Abschlussbericht Depressive Störungen nach Schlaganfall. Wirksamkeit und Stabilität stationärer und teilstationärer Rehabilitationsmaßnahmen Roger Schmidt, Jutta Löttgen, Manola Petrovici und Judith Bösch Kliniken Schmieder Konstanz und Gailingen, Lurija Institut für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung an der Universität Konstanz, Allensbach Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie unter dem Förderkennzeichen 01GD98213 gefördert. 2 Danksagung Die Autoren des vorliegenden Berichts möchten allen Patienten danken, die trotz der einschneidenden Ereignisse in ihrem Leben bereit waren, ihre Zeit für die Teilnahme an dem Projekt teilzunehmen zur Verfügung zu stellen und uns Einblick in ihre Krankheitsgeschichte und ihr persönliches Erleben zu gewähren. Ohne sie wäre das Projekt nicht möglich gewesen. Forschungsvorhaben im klinischen Alltag nachzugehen, ist nicht immer einfach und erfordert die Kooperation aller Mitarbeiter, denen wir an dieser Stelle herzlich danken. Ohne die aktive Unterstützung aller beteiligten Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte hätte das Projekt in der vorliegenden Form nicht realisiert werden können. Ein besonderer Dank gilt den klinisch tätigen Neuropsychologen in den beteiligten Teilkliniken, die das Projekt durch die Durchführung der neuropsychologischen Untersuchungen und Einschätzungen wesentlich unterstützt haben. Besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang den leitenden Neuropsychologen, insbesondere Herrn R. Lütgehetmann für seine engagierte Beratung und konstruktive Diskussion. Einen wesentlichen Beitrag bei der statistischen Beratung, Schulung und Auswertung der Daten leisteten Herr Prof. Dr. W. Gaus, Herr Dr. R. Muche und ihre Mitarbeiter. Eine große Unterstützung war uns Frau cand. psych. S. Knauer, die i m Rahmen des Projektes ihre Diplomarbeit gemacht hat. Auf die Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter des zweiten Verbundprojektes der Kliniken Schmieder haben wir ebenfalls immer zählen können. Unser Dank gilt auch Frau D. Claros-Salinas und Herrn G. Greitemann für die kritische Durchsicht des Manuskriptes. Als Teilnehmer im Forschungsverbund Ulm „Bausteine der Reha“ danken wir allen Mitarbeitern der Geschäftsstelle, insbesondere Frau Dr. M. Rösch und Herrn M. Urban, der uns bei der Erstellung von Teilen der Datenbank unterstützt hat. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der zentralen Projekte und den anderen Verbundteilnehmern hat sich als eine Bereicherung erwiesen. Des Weiteren danken wir den Kliniken Schmieder und dem Lurija Institut für die Bereitstellung der Infrastruktur und die fortlaufende Unterstützung während der Durchführung des Vorhabens. Frau Prof. B. Rockstroh von der Universität Konstanz sind wir für ihre Kooperationsbereitschaft dankbar. Besonderer Dank gebührt auch dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie für die finanzielle Förderung des Projektes. 3 1 KURZDARSTELLUNG ...................................................................................................6 2 EINFÜHRUNG UND ZIELE .............................................................................................9 2.1 WISSENSCHAFTLICHER STAND........................................................................................9 2.1.1 Einführung in das Thema................................................................................9 2.1.2 Epidemiologie................................................................................................ 10 2.1.3 Ätiopathogenetische Vorstellungen........................................................... 12 2.1.4 Krankheitsbewältigung................................................................................. 16 2.1.5 Weitere Einflussfaktoren und Folgen......................................................... 19 2.1.6 Verfahren zur Erfassung von Depression nach Schlaganfall............... 20 2.2 AUFGABENSTELLUNG ................................................................................................... 23 3 MATERIAL UND METHODEN.................................................................................... 24 3.1 ZUM FORSCHUNGSKONTEXT ........................................................................................ 24 3.2 STUDIENDESIGN .......................................................................................................... 25 3.3 PATIENTENREKRUTIERUNG........................................................................................... 27 3.3.1 Ein- und Auschlussschlußkriterien............................................................. 27 3.4 UNTERSUCHUNGSMETHODEN UND MEßINSTRUMENTE .................................................... 29 3.4.1 Untersuchungen im Verlauf (Tabellarische Übersicht) ......................... 29 3.4.2 Untersuchungsinstrumente ......................................................................... 30 3.4.2.1 Klinische Anamnese und Untersuchung........................................................... 30 3.4.2.2 Erfassung des psychischen Befundes ............................................................. 31 3.4.2.3 Erfassung von Depressivität............................................................................. 32 3.4.2.4 Hauptzielgröße zur Erfassung des Ausmaßes der depressiven Störungen....... 35 3.4.2.5 Erfassung von Angst ....................................................................................... 35 3.4.2.6 Neuropsychologische Testung und Befunderhebung....................................... 36 3.4.2.7 Erfassung der Krankheitsverabeitung .............................................................. 42 3.4.2.8 Weitere standardisierte und klinische Erhebungen........................................... 45 3.5 PROJEKTVERLAUF ....................................................................................................... 51 3.6 DATENEINGABE, QUALITÄTSSICHERUNG UND DATENSCHUTZ ........................................ 54 3.7 AUSWERTEVERFAHREN UND STATISTISCHE METHODEN ................................................. 55 4 ERGEBNISSE............................................................................................................... 59 4.1 PATIENTENREKRUTIERUNG UND DEMOGRAPHISCHE DATEN ........................................... 59 4.2 KLINISCHE UND INSTRUMENTELLE UNTERSUCHUNGBEFUNDE IN DEN THERAPIEBEREICHEN BEI AUFNAHME UND IM VERLAUF .......................................................................................... 62 4.2.1 Allgemeinkörperlicher und neurologischer Befund................................ 62 4.2.2 Psychische Befunde...................................................................................... 66 4.2.2.1 Klinische Befunde............................................................................................ 66 4.2.2.2 Instrumente zur Erfassung von Angst- und Depression.................................... 74 4.2.2.3 Erfassung von Angst- und Depression, Korrelation der Instrumente................. 83 4.2.3 Psychosoziale Situation............................................................................... 86 4.2.3.1 Soziale Einbindung.......................................................................................... 86 4.2.3.2 Sozialmedizinische Aspekte............................................................................. 88 4.2.4 Weitere anamnestische Daten.................................................................... 92 4.2.5 Neuropsychologische Befunde................................................................... 99 4.2.6 Krankheitsverabeitung...............................................................................104 4.2.6.1 Forcierte Bewältigungshaltung....................................................................... 104 4.2.6.2 Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV).............................. 104 4.2.6.3 Krankheits-Kontrollüberzeugungen (KKG)...................................................... 106 4.2.7 Persönlichkeit...............................................................................................107 4.2.7.1 FPI-A1........................................................................................................... 107 4.2.8 Weitere Testbefunde...................................................................................110 4 4.2.8.1 VEV............................................................................................................... 110 4.2.8.2 Psychotherapiemotivation (FMP):................................................................... 112 4.2.8.3 WHOQOL-BREF ............................................................................................ 114 4.2.8.4 Qualitätssicherung der LVA Baden-Württemberg ........................................... 116 4.2.9 Berücksichtigung der Drop-outs...............................................................121 4.3 PROGNOSTISCHE FAKTOREN IN HINBLICK AUF DAS AUSMAß DER DEPRESSIVEN STÖRUNG (HAUPTZIELGRÖSSE) ........................................................................................................125 4.4 VERDECKTE DEPRESSIVE STÖRUNGEN UND FORCIERTE BEWÄLTIGUNG .....................134 4.4.1 Testdiagnostische Erfassbarkeit ..............................................................134 4.4.2 Klinische Bilder ............................................................................................137 4.4.3 Forcierte Bewältigung .................................................................................138 5 „TEILNEHMENDE“ BEOBACHTUNGEN.................................................................141 6 ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION...........................................................142 6.1 UNTERSCHIEDE DER PATIENTEN IN DEN BEHANDLUNGSSETTINGS...............................142 6.2 ERGEBNISSE DER REHABILITATIONSBEHANDLUNG .....................................................145 6.3 PRÄDIKTOREN FÜR DIE VERBESSERUNG DER DEPRESSIVEN SYMPTOMATIK (HAUPTZIELGRÖßE) IM VERLAUF........................................................................................149 6.4 ZUWEISUNG IN DIE VERSCHIEDENEN BEHANDLUNGSKONTEXTE ...................................152 6.5 DEPRESSIVE STÖRUNGEN NACH SCHLAGANFALL: KLINISCHE BESONDERHEITEN ........154 6.5.1 Verdeckte depressive Störungen nach Schlaganfall ...........................154 6.5.2 Komorbidität (und Durchmischung) von Angst- und Depressionssymptomen........................................................................................158 6.5.3 Einfluss der (forcierten) Bewältigung auf das klinische Bild................159 6.5.4 Psychodynamische Aspekte der Forcierten Bewältigungshaltung FB 161 6.5.5 Zum Verlauf depressiver Störungen........................................................163 6.6 METHODENKRITIK ......................................................................................................164 6.6.1 Repräsentativität der Stichprobe..............................................................164 6.6.2 Erhebungsbedingungen............................................................................165 6.6.3 Design............................................................................................................167 6.6.4 Auswertemethodik.......................................................................................167 7 VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN .....................................................................169 8 LITERATUR................................................................................................................171 9 ANHANG.....................................................................................................................189 9.1 DIAGNOSEN NACH ICD 10; KAPITEL F.....................................................................189 9.2 ANHANG ZU 4.1.........................................................................................................191 9.3 ANHANG ZU 4.2.2.2.2...............................................................................................193 9.4 ANHANG ZU 4.2.9 .....................................................................................................194 9.5 LINEARE REGRESSIONSMODELLE (ANHANG ZU 4.3)..................................................198 9.5.1 Modelle für D Hauptzielgrösse (Aufnahme – Entlassung)...................198 9.5.2 Modelle für D Hauptzielgrösse (Aufnahme – Katamnese II)...............200 5 1 K URZ DARST EL L UNG Im Rahmen einer offenen, nicht randomisierten, prospektiven, multizentrischen Beobachtungsstudie mit katamnestischen Erhebungen nach sechs und zwölf Monaten wurden Bild, Verlauf und prognostische Einflussfaktoren depressiver Störungen nach Schlaganfall untersucht. Anhand verschiedener Kohorten (Behandlungsgruppen) sollte der Einfluß patienten- und verlaufsbezogener, klinischer und psychosozialer Merkmale/Merkmalsmuster und der Art des Behandlungskontextes bestimmt werden. Neben dem allgemein-neurologischen Bereich (AN) konnte der Bereich Psychotherapeutische Neurologie (PN) als spezifischer Behandlungskontext in die Untersuchung einbezogen werden. Spezialität dieser Abteilung ist die integrierte psychotherapeutische Behandlung neurologisch Kranker. Insgesamt wurden 265 Patienten, davon 43,4% Frauen, untersucht. Aus der Vielzahl der Beobachtungen und erfassten Daten werden hier folgende wichtige Ergebnisse dargestellt: Klassifiziert man unter vorläufiger Abstraktion von der Frage einer allfälligen organischen Hirnschädigung allein nach dem klinischen Bild der Depression, kommen nach Schlaganfall alle Kategorien depressiver Störungen nach ICD-10 vor (vgl. Anhang, 9.1). Die Annahme einer Poststroke Depression (PSD) als eigenständiger Krankheitsentität ist nicht zu halten. Neben den deutlich im Vordergrund stehenden Anpassungsstörungen (F43) sind entsprechend ihrer zahlenmäßigen Bedeutung die depressiven Störungen nach F31 bis F33 (F31: bipolare affektive Störungen, F32: depressive Episoden, F33: rezidivierende depressive Episoden) und, zumal im Gefolge chronischer Beeinträchtigungen, die Anhaltende Depressive Störung (F34.1) gesondert zu erwähnen. Klinisch von Bedeutung sind außerdem von uns so genannt „Verdeckte“ depressive Störungen , die sich in den gängigen Selbst- und Fremdbe- urteilungsverfahren nicht zuverlässig abbilden und auch klinisch unerkannt bleiben können, wenn nicht zielgerichtet daraufhin untersucht wird. Beim „Anhaltenden antriebsarm-resignativen Erlebniswandel“ stehen neben vielfältigen körpernahen Beschwerden ein Verlust von Antrieb und Aktivität, ein Verlust von Interesse oder Freude selbst an angenehmen Aktivitäten und ein deutlicher sozialer (interaktioneller) Rückzug im Vordergrund. Wesentliches Merkmal der „ Rezidivierenden kurzen Depressiven Störung“ ist dagegen, dass sie sich nur 6 zeitweilig als Störung manifestiert. Es handelt sich um wiederkehrende depressive Einbrüche, die nur Stunden dauern können, aber in längstens einigen Tagen wieder abklingen und häufig unerkannt bleiben. Für das Verständnis verdeckter depressiver Störungen scheint die Beachtung der Modifikation des klinischen Bildes durch die Art der Kranheitsbewältigung von wesentlicher Bedeutung. Die von uns klinisch beschriebene „Forcierte Bewältigungshaltung “ stellt den Versuch dar, eine körperliche oder psychosoziale Be- lastung durch Fokussierung auf die eigenen Stärken und aktive Negation eigener (psychischer) Bedürftigkeit in den Griff zu bekommen. Inwieweit eine solche Bewältigungsstrategie erfolgreich ist, entscheidet sich im Einzelfall; eine Rezidivierende kurze Depressive Störung kann ebenso ihr Scheitern ankündigen wie verschiedene somatoforme Symptombildungen. Ein weiteres wesentliches Merkmal depressiver Störungen nach Schlaganfall ist ihre Durchmischung mit Angst. Relevante hirnorganische Beeinträchtigungen spielen in etwa 60% der Fälle in das Krankheitsgeschehen hinein. Mit Blick auf die Prognose zeigt die Forcierte Bewältigungshaltung einen negati- ven Einfluß, während eine offen nach außen gezeigte Depressivität mit stärkeren Auffälligkeiten in den eingesetzten Erhebungsinstrumenten (HADS-D-D und CDS), größerer Klagsamkeit (AMDP) und Extraversion (FPI-E) mit einer deutlicheren Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf einhergehen. Auch Frauen zeigen eine deutlich bessere Prognose. Der Vergleich der beiden Therapiebereiche ergibt in PN u.a. eine stärkere Ausprägung von Depression und Angst, wie sie sich in den Erhebungsinstrumenten darstellt, einen höheren Anteil psychischer Vorerkrankungen und –behandlungen, eine bessere Psychotherapiemotivation (FMP), stärker ausgeprägte Abweichungen im FPI-A1 und einen höheren Chronifizierungsgrad sowie Hinweise auf einen stärker „endogenen“ Charakter der depressiven Störungen. Demgegenüber weisen die Patienten in AN stärker ausgeprägte neurologischsomatische Einschränkungen und einen höheren AHB-Anteil auf. Das Merkmal einer Forcierten Bewältigungshaltung findet sich häufiger; passend hierzu sind verdeckte depressive Störungsbilder mit Symptomen wie psychomotorische Unruhe, Logorrhoe, sensible Reizsymptome und abrupte Stimmungsschwankungen signifikant häufiger. 7 Zu den erfreulichsten Ergebnissen für beide Therapiebereiche gehört eine deutliche Verbesserung in neurologischer, neuropsychologischer und psychischer Hinsicht im Verlauf der stationären Behandlung, welche sich u.a. für die RehaNoten nach dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA (Arzt- und Patienteneinschätzung) als auch für die Depressions- und Angsterfassungsinstrumente als hochsignifikant erweist. Diese Verbesserungen lassen sich auch bei der zweiten Katamnese nach 12 Monaten als weiterhin signifikant erfassen. Interessanterweise kommt es offenbar zum Zeitpunkt der ersten Katamnese nach 6 Monaten zu einem vorübergehenden, leichten „Zwischentief“, ohne daß das Ausmaß der Einschränkungen bei Aufnahme wieder erreicht wird. Insgesamt sprechen die Ergebnisse für eine langfristige Wirksamkeit der Behandlung mit einer tendenziell größeren Nachhaltigkeit nach zielgerichteter psychotherapeutischer Intervention. Ausgehend von den Studienergebnissen bieten sich weiterführende Untersuchungen in verschiedenen Richtungen an. Unter einem rehabilitationsmedizinischen Blickwinkel erscheint es uns besonders interessant, sich mit folgenden Fragestellungen weiter zu beschäftigen: dem Phänomen unterschwelliger psychischer Störungen und deren sozialmedizinischer Relevanz, dem Einfluß der jeweils gewählten Bewältigungsstrategie und der hirnorganischen Einschränkungen auf das klinische Bild depressiver Störungen sowie der Entwicklung geeigneter Assessmentverfahren und zielgerichteter Behandlungsstrategien. 8 2 E INFÜHRUNG UND Z IEL E 2 .1 W is s e ns c h a f tl ic he r St a n d 2 .1 .1 Einführ ung in da s The m a Schädigungen des ZNS zeichnen sich im allgemeinen durch eine hohe Komplexität des Krankheitsgeschehens aus, in denen der Verlust instrumenteller Fähigkeiten, mental-kognitive Defizite, hirnorganisch bedingte Störungen des Verhaltens und der Interaktion, psychische oder psychosomatische Störungen und kontextuelle Einflüsse in wechselnden Anteilen miteinander interagieren. Bereits zwischen dem 5. und 2. Jh. v. Chr. findet diese Komplexität Beachtung; so spricht z.B. Cassius Felix von einem „todbringenden Schlag, der Körper und Seele trifft“ (zitiert nach Karenberg, 1997). Für eine erfolgreiche Rehabilitation sind deshalb neben hirnorganisch bedingten auch komplizierende psychische Störungen und psychosoziale Problemkonstellationen zu berücksichtigen. Die häufigste Beeinträchtigung des emotionalen Erlebens nach Hirnschädigungen stellt die Depression dar (Nelson et al., 1994), eine Störung, die von anderen affektiven Beeinträchtigungen nach Schlaganfall wie emotionale Labilität (Pathologisches Lachen und Weinen), Apathie und Angst unterschieden wird (Morris, Robinson & Raphael, 1993). Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts sprach Kraepelin (1909) von der oftmaligen Verkomplizierung depressiver Zustandsbilder durch begleitende artherosklerotische Erkrankungen, wobei zumeist keine Klarheit über die affektive Störung als verursachendes bzw. resultierendes Phänomen bestünde. Und auch E. Bleuler (1911) beobachtete, dass nach zerebralen Insulten häufig monatelang melancholische Verstimmungen auftraten. Trotz dieser frühen Erkenntnisse wurde der Depression nach Hirnschädigung in den darauffolgenden Jahrzehnten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Erst in den siebziger Jahren gewann die Diskussion um depressive Störungen nach Schlaganfall sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die Rehabilitation der Patienten vermehrt an Bedeutung. Die Repräsentativität und Vergleichbarkeit verschiedener Studien zu depressiven Störungen nach Schlaganfällen wird jedoch durch eine Reihe unterschiedlicher Forschungsansätze erschwert, die vor 9 allem bezüglich ihrer Methodik erheblich divergieren. Dennoch herrscht Einigkeit darüber, dass die depressive Störung die häufigste und schwerwiegendste psychische Störung nach Schlaganfall darstellt. Unbestritten ist, dass ihre Diagnose und adäquate Therapie einen entscheidenden Aspekt für den Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen darstellt und solche Störungen die Lebensqualität der Schlaganfallpatienten zusätzlich einschränken (Parikh et al., 1990, King, 1997). Darüber hinaus erhöht das Vorliegen depressiver Symptomatik die Mortalität nach Schlaganfall im langfristigen Verlauf signifikant (Everson et al., 1998). Trotz des großen Zuwachses an Wissen ist insgesamt weiterhin ein Mangel spezifischer Kenntnisse fest zu stellen. Dieser Mangel wiegt umso schwerer, als sowohl Schlaganfall wie Depression häufig vorkommende Erkrankungen sind. 2 .1 .2 Epide m iologie Nach Herzerkrankungen und bösartigen Geschwülsten stellt der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in den Industrieländern dar (Ostermann, 1993) dar. In Deutschland ist mit etwa 200.000 Neuerkrankungen an zerebralen Gefäßinsulten pro Jahr zu rechnen, die Mortalitätsrate beträgt etwa die Hälfte dieser Inzidenzrate. Die Jahresprävalenz ist altersabhängig und liegt in der Altersgruppe der 65jährigen bei 5063 pro 100.000 Personen (Baum et al., 1991). Die altersstandardisierten jährlichen Ereignisraten liegen bei 25-64jährigen in Deutschland bei etwa 110/100.000 Personen pro Jahr mit exponentieller Zunahme in höheren Lebensaltern. Ein Schlaganfall ist keineswegs eine reine "Alterskrankheit"; die Hälfte aller Betroffenen ist im erwerbsfähigen Alter, schätzungsweise 10 Prozent von ihnen sogar unter 40 Jahre. Frauen unter 45 Jahren erkranken signifikant häufiger als Männer, während es im höheren Alter umgekehrt ist (Eisenblätter et al., 1994). Kolominsky-Rabas und Mitarbeiter (1998) haben aus Zahlen der Jahre 1994 bis 1996 das erste gesamtdeutsche bevölkerungsbezogene SchlaganfallRegister erstellt. Basis für diese Zahlen sind alle SchlaganfäIle, die sich seit 1994 unter 101.450 Einwohnern von Erlangen ereignet haben. Die Autoren geben für Deutschland eine Inzidenz von 1,74 Schlaganfällen pro 1000 Einwohner pro Jahr an. Insgesamt leben in Deutschland ca. 1 bis 1,5 Millionen Menschen mit den Folgen eines Schlaganfalls (Reiter & Papke, 2001). Eine Mangeldurchblutung (Infarkt) des Gehirns ist mit einem Anteil von 80% die häufigste Ursache des Schlaganfalls. Blutungen durch den plötzlichen Riss ei10 nes Blutgefäßes und sogenannte Subarachnoidalblutungen (Blutungen in den Raum zwischen Gehirn und weichen Hirnhaut) treten mit 15 % bzw. 5 % seltener auf. (Poeck 1994). Die Angaben zur Prävalenz depressiver Störungen nach Schlaganfall liegen zwischen 18% und 79% (z.B. Andersen et al., 1994; Herrmann, 1991; Wade et al., 1987, Lipsey et al., 1985, Starkstein et al. 1989, Gainotti, 1997, Kringler, 2001). Diese extreme Variationsbreite lässt sich letztlich nur durch die heterogenen Forschungsansätze der verschiedenen epidemiologischen Untersuchungen erklären. Uneinigkeiten bezüglich des geeigneten Erhebungsinstrumentes (z.B. Selbst- vs. Fremdeinschätzung) bzw. der geeigneten diagnostischen Kriterien zur Diagnose der depressiven Störung, Unterschiede bezüglich der Länge der Zeitspanne zwischen Schlaganfall und Studienbeginn und die Verschiedenheit der untersuchten Populationen (z.B. „Inpatient“- vs. „Outpatient“-Stichproben) sind nur einige der methodischen Probleme, die einen Vergleich zwischen verschiedenen epidemiologischen Studien erschweren. In einer Synopsis ihrer Daten gehen Robinson et al. davon aus, dass etwa 50% aller Schlaganfallpatienten in der postakuten Phase Depressionen entwickeln und dass im nichtstationären Langzeitverlauf der Erkrankung bei mindestens 30% der Patienten Depressionen zu beobachten sind (Robinson et al., 1985a; Robinson et al., 1990). House et al. (1991) hingegen berichten eine Prävalenz von 23% in der Akutphase, 20% nach sechs Monaten und 14% nach einem Jahr und erachten alle anderen Prävalenzdaten für übertrieben. In einer Studie zum Langzeitverlauf berichten Aström et al. (1993) eine Prävalenz von 19% nach zwei Jahren. Drei Jahre nach dem Schlaganfall sei die Häufigkeit wieder gestiegen und hätte sich bei 30 % stabilisiert, 50% der in der Akutphase depressiven Patienten seien zu dieser Zeit immer noch depressiv gewesen. Auch Robinson geht von einem langwierigen Verlauf aus, bei dem auf ein Jahr „Major Depression“ mindestens zwei Jahre „Minor Depressive Disorder“ folgen würden. Sharpe et al. (1990) hingegen konnten drei bis fünf Jahre nach dem Insult nur bei 8,3% der Patienten die Diagnose einer „Major Depression“ stellen. Als Prädiktoren für einen günstigen Verlauf des Depressions-Scores identifizierten Kallert et al. (1995) die Faktoren weibliches Geschlecht, familiäre Versorgungsstruktur, keine psychiatrischen Vorerkrankungen, linkshirniger Media-Teilinfarkt sowie eine als positiv eingeschätzte Dynamik alltagsrelevanter Besserungen. 11 In einer Untersuchung zum Geschlechterverhältnis konnten Paradiso et al. (1998) zeigen, dass Frauen in der Akutphase nach Schlaganfall signifikant häufiger eine Major Depression entwickeln als Männer (24% vs. 12%). Federoff et al. (1991) hingegen konnten keinen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Depression nach Schlaganfall aufdecken. 2 .1 .3 Ätiopa thoge ne tis c he Vor s te llunge n Ein Schlaganfall ist für die meisten Personen, die ihn erleiden, ein sehr einschneidendes Lebensereignis, dessen Folgeerscheinungen von motorischen bis hin zu kognitiven und emotionalen Störungen reichen. Während motorische Störungen, wie die Halbseitenlähmung, auch für den Laien leicht erkennbar sind, sind kognitive Störungen und emotionale Störungen, wie ein depressiver Erlebniswandel, nicht immer gleich offensichtlich. Gerade die psychischen Beeinträchtigungen sind für viele Betroffene langfristig mit häufig schwerwiegenden Konsequenzen verbunden, die das soziale und berufliche Leben entscheidend beeinflussen können (De Haan 1995, Sandin et al. 1994, Robinson-Smith et al. 1995). Bei anhaltenden Beeinträchtigungen können psychosoziale Probleme auch erst zweizeitig auftreten und dann Anlaß zu sekundären Anpassungsstörungen geben (Periard et. al. 1993). In der Diskussion um eine angemessene Konzeptualisierung emotionalaffektiver Störungen nach Schlaganfall nimmt das Konzept der „Poststroke Depression“ (PSD) einen besonderen Stellenwert ein (Frühwald et al., 1999). Dieses bezieht sich auf die klinisch-psychiatrische Diagnose depressiver Verhaltensauffälligkeiten nach zerebralen Läsionen. Gegen den Begriff „Poststroke Depression“ ist angeführt worden, dass bei Schlaganfallpatienten die Kriterien einer Depression nicht häufiger als in Vergleichsgruppen erfüllt sind (House et al., 1991). Der Begriff ist außerdem insofern problematisch, als nahegelegt wird, e s könne sich bei nach Schlaganfall auftretenden depressiven Störungen um ein eigenes, eigenständiges Krankheitsbild handeln. Dem stehen allein schon die Vielzahl möglicher Einflussfaktoren und die vielfältigen Erscheinungsformen depressiver Störungen nach Schlaganfall entgegen In der englischsprachigen Literatur hat der Begriff der Poststroke Depression (PSD), jenseits nosologischer und ätiopathogenetischer Diskussionen, jedoch weite Verbreitung gefunden. Au- 12 ßerdem hat er den Vorteil, das Vorkommen depressiver Störungen nach Schlaganfall prägnant ins Blickfeld zu rücken. Inwieweit die Depression nach Schlaganfall direkt auf der Hirnschädigung, einer primär endogenen Ursache, beruht oder aber als psychische Reaktion auf das Infarktereignis angesehen werden kann, ist Mittelpunkt lebhafter wissenschaftlicher Diskussionen. Für alle Hypothesen gibt es sowohl unterstützende als auch zweifelhafte Befunde. Neben der Hirnschädigung kommt den ätiopathogenetischen Vorstellungen des Konzepts der „Grief Response“ und der „(Depressive-) Catastrophic Reactions“ besondere Bedeutung zu. Depression als Reaktion Im Sinne des rein psychodynamisch ausgerichteten Konzepts der „Grief Response“, das aus den frühen Arbeiten zur Krankheitsverarbeitung nach KüblerRoss (1978) abgeleitet wurde, sind depressive Veränderungen von Schlaganfallpatienten immer psychogen als vorhersagbare Reaktion eines seriell ablaufenden Krankheitsverabeitungsprozesses zu interpretieren (Tanner & Gerstenberger, 1988). Die intrapsychische Verarbeitung der Verlusterlebnisse, die mit einem Schlaganfall einhergehen, hat nach Tanner und Gerstenberger (1988) einen Phasenverlauf, der jedoch in bezug auf Dauer und Intensität der Einzelphasen von Person zu Person unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die Phase der Depression folgt dabei auf eine Phase der Verleugnung und eine Phase der Frustration, hervorgerufen durch die Bewusstheit der Unveränderbarkeit der Erkrankungsfolgen. Eine Phase der Akzeptanz wird schließlich erreicht, wenn der Trauerprozess vollständig durchlaufen ist, und sich Patienten und Angehörige im Sinne einer positiven Verarbeitung an die Erkrankung und ihre Folgen adaptieren. Kritiker dieses Konzepts weisen darauf hin, dass eine ausschließliche Zuschreibung depressiver Veränderungen als psychoreaktives Geschehen nur unter Ausblendung neuroanatomischer und neurophysiologischer Korrelate depressiver Veränderungen nach Schlaganfall aufrecht erhalten werden kann (Herrmann, 1992). Zudem sehen sie die Gefahr, dass die Interpretation des Patientenverhaltens als natürlicher selbst-regulierender Bewältigungsprozess eine eventuell notwendige therapeutische Intervention verhindern könnte (vgl. Gordon et al, 1997). 13 Ein sehr bekannt gewordener Erklärungsversuch zur Depressionsgenese - das Modell der Gelernten Hilflosigkeit (Seligmann, 1983) - interpretiert depressive Störungen nach Schlaganfall ebenfalls ganz im Sinne einer reaktiven Depression. Gelernte Hilflosigkeit entsteht, wenn ein Individuum lernt, dass es mit seinem Verhalten den Erhalt von Verstärkern nicht steuern kann. Eine depressive Störung ist somit Folge der Unkontrollierbarkeitserfahrungen im Rahmen des Schlaganfalls und seiner Folgen, die durch das vorher erlernte Muster der Hilflosigkeit generalisieren und keine Alternativen wahrnehmen lassen. Für eine reaktive Genese sprechen Studien, die eine Abhängigkeit der Depression vom Ausmaß der körperlichen Behinderung nachweisen (z.B. Sharpe et al., 1994; Aström et al., 1993). Auch die Befunde von Beekmann (1998) werden als Beleg eines reaktiven Entstehungsmodells herangezogen. Seinen Ergebnissen zufolge besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Faktoren wie Sprachproblemen, kognitiven Defiziten, funktionellen Beeinträchtigungen, Partnerlosigkeit oder externem „Locus of control“ und dem Auftreten einer depressiven Verstimmung innerhalb des ersten Jahres nach dem Schlaganfallereignis. Gegen eine rein reaktive Genese der depressiven Störung sprechen die Ergebnisse von Folstein et al. (1977), nach denen Schlaganfallpatienten gegenüber orthopädischen Patienten trotz vergleichbarem körperlichen Defizit vier- bis fünfmal häufiger depressiv sind. Fraglich ist allerdings, ob orthopädische Beschwerden und körperliche Beeinträchtigungen nach Schlaganfall überhaupt miteinander verglichen werden können. Depression als primäre Folge der Hirnschädigung Zu den Befürwortern eines somatisch-mechanistischen Krankheitsmodells der Depression nach Schlaganfall zählt insbesondere die Arbeitsgruppe um Robinson. Sie berichtete, dass depressive Störungen signifikant häufiger bei linkshemisphärischen Läsionen beobachtet werden und umso schwerer sind, je weiter frontal diese Läsionen liegen (Starkstein & Robinson, 1989; Aström et al., 1993). Gass und Lawhorn (1991) fanden wiederum signifikant mehr depressive Störungen nach rechtshemisphärischen Läsionen. Auch bezüglich des Zusammenhangs zwischen dem Auftreten depressiver Verstimmungen und der Größe des Insultareals sind die Ergebnisse bis heute kontrovers (Sharpe et al., 1994; Zerfaß et al., 1992). 14 Zu den bekanntesten neuroanatomischen, neurochemischen und pathophysiologischen Theorien der Depressionsgenese nach Schlaganfall zählen die Unterbrechung aufsteigender noradrenerger und serotonerger Projektionsbahnen mit konsekutiver Neurotransmitterverarmung (Herrmann, 1991), die Störung der zentralen präsynaptischen a2-Adrenorezeptoren (Barry & Dinan, 1990) sowie Läsionen in den tiefen Großhirnkernen (Starkstein et al., 1988). Swerdlow & Koob (1987) formulierten ein elaboriertes Modell zur fronto-striato-thalamischen Dysfunktion, das drei funktionell unabhängige Schleifensysteme zwischen limbischem Cortex, Basalganglien, dorsomedialem Thalamuskern und tegmentalen Mittelhirnstrukturen postuliert. Eine Läsion im ventralen Striatum bzw. aszendierender Fasersysteme würde diesem Modell zufolge zu einer tonischen Disinhibition der kortiko-thalamischen Feedback-Schleife führen. Die Konsequenz ist eine neurobiochemische Dysregulation, die sich in psycho-motorischer Verlangsamung und einer Verarmung an Gefühlen und Affekten äußert. Trotz des in den letzten Jahren - vor allem infolge der technischen Fortschritte bei den modernen bildgebenden Verfahren - schnell wachsenden Erkenntnisgewinns zu somatischen Aspekten der Depressionsgenese nach Schlaganfällen ist eine einheitliche Theorie jedoch nicht in Sicht. Multifaktorielle Ansätze Die Begrifflichkeit des Konzepts der „(Depressive-) Catastrophic Reactions“ basiert auf dem von Goldstein (1934; 1948) geprägten Terminus der „Katastrophenreaktion“. Mit diesem Begriff umschrieb er bestimmte emotionale Reaktionsformen, die er bei Hirnverletzungen aller Art beobachten konnte. Sie äußern sich durch kurze, plötzlich beginnende emotionale Ausbrüche ängstlich-aggressiver Natur, die eintreten, wenn die mögliche Reaktionsbreite des Individuums durch bestimmte Umweltbedingungen überstiegen wird (Benson, 1973). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Patient mit Problemstellungen konfrontiert wird, die er vor der Erkrankung ohne Anstrengung hätte meistern können, zu deren Bewältigung er sich jetzt jedoch nicht mehr in der Lage sieht. Goldstein interpretierte diese Verhaltensmuster im Sinne einer holistischen Reaktion des Gesamtorganismus: er betrachtete die Katastrophenreaktion sowohl als psychische Reaktion auf die Folgen der Hirnverletzung als auch als biologische. 15 Unter Verwendung des Plurals „Catastrophic Reactions“ versuchte später Gainotti verschiedene Reaktionsweisen wie Angstphänomene, aggressives Verhalten und Weinkrämpfe von anderen psychischen Veränderungen, etwa der „Depressiven Stimmung“ (Entmutigung, Antizipation der Unfähigkeit, Rationalisierung usw.) oder der „Indifferenten Reaktion“ (Gleichgültigkeit, Witzeln, Anosognosie) abzugrenzen (Gainotti, 1969, 1972). Auch er ging sowohl von reaktiven als auch strukturell induzierten emotional-affektiven Reaktionen aus: so führte er Katastrophenreaktionen bei Broca-Aphasikern auf neuropsychologische Ursachen, bei Wernicke-Aphasikern auf psychodynamische Ursachen zurück. Neuere multifaktorielle Ansätze beschreiben eine komplexe Wechselwirkung zwischen hirnorganischen, reaktiven, persönlichkeitsbezogenen und psychosozialen Faktoren als Ursache emotionaler Probleme nach Schlaganfall (Frommelt, 1999). Herrmann (2000) favorisiert ein Modell, das von unterschiedlichen Vulnerabilitätsphasen mit jeweils besonderen auslösenden Faktoren für die Entwicklung depressiver Störungen im Verlauf von Schlaganfallerkrankungen ausgeht. Demnach werden depressive Veränderungen in der frühen Erkrankungsphase vorwiegend als Konsequenz einer läsionsbedingten Veränderung des neurobiochemischen Gleichgewichts sowie der Rezeptorendichte und –sensitivität gesehen. Depressive Störungen, die im Verlauf der Rehabilitation oder im chronischen Krankheitsstadium auftreten, werden dagegen vielfach im Sinne emotional-affektiver Krankheitsverarbeitung bzw. maladaptiver Krankheitsverarbeitungsstrategien interpretiert (Herrmann et al., 1993). 