der Jungtiere gewertet werden. Es wird angenommen, dass sich
juvenile Wasserfledermäuse im Spätsommer zur Erkundung geeigneter
Winterquartiere an den Alttieren orientieren (V. HELVERSEN 1989, HARRJE 1994). In
einer Studie in Mittelhessen wurde bei juvenilen Männchen gegenüber juvenilen
Weibchen eine größere Mobilität festgestellt (ENCARNAÇÃO et al. 2002). Für die
weiblichen Jungtiere wird eine stärkere Bindung an die adulten Weibchen
angenommen,
die
unter
anderem
dem
direkten
Anschluss
an
die
Wochenstubenkolonie dient. Männliche Wasserfledermaus-Jungtiere scheinen
hingegen eine größere Bereitschaft zu Erkundungsflügen und Kontaktfreudigkeit zu
zeigen (ENCARNAÇÃO 2005). Mindestens 30 % der 2003 am Aasee beringten
Diesjährigen hielten sich im Untersuchungszeitraum abermals am Aasee, genau
genommen an beiden Zookanalstellen (8a & 8b) und der Adenauerallee (7b) auf. Diese
Tiere waren mehrheitlich Weibchen. Aufgrund der geringen Stichprobengröße darf
dieses Ergebnis lediglich als eine wage Tendenz angesehen werden, könnte aber so
interpretiert werden, dass eher die jungen Männchen das Gebiet verlassen als die
jungen Weibchen. Die regelmäßigen Wechsel von Weibchen zwischen dem Zookanal
und der Adenauerallee und die durch häufige Wiederfänge festgestellte Gebietstreue
einiger Individuen zeigen, dass diese Gewässerabschnitte, sowie der zwischen
gelagerte Aasee zum festen Einzugsbereich der Aasee – Teilpopulation gehören.
Zudem war eine bevorzugte Orientierung der adulten Weibchen vom Zookanal aus
gesehen nach Nordosten, also Richtung Stadtmitte erkennbar.
An der Fangstelle am Südwestlichen Aasee-Ende wurde hingegen deutliche
Männchendominanz festgestellt (s.o.). Wenn angenommen wird, dass die weiblichen
Jungtiere nach dem Flüggewerden die Nähe der adulten Weibchen suchen, ist es
wahrscheinlich, dass sie zunächst die von den Alttieren traditionell genutzten
Jagdgebiete kennen lernen. Im Falle der Aasee-Kolonie könnte das bedeuten, dass
einige Jungtiere automatisch in Richtung Adenauerallee und Innenstadt geleitet
werden. Daraufhin würde sich jedoch der intraspezifische Konkurrenzdruck um die
Jagdgebiete in diesem Bereich erhöhen. Im Spätsommer werden von
Wasserfledermäusen Gewässerabschnitte bejagt, die zuvor gemieden wurden
(VIERHAUS 1997, eigene Beobachtung). Die Ergebnisse zeigen, dass zu dieser Zeit
vornehmlich die Innenstadtstandorte als zusätzliches Jagdgebiet angenommen
wurden. Es wäre denkbar, dass einige Individuen einfach einige Meter weiter den
Gewässerverlauf entlang fliegen, bis sie ein geeignetes freies Jagdgebiet gefunden
haben. Das würde sie unter den örtlichen Gegebenheiten geradewegs zu den
Aa–Bereichen der Innenstadt führen. Auch nördlich an die Innenstadt grenzte an
Punkt 4 nachweislich ein Weibchenjagdgebiet an. Demnach wäre auch aus dieser
Richtung eine „Besetzung“ der Innenstadt-Jagdgebiete denkbar. Die Zahlenmäßigen
Verhältnisse von Diesjährigen zu Adulten im Spätsommer unterstützen diese
Überlegung. An den Punkten 8a und 7b wurden nahezu ausgeglichene Verhältnisse
von diesjährigen zu adulten Tieren festgestellt. An Punkt 9 hingegen, der Stelle mit
Männchendominanz wurden mehr als doppelt so viele Adulte gefangen wie Juvenile.
Von den diesjährigen Tieren war nur eines weiblich.
62
Diskussion
Der Ausgangspunkt für diese Überlegungen war die Frage, warum nicht nach
Jagdgebieten suchende Jungtiere Aa-aufwärts fliegen und an den von
Wasserfledermäusen gering frequentieren Stellen sogar im Spätsommer
Durchflugsereignisse ausbleiben. Im Fall der Weibchen könnte also der Grund eine
durch das „Folgeverhalten“ bedingte traditionelle Nutzung angestammter
Jagdgewässer und im Umkehrschluss eine traditionelle Ablenkung von weniger
geeigneten Gewässern bedeuten. Nun ist die Frage jedoch immer noch nicht für die
Männchen beantwortet, besonders unter Berücksichtigung der nachgewiesenen
Männchendominanz an Punkt 9, unweit von Punkt 10. Trotz der möglicherweise
größeren Mobilität und Erkundungsbereitschaft der männlichen Jungtiere im
Spätsommer (ENCARNAÇÃO 2005) ist es denkbar, dass auch diese sich an anderen
Wasserfledermäusen orientieren. Das „herumvagabundieren“ dient vermutlich unter
anderem dazu, auf die Schwarmaktivität der adulten Männchen an den
Winterquartieren aufmerksam zu werden (ENCARNAÇÃO 2005). Dieses Ziel wird
schneller erreicht, wenn man erfahrene Tiere als Lotsen benutzt, am besten ebenfalls
Männchen, die geradewegs zu den Schwarmquartieren führen. Daher könnte auch in
diesem Fall eine traditionelle, generationenübergreifende Nutzung bestimmter
Teillebensräume stattfinden (vgl. V. HELVERSEN 1989).
Der Grund fehlender Durchflüge in kaum zur Jagd genutzten Bereichen, könnte ferner
mit dem Transferflugverhalten der Tiere begründet werden. Wasserfledermäuse nutzen
häufig feste Flugstraßen von den Quartieren zu den Jagdgebieten (u. A. RIEGER et al.