2 .1 .4 Kr a nk he its be w ä ltigung Historisch lassen sich für die Entwicklung der Forschung zur Krankheitsverarbeitung zwei zentrale Vorläufer erkennen: die psychoanalytische Abwehrlehre, in deren Rahmen eine Ausdifferenzierung in bis zu 45 verschiedene Abwehrmechanismen erfolgte (Muthny, 1991; Beutel, 1988) und die Stressforschung. Letztere war zunächst physiologisch ausgerichtet (Selye, 1981). In den 50er Jahren jedoch kam es zu einer Integration der Stresstheorie in die Psychologie, insbesondere in die damals vorherrschende S-R-Psychologie (Klassischer Behaviorismus). Eine zunehmende Verschiebung des Betrachtungsfokus weg von der Seite objektivierbarer Belastungsbedingungen (Stressoren) auf die Seite der individuellen Bewertungen und Reaktionen zeigt sich in dem Person-Situations16 Transaktions-Modell der Lazarus-Gruppe (Lazarus & Folkmann 1984). Wesentliche Elemente dieses Modells sind die Abkehr von einer Trait-Betrachtung und stattdessen die Postulierung eines Kontinuums von Bewertung, Anpassungsversuch, Neubewertung usw. im Sinne einer zeitlich fortgeschriebenen PersonSituation-Wechselwirkung mit besonderer Betonung des Prozeßcharakters von Coping. Lazarus und Folkman (1984) definieren ”Bewältigung” als ”sich ständig verändernde kognitive und verhaltensmäßige Bemühungen bzw. Anstrengungen, mit spezifischen externen und/oder internen Anforderungen, die Ressourcen einer Person beanspruchen oder übersteigen, fertig zu werden”. Auch Heim et al. (1983) sehen in der Krankheitsbewältigung ein prozeßhaftdynamisches Geschehen und damit mehr als nur ein einfaches Reaktionsmuster, das, einmal angewandt, immer wieder gleichförmig wiederholt wird. Vielmehr verändere sich die Krankheitsverarbeitung entsprechend der sich ständig wandelnden Anforderungen immer wieder. Heim et al. betonen in ihrem strukturellen Krankheitsbewältigungsmodell den individuellen Umgang mit der Erkrankung, i m Gegensatz etwa zum gesetzmäßig ablaufenden Fünf-Phasenmodell von KüblerRoss (1978). In Feedbackschleifen kommt es nach Heim et al. im Verlauf der Krankheit zu ständigen Neubewertungen und damit zu Veränderungen der Krankheitsverarbeitungsstrategien. Unter Bewältigung versteht man nach Krohne (1985) dementsprechend nicht das Ergebnis des sich ständig verändernden Prozesses zwischen Person und Umwelt bzw. Erkrankung, sondern den Prozess selbst - mit allen effektiven und weniger effektiven Bemühungen. Krankheitsverarbeitung nach Schlaganfall Über Formen der Bewältigung bei akuten neurologischen Erkrankungen ist nur wenig bekannt (Muthny 1992, Seidler 1985, Zuber et al. 1998). Die Mehrzahl aller Studien zur Krankheitsverarbeitung untersuchten Patientengruppen mit den Diagnosen: Krebs, Herzinfarkt, rheumatische Erkrankungen oder chronischer Niereninsuffizienz (Beutel, 1988; Faller, 1992, Röthlisberger, 1993.) Diessner (1991) untersuchte hirnorganisch geschädigte Patienten mit der Kurzform des „Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung“ (Muthny, 1989a). Dabei wurde deutlich, dass Schlaganfallpatienten am häufigsten „Aktives problem-orientiertes Coping“ einsetzen, gefolgt vom Verarbeitungsstil „Ablenkung und Selbstaufbau“. Bezüglich der Art der Verarbeitung unterschieden sie sich nicht 17 signifikant von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma. Egger und Stix (1989) zeigten mit Hilfe des „Erhebungsbogen zur Krankheitsverarbeitung bei Patienten mit kardio-vaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen“ (EKV), dass Schlaganfallpatienten mehr Vertrauen in externe, insbesondere in medizinische Hilfs- und Heilungsmöglichkeiten haben als Herzinfarktpatienten. In einer Vergleichsstudie von Broda (1987) wiesen die Schlaganfallpatienten bei der Betrachtung der Summe aller gezeigten Bewältigungsreaktionen den höchsten Gesamtscore auf. Sie zeigten im Vergleich zu einer Patientengruppe aus dem Allgemeinkrankenhaus signifikant höhere Werte beim Faktor „Wunschdenken“ und im Vergleich zu Krebspatienten signifikant höhere Werte beim Faktor „Verantwortung übernehmen“. Broda bezeichnete die Unterschiede zwischen den einzelnen Krankheitsgruppen jedoch als unerwartet gering und nahm deshalb von der Annahme einer Erkrankungsspezifität der Bewältigungsreaktionen Abstand. Speziell nach einem Schlaganfall können jedoch z.B. neuropsychologische Funktionsstörungen wie Aphasien oder Gedächtnisstörungen die Krankheitsverarbeitung erheblich erschweren (Kallert, 1993). Daneben spielen auch weitere krankheitsspezifische bzw. situative Faktoren wie Schweregrad des Insults, Prognose des Krankheitsverlaufs, Schmerzen, Umgebungsveränderung oder Grad der Kontrollierbarkeit der Erkrankung eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung bestimmter Bewältigungsstrategien (Harrer, 1995). Bei einer Schlaganfallerkrankung stellen die Akutsituation mit Aufnahme und Behandlung in der Akutklinik, der Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik sowie die Heimkehr in die häusliche Umgebung mit den damit verbundenen Adaptationserfordernissen Krankheitsabschnitte mit jeweils eigenen Belastungen und Anforderungen an die Krankheitsbewältigung dar. Kruse (1989) konnte zeigen, dass die Reaktionsformen in den ersten Monaten nach Eintritt eines Insultes sehr komplex sind und ein hohes Maß an inter- und intraindividueller Variabilität aufweisen: sie reichen von aktiver Mitarbeit über Leugnen der Schwere der Erkrankung und Pflege von sozialen Kontakten bis hin zu extremer Niedergeschlagenheit. Erst mit zunehmender Krankheitsdauer entwickeln sich voneinander abgrenzbare Bewältigungsstile, wobei sich bei mindestens fünf Jahre zurückliegendem Insult clusteranalytisch vier Formen unterscheiden lassen: leistungsbezogener, akzeptierender, resignativer und hadernder Bewältigungsstil. Zahlreiche Studien unterstützen die Sichtweise, dass erst im langfristigen Verlauf des Ge18 sundungs- bzw. Rehabilitationsprozesses mit relativ stabilen Mustern der Krankheitsverarbeitung zu rechnen ist (z.B. Lamberti, 1998). Dieser Aspekt eines wesentlichen Einflusses der Zeit auf die Frage nach der Effektivität bestimmter Bewältigungsformen wird durch eine Metaanalyse von Suls und Fletcher (1985) bestätigt. Kurzfristig wirken sich demnach Vermeidung und Unterdrückung offenbar positiv auf das Wohlbefinden aus, mit zunehmender Zeitspanne gewinnen aufmerksam-konfrontative Bewältigungsstile an Wirksamkeit. In einer Selbsteinschätzung des Nutzens betonten die Patienten einer Studie von Muthny et al. (1992) vor allem die hilfreiche Funktion von Kampfgeist und Trost im religiösen Glauben. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Effektivität bestimmter Bewältigungsstrategien sind jedoch so wenig konsistent, dass u.a. Heim (1988) die Idee eines generell günstigen Copings problematisiert. (vgl. o.) Die Frage des Nutzens einer bestimmten Krankheitsverarbeitungsstrategie kann nur für jeden Menschen individuell, für ein bestimmtes Problem, zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Kontext beantwortet werden (Harrer, 1995). 2 .1 .5 W e ite r e Einflus s fa k tor e n und Folge n Einigkeit besteht bezüglich der Relevanz depressiver Vorerkrankungen für die Entstehung einer Depression nach Schlaganfall sowie bezüglich der Korrelation zwischen Depression und psychosozialer Vereinsamung (Andersen et al., 1995; Burvill et al., 1997). Einzelbefunde weisen zudem auf einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer depressiven Verstimmung und psychosozialem Stress bzw. Heimunterbringung in der Zeit vor dem Insult hin (Sharpe et al., 1994). Risikofaktoren wie Alter, kognitive Beeinträchtigung und Aphasie werden hingegen sehr kontrovers diskutiert (Aström et al., 1993; Burvill et al., 1997). Die Folgen einer depressiven Störung nach Schlaganfall sind zumeist schwerwiegend. Vergleichsstudien belegen eine überzufällig erhöhte Mortalität depressiver Schlaganfallpatienten, selbst wenn nach der Schwere der Grundkrankheit korrigiert wird (z.B. Morris et al., 1993b). Maßgebliche Folge der depressiven Störung ist der aggravierte Leidensdruck der Schlaganfallpatienten. Darüber hinaus behindert die Depression die Einschätzung der neurologischen Situation durch die behandelnden Ärzte und erschwert die Teilnahme des Patienten an allen Phasen der Rehabilitation. Das Erreichen optimaler Rehabilitationsergebnisse 19 wird dadurch verhindert (Parikh et al., 1990). Dies kann unter Umständen eine Verlängerung der Aufenthaltsdauer in der behandelnden Institution und „Rehabilitationshospitalismus“ zur Folge haben. Langfristig ist für die depressiven Schlaganfallpatienten die Lebensqualität in stärkerem Maße eingeschränkt als es angesichts der Grundkrankheit verständlich wäre (King, 1997). Die schlechtere Lebensqualität und das schlechtere Rehabilitationsergebnis ziehen wiederum hohe direkte und indirekte Folgekosten nach sich. 2 .1 .6 Ve r fa hr e n zur Er fa s s ung von De pr e s s ion na c h Sc hla ga nfa ll Das Spektrum der Untersuchungsverfahren und Instrumente zur Erfassung depressiver Veränderungen nach Schlaganfall ist äußerst heterogen. Dies liegt zum einen an der Multimodalität der Schlaganfallerkrankung mit einer Vielzahl unterschiedlicher neurologischer und neuropsychologischer Störungen, die der inhaltlichen Ausarbeitung von Erfassungsinstrumenten enge Grenzen setzt. Elementare Einschränkungen, beispielsweise der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses oder der Wahrnehmung und visuellen Exploration, müssen im Sinne einer validen und reliablen Diagnostik depressiver Veränderungen mitberücksichtigt werden. Zum anderen bleibt bei einer Untergruppe von Schlaganfallpatienten, den Aphasikern, der verbale und direkte Zugang häufig versperrt, so dass über Umwege Aufschluss über emotional-affektive Veränderungen gewonnen werden muss. Ungeachtet dieser methodischen und inhaltlichen Probleme werden in Untersuchungen mit Insultpatienten häufig Verfahren eingesetzt, die bei dieser Patientengruppe nie psychometrisch evaluiert und hinsichtlich ihrer Applikabilität überprüft wurden (Herrmann, 1992). Schwierigkeiten bereiten dabei insbesondere Items, deren Inhalt auch Merkmale neurologischer bzw. somatischer Erkrankungen repräsentieren. Eine Bejahung dieser Items kann entweder auf ein psychopathologisches Symptom, eine neurologisch bedingte Beeinträchtigung oder auch auf beides hinweisen. Deshalb sollten Untersuchungsinstrumente, die Items wie „Energieverlust“ oder „Schlafstörungen“ hoch gewichten, sehr kritisch beurteilt werden (vgl. Catapano & Galderisi, 1990). 20 Die zur Diagnose und Graduierung von depressiven Veränderungen nach Schlaganfall eingesetzten Verfahren können im allgemeinen einer der folgenden Gruppen zugeordnet werden (vgl. Knauer, 2002): Selbstbeurteilungsverfahren Diese Instrumente dienen zur Graduierung, das heißt zur Bestimmung des Schweregrads einer depressiven Veränderung. Häufig eingesetzte verbale oder schriftsprachliche Selbstbeurteilungsskalen sind das „Becksche Depressionsinventar“ (Beck et al., 1977), die „Zung Self Rating Depression Scale“ (Zung, 1965), die „Depression Adjective Checklist“ (Stern et al., 1990a) sowie die „Hospital Anxiety and Depression Scale“ (Herrmann, 1994). Letztere wurde speziell zur Erfassung Depressiver Störungen bei somatisch Kranken entwickelt. (vgl. 3.4.2.3). Diese verbalen Skalen sind mit dem Nachteil behaftet, dass Patienten mit Sprachstörungen oder Beeinträchtigungen der visuellen Exploration nicht untersucht werden können. Deshalb wurden nonverbale Verfahren, zumeist sogenannte „Visual Analogue Scales“ entwickelt, die jedoch nur ein sehr geringes Spektrum der depressiven Symptomatik graphisch abbilden können. Ein weiterer Nachteil von Selbstbeurteilungsverfahren ist die mitunter problematische Krankheits- und Störungswahrnehmung bei Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, die häufig in einer geringen Korrelation zwischen Selbst- und Fremdbewertung deutlich wird. Fremdbeurteilungsverfahren Zu den Erfassungsinstrumenten für psychische Störungen im allgemeinen zählt z.B. das in der vorliegenden Untersuchung eingesetzte AMDP-System, ein auf der klinischen Psychopathologie aufbauendes System zur Dokumentation psychiatrischer Anamnese- und Befunddaten, das von der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie entwickelt wurde (AMDP, 1981). Mit diesem System soll eine solide, empirische Grundlage der Datenerhebung und der daraus resultierenden Diagnose erzielt werden. Zur Erfassung und Bestimmung des Schweregrads depressiver Störungen kommen vor allem DepressionsRatingskalen wie die „Hamilton Rating Scale of Depression“ (Hamilton, 1960) oder die „Cornell Scale for Depression“ (Alexopoulus et al., 1988a) zur Anwen21 dung. All diesen Instrumenten ist gemein, dass sie zwar auf Informationen von Seiten des Patienten zurückgreifen, letztlich jedoch eine Fremdbewertung darstellen. Ein Teil dieser Fremdexplorationsverfahren wurde bei Patienten mit zerebrovaskulären Insulten psychometrisch überprüft (Robinson et al., 1985a; Herrmann, 1991). 22 2 .2 A uf ga be ns te ll un g Übergeordnetes Ziel der vorliegenden Studie war es, am Beispiel von Schlaganfallpatienten, die zugleich depressive Störungen zeigen, den Einfluß psychischer Störungen, weiterer Patientenmerkmale wie u.a. der Krankheitsbewältigungsstrategien sowie des Behandlungssettings auf den Rehabilitationsverlauf zu untersuchen. Dabei sollten zwei verschiedene stationäre Behandlungssettings (der allgemein-neurologischen Bereich (AN) sowie der Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie (PN) sowie - nach dem ursprünglichen Studienplan – auch teilstationäre Rehabilitationsmaßnahmen in Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Stabilität berücksichtigt werden (vgl. 3.2). Außerdem sollte die prospektiv angelegte Studie Auskunft darüber geben, welche therapeutischen Maßnahmen bei psychischen Störungen nach Schlaganfall angezeigt und welche Faktoren prognostisch richtungsweisend sind. Schließlich sollten die Untersuchungsergebnisse als Grundlage zur Entwicklung differenzierterer Arbeitshypothesen und damit zur Konzeption einer zweckmäßig anzuschließenden Verlaufsstudie dienen. Im Einzelnen sollte das Projekt zur Klärung folgender Fragen beitragen: • In welcher Hinsicht unterscheiden bzw. gleichen sich die Patienten in den Behandlungssettings? • Welche Rehabilitationsergebnisse lassen sich durch die verschiedenen, eine psychotherapeutische Behandlung umfassenden Rehabilitationsangebote bei Patienten nach Schlaganfall mit depressiven Störungen erreichen? • Welche psychopathologischen und psychosozialen Merkmale und Merkmalsmuster sind bestimmend für den Erfolg der Rehabilitationsangebote in den unterschiedlichen Behandlungssettings? • Welche prognostischen Faktoren und Parameter zur gezielteren Zuweisung in die verschiedenen Behandlungskontexte lassen sich heraus arbeiten? Im Verlauf des Projektes stellte sich als weiterer zentraler Aspekt das Phänomen „Verdeckter Depressiver Störungen“ bei forcierter Bewältigungshaltung heraus. 23 3 3 .1 M AT ERIAL UND M ET HODEN Zu m Fo r s c h un gs k o nt e x t Das Projekt ist als ein Teil des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Ulm ”Bausteine der Reha” realisiert worden. Das Vorhaben wurde in den Kliniken Schmieder durchgeführt, einem neurologischen Fach- und Rehabilitationskrankenhaus mit Kliniken in Gailingen, Allensbach, Konstanz, Stuttgart und Heidelberg. Zwar existierte an den Kliniken bereits vor diesem Projekt eine lange klinische Forschungstradition. Auch sind die Kliniken Schmieder im Rahmen des Lurija Institutes für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung an der Universität Konstanz wissenschaftlich aktiv. An der erst 1992 in Betrieb gegangenen Klinik Konstanz, in der das Projekt vorrangig durchgeführt worden ist, galt es dagegen noch, die Voraussetzungen für klinisch-wissenschaftliche Arbeit zu entwickeln. In diesem Zusammenhang sind neben der nötigen Infrastruktur insbesondere die Aus- und Weiterbildung sowie die Motivation der Mitarbeiter zu nennen – auf allen Ebenen und in allen Arbeitsbereichen. Die stationären Patienten, die an dieser Studie teilnahmen, wurden in der Teilklinik in Konstanz und Gailingen rekrutiert, die Erhebungen im teilstationären Bereich fanden im Neurologischen Rehabilitazionszentrum Stuttgart (NRZ) statt. In den Kliniken Schmieder gibt es an den Standorten – stationär wie teilstationär/ambulant - ein umfassendes Rehabilitationsangebot, das dem Ineinandergreifen der unterschiedlichen Störungsanteile bei hirngeschädigten Patienten unmittelbar Rechnung trägt (vgl. Welter und Schönle, 1997). In den Kliniken in Konstanz und in Gailingen steht mit dem Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie (PN) darüber hinaus eine Spezialabteilung für die integrierte psychotherapeutische Intensivbehandlung zur Verfügung (R. Schmidt et al. 1994, 1995, 1997, Löttgen et al. 1995). In Hinblick auf die projektierte Studie war es daher möglich, primär drei verschiedene Rehabilitationsangebote einzubeziehen. 24 3 .2 S tu di e n de s i gn Bei der Studie handelt sich um eine offene, nicht randomisierte, prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie an Patienten nach Schlaganfall mit depressiven Störungen. Anhand verschiedener Kohorten (Behandlungsgruppen) sollte der Einfluß patienten- und verlaufsbezogener, klinischer und psychosozialer Merkmale/Merkmalsmuster und der Art des Behandlungskontextes bestimmt werden. Dabei wurde ursprünglich die Einbeziehung von drei unterschiedlichen Behandlungssettings angestrebt, wie sie bereits vor Beginn des Projektes in den Kliniken Schmieder angewandt wurden. Entsprechend dem Vorkommen mehrfach determinierter psychischer Störungen bei Schädigungen des ZNS gibt es in allen Klinikteilen ein umfassendes Rehabilitationsangebot, das dem Ineinandergreifen der unterschiedlichen Störungsanteile bei hirngeschädigten Patienten unmittelbar Rechnung trägt. Die Kliniken insgesamt gewährleisten die Bereitstellung von drei verschiedenen Rehabilitationsangeboten, die sich in Hinblick auf die psychotherapeutische Behandlung durch die Intensität des jeweiligen spezifischen Therapieangebotes, dem unterschiedlichen Anteil strukturierender, haltgebender Elemente und dem Verhältnis neuropsychologischer und psychotherapeutischer Anteile unterscheiden: • Allgemeinneurologischer Bereich (AN): Reguläre stationäre neurologische Rehabilitation mit Möglichkeit zu psychotherapeutischer Mitbehandlung, • Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie (PN): stationäre Rehabilitation in einer Spezialabteilung mit integriertem und umfangreichem Psychotherapieangebot und • Reguläre teilstationäre neurologische Rehabilitation mit Möglichkeit zu psychotherapeutischer Mitbehandlung Im Rahmen der Studie wurde keine grundsätzliche Veränderung an den jeweiligen „naturalistischen“ Therapieangeboten vorgenommen. In Hinblick auf die Studienerfordernisse wurde jedoch eine Standardisierung der psychotherapeutischen Maßnahmen angestrebt, die allerdings nur annähernd bleiben mußte, da sich Rehabilitationsplan und Behandlung selbstverständlich an den Erfordernissen des Einzelfalles orientieren müssen. Dies gilt auch in Hinblick auf die wegen der organischen Schädigungen erforderlichen somatischen Behandlungen. 25 Es erfolgten jeweils zu Beginn und zum Entlaßzeitpunkt ausführliche Untersuchungen der Studienteilnehmer unter Einbeziehung eines detaillierten Anamnesefragebogens, einer neurologisch-psychiatrischen und neuropsychologischen Untersuchung, dem Einsatz verschiedener Selbstrating- und Fremdratinginstrumente sowie einer klinischen Einschätzung bezüglich weiter unten erläuterter Aspekte/Merkmale. Eine katamnestische Nacherhebung fand nach 6 und 12 Monaten (Katamnese I, Telephoninterview plus Fragebögen und Selbstratinginstrumente / Katamnese II. mit persönlicher Nachexploration, ausführlicher Nachuntersuchung und Testung) statt. 26 3 .3 P a t ie nt e n r e k r ut ie r u ng Als Beobachtungseinheit wurde der Patient, der nach einem Schlaganfall eine Rehabilitation in einer der obengenannten Kliniken bzw. Abteilungen durchführt, definiert. Fortlaufend wurde für alle nach einem Schlaganfall aufgenommenen Patienten geprüft, inwieweit sie für eine Aufnahme in die Studie in Frage kommen. Eine erste Patientenselektion erfolgte nach den im folgenden definierten Ein- und Ausschlußkriterien: 3 .3 .1 Ein- und Aus c hlus s s c hlußk r ite r ie n Einschlußkriterien • Patienten mit einem CT oder MRI gesicherten Schlaganfall (Vorbefund) • Diagnose einer depressiven Störung nach ICD-10 F31.3-31.5, F32, F33, F34, F38, F41.2, F43.20-22. • Alter des Patienten ≥ 20 Jahre • ausreichende Deutschkenntnisse • Einverständnis des Patienten zur Studienteilnahme Ausschlußkriterien • Patienten mit weiteren das ZNS betreffende organischen Erkrankungen • Patienten mit einer „aktuell vorliegenden Schizophrenie oder schizoaffektiven Psychose“ • Patienten mit „manifesten Suchterkrankungen“ • Patienten mit mittel- bis schwergradiger Aphasie Sämtliche Patienten, die diese Kriterien erfüllten, wurden von einem erfahrenen Facharzt persönlich im Rahmen einer ausführlichen Exploration und klinischen Untersuchung auf das Vorliegen einer depressiven Störung nach ICD 10, Kapitel F hin gesehen. Alle Patienten mit der Diagnose einer depressiven Störung nach ICD-10 (F31.3-31.5, F32, F33, F34, F38, F41.2, F43.20-22.), die sich schriftlich zur Studienteilnahme einverstanden erklärt haben, wurden in die eigentliche Studie aufgenommen. 27 Die Aufnahme der Patienten in die verschiedenen Behandlungskontexte richtete sich nach den routinemäßig gegebenen Zuweisungs- und Belegungsmodalitäten, wobei für die teilstationäre Behandlung neben medizinischen Kriterien (z.B. Schwere des Krankheitsbildes) Wohnortnähe und Erreichbarkeit der Einrichtung entscheidende Kriterien darstellten. 28 3 .4 U nt e r s u c h un gs m e th od e n u nd M e ß in s t r u m e nt e 3 .4 .1 Unte r s uc hunge n im Ve r la uf (Ta be lla r is c he Übe r s ic ht) Die Patienten werden zu den folgenden Zeitpunkten befragt: 1. Erhebung bei Aufnahme 2. Erhebung bei Entlassung 3. Erhebung 6 Monate nach Entlassung (Katamnese I) 4. Erhebung 12 Monate nach Entlassung (Katamnese II) Tabelle 1: Untersuchungen im Verlauf Aufnahme Entlassung Katamnese I Katamnese II Durchzuführende Untersuchung bei ...... Ein- Ausschlußkriterien prüfen ja Aufnahmedokumentation ja Reha-Note (Basisausführung) ja ja zum Teil ja Neurologischer Befund ja ja ja Psychischer Befund / AMDP ja ja ja Neuropsychologisches Rating / Studien- ja ja ja testbatterie Neuropsychlogischer Befund (HLT) ja# Fragebögen/Testinstrumente ja+ ja+ ja+ ja+ Entlassungsdokumentation ja Apparative Zusatzdiagnostik ja# Stroke Scale (NIHSS)/ Barthel-Index ja ja ja Katamnesedokumentation ja ja # = soweit aus klinisch-neuropsychologischen Gründen ohnehin durchgeführt + = speziell für den jeweiligen Meßzeitpunkt zusammengestellter Fragebogenkatalog Tabelle 2 bietet eine Übersicht über die eingesetzten Selbst- und FremdratingInstrumente, wie sie zur Erfassung der verschiedenen Dimensionen im Verlauf verwendet wurden: Tabelle 2: Eingesetzte Erhebunsginstrumente im Verlauf Aufnahme Entlassung Katamnese I HADS-D-D und -A BDI STAI State und Trait FPI-A1 FMP FKV WHO-QOL (BREF) KKG CDS AMDP NIHSS Katamnese II HADS-D-D und –A BDI STAI State HADS-D-D und -A BDI STAI State HADS-D-D und -A BDI STAI State FMP FMP FKV WHO-QOL (BREF) VEV KKG FMP FKV WHO-QOL (BREF) VEV KKG VEV CDS AMDP NIHSS CDS AMDP NIHSS 29 Die verwendeten Testinstrumente wurden dabei zuerst auf Praktikabilität im Klinikalltag an Patienten geprüft und unter Einbeziehung der Empfehlungen der verbundübergreifenden Arbeitsgemeinschaft „vollstationäre neurologische Rehabilitation“ mit den Mitarbeitern des zweiten, an den Kliniken Schmieder zum Thema „Die Bedeutung von Planungs- und Handlungsstörungen beim Schlaganfallpatienten für die soziale und berufliche Wiedereingliederung“ (Projektleiter: B. Stemmer, P.-W. Schönle) durchgeführten Projektes abgestimmt. 3 .4 .2 Unte r s uc hungs ins tr um e nte 3.4.2.1 Klinische Anamnese und Untersuchung Bei den Studienpatienten wurden im Rahmen eines ausführlichen klinischen Interviews umfangreiche sozioökonomische, personen-, krankheits-, und verlaufsbezogene Daten erhoben. Dabei wurden die Patienten u.a. nach dem Vorliegen einer subjektiven Belastbarkeitminderung, sensibler Reizsymptome und sexueller Störungen befragt. Ergänzend erfolgte eine detaillierte Dokumentation der Einnahme von Psychopharmaka und Schmerzmittel sowohl im Vorfeld der stationären Aufnahme als auch im weiteren Verlauf der Studie. Alle diese Daten wurden als mögliche Einflußgrößen unter ergänzender Einbeziehung der Vorbefunde / der Informationen aus dem Krankenblatt mit Hilfe von speziell für diese Studie entwickelten Erhebungsbögen zur Aufnahme-, Entlassungs- und Katamnese Iund II-Dokumentation erfaßt. Darüber hinaus wurde bei allen Patienten ein fundierter neurologischer und psychischer Untersuchungsbefund erhoben und dokumentiert. Die klinische Diagnosestellung folgte im wesentlichen den Kriterien von ICD-10. Da durch eine Einordnung der depressiven Störungsbilder unter „organisch depressive Störung“ (F06.32) eine weitere Differenzierung depressiver Störungen nach ihrem klinischen Erscheinungsbild nicht möglich gewesen wäre, wurde primär das Erscheinungsbild der depressiven Störung der diagnostischen Einordnung zu Grunde gelegt. Dieses Vorgehen greift im Übrigen die bereits 1952 von Goldstein vertretene Grundüberzeugung einer Vergeblichkeit bzw. Unsinnig30 keit des Versuchs auf, zwischen organischen und funktionellen (d.h. konflikthaft oder neurotisch bedingten) psychischen Symptomen zu differenzieren. Die hirnorganischen Aspekte der psychischen Beeinträchtigungen wurden unter Einbeziehung der neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse separat betrachtet (vgl. 4.2.5). Die Erfassung des psychischen Befundes erfolgte darüber hinaus standardisiert im Rahmen des AMDP (s.u.). Der neurologische Befund wurde mit einem standardisierten Bogen erfaßt Darüber hinaus erfolgte eine Einschätzung des Ausmaßes der neurologischen und allgemeinkörperlichen Befundes unter Einbeziehung von Barthel-Index und NHISS (s.u.). 3.4.2.2 Erfassung des psychischen Befundes AMDP Das AMDP-System wurde von der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie zur Dokumentation psychiatrischer Anamnese- und Befunddaten entwickelt, und ermöglicht - aufbauend auf der klinischen Psychopathologie - eine weitgehende Abbildung des gesamten psychopathologischen Befundes (AMDP, 1981). Außerdem hat sich dieses Dokumentationssystem über die Erfassung von klinisch relevanten Variablen in der klinischen Routine hinaus bewährt, die Grundlage zur Untersuchung wissenschaftlich relevanter Fragestellungen gerade auch im Verlauf zu liefern (Alda et al. 1994). Die Standardisierung der Befunderhebung und –dokumentation bedingt eine weitgehende Unabhängigkeit vom jeweiligen, gezielt zu schulenden Untersucher. Beim AMDP-System wird eine Vielzahl von Informationen in einem Gespräch von ca. 30-60 Minuten erhoben. Das von uns angewandte AMDP-System zog nur den psychischen Befund in Betracht und beinhaltete 12 Befundkategorien, die einmal im Rahmen einer übergeordneten Einschätzung, aber auch differenziert in Form verschiedener Einzelmerkmale erfaßt wurden. Dabei wurde die jeweilige Merkmalsausprägung in aufsteigenden Schweregraden von „(nicht vorhanden“, „leicht“, „mittel“, „schwer“) befundet bzw. dokumentiert, wenn zu einem Punkt „keine Aussage“ möglich war. Die Reliabilität des AMDP-Systems (incl. Interrater31 Reliabilität) wird als ausreichend, die Validität als besonders gut evaluiert beschrieben (Baumann & Stieglitz 1989). 3.4.2.3 Erfassung von Depressivität Neben der Basiserfassung des psychischen Befundes durch das AMDP - auch im Hinblick auf das Vorliegen eines depressiven Erlebniswandels - wurden folgende Selbstratingverfahren zur Depressionserfassung eingesetzt. Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) Bei der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) handelt es sich um einen kurzen Selbstbeurteilungsfragebogen zur Erfassung von Depressivität und Angst. Sie wurde 1983 zum gezielten Einsatz bei Patienten somatisch-medizinischer Einrichtungen entwickelt (Zigmond & Snaith, 1983) und konnte sich mittlerweile bei Patienten der verschiedensten medizinischen Disziplinen als Screeninginstrument bewähren. Komorbiditätsstudien zeigen, daß Angst und Depression häufig gemeinsam vorliegen. Daher erfaßt der Test als Selbstratingverfahren sowohl Depression als auch Angst mit zwei Unterskalen (HADS-D-D(epression) und HADS-D-A(ngst).) Die in der vorliegenden Arbeit eingesetzte deutsche Version (HADS-D) wurde 1994 von Herrmann et al. eingeführt. Die HADS-D enthält 14 Items (je 7 pro Subskala in alternierender Abfolge) mit vierstufigen itemspezifischen Antwortmöglichkeiten (0-3) und wechselnder Schlüsselrichtung, wobei sich der Beurteilungszeitraum auf die jeweils vorangegangene Woche bezieht. Sie ist kurz und praktikabel und stellt somit eine vertretbare Patientenbelastung dar. Zur Interpretation der Ergebnisse wurden von Zigmond und Snaith drei Wertebereiche für jede HADS-Subskala angegeben, und zwar jeweils £ 7 als unauffällig, 8-10 als grenzwertig und ≥ 11 als auffällig. Die Validität dieser Cutoff-Werte muss jedoch noch als vorläufig gelten. Herrmann et al. (1994) empfehlen, den Cutoff-Index an den Kosten falsch-positiver und falschnegativer Einschätzungen zu orientieren, die sich wiederum aus dem Verwendungszweck der Skala ergeben. Die HADS-Depressionsskala (HADS-D-D) basiert auf dem Konzept einer milden sogenannten „endogenomorphen“ Symptomatik, in dessen Zentrum ein zentraler Verlust an Motivation und Lebensfreude („anhedonia“) steht. Ihre Items erfragen 32 Symptome wie Interessenverlust (D5, D7), Freudlosigkeit (D1, D2, D3, D6) und Verminderung des Antriebs (D4), die sowohl im DSM-III-R als auch im ICD-10 zu den Leitsymptomen depressiver Episoden zählen. Dabei klammert die HADSD/D Items mit subjektiven Angaben zur körperlichen Befindlichkeit bewusst aus, um eine unabhängige Erfassung der psychischen Seite zu ermöglich und eine somatische Konfundierung der Skaleninhalte zu vermeiden. Dies spricht insofern für den Einsatz der HADS-D in der vorliegenden Untersuchung, als sie ein Screeninginstrument darstellt, das sich nicht durch somatische Symptome der verdeckt depressiven Patienten „beeindrucken“ lässt und somit verdeckt depressive Störungsbilder eher nicht hinreichend abbilden kann. Aus diesem Grund scheint die HADS-D-D zur Differenzierung zwischen offen und verdeckt depressiven Patienten vor dem Hintergrund einer depressiven Diagnose besonders geeignet zu sein. Die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität des Verfahrens sind durch die schriftlich vorgegebene Instruktion sowie durch die standardisierten Auswertungs-richtlinien gewährleistet. Die Itemkennwerte weisen nach herkömmlichen Kriterien eine befriedigende und homogene Testkonstruktion der HADS auf. Die innere Konsistenz der Depressionsskala (Cronbach´s Alpha = .82) sowie die Stabilität des Verfahrens (Retest-Reliabilität von .74) sind als gut zu bezeichnen. Beck-Depressionsinventar (BDI) Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit anderen Untersuchungen zu depressiven Störungen, (auch an Patienten ohne somatische Erkrankung) wurde ergänzend das Beck-Depressionsinventar (BDI) in der Studie als weiteres, seit über 30 Jahren gut etabliertes Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung der Schwere depressiver Symptomatik und deren Veränderung eingesetzt. (Hautzinger et al., 1995). Bei dem BDI werden, keiner ätiologischen Theorie verpflichtet, typische depressive Symptome (z.B. Weinen, Traurigkeit, Appetitverlust, Schlafstörungen, Schuldgefühle, Entschlußunfähigkeit, sozialer Rückzug, Pessimismus u.a.) in Form von 21 Items zusammengefaßt erfragt. Für jedes Item wählt der Proband aus vier Aussagen in aufsteigendem Schweregrad die auf ihn während der letzten Woche zutreffendste aus. Demnach ergeben sich mögliche Summenscores für den BDI zwischen 0 und 63. Nach dem Testhandbuch (Beck et al., 1995) dür33 fen Werte unter 11 Punkten als unauffällig, im normalen Bereich liegend angesehen werden. Werte zwischen 11 und 17 Punkten sollen auf eine milde bis mäßige Ausprägung depressiver Symptome hinweisen. Als klinisch relevant gelte ein Punktwert von 18 oder mehr. Für psychiatrische Patienten finden sich Innere Konsistenzwerte (Cronbach`s alpha) des BDI zwischen .76 und .95, für nicht-psychiatrische Stichproben zwischen .73 und .92 (Beck et al., 1988). Die Validierung erfolgte durch Korrelation mit anderen Beurteilungsinstrumenten depressiver Symptomatik. Die entsprechenden Korrelationen liegen zwischen .71 und .89 . Gerade im Hinblick auf Aspekte wie den Einfluß von Selbstkritikfähigkeit, Bewältigungsmodi etc. auf die Einschätzung in Selbstratinginstrumenten wurde neben der Befunderhebung im Rahmen des AMDP auch ein Fremdrating-Verfahren zur Erfassung der Depressivität im Verlauf einbezogen. Cornell Depressionsskala (CDS) Die Cornell Depressionsskala (CDS) basiert auf der klinischen Erfahrung des depressiven Verhaltens von hirnorganisch beeinträchtigten Patienten. Probanden können dann untersucht werden, wenn sie ihre Grundbedürfnisse mitteilen können. Mittelschwere Aphasie, eingeschränktes Urteilsvermögen, Gedächtnis- oder Konzentrationsprobleme stellen keine Ausschlußkriterien dar. Die deutsche Version von Herrmann et al. (1995) wurde in den Formulierungen speziell auf Patienten mit Schlaganfall bezogen. Eine spezielle Skala für diese Patientengruppe trägt dem vielfach belegten Umstand (z.B. Beblo, Wallesch, & Herrmann, 1999) Rechnung, dass depressive Veränderungen sehr häufig nach Hirnläsionen auftreten und einen wesentlichen Faktor für die Rehabilitation darstellen. Durch die Fremdbeurteilung wird darauf Rücksicht genommen, dass Patienten mit Hirnläsionen Selbstexplorationsverfahren aufgrund ihrer kognitiven Dysfunktionen möglicherweise nicht adäquat beantworten können. Die CDS besteht aus 19 Items, die mittels eines dreistufigen Ratings beurteilt werden: 0-“nicht vorhanden“, 1-„leichtgradig“ und 2-„schwer“ sowie a-„nicht beurteilbar“. Es werden fünf Themenbereiche abgefragt: Stimmungsbezogene Auffälligkeiten (4 Items), Verhaltensauffälligkeiten (4 Items), Körperliche Zeichen 34 (3 Items), Störungen biozyklischer Funktionen (4 Items), Auffälligkeiten bezüglich der Lebenseinstellung (4 Items). Der Gesamtwertebereich liegt zwischen 0 (keine Symptome) und 38 (alle Symptome stark ausgeprägt). Nach Herrmann et al. (1995) liegt bei der CDS eine kritische Grenze für das Vorhandensein einer depressiven Veränderung bei einem Summenscore von 11 –12. Eine Differenzierung bezüglich der Depressionsdiagnose erwies sich dagegen als nicht möglich (Hautzinger et al., 1995). Die Interrater-Reliabilität ist für instruierte Rater hoch (Beck et al., 1988). Bei Hermann et al. (1995) zeigte sich eine zufriedenstellende Kriteriumsvalidität im Vergleich mit anderen Depressionsskalen sowie eine ausreichende Interne Konsistenz (Cronbach-a = .77). 3.4.2.4 Hauptzielgröße zur Erfassung des Ausmaßes der depressiven Störungen Als „Hauptzielgröße“ der Untersuchung sollte das Ausmaß der depressiven Störung im Verlauf erfaßt werden. Um sowohl dem subjektiven Erleben und der Selbsteinschätzung der Patienten als auch der Einschätzung erfahrener Untersucher von außen Rechnung zu tragen, wurde eine kombinierte Berücksichtigung von Selbst- und Fremdrating angestrebt. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des subjektiven Befindens für Krankheitserleben und Lebensqualität erfolgte eine höhere Gewichtung des Selbstrating-Instruments HADS-D-D. Vor diesem Hintergrund wurde die „Hauptzielgröße“ als eine gewichtete Summe aus den in der HADS-D-Depressionsskala und der CDS erreichten Werten nach der Formel 0.6 * HADS-D-D + 0.4 * CDS definiert. 3.4.2.5 Erfassung von Angst Zum einen erfolgte eine Fremdeinschätzung bezüglich des Vorliegens einer Angstsymptomatik im Rahmen der AMDP-Befundung (s.o.). Außerdem wurde der HADS-D eingesetzt. Dieses Selbstratinginstrument umfaßt, wie oben bereits ausgeführt, neben einer Skala zur Depressionserfassung (HADS-D-D) auch eine Skala zur Angsterfassung (HADS-D-A), die jeweils an allen Erhebungszeitpunkten mit erhoben wurde. Daneben wurde das STAI - State-Trait-Angstinventar (Laux 35 et al., 1981) als weiteres Selbstratinginstrument zur Erfassung von Angst eingesetzt. STAI - State-Trait-Angstinventar Bei diesem Fragebogen wird zwischen Angst als vorübergehendem emotionalem Zustand (State-Angst) und Angst als relativ überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal (Trait-Angst) unterschieden. Die Trait-Angstskala stützt sich auf zwanzig Feststellungen, mit denen der Proband beschreiben soll, wie er sich im allgemeinen fühlt. Die Beantwortung erfolgt ebenfalls auf einer vierstufigen Skala (von „fast nie“ bis „fast immer“). Bei der Trait-Angstskala wurden die üblichen Gütekriterien für Tests zur Messung von Persönlichkeitseigenschaften zu Grunde gelegt. Neben der Berücksichtigung der Trennschärfe stand bei der Itemselektion besonders die Beachtung der zeitlichen Stabilität der Items und ihre Insensitivität gegenüber situativen Einflüssen i m Vordergrund. Die State-Angstskala des STAI besteht aus zwanzig Feststellungen, mit denen der Proband beschreiben soll, wie er sich jetzt, d.h. in diesem Moment fühlt. Die Beantwortung erfolgt auf einer vierstufigen Skala mit Intensitätsangaben (von „überhaupt nicht“ bis „sehr“). Die innere Konsistenz liegt bei a= .90 für beide Skalen, die Retestreliabilität beträgt bei der Trait-Angstskala (nach 63 Tagen) r= .77 bis r= .90. Erwartungsgemäß niedriger fällt die Retestreliabilität für die StateAngstskala aus (r= .22 bis r= .53). 3.4.2.6 Neuropsychologische Testung und Befunderhebung Im Rahmen des Projekts galt es, die neuropsychologische Leistungsfähigkeit und deren Veränderung im Verlauf zumindest orientierend zu erfassen. In Anbetracht der ohnedies schon umfangreichen Untersuchungen konnte jedoch nur eine kurze Testung ohne Anspruch auf eine differenziertere Abbildung aller Leistungsaspekte in Frage kommen. 36 In Abstimmung mit den leitenden Neuropsychologen wurde Teilklinik übergreifend gemeinsam die weiter unten wiedergegebene Zusammenstellung von Testverfahren bzw. Untertests („Minimale Testbatterie“) zur objektiven Erfassung der kognitiver Funktionen entwickelt und bei allen Studienteilnehmern an allen Untersuchungszeitpunkten mit Ausnahme der Katamnese I durchgeführt. Bei einem Teil der Patienten erfolgte darüber hinaus während der stationären Behandlung eine ausführliche neuropsychologische Testung entsprechend dem Hirnleistungstest „HLT“ nach der Beschreibung von Poser et al. (1983), einer Gruppentestbatterie für hirngeschädigte Erwachsene, die sich aus zahlreichen Untertests gebräuchlicher Testverfahren zusammensetzt. Diese Testverfahren wurden an die Anwendung in der Gruppe angepasst und erlauben noch detailliertere Aussagen über die wichtigsten Hirnleistungsfunktionen (wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis sowie intellektuelle Leistungen); sie benötigen etwa zweieinhalb Stunden zur Durchführung. Ergänzend und aufbauend auf den Testergebnissen erfolgte bei allen Probanden ein ebenfalls weiter unten näher beschriebenes Neuropsychologisches Ratings im Sinne eines Expertenratings. Minimale Testbatterie Die „Minimale Testbatterie“ umfaßte folgende Tests bzw. Untertests: Aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP, 2. Version, computergestützt) (Zimmermann & Fimm, 1993) wurden folgende Untertests bei allen Patienten durchgeführt: • Alertness (Einfach – Reaktion mit und ohne Warnton) • Go/ NoGo (komplexe Wahlreaktion 2 aus 5 Mustern) • Geteilte Aufmerksamkeit ( visuell und akustisch - zur geteilten Aufmerksamkeit) Dieses computergestützte Testsystem wurde entwickelt, um eine differenzierte Diagnostik von Aufmerksamkeitsstörungen zu ermöglichen (z. B. Binder, 1986). Die Aufmerksamkeit von anderen kognitiven Systemen, insbesondere dem Arbeitsgedächtnis, abzugrenzen ist schwierig (z. B. Baddeley & Hitch, 1974), s o dass in der TAP zu ihrer Prüfung verschiedene Teilverfahren eingesetzt werden. Bei den drei in der vorliegenden Untersuchung eingesetzten Teilverfahren der 37 TAP wurden jeweils die Bearbeitungsgeschwindigkeiten über Median und Streuung der Reaktionszeiten unter Einbeziehung der für die verwendeten Untertests existierenden Normen in T-Werten ausgewertet. Alertness: Hierbei soll die phasische Alertness (z. B. Posner & Rafal, 1987) geprüft werden. Darunter wird die Fähigkeit verstanden, in Erwartung eines Reizes hoher Priorität das Aufmerksamkeitsniveau zu steigern und aufrecht zu erhalten (Posner & Petersen, 1990). Bei diesen Aufgaben wird die Reaktionszeit auf einen visuellen Reiz mit und ohne vorangehenden Warnton erfasst. (Hier angegeben wurde jeweils der Median über alle 80 Trials.) Geteilte Aufmerksamkeit: Die gleichzeitige Verarbeitung mehrerer Anforderungen stellt für viele Patienten ein großes Problem dar (z.B. Sohlberg & Mateer, 1989). Die klinische Relevanz bleibt somit ungeachtet der Diskussionen bestehen, die z.B. um eine Berechtigung des Konstruktes “Geteilte Aufmerksamkeit” (Brouwer, Ponds, van Wolffelaar & van Zomeren, 1989) geführt werden. In diesem Verfahren müssen gleichzeitig eine optische (Kreuze auf dem Bildschirm auf quadratische Anordnung hin untersuchen) und eine akustische Aufgabe (Unregelmäßigkeiten in einer alternierenden Tonfolge erkennen) bearbeitet werden. Go-/Nogo-Test: Durch Go-/Nogo-Aufgaben soll die Fähigkeit zur Unterdrückung einer inadäquaten Reaktion getestet werden. Probleme bei diesem Aufgabentyp wurden überwiegend mit Schädigungen im Bereich des frontalen Kortex in Zusammenhang gebracht (Lurija, 1966). In diesem Verfahren muss auf manche visuelle Reize reagiert werden, auf andere nicht. Rivermead Behaviour Memory Test RBMT Diese Testbatterie (in der Übersetzung von Beckers, Behrends und Canavan) dient der alltagsnahen und zum Teil auch verhaltensorientierten Erfassung verschiedener Gedächtnisleistungen. Die Rivermead Behaviour Memory Test RBMT (Wilson, 1992): ist auch bei ausgeprägteren Gedächtnisstörungen einsetzbar und liegt in vier Parallelversionen vor. Hier wurde das Kontextuelle Gedächtnis mit Hilfe einer kurzen Geschichte erfaßt, die frei wiedergegeben werden soll. 38 Wechsler Memory Scale- Revised (WMS-R) Aus der deutschen Version der Wechsler Memory Scale- Revised (WMS-R) (Wechsler, 1987, Härtling et al. 2000) wurden folgende Untertests eingesetzt: • WMS-R IV (Zahlen-Nachsprechen vorwärts) • WMS–R VII (abstrakte geometrische Muster aus dem Gedächtnis direkt aufzeichnen) Die WMS-R wird als diagnostisches Verfahren der neuropsychologischen Untersuchung standardmäßig eingesetzt. Mit Hilfe der WMS-R können Funktionen geprüft werden, die das Gedächtnis für verbale und figurale Reize, für bedeutungshaltiges und abstraktes Material sowie verzögerte und unmittelbare Wiedergabe beinhalten. Die WMS-R setzt sich insgesamt aus acht kurzen Untertests zusammen, wobei jeder Untertest einen unterschiedlichen Aspekt des Gedächtnisses untersucht. In der vorliegenden Untersuchung wurden zwei Untertests eingesetzt. Zahlenspanne: Dieser Untertest besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird der Versuchsperson eine Reihe von Ziffern vorgelesen, die sie anschließend vorwärts wiedergeben soll. Im zweiten Teil soll die Versuchsperson eine ihr vorgelesene Zahlenreihe rückwärts wiedergeben. Die Anzahl der Ziffern wird pro Durchgang um eins gesteigert. Im Rahmen dieser Studie wurde auf die Rückwärtswiedergabe verzichtet. Visuelle Wiedergabe I: der Versuchsperson werden kurz (10 Sekunden) einfache geometrische Figuren dargeboten, die sie anschließend aus dem Gedächtnis nachzeichnen soll. Die Figuren werden anhand der Auswertungsrichtlinien bezüglich ihrer Ähnlichkeit zur Vorlage mit unterschiedlicher Punktzahl bewertet. Zur Auswertung der einzelnen Untertests wurden die erzielten Rohpunkte in Normwerte (Prozentränge: Normbereich zwischen 16 und 84) transformiert. 39 Leistungs – Prüfsystem (LPS-K) Zur Erfassung der intellektuellen Funktionen erfolgte zum einen der Einsatz des Untertests 3 der Kurzform des Leistungs – Prüfsystem (LPS-K) (nach Horn, 1983). Hierbei wird das logisch-deduktive Denken an Hand von geometrischen Reihen, die fortgesetzt werden sollen, mit aufsteigender Schwierigkeit und einer deutlichen Speed-Komponente (Zeitschranke) geprüft Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene HAWIE-R Aus dem Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene HAWIE-R (revidiert 1991) wurden zwei Teilaufgaben eingesetzt (Tewes, 1991): - HAWIE-R Untertest Bilderordnen (induktives, problemlösendes Denken) - HAWIE-R Mosaiktest (räumlich – konstruktives Denken) (Für diese beiden Tests ohne Parallelversionen wurde aufgrund des heuristischen Anspruches entschieden, entgegen psychometrischer Gepflogenheiten die Aufgabenmenge an den einzelnen Untersuchungszeitpunkten jeweils zu halbieren und die Rohwerte miteinander zu vergleichen.) Der Untertest Bilderordnen (induktives, problemlösendes Denken) umfaßt 10 Serien mit Bildern, die kleine Geschichten darstellen. (Hier wurden die Aufgabensets abwechselnd als A/B verwendet) Die Aufgabe der Versuchsperson besteht darin, die Bilder in die richtige Reihenfolge zu bringen, wobei der Proband die Instruktion erhält, die Bilder so zu ordnen, dass sich die sinnvollste Geschichte ergibt. Das Bilderordnen erfasst nach Wechsler (1939) die Fähigkeit des Probanden, die Gesamtsituation zu verstehen und die Einzelaspekte hinsichtlich ihrer Bedeutung richtig einzuschätzen. Bei dieser Art der Konzeptbildung muss zunächst der Grundgedanke der dargestellten Geschichte richtig erfasst werden, bevor der Proband sich mit den Details systematisch auseinandersetzen kann. Nach Matarazzo (1982) misst dieser Untertest Aspekte der sozialen Intelligenz sowie die Fähigkeit, komplexe Situationen zu erfassen. Der Test erwies sich als relativ sensibel für diffuse Hirnschädigungen, wie z.B. nach einem Schlaganfall (Zillmer et al., 1992) auftreten. „Bilderordnen“ gehört zu den Standardtests zur 40 Planungsdiagnostik, indem er die isolierte Basiskompetenz „Abfolgen erkennen“ erfasst, einem wesentlichen Aspekt der Planungsfähigkeit (Fritz, 1995). Im HAWIE – R Mosaiktest (räumlich – konstruktives Denken) muß aus vier Würfeln ein vorgegebenes Muster nachgelegt werden. Hierdurch soll die räumlichkonstruktive Leistung erfaßt werden. Die komplexe Aufgabe besteht aus 9 Würfeln; das zu legende Muster ist übergreifend über die einzelnen Würfel und erfordert zusätzlich eine komplexe räumliche Analyseleistung (je Set zwei einfache, eine komplexe Aufgabe + 1 Probeaufgabe). Neuropsychologisches Rating An jedem Untersuchungszeitpunkt erfolgte über die Durchführung der oben beschriebenen „Minimalen Testbatterie“ hinaus für jeden Patienten ein „neuropsychologisches Rating“ u.a. mit der Schätzung eines Stanine-Wertes von 1 bis 9 bezüglich der Kategorien: Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Belastbarkeit/Ausdauer, Exekutive Funktionen, räumliche Funktionen, Sprachliche Funktionen und Rechnen. Dieses Rating wurde jeweils durch in der neurologischen Rehabilitation erfahrene Neuropsychologen durchgeführt. Als Grundlage dieses Ratings dienten in jedem Fall die Ergebnisse der „Minimalen Testbatterie“, ergänzt durch eine klinisch-neuropsychologische Befunderhebung im Rahmen einer ergänzenden Exploration vor und während der Testdurchführung. Dadurch galt es u.a., eine notwendige Relativierung der Standardwerte auf Erwartungswerte (z.B. bzgl. Beruf oder Schulausbildung) zu erreichen und die - bei Repräsentation der Skalen ( wie z.B. des Gedächtnis) durch nur wenige Testwerte eingeschränkte - Aussagekraft der „Minimalen Testbatterie“ zu erweitern. Darüber hinaus wurden soweit möglich bzw. vorliegend, zusätzlich die unabhängig vom Projekt gewonnenen Ergebnisse des „HLT“ nach Poser (1983) und die klinischen Beobachtungen im Verlauf einer evtl erfolgten Teilnahme an Übungsgruppen einbezogen. Neben der grundsätzlichen Problematik einer solchen subjektiven Einschätzung, bei der den Ratern das jeweilige Behandlungssetting der Patienten bekannt war (vgl. 6.6.2), ist hierbei kritisch anzumerken, dass bei diesem Teil Patienten für das Rating eine andere Informationsbasis zur Verfügung stand, als bei den ausschließlich im Zusammenhang mit dem Projekt 41 untersuchten Patienten. Diese Kenntnis kann die Bewertung der Testdaten jedoch in beide Richtungen verschieben, so dass diesbezüglich nicht von einem systematischen Trend auszugehen ist. Eine Einschätzung erfolgte darüber hinaus bezüglich der Leistungsmotivation (niedrig, angemessen, hoch), der Antriebslage (vermindert, angemessen und hoch) sowie der Fähigkeit zur Selbsteinschätzung der Patienten in Hinblick auf die kognitive Leistungsfähigkeit (Unterschätzung, realistische Einschätzung und Überschätzung). Ergänzend wurde der vermutlich psychisch bedingte Störungsanteil an den insgesamt erfaßten mental- kognitiven Funktionsstörungen gegenüber dem vermuteten somatischen begründeten Anteil in % eingeschätzt. Von einer weiteren Differenzierung des geschätzten psychischen Anteils im Hinblick auf eine evtl. „psychogene Überlagerung“ im Zusammenhang mit einer allfälligen Aggravations- oder Simulationstendenz versus unmittelbarer Folgen einer psychischen Störung (z.B. Depression) wurde abgesehen. 3.4.2.7 Erfassung der Krankheitsverabeitung Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV) Der von Muthny (1989a) entwickelte Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV) ermöglicht unter Einbeziehung von Verhalten, Kognition und Emotion eine sehr differenzierte Beurteilung der Krankheitsverarbeitungsmodi, die von Patienten in der Auseinandersetzung mit einer schweren Erkrankung und deren Auswirkungen eingesetzt werden. Muthny sieht Krankheitsverarbeitung dabei als Spezialfall von „Coping“, wobei er sich im wesentlichen an der CopingDefinition von Lazarus und Folkman (1984) sowie Heim (1986) orientiert (vgl. Abschnitt 2.1.4. im Theorieteil dieser Arbeit). Der „Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung“ kam bisher in den verschiedensten Bereichen chronischer Erkrankung zum Einsatz, u.a. bei Dialyse-, Herzinfarkt- und MS-Patienten (Muthny et al., 1992), Krebspatienten (Muthny et al., 42 1992. Auch in Therapiestudien wird der FKV eingesetzt, um etwa Wirkungen der Rehabilitation auf die Krankheitsverarbeitung zu belegen. Die Gesamtform des Instrumentes (FKV-G) umfasst 27 rational konstruierte Skalen, die sich sowohl aus neuentwickelten Skalen und Items als auch aus Skalen bekannter Verfahren wie den „Berner Bewältigungsformen“ von Heim (1986), der „Ways-of-Coping-Checklist“ von Folkman und Lazarus (1985) und dem „Streßverarbeitungs-Fragebogen“ von Janke et al. (1985) zusammensetzen. Auf dieser Basis erfolgte die Bildung einer Kurzform des FKV (FKV-LIS), die mit 35 Items zwischen fünf Krankheitsverarbeitungsmodi unterscheidet, sowie einer Langform (FKV-102). Diese in der vorliegenden Untersuchung eingesetzte Langform enthält 102 Items, die verschiedene Bewältigungsmöglichkeiten in der Auseinandersetzung mit der Erkrankung beschreiben. Jedes Item soll von den Patienten dahingehend überprüft werden, in welchem Ausmaß die jeweilige Aussage auf sie persönlich zutrifft. Je nach Instruktion beziehen sich die Patienten dabei auf die Zeit der Diagnosemitteilung oder – wie hier erfolgt - auf die vergangenen sieben Tage. Die Skalierung erfolgt über eine fünfstufige Likert-Skala von 1 = „gar nicht“ bis 5 = „sehr stark zutreffend“. Der FKV unterscheidet zwischen den folgenden 12 Krankheitsverarbeitungsstrategien: FKV 1 „Problemanalyse und Lösungsverhalten“, FKV 2 „Depressive Verarbeitung“, FKV 3 „Hedonismus“, FKV 4 „Religiosität und Sinnsuche“, FKV 5 „Misstrauen und Pessimismus“, FKV 6 „Kognitive Vermeidung und Dissimulation“, FKV 7 „Ablenkung und Selbstaufwertung“, FKV 8 „Gefühlskontrolle und sozialer Rückzug“, FKV 9 „Regressive Tendenz“, FKV 10 „Relativierung durch Vergleich“, FKV 11 „Compliance-Strategien und Arztvertrauen“, FKV 12 „Selbstermutigung“. Die Summenscores der Krankheitsverarbeitungsstrategien ergeben sich durch Addition der Rohwerte der jeweils zugehörigen Items. Um die Krankheitsverarbeitungsstrategien miteinander vergleichen bzw. Krankheitsverarbeitungsprofile erstellen zu können, wurden in der vorliegenden Untersuchung itemstandardisierte Summenscores gebildet. Die Langform des FKV stellt mit ihren 102 Items zwar eine nicht zu vernachlässigende Patientenbelastung dar, dennoch wurde sie in dieser Studie der Kurzform FKV-LIS vorgezogen. Mit ihrer Hilfe kann zum einen ein wesentlich breiteres 43 Spektrum kognitiver, emotionaler und handlungsbezogener Verarbeitungsmodi erfasst werden, was im Hinblick auf die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung von großer Bedeutung ist. Zudem überzeugt die Langform durch eine bessere testtheoretische Fundierung. Ihre interne Skalenkonsistenz entspricht den in der klassischen Testtheorie formulierten Ansprüchen (Cronbach-Alpha zwischen .69 und .94), und die Skalen sind aufgrund ihrer faktorenanalytischen Entwicklung statistisch weitgehend unabhängig. Aufgrund der bisher vorliegenden Ergebnisse kann auch die inhaltliche Validität sowie die Konstruktvalidität als gut bis befriedigend beurteilt werden. Fragebogen zur Erhebung von Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit (KKG) Neben dem FKV wurde der Fragebogen zur Erhebung von Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit KKG eingesetzt. Der KKG dient der Erhebung von Kontrollüberzeugungen über Krankheit und Gesundheit. Ausgehend von bereits existierenden anglo-amerikanischen Fragebögen werden drei wesentliche gesundheits- bzw. krankheitsbezogene Kontrollüberzeugungen unterschieden (Lohaus, 1989): • Internalität (KKG-I ) - die Überzeugung, daß Gesundheit und Krankheit durch die eigene Person kontrollierbar sind, • Soziale Externalität (KKG-P) - die Überzeugung, daß sie durch andere, außenstehende Personen, z.B. Ärzte, Pflegepersonal, Bezugspersonen, kontrollierbar sind, • Fatalistische Externalität (KKG-C) - die Einstellung, daß sie nicht kontrollierbar sind (Zufalls- bzw. Schicksalsabhängigkeit des eigenen Gesundheitszustandes). Zu jeder dieser drei Dimensionen enthält der KKG 7 Items, die mittels einer sechsstufigen Likert-Skala zu beantworten sind. Die Retest-Reliabilitäten der drei Dimensionen liegen zwischen .66 und .78. Die inneren Konsistenzen der einzelnen Unterskalen liegen zwischen .64 und .77. 44 3.4.2.8 Weitere standardisierte und klinische Erhebungen Zusätzlich zu den unter 4.1 genannten Vorgehen erfolgte eine Einschätzung des Ausmaßes der neurologischen und allgemeinkörperlichen Befundes unter Einbeziehung von Barthel-Index und NHISS (s.u.). Barthelindex (BI) Beim Barthelindex handelt es sich um einen in der klinischen Routine weitverbreiteten Index zur Erfassung der Alltagsfunktionen. nach Schlaganfall (und anderen Erkrankungen) auf einer Skala von 0-100 Punkten, um so den Grad der Unabhängigkeit von Hilfe durch Außenstehende zu beeurteilen (Mathoney et al., 1965). Die National Institute of Health (NIH) Stroke Scale (NIHSS) Die National Institute of Health (NIH) Stroke Scale NIHSS ist eine in wissenschaftlichen Studien breit eingesetzte Skala, um neurologische Ausfälle nach Schlaganfall in ihrer Ausprägung zu erfassen. Dabei werden Bewußtseinslage, Pupillenreaktion, Blickbewegungen, Gesichtsfeld, Motorik, Sensibilität, Vorliegen einer Ataxie, eines Neglects, einer Dysarthrie oder Aphasie beurteilt. Der Ergebnisbereich der 15 Items liegt zwischen 0-36; je höher die Punktzahl, desto schwerer die physischen Folgen des Schlaganfalls (Brott, 1989). Die Skala weist eine ausreichende Validität (vgl. Masur, 2000) auf. Die Inter-Rater-Reliabilität liegt für die einzelnen Items zwischen 0,49 und 0,95) (Hantson et al., 1994). WHOQOL-BREF Der in der vorliegenden Untersuchung verwendete WHOQOL-BREF - World Health Organization Quality of Live soll die subjektive Lebensqualität erfassen. Dabei wird Lebensqualität als „die individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation im Kontext der jeweiligen Kultur und des jeweiligen Wertesystems und in Bezug auf die eigenen Ziele, Erwartungen, Beurteilungsmaßstäbe und Interessen" definiert (Angermeyer et al., 2000). Der WHOQOL-BREF besteht aus 26 Items, welche die folgenden Dimensionen erfassen: „Physisches Wohlbefinden“, 45 „Psychisches Wohlbefinden,“ „Soziale Beziehungen“und „Umwelt“. Diese sind in vier Domänen physisch, psychisch, soziale Beziehungen und Umwelt zusammengefasst. Der Wertebereich jedes Items liegt bei 1 bis 5, aus denen der Proband die auf ihn derzeit zutreffendste auswählen soll. Darüber hinaus umfaßt der WHOQOL-BREF eine Gesamtskala, die sich aus der Summe der Einzeldomänen ergibt. Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Subskalen des WHOQOLBREF liegt zwischen .57 und .88. Für den WHOQOL-BREF liegen altersgestaffelte Normwerte für den Altersbereich von 18 bis über 85 Jahre vor. Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI) Das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-A1) ist ein faktorenanalytisches und itemmetrisch begründetes Persönlichkeitsverfahren. Die in unserer Studie eingesetzte Testform FPI-A1 (als geringfügig modifizierte Fassung der bisherigen häufig verwendeten Parallelform A des FPI) umfaßt 114 Items, die sich zu folgenden Skalen zusammensetzen: FPI-1: Nervosität, FPI-2: Spontane Aggressivität, FPI-3: Depressivität, FPI-4: Erregbarkeit, FPI-5: Geselligkeit, FPI-6: Gelassenheit, FPI-7: Reaktive Aggressivität / Dominanzstreben, FPI-8: Gehemmtheit, FPI-9: Offenheit. Außerdem beinhaltet diese Testform die zwei Sekundärskalen Extraversion (FPI-E) und Emotionale Labilität (FPI-N) im Sinne Eysencks sowie FPI-M im Sinne einer männlich/weiblichen Selbstschilderung. Die Skalen geben relevante Konzepte in den Selbstbeschreibungen der Durchschnittsbevölkerung mit hoher interner Validität wieder und sind durch zahlreiche empirische Validierungshinweise belegt. Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Skalen liegt zwischen = .73 und = .83. Die interne Validität ist durch die Konvergenz von faktorenanalytischen und itemmetrischen Analysen sowie durch konfirmatorische Clusteranalysen gesichert. Die empirische Validität ist u.a. durch die Korrelation mit Selbst- und Fremdeinstufungen, mit anderen Persönlichkeitsfragebogen und Statusmerkmalen belegt. Für unsere Untersuchung wurde auf Normwerte zurückgegriffen, die bezüglich des Geschlechts und vier verschiedener Altersgruppen differenzieren (Fahrenberg et al., 1989). 46 Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV) Die Veränderung wird beim VEV - Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens durch eine retrospektive Befragung mit Hilfe von 42 Veränderungsfragen erfasst. Der Fragebogen eignet sich vornehmlich zur Kontrolle der Wirksamkeit von Psychotherapien und zur Erhebung von Langzeiteffekten, um die Stabilität möglicher Änderungen zu kontrollieren. Er ist ein Test zur quantitativen Einschätzung der subjektiv wahrgenommenen Veränderungen im Erleben und Verhalten, der sich für Verlaufsuntersuchungen an einzelnen Probanden oder Probandengruppen eignet. Der Gesamt-Testwert macht eine Aussage darüber, in welcher Richtung und mit welcher Stärke sich ein Proband nach einer abgeschlossenen Therapie oder einem vorgegebenen Zeitraum in seinem Verhalten oder Erleben verändert hat (Zielke et al., 1978). Erwartungsgemäß hat der Test eine geringe Retestreliabilität von .61, da er der Erfassung eines fluktuierenden Merkmals dient. Fragebogen zur Messung der Psychotherapiemotivation (FMP) Die Psychotherapiemotivation stellt das Resultat unterschiedlicher affektiver und kognitiver Prozesse dar, die zueinander in einer komplexen Wechselwirkung stehen. „Diese stark affektiv besetzten Aspekte führen dazu, daß der Patient ein Interpretationsmuster über den Verursachungszusammenhang seiner Störung herausbildet.“ (Schneider et al., 1989). Die verschiedenen Aspekte der Psychotherapiemotivation werden im FMP - Fragebogen zur Messung der Psychotherapiemotivation über vier Subskalen operationalisiert: FMP 1- Krankheitserleben (Leidensdruck und Krankheitsgewinn), FMP 2 -Laienätiologie, FMP 3 – allgemeine Behandlungserwartungen und –einstellungen, FMP 4 – Erfahrungen mit psychotherapeutischen Behandlungsmodellen. Diese vier Subskalen umfassen insgesamt 47 Items. Diese sind Feststellungen, die vom Probanden mittels einer fünfstufigen Ratingskala („stimmt uneingeschränkt“ bis „stimmt überhaupt nicht“) eingeschätzt werden sollen. Darüber hinaus beschreibt der Summenscore FMP Gesamt die Gesamt-Psychotherapiemotivation. 47 Der FMP ist einsetzbar zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen initialer Behandlungsmotivation und Psychotherapieffekten sowie für die Analyse des Entwicklungsverlaufs der Psychotherapiemotivation im Therapieprozeß und zur Erhebung der Behandlungsmotivation bei Patienten mit unterschiedlichen soziodemographischen Merkmalen. Die Retestreliabilität der einzelnen Subskalen liegt zwischen .67 und .96, die Retestreliabilität für die Gesamtskala ist .86. Qualitätssicherungsprogramm der LVA Baden-Württemberg (Reha-Note) In Abstimmung mit dem Rehahilitationswissenschaftlichen Forschungsverbund Ulm erfolgte der Einsatz von Teilaspekten des Qualitätssicherungsprogramms der LVA Baden-Württemberg (Eisele, 2000; Kaluscha, 2000), die für Patienten i m Bereich der Neurologischen Rehabilitation sinnvoll übertragbaren schienen. Dabei wurden u.a. die Patienten selber und die jeweils zuständigen Ärzte aufgefordert, an allen Untersuchungszeitpunkten eine Gesamteinschätzung des Gesundheitszustandes an Hand einer 6-stufigen Skala (in Analogie zu Schulnoten) abzugeben, die wir in der Folge mit Reha-Note-P (für die Patienteneinschätzung) bzw. Reha-Note-A (Arzteinschätzung) bezeichnen. Ergänzend erfolgte im Rahmen der jeweiligen ausführlichen Exploration und klinischen Untersuchung durch die beiden Projektleiter an allen Untersuchungszeitpunkten (Aufnahme, Entlassung und Katamnese II) eine Einschätzung bezüglich der klinischen Merkmale: Vorliegen eines „Typus melancholicus Tellenbach“ und einer „Forcierten Bewältigungshaltung“ sowie – angeregt durch präliminare klinische Beobachtungen - einer nur scheinbar stabilen affektiven Verfassung mit abruptenStimmungsschwankungen. Typus melancholicus (H. Tellenbach, 1961) Mit dem Typus melancholicus Tellenbach (zitiert nach Peters, 1990) werden charakteristische Persönlichkeitszüge erfaßt, wie sie nach Tellenbach gehäuft bei Patienten mit depressiven Störungen vom so genannten endogenen Prägnanztyp vorkommen. Grundzug der Persönlichkeit ist ein Festgelegtsein auf Ordentlich48 keit. Im Arbeitsleben herrschen Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Pflichtbewußtsein und Solidität. Die persönlichen Beziehungen werden ordentlich, d.h. frei von Störungen, Reibungen, Konflikten, insbesondere von Schuldhaftem in jeglicher Form gehalten. In den Beziehungen zu Vorgesetzten und Kollegen herrschen Treue, Dienstwilligkeit und Hilfsbereitschaft. Es besteht ein überdurchschnittlich hoher Anspruch an das eigene Leisten in Quantität und Qualität und eine überdurchschnittliche Empfindlichkeit des Gewissens, das auf Vermeidung von Schuld bedacht ist. Es besteht ein Sich-Einordnen, ein Sich-Einschließen in die Grenzen der Ordnung (Inkludenz) und ein Darin-Zurückbleiben (Remanenz). Forcierte Bewältigungshaltung Die Konzeption einer Forcierten Bewältigungshaltung zielt auf eine nach unseren Erfahrungen im klinischen Alltag der neurologischen Rehabilitation besonders relevante und oft beobachtete akzentuierte Copingstrategie. Diese stellt den Versuch dar, eine körperliche oder psychosoziale Belastung durch Fokussierung auf die eigenen Stärken und aktive Negation eigener (psychischer) Bedürftigkeit in den Griff zu bekommen. Als Merkmale lassen sich insbesondere eine vermehrte psychophysische Aktivität und Rastlosigkeit beobachten. Eine regelrecht „alexithyme“ innere Wahrnehmung (existentielle Angst) geht mit einer Tendenz zur Somatisierung einher, Erleben und Handeln scheinen von dem Bestreben bestimmt, einem (erlebten oder drohenden) Kontrollverlust entgegen zu wirken. In der Interaktion zeigt sich ein Drängen nach Autonomie (Autarkie) bei gleichzeitiger Forderung nach instrumenteller Unterstützung. Abrupte Stimmungsschwankungen Mit diesem Parameter zur Kennzeichnung einer nur scheinbar stabilen affektiven Verfassung mit abrupten Stimmungsschwankungen sollten schließlich diejenigen Patienten erfaßt werden, bei denen es zu plötzlichen, kurzen, (manchmal sogar nur Minuten anhaltenden) aber durchaus erheblichen Stimmungsschwankungen kommt, die sich aus über längere Intervalle ausgeglichener Stimmungslage heraus manifestieren. Diese werden nach unserer Erfahrung bei Ausbleiben einer zielgerichteten Exploration leicht übersehen und oft erst bei direktem Ansprechen des Schlaganfallereignisses und der damit einher gehenden 49 existentiellen Verunsicherung bzw. der daraus noch resultierenden Defizite offenbar. 50 3 .5 P r o je k t ve r l a u f Bei der Implementierung des Forschungsprojektes wurde Wert darauf gelegt, organisatorische und klinische Routinen zu verbessern – sowohl in Hinblick auf die Patientenversorgung wie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Außerdem wurden weitere Forschungsinteressen angestossen. Im Verlauf des Projektes wurden so u.a. Diplomarbeiten zu folgenden Themenbereichen durchgeführt bzw. mitbetreut: Krankheitsverarbeitungsstrategien bei Schlaganfallpatienten und ihre Bedeutung für das Auftreten offener und verdeckter Erscheinungsformen depressiver Störungen, Sexuelles Erleben und Verhalten in Folge abrupt auftretender neurologischer Schädigungen, Einfluß der Religiosität (nach dem Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV)) bei Patienten mit depressiven Störungen nach Schlaganfall und Posttraumatische Belastungsstörung bei Patienten mit Schädelhirntrauma. Darüber hinaus ist eine Dissertation zu den Neuropsychologischen Aspekten der Studie in Arbeit (J. Bösch). Eine zweite Dissertation wird sich mit dem Thema Verdeckter depressiver Störungen beschäftigen (M. Petrovici). Der Projektverlauf wurde durch zwei kostenneutrale Verlängerungen der Laufzeit variiert. Ein erster Verlängerungsantrag erfolgte bereits 04/1999 – er wurde damals aus formalen Gründen erforderlich, weil das Projekt erst mit einer Verzögerung am 01.01.1999 beginnen konnte. Dieser verzögerte Studienbeginn war wesentlich durch die Schwierigkeit bedingt, geeignete Mitarbeiter für das Projekt zu gewinnen. Im weiteren Verlauf erfolgte darüber hinaus - inhaltlich begründet - eine kostenneutrale Verlängerung der Projektlaufzeit bis zum 30.04.2002. Dadurch konnte der (Katamnese II-)Erhebungszeitpunkt bis Ende Februar 2002 ausgeweitet und eine größere Patientenzahl katamnestisch erfaßt werden. Erhebliche Anstrengungen wurden durch das jeweils kurzfristige Ausscheiden der anfänglichen Projektmitarbeiter erforderlich. Neben persönlichen Gründen spielten dabei die knappe Stellenausstattung und die hohe Arbeitsbelastung eine wesentliche Rolle. Nach Ausscheiden dieser beiden Projektmitarbeiter konnten als Nachfolge zum 01.01.00 Frau Mag. rer. nat. Judith Bösch als wissen51 schaftliche Mitarbeiterin und zum 22.05.00 Frau Dipl.-Psych. Manola Petrovici als wissenschaftliche Hilfskraft gewonnen werden. Die aufgetretenen Lücken konnten durch einen vermehrten Einsatz der klinisch tätigen Projektmitglieder ausgeglichen werden Eine inhaltliche Veränderung ergab sich daraus, dass sich die ursprünglich vorgesehene Differenzierung zwischen regulärer stationärer Rehabilitation, stationärer Rehabilitation im Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie und teilstationärer Rehabilitation nur ungenügend realisieren ließ, weil sich die Rekrutierung geeigneter Patienten im teilstationären Bereich als unlösbares Problem erwies. Es blieb unklar, weshalb sich teilstationär so wenig Patienten finden ließen, welche die Einschlusskriterien der Studie erfüllten. Trotz eigener Anstrengungen und trotz des Engagements der LVA Württemberg, die auf unser Bitten unterstützend tätig geworden ist, blieb die Zahl bis Anfang 2000 s o niedrig, daß für den teilstationären Bereich nicht mit einer hinreichend großen Stichprobe zu rechnen war. Vor diesem Hintergrund wurden in Abstimmung mit Prof. Gaus und Mitarbeitern, dem Forschungsverbund Ulm und dem DLR die Erhebungen in diesem Bereich eingestellt. Eine weitere Änderung betrifft die katamnestischen Untersuchungen. Nachdem die ersten Erfahrungen mit Katamnese-I-Untersuchungen deutlich gemacht hatten, daß die Belastung durch zwei eng aufeinanderfolgende Nachuntersuchungen den meisten Patienten zu groß ist, wurde der Umfang der Erfassung nach 6 Monaten. zur Sicherstellung der Compliance für die uns vorrangig wichtige EinJahres-Katamnese II und zur Vermeidung von drop-outs in Abstimmung mit den beratenden Statistikern reduziert - auf eine telefonische Erhebung wesentlicher medizinischer Verlaufsdaten sowie eine schriftliche Befragung mit den vorgesehenen Selbstbeurteilungsinstrumenten. Die psychiatrische Nachuntersuchung und persönliche neurologisch- neuropsychologische Testung erfolgte weiterhin im Rahmen der Katamnese II nach einem Jahr. Im Verlauf der Studie wurde schließlich ein mögliches Mißverständnis deutlich. Offenbar konnte der gewählte Projekttitel zu der Annahme führen, die zentrale 52 Fragestellung unserer Untersuchung bestehe in dem Vergleich stationärer und teilstationärer Rehabilitationsmaßnahmen. Tatsächlich war bei dem Projekt von Anfang an jedoch klar, daß ein Vergleich der drei Studiengruppen aufgrund der fehlenden Randomisierbarkeit nur sehr eingeschränkt möglich sein würde. Vor dem Hintergrund unvollständiger wissenschaftlich fundierter Vorinformationen über die Gewichtung und Wechselwirkung einzelner Patienten-, Krankheits- und verlaufsbezogener Merkmale war die Studie vielmehr darauf angelegt, den Einfluß dieser Merkmale / Merkmalsmuster auf den Behandlungs- und Rehabilitationsverlauf erfassen und darüber Auskunft geben, welche therapeutischen Maßnahmen bei psychischen Störungen nach Schlaganfall angezeigt sind und welche Faktoren prognostisch richtungsweisend sind. Die Art des Behandlungskontextes stellte dabei nur einen der vielen erhobenen möglichen Einflüsse dar, deren Relevanz insbesondere in Hinblick auf die Hauptzielgröße – Ausmaß und Verlauf depressiver Störungen – durch multivariate regressionsanalytische Auswertungen erst noch zu prüfen war. 53 3 .6 D a t e n e i ng a b e , Q ua li tä ts s i c h e r un g un d Da te n s c h ut z Die Datenerfassung und Datenverwaltung wurde mit der handelsüblichen Hardund Softwaretechnologie vorgenommen, welche im Verbundantrag zur ersten Förderphase (Forschungsverbund Ulm, Bausteine der Reha) eingehend beschrieben ist. Die Erfassung der Studiendaten erfolgte studienbegleitend durch die Projektmitarbeiter in den Kliniken Schmieder. Zur Dateneingabe wurde speziell für diese Studie von einem Studienmitarbeiter eine Access-Datenbank entwickelt. Vor der Eingabe fand eine Kontrolle auf fehlende Werte und auf Plausibilität statt. Nach der Datenerfassung erfolgte eine erneute Kontrolle im Hinblick auf Implausibilitäten und fehlende Werte, die baldmöglichst ergänzt bzw. bereinigt wurden. Die geprüften Daten wurden in anonymisierter Form an die Abt. Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm zur Konvertierung des AccessDatenformates in ein SPSS-lesbares Datenformat weitergegeben. Die zentrale Datenhaltung erfolgte in anonymisierter Form auf dem Server des Forschungsinstitutes für Rehabilitationsmedizin der Universität Ulm. Diese zentrale Datenbasis steht den Forschungsteilnehmern zur Verfügung, ohne dass Rückschlüsse auf personenbezogene Patientendaten möglich sind. Das Vorgehen bei Datenerhebung, Datenspeicherung und Datenbearbeitung wurde in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten der LVA Württemberg und dem Datenschutzbeauftragten der BfA Berlin festgelegt. 54 3 .7 A us w e r t e v e r fa hr e n u nd s ta ti s t is c h e Me th od e n In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm (unter Leitung von Herrn Prof. Dr. W. Gaus) wurde (nach einer Einführung durch Mitarbeiter dieser Abteilung) die Auswertung der Daten vorrangig durch die Projektmitglieder selber in Konstanz durchgeführt. Dabei erfolgte eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Abteilung von Herrn Prof. Gaus, z.T. im Rahmen persönlicher Treffen, z.T. telephonisch bzw. über Internet. Die Daten wurden in Anlehnung an bestimmte Fragestellungen aus der Access Datenbank exportiert. Die statistische Analyse erfolgte mit dem Programm SPSS für Windows in der Version 9.0. Es wurde entsprechend des explorativen Charakters der Studie sowie im Hinblick auf Komplexität und Umfang des erfassten Datenpools als wesentlicher Bestandteil der (bisherigen) Auswertungen im Rahmen dieses Projektes eine detaillierte deskriptive Statistik der erhobenen Daten erstellt. Diese Ergebnisse werden in wesentlichen Teilen (Mittelwerte und Standardabweichungen) im Ergebnisteil dargestellt. Für die weitere Analyse von Mittelwertunterschieden wurden verschiedene der jeweiligen Situation angepasste Verfahren verwendet. So war es zum einen von Interesse, die Patienten der zwei Therapiebereiche, AN und PN zu einem bestimmten Zeitpunkt miteinander zu vergleichen (Querschnittvergleich zwischen den Gruppen), zum anderen aber auch die Entwicklung bestimmter Merkmale innerhalb der einzelnen Behandlungsgruppen, bzw. der Gesamtpopulation über einen Zeitraum hinweg zu untersuchen (Längsschnittvergleiche im Verlauf). Aufgrund der gegebenen Datenstruktur wurden überwiegend parametrische Testverfahren angewendet. Es erfolgte zuvor (zumindest bei den tTests) eine Prüfung auf Varianzhomogenität (Levene-Test). Obgleich möglicherweise nicht für alle Variablen die Kriterien der Normalverteilung und Varianzhomogenität erfüllt waren, geht man nach dem zentralen Grenzwerttheorem davon aus, dass bei hinreichend großen Stichprobenumfängen (n+n>50) die Differenzen der Stichprobenmittelwerte als normalverteilt gelten (Bortz, 1999). Die Varianzinhomogenitäten wurden durch die Angabe der Signifikanzwerte für ungleiche Varianzen (Levene-Test) berücksichtigt. 55 So kam als parametrisches Verfahren beim Vergleich zwischen den Gruppen der t-Test für Parallelgruppen (für unabhängigen Stichproben) zur Anwendung. Veränderungen im Verlauf bei stetigen Variablen wurden mit gepaarten t-Tests gerechnet. Dieses Verfahren wurde für den Vergleich der Daten der AN, der PN und der Gesamt zu unterschiedlichen Messzeitpunkten, d.h. dem Querschnitt (Aufnahme, erste Katamnese, zweite Katamnese) verwendet. Für den Längsschnittvergleich innerhalb einer Gruppe, d.h. die Auswertung der Verlaufsdaten einer bestimmten Gruppe von einem Untersuchungszeitpunkt zum nächsten Untersuchungszeitpunkt, wurden Tests verwendet, die berücksichtigen, dass die zu vergleichenden Beobachtungen jeweils von derselben Untersuchungseinheit stammen (abhängige Beobachtungen). Für diesen Vergleich zwischen den Zeitpunkten wurden ebenfalls parametrische Verfahren verwendet. Die Auswahl der Testverfahren erfolgte ferner in Abhängigkeit vom vorhandenen Skalenniveau der Variablen. Beim Vergleich von diskreten abhängigen Merkmalen (z.B. ”ja/nein”-Antworten im Katamnesebogen) kam der McNemar-Test zur Anwendung. Bei stetigen abhängigen Variablen (z.B. Scores in den psychometrischen Testverfahren) hingegen wurde der t-Test für Wertepaare eingesetzt. Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren Merkmalen wurden durch Korrelationsanalysen ermittelt. Die Korrelationskoeffizienten wurden jeweils in Abhängigkeit vom vorliegenden Skalenniveau ermittelt. Für kardinalskalierte (d.h. intervall- oder absolutskalierte) Merkmale wurden Korrelationskoeffizienten nach Pearson, für ordinalskalierte Merkmale Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman gerechnet (Bamberg, 1993). Zur Untersuchung der Vorhersagefähigkeit einzelner Parameter auf die Outcomevariablen (D Hauptzielgrösse bei Entlassung und Katamnese II) wurden lineare Regressionsanalysen durchgeführt (für eine detaillierte Beschreibung des Vorgehens zur linearen Regression siehe 4.3). Im Rahmen der Auswertung galt es als erstes, die in die Studie aufgenommenen Patienten zu beschreiben und die Zusammensetzung der Patientengruppen in den beiden Behandlungssettings zu vergleichen (AN und PN). 56 Die erhobenen Daten wurden zuerst mit Hilfe deskriptiver graphischer und statistischer Methoden ausgewertet. Ziel dieser Vorab-Sichtung der Gesamtdaten war neben einer ersten Information über deren Verteilung und Relevanz die Erfassung der zu erwartenden Abhängigkeiten zwischen den einzelnen durch die Erfassungsinstrumente bestimmten Einflussgrößen. Diese Ergebnisse sollten als Grundlage für einer gezielten Eingrenzung auf wenige Kernparameter oder Parametergruppen (und entsprechende Erfassungsinstrumente) bezüglich der weiteren Auswertung dienen. Unter Berücksichtigung der knappen personellen Kapazitäten sowohl bei dem Projekt vor Ort als auch in der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm musste auf die Durchführung dieser Zwischenauswertung und Parameterselektion im ursprünglich geplanten Umfang verzichtet werden. Im Ergebnis erfolgte eine sehr umfangreiche Datenerhebung und erfassung bis zum Abschluss der Studie. Dementsprechend liegt jetzt ein umfassender Datenpool zur Beschreibung des komplexen Untersuchungs- gegenstands vor, der über die Auswertungen im Rahmen dieses Projektes hinaus zukünftig weiteren Auswertungen als Grundlage dienen kann. Zur Klärung des Einflusses der ausgewählten Parameter sowie der Art des Therapiesettings insbesondere auf die Hauptzielgröße - Ausmaß und Verlauf depressiver Störungen - wurden multiple regressionsanalytische Auswertungen angewandt. Dieser Ansatz könnte im weiteren Verlauf der bei weitem noch nicht abgeschlossenen Auswertung des umfangreichen Datenpools auch sinnvoll sein, um Confounding zu eliminieren, da zu erwarten ist, dass sich die Behandlungsgruppen AN und PN in mehrfacher Hinsicht unterscheiden. Vorrangig ging es in diesem ersten Projekt jedoch – wie bereits erwähnt - um eine explorative Datenanalyse mit deskriptiv-statistischen Methoden. Die Auswertung folgte der ”full sample analysis” Regel, d.h. auch Studienabbrecher gingen in die Auswertung ein. Da der Anteil der Patienten, die nicht vollständig nach Studienplan behandelt und beobachtet werden konnten, über 10% der aufgenommenen Patienten lag, wurde zusätzlich für Parameter von zentraler Bedeutung ”according to protocol” ausgewertet, d.h. nur die ordnungsgemäß be57 handelten und beobachteten Patienten gingen in diese ergänzende Auswertung ein. Darüber hinaus erfolgte ein (deskriptiver) Vergleich der jeweiligen Drop-outPatienten mit der Gesamtpopulation, um mögliche systematische Abweichungen ausschließen bzw. erfassen zu können (vgl. Kapitel 4.2.9). 