1990, DIETZ 1993, RIEGER 1996b, ARNOLD 1999, LIMPENS & KAPTEYN 1999). Diese
verlaufen entlang von Gewässern, aber auch entlang von anderen Linienhaften
Strukturen z. B. Baumreihen und Hecken (NYHOLM 1965, LIMPENS & KAPTEYN 1991,
GEBHARD 1997). Flugstraßen können leicht entdeckt werden, da sie zur abendlichen
Ausflugszeit meistens von einer großen Zahl von Wasserfledermäusen beflogen
werden. Einzeltiere nutzen jedoch ebenso konstant ihre Transferwege. Mit Hilfe der
Telemetrie konnte gezeigt werden, dass sich die untersuchten Weibchen in ihrer
Flugwegnutzung sehr konservativ verhielten. Zudem orientierten sie sich bei ihren
Transferflügen nur bedingt an den Gewässern. Die Weibchen, die ihre Jagdgebiete
über der Aa aufsuchten, flogen diese direkt an und folgten dabei nicht der
Gewässerstruktur. Dabei wurden längere Wegstrecken in Kauf genommen. Ähnliche
Beobachtungen beschreiben RIEGER et al. (1992). Der Grund für mangelnde
Durchflugsereignisse könnte also darin liegen, dass „isolierte“ Jagdgebiete von
Einzeltieren direkt angeflogen werden, ohne dass die Gewässerstruktur als Leitlinie
von Bedeutung sein muss.
6.4 Individuelle Raumnutzung
Die Telemetrieergebnisse stellen das individuelle Verhalten von vier Tieren dar und
sind daher nur schwer interpretierbar. Dennoch ist anzunehmen, dass einige
Verhaltensweisen in Zusammenhang der jeweiligen Situation des Tieres stehen.
63
Diskussion
6.4.1 Jagdgebietsnutzung
Erwartungsgemäß widmeten alle vier Weibchen die meiste Zeit der
Nahrungsaufnahme. Hinsichtlich der Jagdgebietsnutzung ließen sich jedoch
individuelle Unterschiede erkennen. Für die Weibchen 1, 3 und 4 wurden jeweils zwei
Jagdgebiete abgegrenzt, von denen sich jeweils eines in zwei Teiljagdgebiete
gliederte. Das „aufgegliederte“ Jagdgebiet konnte in allen Fällen zugleich als
Hauptjagdgebiet angesehen werden, wobei das Teil-JG a bevorzugt wurde. Das zweite
Jagdgebiet stellte bei allen Tieren ein Nebenjagdgebiet dar, welches häufig nicht in
jeder Nacht genutzt wurde. W4 bildet diesbezüglich eine Ausnahme. Es verbrachte
jeweils eine Nacht hauptsächlich über dem Aasee oder hauptsächlich im
Schlossgarten. In zwei weiteren Nächten nutzte es beide Jagdgebiete in hohen
Anteilen. Es zeigte insgesamt das ausgeprägteste Wechselverhalten zwischen den
Jagdgebieten. Im Vergleich dazu war W2 das konservativste Tier. Es zeigte in jeder
Telemetrienacht dasselbe Verhaltensmuster. Nahezu durchgehend nutzte es JG2,
welches auch nicht in verschiedene Teil-Jagdgebiete aufgegliedert wurde. Nach
Ausflug suchte es stets für einige Minuten den Dortmund Ems Kanal auf, wobei
angenommen werden könnte, dass diese Aktion vorrangig der abendlichen
Wasseraufnahme diente. Gemeinsam hatten W2 und W4, dass sie in jeder Nacht
beide Jagdgebiete nutzten. W1 und W3 hingegen wechselten sporadisch zwischen den
Teiljagdgebieten ihres Hauptjagdgebietes, wobei Teiljagdgebiet a durchgehend
bevorzugt wurde. Beide Tiere flogen nur unregelmäßig in ihr zweites Jagdgebiet. Es
können folgende Vermutungen angestellt werden, warum die Weibchen 1, 3 und 4
teilweise für nur kurze Zeit ihr Haupt-Jagdgebiet verließen, um in einem anderen
Bereich zu jagen, während W2 über die gesamte telemetrierte Zeit einen eng
abgrenzbaren Bereich zur Jagd nutzte. Gründe hierfür sind in dem individuellen Status
der Tiere (DIETZ, zitiert in KUGELSCHAFTER 1998), aber auch in der Jahreszeit zu der
sie telemetriert wurden, zu suchen.
Offensichtlich war das Haupt-JG von W2 von ausreichender Qualität, um den
Energiebedarf eines laktierenden Tieres zu decken. Es wurden zudem Reaktionen von
W2 auf durchfliegende Wasserfledermäuse beobachtet. Das telemetrierte Tier war
bereits mehrere Jahre alt. Möglicherweise ist es ein etabliertes Weibchen, welches
durchgehend ein hochwertiges Jagdgebiet behaupten konnte und es daher nicht nötig
hatte, dieses zeitweise zu wechseln. Der Umstand, dass dieses Tier bereits 2003 in
diesem Bereich gefangen wurde, deutet sogar auf eine treue Jagdgebietsnutzung über
mehrere Jahre hin. Die Weibchen 1 & 3 wechselten unstet ihre Jagdgebiete und hatten
außerdem die relativ geringsten Jagdzeiten. An beiden Tiere waren Besonderheiten
hinsichtlich des Status zu erkennen. W1 war zwar vermutlich trächtig, jedoch handelte
es sich um ein vorjähriges Tier. W3 hatte einen vergleichsweise geringen
Energiebedarf, da es im Untersuchungsjahr nicht reproduzierte. Für W1 ist der
Jagdanteil von nur gut 50 % und der analog dazu hohe Anteil von Flugpausen
witterungsbedingt zu erklären. Im Mai sanken die Temperaturen während der Nächte
an der Wetterstation Hüffergarten in drei Nächten unter 8 °C, in den Jagdgebieten
vermutlich tiefer. Das Tier setzte in der dritten Telemetrienacht nahezu komplett mit der
Jagd aus. In den übrigen Nächten sanken die Temperaturen vergleichbar tief wie in der
64
Diskussion
pausierten Nacht (vagl. Tab. A3). Der Unterschied besteht in den Verhältnissen zur
Ausflugszeit. In der dritten Nacht herrschten bereits in den Abendstunden
Temperaturen von unter 10°C, während es an den übrigen Abenden zu gleicher Zeit
wärmer war. DIETZ (1993, 1998) beschreibt eine maximale Insektendichte in der
Abenddämmerung, aber auch abnehmende Insektenaktivität mit sinkender
Temperatur. Der Autor diskutiert ebenso die Möglichkeit, dass Wasserfledermäuse in
kühlen Nächten zu einem unimodalen Jagdrhythmus übergehen. Vermutlich flogen an
diesem Abend bereits in den Abendstunden nur wenige Insekten, so dass die weitere
Jagd inrentabel war und das Tier nach kurzer Jagd ein Quartier aufsuchte.