58 4 E RGEBNISSE 4 .1 P a t ie nt e n r e k r ut ie r u ng u nd d e m og r a ph is c h e Da te n Patientenrekrutierung Die Patientenrekrutierung erfolgte von Juni 1999 bis Juni 2001. Die bei Konzeption der Studie vorgesehene Einbeziehung von Patienten des teilstationären Behandlungsrahmens ließ sich aufgrund unüberwindbarer Rekrutierungsschwierigkeiten nicht realisieren (siehe dazu 3.5) Insgesamt wurden nach der Aufnahmeuntersuchung 516 Schlaganfallpatienten als potentiell für die Studie in Frage kommend benannt. Von diesen erfüllten 395 die unter 3.3.1 aufgeführten Ein- und Ausschlußkriterien (76,6%) und wurden jeweils von einem erfahrenen Facharzt im Rahmen einer ausführlichen Exploration und klinischen Untersuchung gesehen. Bei 299 dieser Patienten lag nach der klinischen Einschätzung eine depressive Störung nach ICD 10 vor (75,7%), so dass sie die Voraussetzungen für eine Teilnahme an der Studie erfüllten. 265 dieser Patienten gaben ihr schriftliches Einverständnis zur Studienteilnahme (88,7%). Aus dem Bereich AN konnten 193, aus dem Bereich PN 72 Patienten in die Studie aufgenommen werden. Demographische Daten Von den 265 in die Studie aufgenommenen Patienten waren 56,6% Männer, 43,4% Frauen. Das Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 27,57 und 80,05 Jahren mit einem Durchschnittswert von 54,7 Jahren. Diesbezüglich ergab sich kein belangvoller Unterschied zwischen den Therapiebereichen. Auch im Hinblick auf Alter und Bildungsniveau, Familienstand, dem beim Schlaganfall betroffenen Gefäßgebiet, der Hemisphärenseite sowie der Lokalisation (Vgl. Tabellen A1-A7 im Anhang 8.1) fand sich kein Unterschied zwischen den Patientengruppen in den zwei ververschiedenen Behandlungssettings. 59 Bezüglich der Art des Schlaganfalls erlitten 75,6% im Vorfeld einen ischämischen Hirninfarkt, 12,4 % eine intrazerebrale Blutung und 11,6 % eine Subarachnoidalblutung (8,0% mit Hirnbeteiligung, 3,6% ohne bildgebend faßbare Hirnläsion). In 35,4% waren alleine die linke, in 54,2% die rechte, und in 9,4% beide Hemisphären betroffen. Bezüglich der Schlaganfallart fand sich ein mit p=0,07 signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings mit einer in PN höheren Zahl sowohl von intrazerebralen Blutungen (18,6% in PN, 10,2 in AN) als auch von Subarachnoidalblutungen (17,0% in PN, 9,6% in AN). Zum Aufnahmezeitpunkt waren 146 Patienten (60,3%) noch nicht berentet, 48 (19,8%) kamen arbeitsfähig. Von den 96 (39,6%) bereits berenteten Patienten befanden sich 50 (20,6 %) in Altersrente, 9 (3,7 %) bezogen eine Berufsunfähigkeits- bzw. Teilrente, 37 (15,3 %) eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei 24 der berenteten Patienten handelte es sich nur um eine Rente auf Zeit, so dass auch bei diesen Patienten die sozialmedizinische Frage bei Aufnahme in die Studie noch nicht abschließend entschieden war. Das Schlaganfallereignis lag bei Aufnahme im Durchschnitt 2,52 Jahre zurück (zwischen 1 Woche und 24 Jahren). Bezüglich des durchschnittlichen Intervalls zwischen Schlaganfall und Aufnahme (2,47 Jahre im Bereich AN, 2,65 Jahre i m Bereich PN) ergab sich kein signifikanter Unterschied. Dennoch fanden sich Hinweise auf einen höheren Chronifizierungsgrad im Bereich PN bzw. einen größeren Anteil von Patienten mit frischeren Schlaganfällen im Bereich AN. So zeigte sich in AN bei einem AHB-Anteil von 29,0% gegenüber 4,2% in PN ein signifikanter Unterschied (p<0,001) dahingehend, dass offenbar dort mehr Patienten mit frischen Schlaganfällen behandelt werden. Dagegen lag der Anteil von Krankenhausbehandlungen mit 9,7% in PN gegenüber nur 3,1% in AN im psychotherapeutischen Bereich höher. Diese erfolgen in PN ausnahmslos im Hinblick aus eine schwerpunktmäßig psychische bzw. psychosomatische Akutbehandlungssituation. Bei den restlichen stationären Behandlungen handelte e s sich um reguläre Heilverfahren zur medizinischen Rehabilitation (AN 67,9%, PN 86,1%). (siehe Tabelle 3). 60 Tabelle 3: Art der stationären Behandlung Therapiebereiche Art der Behandlung AN PN % % (n=193) (n=72) Krankenhausbehandlung 3,1% 9,7% (6) (7) AHB 29,0% 4,2% (56) (3) HV stationär 67,9% 86,1% (131) (62) 61 Gesamt % (=265) 4,9% (13) 22,3% (59) 72,8% (193) Sign. p<0,001 4 .2 K li ni s c he u nd i ns tr um e n te ll e Un te r s uc hu ng be fu nd e in d e n T he r a pi e b e r e i c h e n b e i A uf na hm e un d im V e r la uf 4 .2 .1 Allge m e ink ör pe r lic he r und ne ur ologis c he r Be fund Allgemeinzustand Bezüglich des Allgemeinzustandes fand sich bei Aufnahme kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen. In AN wurde der Allgemeinzustand bei 74%, in PN bei 80% als unauffällig, in AN bei 24%, in PN bei 20 % als mäßig reduziert und nur bei 3 Patienten, 1,8% in AN als stark reduziert angegeben. Im Verlauf der stationären Behandlung kam es in beiden Bereichen eher zu einer Besserung des Allgemeinzustandes. So war dieser bei Entlassung bei keinem Patienten verschlechtert. Bei 19,8% der Patienten in AN bzw. 25% in PN kam es währenddessen zu einer diesbezüglichen Verbesserung, bei dem Rest blieb der Allgemeinzustand unverändert. Im weiteren Verlauf blieb bei der überwiegenden Zahl der Patienten der Allgemeinzustand stabil (Katamnese I: AN 40,9%, PN 58,1%; Katamnese II: AN 64,8%, PN 72,7%). Bei einem Teil kam es zu einer weiteren Verbesserung (Katamnese I: AN 42%, PN 30,2%; Katamnese II: AN 20,0%, PN 6,8%), bei einem weiteren Anteil zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustands (Katamnese I: AN 16,7%, PN 11,6%; Katamnese II: AN 15,2%, PN 20,5%). Barthelindex Die Barthelindices der Patienten lagen bei Aufnahme zwischen 60 und 100. Im Mittel lag der Barthelindex sowohl bei Aufnahme mit 95,95 als auch bei Entlassung mit 97,06 im Bereich AN etwas (p>0,05) unter dem Wert für PN mit 98,75 bei Aufnahme bzw. 99,05 bei Entlassung. In beiden Therapiebereichen kam e s somit zu einer Verbesserung des Barthelindex im Verlauf der stationären Behandlung. (Diese Verbesserung ist mit p=0,001 für AN signifikant.) 62 Gehfähigkeit Die Gehfähigkeit war bei den Patienten im Bereich PN signifikant (P=0,008) besser erhalten, als im Bereich AN. So war in AN die Gehfähigkeit nur bei 41,8% unbeeinträchtigt (65,5% in PN), bei 40,0% in AN gegenüber 24,1% in PN mäßig und in 18,2% gegenüber 10,3% in PN stark eingeschränkt. (Tab. 4) Tabelle 4: Gehfähigkeit Gehfähigkeit ohne Befund mäßig eingeschränkt stark eingeschränkt Therapiebereiche AN % (n) 41,8% (69) 40% (66) 18,2% (30) PN % (n) 65,5% (38) 24,1% (14) 10,3% (6) Gesamt Sign. % (n) 48% ,008 (107) (sign.) 35,9% (80) 16,1% (36) Im Verlauf der stationären Behandlung konnte bei 43% der Patienten eine Verbesserung der Gehfähigkeit erreicht werden. Bei nur einem Patienten aus dem allgemein-neurologischen Bereich AN (0,5%) kam es zu einer Verschlechterung. Auch zwischen Entlassung und Katamnese II fand sich immerhin noch bei 15,2 % eine weitere Verbesserung. Andererseits kam es über diesen langen Zeitraum von 12 Monaten bei 5,8% auch zu einer Verschlechterung der Gehfähigkeit. Zu beiden Nachuntersuchungszeitpunkten fand sich jeweils in AN eine signifikant ausgeprägtere Verbesserung der Gehfähigkeit als in PN (Entlassung: Verbesserungen in AN bei 50,3%, in PN bei 23,3%, p=0,001; Katamnese II: Verbesserungen in AN bei 17,5% gegenüber 8,9% in PN, p=0,042). (Dabei dürfte der jeweils höhere Anteil von Verbesserungen in AN wesentlich auf die in diesem Bereich primär stärkere Ausprägung der neurologischen Ausfälle sowie den dort höheren Anteil von Patienten mit frischen Schlaganfällen (AHB-Patienten) mit größerem Besserungsspielraum zurückzuführen sein. NIHSS Auch die Auswertung der NIHSS zur Erfassung der Ausprägung der neurologischen Folgeeinschränkungen nach Schlaganfall erbrachte für den Bereich AN sowohl bei Aufnahme (p<0,001) als auch bei Entlassung (p<0,001) jeweils signifikant höhere Werte. Die Werte lagen bei Aufnahme zwischen 0 und 11. In AN erreichten 36,1% NIHSS-Werte von 0 bis 2, in PN dagegen 69,5%. Der Mittelwert 63 der NIHSS bei Entlassung lag im Bereich AN bei 3,29, in PN bei 1,61; bei Katamnese II in AN bei 2,68, in PN bei 2,00. Dabei erweist sich der Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings bei Katamnese II nicht mehr als signifikant. Insgesamt zeigt sich , daß die etablierten Verfahren Barthelindex und NIHSS zur Beschreibung und insbesondere Differenzierung des Beeinträchtigungsausmaßes der überwiegend in die Reha-Phase D eingestuften Patienten dieser Studie nur sehr eingeschränkt geeignet sind. Zum einen weisen beide einen Deckeneffekt auf und differenzieren nicht ausreichend in dem Bereich leichtgradiger, aber für die Alltagsbewältigung und insbesondere auch Erwerbsfähigkeit durchaus hoch relevanter Funktionsbeeinträchtigungen. Zum anderen werden die in diesem Projekt besonders interessierenden kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen nahezu gar nicht abgebildet. Andererseits bilden beide Verfahren die erzielten Verbesserungen ab. Klinisch-neurologischer Befund Auch für den klinisch erhobenen neurologischen Befund ergab sich eine entsprechende Verlaufsdynamik mit einer Verbesserung bei 69% im Verlauf der stationären Behandlung und bei 27,3% im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II 12 Monate später. Nur bei einem Patienten (0,5%) aus AN kam es zu einer Verschlechterung bis zur Entlassung; bis zur Katamnese II trat bei 9,9 % (insgesamt 17 Patienten, 14 aus AN, 3 aus PN) eine Verschlechterung auf. Auch hier kam e s im Bereich AN gegenüber PN bei einem höheren Patientenanteil zu einer Verbesserung des neurologischen Befundes im Verlauf. (Bis zur Entlassung: Verbesserung bei 76,4% in AN, bei 50% in PN (p<0,001); bis zur Katamnese II: bei 32,0% in AN, bei 13,6% in PN (p=0,027)). (Ursächlich für den höheren Anteil von Verbesserungen des neurologischen Befundes in AN dürften auch diesmal die bei diesen Patienten primär ausgeprägteren Einschränkungen sowie der höhere AHB-Anteil sein. In PN fanden sich dagegen bei einem größeren Teil dieser Patienten bereits bei Aufnahme weitgehend gebesserte neurologisch-somatische Befunde, so daß im Sinne eines Deckeneffektes diesbezüglich keine großen Verbesserungen mehr möglich waren (im Unterschied zu den in PN das klinische Bild in der Regel prägenden psychischen Störungen). 64 65 4 .2 .2 Ps yc his c he Be funde 4.2.2.1 Klinische Befunde Depressionsdiagnosen nach ICD-10 Nach unseren Beobachtungen manifestieren sich depressive Störungen nach Schlaganfall klinisch in vielfältigen Erscheinungsformen. Um deren Differenzierung nach klinischem Erscheinungsbild zu ermöglichen, wurde auf eine alleinige Erfassung der Depressions-Diagnosen nach ICD-10, Kapitel F0 (organische psychische Störungen) verzichtet (vgl. 3.4.2.1),(Lit. ICD 10, vgl. 9.1). Dies heißt aber weder, dass keine hirnorganischen affektiven und kognitiven Beeinträchtigungen vorgelegen hätten, noch ist damit eine ätiologische Festlegung im Hinblick auf die depressive Symptomatik gemeint. Zur Einbeziehung der Frage nach allfälligen hirnorganischen Störungsanteilen erfolgte eine orientierende Abschätzung auf Grundlage des neuropsychologischen Ratings. Danach ist eine hirnorganische Beeinträchtigung in Abhängigkeit von den gewählten Kriterien bei 53,7% bis 68,4% der Patienten zu vermuten (vgl. 4.2.5). Die Depressions-Diagnosen sind in Abbildung 1 für den Aufnahmezeitpunkt sowohl getrennt für die beiden Therapiebereich (AN und PN) als auch für die Gesamtpatientengruppe (Gesamt) wiedergegeben, um einen diesbezüglichen Vergleich zu ermöglichen. In Tabelle 5 sind die jeweiligen prozentualen Verteilungen in den verschiedenen Therapiegruppen und der Gesamtpopulation für Aufnahme und Katamnese II zusammengefaßt. Bei Aufnahme zeigt sich ein deutliches Überwiegen der Anpassungsstörungen (F43) mit 57,8%. Darin spiegelt sich der vorherrschende dynamische, erlebnisreaktive Bezug zur körperlichen Grundkrankheit wider. Zusammen doch immerhin 21,5% fallen auf die diagnostischen Kategorien F31 – F33, die dem verbreiteten Bild einer Depression am nächsten kommen und im klinischen Alltag am ehesten Berücksichtigung finden dürften. Diese Häufigkeit entspricht den Zahlen, wie sie für die major depression immer wieder in Literatur genannt werden (Burvill et al., 1995; Wade et al., 1987). Dagegen gehen in die anhaltende, depressive Stö66 rung (F34.1) diejenigen Krankheitsfälle ein, bei denen es zumeist im Gefolge chronischer Beeinträchtigungen zu einem ebenso chronifizierten, erkennbar depressiven Erlebniswandel kommt. Dieser Anteil betrug bezogen auf die Gesamtpopulation bei Aufnahme 8,8%. Ein solcher anhaltender Erlebniswandel nach Schlaganfall kann nach unserer Erfahrung aber auch in einer Art in Erscheinung treten, die leicht unerkannt bleibt. Dieses Bild, das wir nach ICD-10 unter „anhaltendem antriebsarm-resignativem Erlebniswandel“ F34.8 erfasst haben, wird unter 4.4.2 genauer beschrieben. Dabei stehen neben vielfältigen körpernahen Beschwerden ein Verlust von Antrieb und Aktivität, ein Verlust von Interesse oder Freude selbst an angenehmen Aktivitäten und ein deutlicher sozialer (interaktioneller) Rückzug im Vordergrund. Bei Aufnahme wurde diese Diagnose bei immerhin 8,4% der Gesamtpatienten gestellt. Eine weitere, diagnostisch im klinischen Alltag vermutlich nicht immer erfasste depressive Störung ist allein schon deshalb nicht leicht zu erkennen, weil sie sich nur zeitweilig manifestiert. Es handelt sich um wiederkehrende depressive Einbrüche, die nur Stunden dauern können, aber in längstens einigen Tagen wieder abklingen; und nach ICD-10 am ehesten als „Rezidivierende kurze Depressive Störung“ F38.10 klassifizierbar sind. Der Anteil dieser Art Rezidivierender Depressiver Störungen lag zum Aufnahmezeitpunkt bei 3,2%. 67 Abbildung 1: Depressions-Diagnosen nach ICD-10 bei Aufnahme (vgl. Diagnosen-Übersicht im Anhang, 9.1) Vergleicht man die beiden Behandlungssettings bezüglich der Verteilung der s o gestellten Depressionsdiagnosen bei Aufnahme, so fallen bei grundsätzlicher Ähnlichkeit doch gewisse Unterschiede auf (vgl. Abb. 1). So liegt mit 58,4% gegenüber 56% in AN der Anteil von Anpassungsstörungen höher als in PN. Dies überrascht nicht, wenn man berücksichtigt, daß der Anteil von Patienten mit einem Krankheitsverlauf unter einem Jahr in AN gegenüber PN signifikant höher ist. Faßt man die Diagnosen F31, F32 und F33 zusammen (in Anlehnung an den Prägnanztyp endogener affektiver Psychosen), ergibt sich ein deutlich höherer Anteil dieser (gravierenderen) Krankheitsbilder in PN mit 31,8% gegenüber nur 17,8% in AN. Umgekehrt ist der Anteil von uns so genannter „verdeckter depressiver Störungsbilder“, wie sie im klinischen Alltag leicht übersehen werden können und weiter unten skizziert werden, im Bereich AN deutlich häufiger. So fand sich bei 4,3% der Patienten in AN gegenüber 0% in PN eine „Rezidivierende kurze Depressive Störung“ nach F38.10, bei 10,3% in AN gegenüber nur 3,0% in PN ein „Anhaltender antriebsarm-resignativer Erlebniswandel“ nach F34.8. 68 Tabelle 5: Depressionsdiagnosen im Verlauf Aufnahme F43 F41.2 F38.1 F34.8 F34.1 F33 F32 F31 keine Depr. AN (n=193) 58,4% 0% 4,3% 10,3% 9,2% 13,0% 4,8% 0% 0% Katamnese II PN (n=72) 56,0% 1,5% 0% 3,0% 7,6% 13,6% 16,7% 1,5% 0% AN (n=145) 36,5% 0,9% 6,5% 18,7% 4,7% 13,1% 0,9% 0% 18,7% PN (n=47) 41,5% 0% 9,8% 12,2% 7,3% 17,1% 2,4% 0% 9,8% Aufnahme Katamnese II gesamt (n=265) 57,8% 0,4% 3,2% 8,4% 8,8% 13,1% 8,0% 0,4% 0% gesamt (n=192) 38,1% 0,7% 7,5% 17,0% 5,4% 14,3% 1,4% 0% 15,9% Zum Katamnesezeitpunkt II erfolgte nach ausführlicher Exploration und zielgerichteter klinischer Untersuchung durch einen erfahrenen Facharzt eine erneute diagnostische Einschätzung, inwieweit überhaupt noch, und wenn ja, welche Art depressive Störungen nach ICD 10 bei den Patienten zu diesem Zeitpunkt noch vorlagen. In Abbildung 2 sind die Diagnosenverteilungen an beiden Untersuchungszeitpunkten für die Gesamtgruppe dargestellt; in Tabelle 5 finden sich die entsprechenden Prozentwerte. Über den Beobachtungszeitraum von 12 Monaten kommt es zu einer deutlichen Veränderung im Hinblick auf die Diagnosenverteilung. So zeigt sich, daß es – allerdings nur – bei 15,9% zu einer solchen Besserung der depressiven Symptomatik kommt, dass die Diagnose einer depressiven Störung nicht mehr zutrifft. Umgekehrt zeigt dieses Ergebnis, daß es sich bei depressiven Störungen nach Schlaganfall offenbar um langwierige und eine hohe Chronifizierungstendenz aufweisende psychische Beeinträchtigungen handelt. Nach den Kriterien des ICD 10 sind Anpassungsstörungen zeitlich nur begrenzt zu diagnostizieren, die „kürzere depressive Reaktion“ nach F43.20 für einen Monat, die „längere depressive Reaktion“ entsprechend F43.21 als einzige diagnostische Kategorie mit einer Zeitbegrenzung von immerhin zwei Jahren. In unserem Patientengut überwogen bei Aufnahme bereits unter den Anpassungsstörungen die länger anhaltenden depressiven Reaktionsweisen (ICD 10 F43.21) mit 18,3% (bezogen auf die Gesamtpopulation) gegenüber den kürzeren depressiven Reaktionen (F 43.20) 69 mit 12,0%. Die größte Gruppe unter den Anpassungsstörungen stellte sowohl bei Aufnahme mit 21,5% als auch bei Katamnese II mit 19,0% die durch ein Nebeneinander von Angst und depressiver Reaktion charakterisierte Störung entsprechend F 43.22 dar. Im Verlauf kam es erwartungsgemäß zum einen zu einer Abnahme des Anteils von Anpassungsstörungen insgesamt von 57,8% auf 38,1%; aber auch zu einer Verschiebung von kürzeren zu längeren depressiven Reaktionen (F43.20: 1,4%; F43.21: 15,6%). Auch bei Katamnese II bildete die gemischte Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion (F43.22) mit 19,0% die größte Untergruppe der Anpassungsstörungen. Eine längerfristige depressive Problematik kann sich aber auch noch in anderer Form manifestieren. So wurde bei Katamnese II im Vergleich zur Aufnahme häufiger die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (F33) gegenüber einer einzelnen depressiven Episode (F32) gestellt. Abbildung 2: Depressions-Diagnosen ICD-10 bei Aufnahme und bei Katamnese II (vgl. Diagnosen-Übersicht im Anhang, 9.1) Auffallend und ebenfalls nicht überraschend ist eine offensichtliche Verschiebung hin zu einem höheren Anteil von Patienten mit einem anhaltenden depressiven Erlebniswandel nach F34.8 (von 8,4% auf 17,0%) als auch der Patienten mit rezidivierenden kurzen depressiven Einbrüchen gemäß F38.1 (von 3,2% auf 7,5%). 70 Vergleicht man die Diagnosenverteilung in den beiden Behandlungssettings (Abb. 3, Tab. 5), so findet sich bei der Katamnese II zum einen im Bereich AN mit 18,7% gegenüber 9,8% in PN ein höherer Anteil von Patienten ohne depressive Störung, zum anderen – im Unterschied zur Aufnahmesituation – jetzt umgekehrt in AN ein kleinerer Anteil von Anpassungsstörungen, als in PN (36,5% in AN gegenüber 41,5% in PN). Offenbar kommt es bei der großen Gruppe von „einfachen“ Anpassungsstörungen in AN und einem größeren Anteil von Patienten, bei denen der Schlaganfall weniger als ein Jahr zurückliegt, im Verlauf in vielen Fällen zu einer guten Normalisierung der Stimmungslage. Auch in PN kommt es zu einer Besserung insbesondere bei dieser Diagnosegruppe (von 56% auf 41,5%). Faßt man die Diagnosen nach F31, F32 und F33 zusammen, zeigt sich auch für diese Gruppe in beiden Therapiebereichen eine Abnahme, die in PN sogar noch einen größeren Anteil der Patienten betrifft (in AN von 17,8% auf 14,0%; in PN von 31,8% auf 19,5%). Umgekehrt kommt es in beiden Bereichen, im Vergleich noch stärker in AN zu einer Zunahme sogenannter „verdeckter depressiver Störungsbilder“, insbesondere des „anhaltenden depressiven Erlebniswandels“ (F34.8) von 10,3% auf 18,7% in AN, von 3,0% auf 12,2 % in PN. Abbildung 3: Depressions-Diagnosen ICD-10 Katamnese II (vgl. Diagnosen-Übersicht im Anhang, 9.1) 71 AMDP Erwartungsgemäß lagen bei Aufnahme die Mittelwerte des jeweiligen Ausprägungsgrades für fast alle Teilaspekte des AMDP im Bereich PN über den Mittelwerten im Bereich AN, d.h. der Ausprägungsgrad der psychischen Auffälligkeiten bei den Patienten im Bereich PN unterschied sich deutlich von dem der Patienten in der allgemeinneurologischen Abteilung AN. Diese Unterschiede erwiesen sich bei Überprüfung mit einem t-Test für unabhängige Stichproben für folgende Parameter als signifikant: Ausmaß der Störungen der Affektivität (allgemein), der Ratlosigkeit, des Gefühls der Gefühllosigkeit, der Affektarmut, der Beeinträchtigung der Vitalgefühle, der Hoffnungslosigkeit, der Ängstlichkeit, der Dysphorie, der Gereiztheit, des Unruhig-jammrig-Seins, der Insuffizienz und Schuldgefühle sowie der Ambivalenz und der Affektlabilität. Auch bezüglich der Ausprägung von Zwängen und Befürchtungen sowie einer psychomotorischen Antriebshemmung und eines theatralischen Auftretens lagen die Mittelwerte bei Aufnahme in PN signifikant über denjenigen in AN. (Der höhere Anteil als theatralisch bzw. klagsam-jammerig beschriebener Patienten spricht für eine eher offen gezeigte depressive Symptomatik in AN.) Darüber hinaus zeigte sich auch ein signifikanter Unterschied bezüglich cirkadianer Störungen i m Sinne eines Morgentiefs, welches ebenfalls häufiger und ausgeprägter in PN beobachtet wurde. Dagegen waren Formale Denkstörungen (allgemein) in AN mit p<0,001 signifikant häufiger. Bei einer Betrachtung der Unterkategorien formaler Denkstörungen im AMDP zeigt sich , daß dieser Unterschied zwischen AN und PN die „Einengung der Gedankengangs“ (p=0,012) und die „Grübelneigung“ (p=0,05) mit jeweils deutlicheren Auffälligkeiten in AN betrifft. Für die weiteren Unterkategorien formaler Denkstörungen ergab sich kein belangvoller Unterschied zwischen den Therapiebereichen. Dieser Unterschied verliert sich im weiteren Verlauf. Darüber hinaus zeigten die Patienten in AN sowohl im Hinblick auf die allgemeine Beurteilungskategorie von Antrieb und psychomotorischen Störungen als auch i m 72 Hinblick auf die Aspekte Antriebssteigerung und Logorrhoe jeweils eine stärkere Auffälligkeit, die für die Ausprägung der Logorrhoe mit p=0,005 signifikant ist. Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einer Abnahme des Ausprägungsgrades der psychischen Auffälligkeiten, d.h. einer Befundverbesserung in beiden Behandlungsbereichen. Die bei Aufnahme beschriebenen Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen fanden sich im wesentlichen auch bei Entlassung und Katamnese II. So fand sich bei Entlassung weiterhin eine stärkere Ausprägung formaler Denkstörungen im Bereich AN, auch die Antriebssteigerung als Beurteilungskategorie der Psychomotorik blieb ebenso wie die allgemeine Einschätzung von Antriebslage und Psychomotorik in AN stärker auffällig als in PN. Diese Unterschiede waren zum Entlaßzeitpunkt jedoch nicht mehr signifikant. Bemerkenswert ist der weiterhin mit p=0,003 signifikante Unterschied mit einem häufigeren und ausgeprägteren Auftreten von Logorrhoe im Bereich AN gegenüber PN, die nach unserer Erfahrung häufig Ausdruck einer großen emotionalen Bedürftigkeit ist. Wie bereits bei Aufnahme fanden sich für die weiteren Beurteilungskategorien des AMDP durchweg höhere Ausprägungsgrade in PN gegenüber AN. Diese Gruppenunterschiede waren für folgende Werte signifikant: Befürchtungen und Zwänge, im Bereich der Affektivität: Ratlosigkeit, Affektarmut, Hoffnungslosigkeit, Ängstlichkeit, Dysphorie, Störung der Vitalgefühle, Gereiztheit, Unruhig-jammrigSein, Insuffizienz und Schuldgefühle sowie Ambivalenz, bezüglich eines gehobenen Antriebs, eines Morgentiefs im Rahmen der cirkadianen Einschätzung sowie der Kategorien Sozialer Rückzug und Andere psychische Störungen (allgemein). Bei Katamnese II fand sich demgegenüber für folgende Parameter in AN eine stärkere Beeinträchtigung: Affektarmut, Affektlabilität sowie im Rahmen der cirkadianen Beurteilung ein abends schlechterer Befund. Dieser Gruppenunterschied, der gewissermaßen die Umkehrung des Morgentiefs mit stärkerer Ausprägung in PN beschreibt, war mit p=0,019 signifikant. Die weiteren Parameter des AMDP waren auch bei Katamnese II wie bereits an den Voruntersuchungszeitpunkten sämtlich im Bereich PN deutlicher ausgeprägt als in AN. Diese Unterschiede erreichten jedoch bei Katamnese II nicht das Signifikanzniveau. 73 Abrupte Stimmungsschwankungen In der folgenden Tabelle 6 ist der prozentuale Anteil von Patienten mit abrupten Stimmungsschwankungen aufgeführt. Diesbezüglich ergibt sich ein mit 28% signifikant höherer Anteil als in PN mit nur 3,4%. Dies könnte Ausdruck eines sich jeweils nur für kurze Zeit offen zeigenden depressiven Erlebniswandels sein, der ansonsten im Rahmen einer erfolgreichen Forcierten Bewältigungshaltung (FB) nicht offen zu Tage tritt. Zu dieser Interpretation paßt der ebenfalls in AN gegenüber PN größere Anteil von Patienten mit einer FB (vgl. 4.2.6.1) Tabelle 6: Abrupte Stimmungsschwankungen in den Therapiebereichen Abrupte Stimmungsschwankungen Therapiebereiche AN PN Gesamt % % % (n) (n) (n) Abrupte Depressive Einbrüche 28% 3,4% 21,8% (49) (2) (51) Abrupte Stimmungsschwankungen 28% 3,4% 21,8% (49) (2) (51) (bei Aufnahme) Sign. p<0,001 p<0,001 4.2.2.2 Instrumente zur Erfassung von Angst- und Depression 4.2.2.2.1 Depression HADS-D-Depression Vergleicht man das Ausmaß der Depressivität, wie es durch den HADS-D-D erfaßt wird, in den beiden Therapiebereichen, so zeigt sich – erwartungsgemäß – an allen Erhebungszeitpunkten im Bereich PN eine stärker ausgeprägte Depressivität. Dieser Unterschied zwischen den Therapiebereichen ist bei Aufnahme mit p<0,001 und bei Katamnese I mit p<0,005 signifikant (vgl. Tabelle 7). In Abbildung 4. sind die jeweiligen Mittelwerte und Standardabweichungen für beide Therapiebereiche aufgeführt. 74 Tabelle 7: HADS-D-D Werte im Verlauf in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation Aufnahme Entlassung Katamnese I Katamnese II MW SD MW SD MW SD MW SD MW SD MW SD MW SD MW SD AN 7,4 4,2 5,8 4,3 6,9 4,1 6,8 4,2 (n) (158) (150) (114) (113) PN 9,7 4,7 7,0 5,3 9,3 5,1 7,5 3,9 (n) (54) (51) (35) (42) Gesamt 7,9 4,5 6,2 4,6 7,5 4,4 7,0 4,1 (n) (212) (201) (149) (155) HADS-D-Depression 10 5 p<.001 n.s. AN p<.005 PN n.s. 0 Aufnahme Entlassung Katamnese I Katamnese II Abbildung 4: HADS-D-D in AN, PN (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einererfreulichen signifikanten Abnahme der HADS-D-D-Werte als Ausdruck einer deutlichen Abnahme der Depressivität (vgl. Abb. 3 und 4). Diese Verbesserung ist auch bei getrennter statistischer Berechnung in beiden Therapiebereichen signifikant (in PN und AN: p<0,001). Dieser Behandlungserfolg blieb bis zur Katamnese I nach 6 Monaten jedoch nicht stabil. Vielmehr kam es gegenüber dem Entlaßzeitpunkt – ebenfalls in beiden Therapiebereichen – zu einer erneuten Zunahme der Depressivität nach dem HADS-D-D. Das Ausmaß der so erfaßten Depressivität erreicht jedoch nicht wieder das Ausgangsniveau bei Aufnahme. Im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II zeigt sich dann wieder eine deutliche (signifikante) Verbesserung gegenüber den HADS-D-D-Werten bei Katamnese I (vgl. Abb. 4). Zur Diskussion dieses zwischenzeitlichen Einbruchs sei auf Kapitel 6.2 verwiesen. 75 BDI Im Analogie zu den Befunden der HADS-D-D-Werte lagen auch die BDI-Werte i m Mittel in PN an allen Untersuchungszeitpunkten über den Mittelwerten in AN (vgl. Tab. 8 und Abb. 5). Dieser Unterschied zwischen den Therapiebereichen ist an allen Zeitpunkten mit Ausnahme der Katamnese II auch signifikant. Tabelle 8: BDI im Verlauf in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation Aufnahme Entlassung Katamnese I MW SD MW SD MW SD AN 12,1 7,5 8,6 6,6 10,9 6,5 (n) (156) (144) (114) PN 16,9 8,8 13,5 10,5 18,5 10,1 (n) (54) (48) (35) Gesamt 13,3 8,2 9,8 8,1 12,7 8,1 (n) (210) (192) (149) Katamnese II MW SD 11,3 7,0 (113) 13,7 8,2 (42) 11,9 7,4 (155) BDI 20 15 10 AN p<.001 n.s. PN p<.001 5 0 p<.001 Aufnahme Entlassung Katamnese I Katamnese II Abbildung 5: BDI in AN, PN sowie der Gesamtpopulation (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Auch der BDI spiegelt die deutliche Verbesserung der Depressivität im Verlauf der stationären Behandlung wider. Diese Verbesserung ist sowohl für die Gesamtpopulation als auch bei getrennter statistischer Auswertung der beiden Behandlungsgruppen signifikant (in PN und AN: p<0,001). 76 Bei Katamnese I nach sechs Monaten zeigte auch der Verlauf des BDI eine erneute Zunahme der Depressionswerte in beiden Therapiebereichen. Diese erreichten jedoch ebenfalls nicht wieder die initiale Ausprägung bei Aufnahme. Im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II kam es in Übereinstimmung mit den HADS-D-D Befunden wieder zu einer Besserung in beiden Gruppen. BDI im Verlauf p<.001 p<.001 p<.001 15 10 5 0 p<.001 p<.001 p<.001 Aufnahme Entlassung KatamneseI KatamneseII Abbildung. 6: BDI im Verlauf in der Gesamtpopulation (p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben) CDS Analog zu den Befunden der Selbstratingverfahren lagen auch die CDS-Werte durchgängig in PN höher als in AN. Diese Unterschiede zwischen den Therapiebereichen sind an allen Untersuchungszeitpunkten signifikant (vgl. Tabelle 9 und Abbildung 7). Tabelle 9: CDS im Verlauf in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation Aufnahme Entlassung Katamnese II MW SD MW SD MW SD AN 5,2 4,6 3,5 3,4 4,7 3,4 (n) (163) (153) (106) PN 9,4 5,6 7,3 5,8 6,3 4,1 (n) (55) (54) (41) Gesamt 6,2 5,2 4,4 4,5 5,1 3,7 (n) (218) (207) (147) 77 CDS 10 8 6 4 AN PN p<.001 0 p<.05 p<.001 2 Aufnahme Entlassung KatamneseII Abbildung 7: CDS in AN,PN p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Die CDS Werte zeigten in beiden Behandlungssetting ebenfalls eine deutliche Besserung im Verlauf der stationären Rehabilitationsbehandlung, die sowohl für die Gesamtpopulation als auch bei getrennter Auswertung der beiden Therapiebereiche mit p<0,001 hochsignifikant ist. Im weiteren Verlauf fand sich jedoch eine unterschiedliche Entwicklung in den beiden Gruppen. Bei den Patienten im Bereich psychotherapeutische Neurologie (PN) kam es zwischen Entlassung und Katamnese II zu einer weiteren Abnahme des CDS-Scores, während die Patienten aus dem allgemein-neurologischen Bereich (AN) eine erneute Zunahme der mittels CDS erfaßten Depressivität zwischen Entlassung und Katamnese II aufwiesen. Das Ausmaß der CDS-erfaßten Depressivität erreichte jedoch nicht wieder das Ausgangsniveau, so daß sich auch in AN ein – wenn auch weniger nachhaltiger - positiver Behandlungseffekt zeigt. CDS im Verlauf 8 p<.001 p<=.05 6 4 2 0 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abbildung 8: CDS im Verlauf in der Gesamtpopulation (p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben) 78 Die Verschlechterung der Depressivität in AN zwischen Entlassung und Katamnese II ist mit p=0,002 signifikant. In PN fand sich demgegenüber sogar eine Verbesserung gegenüber dem Aufnahmezeitpunkt, die bei statistischer Auswertung dieser Teilpopulation mit p=0,002 signifikant ist. Für die Gesamtpopulation erweist sich auch die Verbesserung zwischen Aufnahme und Katamnese II als signifikant (p<0.05). Hauptzielgrösse Als Hauptzielgröße wurde eine gewichtete Summe aus dem Selbstbeurteilungsverfahren HADS-D-D-Depression und dem Fremdbeurteilungsverfahren CDS wie folgt gebildet: 0.6 * HADS-D-D + 0.4 * CDS . Tabelle 10: Hauptzielgrösse im Verlauf in AN, PN sowie Aufnahme Entlassung MW SD MW AN 6,5 3,7 4,9 (n) (157) (147) PN 9,7 4,2 7,1 (n) (52) (49) Gesamt 7,2 4,1 5,4 (n) (209) (196) in der Gesamtpopulation Katamnese II SD MW SD 3,4 5,9 3,6 (91) 4,6 7,3 3,7 (37) 3,8 6,3 3,6 (128) Entsprechend dieser Definition ergab sich erwartungsgemäß analog zu den Befunden der beiden Instrumente HADS-D-D und CDS auch für die Hauptzielgröße ein an allen Untersuchungszeitpunkten signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen (vgl. Abb.9) mit einer stärkeren Ausprägung der Depressivität in PN. Hauptzielgrösse 10 8 6 4 p<=.05 PN p<.001 2 0 AN p<.001 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abb. 9: Hauptzielgrösse in AN und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) 79 Auch für den Verlauf ergab sich für die zusammengesetzte Hauptzielgröße ein den Einzelinstrumenten entsprechender Verlauf mit einer hochsignifikanten (p<0,001) Verbesserung im Verlauf der stationären Behandlung (in AN, PN und der Gesamtpopulation) (vgl. Tab. 10 und Abb.9). Auch diese Verbesserung der Hauptzielgröße blieb nicht ganz stabil - mit einer leichten Verschlechterung bei Katamnese I, ohne den Ausprägungsgrad der Depression bei Aufnahme zu erreichen Hauptzielgrösse im Verlauf p<.001 8 p<.05 6 p=.01 4 2 0 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abbildung 10: Hauptzielgrösse im Verlauf in der Gesamtpopulation (p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben) In PN Gruppe blieb die erreichte Verbesserung gegenüber den Anfangswerten bis zur Katamnese II signifikant. Die leichte Verschlechterung nach der Entlassung war in PN nicht signifikant. Anders in AN – hier war die leichte Verschlechterung im weiteren Verlauf nach der Entlassung bis zur Katamnese II signifikant (p=0,003) 4.2.2.2.2 Angst: HADS-D-Angst Erwartungsgemäß finden sich an allen Untersuchungszeitpunkten im Bereich PN bei einem größeren Anteil der Patienten erhöhte HADS-D-Angst-Werte als in AN. 80 Dieser Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen ist bei Aufnahme und Katamnese I signifikant. Die entsprechenden Prozentanteile und p-Werte sind im Anhang unter 8.2 in Tabelle A8 aufgeführt. Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einer erfreulichen Besserung der Angstsymptomatik in beiden Therapiebereichen. So nahm der Anteil von Patienten mit schwer bis sehr schwer ausgeprägter Angst in AN von 27,1% auf 14,0% ab, in PN halbierte sich dieser Anteil in etwa von 46,3% auf 21,2%. Auch der Anteil grenzwertig auffälliger Patienten im HADS-D-A sank in AN von 24,1% auf 18,0%, in PN von 24,1% auf 17,3% bei Entlassung. Bei Katamnese I fand sich – entsprechend dem Verlauf der Depressionsbefunde - eine erneute Zunahme der Angst, wie sie mit dem HADS-D-A erfaßt wurde. Bis zur Katamnese II nach 12 Monaten kam es in beiden Therapiebereichen dann wieder zu einer Verbesserung der Angst mit zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zum Aufnahmebefund geringerer Zahl von Patienten mit im HADS-D-A schwer bis sehr schwer ausgeprägten Veränderungen (in AN 20,9%, in PN 31,7%). Auch der Anteil von Patienten mit unauffälligen Befunden im HADS-D-A nahm in beiden Therapiebereichen wieder zu und überstieg – im Sinne einer langfristig wirksamen Befundverbesserung – den Prozentsatz von Patienten mit unauffälligen Befunden im HADS-D-A bei Aufnahme (in AN 58,3% gegenüber 48,8% bei Aufnahme, in PN 39% gegenüber 29,6%). STAI-Trait und State: Vergleicht man die Mittelwerte der bei Aufnahme erhobenen STAI-Trait-Befunde (Erfassung der Ängstlichkeit als Persönlichkeitsmerkmal) zwischen den Patienten der beiden verschiedenen Therapiebereiche, so ergab sich mit 49,8 in PN gegenüber 44,5 in AN ein höherer Wert. Dieser Unterschied ist mit p=0,001 signifikant (vgl. Abb. 11) STAI-Trait bei Aufnahme Tabelle 11: STAI-Trait Aufnahme MW SD AN 44,4 10,6 (n) (163) PN 49,9 10,9 (n) (63) Gesamt 46 11 (n) (226) 50 45 40 AN PN Gesamt Abb. 11: STAI-Trait in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation 81 Auch für die Einschätzung der jeweils momentanen Angst (STAI-State) fand sich mit 46,6 gegenüber 42,7 in PN ein mit p=0,029 signifikant höherer Wert bei Aufnahme (Tab. 12). Tabelle 12: STAI-State Aufnahme MW SD AN 42,6 11,3 (n) (166) PN 46,6 14,1 (n) (64) Gesamt 43,7 12,2 (n) (230) Entlassung MW SD 39,3 11,6 (149) 41,7 14,1 (52) 40,4 12,3 (201) Katamnese I MW SD 42,9 11,1 (119) 49,3 13,9 (38) 44,4 12,1 (157) Katamnese II MW SD 41,9 11,7 (84) 43,3 13,4 (22) 42,2 12,1 (106) STAI-State 50 40 30 20 n.s. p<.05 p<.05 n.s. AN PN 10 0 Aufnahme Entlassung Katamnese I Katamnese II Abbildung 12: STAI-State in AN und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Auch im Verlauf lagen die Angstmittelwerte im STAI-State weiterhin durchgängig in PN höher als in AN. Erwartungsgemäß fanden sich auch für den STAI-State entsprechende Verteilungen und parallele Veränderungen des Ausmaßes der Angst im Verlauf, wie sie für den HADS-D-A oben beschrieben wurden. Auch für den STAI-State gilt, daß die Verbesserung im Verlauf der stationären Behandlung sowohl für die Gesamtpopulation, als auch für AN und PN mit p<0,001 hochsignifikant war. Auch die Verbesserung zwischen Entlassung und Katamnese II war (in Gesamt mit p<0,001, in PN mit p=0,007) signifikant. Im Hinblick auf die hohe Korrelation der Selbstrating-Instrumente zur Erfassung von Angst und Depression (vgl. Kapitel 4.2.2.3) wird auf eine graphische Wiedergabe dieses HADS-D-D und BDI analogen Verlaufs verzichtet. 82 4.2.2.3 Erfassung von Angst- und Depression, Korrelation der Instrumente 4.2.2.3.1 Korrelation zwischen den Angst- und Depressionserfassungsinstrumenten Die Korrelationskoeffizienten (Korrelation nach Pearson) für sämtliche im Rahmen des Projektes eingesetzte Fremd- und Selbstrating-Instrumente zur Erfassung von Angst und Depression sind in Tabelle 13 wiedergegeben. Dabei wurden die Korrelationskoeffizienten für die Erhebungszeitpunkte, an denen alle Instrumente eingesetzt wurden (Aufnahme, Entlassung und Katamnese II) aufgeführt. Zusätzlich einbezogen wurde der STAI-Trait, der als Instrument zur Charakterisierung der grundsätzlichen Ängstlichkeit einer Person nur einmalig bei Aufnahme erhoben wurde. Dabei zeigte sich eine hohe Korrelation zwischen den Angst und Depression erfassenden Selbstrating-Instrumenten mit 0,541 als niedrigstem Korrelationskoeffizienten (STAI-State / HADS-D-D bei Aufnahme) und ansonsten Werten zwischen r=0,622 und r=0,732. Tabelle 13: Korrelation zwischen den Depressions- und Angsterfassungsinstrumente HADS-D-D BDI r r (n) (n) HADS-D-A Aufnahme 0,622 0,637 (240) (223) Entlassung 0,732 0,697 (204) (195) Katamnese II 0,626 0,631 (157) (155) STAI-Trait Aufnahme 0,647 0,717 (223) (221) STAI-State Aufnahme 0,541 0,675 (227) (224) Entlassung 0,725 0,709 (201) (194) Katamnese II 0,645 0,644 (106) (104) r = Korrelationskoefizient nach Pearson; 83 CDS r (n) 0,335 (235) 0,368 (198) 0,537 (130) 0,434 (223) 0,424 ()227 0,389 (195) 0,474 (80) Vergleicht man die Korrelationskoeffizienten zwischen den jeweiligen Angst- und Depressionsinstrumenten an den verschiedenen Erhebungszeitpunkten, so fällt auf, dass sich für alle Test-Paarungen die jeweils größten Korrelationskoeffizienten und damit der jeweils stärkste Zusammenhang bei Entlassung ergab. Dies könnte bei aller Vorsicht, mit der Interpretation solcher kleiner Unterschiede zu bewerten sind, als Hinweis darauf verstanden werden, dass im Verlauf des Heilverfahrens mit abnehmendem Ausmaß der Depressivität die zugrundeliegende existentielle Angst im Verhältnis deutlicher zutage trat. Auch bezüglich des Fremdrating-Instrumentes zur Depressionserfassung, CDS, fand sich ein Zusammenhang mit den Werten der Angsterfassungsinstrumente. Diese Korrelationskoeffizienten liegen zwischen r=0,335 (HADS-D-A / CDS bei Aufnahme) und r=0,537 zwischen HADS-D-A / CDS bei Katamnese II. 4.2.2.3.2 Korrelation zwischen den Depressions-Erfassungsinstrumenten: Bezüglich der beiden im Projekt eingesetzten Selbstrating-Instrumente zur Depressionserfassung HADS-D-D und BDI lagen die Korrelationskoeffizienten an den Untersuchungszeitpunken zwischen r=0,714 und r=0,774. Für den Zusammenhang zwischen dem Fremdratinginstrument CDS und dem BDI ergaben sich Korrelationskoeffizienten von r=0,454 bis r=0,490; für den Zusammenhang mit dem HADS-D-D von r=0,424 bis r=0,618 (Katamnese II). Diese lagen damit erwartungsgemäß unter den Korrelationskoeffizienten der Selbstrating- Instrumente. Setzt man das Ausmaß der Depressivität, wie es im Rahmen der AMDP-Befundung dokumentiert wurde, in Bezug zu den Depressionserfassungsinstrumenten, so lagen bei den einzelnen Erhebungszeitpunkten die Korrelationskoeffizienten zu den Selbstrating-Instrumenten zwischen r=0,364 und r=0,528 (vergleiche Tabelle 14), bezüglich des Zusammenhangs mit dem Fremdratinginstrument CDS zwischen r=0,46 und immerhin r=0,72 bei Katamnese II. (Diese Tendenz zu höheren Korrelationskoeffizienten bei Katamnese II dürfte mit Ausdruck für eine zunehmende Schulung der Fremdwahrnehmung der 84 beteiligten Kollegen für depressive Störungen im Verlauf der Studienlaufzeit sein.) Tabelle 14: Korrelation der Depressionserfassungsiunstrumente HADS-D BDI A E K II A E K II BDI r 0,714 0,774 0,742 (n) (223) (195) (155) CDS r 0,449 0,424 0,618 0,490 0,454 0,474 (n) (235) (198) (131) (223) (198) (130) AMDP r 0,364 0,438 0,528 0,435 0,402 0,498 ‘deprimiert‘ (n) (234) (195) (149) (220) (186) (149) r = Korrelationskoefizient nach Pearson; untereinander CDS A E 0,524 (248) 0,467 (202) K II 0,729 (148) Insgesamt zeigt sich somit ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Erfassungsinstrumente, welcher die Einschätzung bestätigt, Instrumente benutzt zu haben, die ähnliches bzw. dasselbe erfassen. 85 4 .2 .3 Ps yc hos ozia le Situa tion 4.2.3.1 Soziale Einbindung Private Kontakte Bezüglich des Bestehens einer Partnerschaft (bei 78,7% in AN, bei 83,3% in PN) fand sich kein Unterschied, dagegen wurde die Qualität der Partnerschaft im Bereich PN häufiger als belastend (14% gegenüber 7,1%) und im Bereich AN häufiger als unterstützend (87% gegenüber 76%) angegeben. Dieser Unterschied ist jedoch nicht signifikant. Befragt nach der Zahl privater Kontakte mit Freunden und Bekannten, gaben bei Aufnahme jeweils etwa die Hälfte der Patienten in beiden Behandlungsbereichen wenige bzw. viele soziale Kontakte an (keine privaten sozialen Kontakte: 1,7% in AN, 1,6 % in PN / wenig Kontakte: 46 % in AN, 49,2% in PN / viele Kontakte: 51,9 % in AN, 49,2% in PN). Auch bezüglich der benannten Qualität dieser Beziehungen / Kontakte fand sich kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsbereichen. So beschrieben 74 % der Patienten im Bereich AN und 71 % im Bereich PN ihre Beziehungen zu Freunden und Bekannten qualitativ als unterstützend, 27 % bzw. 29 % als neutral und nur 2,8 % im Bereich AN gegenüber niemandem i m Bereich PN als belastend. Im weiteren Verlauf kam es offenbar bei allen Patienten zu einer kontinuierlichen Abnahme der sozialen Kontakte zu Freunden und Bekannten. Diese Entwicklung wies keine signifikanten Unterschiede auf, aber sowohl bei Katamnese I als auch bei Katamnese II gab es offenbar im Bereich PN einen etwas größeren Anteil von Patienten, die – dem sonstigen Trend entgegenstehend - eine Zunahme ihrer Kontakte im Verlauf benannten; bei Katamnese I 7,1% in PN gegenüber 3,9% in AN, bei Katamnese II 13,3% in PN gegenüber 7,7% in AN. Bei Katamnese I gaben 65,1% in AN und 64,3% in PN, bei Katamnese II 67,7% in AN und 62% in PN die Zahl als unverändert bzw. bei Katamnese I 31,0% in AN gegenüber 86 28,6% im Bereich PN und bei Katamnese II 24,6% in AN und 24,4% in PN als verringert an. Berufliche Kontakte Bezüglich der Zahl der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz gaben bei Aufnahme 6,8% der Patienten in AN, in PN sogar 15,2% keine, 44,3% in AN und 36% in PN wenige und 48,9% in AN gegenüber 48,5% in PN als häufig an. Die Qualität der Beziehungen am Arbeitsplatz wurde von 37,3% der Patienten in AN und 33,3% in PN als „unterstützend“, von 54% in AN bzw. 53% in PN als „neutral“ und in 7,2% in AN gegenüber 13.3% in PN als „belastend“ beschrieben. Somit stellt sich die soziale Situation an der Arbeitsstelle bei einem größeren Anteil der Patienten des Bereichs PN als schwierig dar. (Dieser Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings ist jedoch nicht signifikant). Dieser Unterschied verstärkt sich im weiteren Verlauf im Hinblick auf die Zahl der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz. So berichteten bei der Katamnese I im Bereich PN 46% gegenüber nur 13,3% in AN über eine weitere Abnahme der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz; 46% in PN gegenüber 84% in AN benannten die Zahl als unverändert und 6,7% in PN bzw. 2,2% in AN geben eine Zunahme der Kontakte an. Dieser Unterschied bei Katamnese I ist mit p=0,014 signifikant. Zwischen Katamnese I und II kam e s im Bereich PN im Vergleich zu AN zu einer weiteren, stärkeren Abnahme der Kontakte am Arbeitsplatz. (52,4% in PN bzw. nur 31% in AN benannten eine weitere Abnahme; 47% in PN bzw. 63,6% in AN keine Veränderung und nur im Bereich AN berichten 4,5% der Patienten über eine Zunahme der Kontakte.) Dieser Unterschied ist nicht signifikant. Der schlechteren psychosozialen Einbindung der Patienten in PN am Arbeitsplatz entsprach auch der höhere Anteil von arbeitslosen Patienten in diesem Bereich (vgl. 4.2.3.2) und weist in Richtung einer größeren psychosozialen Desintegration - zumindest einer Untergruppe von Patienten im Bereich PN. 87 4.2.3.2 Sozialmedizinische Aspekte Tabelle 15.: Sozialmedizinischer Status bei Aufnahme Aufnahme Katamnese I % / (n) % / (n) Katamnese II % / (n) Rente (gesamt) 39,6 % / (96) 48,0 % / (86) 61,5 % / (107) BU-Rente 3,7 % / (9) 2,8 % / (5) 3,5 % / (6) EU-Rente 15,3 % / (37) 21,2 % / (38) 33,9 % / (59) Altersrente 20,6 % / (50) 24,0 % / (43) 24,1 % / (42) keine Rente 60,3 % / (146) 51,9 % / (93) 38,5 % / (67) Arbeitsfähigkeit 19,8 % / (48) 32,4 % / (58) 31,6 % / (55) In sozialmedizinischer Hinsicht waren bei Aufnahme 39,6 % der Patienten berentet, 15,3% davon bezogen eine EU-Rente, 20,6% waren altersberentet. Im Katamneseverlauf kam es zu einer deutlichen Zunahme des Anteils berenteter Patienten auf 61,5%, insbesondere des Anteils EU-berenteter Patienten auf 33,9%. Der Anteil der Altersrentner nahm erwartungsgemäß nur minimal zu. Dem steht auf der anderen Seite ein deutliche Zunahme (wieder) arbeitsfähiger Patienten gegenüber. So stieg der Anteil arbeitsfähiger Patienten von initial 19,8% nach der stationären Behandlung auf 32,4% bei Katamnese I bzw. 31,6% bei Katamnese II. Von den 98 bei Aufnahme weder berenteten noch arbeitsfähigen Patienten nahmen bis zur Katamnese I 21, bis zur Katamnese II 25 Patienten an einer gestuften Wiedereingliederung teil, die bis zur Katamnese I 18, bis zur Katamnese II 21 Patienten bereits erfolgreich abschließen konnten. 88 Alle Patienten, bei denen berufsfördernde Maßnahmen erfolgten, wurden i m Verlauf wieder arbeitsfähig; bis zur Katamnese I zwei, bis zur Katamnese II insgesamt drei Patienten. Vergleicht man die sozialmedizinischen Daten in den beiden Therapiebereichen bei Aufnahme, so war im Bereich PN der Anteil altersberenteter Patienten mit 12,9% gegenüber 23,9% in AN etwas niedriger, der Anteil von bei Aufnahme arbeitsfähigen Patienten dagegen etwas höher (29,0% gegenüber 16,7%). Insgesamt fanden sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen bei Aufnahme. Eine detaillierte, insbesondere auch statistische Vergleichsbetrachtung der beiden Therapiebereiche im Hinblick auf den sozialmedizinischen Verlauf ist auf Grund des gegenüber der Gesamt-Studienpopulation (n=265) mit nur 146 Patienten (davon nur 41 in PN) deutlich kleineren Anteils von Patienten, bei denen bei Aufnahme die sozialmedizinische Frage formal noch offen war, und der unterschiedlichen Größe und Inhomogenität der beiden Untergruppen leider nicht sinnvoll möglich. Hinzu kommt noch eine weitere Reduktion der für diese Auswertung einbeziehbaren Patienten durch die Tatsache, daß nicht alle Patienten mit noch offener sozialmedizinischer Frage im Rahmen der Katamnese II erfaßt werden konnten. Trotz der für repräsentative Aussagen bei getrennter Betrachtung der beiden Therapiebereiche zu kleinen Beobachtungseinheit von Patienten mit noch offener sozialmedizinischer Fragestellung verweisen die tendenziellen Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen doch möglicherweise auf Aspekte von praktischer rehabilitationsmedizinischer Relevanz. Im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II kam es in beiden Behandlungssettings zu einer deutlichen Zunahme der berenteten Patienten, im Bereich AN auf 61,5%, in PN auf 64%. Auch der Anteil EU-berenteter Patienten stieg in AN von 15% auf 31,9%, in PN von 16,1% auf 40,5%. Im Bereich AN kam es im Katamnesezeitraum von 12 Monaten zu einer erfreulichen Zunahme des Anteils (wieder) arbeitsfähiger Patienten von 16,7% bei Entlassung auf 31,9% bei Katamnese II. Leider fand sich im Bereich PN keine entsprechende Zunahme des Anteils ar- 89 beitsfähiger Patienten. Hier blieb der prozentuale Anteil in etwa gleich (29,0% bei Aufnahme, 28,6% bei Katamnese II). Bei der Analyse möglicher Ursachen für diesen – tendenziellen - Unterschied ist als ein wesentlicher Faktor ein deutlich höherer Chronifizierungsgrad der bei Aufnahme noch nicht berenteten Patienten im Bereich PN gegenüber AN feststellen. So lag der Anteil von AHB-Behandlungen in AN bei den zum Aufnahmezeitpunkt noch nicht berenteten Patienten bei 35,2%, bei den zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähigen Patienten in AN bei 34,9%. In PN befand sich weder unter den noch nicht berenteten, noch unter den arbeitsunfähigen Patienten ein AHB-Fall. Der Anteil von Patienten in regulären Heilverfahren lag umgekehrt mit 88,9% in PN gegenüber 62,3% in AN deutlich höher. Dies spricht gerade im Hinblick auf diese bei Aufnahme noch nicht berenteten, aber arbeitsunfähigen Patienten, bei denen von einer relevanten sozialmedizinischen Fragestellung auszugehen ist, für einen deutlich höheren Chronifizierungsgrad der Patienten in PN, während in AN ein großer Teil dieser Patienten offenbar bereits unmittelbar nach Auftreten der Akuterkrankung, eben im Rahmen einer AHB aufgenommen wurde. Betrachtet man die 27 Patienten, die im Verlauf des Katamnese II-Zeitraums von einer Arbeitsunfähigkeit bei Entlassung wieder in die Arbeitsfähigkeit zurückgefunden haben genauer, bestätigt sich dieser Aspekt der frischeren Erkrankungsfälle im Bereich AN. Von den 25 Patienten aus AN waren 11 im Rahmen einer AHB da; von den 2 Patienten im Bereich PN niemand. Liegt 1 Jahr nach dem Auftreten einer Erkrankung noch Arbeitsunfähigkeit vor und der Patient ist noch nicht berentet worden, muß von einer deutlichen Chronifizierung ausgegangen werden. Vergleicht man vor diesem Hintergrund die Anteile der bei Aufnahme noch nicht berenteten Patienten in den beiden Bereichen, s o bestätigt sich die Einschätzung eines wesentlich höheren Chronifizierungsgrads in PN gegenüber AN. In AN lag der Insult bei 62,9% (66 von 105) der noch nicht berenteten Patienten weniger als ein Jahr zurück; im Bereich PN dagegen bei nur 25,6% (10 von 39), d.h. bei 74,4% der Patienten in PN lag bereits eine Chronifizierung im genannten Sinn vor (gegenüber 37 % in AN). Als weiteren Indikator für eine vermutlich bestehende Chronifizierung haben wir ergänzend den Anteil von Patienten in den beiden Therapiebereichen verglichen, der bei Aufnahme zwar noch keine Rente hatte, bei dem aber ein Rentenwunsch 90 bestand. Die Tabelle 16 gibt für den Aufnahme- und Katamnese I-Zeitpunkt die Verteilung von Patienten mit Rentenanliegen in den beiden Bereichen wieder. Dabei zeichnet sich bereits zum Aufnahmezeitpunkt ein höherer Anteil „rentenbegehrender“ Patienten in PN mit 22,0% gegenüber 18,1% in AN ab. Auch fanden sich in PN anteilsmäßig mehr Patienten, die einen Rentenantrag planten bzw. bei denen ein Rentenantrag bereits abgelehnt worden war. Bei der Katamnese I fand sich ein noch deutlicherer diesbezüglicher Unterschied zwischen den Patienten in den beiden Therapiebereichen. So lag zu diesem Zeitpunkt bei 46,2 % der Patienten in PN ein offenes Rentenanliegen vor - gegenüber bei nur 19,4 % in AN. (Dabei ist jedoch neben einer Wertung dieses Befundes im Sinne eines höheren Chronifizierungsgrades auch zu bedenken, daß der höhere Anteil von Patienten in PN, die in der Berentung ihre Perspektive sehen, auch Ausdruck einer tatsächlich ausgeprägteren gesundheitlichen Beeinträchtigung, zumal im Sinne einer depressiv verfälschten Wahrnehmung der eigenen Situation respektive der Perspektiven sein könnte.) Tabelle 16: Rentenanliegen/-wunsch bei Patienten ohne Rente bei Aufnahme Aufnahme Katamnese 1 Rentenanliegen AN PN AN PN (n=105) (n=41) (n=67) (n=26) % / (n) % / (n) % / (n) % / (n) Kein offener Renten81,9% / (86) 78,0% / (32) 80,6% / (54) 53,8% / (14) wunsch offener Rentenwunsch 18,1% / (19) 22,0% / (9) 19,4% / (13) 46,2% / (12) Rentenantrag geplant 5,7% / (6) 9,8% / (4) 4,5% / (3) 7,8% / (2) Rentenantrag gestellt 10,5% / (11) 7,3% / (3) 13,4% / (9) 23,1% / (6) Rentenantrag abge1,9% / (2) 4,9% / (2) 1,5% / (1) 7,8% / (2) lehnt Widerspruchsverfahren 7,8% (2) Als ein weiterer möglicher Chronifizierungsfaktor wurde auch das Vorliegen von Arbeitslosigkeit bei allen Patienten erfaßt. Vergleicht man die bei Aufnahme noch nicht berenteten Patienten in den beiden Therapiebereichen, so zeigt sich in AN mit 11,4 % (12 von 105) gegenüber 22% (9 von 41) in PN ein fast doppelt so großer Arbeitslosenanteil im Bereich AN. (Zu vermuten ist, daß die Arbeitslosigkeit sich ihrerseits wiederum verstärkend auf die depressive Symptomatik und das Risiko, weiter arbeitsunfähig zu bleiben, auswirkt.) 91 4 .2 .4 W e ite r e a na m ne s tis c he Da te n Vorbehandlung wegen psychischer Störungen Entsprechend der klinischen Schwerpunktsetzung fand sich erwartungsgemäß im Bereich PN ein signifikant höherer Anteil von Patienten mit einer Vorbehandlung wegen psychischer Störungen (p<0.000) – so wurden 53,3% der Patienten im Bereich PN gegenüber nur 19,5% der Patienten im Bereich AN bereits wegen psychischer Störungen vorbehandelt. Tabelle 17.: Vorbehandlung wegen psychischen Störungen Therapiebereiche Vorbehandlung wg. psych. StörunAN PN Gesamt gen % % (n) (n) Vorbehandlung wg. psych. Störun19,5% 53,3% 28,2% gen (34) (32) (66) Keine Vorbehandlung wg. psych. 80,5% 46,7% 71,8% Störungen (140) (28) (168) Sign. p<0,001 Schlafstörungen Auch klagte bei Aufnahme ein mit 64,4% signifikant höherer Teil der Patienten in PN gegenüber nur 47,7% in AN über Schlafstörungen (p=0,026). Dabei litten insgesamt 22,7% unter Einschlaf-, 75,6% unter Durchschlafstörungen. Bei 1,6% lag eine kombinierte Schlafstörung vor. Im Bereich PN lag der Anteil der Durchschlafstörungen (86,8% versus 70,4%), in AN der Anteil mit Einschlafstörungen etwas, aber nicht signifikant höher(27,2% versus 13,2%). Sexualität Bei Aufnahme in die Klinik beklagten 38,7% aller Patienten Störungen der Sexualität, die bei 70,5% erst nach dem Schlaganfall aufgetreten sind. Betrachtet man Männer und Frauen getrennt, so ergibt sich kein wesentlicher Unterschied in der Häufigkeit sexueller Funktionsstörungen. So bejahten 40 % der Männer bzw. 37,1% der Frauen diese Frage. 92 Bei Aufnahme benannte ein signifikant höherer Anteil von Patienten in PN Störungen im Bereich der Sexualität, und zwar 51,9% gegenüber 34,0% in AN. (p=0,021). Bei 70,0% (AN) bzw. 71,4% (PN) kam es erst nach dem Schlaganfall zum Auftreten der Störungen in diesem Bereich. (Vermutlich erklärt sich der höherer Anteil von Sexualstörungen in PN zum einen durch die sekundären negativen Auswirkungen sowohl von Depressivität als auch der Psychopharmaka, andererseits ist zu vermuten, das umgekehrt auch sexuelle Funktionsstörungen ihrerseits negative Auswirkungen auf die Stimmung haben dürften. Denkbar wäre auch – parallel zum höheren Anteil Verdeckter Depressiver Störungen im Bereich AN - eine höhere „Dunkelziffer“ bzw. Verleugnung diesbezüglicher Einschränkungen bei diesen Patienten.) Bei der telephonisch erhobenen Katamnese I fiel es den Patienten offenbar sehr viel schwerer als im persönlichen Kontakt, die Frage nach Störungen der Sexualität offen zu bejahen. So halbierte sich der Anteil der Patienten, die diesbezügliche Störungen benennen, in beiden Bereichen in etwa: in AN auf 16,4%, in PN auf 25,0%. Zum Zeitpunkt der Katamnese II zeigte sich bei den Patienten des Bereichs AN gegenüber der Aufnahme eine leichte, nicht signifikante Zunahme des Anteils von Patienten mit Störungen der Sexualität von 34,0% auf 38,5%, während es bei den Patienten aus dem Bereich PN in etwa zu einer signifikanten Abnahme von 51,9% auf 26,1% kommt (p<0,001). Vermutlich führt die intensivere Gelegenheit zum (psychotherapeutischen) Gespräch im Rahmen der intensivierten Behandlung in PN zu einer erfreulichen Verbesserung der Sexualstörungen. Anfälle Bei Aufnahme klagten 56,0% der Patienten über Anfälle. Dabei handelte es sich bei 83,9% um Schwindelanfälle, bei 12,6% um epileptische und bei 3,6% u m sonstige Anfälle. Vergleicht man die beiden Behandlungssettings, so findet sich zwar kein signifikanter Unterschied zwischen den Bereichen, es fällt jedoch mit 94,4% in PN gegenüber 78,9% in AN ein höherer Anteil vermutlich zumindest z.T. psychisch bedingter Schwindelanfälle auf (z.B. im Sinne von somatisierter Angst / 93 phobischem Schwankschwindel), während in AN mit 15,8% gegenüber 5,6% in PN der Anteil epileptischer Anfälle in AN größer ist. Sensible Reizsymptome Bei Aufnahme klagte im Bereich AN ein mit p=0,022 signifikant höherer Anteil von Patienten über sensible Reizsymptome (32,9%) als im Bereich PN (25,0%). Dies könnte möglicherweise ein indirekter Hinweis auf einen höheren Anteil „verdeckter“ sprich somatisierter depressiver/psychischer Störungen in AN sein. Im Verlauf der stationären Behandlung kam es bei 9,0% zu einer diesbezüglichen Verbesserung, bei 0,5% zu einer Verschlechterung. Bei Katamnese II benannten 1,1% eine Verbesserung, 4,0% eine Verschlechterung bezüglich der sensiblen Reizsymptome. Dabei fand sich bezüglich der Veränderungen im Verlauf kein signifikanter Unterschied zwischen AN und PN. Schmerzproblematik Bei Aufnahme klagten immerhin 52,5% der Patienten über chronische bzw. chronisch-rezidivierende Schmerzen im Sinne einer Schmerzproblematik. Diesbezüglich fand sich kein belangvoller Unterschied zwischen den beiden Behandlungsbereichen (51,7% in AN, 55,0% in PN). Tabelle 18: Schmerzproblematik Therapiebereiche Schmerzen AN PN Gesamt % % % (n) (n) (n) ja 51,7% 55% 52,5% (91) (33) (124) nein 48,3% 45% 47,5% (85) (27) (112) Sign. p=0,659 (n.s.) Belastbarkeit Befragt nach einer subjektiven diesbezüglichen Einschätzung, beklagte ein sehr hoher Anteil der untersuchten Patienten eine Belastbarkeitsminderung. Bei Ka- 94 tamnese I benannten 85,7 % insgesamt, davon 48% eine leichte, 37,7% sogar eine starke Einschränkung ihrer Belastbarkeit. Bei Katamnese II beklagten insgesamt 85,0% - 37,2% eine leichte, 47,8% eine starke – Belastbarkeitminderung. Zwischen den Patientengruppen der beiden unterschiedlichen Behandlungssettings ergab sich an allen Zeitpunkten diesbezüglich kein (signifikanter) Unterschied. Bei einer retrograden Selbsteinschätzung ihrer Belastbarkeit war der Anteil von Patienten, die eine solche (jeweils bezogen auf einen Zeitpunkt 6 Monate vorher) beklagte, in beiden Behandlungssettings und an beiden Katamnesezeitpunkten jeweils noch höher. So gaben 6 Monate nach der stationären Behandlung 94,3% an, 6 Monate vorher an einer Belastbarkeitminderung (54,3% leicht, 40,0% stark) gelitten zu haben. Bei Katamnese II (nach 12 Monaten) benannten rückblickend im Bezug auf den Katamnese I-Zeitpunkt 90,0% eine Belastbarkeitminderung (43,9% stark, 46,1 % leicht). Auch bei diesen retrograden Selbsteinschätzungen der Belastbarkeit fand sich kein Unterschied zwischen den Patienten aus AN und PN. Zum Katamnesezeitpunkt I schätzten 24,3% der Patienten ihre Belastbarkeit als gegenüber der stationären Behandlung 6 Monate früher als verbessert, 22,0% als verschlechtert und 53,8% als unverändert ein. Zu diesem Zeitpunkt findet sich kein Unterschied zwischen PN und AN. Bei Katamnese II berichteten 35,6% über eine Verbesserung, 21,1% über eine Verschlechterung und 43,3% über keine Änderung ihrer Belastbarkeit. Zu diesem Zeitpunkt fällt ein höherer Anteil von Patienten in AN auf, die über eine Verbesserung berichten (39,9% gegenüber 23,9% in PN) bei etwa gleichem Anteil mit einer Verschlechterung (21,6% in AN gegenüber 19,6% in PN). Mobilität und Haushaltsführung Bezüglich der Mobilität und der Fähigkeit zur Haushaltsführung der Patienten bei Aufnahme fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen, auch wenn die Patienten in PN sowohl im Hinblick auf ihre Mobilität als auch die Fähigkeit zur Haushaltsführung jeweils gegenüber AN – allerdings nur geringfügig – weniger beeinträchtigt waren. Erfaßt wurden die Fä95 higkeit, Fahrrad bzw. Auto zu fahren, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, Ausflüge zu unternehmen, die tägliche Hausarbeit, Einkäufe zu erledigen, und die Fähigkeit, mit Geld umzugehen. Im Verlauf der Katamneseerhebungen kam es in beiden Gruppen zu einer minimalen, jedoch nicht zu einer durchgreifenden bzw. signifikanten Verbesserung dieser Parameter. Behandlung nach dem stationären Aufenthalt wegen psychischer Störungen Bei Katamnese I bejahten 64,3% der Patienten aus PN und nur 36,6% aus AN die Frage, ob in den letzten 6 Monaten eine Behandlung wegen psychischen Beschwerden erfolgt sei. Bei Katamnese II berichteten 54,5% aus PN gegenüber nur 24,0% aus AN über eine seit der letzten Katamnese erfolgte Behandlung in psychischer Hinsicht. Dieser Unterschied mit jeweils deutlich höherem Anteil von Patienten in Behandlung wegen psychischer Störungen ist mit p=0,002 bzw. p<0,001 hochsignifikant. Dabei befand sich keiner der katamnestisch untersuchten Patienten während des Beobachtungszeitraums von 12 Monaten in einer stationären psychiatrischen oder psychosomatischen Behandlung. Bei der erfolgten ambulanten Behandlung wegen psychischer Störungen handelte es sich bei den meisten Patienten um eine nervenärztliche bzw. neurologisch-psychiatrische Behandlung. Bei Katamnese I gaben 32,8% in AN und 52,4% in PN, bei Katamnese II 23,0% in AN und 45,5% in PN an, zwischenzeitlich in einer solchen Behandlung gewesen zu sein. Auch hier fand sich ein signifikant größerer Anteil der Patienten aus PN in einer solchen Behandlung(K I: p<0,001 bzw. K II: p=0,004). Auch begab sich ein höherer Anteil der Patienten aus PN darüber hinaus in ambulante psychotherapeutische Behandlung. So waren bis zur Katamnese I 28,6% aus PN gegenüber nur 6,1% aus AN in psychotherapeutischer Behandlung (p<0,001); bei Katamnese II waren es 15,9% der Patienten aus PN gegenüber 7,4% aus AN (p=0,095). Insgesamt nutzten somit offenbar mehr Patienten aus dem Bereich Psychotherapeutische Neurologie (PN) nach der Entlassung auch ambulant noch Behandlungsangebote im Hinblick auf psychische Störungen. (Dieser Unterschied dürfte einerseits damit zusammenhängen, daß in PN das Ausmaß der psychischen 96 Störungen und damit der diesbezügliche Behandlungsbedarf größer waren als in AN. Darüber hinaus zeigten die Patienten nach der stationären Behandlung in PN aber offenbar zusätzlich auch eine größere Aufgeschlossenheit bzw. Therapiemotivation für psychipsychischer/psychotherapeutischer Behandlungsangebote. (Vgl. auch die FMP-Ergebnisse, Kapitel 4.2.8.2) In beiden Behandlungsgruppen nahm offenbar im ersten halben Jahr nach der stationären Behandlung ein höherer Anteil von Patienten Behandlungsangebote wegen psychischer Störungen wahr als im zweiten Halbjahr nach der stationären Behandlung. (Diesbezüglich sind sowohl eine Besserung der psychischen Symptomatik im Verlauf als auch eine nachlassende Therapiemotivation denkbare Erklärungen.) Behandlung funktioneller Einschränkungen nach dem stationären Aufenthalt Entsprechend der im Bereich AN ausgeprägteren neurologischen Ausfälle wurde auch ein höherer Anteil dieser Patientengruppe nach der Entlassung aus der stationären Behandlung ambulant zielgerichtet weiter betreut. So erhielten 66,4% aus AN und nur 38,1% aus PN in dem Zeitraum bis zur Katamnese I, 51,1% aus AN gegenüber 31,8% aus PN in der Zeit zwischen Katamnese I und II ambulante Krankengymnastik. Dieser Unterschied zwischen den Behandlungssettings ist mit p=0,001 bzw. p=0,026 signifikant. Eine logopädische ambulante Behandlung erhielten ausschließlich Patienten aus AN, und zwar 6,9% in der Zeit bis Katamnese I bzw. 8,9% bis zur Katamnese II. Bezüglich anderweitiger ambulanter Behandlungen (Ergotherapie, Massagen und neuropsychologischem Training) fand sich kein Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen. Retrograde Einschätzung der Rehabilitationsmaßnahme Bei einer retrograden Einschätzung gaben nach 6 Monaten (Katamnese I) 92,5% der Patienten (93,9% in AN, 88,1% in PN), nach 12 Monaten (Katamnese II) 94,4% (95,6% in AN, 90,9% in PN) der Patienten an, von der stationären Behandlung in den Kliniken Schmieder profitiert zu haben. 97 Einschätzung der Stimmungslage im Verlauf Bei einer orientierenden Einschätzung der Stimmungslage im Verlauf gaben bei Katamnese I 33,1% eine Verbesserung, 31,4% eine Verschlechterung und 35% keine Veränderung der Stimmungslage seit dem stationären Aufenthalt an. Bei einem Vergleich der beiden Behandlungssettings zeigt sich mit 41,9% in PN gegenüber 30,3% in An ein höherer Patientenanteil mit einer Stimmungsverbesserung und mit 25,6% in PN gegenüber 33,3% in AN ein niedrigerer Anteil mit einer Verschlechterung der Stimmung. Bei der Katamnese II berichten 49,4% über eine Verbesserung, 22,8% über eine Verschlechterung und 27,8 % über eine unveränderte Stimmungssituation. Auch zu diesem Zeitpunkt ist im Bereich PN der Anteil mit einer Verbesserung mit 58,7% gegenüber 46,3% in AN etwas höher, der Anteil mit einer Verschlechterung mit 15,2% in PN etwas niedriger als in AN von 25,4%. Diese Unterschiede zwischen den Behandlungssettings sind jedoch nicht signifikant. 98 4 .2 .5 Ne ur ops yc hologis c he Be funde Bezüglich der neuropsychologischen TAP-Befunde entsprechend der „Minimalen Testbatterie“ lagen in beiden Therapiebereichen an allen Untersuchungstagen die in Tabelle 19 zusammengefaßten Reaktionszeiten (Medianwerte) und deren Streuung (Standardabweichungen) für die drei eingesetzten Untertests z.T. deutlich über der Norm (T-50-Werte nach Zimmermann et al. 1993). Auch im Vergleich zu Schlaganfallpatienten ohne depressive Störungen wiesen die Studienpatienten in beiden Therapiebereichen so deutlich verzögerte Medianwerte und insbesondere erhöhte Schwankungen der Reaktionszeiten (Standardabweichungen der Reaktionszeiten) auf, daß nach klinisch-neuropsychologischer Einschätzung die vergleichsweise minimalen Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen und den Erhebungszeitpunkten nicht überinterpretiert werden sollten. Die jeweiligen Mittelwerte und T-50-Werte sind in der folgenden Tabelle (19) zusammengefaßt. Tabelle 19: TAP-Ergebnisse (ms) im Verlauf Aufnahme TAP T-50AN PN Werte Alertness Median 226 327,2 356,4 SD 38,5 81,2 93,7 Go/Nogo Median 528 633,5 643,0 SD 48 103,7* 122,4 geteilte Median 613 750,7 748,9 AufmerkT-Wert 50 38,7 38,2 samkeit SD 214 277,6* 245,8 Entlassung AN PN AN 319,7 74,1 630,7 105,3 747,7 40,7 271,8 310,3 77,4 606,6 113,1 699,4 40,0* 240,5 380,1 102,7* 635,6 121,2 743,4 39,8 257,6 Katamnese II PN 342,0 95,3 607,3 98,1 713,1 32,6 220,0 Vergleich AN / PN (t-Test) *: p<0,05 Bei der Auswertung der neuropsychologischen Testbefunde ergaben sich auch für die weiteren durchgeführten Testuntersuchungen keine belangvollen bzw. signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten in beiden Behandlungsgruppen. Demgenüber zeigten sich nach dem neuropsychologischen Rating der kognitiven Funktionen geringgradige, aber signifikante Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen. So sind in AN bei Aufnahme nach dem Rating die Gedächtnisfunktionen mit P=0,009 signifikant besser (Mittelwert in AN: 4,4, in PN 3,7). Auch zum Entlassungszeitpunkt fand sich diesbezüglich ein signifikanter Unterschied (p=0,004) zwischen den beiden Behandlungsgruppen mit ebenfalls 99 einem höheren Wert in AN (4,5) gegenüber PN (3,7). Zum Katamnesezeitpunkt II waren diese Unterschiede nicht mehr signifikant. Betrachtet man das Rating der Neuropsychologen bezüglich des Anteils der jeweils vorliegenden neuropsychologischen Einschränkungen bzw. Auffälligkeiten, welcher als psychisch bedingt eingeschätzt wird (in Unterschied zu einem evtl. hirnorganisch bedingten Störungsanteil), so fand sich zu allen Untersuchungszeitpunkten ein durchgängig höherer Mittelwert des geschätzten psychischen Anteils an den neuropsychologischen Einschränkungen im Bereich PN gegenüber AN. In Tabelle 20 sind die jeweiligen Mittelwerte des geschätzten psychischen Anteils in Prozent zusammengefaßt. Dieser Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings ist an allen Zeitpunkten signifikant. (Hierbei ist jedoch einschränkend zu bedenken, daß den jeweiligen Neuropsychologen angesichts der klinischen Routineabläufe der Therapiebereich der Patienten bekannt war.) Tabelle 20: Psychisch bedingter Anteil der neuropsychologischen Auffälligkeiten (Neuropsychologisches Rating) im Verlauf Psychisch bedingter Anteil der neuropsychologischen Auffälligkeiten in % M SD (n) p-Wert Aufnahme AN PN 15,6 22,5 19,2 23,7 152 52 0,062 Entlassung AN PN 15,1 27,2 19,3 24,4 123 36 0,009 Katamnese II AN PN 9,66 17,1 14,0 16,1 90 21 0,060 Bezüglich der weiteren Beurteilungskategorien des Ratings ergaben sich dagegen an keinem Untersuchungszeitpunkt signifikante Unterschiede zwischen den Behandlungssettings. 100 Erfassung des hirnorganischen Anteils der diagnostizierten Depressiven Störungen Im Hinblick auf die Frage nach dem Vorliegen eines belangvollen hirnorganischen Störungsanteils wurden in Abstimmung mit den Neuropsychologen unter Einbeziehung des neuropsychologischen Ratings folgende Kriterien für eine orientierende Einschätzung erarbeitet. Als richtungsweisend für das Vorliegen eines hirnorganischen Schädigungsanteils wurde ein Wert von £3 (Skala von 1-9 entsprechend eines Stanine-Wertes) in mindestens einem der erfaßten Teilaspekte der mental-kognitiven Leistungsbewertung definiert. In Tabelle 21 sind die sich so ergebenden Prozentsätze von Patienten mit bzw. ohne belangvolle hirnorganische Beeinträchtigung zusammengefaßt. Tabelle 21: Leistungsbewertung Leistungsbewertung AN % (n) ohne 24,4% mental-kognitive (33) Beeinträchtigung mit 75,6% mental-kognitive (102) Beeinträchtigung (Chi-Quadrat-Test:nicht signifikant.) PN % (n) 23,9% (11) Gesamt % (n) 24,3% (44) 76,1% (35) 75,7% (137) Demnach ergeben sich für etwa 75 % in allen Therapiebereichen (ohne signifikanten Unterschied zwischen AN und PN) Hinweise auf eine relevante hirnorganische Beeinträchtigung. Vor dem Hintergrund der klinischen Erfahrung und entsprechenden Berichten in der Literatur (mit neuropsychologischen Defiziten in unter 20% (Reynolds et al., 1988, O`Boyle et al., 1990) bis zu 70 % der untersuchten Patienten mit Depression (Abas et al. 1990), daß – gerade beim Vorliegen Depressiver Störungen - nicht selten auch deutliche psychisch bedingte Einschränkungen der mentalkognitiven Leistungsfähigkeit vorliegen können, haben wir versucht, zur Eingrenzung der tatsächlich wesentlich hirnorganisch bedingten Auffälligkeiten zusätzlich als weiteres Kriterium mit einzubeziehen, inwieweit eine Bedingtheit durch psychische Störungsanteile vorliegt. Diesbezüglich wurden zwei verschiedene Grenzwerte (£20% und £50%) bei der ergänzend erfolgten „Schätzung des psy- 101 chischen Anteils an den erfaßten neuropsychologischen Einschränkungen“ betrachtet. Bezieht man diejenigen Patienten mit einem Staninewert £3 in der Leistungsbewertung und einem Psychischen Anteil von maximal 50 % ein, so ergibt sich ein Gesamtprozentsatz von Patienten mit „hirnorganischer Beeinträchtigung“ von 64,8%; setzt man die Grenze bei £20 %, so ergibt sich ein entsprechend kleinerer Prozentsatz von Patienten mit „hirnorganischer Beeinträchtigung“ von insgesamt 53,7%. Das Ergebnis dieser Abschätzung mit der strenger gesetzten Grenze von (£20%) ist in der folgenden Tabelle 22 wiedergegeben: Tabelle 22: Leistungsbewertung und %-Schätzung des psychischen Anteils Leistungsbewertung AN PN Gesamt und %-Schätzung des % % % psychischen Anteils £ (n) (n) (n) 20% ohne 41,2% 60,9% 46,3% hirnorganische Beeinträch(54) (28) (82) tigung mit 58,8% 39,1% 53,7% hirnorganischer Beeinträch(77) (18) (95) tigung Chi-Quadrattest: p=0,026 Erwartungsgemäß ergibt sich bei Ausschluß der Patienten mit einer anzunehmenden belangvollen psychisch bedingten Komponente ihrer mental-kognitiven Leistungseinschränkungen ein insgesamt kleinerer Prozentsatz von Patienten mit „hirnorganischem Anteil der Beeinträchtigung“ von 39,1% in PN gegenüber 58,8% in AN. Dieser Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen ist signifikant (vgl. jedoch 6.6.2). Diese Ergebnisse können aber nicht mehr als orientierende Hinweise liefern, die Differenzierung funktionell psychischer und hirnorganischer Beeinträchtigungen mental-kognitiver Funktionen bleibt nach wie vor eine klinische wie wissenschaftliche Herausforderung. Neuropsychologische Befunde im Verlauf: Bezüglich der neuropsychologischen Ergebnisse ergaben sich stationären Aufenthaltes signifikante Verbesserungen im während des allgemein- neurologischen Bereich hinsichtlich des kurzzeitgen figuralen Gedächtnisses (WMS-6 freie Reproduktion von Figuren) mit einem p<0,001; der exekutiven Funk102 tionen, erhoben mit dem LPS 3 (p=0,032) und dem Bilder ordnen (p<0,001); ebenso für die visuell-räumlichen Funktionen (p<0,001). Hinsichtlich der kurzfristigen Merkfähigkeit zeigte sich nur eine tendenzielle Verbesserung. Bei den erhobenen Aufmerksamkeitsleistungen (Alertness, selektive Aufmerksamkeit, geteilte Aufmerksamkeit) ergaben sich keine signifikanten Verbesserungen. Auch im weiteren Verlauf nach der Entlassung bis zur Katamnese II nach einem Jahr fand sich in AN bezüglich des kurzzeitigen verbalen Gedächtnisses (RBMT, freie Reproduktion einer Geschichte) mit p<0,001 eine weitere signifikante Verbesserung. Tendenzielle Verbesserungen zeigten sich zu diesem Erhebungszeitpunkt auch für die geteilte Aufmerksamkeit. Auch im Bereich PN kam es zu Verbesserungen des neuropsychologischen Befundes im Verlauf des stationären Aufenthalte. Hier zeigten sich insbesondere eine im Gegensatz zu AN hochsignifikante Verbesserung der kurzfristigen Merkfähigkeit (p=0,003), was darauf zurückzuführen sein könnte, daß sich die kognitiven Leistungen und die in diesem Bereich stärker ausgeprägten psychischen Störungen gegenseitig beeinflussen und eine deutliche Verbesserung der psychischen Situation auch eine entsprechend parallele Verbesserung der kognitiven Leistungen zur Folge hat. Weitere signifikante Verbesserungen im Verlauf der stationären Behandlung selber zeigen sich hinsichtlich des kurzzeitigen figuralen Gedächtnisses (WMS-6, freie Reproduktion von Figuren) mit p<0,001, und der exekutiven Funktionen (Bilder ordnen) mit p=0,036. Auch bei den Patienten in PN zeigten sich bei der katamnestischen Nachuntersuchung nach einem Jahr weiterhin Verbesserungen, die jedoch nicht signifikant waren. Bei all diesen Ergebnissen ist zu beachten, daß die Patienten in beiden Therapiebereichen - entsprechend den naturalistischen Behandlungsbedingungen – u.a. eine neuropsychologische Übungsbehandlung erhielten. Bezüglich einer differenzierteren Auswertung der neuropsychologischen Befunde im Verlauf sowie die Zusammenhänge mit der Ausprägung der jeweiligen psychischen Symptomatik wird auf eine im Rahmen des Projektes durchgeführte, aber noch nicht abgeschlossene Doktorarbeit (von J. Bösch) verwiesen. 103 4 .2 .6 Kr a nk he its ve r a be itung 4.2.6.1 Forcierte Bewältigungshaltung Bezüglich des Vorliegens einer forcierten Bewältigungshaltung findet sich ein höhere Anteil von Patienten im Allgemeinneurologischen Bereich (AN) an allen Untersuchungszeitpunkten (Aufnahme: AN – 48,9% gegenüber PN – 39%, Entlassung: AN 43%, PN 37,3%; Katamnese II – AN 44,4 %, PN – 26,7 % ). Dieser Unterschied ist mit p=0,05 bei Katamnese II auch signifikant. Tabelle 23: Forcierten Bewältigungshaltung in AN und PN Forcierte AN PN Bewältigungshaltung % % (FB) (n) (n) Aufnahme 48,9% 39% (86) (23) Entlassung Katamnese II 43% (65) 37,3% (22) 44,4%* (55) 26,7% (12) * p=0,05 (t-Test für unabhängige Stichproben) 4.2.6.2 Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV) Der im Rahmen dieser Studie eingesetzte FKV-102 unterscheidet zwischen 12 Krankheitsverarbeitungsstrategien, die durch 4 bis 16 Einzel-Items bestimmt werden. Die Skalierung der Einzel-Items erfolgt über eine fünfstellige Likert-Skale (vgl. 3.4.2.8). Tabelle 24 faßt die Mittelwerte für die jeweiligen Skalen in den beiden Bereichen zusammen. Dabei finden sich bei Aufnahme keine belangvollen bzw. signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungssettings. Lediglich bezüglich der depressiven Verarbeitung findet sich ein nicht signifikant höherer Mittelwert in PN (47,2 gegenüber 44,2 in AN) sowie in PN ein mit 18,0 gegenüber 12,5 höherer Anteil der Bewältigungsstrategie „regressive Tendenzen“. 104 Tabelle 24: Krankheitsverarbeitungsstrategien Aufnahme FKV 1 Problemanalyse und Lösungsverhalten FKV 2 Depressive Verarbeitung FKV 3 Hedonismus FKV 4 Religiösität und Sinnsuche FKV 5 Mißtrauen und Pessimismus FKV 6 Kognitive Vermeidung und Dissimulation FKV 7 Ablenkung und Selbstaufwertung FKV 8 Gefühlskontrolle und sozialer Rückzug FKV 9 Regressive Tendenzen FKV 10 Relativierung durch Vergleich FKV 11 Compliance Srategien und Arztvertrauen FKV 12 Selbstermutigung **: p<.001; *: p<.05 Entlassung Katamnese II AN (n=162) 41,9 PN (n=68) 43,0 AN (n=112) 41,7 PN (n=35) 43,1 AN (n=83) 42,4 PN (n=20) 43,1 44,2 47,2 43,5** 50,8 42,0 47,8 34,1 36,1 34,1 34,7 34,4 34,5 18,3 19,1 18,4 22,4 18,6 20,7 19,5 18,9 18,7 20,1 19,2 18,1 23,6 23,5 23,5 23,3 22,5 21,9 19,9 20,7 20,9 20,9 20,8 19,9 19,3 20,4 19,6 20,3 18,9 18,4 12,5 18,0 12,6 13,4 12,7 13,1 14,4 13,9 14,2* 12,7 14,6 13,3 16,8 17,0 16,5 16,4 15,8 16,6 18,4 18,4 18,0 16,7 18,2 17,0 Im Verlauf kam es zu keinen wesentlichen Veränderungen der eingesetzten Bewältigungsstrategien mit Ausnahme einer Abnahme des Anteils regressiver Tendenzen im Bereich PN von 18,0 auf 13,1. Demgegenüber blieb der Mittelwert für „regressive Tendenzen“ im Bereich AN konstant. Zum Katamnese I-Zeitpunkt ergaben sich leichte Gruppenunterschiede mit einer weiterhin im Mittelwert erhöhten Werten für „depressive Verarbeitung“ (FKV 2) von 50,8 in PN gegenüber 43,5 in AN (p=0,005), der „Religiosität und Sinnsuche“ (FKV 4) mit 22,4 in PN gegenüber 18,4 in AN (p=0,007) sowie für die Verarbeitungsstrategie „Relativierung durch Vergleichen“ (FKV 10) mit 12,7 in PN gegenüber 14,2 als Mittelwert in AN 105 (p=0,018). Für die weiteren Verarbeitungsstrategien ergab sich auch zu diesem Erhebungszeitraum kein belangvoller Unterschied. Auch zum Katamnese IIZeitpunkt fand sich ein höherer Anteil „depressiver Verarbeitung“ (FKV 2) in PN (47,8 gegenüber 42,0 in AN), dieser Unterschied war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht signifikant (p=0,084). Auch bezüglich der weiteren Krankheitsverarbeitungsstrategien ergab sich zu diesem Zeitpunkt kein signifikanter Unterschied. 