Interessant ist, dass W1 für die weitere Nacht nicht in ihr Baumhöhlenquartier
zurückkehrte, sondern mit einer zweiten Wasserfledermaus einen Hangplatz an einer
Betonwand in einem offenen Lagerraum wählte. Das morgendliche Putzen und
Gähnen beider beobachteter Wasserfledermäuse zur üblichen Einflugszeit in dem
Quartier könnte als Zeitpunkt des Einsetzens der Tagesschlaflethargie gewertet
werden. Möglicherweise stellten die vorhergehenden Stunden nur eine Flugpause mit
der Erwartung auf eine weitere Jagdzeit dar, die sich aufgrund anhaltender ungünstiger
Witterungsverhältnisse jedoch bis in den Morgen verlängerte. Auch die Ausflüge in das
weiter entfernt gelegene JG 2 könnten witterungsbedingt erfolgt sein. Eventuell besteht
in kühlen Frühjahrsnächten in Wäldern ein für die Insektendichte günstigeres
Mikroklima, welches die Wasserfledermäuse dazu veranlasst, Waldjagdgebiete
aufzusuchen. Es gibt Hinweise auf Jagdaktivität von Wasserfledermäusen in Wäldern
nach Beendigung des Winterschlafes. Vielleicht nutzen die Tiere zu dieser Zeit
klimatisch begünstigte Ausweichjagdgebiete, bevor die großen Gewässerjagdgebiete
ausreichend produktiv sind (GORISSEN mdl. Mitteilung). In den Waldstücken waren
zudem kleinere temporäre Gewässer, über die Tiere ihrer gewohnten Jagdtechnik
hätten nachgehen können. Gegen die Nutzung des Waldjagdgebietes aus klimatischen
Gründen spricht im Falle von W1, dass es zu der Zeit des zweiten Ausflugs dorthin, in
der fünften Telemetrienacht, verhältnismäßig warm war. Es besteht die Möglichkeit,
dass die Flüge zum JG2 noch eine weitere Funktion außer der Jagdaktivität hatten. Die
Waldstücke, in denen sich W1 aufhielt, waren Eichen-Hainbuchenbestände und
glichen strukturell sehr demjenigen, in dem sich die Quartierbäume befanden. Zudem
hielt das Tier im Bereich von JG2 einige Ruhepausen.
Warum sollte es sich energetisch lohnen, einen vergleichsweise weiten Weg in Kauf zu
nehmen für nur kurze Jagdflüge und Ruhephasen in einem abgelegenen Waldstück?
Entweder waren die dortigen Nahrungsressourcen wirklich überragend, oder die
Ausflüge sind zusätzlich als eine Art von „Erkundungsflügen“ zu deuten. Als vorjähriges
Tier war W1 vermutlich weniger erfahren als die adulten Weibchen und suchte
vielleicht potenzielle Quartiere und/oder Jagdgebiete. Möglicherweise ist dieses
Verhalten mit der erhöhten Mobilität während des „Mai-Peaks“ (s.o.) in Einklang zu
bringen. Aufgrund der Telemetrie dieses Tieres liegen für die selbe Dekade keine
Detektorergebnisse vor, jedoch wurde wenige Tage vor der Besenderung von W1 die
relativ höchste Anzahl von Durchflugsereignissen an der Adenauerallee festgestellt.
GEIGER & RUDOLPH (2004) berichten, dass im Mai noch Weibchen aus benachbarten
Kolonien in einer Baumhöhle anzutreffen sind. Eventuell hat W1 aus kommunikativen
65
Diskussion
Gründen ein benachbartes Quartiergebiet aufgesucht, wenn es in JG2 flog. Ein
weiterer Aspekt ist, dass anscheinend die dominanten Tiere eines Gebietes an
nahrungsarmen Tagen subdominante Tiere aus den Jagdgebieten vertreiben und das
häufige Jagdgebietwswechsel ein Indiz für einen niedrigen sozialen Status sind (DIETZ,
zitiert in KUGELSCHAFTER 1998, s. o.). Diese Möglichkeit könnte ebenfalls dazu geführt
haben, dass W1, wie auch W3 gelegentlich ihre Jagdgebiete wechselten. Anders zu
beurteilen als bei W1 ist die geringe Jagdzeit von W3. Während der Telemetrie dieses
Tieres herrschten durchgehend günstige Witterungsverhältnisse. Dennoch hielt das
Tier verhältnismäßig viele und lange Flugpausen während der Aktivitätszeit. Zusätzlich
suchte es durchschnittlich deutlich früher sein Tagesquartier auf, als die anderen
Weibchen. Zweifelsfrei ist der Grund für die geringe Ausnutzung potenziell möglicher
Jagdzeit im Reproduktionsstatus dieses Tieres zu sehen. W3 hatte im
Untersuchungsjahr kein Jungtier und folglich einen weniger großen Energiebedarf als
die reproduzierenden Weibchen (DIETZ 1998).
Das Wechselverhalten zwischen den Jagdgebieten von W4 könnte abermals aus
Gründen der intraspezifischen Konkurrenz erfolgt sein (s.o.). Dieses Tier war jedoch
adult, mit 9,6 g verhältnismäßig schwer und schien im Untersuchungsjahr ein Jungtier
gesäugt zu haben. Für unser Verständnis scheint es also nicht ersichtlich, warum
dieses Weibchen weniger etabliert sein sollte als beispielsweise W2. Für dieses Tier
sollte beachtet werden, dass zum Zeitpunkt der Telemetrie desselben die Jungtiere
bereits flügge waren und die Zeit der maximalen Wasserfledermausaktivität
angefangen hatte. Der Intraspezifische Konkurrenzdruck im Aaseebereich, also dem
Haupt-JG von W4, erreichte möglicherweise sein jährliches Maximum. Über dem
Schlossgraben waren außer dem telemetrierten Tier keine weiteren Wasserfledermäuse
festzustellen (eigene Beobachtung). Es ist vorstellbar, dass ständiger Kontakt zu
durchfliegenden Artgenossen für den persönlichen Jagderfolg hinderlich sein könnte.
Vielleicht tendiert auch ein Tier mit einer augenscheinlich großen Fitness unter
derartigen Extrembedingungen gelgentlich dazu, ein „ruhiges“ Jagdgebiet für lange
Jagdphasen aufzusuchen.
6.4.2 Quartiernutzung
Durch die Telemetrie der vier Weibchen wurden unterschiedliche Quartiere aufgespürt.
Auch diese müssen in Bezug zu der Jahreszeit und zum Status der Tiere betrachtet
werden. Mit einer Ausnahme wurden alle Baumhöhlen-Quartiere in Stieleichen
(Quercus robur) bezogen. Nur W2 nutzte eine Baumhöhle in einer Rotbuche (Fagus
sylvatica). Die Bevorzugung von Eichen als Quartierbaum für Wasserfeldermäuse wies
auch BOONMAN (2000) in den Niederlanden nach, obwohl das Angebot an potenziellen
Quartieren in Buchen überwog. Für den Kreis Viersen (NRW) konnte ebenfalls eine
deutliche Präferenz für Quartiere in Eichen festgestellt werden (HOLTHAUSEN & PLEINES
2001). Andere Autoren berichten hingegen von einer bevorzugten Quartiernutzung in
Buchen (EBENAU 1995, RIEGER 1996a, ARNOLD 1999). RIEGER & ALDER (1994) stellten
fest, dass Buchen ein wärmeres Mikroklima vorweisen als Eichen. Möglicherweise
spielen geografisch bedingte klimatische Unterschiede eine Rolle bei der Quartierwahl.
Im Untersuchungsgebiet könnte die bevorzugte Nutzung von Baumhöhlen in Eichen
66
Diskussion
aber auch mit einem mangelnden Baumhöhlenangebot in Buchen zusammenhängen.
Die Quartiere wurden zumeist in Eichen-Hainbuchenbeständen bezogen, in denen die
Rotbuche lediglich eine Begleitart darstellte. Da bislang keine vollständige Erfassung
des potenziellen Quartierangebotes vorliegt, muss diese Frage unbeantwortet bleiben.
Da es nicht möglich war, die Baumhöhlenquartiere erfolgreich abzufangen, kann nur
aufgrund einiger Indizien auf den jeweiligen Nutzungstyp geschlossen werden. W2
bezog insgesamt drei verschiedene Baumhöhlen in demselben Waldstück. Jedes Mal
befand sich das Tier in Gesellschaft. Die einzige weitere Wasserfledermaus, die beim
Abfangen der dritten Baumhöhle ins Netz ging, war ebenfalls ein reproduzierendes
Weibchen. Da sich die Wochenstuben der Wasserfledermäuse im Mai formieren
(SCHOBER & GRIMMBERGER 1998, GEIGER & RUDOLPH 2004), ist es möglich, dass es
sich bei den Quartieren von W1 bereits um Wochenstubengesellschaften handelte.
Allerdings besteht zu dieser Zeit noch eine große Dynamik und die Quartiere werden
häufig gewechselt. Es finden sich zudem Weibchen aus benachbarten Koloniegebieten
zusammen (GEIGER & RUDOLPH 2004). Die Jahreszeit und der Reproduktionsstatus
von W2 lassen die Annahme zu, dass es sich bei der Quartiergemeinschaft im
Boniburger Wald um eine Wochenstube handelte.
Im Falle von W3 und W4 erweist sich die Ansprache der Quartiergemeinschaften als
schwieriger. Es gibt Hinweise auf Mischquartiere während der Wochenstubenzeit, in
denen sich nicht reproduzierende Weibchen mit Männchen gruppieren. Während der
Auflösung der Wochenstuben kann eine komplette Durchmischung der Quartiere
stattfinden, in die auch die reproduzierenden Weibchen und die Jungtiere mit
einbezogen werden (DIETZ 1998, GEIGER & RUDOLPH 2004). Der Fang eines ebenfalls
nicht reproduzierenden Weibchens an dem von W3 genutzten Gemeinschaftsquartier
ließe vermuten, dass es sich hierbei um eine solche Quartiergemeinschaft handelte. In
anderen Nächten nutzte W3 ein Solitärquartier in unmittelbarer Nähe zu seinen
Jagdgebieten, sparte sich also den langen Flugweg vom Jagdgebiet zum
Gemeinschaftsquartier. Dieses Verhalten gibt einen Hinweis darauf, dass das Tier
lockeren Kontakt zu seiner Kolonie pflegte, was die Bedeutsamkeit einer Kolonieanbindung
für Wasserfledermäuse unterstreicht. Das aufgesuchte Gemeinschaftsquartier von W3
befand sich in größerer Entfernung zu idealen Jagdgebieten als die unmittelbar in
Aaseenähe gelegenen Gemeinschaftsquartiere von W4. Daraus könnte interpretiert
werden, dass die Quartiere von letzterem Tier funktional einer Wochenstube näher
standen, als die des dritten telemetrierten Weibchens. Auch hier sind angesichts des
späten Telemetriezeitraumes Durchmischungsvorgänge wahrscheinlich.
Die Ruheplätze der Telemetrierten Weibchen konnten nur in einigen Fällen ausfindig
gemacht werden. Hier lassen dich jedoch deutliche Parallelen zu anderen Studien
erkennen. So suchten die Weibchen 1 und 4 für Jagdpausen Hangplätze unter
Brücken auf. Ähnliche Beobachtungen werden bei GEBHARD (1997) für
Wasserfledermäuse beschrieben. W1 und W2 suchten Objekte auf, die einem von
RIEGER (1994) beschriebenen „Unterstand-Quartier“ ähnlich sind. Er beschreibt damit
ein Quartier in einem „großen offenen Unterstand“, welches nachts von mehreren
Wasserfledermäusen aufgesucht wird, die den verschiedenen Aktivitäten „Fliegen“,
67
Diskussion
„Klettern oder „Hängen“ nachgehen. Gelegentlich wird es auch zur Tagesruhe genutzt,
dient jedoch nicht als Winterquartier. Ähnliche Beobachtungen beschreiben HAENSEL
& ITTERMANN (1998) für einen Hohlraum in einer Brücke. Auch hier handelt es sich
ebenfalls um ein Objekt, welches nicht geeignet für die Überwinterung ist. Die
Beobachtungen von weiteren Wasserfledermäusen, besonders an dem von W2 häufig
aufgesuchten Kanalrohr, deuten auf ähnliche Quartiertypen hin. Zudem war die
Aktivität von W2 oftmals nicht einschätzbar, wenn es das Kanalrohr nutzte. Zweifelsfrei
unternahm das Tier hier gelegentlich Flugpausen, oft wirkte das Signal jedoch so, als
würde sich das Tier kleinräumig bewegen. Gelegentlich flog es weiter in das Rohr
hinein. Dies deutet auf die von RIEGER (1994) beschriebenen Aktivitäten „Hängen,
Klettern und Fliegen“ hin. Die Funktion solcher Quartiere ist bislang weitgehend
ungeklärt. HAENSEL & ITTERMANN (1998) vermuten einen „Rastplatz mit
Kommunikationsfunktion“.