4.2.6.3 Krankheits-Kontrollüberzeugungen (KKG) Bezüglich der Krankheits-Kontrollüberzeugungen ergab sich ein überraschend homogenes Bild mit großer Stabilität im Verlauf und etwa gleicher Ausprägung der beiden Skalen „Internalität“ (KKG-I) und „schicksalsbezogene Externalität“ (KKG-C) in den beiden Therapiebereichen. Die Vorstellung, der eigene körperliche Zustand sei hauptsächlich durch das Handeln anderer bestimmt, wird in der Skala der „Externalität bezogen auf andere Personen“ (KKG-P) erfaßt. Bezüglich dieser Krankheitskontrollüberzeugung fanden sich an allen Untersuchungszeitpunkten im Bereich AN gegenüber PN etwas höhere Mittelwerte oberhalb des Normwertes. Diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Auch im Verlauf fand sich eine erstaunliche Stabilität der Mittelwerte des KKG (vergleiche Tabelle 25). Tabelle 25: Krankheitskontrollüberzeugung KKG Aufnahme Katamnese I AN PN AN PN Norm1 (n=164) (n=62) (n=111) (n=35) KKG-I 26,8 24,2 24,6 23,9 23,5 KKG-P 22,2 23,4 22,7 24,0 23,9 KKG-C 19,7 21,3 20,1 21,6 21,3 1 ( vgl.Lohaus et al., 1989) Katamnese II AN PN (n=81) (n=22) 24,4 24,4 23,3 22,4 21,0 20,9 Im Vergleich mit einer gesunden Kontrollgruppe (Normwerte in Tab. 25) fanden sich für die Skala KKG-I (Internalität) leicht erniedrigte Werte in beiden Therapiebereich, die für das Erleben der Patienten spricht, ihre Erkrankung selber weniger im Griff zu haben. Diesem Erleben eingeschränkter Kontrolle im Hinblick auf die Krankheit entsprachen die höheren Mittelwerte für KKG-C als Maß für die „fatalistische Externalität“, d.h. einem Erleben des Krankheitsverlaufs als wesentlich 106 schicksalsbestimmt. (Dies überrascht nicht vor dem Hintergrund des in der Regel unerwarteten und plötzlichen Auftretens des Schlaganfallsymptomatik.) 4 .2 .7 Pe r s önlic hk e it Im Hinblick auf das Vorliegen eines Typus melancholicus Tellenbach fand sich an allen Untersuchungszeitpunkten ein höherer Anteil im Bereich PN (Aufnahme: AN - 40,3%, PN - 50,8%; Entlassung: AN - 28,7%, PN – 50,8 %; Katamnese II: AN – 26,6%, PN – 51,1 %). Dieser Unterschied war nur bei Entlassung mit p=0,004 signifikant. Tabelle 26: Typus melancholicus in den Therapiebereichen (bei Aufnahme) Therapiebereiche AN PN Gesamt % % % (n) (n) (n) Typus melancholicus 40,3% 50,8% 43% (71) (30) (101) Sign. p=0,158 (n.s.) 4.2.7.1 FPI-A1 In Tabl. 27 sind für die einzelnen Skalen des FPI-A1 jeweils die Mittelwerte der Patienten aus den beiden Therapiebereichen mit den Standardabweichungen wiedergegeben. Vergleicht man das Persönlichkeitsprofil der Patientenpopulationen in beiden Therapiebereichen, so finden sich für folgende Skalen im Bereich PN jeweils im Gruppenvergleich signifikant höhere Mittelwerte (p<0,05): Nervosität (FPI-1), Depressivität (FPI-3), Gehemmtheit (FPI-8) sowie emotionale Labilität (FPI-N). Demgegenüber stehen im Bereich AN deutlich höhere Mittelwerte für folgende Skalen: Geselligkeit (FPI-5) (P<0,05), reaktive Aggressivität/Dominanzstreben (FPI-7) (P<0,005), Extraversion (FPI-E) (n.s.) sowie männliche/weibliche Selbstschilderung (FPI-M) (P<0,005). 107 Für folgende Skalen zeigte sich kein belangvoller Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen: spontane Aggressivität (FPI-2), Erregbarkeit (FPI-4), Gelassenheit (FPI-6) sowie Offenheit (FPI-9). Tabelle 27: Persönlichkeitsprofil in den Therapiebereichen FPI-A1 FPI-1 FPI-2 FPI-3 FPI-4 MW SD MW SD MW SD MW SD AN 6,85* 3,87 2,74 1,87 6,02* 3,45 4,33 2,62 (n=164) * * PN 8,87 4,49 2,93 1,55 7,47 3,60 4,34 2,41 (n=63) FPI-A1 FPI-7 FPI-8 MW SD MW AN 4,14* 2,02 4,37* (n=164) * * PN 3,49 1,75 5,53 (n=63) AN/PN-Unterschiede in t-Test FPI-9 SD MW 2,48 7,79 2,69 7,49 FPI-5 FPI-6 MW SD MW SD 7,43* 3,23 4,99 2,22 6,46 3,45 4,46 FPI-E FPI-M SD MW SD MW SD 2,73 5,22 2,49 6,06* 2,44 * 2,94 4,84 2,60 4,52 2,69 2,45 FPI-N MW SD 5,31 3,03* * 6,34 3,06 für unabhängige Stichproben signifikant *: p<0,05; **: p<0,005 In der Tabl. 28 werden die jeweiligen Mittelwerte den im Manual des „Freiburger Persönlichkeitsinventars (FPI)“ nur separat für die beiden Geschlechter aufgeführten Normwerten gegenüber gestellt. Dabei zeigten sich gegenüber den angegebenen Normwerten für die Skalen Nervosität (FPI-1), Depressivität (FPI-3), Gehemmtheit (FPI-8) jeweils für beide Geschlechter sowie für das Ausmaß der emotionalen Labilität (FPI-N) in der Untergruppe der Frauen jeweils über der Norm liegende Mittelwerte, nicht nur in der Gesamtpopulation sondern auch bei getrennter Betrachtung der Mittelwerte für die Therapiebereiche. Demgegenüber lagen die Mittelwerte sowohl der Gesamtpopulation als auch der Untergruppen für AN und PN für folgende Skalen jeweils unterhalb der angegebenen Normwerten: Geselligkeit (FPI-5), Gelassenheit (FPI-6), reaktive Aggressivität/Dominanzstreben (FPI-7), Offenheit (FPI-9) sowie Extraversion (FPI-E). Bezüglich der spontanen Aggressivität lagen die Werte der Frauen unterhalb der Norm, die der Männer entsprachen in etwa dem genannten Normwert; für die Skala Erregbarkeit (FPI-4) lagen die Mittelwerte für Frauen und Männer in etwa im Bereich der Norm. Bezüglich der emotionalen Labilität (FPI-N) fand sich bei der Population der Frauen ein gegenüber der Norm erhöhter Wert, während die Männer gegenüber dem Normwert einen niedrigeren Mittelwert erreichten. 108 Somit wiesen die Patienten beiderlei Geschlechts in AN und PN mit Ausnahme des Ausmaßes der Erregbarkeit (FPI-4) sowie bei den Frauen der emotionalen Labilität (FPI-9) jeweils von den Normwerten leicht abweichende Testbefunde auf, wobei sich mit Ausnahme der männlich/weiblichen Selbsteinschätzung (FPIM) bei den Männer durchgehend für beide Geschlechter die jeweils größeren Abweichungen von der Norm und damit die größeren Auffälligkeiten im Bereich PN fanden. Die in AN gegenüber den Männern in PN deutlicher nach oben abweichenden Werte im Bezug auf diese Skala sprechen für eine stärkere Betonung „männlicher Einstellungen“. Dies könnte – bei aller Vorsicht, die bei solchen Interpretationen angebracht ist, der Beobachtung eines deutlich höheren Anteils von Patienten mit „Forcierter Bewältigungshaltung“ in AN entsprechen und in diesem Zusammenhang Ausdruck einer offenbar bei Männern noch ausgeprägteren forcierten Abwehr emotionaler Betroffenheit bzw. dem Zeigen von Schwäche sein. Tabelle 28: Persönlichkeitsprofil – Vergleich mit den geschlechtsspezif. Normwerten FPI-A1 Frauen Männer Skalen Norm1 Gesamt AN PN Norm1 Gesamt AN PN (n=282) (n=102) (n=72) (n=30) (n=384) (n=125) (n=92) (n=33) FPI-1 MW 7,76 8,25•• 7,69* 9,60 5,38 6,73 6,20* 8,21 SD 4,20 4,18 3,90 4,56 3,71 4,00 3,74 4,40 FPI-2 MW 2,61 2,45•• 2,31 2,76 3,10 3,08 3,07 3,09 SD 2,11 1,80 1,82 1,75 2,19 1,73 1,85 1,35 FPI-3 MW 5,92 6,73 6,15* 8,13 4,87 6,17 5,92 6,87 SD 3,42 3,50 3,39 3,42 3,17 3,57 3,50 3,70 FPI-4 MW 4,56 4,48 4,52 4,36 4,17 4,22 4,18 4,33 SD 2,57 2,64 2,70 2,52 2,70 2,50 2,56 2,35 FPI-5 MW 7,76 6,74 7,18** 5,70 7,97 7,50 7,63 7,15 SD 3,27 3,14 3,21 2,76 3,17 3,42 3,25 3,89 FPI-6 MW 5,03 4,35•• 4,66** 3,60 5,78 5,24 5,25 5,24 SD 2,35 2,30 2,30 2,17 2,25 2,21 2,13 2,46 FPI-7 MW 4,64 3,66• 3,87 3,16 5,03 4,20 4,34 3,78 SD 2,18 1,86 1,87 1,78 2,13 2,03 2,12 1,70 FPI-8 MW 4,62 5,28•• 4,81** 6,40 3,12 4,21 4,02 4,75 SD 2,39 2,53 2,46 2,37 2,23 2,54 2,44 2,76 FPI-9 MW 7,45 7,26• 7,23 7,33 8,13 8,07 8,22 7,63 SD 2,81 2,77 2,62 3,15 2,76 2,76 2,75 2,78 FPI-E MW 5,39 4,58•• 4,77 4,13 5,87 5,55 5,57 5,48 SD 2,65 2,29 2,35 2,09 2,59 2,63 2,55 2,87 FPI-M MW 5,57 4,71•• 5,15** 3,66 4,58 6,39 6,78** 5,30 SD 2,93 2,51 2,36 2,60 2,93 2,43 2,27 2,56 FPI-N MW 5,53 6,05• 5,76 6,73 7,64 5,24 4,96 6,00 SD 2,37 3,12 3,16 2,97 2,33 2,99 2,90 3,16 AN/PN-Unterschiede in t-Test für unabhängige Stichproben signifikant *: p<0,05; **: p<0,005 Geschlechterunterschiede in der Gesamtpopulation: •: p<0,05; ••: p<0,005 1:Aus dem Manual des Freiburger Persönlichkeitsinventar (Fahrenberg et al., 1989), 109 4 .2 .8 W e ite r e Te s tbe funde 4.2.8.1 VEV Als Veränderungswert liefert der VEV einen Gesamtwert, der aus 42 Aussagen berechnet wird. Hohe Werte bedeuten eine Veränderung im „Erleben und Verhalten“ mit der Zunahme von Entspannung, Gelassenheit und Optimismus. Niedrige Testwerte bedeuten eine Zunahme von Spannung, Unsicherheit und Pessimismus. Folgende Tabelle (29) und Abbildungen (13 und 14) zeigen die Werte im Verlauf der Gesamtpopulation der Studie sowie die Gruppenverteilung. (Eine Null-Veränderung entspricht einem Summenwert von 168 Punkten.) Tabelle 29: VEV im Verlauf Entlassung MW SD AN 194,9 34,5 (n) (148) PN 196,6 34,9 (n) (51) Gesamt 195,6 34,6 (n) (199) in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation Katamnese I Katamnese II MW SD MW SD 172,9 25,2 182,1 35,2 (113) (84) 176,7 40,90 186,1 35,7 (33) (22) 173,7 29,4 182,6 35,2 (146) (106) Es zeigten sich keine signifikante Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen. VEV 200,00 AN 168,00 136,00 PN Entlassung KatamneseI KatamnesII Abb. 13: VEV Werte in AN und PN Die graphisch dargestellten Werte zeigen eine deutliche Verbesserung des Erlebens und Verhaltens zwischen Anfang und Ende des Rehabilitationsaufenthal110 tes. Die Befragung nach 6 Monaten deutet auf eine diesbezüglich weitgehend stabile Situation hin. Weitere 6 Monate ergaben sich dann wiederum Werte i m Sinne einer positiven Veränderung. Dabei fanden sich im Bereich PN geringfügig höhere, sprich positivere Werte im VEV. Diese Unterschiede zwischen den Behandlungssettings erwiesen sich jedoch nicht als signifikant. VEV im Verlauf p<.000 p<.000 200 p=.005 168 136 Entlassung Katamnese I Katamnese II Abbildung 14: VEV- im Verlauf in der Gesamtpopulation (p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben) Geschlechtspezifische Verteilung der Veränderungen im Erleben und Verhalten der Patienten Ein Überblick über alle Meßzeitpunkte hinweg liefert folgende Graphik: Veränderungen im Erleben und Verhalten (VEV) bei Männer männlich und Frauen 200,00 weiblich 168,00 136,00 Entlassung KatamneseI KatamneseII Abb 15: Geschlechtspezifische Verteilung VEV Der Unterschied aber zwischen den beiden Geschlechter ist statistisch nicht signifikant, weder in der Gesamtpopulation (Abb. 15) noch bei einer getrennter Beobachtung der beiden Gruppen. 111 4.2.8.2 Psychotherapiemotivation (FMP): Vergleicht man die Psychotherapiemotivation, wie sie mit dem FMP einmal i m Rahmen einer Gesamtskala, darüber hinaus aber auch bei getrennter Auswertung der 4 Subskalen, erfaßt wird, zeigen sich sowohl zum Aufnahmezeitpunkt als auch bei allen Verlaufserfassungen durchgängig im Bereich PN gegenüber AN höhere Mittelwerte. Tabelle 30 gibt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Gesamtskala im Vergleich der beiden Behandlungssettings wieder. Dieser Unterschied der Psychotherapiemotivation ist (mit Ausnahme der Subskalen FMP-1 und FMP-3(vgl. bei Katamnese II) für sämtliche Skalen und Erhebungszeitpunkte signifikant mit p-Werten zwischen 0,001 und 0,028. Vergleicht man die Mittelwerte der Rohwerte des FMP in den beiden Therapiebereichen mit den T-50-Werten einer Untersuchung, die zur Normierung des FMP an 464 Patienten aus psychosomatischen Fachkliniken im FMP-Manual (Schneider, 1989) wiedergegeben sind, zeigt sich für die Gesamtskala an allen Untersuchungstagen in beiden Gruppen ein Wert unter dem entsprechenden T-50-Wert von 162, also eine im Vergleich zu dieser Patientengruppe selbst in PN noch niedrigere Psychotherapiemotivation. Tabelle 30: FMP (Gesamt-Skala) im Gruppenvergleich FMP-Gesamt MW SD (n) p-Wert Aufnahme AN PN 137,7 153,6 20,6 23,5 163 63 <0,001 Entlassung AN PN 136,5 158,5 23,5 20,3 144 51 <0,001 Katamnese I AN PN 136,2 159,5 22,0 19,7 112 36 <0,001 Katamnese II AN PN 137,1 154,5 23,3 27,5 85 19 0,017 Auch die erreichten Mittelwerte in den Einzelskalen „Laienätiologie“ (FMP-2) und „Allgemeine Erwartungen an eine Behandlung“ (FMP-3) lagen in beiden Therapiebereichen an allen Zeitpunkten unter den jeweiligen T-50-Werten der Vergleichspopulation stationärer psychosomatischer Patienten. Bezügliche des „Krankheitserlebens“ (FMP-1) erreichten die Mittelwerte in PN den T-50-Wert der Vergleichsgruppe an allen Untersuchungstagen fast, ohne ihn zu übertreffen (T- 112 50-Normwert: 33,5 / MW in PN: bei Aufnahme 32,2; bei Entlassung 32,7; bei Katamnese I 33,4 und bei Katamnese II 30,1). Auch bezüglich der Skala „Erwartungen und Erfahrungen bezüglich Psychotherapie“ (FMP-4) lag der Mittelwert in PN bei Aufnahme zwar mit 68,9 noch unter dem T-50-Wert 71 der Vergleichsgruppe von Patienten aus psychosomatischen Kliniken, zeigte dann aber im Verlauf der stationären Behandlung in PN einen erfreulichen Anstieg auf 71,3 bei Entlassung. Dieser in PN erreichte Wert blieb mit 71,9 bei Katamnese I und 71,0 bei Katamnese II im Verlauf stabil. Demgegenüber kam es bei primär signifikant niedrigerem Ausgangswert in AN von 60,7 im weiteren Verlauf eher zu einer Abnahme über 60,2 bei Entlassung und 58,3 bei Katamnese I auf 59,6 bei Katamnese II. (Dies spricht für eine eher positive Erfahrung mit den Psychotherapieangeboten in PN während des stationären Aufenthaltes, welcher nachhaltig wirksam zu bleiben scheint.) Vergleicht man die Werte der Gesamtskalen sowie der Einzelskalen über den Beobachtungsverlauf, zeigt sich keine durchgreifende Veränderung. Untersucht man im Rahmen einer t-Testanalyse gepaarter Stichproben die Mittelwerte der einzelnen Skalen zu den einzelnen Erhebungszeitpunkten, ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Erhebungszeitpunkten. Dies gilt sowohl bei einem Vergleich der Gesamtpatientenpopulation als auch bei getrennter Betrachtung der beiden Therapiebereiche. FMP im Geschlechtervergleich: Vergleicht man die mit dem FMP erfaßte Psychotherapiemotivation zwischen den männlichen und weiblichen Studienteilnehmern, so lagen für die Gesamtskalen sowie sämtliche Einzelskalen an allen Erhebungszeitpunkten die FMP-Werte der Frauen über denen der Männer. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtsgruppen sind jedoch weniger deutlich ausgeprägt als diejenigen zwischen den Behandlungssettings. Dementsprechend ergab ein t-Test im Hinblick auf die Mittelwertgleichheit lediglich zum Entlassungszeitpunkt für FMP-2 (p=0,015), FMP4 (p=0,009) sowie FMP-Gesamt (p=0,014) einen signifikant höheren Wert für die Gruppe der Frauen. Bezüglich der anderen Skalen und Erhebungszeitpunkte erwies sich der Unterschied als nicht signifikant. Ein solcher Unterschied zwischen 113 den Geschlechtern mit höherer Psychotherapiemotivation, d.h. auch höheren Rohwerten, bei den Frauen fand sich auch in der Untersuchung, die zur Normierung des FMP an 464 Patienten psychosomatischer Fachkliniken in dem FMPManual (Schneider, W. et al, 1989) wiedergegeben wird. Auch die Differenz der Rohwerte zwischen den beiden Geschlechtern entsprach in etwa dieser Vergleichsgruppe. Zusammenfassend sind die Mittelwerte und Standardabweichungen nach Geschlecht getrennt für sämtliche Untersuchungszeitpunkte in Tabelle 31 wiedergegeben: Tabelle 31: FMP im Geschlechtervergleich FMP Gesamt MW SD (n) p-Wert Aufnahme m w 139,8 145,1 22,5 22,3 125 101 n.s. Entlassung m w 138,4 146,9 25,5 22,7 107 88 0,014 Katamnese I m w 138,6 145,6 23,5 23,5 79 69 n.s. Katamnese II m w 138,1 144,0 25,4 23,7 67 37 n.s. 4.2.8.3 WHOQOL-BREF Zur Erfassung der subjektiven Lebensqualität wurde der WHOQOL-BREF (vgl. 3.4.2.8)) zum Zeitpunkt der Aufnahme sowie der 1. und 2. Katamnese eingesetzt. Die Einzel-Items wurden neben einer zusammenfassenden Wertung im Rahmen der Gesamtskala in Anlehnung an die Vorgaben der Autoren zu vier Domänen: Physisch, psychisch, soziale Beziehungen und Umwelt zusammengefaßt. Die erreichten Werte im Mittel sind zusammen mit Normwerten für die Deutsche Allgemeinbevölkerung im entsprechenden Durchschnittsalters (WHOQOL-100 und WHOQOL-BREF Handbuch, Angermeyer et al., 2000) in Tabelle 32 wiedergegeben. 114 Tabelle 32: WHOQOL-BREF WHOQOBREF Domänen Normwerti Aufnahme WHOQOL-BREF Katamnese I Katamnese II (46-55 J.) AN PN AN PN AN PN (n=269) (n=161) (n=59) (n=112) (n=36) (n=85) (n=22) Gesamt MW 66,31 51,21 50,47 52,22 50,03 52,85* 62,43 SD 17,76 18,9 17,7 19,68 20,03 19,35 15,23 Physisch MW 76,85 58,05* 52,63 56,70 52,61 58,88 57,87 SD 17,17 17,52 17,18 17,08 16,80 16,63 16,24 Psychisch MW 74,00 60,10** 51,30 58,54* 51,33 59,40 59,23 SD 15,45 18,01 15,57 17,12 19,16 16,79 15,79 Soziale BeMW 71,49 63,53 60,20 61,46 57,83 60,06 57,91 ziehungen SD 18,76 18,38 18,70 18,29 20,21 18,96 17,56 Umwelt MW 70,29 70,04 67,17 69,09 66,92 69,35 72,77 SD 14,97 14,35 12,89 13,03 13,96 14,27 11,54 WHOQOL 100 und WHOQOL-BREF Handbuch (Angemeyer et al., 2000) AN/PN-Unterschiede in t-Test für unabhängige Stichproben signifikant * 0<0,05; ** p<0,005 Mit Ausnahme der Domäne „Umwelt“, für die in beiden Therapiebereichen an allen Untersuchungszeitpunkten fast der Normwert erreicht, in PN bei Katamnese II sogar leicht überschritten wurde, lagen sämtliche Werte auch im Verlauf unter den Normwerten der Vergleichsgruppe aus der NormalbeNormalbevölkerung. Erwartungsgemäß fanden sich im Bereich AN bei Aufnahme und Katamnese I für die Domäne „psychisch“ mit 60,10 gegenüber 51,30 bei Aufnahme und 58,54 gegenüber 51,33 bei Katamnese I signifikant höhere Mittelwerte. Überraschenderweise ergab der Vergleich der Werte für die Domäne „physisch“ bei Aufnahme und Katamnese I im Bereich AN ebenfalls höhere Mittelwerte, d.h. eine diesbezüglich höhere Lebensqualität (bei Aufnahme mit p=0,042 signifikant). (Dies könnte möglicherweise Ausdruck einer depressiv geprägten Selbstwahrnehmung sein. Auch bezüglich der Gesamtskala sowie der weiteren Domänen fanden sich bei Aufnahme und Katamnese I jeweils stärkere Beeinträchtigungen i m Bereich PN gegenüber AN (Tab. 32). Die Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen waren in diesen Domänen jedoch nicht signifikant.) Bei Katamnese II zeigte sich in PN mit 62,43 gegenüber AN mit 52,85 ein eben signifikant höherer Wert in der Gesamtskala (p=0,037). Bezüglich der weiteren Domänen fand sich zu diesem Zeitpunkt kein signifikanter Unterschied zwischen den Bereichen. 115 Vergleicht man die Mittelwerte des WHOQOL-BREF über die Gesamtstudienpopulation im Verlauf, so fanden sich weder zwischen Aufnahme und Katamnese I noch zwischen Aufnahme und Katamnese II signifikante Veränderungen. Betrachtet man den Verlauf von WHOQOL-BREF getrennt für die beiden Behandlungssettings, so läßt sich für AN keine belangvolle oder gar signifikante Veränderung feststellen. Im Bereich PN ergab sich jedoch für den Zeitraum zwischen Aufnahme und Katamnese II (mit p=0,011) eine signifikante Verbesserung mit Zunahme des Mittelwertes von WHOQUOL-BREF Gesamt von 50,47 auf einen Mittelwert von 62,4 3 bei Katamnese II. Auch für die Domänen „psychisch“ und „physisch“ kam es über den Gesamtbeobachtungszeitraum von 12 Monaten zu einer erfreulichen Verbesserung, während in AN im weiteren Verlauf keine wesentlichen Änderungen auftraten. (Dies könnte Hinweis auf einen möglichen nachhaltig positiven Effekt der intensivierten psychotherapeutischen Behandlung in PN sein.) 4.2.8.4 Qualitätssicherung der LVA Baden-Württemberg Entsprechend dem Qualitätssicherungsinstrument der LVA Baden-Württemberg wurde folgende Variable auch in unserer Untersuchung erhoben. Sowohl die Patienten als auch die behandelnden Ärzte wurden gebeten, den psychophysischen Gesundheitszustand des Patienten mit einer Note analog der Schulnoten von 1 bis 6 zu bewerten, wobei 1 die beste und 6 die schlechteste Note sein sollte. Die Patienten bewerteten ihren aktuellen Gesundheitszustand (Reha-Note P) bei Aufnahme im Bereich AN mit 3,8 gegenüber den Patienten in AN mit 3,4 im Mittel signifikant schlechter (p=0,005). Für die Gesamtpopulation lag dieser Wert bei 3,5. Die jeweiligen Mittelwerte und Standardabweichungen der Patienteneinschätzung des aktuellen Gesundheitszustands sind in der untenstehenden Tabelle (33) zusammengestellt. 116 Tabelle 33: Reha-Note P in AN, PN Gesamt AN MW SD MW Aufnahme 3,5 0,9 3,4 (n) (247) (182) Entlassung 2,9 0,9 2,8 (n) (220) 163 Katamnese I 3,3 0,9 3,2 (n) 176 (133) Katamnese 2,9 0,9 2,9 II (175) (131) (n) sowie in der Gesamtpopulation PN SD MW SD 0,9 3,8 0,9 (65) 0,8 3,0 0,9 (57) 0,8 3,4 0,9 43 0,9 3,0 0,8 (44) An den weiteren Erhebungszeitpunkten blieben die Mittelwerte in PN minimal über den Werten in AN; diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant (vgl. Abb. 16). Inwieweit sich in der schlechteren Selbstbenotung der Patienten in PN tatsächlich eine stärkere gesundheitliche Gesamteinschränkung oder nur eine depressiver Einschätzung ihrer Situation ausdrückt, bleibt offen. Reha-Note P 4,0 3,0 2,0 p=.005 1,0 0,0 Aufnahme n.s. Entlassung n.s. Katamnese I AN PN n.s. Katamnese II Abbildung 16: Reha-Note-P in AN, und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Der Benotung des aktuellen Gesundheitszustands der Patienten (Reha-Note A) fiel auch in der Einschätzung der Ärzte an allen Untersuchungszeitpunkten im Bereich PN im Mittel etwas schlechter aus als in AN. Die jeweiligen Mittelwerte und Standardabweichungen der Arzteinschätzung des aktuellen Gesundheitszustands sind in der untenstehenden Tabelle(34) zusammengestellt. 117 Tabelle 34: Reha-Note A in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation Gesamt AN PN Aufnahme (n) Entlassung (n) Katamnese II (n) MW SD MW SD MW SD 3,4 0,8 (24) 2,9 0,6 (21) 2,8 0,7 (15) 3,3 0,7 (182) 2,9 0,5 (158) 2,7 0,6 (110) 3,8 (65) 3,2 (56) 2,8 (42) 0,8 0,8 0,7 Bei Aufnahme und Entlassung war dieser Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen mit p<0,001 bzw. p=0,05 signifikant. Bei Katamnese II wiesen die Mittelwerte keinen signifikanten Unterschied mehr auf (vgl. Abb. 17). Reha-Note A 4 AN 2 0 p=.001 Aufnahme p=.01 Entlassung n.s. PN Katamnese II Abbildung 17: Reha-Note-A in AN und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Vergleich der Arzt- und Patienten-Einschätzung: Insgesamt fand sich im Mittel eine überraschende Übereinstimmung zwischen der Einschätzung der Ärzte und der Patienten. (Ergänzend könnte sich eine Einzelfallanalyse von Fällen mit großer Diskrepanz als interessant erweisen). Zwischen Arzt und Patient ergaben sich signifikante Unterschiede der Einschätzungen des Reha-Status in Form der Reha-Noten lediglich bei Katamnese II. An diesem Erfassungszeitpunkt benoteten die Patienten ihre Situation etwas positiver, als die Ärzte – vielleicht waren die Patienten etwas optimistischer oder auch die Ärzte etwas realistischer. Dieser Unterschied bei Katamnese II war sowohl in der 118 Gesamtpopulation (p=0,006); als auch in den beiden Behandlungsuntergruppen (AN: p=0,041 PN: p=0,056) signifikant. Bei Aufnahme und Entlassung waren diesbezüglich keine signifikante Unterschiede zu vermerken, Patienten und behandelnde Ärzte schätzen den Gesundheitszustand der Patienten im Mittel in etwa gleich ein. Der Verlauf der Reha-Noten entsprach in etwa dem Verlauf anderer Parameter, wie z.B. dem der Depressions- und Angsterfassungsinstrumente (vgl. 4.2.2.2). Während der stationären Behandlung selber kam es zu einer erfreulichen und signifikanten Verbesserung in der Einschätzung von Arzt und Patient (p<0,001). Bei Katamnese I nach 6 Monaten schätzten die Patienten (die telephonisch befragt wurden) ihren psycho-physischen Gesundheitszustands subjektiv gegenüber dem Entlaßzeitpunkt wieder schlechter ein; d.h. sie gaben sich eine schlechtere Reha-Note-P, die jedoch gegenüber dem Ausgangsniveau bei Aufnahme immer noch eine signifikante Verbesserung darstellte (p=0,002). Bei der Katamnese II nach weiteren 6 Monaten zeigte sich wieder eine deutliche Verbesserung gegenüber den Reha-Noten bei Katamnese I. Insgesamt waren die erreichten Verbesserungen für die Gesamtpopulation sowohl in der Arzt- als auch der Patienteneinschätzung signifikant (p<0,001). Auch bei getrennter statistischer Auswertung der Reha-Noten für die beiden Therapiebereiche (t-Test für gepaarte Stichproben) ergaben sich signifikante Veränderungen entsprechend des Verlauf, wie er in Abb. 18a bzw. 18b dargestellt ist. Dies gilt sowohl für die Einschätzung der Ärzte als auch die der Patienten selber. Beide Reha-Noten zeigten eine signifikante (p<0,05) Verbesserung des physischen und psychischen Gesamtzustandes sowohl von der Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung als auch bis zur Katamnese II nach einem Jahr (p£0,001) sowohl in PN als auch in AN. 119 Reha-Note A im Verlauf 2,5 3,0 AN PN Gesamt 3,5 4,0 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abbildung 18a: Reha-Note A im Verlauf Reha-Note P im Verlauf 2,5 3,0 AN PN Gesamt 3,5 4,0 Aufnahme Entlassung Katamnese I Katamnese II Abbildung 18b: Reha-Note P im Verlauf 120 4 .2 .9 Be r üc k s ic htigung de r Dr op-outs Erwartungsgemäß konnten nicht alle 265 in die Studie aufgenommenen Patienten im Rahmen der jeweiligen Verlaufsuntersuchungen erfaßt werden. Bei Entlassung lag die Drop-out-Quote bei 14 % (n=37). Bei Katamnese I konnten leider 30,2% (n=80) Patienten nicht in die Erhebung einbezogen werden; bei Katamnese II fehlen die Daten von 25,7% (n=68). Da die Drop-out-Quote somit über 10 % lag, erfolgten entsprechend des Studienplans in Abstimmung mit der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm – zusätzlich zu den im Ergebnisteil bisher dargestellten Auswertungen im Sinne einer “full sample analysis” - für Parameter von zentraler Bedeutung ergänzend statistische Berechnungen, bei denen nur diejenigen Patientenverläufe einbezogen wurden, bei denen an allen Untersuchungszeitpunkten Daten erhoben werden konnten. In diesem Zusammenhang wurden für die Hauptzielgröße, den HADS-D-D, die CDS, den BDI, den VEV sowie für die Reha-Note (Einschätzungen durch Arzt und Patient) entsprechend dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA BadenWürttemberg ergänzende Berechnungen durchgeführt. Grundsätzlich führen die Auswertungen “according to protocol” (d.h. von gleicher Fallzahl für alle Parameter) zu analogen Ergebnissen für alle Variablen, wie die “full sample analysis” mit jeweils hoch-signifikanten Verbesserungen im Verlauf der stationären Rehabilitation, einer leichten Verschlechterung nach der Entlassung bis zur Katamnese I (sofern Werte zu diesem Zeitpunkt erhoben wurden), die jedoch jeweils nicht wieder das Ausgangsniveau erreichte, und einer erneuten signifikanten Verbesserung bis zur Katamnese II. Auch in dieser Auswertung der Depressions-Erfassungsinstrumente bestätigt sich die Beobachtung durchweg höherer Depressionsgrade in PN gegenüber AN, die an den meisten Zeitpunkten auch signifikant bleibt. Im folgenden werden die Ergebnisse für die Hauptzielgröße (vgl. Abb.19 und Tabelle 35) und die Reha-Noten beispielhaft wiedergegeben. Bezüglich der weiteren Parameter sei auf Kapitel 9.4 im Anhang verwiesen. 121 Hauptzielgrösse (n=114) 10 8 6 4 Gesamt AN p<.00 0 PN p<.05 p<.05 2 0 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abb.19: Hauptzielgröße in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei konstantem n=114 (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Tabelle 35: Hauptzielgröße im Verlauf: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte, n=114) Vergleich im Verlauf Gesamt AN PN (n=114) (n=86) (n=28) Aufnahme/Entlassung p<0,001 p<0,001 p<0,001 Aufnahme/Katamnese II p=0,057 n.s. p=0,005 Entlassung/Katamnese II p=0,009 p=0,003 p=0,001 Die Verbesserung der LVA-Reha-Noten ist auch bei einer Auswertung nur der Patienten, für die an allen Untersuchungsdaten Werte vorliegen (n=122), sowohl für die Einschätzung durch den Arzt als auch den Patienten in AN, PN und der Gesamtpopulation mit p<0.000 signifikant. Nach 6 Monaten zeigt sich auch bei dieser Berechnung eine Verschlechterung bei Katamnese I, die Durchschnittswerte der Reha-Noten erreichen jedoch nicht wieder die Aufnahmewerte. Der Unterschied ist mit p=0.037 signifikant. Nach weiteren 6 Monaten kommt es bis zur Katamnese II wieder zu einer signifikanten (p<0.000) Verbesserung. 122 Reha-Note (n=122) 4,0 3,0 Patient Arzt 2,0 1,0 0,0 Aufnahme Entlassung Katamnese1 Katamnese2 Abb. 20: Reha-Note A und P im Verlauf in der Gesamtpopulation (n=122) Drop-out-Analyse: Darüber hinaus erfolgte eine vergleichende Analyse der jeweiligen Drop-outPatienten bei Entlassung sowie zum Zeitpunkt der Katamnesen I und II. Diesbezüglich wurden die Mittelwerte wesentlicher, bei Aufnahme erhobener demographischer, sozialmedizinischer, test-parametrischer und klinischer Variablen in der Gesamtpopulation den Mittelwerten, bzw. Häufigkeiten der jeweiligen Dropout-Populationen tabellarisch gegenübergestellt (siehe Tabelle A9 im Anhang, 9.4). Für zentrale Aspekte wie Geschlecht, Schlaganfallart, Allgemeinzustand, Gehfähigkeit, Vorhandensein eines Partners, die Reha-Note, AMDP-Befunde, Berentung, HADS-D-D und –A, KKG, das Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung und das Vorliegen eines Arbeitsverhältnis zeigte sich kein wesentlicher Unterschied, der eine systematische Verfälschung der Ergebnisse durch die Drop-outs in dieser Hinsicht befürchten ließe. Zum Zeitpunkt der Entlassung fand sich jedoch unter den zu diesem Zeitpunkt nicht erfaßten Patienten im Vergleich zur Gesamtpopulation ein größerer Anteil von AHB-Patienten (44,4% der Dropouts bei Entlassung, 21,7% von Gesamt), die dementsprechend auch zu einem kleineren Teil bei Aufnahme arbeitsfähig waren (22,2% der Drop-outs bei Entlassung, 31,4% von Gesamt). In dieser Gruppe ist lag auch der Anteil der Männer mit 64,9% gegenüber 56,6% in der Gesamtpopulation etwas höher, die Gehfähigkeit dagegen war geringer beeinträchtigt. Auch die Psychotherapiemotivation nach 123 dem FMP-Gesamt lag mit 125,91 bei den zur Entlassung nicht erfaßten Patienten etwas niedriger, als in der Gesamtpopulation mit 142,16. (Vermutlich haben sich Patienten mit gewissen Vorbehalten gegenüber psychischen / psychotherapeutischen Aspekten etwas eher einer erneuten Untersuchung im Rahmen der Studie bei Entlassung entzogen; möglicherweise wurden aber auch gerade AHBVerfahren bei körperlich weniger beeinträchtigten Patienten häufiger unerwartet verkürzt, so daß eine Entlaßerhebung in diesen Fällen z.T. nicht mehr erfolgen konnte.) Diesbezüglich fanden sich bei Katamnese I und II keine wesentlichen Unterschiede mehr. Dafür lag der durchschnittliche CDS-Score mit 6,05 bei Katamnese II leicht über dem Wert in der Gesamtpopulation von 5,19. Im AMDP sowie im HADS-D-D fanden sich jedoch keine belangvollen Unterschiede in der Ausprägung der Depressivität, so daß insgesamt auch aus der Einbeziehung der Drop-out-Analyse keine Anhaltspunkte für eine gravierende systematische Verfälschung der Ergebnisse ergeben. 124 4 .3 P r o gn os ti s c he Fa k to r e n in H in bl ic k a u f da s Au s m a ß d e r d e p r e s s iv e n S tö r u ng ( Ha up tz ie lg r ö s s e ) In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, welche der von uns erhobenen Patientendaten, Untersuchungsbefunde, der eingesetzten Fremd- und Selbstrating-Instrumente sowie des neuropsychologischen Ratings und der Einschätzung bezüglich des Vorliegens der weiterer klinischer Merkmale (eines Typus melancholicus, einer Forcierten Bewältigungshaltung bzw. Abrupter Stimmungsschwankungen) eine Vorhersagekraft hinsichtlich einer Veränderung des Ausmaßes der depressiven Symptomatik zukommt. Dabei wurde die Hauptzielgröße wie folgt definiert: 0,6 * HADS-D-Depressionswert + 0,4 * CDS-Score. Der Frage nach prognostisch relevanten Faktoren wurde sowohl im Hinblick auf eine mögliche Verbesserung der depressiven Symptomatik (gemessen anhand der Hauptzielgröße) im Verlauf der stationären Rehabilitationsbehandlung selber, d.h. zwischen Aufnahme und Entlaßzeitpunkt, als auch im Sinne einer längerfristigen prognostischen Aussagekraft im Hinblick auf die Katamnese II (nach 12 Monaten) ausgewertet. Um die jeweilige Veränderung über die zwei untersuchten Beobachtungszeiträume zu erfassen, wurde als Zielgröße der jeweiligen linearen Regressionsanalysen jeweils die Differenz zwischen der Hauptzielgröße zum Entlaß- bzw. Katamnese II-Zeitpunkt und dem entsprechenden Wert der Hauptzielgröße bei Aufnahme(D-Hauptzielgrösse) gebildet. Eine wichtige Voraussetzung für eine aussagekräftige Regressionsanalyse ist die Anzahl der Einflußgrößen, die in das Regressionsmodell eingehen. Es wird davon ausgegangen, daß pro einbezogenem Parameter etwa 10 – 15 Patientendaten erforderlich sind, um ein verläßliches Modell zu erhalten (Harrel, 2001). Im Hinblick auf die enorme Komplexität des Untersuchungsgegenstandes wurde eine große Zahl von anamnestischen Daten, Befunden und Testparametern erhoben. (Allein für den Aufnahmezeitpunkt wurden etwa 640 Variable in der Datenbank erfaßt.) Vor diesem Hintergrund war eine Vorab-Eingrenzung der in die linearen Regressionsanalysen einzubeziehenden Variablen erforderlich. 125 Als ersten Schritt im Hinblick auf die Auswahl möglicherweise prognostisch relevanter Parameter erfolgte zunächst eine Auswahl nach klinischer Einschätzung, insbesondere ein Ausschluß mit erfaßter Verwaltungsdaten etc. sowie von redundanten Informationen. Bezüglich einer Einbeziehung der zum Teil sehr detailliert erhobenen anamnestischen Parameter erfolgte für besonders relevante Bereiche im Hinblick auf eine Bündelung der Aussagekraft eine Zusammenfassung zu inhaltlich sinnvollen Gruppenvariablen. Aus den erhobenen Einzelvariablen wurden dafür jeweils unter inhaltlichen Aspekten einheitlich gerichtete - Summen-Scores wie folgt gebildet: Einschränkung der Mobilität: In diese Gruppenvariable gingen die jeweilige Fähigkeit, Fahrrad zu fahren, Auto zu fahren und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen sowie eine allgemeine Aussage zur Fähigkeit, Spaziergänge und Ausflüge unternehmen zu können ein (Gesamtrange von 1 bis 4). Einschränkung in der Haushaltsführung: Bei der Berechnung dieser Gruppenvariable gingen die jeweils in vier Abstufungen erfolgte Selbsteinschätzung der Patienten im Hinblick auf die Fähigkeit, die tägliche Hausarbeit zu erledigen, Einkäufe für den täglichen Bedarf zu erledigen und die Fähigkeit mit Geld umzugehen ein. Der Gesamt-Score wurde als Mittelwert dieser vier Skalen definiert und umfaßt dementsprechend Werte zwischen 1 und 4). Qualität der privaten sozialen Einbindung: Bei der Bestimmung dieser Gruppenvariable gingen die Fragen nach dem Vorhandensein einer Partnerschaft sowie von Freunden und Bekannten jeweils mit positiver Bewertung ein. Dabei wurden zusätzlich noch die jeweilige Qualität dieser Beziehungen in den Kategorien - unterstützend/ neutral/ belastend – und die Zahl der Freunde und Bekannten mit - keine/ wenig oder viele- erfaßt. Aus diesen Angaben wurde ein Gesamt-Score unter Berücksichtigung als belastend be- 126 nannter Beziehung mit Negativwerten so zusammengesetzt, daß insgesamt Werte zwischen –2 und 2 erreicht werden konnten. Qualität der Arbeitsplatzsituation: Bei dieser Gruppenvariable wurden in ähnlicher Weise Angaben zu Zahl und Qualität der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz, zur Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und zum subjektiven Streßniveau einbezogen. (Anzahl: keine/ wenig/ viele; Qualität: unterstützend/ neutral/ belastend; Zufriedenheit und subjektiven Streßniveau: hoch/mäßig/gering). Auch für diese Gruppenvariable wurde ein GesamtScore mit möglichen Werten zwischen –2 und 2 definiert. Dadurch konnte eine erste Eingrenzung auf etwa 130 Parameter erreicht werden. Als nächster Selektionsschritt im Hinblick auf potentiell prognostisch bedeutsame Faktoren wurde geprüft, inwieweit sich überhaupt ein Zusammenhang zwischen den jeweiligen Parametern und der Veränderung der Hauptzielgröße zwischen Aufnahme und den beiden einbezogenen Untersuchungszeitpunkten abzeichnet. Dazu erfolgte eine zweiseitige Korrelationsanalyse nach Pearson zwischen den zum Aufnahmezeitpunkt erhobenen Daten jeweils in Bezugsetzung zum D-Hauptzielgrösse zum Entlasszeitpunkt sowie zum Katamnese II-Zeitpunkt. In Abstimmung mit der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm wurden diejenigen Parameter ausgewählt, die im Rahmen dieser Korrelationsanalyse einen p-Wert von 0,3 oder kleiner aufwiesen. Dadurch ließ sich eine deutliche Eingrenzung auf die überhaupt potentiell prognostisch relevanten Faktoren erreichen. Zur weiteren Eingrenzung der einzubeziehenden Parameter wurden in den Fällen, in denen verschiedene Erhebungstechniken bzw. Meßinstrumente zur Erfassung jeweils der selben oder nah verwandter inhaltlicher Aspekte eingesetzt wurden, jeweils Korrelationsanalysen nach Pearson durchgeführt. War dabei der jeweilige Korrelationskoeffizient zweier Variablen >0,65, d.h. ihr Zusammenhang sehr stark, so wurde unter Einbeziehung von inhaltlichen Aspekten eine Variable zur Beschreibung dieses Aspektes ausgewählt. Zwischen den psychometrischen Testinstrumenten HADS-D-Depression und dem BDI (r=0.71 und p<0.000) wurde HADS-D-Depression ausgewählt, zwi- 127 schen STAI-State und STAI-Trait (r=0.737 und p<0.000) STAI-STATE und zwischen NHISS und dem Parameter „Gehfähigkeit“ (r=0.69 und p<0.000) wurde NHISS ausgewählt. Zwischen HADS-D-Angst und STAI-STATE (r=0.656 und p<0.000) fiel die Auswahl auf HADS-D-Angst. In Ergänzung zu den so erfaßten, potentiell prognostisch relevanten Einflußfaktoren wurden folgende Merkmale von zentraler Bedeutung per se als relevant erachtet und in die linearen Regressionsmodelle einbezogen: Alter und Geschlecht der Patienten, Zeitraum zwischen Schlaganfall und Aufnahme in die Rehabilitationsbehandlung sowie der sich als inhaltlich gerade im Hinblick auf sogenannte Verdeckte depressive Störungen – als relevant abzeichnende Faktor einer eventuell vorliegenden Forcierten Bewältigungshaltung als weiterer Parameter. Darüber hinaus erfolgte unter inhaltlichen Aspekten eine Eingrenzung bei der Einbeziehung des FMP auf die Gesamtskala. Im Hinblick auf die AMDPParameter wurde auf die Einbeziehung der übergeordneten Kategorien verzichtet. Statt dessen erfolgte die Einbeziehung der Einzel-Items entsprechend ihrer Korrelation mit dem D-Hauptzielgröße. Auf diese Weise konnte die Zahl einzubeziehender Parameter für den Entlaßzeitpunkt auf 32, für den Katamnese II-Zeitraum auf 41 eingegrenzt werden. Ausgehend davon wurden für beide Zeitpunkte in Abstimmung mit der Abteilung von Prof. Gauss Gruppen von 10 bis 11 dieser Prädiktorenvariablen jeweils zu verschiedenen Modellen zusammengefaßt (Dabei wurden möglichst Variable aus verschiedenen inhaltlichen Bereichen in den Modellen zusammengefaßt). Für diese Variablengruppen / Modelle wurde je eine multiple lineare Regressionsrechnung mit schrittweiser linearer Regression in der „Rückwärts“-Technik durchgeführt. Diese beginnt mit einer vollständiger Regressionsgleichung, in der alle Variablen enthalten sind. Danach werden Schritt für Schritt die Variablen mit der geringsten prädiktiven Bedeutung aus dem Modell eliminiert. Am Ende bleibt eine Restmenge von Variablen mit hinreichender Nützlichkeit (p<0.1) zur Prognose der Outcomevariable übrig. Im Anhang sind unter 9.5 die für beide Zeitpunkte berechneten Modelle sowie die jeweils sich in der Rückwärtsrechnung als relevant durchsetzenden Variablen für beide Zeitpunkte wiedergegeben. 