6.4.3 Flugwege
Auch hinsichtlich der Distanzen zwischen Quartier und Jagdgebiet konnten
Unterschiede zwischen den telemetrierten Weibchen festgestellt werden. Die
Weibchen 1, 2 und 4, die sich vermutlich alle im Untersuchungsjahr reproduzierten,
legten maximale Luftliniendistanzen von 4,1, 3,5 und 2,5 km zwischen Quartier und
Jagdgebiet zurück. Ähnliche Entfernungen ermittelten in einer langjährigen
Untersuchung auch DIETZ & ENCARNAÇÃO (zitiert in ENCARNAÇÃO et.al. 2005) für
reproduzierende Weibchen. Im Unterschied dazu nahm W3 zeitweise einen
vergleichsweise langen Flugweg in Kauf, um in einer größeren Quartiergemeinschaft in
8,6 km Luftlinie zum Jagdgebiet zu übertagen. Als weiteste Distanzen zwischen
Tagesquartier und Jagdgebiet wurden für Wasserfledermausweibchen bislang 7 km
Luftlinienentfernung (EBENAU 1995) und 7,4 km (ARNOLD 1999) ermittelt. Dies war
jedoch auch in diesen Untersuchungen eher eine Ausnahme. Dieses Ergebnis könnte
darauf hindeuten, dass Weibchen, die nicht an der Reproduktion beteiligt sind,
Jagdgebiete in größerer Entfernung zur Kolonie nutzen als reproduzierende Weibchen.
Hinsichtlich der Flugroutenauswahl war bei allen Tieren ein ähnliches Verhalten
erkennbar. Die Tiere nutzten stets unbebaute Korridore und umflogen
Siedlungsbereiche mitunter großräumig. W2 und W3, deren Jagdgebiete über der Aa
lagen flogen diese direkt an, ohne den Gewässerverlauf als Flugweg zu nutzen. Sogar
der Wechsel zwischen JG1 und JG2 des Weibchens 3 erfolgte höchstwahrscheinlich
gelegentlich „über Land“ obwohl das Tier die Aa nur weiter hätte entlang fliegen
müssen. Ähnliches Transferflugverhalten wurde für Wasserfledermäuse mehrfach
beschrieben (LIMPENS & KAPTEYN 1991, RIEGER et al 1990,1992). Unter diesem
Gesichtspunkt bedürfen die Durchflugsereignisse in den Jagdgebieten einer weiteren
Betrachtung. Es ist wahrscheinlich, dass diese eine andere Funktion haben, als den
alleinigen Transferweg.
68
Diskussion
6.5 Anmerkungen zum Paarungsverhalten
An den Standorten, die nicht oder nur zeitweise zur Jagd genutzt wurden, konnten
auch nur wenige Durchflugsverzeichnisse verzeichnet werden. An Stellen mit
regelmäßiger Jagdaktivität wurden hingegen auch die meisten Durchflüge verzeichnet
(vgl. 6.3). Hier wurden zudem Interaktionen zwischen jagenden und durchfliegenden
Tieren beobachtet. Diese traten vermehrt in der zweiten Jahreshälfte auf.
Erklärungsmöglichkeiten für dieses Verhalten wären a) Territorialverhalten jagender
Tiere gegenüber durchfliegenden (ENCARNAÇÃO et. al. 2002b), b) Interaktionen
zwischen Jungtieren und Adulten (vgl. 6.3). c) Kontaktsuche paarungsbereiter
Männchen
zu
Weibchen
und
daraus
resultierendes
Abfliegen
der
Weibchenjagdgebiete. Diese Möglichkeit bedarf einiger Erläuterungen.
Nach gängiger Annahme paaren sich Wasserfledermäuse im Winterquartier
(z. B. ROER & EGSBAEK 1966, GRIMMBERGER et al. 1986, HARRJE 1994, 1999). Dies
mag daran liegen, dass sich dort die beste Möglichkeit ergibt, die Tiere zu beobachten
(ENCARNAÇÃO 2005). Die maximale Durchflugsaktivität war im Spätsommer zu einer
Zeit, in der die Jungtiere bereits einige Wochen Flügge waren, festzustellen. Es ist
demnach unwahrscheinlich, dass dieser Aktivitätsanstieg alleine von diesen verursacht
wird (vgl. 6.3). Die Männchen zeigen zu dieser Zeit erhöhte Mobilität (ENCARNAÇÃO &
DIETZ 2000). Weiterhin halten sie sich signifikant länger als sonst in Baumhöhlen auf
(ENCARNAÇÃO et al. 2002). Die Zeit der maximalen Durchflugsaktivität fällt mit dem
Beginn der Paarungsbereitschaft der Männchen zusammen (vgl. 6.1). ENCARNAÇÃO
(2005) vermutet Paarungsaktivität von Wasserfledermäusen bereits im Sommerhabitat,
an der vornehmlich etablierte Männchen beteiligt sind. Unter dem Vorbehalt, dass
Wasserfledermäuse ihre Flugrouten nicht unbedingt an Gewässern orientieren (vgl.
6.4.3) und dass die Durchflugsaktivität nur in einigen Dekaden hoch war, ist es
denkbar, dass paarungsbereite Männchen die Jagdgebiete der Weibchen abfliegen
und beobachtete Interaktionen in Zusammenhang mit möglichem Balzgeschehen zu
betrachten sind. Bislang liegen keine Hinweise für Balzaktivität von
Wasserfledermäusen vor. DENSE (1991) beschreibt von den gewöhnlichen
Ortungsrufen abweichende Lautäußerungen bei Bartfledermäusen (Myotis
brandti/mystacinus), die stationär an einem Baum saßen. Er zieht unter anderem die
Möglichkeit in Betracht, dass diese Lautäußerungen Balzrufe sein könnten.
Eine ähnliche Beobachtung konnte am 21.08.2002 im Boniburger Wald zu Münster
getroffen werden. (eigene Beobachtung von GROSCHE & TRAPPMANN). Am Verlauf
eines Fließgewässers wurden über mehrere min von einer Myotis – Art stammende
Ultraschallrufe registriert. Sie waren deutlich abweichend von denen fliegender Tiere.
Die einzelnen Rufe waren lauter und die Abstände zwischen den Rufen länger und
gleichmäßiger. Wenig später wurde die Fledermaus sitzend an einem Baumstamm
erblickt. Beide Beobachter waren sich einig, dass es sich um eine Wasserfledermaus
handelte. Die Beobachtung stimmt weitgehend mit der von DENSE beschriebenen
überein. Es sollte bedacht werden, dass Verwechselungsgefahr zwischen Großer
Bartfledermaus und Wasserfledermaus besteht, wenn die Tiere aus Distanz betrachtet
werden. Das rufende Tier saß jedoch am selben Bachlauf, an dem sich zwei Jahre
69
Diskussion
später die Wochenstube von W2 befand. Somit würde es sich für ein Männchen sicher
lohnen, in der Auflösungsphase der Wochenstube in der Nähe der Weibchen auf sich
aufmerksam zu machen. Selbst wenn die Interpretation der Beobachtung nicht zutrifft,
ist doch bewiesen, dass sich im Spätsommer die Quartierzusammensetzung
durchmischt (DIETZ 1998, GEIGER & RUDOLPH 2004). Männchen und Weibchen treffen
also in denn Baumhöhlen aufeinander. Von einer Enthaltsamkeit paarungsbereiter
Männchen ist nicht auszugehen. Daher scheint der Beginn der Paarungsaktivität im
Sommerhabitat wahrscheinlich.
6.6 Schutzempfehlungen
Teillebensräume von Fledermäusen müssen bestimmte Voraussetzungen, die den
Bedürfnissen der verschiedenen Arten gerecht werden erfüllen. In dieser Untersuchung
wurde gezeigt, dass sich die Qualität eines Gewässers als Jagdhabitat bereits auf
kleinem Raum ändern kann. Breitere Flussbereiche mit kurvigem Verlauf wurden von
den Wasserfledermäusen bevorzugt zur Jagd genutzt. Um das Angebot potenzieller
Jagdgebiete zu vergrößern, wäre es für das Untersuchungsgebiet empfehlenswert, die
Renaturierungsmaßnahmen des Aa-Oberlaufes fortzusetzen um einen natürlichen,
mäandrierenden Verlauf des Gewässers zu fördern. Generell ist eine naturnahe
Gestaltung der Fließgewässer anzustreben. Wasserfledermäuse haben hinsichtlich der
Gewässerqualität anscheinend keine besonderen Ansprüche, da auch in
Nährstoffüberfrachteten Gewässern ein großes Angebot an Nahrung vorhanden ist. So
wurde ein zwischenzeitlicher Bestandesanstieg seit Ende der 70er Jahre mit der
fortschreitenden Eutrophierung der Gewässer und einer dadurch vergrößerten
Nahrungsgrundlage begründet (z.B. BOYE et al. 1999). Auch Die Sauerstoffnot des
Aasees kann von einigen Insektenarten in den Sommermonaten toleriert werden (VEST
1999). Dennoch ist es wichtig, die Wasserqualität des Aasees auf Dauer zu
verbessern, beziehungsweise mindestens den „Ist-Zustand“ zu erhalten, damit ein
totales Umkippen des Gewässers verhindert wird.
Vorhergehende Studien haben gezeigt, dass Wasserfledermäuse auf ein großes
Angebot geeigneter Baumhöhlen angewiesen sind (FRANK & DIETZ 1999, MESCHEDE &
HELLER 2000). Daher sind die gezielte Suche und der Erhalt von potenziell geeigneten
Baumhöhlen für die Wasserfledermäuse von großer Bedeutung. In Münster wurde
bislang in einigen Waldgebieten eine Baumhöhlenkartierung durchgeführt (TRAPPMANN
1999a). In Absprache mit dem zuständigen Förster wurden potenzielle FledermausQuartierbäume gekennzeichnet. W4 bezog zwei Quartiere in bereits gekennzeichneten
Bäumen. Das zeigt, welche Bedeutung solch präventiven Maßnahmen zuteil wird. Die
Baumhöhlenkartierung sollte auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden.
Zusätzlich ist es dringend erforderlich, die durch Telemetrie gefundenen
Quartierbäume zu erhalten. Nach NOEKE (1990) ist ab einem Bestandesalter von etwa
140 Jahren ein sprunghafter Anstieg der Baumhöhlendichte in Laubwäldern zu
verzeichnen. Zur Förderung der Entstehung von potenziellen Baumhöhlenquartieren
sollte somit ein mindest Bestandesalter von 140 Jahren angestrebt werden.
70
Diskussion
Das Flugwegverhalten der telemetrierten Weibchen verdeutlicht, dass dicht bebaute
Bereiche als Flugweg gemieden werden. Es ist daher notwendig, unbebaute Korridore
zu erhalten, damit eine Vernetzung der Teillebensräume gewährleistet bleibt. Diese
Korridore müssen linienhafte Strukturen enthalten, die den Tieren als Orientierungshilfe
dienen können.
Zuletzt sei auf die Bedeutsamkeit des Schutzes von Winterquartieren hingewiesen. Die
Wasserfledermaus ist eine wanderfähige Art. Die Entfernungen der saisonalen
Wechsel zwischen Sommer- und Winterhabitat werden vermutlich durch das Angebot
dieser Teillebensräume gesteuert (ROER & SCHOBER 2001). Für die
Wasserfledermäuse Münsters scheinen die Winterquartiere in den Baumbergen, aber
auch weiter entfernt gelegene Quartiere im Teutoburger Wald von Bedeutung zu sein.
Besonders im Flachland ist durch das Fehlen von Bergwerksstollen und Naturhöhlen
ein Mangel an geeigneten Winterquartieren zu erwarten. Das Konzentrierte Auftreten
von Wasserfledermäusen an einigen bekannten Winterquartieren im Norddeutschen
Flachland (HARRJE 1994, 1999, TRAPPMANN 1997, 1999a, SCHÄFER 2001) lässt für
diese einen großen Einzugsbereich vermuten. Somit ist solchen Massenquartieren
überregionale Bedeutung zuzumessen. Das Wegfallen eines dieser Quartiere könnte
gravierende Folgen haben, wenn keine ausreichenden Ersatzquartiere vorhanden
wären. Somit sind Schutz, Erhalt und Schaffung von Winterquartieren als eine wichtige
Säule des Fledermausschutzes anzusehen.
6.7 Offene Fragen
In der vorliegenden Untersuchung konnte lediglich ein kleiner Einblick in die Situation
der Wasserfledermäuse in einem ausgewählten Bereich in Münster gewonnen werden.