128 D-Hauptzielgröße bei Entlassung Für den Entlaßzeitpunkt blieben bei den drei im Anhang aufgeführten und berechneten Regressionsmodellen nach der Rückwärtsrechnung die folgenden bei der Aufnahme erhobenen Prädiktorvariablen als bedeutsam stehen: Modell Entlassung-1: HADS-D-Depression (p<0,001) FPI Gelassenheit (p=0,007) Mobilitätseinschränkung (p=0,008) Modell Entlassung-2: Familienstand (p=0,013) Barthelindex (p=0,008) CDS (p<0,001) FPI Extraversion (p=0,028) Modell Entlassung-3: Arbeitsunfähigkeit bei Aufnahme (p=0,006) AMDP: klagsam/jammerig (p=0,003) Typus melancholicus (p=0,004) FPI-5 (Geselligkeit) (p=0,093) Als nächster Schritt der Auswertung erfolgte bezüglich dieser 11 auf diesem Weg als prognostisch relevant erkannter Variablen eine statistische Überprüfung (zweiseitige Korrelationanalyse nach Pearson), inwieweit diese untereinander hoch korreliert sind. Geht man erneut von einem Grenzwert von r>0.65 aus, korrelieren die Skalen Geselligkeit (FPI-5) und Externalität (FPI-E) des FPI-A1 mit r=0,838 und p<0,001 hoch. Vor diesem Hintergrund wurde bei der weiteren Modellberechnung nur noch eine dieser beiden Variablen weiter mit einbezogen, und zwar die Skala Externalität (FPI-E) als übergeordnete Skala. 129 Die so verbleibenden 10 Prädiktorvariablen wurden in einem Gesamtmodell für den Entlaßzeitpunkt zusammengefaßt. Bei einer schrittweisen linearen Regressionsanalyse mit Rückwärtsrechnung für dieses Modell setzten sich abschließend die in Tabelle 36 mit den jeweiligen p-Werten und Korrelationskoeffizienten aufgeführten Variablen als prognostisch relevant für die Verbesserung der Hauptzielgröße im Verlauf der stationären Behandlung durch. Tabelle 36: Prognostisch relevante Faktoren für die Besserung der depressiven Störung (Hauptzielgrösse) zum Entlaßzeitpunkt Variablen Koeffizient* Standardfehler p-Wert HADS-D-Depression ,242 ,058 <0,001 Mobilitätseinschränkung -,380 ,150 0,013 CDS ,181 ,052 0,001 FPI-E (Extraversion) ,211 0,90 0,021 Arbeitsunfähigkeit -,963 ,558 0,086 AMDP-klagsam-jammerig ,850 ,316 0,008 FPI-6 (Gelasssenheit) ,221 ,102 0,033 *nicht standardisiert (B) Für ein Regressionsmodell mit diesen Einflußfaktoren ergab sich ein R-Quadrat von 0,398. Demnach waren bei Patienten mit einer initial stärker ausgrägten depressiven Symptomatik entsprechend der eingesetzten Selbst- und Fremdrating- Instrumente (HADS-D-D und CDS) deutlichere Verbesserungen der Depression (wie sie durch die Hauptzielgröße erfaßt wird) zu erreichen. Auch begünstigen eine stärkere Extrovertiertheit, Geselligkeit und Unternehmungslust, wie mit der FPI-Skala Extraversion erfaßt, und insbesondere (mit dem höchsten Faktor in diesem Modell) die Tendenz, emotionale Befindlichkeit entsprechend der AMDPKategorie „klagsam-jammerig“ in Form von Klagen nach außen zu zeigen, ebenfalls eine deutlichere Besserung der Depressivität / Hauptzielgröße. Auch eine größere Gelassenheit, Zuversichtlichkeit und Geduld (FPI-6) geht mit einer stärkeren Besserung der Depressivität bis zur Entlassung einher. Dagegen haben stärkere Einschränkungen der Mobilität einen negativen Einfluß auf die Ausprägung der Depression (Hauptzielgröße) im Verlauf. Auch geht eine bei Aufnahme bestehende Arbeitsunfähigkeit mit einer geringeren Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf der stationären Behandlung einher. Bezieht man auch das vorletzte Modell der schrittweisen linearen Regressionsanalyse in Rückwärtstechnik mit ein, so zeigte auch die Variable „verheiratet“ (p=0,368) einen positiven prognostischen Einfluß auf den Depressionsverlauf. 130 D-Hauptzielgröße bei Katamnese II Analog blieben für den Katamnese II-Zeitpunkt bei den vier im Anhang unter 9.5.2 aufgeführten und berechneten Regressionsmodellen nach der Rückwärtsrechnung die folgenden bei Aufnahme erhobenen Prädiktorvariablen als bedeutsam stehen: Modell Katamnese II-1: HADS-D-Depression (p<0,001) Forcierte Bewältigungshaltung (p=0,049) Neuropsychologisches Rating (sprachliche Funktionen) (p=0,087) Modell Katamnese II-2: Schlaganfallart (p=0,002) AMDP-ambivalent (p=0,028) FPI-9 (Offenheit) (p=0,051) Qualität der privaten Einbindung (p=0,079) Modell Katamnese II-3: AMDP Merkfähigkeit (p=0,049) HADS-D-Angst (p=0,002) KKG-P (soziale Externalität) (p=0,091) Modell Katamnese II-4: Sensible Reizsymptome (p=0,066) CDS (p<0,001) Schätzung des psychischen Anteils / Neuropsych. Rating (p=0,023) Geschlecht (p=0,003) 131 Als nächster Schritt der Auswertung erfolgte auch für diese 14 als prognostisch für die Katamnese II relevant erkannten Variablen eine zweiseitige Korrelationanalyse nach Pearson. Unter diesen Variablen korrelierten nur die Skalen des HADS-D für Angst und Depression mit einem r=0.622 und p<0,001 hoch miteinander. Vor diesem Hintergrund wurden bei der weiteren Berechnung des Gesamtmodells sowohl eine Berechnung mit diesen beiden Variablen als auch eine Berechnung unter Verzicht auf HADS-D-A durchgeführt. Bei einer linearen Regressionsanalyse mit Rückwärtsrechnung setzten sich bei diesen beiden Ausgangsmodellen abschließend die gleichen Prädiktorvariablen als Ergebnismodell durch. Diese Prädiktorvariablen sind in Tabelle 37 mit den jeweiligen pWerten und Koeffizienten aufgeführt. Tabelle 37: Prognostisch relevante Faktoren für (Hauptzielgrösse) zum Katamnesezeitpunkt II Variablen Forcierte Bewältigungshaltung HADS-D-Depression CDS Schätzung des psychischen Anteils der Störung Geschlecht *nicht standardisiert (B) die Besserung der depressiven Störung Koeffizient* -1,199 ,297 ,289 -4,822E-02 1,593 Standardfehler ,642 ,0,83 ,078 ,018 ,680 p-Wert 0,065 <0,001 <0,001 0,010 0,021 Für das Gesamt-Regressionsmodell mit diesen Einflußfaktoren ergab sich ein R-Quadrat von 0,367. Demnach gilt auch für den Beobachtungszeitraum von 12 Monaten bis zur Katamnese II, daß bei Patienten mit einer initial stärker ausgrägten depressiven Symptomatik entsprechend der eingesetzten Erfassungsinstrumente (HADS-D-D und CDS) deutlichere Verbesserungen der Depression (wie sie durch die Hauptzielgröße erfaßt wird) erreicht wurden. Einen noch deutlicheren Einfluß auf den Verlauf der Depressivität hatte offenbar das Geschlecht, wobei Frauen eine eindeutig bessere Prognose haben als Männer. Demgegenüber zeigte das Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung einen wesentlichen negativen Einfluß auf die erreichbare Verbesserung der Depressivität / Hauptzielgröße im Verlauf. 132 Einen ebenfalls – wenn auch weniger ausgeprägter – negativer Einfluß auf den Depressionsverlauf ergab sich für das Vorliegen eines hohen psychischen Anteils bei den vorliegenden kognitiven Beeinträchtigungen nach dem Neuropsychologischen Rating. Im Verlauf der Rückwärtsberechnung wurden die Variablen „Sensible Reizsymptome“ und KKG-P ( Soziale Externalität) als letzte ausgeschlossenen, so daß diese zumindest einen tendenziellen prognostischen Einfluß haben dürften. Diesbezüglich scheint die erreichbare Verbesserung der depressiven Symptomatik bei Vorliegen sensibler Reizsymptome geringer. Bezüglich des KKG geht offenbar die Vorstellung, daß andere Personen wesentlichen Einfluß auf die eigene gesundheitliche Situation haben, ebenfalls eher mit einer schlechteren Prognose im Hinblick auf eine Verbesserung der Hauptzielgröße einher. 133 4 .4 V e r de c k te D e p r e s s iv e St ör un ge n un d Fo r c ie r t e Be w ä lt i g un g 4 .4 .1 Te s tdia gnos tis c he Er fa s s ba r k e it Bei allen in die Studie aufgenommenen Patienten wurde nach einer ausführlichen zielgerichteten Exploration und Untersuchung durch einen erfahrenen Facharzt nach den Kriterien des ICD-10, Kapitel F die Diagnose einer Depressiven Störung gestellt (vgl. Kapitel 4.2.2) Überraschenderweise fand sich unter den Studienteilnehmern mit klinisch gestellter Depressionsdiagnose ein hoher Anteil von Patienten, bei denen sich die Depression nicht in den eingesetzten etablierten Erfassungsinstrumenten zeigte. HADS-D-Depression Der HADS-D-D wurde als Screeninginstrument für Depressive Störungen bei somatisch Kranken entwickelt. Orientiert man sich, wie bei der hier erfolgten Auswertung, an den von Zigmond und Snaith (1983) als vorläufig vorgeschlagenen Grenzwerten (unauffällig: £ 7, grenzwertig auffällig: 8 bis 10, auffällig: > 10 für jede Subskala), ergaben sich bei Aufnahme in diesem Selbstrating-Instrument immerhin bei 46,6 % unauffällige Werte, bei 26,2% grenzwertige und nur bei 27,1 % auffällige Werte. (vgl. Abb.21) auffällig unauffällig HADS-D-D bei Aufnahme 100% 27,1% 60% 27,1% 41,8% 80% 27,1% 26,2% grenzwertig 23,6% 40% 50,6% 34,5% 20% 46,6% 0% AN PN Gesamt Abbildung 21: HADS-D-Depression (Gesamt: n=221, AN: n= 166; PN: n= 55) 134 BDI In dem Manual des BDI (Hautzinger et al.1995) werden für diesen Test folgende Cut-off-Werte angegebenen: unauffällig: <11 ,leicht depressiv: 11 bis 17 ,schwer depressiv: >17. Auf der Grundlage dieser Grenzwerte gibt die Abb. 22 die Ergebnisse des BDI bei Aufnahme für die beiden Behandlungsgruppen und die Gesamtpopulation wieder. Auch für den BDI zeigte sich, daß ein Teil der Patienten (48,4 % in AN, 27,3% in PN und 43,1% in der Gesamtpopulation) mit klinischer Diagnose einer Depressiven Störung nach ICD-10, Kapitel F nach diesem Selbstrating-Instrument als „unauffällig“ eingeschätzt wurden. Dem standen in PN 72,7%, in AN 51,6% Patienten mit nach diesem Instrument zu erfassender leichter bzw. schwerer Depression gegenüber. BDI bei Aufnahme 100% 21,2% 26,4% 41,8% 80% 30,4% 30,6% 60% leichte Ausprägung 30,9% unauffällig 40% 48,4% 20% schwere Ausprägung 43,1% 27,3% 0% AN PN Gesamt Abbildung 22: BDI (Gesamt: n=216, AN: n= 161; PN: n= 55) CDS Nach Herrmann et al. (1995) eignet sich der CDS zwar nicht als Instrument zur Stellung einer Depressionsdiagnose, sehr wohl aber zur Erfassung des Schweregrades einer vorliegenden Depressiven Störung nach cerebrovaskulären Insulten. Mit diesem grundsätzlichen Vorbehalt wird als möglicher Cutt-off-Score für eine Depressive Störung ein Summenscore von 11 angegeben. Nimmt man die- 135 sen Grenzwert zur Grundlage einer Auswertung, ergaben sich die in Abbildung 23 dargestellten Prozentsätze mit einem Anteil von auffälligen Ausprägungsgraden von 16 % in AN , 33,5% in PN sowie 20,5% in der Gesamtpopulation. CDS bei Aufnahme 100% 16% 20,5% 33,3% 80% auffällige Ausprägung 60% 40% 84% 79,5% unauffälliuge Ausprägung 66,6% 20% 0% AN PN Gesamt Abbildung 23: CDS (Gesamt: n=254, AN: n= 188; PN: n= 66) Erwartungsgemäß lagen die Anteile als „unauffällig“ eingeschätzter Patienten in allen drei Depressionserfassungs-Instrumenten im Bereich AN höher als in PN; umgekehrt fanden sich eindeutig als „auffällig“ bewertete Scores bei einem jeweils deutlich größeren Anteil der Patienten in PN. Diese Unterschiede zwischen den Therapiebereichen waren für alle beschriebenen Instrumente signifikant (HADS-D-D: p=0,016, BDI: p=0,004, CDS: p=0,002). Diese Ergebnisse sprechen für eine unzureichende Erfaßbarkeit depressiver Störungen durch die hier eingesetzten psychometrischen Instrumente. 136 4 .4 .2 Klinis c he Bilde r Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist, dass es nach Schlaganfall depressive Störungen gibt, die sich in den gängigen Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren nicht als eindeutig krankhaft abbilden und auch klinisch nur dann zuverlässig erfasst werden können, wenn zielgerichtet daraufhin untersucht wird (vgl. Hautzinger, 1998, Berger, 1999). Wir haben dieses Phänomen unter den Begriff Verdeckte Depressive Störungen gefasst. In diesen Fällen fehlen offenkundige psychische Klagen und Symptome weitgehend, stattdessen stehen eher körperliche Symptome und entsprechende Klagen im Vordergrund. Klinisch lassen sich zwei Störungsbilder differenzieren: Bei der einen Störung, die wir nach ICD-10 vorläufig unter “Anhaltender antriebsarm-resignativer Erlebniswandel” (F34.8) erfasst haben, stehen neben vielfältigen körpernahen Beschwerden ein Verlust von Antrieb und Aktivität, ein Verlust von Interesse oder von Freude auch an angenehmen Aktivitäten und ein deutlicher sozialer (interaktioneller) Rückzug im Vordergrund. Das Leben findet wie auf “Sparflamme” statt, beschränkt auf die Bewältigung der alltäglichen Routine. Die Patienten sehen sich selbst als “Verlierer” und hadern mit ihrem Schicksal. Dem Verlust von Selbstvertrauen entsprechen eine Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die eigene Unzulänglichkeit und ein still resignierter Pessimismus (“Gleichgültigkeit”) im Hinblick auf die Zukunft. Die andere Störung ist allein schon deshalb nicht leicht zu erkennen, weil sie sich nur zeitweilig manifestiert. Es handelt sich um wiederkehrende depressive Einbrüche, die nur Stunden dauern können, aber in längstens einigen Tagen wieder abklingen; und nach ICD-10 am als “Rezidivierende kurze depressive Störung” F38.10 klassifizierbar sind. Betroffene stellen sich meistens so dar, als hätten sie die Erkrankung psychisch gut bewältigt und als gäbe es auch sonst keine nennenswerten psychosozialen Probleme. Die Beschäftigung mit dem Schlaganfall und seinen Folgen wird aber möglichst vermieden. Bezieht man das innere Erleben der Kranken mit ein, wie es einem freilich erst nach geduldiger Befragung mitgeteilt wird, dann spielt dynamisch der Versuch eine Rolle, gefürchtete Wahrnehmungen auszugrenzen, die sich mit der Tatsache der Erkrankung und den damit aufgeworfenen existentiellen Fragen beschäftigen. Die Pati- 137 enten beschreiben dies so, dass Ihnen anfallsartig - so als sich ein Vorhang öffnen würde, wie eine Eingebung, mit plötzlicher Klarheit - deutlich wird, in welcher Situation sie sich befinden - verbunden mit dem Erleben existentieller Verlorenheit, zum Teil massiven depressiven Einbrüchen und nicht selten auch mit sich unmittelbar aufdrängenden Suizidgedanken. Das ruft sofort die entsprechenden Bewältigungsanstrengungen auf den Plan, die von Fall zu Fall unterschiedlich, aber doch regelmäßig darauf ausgerichtet sind, den Zustand der NichtWahrnehmung wieder herzustellen. Der Preis für die auf diesem Wege erreichte Kontrolle depressiver Erlebnisweisen sind eine letztlich unabgeschlossene Krankheitsbewältigung, eine anhaltende psychische Labilität und eine vermehrte Abhängigkeit von der Stabilität kontextueller Rahmenbedingungen. 4 .4 .3 For c ie r te Be w ä ltigung Bei einem Vergleich sämtlicher Depressionserfassungs-Instrumente (HADS-DD, BDI und CDS) fanden sich bezüglich der im Mittel erreichten Scores (t-Test für unabhängige Stichproben) bei Aufnahme und Katamnese II durchweg niedrigere Werte bei den Patienten mit einer Forcierten Bewältigungshaltung. Dieser Unterschied ist für den HADS-D-D bei Katamnese II mit p=0,039, für die CDS bei Aufnahme mit p=0,002 signifikant. Auch bei einem entsprechenden Vergleich der Scores in den SelbstratingInstrumenten zur Angsterfassung (HADS-D-A, STAI-State sowie STAI-Trait) fanden sich durchweg niedrigere Werte bei den Patienten mit Forcierten Bewältgungshaltung an allen Erhebungszeitpunkten. (Dieser Unterschied ist für den STAI-Trait bei Aufnahme mit p=0,009 signifikant.) In der Selbstbeurteilung beklagten Patienten mit Forcierter Bewältigungshaltung seltener eine belangvolle Einschränkung ihrer Belastbarkeit. So lag der Anteil von Patienten ohne beklagte Belastbarkeitsminderung Bei Katamnese II unter den „Forcierten Bewältigern“ bei 23,9%, bei den Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung bei 10 %. 43,3% der „Forcierten Bewältiger“, 51,5% der nicht Forciert Bewältigenden benannten zu diesem Zeitpunkt sogar eine stark ausgeprägte Belastbarkeitsminderung. Bei einer ensprechenden Einschätzung für den 138 Zeitpunkt der Katamnese I zeigte sich ein gleichgerichteter Unterschied zwischen den Forcierten Bewältigern und den nicht Forciert Bewältigenden, der mit p=0,049 sogar signifikant war (Chi-Quadrat-Test). Im Hinblick auf die Verlaufseinschätzung der subjektiven Belastbarkeitsminderung bei Katamnese II fanden sich keine belangvollen Unterschiede. In der Fremdeinschätzung der Belastbarkeit im Rahmen des Neuropsychologischen Ratings zeigte sich zwar kein signifikanter Unterschied; die Belastbarkeit wurde jedoch im Mittel tendenziell – gerade umgekehrt – in der Gruppe der Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung als besser eingeschätzt. Die Aufmerksamkeitsleistung lag bei den Patienten mit Forcierter Bewältigungshaltung etwas höher als bei den Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung. Dieser Unterschied war bei Katamnese II mit p= 0,037 auch signifikant (ChiQuadrat-Test nach Pearson). Bei einem Vergleich des Neuropsychologischen Ratings für den psychische Anteil der kognitiven Auffälligkeiten sowie der Gedächtnisleistungen ergaben sich an allen Untersuchungszeitpunkten keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne Forcierte Bewältigungshaltung (FB). Vergleicht man die Häufigkeit sensibler Reizsymptome zwischen den Patienten mit und denjenigen ohne FB, fand sich kein belangvoller Unterschied. Auch bezüglich des Vorliegens einer Schmerzproblematik unterschieden sich die Patienten mit und ohne FB nicht. Das klinische Hilfskonstrukt einer Forcierte Bewältigungshaltung bildete sich in den hier eingesetzten Instrumenten zur Erfassung der Krankheitsbewältigung (FKV) und der Gesundheitskontrollüberzeugungen (KKG) nicht eindeutig ab. So fanden sich bei Aufnahme zwischen den Patienten mit und ohne FB keine belangvollen Unterschiede für die Skalen des FKV mit Ausnahme eines höheren Mittelwertes bei FKV-10 bei den Patienten mit FB, d.h. einer stärkeren Tendenz 139 zur „Relativierung durch Vergleich“ (p=0,01). Der KKG zeigt keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne FB. Die Vorstellung, daß der eigene Gesundheitszustand wesentlich von andere Personen abhängt (KKG Patienten – Soziale Externalität) fand sich etwas stärker bei Patienten ohne FB (p=0,074). Bezüglich des VEV ergaben sich ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne Forcierte Bewältigungshaltung. Dagegen zeigte sich im FMP ein Unterschied zwischen den Patienten mit und ohne Forcierte Bewältigungshaltung insbesondere für die Skala „Krankheitserleben“ (FMP-1) und „Erwartungen und Erfahrungen bezüglich Psychotherapie“ (FMP-4) mit bei Aufnahme und Katamnese II jeweils höheren Mittelwerten bei den Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung als Ausdruck einer höheren Psychotherapiemotivation. Diese Unterschiede waren bei Katamnese II mit p=0,026 bzw. p=0,049 signifikant. Zu diesem Zeitpunkt lag auch die Psychotherapiemotivation, wie sie durch die FMP-Gesamt-Skala erfaßt wird, bei den Patienten ohne FB mit p=0,047 höher als bei den Patienten mit einer FB. 140 5 „T EIL NEHM ENDE“ B EOBACHT UNGEN Es erscheint nach unseren Erfahrungen gerechtfertigt, bezüglich der Implementierung von Forschungsaktivitäten in den klinischen Rehabilitationsalltag von einer eigenständigen Aufgabenstellung zu sprechen, die eine eigene Auswertung der Erfahrungen sowohl im Hinblick auf Schwierigkeit als auch auf positive Aspekte und Chancen rechtfertigen würde. Dazu fehlten sowohl ein konkreter Auftrag wie der notwendige Rahmen. Dennoch sollen hier, aus einer Perspektive der teilnehmenden Beobachtung (vgl. Friedrichs & Küdtke, 1973), wenigstens einige wenige Beobachtungen referiert werden. Als uneingeschränkt positiv sind die vielfältigen Anregungen heraus zu stellen, mit der die Implementierung klinischer Forschung die klinische Arbeit befruchtet hat. Viele der gemachten Erfahrungen und gewonnenen Kenntnisse haben sich im klinischen Alltag nutzen lassen, und das Einnehmen einer wissenschaftlicher Haltung hat sich auch über das eigentliche Projekt und seine Fragestellungen hinaus als Gewinn für die Klinik erwiesen. In diesem Zusammenhang sind auch die neuen oder vertieften Kontakte zu nennen, die aus der Begegnung mit universitären und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen entstanden sind; teilweise ist daraus eine inhaltlich wie auch persönlich wertvolle Zusammenarbeit gewachsen. Rekrutierungsschwierigkeiten und rasche Mitarbeiterwechsel verweisen dagegen auf ein gerade für die Forschungsförderung relevantes Problem. Soll klinische Forschung in einem klinischen Kontext längerfristig implementiert werden, sind in den klinischen Bereichen bereits durch entsprechende Fördermittel Arbeits- und Entwicklungsbedingungen zu schaffen, die für interessierte ForscherInnen über die Projektdauer hinaus wissenschaftliche und berufliche Perspektiven eröffnen. Gerade in Zeiten ständig wachsender Arbeitsbelastungen und schrumpfender Ressourcen ist gleichzeitig für eine deutliche Entlastung beteiligter klinischer Mitarbeiter zu sorgen. Schließlich ist auch für beteiligte wissenschaftliche Institutionen eine solche Ausstattung erforderlich, dass die vorgesehene Anleitung und Unterstützung auch tatsächlich so realisiert werden kann. 141 6 Z USAM M ENFASSUNG UND D ISKUSSION Umfang und Vielfalt der im Laufe dieses Projektes erfassten Daten bringen e s mit sich, dass bislang bei weitem noch nicht alle interessanten Aspekte ausgewertet werden konnten. Der vorliegende Projektbericht konzentriert sich deshalb auf die Ergebnisse, die im Hinblick auf die ursprünglich formulierten Aufgabenstellungen besonders relevant erschienen. Zusätzlich werden erste Ergebnisse bezüglich des Problems Verdeckter Depressiver Störungen bei Forcierter Bewältigungshaltung dargelegt und diskutiert. Weitere Auswertungen und Untersuchungen werden angestrebt. 6 .1 U nt e r s c hi e d e de r Pa ti e n te n in d e n B e h a n dl un gs s e t t in gs Bezüglich demographischer Basisdaten wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und Familienstand ergab sich kein Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen AN und PN. Auch im Hinblick auf das beim Schlaganfall betroffene Gefäßgebiet, die Hemisphärenseiten sowie die Lokalisation (Vgl. Tabellen A1-A7 im Anhang 9.2) fand sich kein belangvoller Unterschied zwischen den Patientengruppen in den zwei verschiedenen Behandlungssettings; in PN war lediglich der Anteil von Patienten mit Subarachnoidalblutungen mit 18,6% gegenüber 9,6% in AN höher. Dies dürfte unserer klinischen Erfahrung entsprechen, daß Subarachnoidalblutungen wegen ihres in der Regel besonders dramatisch erlebten Auftretens besonders oft von mit massiver existentieller Verunsicherung und häufigen psychischen Folgesymptomen einhergehen. In AN fanden sich Patienten mit im Mittel ausgeprägteren neurologischen und allgemein-körperlichen Einschränkungen (Barthelindex, NIHSS, Gehfähigkeit, Allgemeinzustand (vgl. 4.2.1). Die hier erhobenen Befunde mit vergleichsweise geringen diesbezüglichen Auffälligkeiten entsprechen den Ergebnissen einer Untersuchung von AHB-Patienten nach Schlaganfall von Krause et al. (1998). In PN zeigten die Patienten dagegen gegenüber AN signifikant ausgeprägtere Auffälligkeiten in allen Instrumenten zur Erfassung von Depression und Angst. Auch lag der Anteil von Patienten mit psychiatrisch/psychotherapeutischen Vor142 behandlungen und einer Antidepressiva-Medikation in PN höher. Im Hinblick auf Persönlichkeitsaspekte wiesen im FPI-A1 ebenfalls die Patienten in PN stärkere Abweichungen von den Normwerten für die einzelnen Skalen auf. Lediglich i m Hinblick auf die Skala „Männlich/Weiblich (FPI-A1-M) fiel in AN eine größere Abweichung vom Normwert für Männer im Sinne einer ausgeprägteren Betonung „männlicher“ Qualitäten auf. Dies dürfte dem Ergebnis entsprechen, daß sich i m Hinblick auf das Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung (FB) ergab. So fand sich in AN ein signifikant größerer Anteil von Patienten mit FB gegenüber PN. In diesem Zusammenhang sind auch indirekte Hinweise auf eine forciert abgewehrte emotionale Betroffenheit wie Psychomotrische Unruhe, Logorrhoe zu nennen, die sich ebenfalls in AN signifikant häufiger fanden. Auch sensible Reizsymptome als Hinweis auf eine mögliche Somatisierung wurden von den Patienten in AN häufiger beklagt. Dementsprechend lag in diesem Bereich auch der Anteil abrupter Stimmungsschwankungen signifikant höher; schließlich waren die Formen eher Verdeckter Depressiver Störungen (F 34.8, F38.1) ebenfalls in AN häufiger. Umgekehrt lag in PN der Anteil von Patienten, die im AMDP als klagsam-jammerig beschrieben wurden, höher; auch die Diagnosen nach ICD-10 F 32- und F33 waren häufiger. Ebenfalls in die Richtung eher endomorpher Depressionsformen im Bereich PN weist, daß die Patienten in PN häufiger Persönlichkeitszüge eines Typus Melancholicus Tellenbach und Symptome wie ein Morgentief, eine Beeinträchtigung der Vitalgefühle sowie Insuffizienz- und Schuldgefühle im AMDP zeigten. Bereits bei Aufnahme lag die Psychotherapiemotivation nach dem FMP in PN signifikant höher, als bei den Patienten in AN (vgl. 4.2.8.2). Nach dem FKV waren depressive Verarbeitungsmodi (FKV-2) und regressive Tendenzen (FKV-9) in PN signifikant häufiger, während in AN der Skalenwert für eine „Relativierung durch Vergleich“ im Mittel höher lag (vgl. 4.2.6.2). Offenbar war das subjektive Beeinträchtigungserleben der Patienten in PN bei Aufnahme gegenüber AN ausgeprägter. So fanden sich im WHOQOL-BREF bei Aufnahme in PN durchgängig niedrigere Mittelwerte als in AN für alle erfaßten Bereiche, mit einem signifikanten Unterschied sowohl für die Domäne „psychisch“ als auch für die Domäne „physisch“.(vermutlich als Ausdruck einer depressiv geprägten Selbstwahrnehmung) (vgl. 4.2.8.3). Auch in der aktuellen Selbsteinschät- 143 zung der Patienten nach dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA BadenWürttemberg (vgl. 3.4.2.8, 4.2.8.4) bei Aufnahme zeigte sich ein entsprechender Unterschied mit signifikant schlechteren Reha-Noten, d.h. einem stärkeren Leidensdruck der Patienten in PN. Für eine tatsächlich ausgeprägtere Beeinträchtigung der Patienten in PN spricht, daß dort auch die Reha-Noten in der ArztEinschätzung im Mittel signifikant schlechter ausfielen. Leider zeigte sich ein höherer Chronifizierungsgrad in PN. So fand sich zwar kein wesentlicher Unterschied für die durchschnittlichen Zeiten zwischen Auftreten des Schlaganfalls und Aufnahme in die stationäre Behandlung; aber in AN waren sowohl der Anteil von AHB-Patienten als auch von Patienten, bei denen der Insult weniger als ein Jahr zurücklag, signifikant höher. In PN sprechen eine höhere Arbeitslosigkeit bei den zum Aufnahmezeitpunkt arbeitsunfähigen Patienten, ein größerer Anteil mit einem offenen Rentenwunsch sowie eine geringere Zahl von zusätzlich eher belastend erlebten sozialen Kontakten für eine schwierigere sozialmedizinische Ausgangssituation und z. T. beginnende psychosoziale Desintegration (vgl. 4.2.3.2). Dieser Befund bestätigt, wie wichtig es ist, eine psychische Symptomatik möglichst frühzeitig zu erfassen und zielgerichtet zu behandeln. 144 6 .2 Er g e b ni s s e de r Re ha bi li ta ti on s b e h a n dl un g Alle Patientengruppen zeigten in der klinischen Beurteilung und bei den eingesetzten Untersuchungs- und Beurteilungsinstrumenten im Verlauf der stationären Behandlung bis zur Entlassung erfreuliche Verbesserungen sowohl in körperlicher, neuropsychologischer als auch insbesondere in psychischer Hinsicht. (In körperlicher Hinsicht lassen sich auch nach den Erfahrungen anderer Untersucher im Verlauf einer AHB-Behandlung nach Schlaganfall signifikante Verbesserungen erreichen (Krause et al., 1998).) So kam es bis zur Entlassung u.a. zu hochsignikanten Verbesserungen (p<0,001) des HADS-D-D und –A, des CDS und dementsprechend auch der Hauptzielgröße, des STAI-State sowie der Reha-Noten als Einschätzung des jeweils aktuellen Gesundheitszustandes durch Arzt und Patient (vgl. 4.2.2.2, 4.2.8.4). Retrospektiv befragt, gaben nach 6 Monaten (Katamnese I) 92,5%, nach 12 Monaten (Katamnese II) 94,4% der Patienten an, von der stationären Behandlung in den Kliniken Schmieder profitiert zu haben. Ebenso spiegelt sich der positive Einfluß der stationären Behandlung in den VEV-Befunden bei Entlassung wider. Auch bei Katamnese II ließen sich weiterhin erfreuliche Verbesserung der klinischen, testdiagnostischen und testparametrischen Befunde in beiden Therapiebereichen fassen, die sich in den meisten Fällen ebenfalls als signifikant gegenüber den Aufnahmesituation erwiesen – so u.a. für die Erfassungsinstrumente des Depressionsausmaßes. Bemerkenswert ist bei diesem letztlich positiven Verlauf nach Abschluß der stationären Behandlung jedoch ein „Zwischentief“ im Sinne einer vorübergehenden Verschlechterung nach 6 Monaten, welche sich bei Katamnese I in analoger Weise in sämtlichen Erfassungsinstrumenten für Depression und Angst, aber auch im Verlauf der Rehabilitation-Noten (Patienteneinschätzung) nach dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA Baden-Württemberg darstellte. Auch der VEV wies bei Katamnese I gegenüber den bei Entlassung benannten positiven Veränderungen auf eine Stagnation hin (vgl. 4.2.8.1). Vermutlich spielten hierbei mehrere Faktoren eine Rolle. 145 Eine naheliegende Erklärung für den beobachteten Verlauf mit „Zwischentief“ nach 6 Monaten könnte darin begründet sein, daß die positiven Effekte der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der häuslichen Umgebung mit den damit verbundenen Adaptationserfordernissen nicht mehr hinreichend greifen und die Patienten – konfrontiert mit den Anforderungen und Belastungen des Alltags – ihre Einschränkungen subjektiv stärker wahrnehmen. (Auch aus der Literatur ist bekannt, daß während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme erreichte Verbesserungen nach der Entlassung nicht ohne weiteres stabil erhalten bleiben (Görres et al., 1988)). Dagegen könnte sich zum Zeitpunkt der Katamnese II bereits eine Adaptation an diese Situation – im Sinne einer zweizeitigen Anpassungs- bzw. Bewältigungsleistung - eingestellt haben. Es wird offenbar gewissermaßen ein Übergang in die „Normalität“ erreicht. Darüber hinaus ist ein Einfluß der unterschiedlichen Erhebungssettings bei den Katamnesen im Sinne einer negativeren Selbsteinschätzung der Patienten bei Katamnese I denkbar. Diese erfolgte lediglich im Rahmen eines Telephoninterviews sowie in schriftlicher Form, während bei Katamnese II eine längere Konsultation durch einen erfahrenen Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten stattfand, welche von vielen Patienten sogar explizit als unmittelbar hilfreich erlebt wurde und dadurch sekundär zu einem verbesserten Befinden und damit einhergehend einer positiveren Einschätzung in den Selbstratinginstrumenten geführt haben könnte. (Bezüglich des Stellenwerts der therapeutischen Begegnung für eine angemessene Erfassung der psychischen Situation im Rahmen einer klinischen Untersuchung sei auch auf 6.6.2 verwiesen.) Als weiterer, möglicherweise die Ergebnisse verfälschender Aspekt galt es zu prüfen, inwieweit es sich bei dem „Zwischentief“ nach 6 Monaten um ein Artefakt durch eine Selektion bei den katamnestisch erfaßten Patienten gegenüber den Drop-outs handeln könnte. Um dieser Frage nachzugehen, erfolgte eine detaillierte Erfassung und statistische Auswertung gerade auch der jeweils nicht erfaßten Patienten im Vergleich zu denjenigen, die in die Untersuchungen einbezogen werden konnte (vgl. 4.2.9). Zusammenfassend ergab sich bei dieser Sichtung jedoch kein Anhalt für einen dadurch bedingten systematischen Fehler. Wie die Übersicht A9 im Anhang wiedergibt, unterschieden sich die Drop-outs nicht grundsätzlich von den auch im Verlauf erfaßten Patienten. Auch die darüber hin- 146 aus ergänzend erfolgte statistische Auswertung der Veränderungen im Verlauf unter Einbeziehung nur derjenigen Patienten, für die Untersuchungsbefunde an allen Erhebungszeitpunkten vorlagen, zeigte einen analogen Verlauf mit ebenfalls signifikanten Verbesserungen während der Rehabilitationsmaßnahme sowie zwischen Aufnahme und Katamnese II. Aber auch bei diesen Berechnungen fand zum Zeitpunkt der Katamnese I eine vorübergehende Verschlechterung in den Selbstratinginstrumenten. Bei genauer Betrachtung der Daten ergaben sich im Hinblick auf bestimmte Aspekte Anhaltspunkte für eine - insbesondere längerfristig - positivere Entwicklung der Patienten aus dem Bereich PN, die für eine größere Nachhaltigkeit des intensivierten psychotherapeutischen Behandlungsangebotes sprechen. So kam es offenbar im Verlauf nach der stationären Behandlung bei den meisten Patienten zu einer kontinuierlichen Abnahme der sozialen Kontakte zu Freunden und Bekannten. Diese Entwicklung fand sich in beiden Therapiebereichen; aber sowohl bei Katamnese I als auch bei Katamnese II gab es im Bereich PN einen größeren Anteil von Patienten, die – dem sonstigen Trend entgegenstehend - eine Zunahme ihrer Kontakte im Verlauf benannten, bei Katamnese I 7,1% gegenüber 3,9% im Bereich AN, bei Katamnese II 13,3% in PN gegenüber 7,7% in AN. Die Patienten in PN brachten zwar im Mittel gegenüber den Patienten aus AN bereits bei Aufnahme eine höhere Psychotherapiemotivation mit (FMP). Diese lag jedoch im Vergleich unter den Normwerten für stationäre psychosomatische Patienten. Vermutlich mit als Folge einer in PN in besonderer Weise geleistete Motivationsarbeit, aber auch auf Grund einer positiven Behandlungserfahrung, kam es im Verlauf des stationären Aufenthaltes bis zur Entlassung in PN zu einen erfreulichen Anstieg der Psychotherapiemotivation. So lag der Mittelwert der Skala „Erwartungen und Erfahrungen bezüglich Psychotherapie“ (FMP-4) in PN bei Aufnahme zwar mit 68,9 unter dem T-50-Wert 71 der Vergleichsgruppe von Patienten aus psychosomatischen Kliniken, stieg aber auf 71,3 bei Entlassung. Dieser in PN erreichte Wert blieb mit 71,9 bei Katamnese I und 71,0 bei Katamnese II i m Verlauf stabil. Demgegenüber kam es bei bereits primär signifikant niedrigerem Ausgangswert in AN von 60,7 im weiteren Verlauf eher zu einer Abnahme des FMP-4-Scores über 60,2 bei Entlassung und 58,3 bei Katamnese I auf 59,6 bei Katamnese II. 147 Dementsprechend lag auch der Anteil von Patienten, die sich zwischen Entlassung und den katamnestischen Untersuchungen auch ambulant noch Behandlungsangebote im Hinblick auf psychische Störungen nutzte, in PN gegenüber AN (sowohl für eine psychiatrische als auch eine psychotherapeutische Behandlung) signifikant höher (vgl. 4.2.4). Auch sprechen die Verlaufsbefunde des VEV mit deutlich höheren positiven Veränderungswerten in PN gegenüber AN gerade zwischen Katamnese I und Katamnese II für eine nachhaltig positive Wirkung der intensivierten – und häufiger fortgeführten – psychotherapeutischen Behandlung dieser Gruppe. Die CDS zeigte bei den Patienten in PN gegenüber den Patienten aus AN gerade im längerfristigen Verlauf eine positivere Entwicklung der depressiven Symptomatik an. So kam es diesbezüglich im Mittel bei den Patienten aus AN zwischen Entlassung und Katamnese II zu einer signifikanten Verschlechterung, während sich der CDS-Score in PN in diesem Zeitraum im Mittel sogar signifikant verbesserte (vgl. 4.2.2.2). (Dieser Unterschied bildete sich in den Selbstratingverfahren allerdings nicht so deutlich ab.) In die gleiche Richtung weist die Beobachtung aus den Ergebnissen des FKV, daß sich bezüglich der eher ungünstigen Strategie „regressiver Tendenzen“ (FKV-10) zwar bei Aufnahme in PN gegenüber AN ein signifikant höherer Mittelwert von 18,0 gegenüber 12,5 in PN fand, aber i m Verlauf bis zur Katamnese II in PN eine Abnahme auf 13,1 erreicht wurde, wogegen sich in AN diesbezüglich (12,7 bei K II) keine Änderung zeigte. Bei der statistischen Auswertung der Befunde des WHOQOL-BREF im Verlauf ergeben sich für die Gesamtpopulation keine signifikanten Verbesserungen. Bei getrennter Betrachtung der beiden Therapiebereiche zeigt sich jedoch – allerdings nur in PN - eine signifikante Verbesserung der WHOQOL-BREFGesamtsskala im Verlauf bis zur Katamnese II. Auch dies könnte Ausdruck einer sich gerade längerfristig bemerkbar machenden positiven Wirkung der intensiveren psychotherapeutischen Behandlung in PN sein. In dieselbe Richtung weisen die über den Verlauf hinweg von den Patienten in unterschiedlicher Offenheit und Häufigkeit beklagten Störungen der Sexualität (4.2.3.1) mit einer langfristig positiveren Entwicklung bei den Patienten aus PN. 148 6 .3 P r ä di k t or e n f ür d ie V e r be s s e r un g de r De pr e s s i ve n Sy m p to m a ti k (H a u pt zi e l gr öß e ) i m Ve r l a u f Es wurde überprüft, welche Befunde bzw. Patientenmerkmale bei Aufnahme in die neurologische Rehabilitation den Outcome im Hinblick auf das Ausmaß der Depressiven Symptomatik, wie durch die Hauptzielgröße erfaßt, bei Entlassung und nach 12 Monaten (Katamnese II) prognostisch relevant sind. Als statistisches Verfahren wurde die lineare Regression sowie unterstützend auch die schrittweise lineare Regression in Rückwärtstechnik angewandt (vgl. Kapitel 4.3). Die Selektion der Prädiktorvariablen erfolgte unter Einbeziehung von Korrelationsanalysen, univariaten Regressionsanalysen sowie von inhaltlichen Gesichtspunkten. Die Ergebnisse belegen einen eindeutig positiven prognostischen Einfluß des initialen Schweregrades der depressiven Symptomatik auf die im Verlauf erreichbare Verbesserung (wie sie durch die Hauptzielgröße erfaßt wird). Dies gilt sowohl für die Zeit der stationären Behandlung bis zur Entlassung als auch für den langfristigen Verlauf bis zur Katamnese II. Höhere Werte in den eingesetzten Selbst- und Fremdrating-Instrumenten zur Depressionserfassung bei Aufnahme (HADS-D-D und CDS) sprechen prognostisch für eine weiterreichende Rückbildung der depressiven Symptomatik. Es liegt nahe, daß bei geringer ausgeprägten depressiven Veränderungen schon im Hinblick auf einen umgekehrten Deckeneffekt geringere Besserungsspielräume bestehen. Darüber hinaus ist jedoch zusätzlich ein indirekter Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung zu vermuten. Dabei sind einerseits bei Patienten mit FB nicht nur die Scores in den Depressionserfassungs-Instrumenten niedriger, sondern auch die Psychotherapiemotivation (FMP) geringer ausgeprägt (vgl. 4.4.3). Auch findet sich in AN sowohl ein höherer Anteil von Patienten mit niedrigen Depressionswerten, als auch signifikant häufiger eine FB (vgl. 4.2); eine Tatsache, die ebenfalls mit dazu führen dürfte, daß die offenbar in dieser Patientengruppe eher verdeckt in Erscheinung tretenden Depressiven Störungen weniger intensiv und zielgerichtet behandelt werden. In die gleiche Richtung weist, daß sich der AMDP-Parameter „klagsamjammerig“ als bester Prädiktor (mit r=0,85) für eine Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf der stationären Behandlung gezeigt hat. Demnach 149 begünstigt ein Offen-nach-außen-zeigen des depressiven Erlebniswandels mit entsprechender Behandlungsbedürftigkeit eine Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf. Passend hierzu fand sich auch ein positiver prognostischer Effekt für die FPI-A1-Skala „Extraversion“ (FPI-E). Umgekehrt erweist sich die als Hilfskonstrukt eingesetzte Konzeption einer Forcierten Bewältigungshaltung (FB) bei der Regressionsanalyse als prognostisch sehr aussagekräftig mit einem deutlichen negativen Einfluß auf die erreichbare Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf bis zur Katamnese II (r = 1,2). Somit scheint die FB ein klinisch durchaus sehr relevantes Phänomen (möglicherweise auch eine charakteristische Entität) zu erfassen, selbst wenn sie sich mit den hier eingesetzten gängigen Instrumenten zur Beschreibung von Krankheitsbewältigungsprozessen (FKV, KKG) nicht fassen lässt (vgl. 6.5). Bezogen auf den längeren Beobachtungszeitraum bis zur Katamnese II ergab sich für das Geschlecht die größte prognostische Vorhersagekraft mit r = 1,59. Dabei weisen Frauen offenbar eine günstigere Prognose im Hinblick auf die erreichbaren Verbesserungen der Depressivität im Verlauf auf. Dieses Ergebnis überrascht nicht, wenn man berücksichtigt, daß Frauen nicht nur in unserer Studie eine höhere Psychotherapiemotivation (FMP) aufwiesen, sondern auch nach der klinischen Erfahrung eher extrovertierter und aufgeschlossener für psychotherapeutische Behandlungsangebote sind und emotionale Bedürftigkeit / Beeinträchtigungen leichter nach außen zugestehen können, als Männern. Das eine größere Psychotherapiemotivation, so wie sie der FMP erfaßt, mit besseren psychotherapeutischen Behandlungserfolgen einhergehen, ist bekannt (Schneider et al., 1999) Auch Kallert et al. (1995) identifizierten u.a. „Weibliches Geschlecht“ als Prädiktor für einen günstigen Depressionsverlauf. Fast alle für den Outcome der Depressiven Störung als prognostisch relevant erfaßten / bestimmten Parameter weisen demnach inhaltlich in eine gemeinsame Richtung, auch wenn sie nicht direkt untereinander hoch korreliert sind. Für den Zeitraum der stationären Behandlung selber zeichnet sich darüber hinaus ab, daß eine größere Gelassenheit, Zuversicht und Geduld (nach dem FPI-6) nachvollziehbar einen positiven, eine stärker ausgeprägte Mobilitätseinschränkung einen negativen prognostischen Prädiktor für eine Depressionsverbesserung im Verlauf darstellen. Auch das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit bei Auf150 nahme ist offenbar mit geringeren Verbesserungen der Depression bis zur Entlassung verbunden. Für die Katamnese II findet sich ein – wenn auch sehr viel geringerer - prognostischer Einfluß des psychischen Anteils an den mental-kognitiven Einschränkungen (nach dem Neuropsychologischen Rating) im Sinne einer geringeren Verbesserung der Depressiven Symptomatik bei höherem psychischen Anteil der gezeigten kognitiven Einschränkungen. 