Einige der eingangs gestellten Fragen wurden ansatzweise beantwortet. Viele Fragen
blieben jedoch offen beziehungsweise ergaben sich neu. So konnten hinsichtlich der
Geschlechterverteilung nur ungenaue Aussagen getroffen werden. Ebenso blieb die
Frage der Individuenzusammensetzung in den Quartieren ungeklärt. Insgesamt
können über die Struktur und das „Funktionieren“ der untersuchten Kolonie(n) noch
keine Aussagen getroffen werden. Es wäre notwendig, durch Folgeuntersuchungen die
diesbezüglich geäußerten Eindrücke und Vermutungen zu überprüfen. Darüber hinaus
stellt sich die Frage, in welchem Zusammenhang das Untersuchungsgebiet mit den
bislang nicht untersuchten Wasserfledermausgebieten in Münster steht. Über die
Situation im Untersuchungsgebiet hinausgehend sind auch bezüglich der Ökologie und
Biologie der Wasserfledermäuse einige generelle Fragen noch nicht vollständig
beantwortet. So ist es beispielsweise unklar, welche Bedeutung die Interaktionen im
Jagdgebiet haben. Weiterhin sollte untersucht werden, aus welchen Gründen
räumliche Geschlechtertrennung geschieht und in welchen Zusammenhängen die
Schwarmphasen an den Winterquartieren mit den Geschehnissen im
Sommerlebensraum stehen. Es ist ferner nicht beantwortet, welche Bedeutung die
Alttiere für die flügge gewordenen Jungtiere haben oder was bei den Männchen den
Beginn der Spermatogenese auslöst. Damit wären nur einige „offene“ Fragen genannt,
71
Diskussion
die selbst bei einer vergleichbar
Wasserfledermaus aufkommen.
gut
untersuchten
Fledermausart
wie
der
Einige Aspekte bleiben möglicherweise immer unbeantwortet, denn es wird niemand
bestätigen können, ob wir Menschen uns mit unseren Interpretationen auf dem
richtigen Weg befinden. Dennoch ist es notwendig, in der Suche nach möglichen
Antworten fortzufahren. Erst ein umfassendes Bild über die Zusammenhänge zwischen
der Lebensweise einer (Fledermaus)- Art und ihrer Umwelt ermöglicht es, gezielte
Schutzmaßnahmen für diese zu entwickeln.
72
Zusammenfassung
7. Zusammenfassung
Ziel dieser Arbeit war es, einen Eindruck hinsichtlich des zeitlichen und räumlichen
Auftretens von Wasserfledermäusen an einem Gewässer in Münster zu bekommen.
Angewendete Methoden waren Zählungen mit Hilfe eines Bat-Detektors, Fang und
Markierung von Wasserfledermäusen und die Radiotelemetrie von vier Weibchen. Die
Untersuchungen wurden von April bis Oktober 2004 an elf verschiedenen
Kartierungspunkten an Aa und Aasee innerhalb der Stadtgrenzen Münsters
durchgeführt. Die Gewässerabschnitte wurden von Wasserfledermäusen in
unterschiedlicher Intensität genutzt. An einigen Punkten war über den gesamten
Untersuchungszeitraum Jagd- und Durchflugsaktivität zu registrieren, während andere
Bereiche nur zeitweilig genutzt oder nahezu komplett gemieden wurden. Für das
Gesamtgebiet änderte sich die Aktivität über den Untersuchungszeitraum. Die
maximale Aktivität war Ende August feststellbar. Während des gesamten Zeitraumes
hielten sich adulte Männchen und reproduzierende Weibchen im Untersuchungsgebiet
auf. Das Geschlechterverhältnis schien sich kleinräumig zu verschieben. Einzelne
Individuen zeigten Gebietstreue. Durch die Radiotelemetrie wurden verschiedene
Quartiergemeinschaften ausfindig gemacht. Unterschiede in den sozialen
Gruppierungen konnten nicht belegt, jedoch vermutet werden. Die telemetrierten
Weibchen verhielten sich verschieden bezüglich der Jagdgebietsnutzung, der
Jagdzeiten und der Quartiernutzung. Als Ursache dafür wurden jahresphänologische
Aspekte und unterschiede im sozialen Status der Tiere diskutiert. Der Grund für die
vermehrte Durchflugsaktivität im Spätsommer an einigen Gewässerabschnitten wurde
unter Anderem in Zusammenhang mit dem Paarungsgeschehen diskutiert. Durch
Wiederfänge markierter Individuen konnten Ortswechsel belegt werden. Unter
anderem wurden Beziehungen zu Winterquartieren festgestellt.
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Anmerkung
zur
Altersbestimmung
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79
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158.
80
Anhang
Anhang
Tabelle A1: Detailergebnisse der Detektobegehungen
Datum
23.4
24.4
8.5
26.5
2.6
10.6
20.6
29.6
22.7
Standort
7a
3
5
3
7a
10
3
1
5
7a
11
7a
6
10
3
7a
6
5
3
11
11
10
7a
5
1
3
11
10
3
7a
5
1
3
5
6
7a
11
6
7a
10
11
3
1
Jagd
2
0
0
1
1
0
1
3
0
3
0
0
0
0
0
0
0
1
1
0
1
0
1
0
0
1
0
0
3
2
0
0
1
0
0
0
0
0
3
0
0
1
2
Durchflug
7
6
0
3
0
1
2
1
0
6
0
4
0
0
0
4
0
0
3
0
0
0
2
0
0
4
0
0
4
1
1
0
1
1
0
2
0
0
6
0
0
1
1
Detektor
1
1
0
0
3
0
0
0
1
1
0
2
0
1
0
1
0
0
0
0
2
1
2
0
0
0
1
0
1
1
0
1
0
0
0
1
0
0
4
0
1
2
13
summe
10
7
0
4
4
1
3
4
1
10
0
6
0
1
0
5
0
1
4
0
3
1
5
0
0
5
1
0
8
4
1
1
2
1
0
3
0
0
13
0
1
4
16
Datum
4.8
25.8
1.9
7.9
15.9
23.9
29.9
6.10
13.10
Standort
5
1
3
10
7a
6
7a
6
11
3
5
1
5
6
7a
7a
6
10
11
5
3
3
1
11
10
7a
6
7a
6
5
11
10
7a
5
3
1
1
3
6
7a
11
10
6
7a
11
1
3
5
Jagd
0
1
2
0
1
0
4
0
0
1
2
0
0
0
3
2
0
0
0
1
1
1
2
0
0
2
0
2
1
0
0
0
1
2
0
0
1
0
1
1
1
0
0
2
1
0
1
1
Durchflug
1
1
3
0
10
0
16
1
0
3
3
3
0
1
6
5
1
0
0
0
5
13
4
1
0
2
0
13
1
0
0
0
1
0
1
0
3
0
2
2
1
0
1
6
2
1
1
0
Detektor
3
6
0
0
3
4
0
5
0
0
7
1
2
5
1
2
6
0
0
3
0
1
0
2
1
4
1
0
1
0
0
0
0
2
0
0
1
0
5
4
2
0
0
0
0
0
0
0
summe
4
8
5
0
14
4
20
6
0
4
12
4
2
6
10
9
7
0
0
4
6
15
6
3
1
8
1
15
3
0
0
0
2
4
1
0
5
0
8
7
4
0
1
8
3
1
2
1
1 = Ahlertweg, 3 = Zum Rieselfeld, 5 = Neubrückenstraße, 6 = Bispinghof, 7a = LBS, 10 = Sentruper
Straße, 11 = Roxeler Straße.
I
Anhang
Tabelle A2: Anzahlen gefangener Wasserfledermäuse während der Netzfänge. Jede Zeile stellt
eine Fangnacht dar. Nächte ohne Fangerfolg bleiben unberücksichtigt.
Nevinghoff (4)
April
Juni
Juli
August
September
Erstfang
M
W
D
3
Rieselfeld (3)
Wiederfang
M
W
D
1
Erstfang
M
W
D
4
4
1
1
Wiederfang
M
W
D
1
3
1
9
1
1
1
3
1
7
1
5
1
5
2
1
2
7
Coermühle (2)
M
April
Mai
Juni
4
Erstfang
W
D
M
3
1
3
2
9
1
5
6
1
1
1
2
7
Haus Kump (9)
April
M
1
Erstfang
W
D
2
3
2
1
Juni
3
1
Juli
August
September
4
4
4
1
2
2
1
Zookanal Zoo (8b)
Mai
Juni
Juli
August
Wiederfang
M
W
D
4
2
2
9
2
2
1
1
8
3
3
3
M
8
6
10
4
Erstfang
W
D
8
4
13
1
9
2
7
3
2
4
Wiederfang
M
W
D
3
2
1
3
3
3
1
4
4
14
4
3
2
2
3
Adenauerallee (7b)
Erstfang
M
W
D
4
6
1
1
2
1
Aasee Zookanal (8a)
Wiederfang
M
W
D
Mai
2
2
Wiederfang
M
W
D
1
1
1
1
3
1
8
Erstfang
W
D
3
1
1
1
Juli
August
September
2
Ahlertweg (1)
Wiederfang
M
W
D
4
1
3
4
1
Erstfang
M
W
D
3
1
2
1
3
6
2
Wiederfang
M
W
D
10
1
3
1
M = Männchen, W = Weibchen, D = Diesjährig.
II
Anhang
Tabelle A3: An der Wetterstation Hüffergarten gemessene Temperatur-Stundenmittel (°C) während
der Telemetrie.
a.
Nacht
Stunde(MEZ)
20:00
21:00
22:00
23:00
00:00
01:00
02:00
03:00
04:00
05:00
06:00
07:00
b.
Nacht
Stunde(MEZ)
20:00
21:00
22:00
23:00
00:00
01:00
02:00
03:00
04:00
05:00
06:00
07:00
c.
Nacht
Stunde(MEZ)
20:00
21:00
22:00
23:00
00:00
01:00
02:00
03:00
04:00
05:00
06:00
07:00
d.
Nacht
Stunde(MEZ)
20:00
21:00
22:00
23:00
00:00
01:00
02:00
03:00
04:00
05:00
06:00
07:00
10/11.5.
11/12.5.
12/13.5.
13/14.5.
14/15.5.
16,65
15,80
15,29
14,50
13,74
12,95
12,03
11,29
11,01
10,94
10,81
10,96
13,32
11,96
10,63
9,26
8,40
7,70
7,45
7,82
8,02
7,94
7,99
8,05
9,78
9,43
8,90
8,71
8,45
8,15
7,92
7,75
7,70
7,63
7,63
8,07
13,49
12,53
11,36
10,50
9,69
8,72
8,66
9,08
8,64
8,38
8,50
8,86
14,04
13,17
12,27
11,08
10,31
10,03
9,25
8,78
8,30
7,83
7,76
8,89
08/09.7.
09/10.7.
10/11.7.
11/12.7.
12/13.7.
21,68
19,47
18,03
17,15
17,16
16,08
14,91
14,30
14,35
13,86
14,24
13,71
13,74
13,22
12,91
12,54
12,50
12,46
12,50
12,38
12,24
11,89
15,75
14,34
13,14
12,36
11,53
10,94
10,40
10,08
9,80
9,99
10,39
14,62
13,94
13,97
13,74
13,20
12,32
12,38
12,41
11,93
11,97
12,02
12,93
12,79
12,59
12,04
11,72
11,86
11,86
11,51
10,85
10,92
11,22
15,14
11,96
11,29
12,21
11,34
26/27.7.
27/28.7.
28/29.7.
29/30.7.
30/31.7.
17,66
16,60
15,43
14,41
13,53
12,75
12,22
11,79
11,46
11,00
11,06
20,31
18,84
17,90
16,78
15,77
15,21
14,45
13,85
13,13
12,91
13,38
21,19
19,80
18,52
17,32
16,27
15,60
15,27
15,00
14,27
13,72
13,85
23,88
22,54
21,32
20,13
19,22
18,42
17,58
16,59
15,96
15,34
15,29
25,98
24,26
22,47
20,94
19,99
19,27
18,72
18,49
18,43
18,54
18,36
12,19
15,14
15,01
16,74
19,06
16/17.8.
17/18.8.
18/19.8.
19/20.8.
20/21.8.
21,36
20,40
19,34
18,64
17,89
17,43
17,27
17,19
17,07
16,62
16,36
21,60
21,25
20,76
19,80
19,41
19,17
18,62
18,21
18,02
18,08
18,14
24,97
23,59
20,51
18,32
18,38
18,22
17,82
17,64
17,50
17,40
17,18
18,69
18,39
17,89
17,22
17,13
17,09
16,78
16,64
15,74
15,78
16,03
18,93
18,10
17,42
16,57
15,92
15,47
14,75
14,54
14,51
14,05
13,51
17,28
17,68
18,27
16,06
13,78
a. Weibchen 1, b. Weibchen 2, c. Weibchen 3, d. Weibchen 4.
III
Anhang
Tabelle A4: Übersicht der Wasserfledermäuse, die häufiger als drei Mal gefangen wurden.
Ringnummer Geschlecht
H135939
H135943
H138116
H138116
H138267
H138300
H138364
H138377
H138404
H147630
H147661
H147662
H147669
H147681
H147708
W
W
M
W
M
W
M
M
M
W
W
W
W
W
Erstfang
Alter
dj
ad
vj
ad
ad
ad
ad
ad
ad
ad
ad
ad
vj
ad
Nachweisort
Datum
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aabrücke Adenauerallee
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Zookanal Zoo
Aasee Zookanal
Brunnen Twickel
Aasee Zookanal
Aabrücke Adenauerallee
Brunnen Meyer
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aasee Zookanal
Aabrücke Adenauerallee
Zookanal Zoo
Aasee Zookanal
Zookanal Zoo
Zookanal Zoo
Aasee Zookanal
Zookanal Zoo
Aabrücke zum Rieselfeld
Aabrücke zum Rieselfeld
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23.07.2003
19.08.2003
25.05.2004
16.09.2004
23.07.2003
03.08.2003
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IV
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