151 6 .4 Z uw e i s u ng i n di e ve r s c h ie de ne n Be ha nd lu ng s k on te x t e Das Design der Studie begrenzt die diesbezüglichen Aussagemöglichkeiten. Für weitergehende Feststellungen wären kontrollierte Vergleichsstudien erforderlich gewesen, in denen die Patienten ohne Rücksicht auf den jeweiligen neurologischen wie psychiatrischen Befund randomisiert verteilt werden. Dem stand entgegen, dass sich Rehabilitationsplan und Behandlung selbstverständlich an den Erfordernissen des Einzelfalles orientieren müssen. Die Aufnahme in die verschiedenen Behandlungskontexte musste sich insbesondere nach den gegebenen Zuweisungs- und Belegungsmodalitäten richten, wobei v.a. für die teilstationäre Behandlung neben medizinischen Kriterien (z.B. Schwere des Krankheitsbildes) Wohnortnähe und Erreichbarkeit der Einrichtung entscheidende Kriterien darstellten. In diesem Zusammenhang ist anzunehmen, dass die Rekrutierungsschwierigkeiten im teilstationären Bereich bereits ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung darstellen. So legt das trotz zielgerichteter Anstrengungen anhaltende Ausbleiben von teilstationären Patienten nahe, dass Kranke, die zugleich mit den Folgen eines Schlaganfalles depressive Störungen zeigen, offenbar primär nicht in einen teilstationären Kontext zugewiesen werden. Vermutlich benötigen solche Patienten eine intensivere Versorgung und mehr Struktur, als teilstationär zu gewährleisten ist. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass der depressive Erlebniswandel die Kranken daran hindert, den für die Nutzung eines teilstationären Rehabilitationsangebotes erforderlichen Eigenantrieb aufzubringen. Alternativ oder ergänzend könnte hier außerdem das Phänomen Verdeckter Depressiver Störungen zum Tragen kommen. Die Ergebnisse des ausführlichen Vergleiches der Patienten in AN versus PN (vgl. 4.2) zeigt, dass eine sinnvolle interne Differenzierung nach Behandlungsschwerpunkten gegenwärtig offenbar schon erfolgt. Dies dürfte zum einen daran liegen, dass in den Kliniken Schmieder erfahrene Fachärzte als Belegärzte tätig sind, die auf Grundlage der mitgeteilten Vorbefunde die Patienten zielgerichtet in einen der beiden Behandlungskontexte AN bzw. PN zuweisen. Zum anderen spielen mit wachsendem Bekanntheitsgrad des speziellen Behandlungsangebotes im Bereich PN zunehmend gezielte Zuweisungen von außen eine Rolle. 152 Offenbar gelangen Patienten mit ausgeprägten und insbesondere offen zu Tage tretenden bzw. beklagten Depressiven Störungen bereits jetzt in den Bereich PN mit einem besonders intensiven Behandlungsangebot für psychische Störungen. Dagegen findet sich im allgemeinneurologischen Bereich AN ein höherer Anteil von Patienten mit stärkeren körperlichen Einschränkungen (vgl. 4.2.2.1). Der höhere Anteil von Patienten mit Forcierter Bewältigungshaltung in AN, bei denen sich die depressive Symptomatik eher verdeckt (vgl. 4.4.2,) manifestiert, lässt eine alleinige Orientierung an den Vorbefunden unzulänglich erscheinen. In dieselbe Richtung verweist, dass Patienten mit depressiven Störungen nach Schlaganfall häufiger erst mit Verzögerung in eine angezeigte spezifische Behandlung kommen. Dazu passend finden sich in PN Hinweise auf einen höheren Chronifizierungsgrad mit ungünstigeren psychosozialen und sozialmedizinischen Bedingungen (vgl. 4.2.3.2). Selbst in solchen Fällen lassen sich auf Symptomebene deutliche Besserungen erzielen; bei bereits einsetzender psychosozialer (vgl. Anderson, 1995; Köhler, 1994) und fortgeschrittener innerer Festlegung auf die Notwendigkeit einer Rente gelingt eine Wendung der sozialmedizinischen Situation jedoch häufig nicht mehr. Zwar läßt sich der positive Einfluss einer früheren und zielgerichteten Intervention auf den Verlauf mit unseren Daten nicht belegen. Unter Berücksichtigung der rehabilitationsmedizinischen Erfahrung erscheint die Forderung nach einer verbesserten - insbesondere früheren - Identifikation solcher Krankheitsbilder mit zeitnaher Zuweisung in eine entsprechende Behandlung sicher gerechtfertigt. Zum einen besteht Bedarf nach geeigneten, auch in der Akutklinik oder der ambulanten Versorgung anwendbaren Assessmentverfahren, zumal für verdeckte Formen depressiver (und anderer psychischer) Störungen. Zum anderen ist der verbreiteten Fehleinschätzung entgegen zu wirken, psychische Auffälligkeiten nach Schlaganfall nur als verständliche Reaktion zu bewerten, die keiner Behandlung bedarf. In ähnlicher Weise kann aber auch die Bewertung affektiver Beeinträchtigungen als allein hirnorganisch bedingt eine notwendige zeitnahe Behandlung verhindern. 153 6 .5 D e p r e s s iv e St ör un ge n na c h S c h la ga nf a l l: K li ni s c he B e s on de r h e i te n Unter einem klinischen Blickwinkel lassen sich aufgrund der Studienergebnisse einige Besonderheiten der Erscheinungsformen depressiver Störungen nach Schlaganfall formulieren: Es bestätigt sich, daß es nach Schlaganfall keine eigenständige depressive Krankheitsentität gibt, der Begriff der Poststroke Depression (PSD) sollte daher allenfalls als Oberbegriff verwendet werden (House et al., 1991). Auch wenn nach ICD-10 formal die Diagnose einer organisch depressiven Störung nach Kapitel F06 zu diskutieren ist, legt die Vielfalt der klinischen Bilder nahe, die Diagnose nicht allein auf die Kenntnis der Hirnschädigung zu stützen, sondern die Art der depressiven Verstimmung vorrangig auch nach den anderen Kategorien zu klassifizieren, mit denen das ICD-10 Depressivität beschreibt. Jenseits ätiologischer Fragen hat dieses Vorgehen den Vorzug, Hinweise auf die jeweils erforderlichen therapeutischen Interventionen zu geben. Angesichts der affektiven Störungen inhärenten Vielgestaltigkeit überrascht nicht, daß alle Formen depressiver Störungen vorkommen. Passend zum unmittelbaren erlebnisreaktiven Bezug sind Anpassungsstörungen besonders häufig, aber auch mit ausgeprägteren depressiven Störungsbildern nach ICD-10 F 31 bis F33 ist zu rechnen. Am anderen Ende des Spektrums finden sich die unter 4.4.2 beschriebenen und im folgenden diskutierten Sonderformen Verdeckter depressiver Störungen (Schmidt et al., 2000). Als Hinweise auf eine allfällige depressive Verstimmung sind in diesem Zusammenhang auf Symptomebene Schmerz, Belastbarkeitsminderung und (Schwindel)-Anfälle als weitere ätiologisch unbestimmte Beschwerden zu nennen; aber auch eine auffallende Rastlosigkeit und Logorrhoe sollte an einen – forciert abgewehrten - depressiven Erlebniswandel denken lassen. 6 .5 .1 Ve r de c k te de pr e s s ive Stör unge n na c h Sc hla ga nfa ll Dass psychische Störungen nach Schlaganfällen in relevantem Umfang „verdeckt“ auftreten können, ist ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung. Für depressive Störungen an sich ist bekannt, dass sie sich körperlich manifestieren können, und etwa im Konzept der larvierten oder auch maskierten Depression 154 beschrieben; im Englischen ist von einer "smiling depression“ die Rede (Kielholz 1973, Lopez-Ibor 1972, Wolfersdorf 1992, Berger 1999). In der Symptomatologie solcher Depressionen fehlen ”depressive” Affekt- und Denkstörungen, da sie hinter Körperbeschwerden zurücktreten, bzw. sie scheinen zu fehlen (Klerman 1983, Wittchen et al. 1999). „Verdeckte“ Störungsbilder gibt es offenbar auch bei anderen psychischen Leitsymptomen, insbesondere bei Angst (Angenendt et al. 1999). Als Beschwerden, die häufiger eine psychische Problematik verbergen können, lassen sich bei neurologisch Kranken eine Minderung der Belastbarkeit oder manche Beeinträchtigungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis herausheben; aber auch chronische Schmerzen (Löttgen et al. 1995; Schmidt et al., 1997 u. 2000, House et al., 1991). Die jeweils geklagten Beschwerden sind nicht spezifisch für eine bestimmte psychische Störung, sondern kommen offenbar bei unterschiedlichen seelischen Konstellationen vor (Maier, 1998). Klinisch ist immer wieder zu beobachten, dass in solchen Fällen die Symptomatik (nachvollziehbar) einseitig als wesentlich hirnorganisch bedingt eingeordnet wird – was zumeist auch mit einer geringen therapeutischen Beeinflussbarkeit und einer schlechten Prognose gleichgesetzt wird; obwohl unter sachgerechter Behandlung oft sogar erhebliche Besserungsspielräume erschlossen werden können (Mangold und Wallenfang, 2000). Unter dem Begriff „Unterschwellige psychische Störungen“ rückt gegenwärtig das Problem solcher psychischer Störungen allgemein stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die klinisch von Bedeutung sind, obwohl nicht alle diagnostischen Kriterien erfüllt sind. Hierunter werden leicht ausgeprägte, symptomarme, atypische oder zeitlich limitierte psychopathologische Syndrome unterhalb der Schwelle operationalisierter Diagnosen verstanden. Offenbar kommt solchen Störungen wesentliche Bedeutung zu: sie sind offenbar häufig und wahrscheinlich von erheblichem Krankheitswert (H. Helmchen, 2001). Zu klären ist, inwieweit es sich um beginnende, intermittierende oder residuale Zustände bekannter psychischer Krankheiten oder gar um eigenständige Krankheitszustände handelt. Im vorliegenden Zusammenhang ist insbesondere der Hinweis von Interesse, unterschwellige psychische Störungen könnten als („komorbide“) Begleitsyndrome anderer psychischer oder körperlicher Krankheiten auftreten. Es fehlen a- 155 ber noch Modellvorstellungen, wie sich die Komorbidität von körperlichen und psychosozialen Störungen im Konkreten auf das jeweilige psychopathologische Bild auswirken könnte. Obwohl das Bild larvierter depressiver Störungen auch in der Klinik zum Grundwissen gehört, ist davon auszugehen, daß solche verdeckten Störungen im konkreten Behandlungsalltag oftmals unerkannt bleiben (Berger, 1999, Stoudemire et al, 1985). Folgen wir den in der vorliegenden Untersuchung gemachten Beobachtungen, dann bleiben verdeckte depressive Störungen solange unerkannt, wie nicht zielgerichtet daraufhin untersucht wird. Schramke et al. (1998) weisen auf daß Problem unzureichender Erfaßbarkeit depressiver Störungsbilder nach Schlaganfall durch gängige Instrumente und das damit verbundene Risiko einer Unterschätzung der Häufigkeit hin. Auch die im Rahmen dieser Studie eingesetzten, gängigen Depressionserfassungsinstrumenten bilden die klinisch diagnostizierten Depressiven Störungen nicht hinreichend ab (vgl.4.4.1). Diesbezüglich ist im Hinblick auf alle eingesetzten Erfassungsinstrumente zu beachten, daß die jeweiligen, den Auswertungen in Kapitel 4.4.1 zu Grunde gelegten Grenzwerte als mehr oder weniger vorläufige Empfehlungen zu betrachten sind und je nach Fragestellung einer Anpassung bedürfen. Dies gilt insbesondere für den HADS-D, der als Screeninginstrument für ängstlich-depressive Störungen bei somatisch Kranken entwickelt wurde (Zigmond et Snaith, 1983). Auch für die CDS stellen Herrmann et al. (1995) eine Eignung als Instrument zur Diagnosestellung einer depressiven Störung zwar in Frage, betonen aber die Eignung zur Bestimmung des Schweregrades. Hinzu kommt, daß die CDS in unserer Studie nicht exakt entsprechend der von Herrmann et al. geforderten Bedingungen eingesetzt wurde. So erfolgte z. B. die erste Befunderhebung direkt nach Aufnahme – und nicht, wie empfohlen, durch einen Therapeuten, welcher den Patienten bereits längere Zeit kennt. Auch die Einbeziehung fremdanamnestischer Angaben gelang nicht in allen Fällen. Hinzu kommt die Beobachtung eines „Schulungseffektes“ durch die Erfahrungen im Verlauf der Studie - im Sinne einer offensichtlich zunehmenden Kompetenz, Auffälligkeiten tatsächlich zu erkennen. Dies könnte eine Erklärung für die höheren Korrelationskoeffizienten zwischen der CDS und den anderen Instrumenten zur Depressionserfassung bei Katamnese II sein (vgl. 4.2.2.3.2). Trotz dieser Einschränkungen haben wir aus prag- 156 matischen Überlegungen die CDS weiter eingesetzt und auch als Bestandteil der Hauptzielgröße beibehalten, um eine Fremdbeurteilung einzubeziehen. Für die Aussagekraft der CDS sprechen die deutlichen Korrelationen mit den anderen Depressionsinstrumenten (Korrelationskoeffizienten von r=0,424 bis r=0,618, vgl. 4.2.2.3.2). Die differenzierten Studienergebnisse u.a. bezüglich der Unterschiede zwischen den Therapiegruppen und den Untersuchungszeitpunkten belegen, daß alle eingesetzten Erhebungsinstrumente (einschließlich der CDS) zwar nicht sensitiv genug sind, die Depressionsdiagnose in jedem Fall zu stellen, aber sehr wohl geeignet sind, zwischen Schweregraden zu differenzieren und Veränderungen im Verlauf zu erfassen. Unsere Ergebnisse (die auf einen nicht unerheblichen Anteil von Patienten mit Depression ohne entsprechende testparametrische Auffälligkeiten verweisen) sprechen für ein hohes Risiko, depressive Störungen nach Schlaganfall ohne zielgerichtete fachärztliche Untersuchung zu übersehen. In dieselbe Richtung weist eine Untersuchung von Schubert et al. (1992): Zwar wurde bei immerhin 68% der dort einbezogenen Rehabilitationspatienten nach Schlaganfall im Rahmen einer psychiatrischen ausführlichen Untersuchung eine depressive Störung festgestellt; im BDI zeigten sich Auffälligkeiten dagegen nur bei 50 % und im klinischen Alltag war keiner der betroffenen Patienten als depressiv erkannt worden. Neben neurologischen Kenntnissen sind zur adäquaten Erfassung depressiver Störungen nach Schlaganfall nicht nur neuropsychiatrische sondern auch psychotherapeutische Kompetenzen erforderlich. Gerade ein im Rahmen der Krankheitsbewältigung gleichsam aktiv in Schach gehaltener depressiver Erlebniswandel wird selbst einem fachärztlichen Untersucher entgehen können, wenn nicht im Verlauf der Untersuchung ein therapeutischer Dialog als Voraussetzung dafür zustande kommt, daß sich der Patient dem Arzt (und gegebenenfalls auch sich selbst gegenüber) in seinem verdeckt gehaltenen (forciert abgewehrten) Erleben öffnen kann. 157 6 .5 .2 Kom or biditä t (und Dur c hm is c hung) von Angs t- und De pr e s s ions s ym ptom e n Aus der Literatur ist bekannt, daß nach Schlaganfall nicht nur depressive Störungen, sondern auch Angststörungen häufig sind. So fanden nach Castillo et al. (1993) bei 40 % der Patienten nach Schlaganfall Angstsymptome; 27 % erfüllten die Kriterien für die Diagnose einer Generalisierten Angststörung nach ICD-10 F 41.1, aber lediglich 6% wiesen ausschließlich eine Angststörung auf. Nach unseren Ergebnissen zeichnen sich depressive Störungen nach Schlaganfall durch eine hohe Komorbidität bzw. Durchmischung mit Angstsymptomen aus, die sich u.a. in der hohen Korrelation zwischen Angst- und Depressionserfassungsinstrumenten darstellt (von r=0,522 bis 0,732 - vgl. 4.2.2.3.1). Es liegt nahe, hierfür in der durch die körperliche Erkrankung hervorgerufenen existentiellen Verunsicherung den Anlaß zu sehen. Die Tatsache, daß sich nicht nur für die beiden Skalen des HADS-D, sondern auch für die anderen eingesetzten Selbstratingverfahren hohe Korrelationen zwischen Angst und Depression fanden, spricht für ein gleichzeitiges Vorliegen von relevanten Angst- und Depressionssymptomen bei den untersuchten Schlaganfallpatienten und eher gegen eine eventuelle Diskriminationsunschärfe der Skalen als Erklärung für dieses Ergebnis. Nach Herrmann et al. (1994) ergab ein Vergleich der Angst/Depressions-Interkorrelation für den HADS-D mit einem Korrelationskoeffizienten von im Mittel r=0,53 keine grundsätzlich anderen Ergebnisse, als für andere etablierte Ratingverfahren mit einem gemittelten „r“ von 0,49. Die diesbezüglich höheren Korrelationen zwischen Angst und Depressionswerten in dem hier untersuchten Patientengut bestätigen den klinischen Eindruck, dass existentielle Ängste für das Erscheinungsbild depressiver Störungen nach Schlaganfall von zentraler Bedeutung sind. Aber auch in therapeutischer Hinsicht stellen sie ein klinisch relevantes Charakteristikum dar. Selbst bei Vorliegen einer offensichtlichen depressiven Symptomatik ist es die direkte, Halt gebende Thematisierung der zu Grunde liegenden existentiellen Verunsicherung, die den therapeutischen Zugang zum Kranken überhaupt erst eröffnet. Vergleicht man die Korrelationskoeffizienten zwischen den jeweiligen Angst- und Depressionsinstrumenten an den verschiedenen Erhebungszeitpunkten, so fällt auf, dass sich durchweg für alle Test-Paarungen die jeweils größten Korrelationskoeffizienten und damit der jeweils stärkste Zusammenhang bei Entlassung 158 ergab (z. B. zwischen HADS-D-D und HADS-D-A bei Entlassung von r=0,732 gegenüber r= 0,622 bei Aufnahme). Dies könnte bei aller Vorsicht, mit der Interpretationen solcher Befunde zu bewerten sind, als Hinweis darauf verstanden werden, dass im Verlauf des Heilverfahrens mit abnehmendem Ausmaß der Depressivität die zugrundeliegende existentielle Angst im Verhältnis deutlicher zutage tritt. In diesem Zusammenhang soll kurz auf grundsätzliche Fragen im Hinblick auf ein gemeinsames Auftreten von Angst und Depression eingegangen werden (Übersicht von Schulze, 1990). Da sowohl Angst- wie Depressionsmerkmale für sich genommen schon häufige Störungen sind, erklärt dies bereits ein gemeinsames Auftreten. Nach Helmchen und Linden (1986) ist die Komorbidität von Angst und Depression jedoch höher, als bei postulierter Unabhängigkeit statistisch zu erwarten wäre. Bramley et al. (1988) beschreiben ein hierarchisches Prinzip – „depression trumps anxiety“, welches sich auf verlaufsdynamische Beobachtungen stützt - im Sinne einer Entwicklungslinie von Angstzuständen hin zu depressiven Zuständen, wobei Angst auch ohne depressive Symptome auftrete, Depression dagegen Angst häufig mit einschließe. Hinweise auf eine solche sequentielle Beziehung, in der die Depressionssymptomatik den höheren Störungsgrad markiert, werden u.a. auch aus biochemischer resp. pharmakologischer Perspektive abgeleitet (Helmchen et al. 1986, Zung et al 1990 – zit. n. Herrmann et al. 1994). In einer anderen Studie werden Angst und Depression als gleichwertige und differente Konstrukte eines Kontinuums von Hilfs- und Hoffnungslosigkeit konzeptualisiert (Brown & Barlow, 1992; zit. n. Herrmann, 1994). Unsere oben wiedergegebene Beobachtung der jeweils stärksten Korrelationen zwischen den Angst- und Depressionserfassungsinstrumenten bei Entlassung, d.h. nach Besserung insbesondere der depressiven Symptomatik, bestätigt die Annahme eines „hierarchischen“ Zusammenhangs zwischen Angst und Depression, bei der die Angst quasi als dynamische Basis der sich entwickelnden depressiven Symptomatik zu Grunde liegt. 6 .5 .3 Einflus s de r (for c ie r te n) Be w ä ltigung a uf da s k linis c he Bild Über Formen der Bewältigung bei akuten neurologischen Erkrankungen und insbesondere darüber, wie die Bewältigungsmodi das jeweilige klinische Bild modifizieren, ist nur wenig bekannt (Muthny 1992, Seidler 1985, Zuber et al. 1998). 159 Unsere Studienergebnisse zeigen bei Patienten nach Schlaganfall wiederkehrende Bewältigungsmodi, die Einfluss auf das klinische Bild nehmen (vgl. 4.4). Unter Zugrundelegung einer übergreifenden Beschreibung entsprechend den Dimensionen Aktivität vs. Passivität und Aufmerksamkeitszuwendung vs. –abwendung (Hasenbring 1995) läßt sich insbesondere eine von uns vorläufig so bezeichnete Forcierte Bewältigungshaltung fassen, mit der - entweder durch ein Übermaß an äußerer Aktivität oder an aktiver Abwendung der Aufmerksamkeit – vom Kranken versucht wird, zu verhindern, dass emotionale und interaktionelle Bedürftigkeit offenkundig werden - sich selber gegenüber und/oder vor Anderen. Dabei ergeben sich nach der klinischen Erfahrung deutliche Hinweise für einen ungünstigen Effekt auf die mental-kognitive Belastbarkeit und Ausdauer. Als weiterer wiederkehrender Bewältigungsmodus findet sich ein vom Überwiegen passiv-vermeidender Verhaltensweisen geprägtes Bild. Beide Modi treten offenbar vermehrt im Zusammenhang mit „verdeckten“ psychischen Störungen auf. Obwohl sich die als Hilfskonstrukt eingesetzte Konzeption einer Forcierten Bewältigungshaltung (FB) bei der Regressionsanalyse als prognostisch aussagekräftig erweist, lässt sie sich mit den hier eingesetzten gängigen Instrumenten zur Beschreibung von Krankheitsbewältigungsprozessen (FKV, KKG) nicht fassen. Passend zum klinischen Bild findet sich jedoch einen geringere Offenheit gegenüber psychotherapeutischen Konzepten (FMP). In der Selbsteinschätzung der eigenen Depressivität (HADS-D-D, BDI), der Angst (HADS-D-A, STAI-State) und Belastbarkeit zeigt sich eine Tendenz der Patienten mit FB, ihre Einschränkungen geringer zu bewerten als Patienten ohne FB. Gegen die Annahme tatsächlich geringer ausgeprägter Beeinträchtigungen bei den Patienten mit FB spricht das Ergebnis des neuropsychologischen Ratings, das aus der Außenperspektive auf eine tendenziell stärkere Ausprägung der Belastbarkeitsminderung in gerade dieser Gruppe verweist. Bei der Bewertung dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass es offenbar nicht nur dysfunktionale Formen dieser Bewältigungshaltung gibt, wie sie insbesondere in dem negativen prognostischen Einfluss auf den Verlauf der Hauptzielgröße zum Ausdruck kommen. (Nach unseren klinischen Beobachtungen gehen diese dysfunktionalen Formen auf Symptomebene mit vermehrter psychophysischer Erschöpfung und Somatisierungsneigung einher.) Dass sich ent- 160 sprechende Unterschiede im Gruppenvergleich der Patienten mit und ohne FB in unserer Untersuchung nicht abbilden, liegt vermutlich daran, daß in diesem Rahmen funktionale Formen der FB, die eine gelungene Krankheitsbewältigung begünstigen, noch nicht getrennt betrachtet wurden. Darin könnte auch die Ursache dafür liegen, daß sich die FB in FKV und KKG nicht abbildet. Zusammenfassend läßt sich gleichwohl festhalten, dass die jeweils gewählte Bewältigungsstrategie nicht nur das klinische Erscheinungsbild depressiver Störungen nach Schlaganfall wesentlich mit bestimmt, sondern v.a. prognostisch relevant zu sein scheint (vgl. 4.3). Im Ergebnis besteht Bedarf nach weiterer Klärung, und insbesondere nach einer operationalisierten Beschreibung funktionaler versus dysfunktionaler Bewältigungsstrategien. Allerdings wirft jeder Versuch einer Effizienzbewertung von Bewältigung vielfältige Fragen auf, die eine eigene Untersuchung erfordern – wobei die eingangs dargelegte Problematik eindeutiger Angemessenheitskriterien insbesondere im Hinblick auf die Zeit und Ausschließlichkeit, mit der eine FB eingesetzt wird, in den Mittelpunkt rückt (vgl. Lazarus und Folkmann, 1984). 6 .5 .4 Ps yc hodyna m is c he As pe k te de r For c ie r te n Be w ä ltigungs ha ltung FB Eine Konzeptualisierung der FB im Rahmen der eingeführten Copingmodelle steht noch aus (vgl. 2.1.4). Psychodynamisch können die als Forcierte Bewältigungshaltung FB beschriebenen Einstellungen und Verhaltensweisen modellhaft als aktiv abgewehrte existentielle Angst und Depressivität verstanden werden. Im Rahmen der Krankheitsbewältigung kann es schließlich sogar funktional sein, die Wahrnehmung eigener Schwäche oder – im Falle des anhaltenden depressiv-resignativen Erlebniswandels - auch eigener ungenutzter Möglichkeiten nicht zuzulassen (Herrmann, 1992). Gerade bei körperlichen Krankheiten, die sich in einer Verminderung der sensomotorischen Kontrolle und Bewältigung i m Alltag äußern, besteht die Erfordernis, alle Kräfte ”zusammenzureißen”, da die Kontrolle des Körpers bzw. der körperlichen Beeinträchtigungen nur dann gelingt, wenn man sich ganz darauf konzentriert. Dies geht mit einer vermehrten Aktivität und Vermeidung emotionaler Abhängigkeit einher, und mit den anderen Merkmalen, wie wir sie oben unter der Kennzeichnung FB zusammengestellt worden 161 sind. Unterstützt wird diese Art der Krankheitsbewältigung vom Vorliegen der körperlichen Beeinträchtigung, die in einer Art ”somatischen Entgegenkommens”, mit dazu beiträgt, dass Emotionen und Interaktionen auch vor allem körperlich zum Ausdruck kommen. Wo einem sonst etwas auf das Gemüt schlägt oder auf den Magen, da wird der Patient nach Schlaganfall mit einer Verstärkung oder zumindest verstärkten Wahrnehmung der Funktionsstörungen und Beein- trächtigungen reagieren. Aber auch in psychischer Hinsicht ist es zu einem existentiell überwältigenden Kontrollverlust gekommen. Es muss also darum gehen, sich keine Schwäche zu erlauben - nicht nach Außen, aber auch nicht nach Innen. Die Wahrnehmung eigener Emotionen wird insoweit einschränkt, als diese zu einer Verunsicherung und psychischen Labilisierung führen könnten. Passend hierzu zeigten Frank et al. (1985), daß bei der untersuchten Gruppe von Patienten unmittelbar nach einem akuten Schlaganfall „hoch-repressive“, d.h. eher verleugnende Patienten ihre akute Krankheitslage in emotionaler Hinsicht am effektivsten verarbeiteten. Auch wenn die Strategie der forcierten Bewältigung v.a. in der ersten Zeit nach einer Erkrankung grundsätzlich funktional sein kann, so ist sie aber eindeutig von Nachteil, wenn sie sich verselbstständigt: Zum einen ist sie auf Dauer dysfunktional, weil wesentliche Anteile der eigenen affektiven Wahrnehmung dem Betroffenen nicht zur Verfügung stehen. Die daraus folgende inadäquate Bewertung der Situation führt affektiv wie kognitiv zu inadäquaten Schlussfolgerungen, die ihrerseits eine erfolgreiche Bewältigung verhindern. Zum andern kann das labile Gleichgewicht nur zum Preis ständiger Anstrengung und Anspannung aufrechterhalten werden. In der Folge stellen sich mit einer zunehmenden Tendenz zur Somatisierung leicht Erschöpfung, Belastbarkeitsminderung u.ä. Symptome ein, die im Rahmen einer progredienten Dekompensation zuletzt doch noch in eine manifeste depressive Symptomatik einmünden können. Einen etwas anderen Akzent setzen in der bereits zitierten Arbeit Frank et al. (1985), wenn sie kritisch hinterfragen, inwieweit der initiale Vorteil einer „hoch-repressiven“ Bewältigung sich nicht längerfristig z.B. im Sinne eines reduzierten aktiven Engagements bezüglich Training und Beachtung von Risikofaktoren negativ auswirken könnte. Ein reduziertes Aktivitätsniveau kennzeichnet auch die zweite von uns beobachtete Form einer verdeckten depressiven Störung, den anhaltenden resignativ- 162 depressiven Erlebniswandel. Interessanterweise wird auch das Problem einer unzureichenden Erfaßbarkeit emotionaler Beeinträchtigung beim aus- schließlichen Einsatz von Selbstrating. Instrumenten gerade bei solchen verleugnenden Patienten benannt. 6 .5 .5 Zum Ve r la uf de pr e s s ive r Stör unge n Bei depressiven Störungen nach Schlaganfall handelt sich zu einem gewichtigen Teil um anhaltende Störungen, die offensichtlich jahrelang andauern und beträchtliches Leiden und Beeinträchtigungen nach sich ziehen können. In einer Studie zum Langzeitverlauf der PSD berichten Aström et al. (1993) eine Prävalenz von 19% nach zwei Jahren. Drei Jahre nach dem Schlaganfall sei die Häufigkeit wieder gestiegen und hätte sich bei 30 % stabilisiert, 50% der in der Akutphase depressiven Patienten seien zu dieser Zeit immer noch depressiv gewesen. Auch Robinson geht von einem langwierigen Verlauf der PSD aus, bei dem auf ein Jahr “Major Depression” mindestens zwei Jahre “Minor Depressive Disorder” folgen würden. Sharpe et al. (1990) hingegen konnten drei bis fünf Jahre nach dem Insult nur bei 8,3% der Patienten die Diagnose einer “Major Depression” stellen. Auch nach unseren Beobachtungen können depressive Verstimmungen viele Jahre nach dem Schlaganfallereignis vorkommen, das dann zumindest subjektiv weiterhin als entscheidend für den eigenen Lebensverlauf und für die eigene Stimmungslage eingeschätzt wird. Allerdings sind depressive Verstimmungen häufig und ihre Ursachen vielfältig, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang bei mehrjährigem Verlauf nicht weiter belegt werden kann. Legt man die von unseren Verlaufserhebungen gestützte klinische Beobachtung zugrunde (vgl. 4.2.2.2.1), scheinen unter einer Behandlung, die sowohl die depressive Verstimmung wie auch allfällige Schlaganfallfolgen aufgreift, jedoch auch nach Jahren noch deutliche Verbesserungen der Depressivität erreicht werden zu können. Umgekehrt legen unsere Beobachtungen die Vermutung einer nicht unerheblichen Gefahr der Chronifizierung nahe, resultierend aus der ungenügenden bzw. erst verzögerten Behandlung depressiver Störungen. In diesem Zusammenhang sind nicht allein die verdeckten Formen depressiver Störungen zu nennen, die i m Verlauf deutlich zunehmen, sondern insbesondere auch die Tendenz, emotionale 163 Veränderungen nach Schlaganfall als „normal“ und jedenfalls als nicht behandlungsbedürftig zu bewerten. Mehr Aufmerksamkeit verdienen in diesem Zusammenhang auch die sich still und chronisch entwickelnden Zustandsbilder, bei denen sich eine unteroptimal abgeschlossene, einseitig auf Resignation und Verzicht ausgerichtete Krankheitsbewältigung schließlich in dem oben bereits beschrieben anhaltenden, resignativ-apathischen Erlebniswandel verfestigt. 6 .6 M e t ho de nk r i ti k 6 .6 .1 Re pr ä s e nta tivitä t de r Stic hpr obe Einschränkend für eine Generalisierung der dargestellten Ergebnisse ist, daß die hier untersuchte Stichprobe für die Gesamtheit aller Schlaganfallpatienten nur bedingt repräsentativ ist. Wie bereits beschrieben, bestand die untersuchte Stichprobe aus Patienten, die sich zu einer stationären Behandlung in den Kliniken Schmieder Konstanz bzw. Gailingen aufhielten und überwiegend in die Phase D eingestuft waren, d.h. in den Alltagsverrichtungen wieder weitgehend selbstständig. Dementsprechend handelte es sich um überwiegend in körperlicher Hinsicht weniger stark beeinträchtigte Patienten. Denkbar ist, daß schwerer beeinträchtigte Schlaganfallpatienten eher zur Entwicklung einer „offenen“ Depression neigen und dementsprechend der Anteil verdeckt depressiver Patienten überrepräsentiert ist. Ziel dieser Untersuchung war jedoch eine praxisbezogene Annäherung an das Phänomen Depressiver Störungen nach Schlaganfall, um die Basis für angemessene Erfassungs- und Behandlungsmöglichkeiten gerade im Rehabilitationsalltag zu schaffen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die hier untersuchte Stichprobe als geeignet dar. Ein weiterer Aspekt, der die Repräsentativität der Stichprobe einschränkt, ist der Ausschluss aller Patienten mit mittelgradiger bzw. schwerer Aphasie, der im Hinblick auf die eingesetzten Selbstbeurteilungsinstrumente erforderlich wurde. Bei der Aphasie handelt es sich um eine Störung, die eine Vielzahl von Schlaganfallpatienten betrifft und mit einem großen Leidensdruck verbunden ist – was einen depressiven Erlebniswandel nahe legt. 164 Ebenfalls kritisch anzumerken ist die große Heterogenität der Patientenstichprobe hinsichtlich der seit dem Schlaganfall vergangenen Zeit (1 Woche – 24 Jahre) und des Lebensalters (von 27 bis 80 Jahre). Andererseits spiegelt die diesbezüglich in Kauf genommene Heterogenität ebenfalls die Situation im klinischen Alltag wider und kann somit als Zugeständnis an die externe Validität der Untersuchung gewertet werden. (Darüber hinaus spricht dies für die Robustheit der aufgetretenen Signifikanzen, die trotz dieser Zugeständnisse zu verzeichnen waren.) Bei der Planung der jetzigen Studie galt es, überhaupt umfassende Kenntnisse über Patienten mit depressiven Störungen nach Schlaganfall in den verschiedenen Behandlungssettings und Informationen über mögliche prognostische Faktoren im Hinblick auf das Ausmaß der depressiven Symptomatik im Verlauf zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund wurde im Hinblick auf die Komplexität des Untersuchungsgegenstands die Einbeziehung einer möglichst hohen Patientenzahl angestrebt und dementsprechend weder im Hinblick auf die Zeit zwischen Insult und Aufnahme in die Studie noch bezüglich des Lebensalters der Probanden vorselektiert. Durch diese großzügig gefaßten Einschlußkriterien erklärt sich auch der hohe Anteil von bereits berenteten Patienten, insbesondere auch Altersrentnern. Für detailliertere Aussagen, z. B. bezüglich der sozialmedizinischen Bedeutung depressiver, insbesondere auch verdeckter depressiver Störungen nach Schlaganfall und prognostisch relevanter Einflußfaktoren in sozialmedizinischer Hinsicht wäre eine ergänzende, längerfristig angelegte Untersuchung – ausschließlich über Patienten bis 50 Jahre, bei denen die sozialmedizinische Frage noch offen ist, angezeigt. Dabei sollte der Schlaganfall möglichst höchstens ein Jahr zurückliegen. 6 .6 .2 Er he bungs be dingunge n Die Depressionsdiagnose in der vorliegenden Studie wurde im Rahmen einer eingehenden fachärztlichen Untersuchung unter Einbeziehung des AMDPSystems gestellt. Da es sich bei den verschiedenen diagnosestellenden Personen in der vorliegenden Studie ausschließlich um Mediziner mit langjähriger psy- 165 chiatrischer und AMDP-Erfahrung handelte, kann nach Stieglitz et al. (1988) von einer ausreichend hohen Übereinstimmung ausgegangen werden. Eine wesentliche Besonderheit der Diagnosestellung insbesondere von verdeckten depressiven Störungen besteht darin, daß man sich noch weniger als sonst allein auf eine Erfassung der nach außen gezeigten Phänomene beschränken kann, sondern daß in der Untersuchung ein therapeutischer Austausch zu Stande kommt – d.h. in der Untersuchung bereits ein haltgebender Rahmen geschaffen werden muß, in dem der Patient seine emotionale Betroffenheit - ohne Angst, einzubrechen - aufscheinen lassen kann.– Wissenschaftlich betrachtet bedeutet dies unvermeidlich eine Beeinflussung des Beobachtungsgegenstandes durch den Untersuchungsvorgang selber und in sofern eine mögliche Verfälschung der Ergebnisse (Simon 1988, Maturana & Varela 1984). Dies ist insbesondere bezüglich der unterschiedlichen Erhebungsmodalitäten bei Katamnese I und II zu diskutieren. Erstere erfolgte lediglich im Rahmen eines Telephoninterviews, während bei der Katamnese II – ähnlich wie bei der klinischen Eingangsuntersuchung und Exploration eine längere Konsultation durch einen erfahrenen Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten statt fand. Diese wurde von vielen Patienten sogar explizit als unmittelbar hilfreich erlebt und nicht selten im Sinne einer ärztlichen Konsultation genutzt. Vermutlich liegt in dieser Form der zielgerichteten, haltgebenden Eingangsuntersuchung die Ursache für den im Vergleich zu anderen Studien eher hohen Anteil festgestellter Depressiver Störungen von 75,7%. Eine Einschränkung der Aussagekraft unserer Studie ergibt sich aus der Tatsache, daß die klinischen Erhebungen und Befunde, insbesondere auch das neuropsychologische Rating, nicht „blind“ erfolgen konnten, d.h. z.B. ohne Kenntnis des Therapiebereiches, in dem die jeweiligen Patienten behandelt wurden. So läßt sich eine Beeinflussung der Befunde durch diese Informationen nicht ganz auszuschließen. Andererseits ging es in unserer Studie ja gerade nicht um einen unmittelbaren Wirksamkeitsvergleich der einbezogenen Therapiebereiche i m Sinne einer Therapiestudie, so daß eine –ohnehin im klinischen Behandlungsalltag fast nicht zu gewährleistende - „Blindheit“ der Untersucher nicht von vordringlicher Bedeutung schien. 166 6 .6 .3 De s ign Bei der Studie handelt es sich um eine offene, nicht randomisierte, prospektive multizentrische Beobachtungsstudie bei Patienten nach Schlaganfall mit depressiver Störung von explorativem Charakter, bei der - unter Differenzierung von zwei verschiedene Therapiegruppen (Kohorten) - der Einfluß patientenbezogener, klinischer, testparametrischer und psychosozialer Merkmale/Merkmalsmuster auf Bild und Verlauf der depressiven Symptomatik erfaßt wurde . Für weitergehende Aussagen im Hinblick auf die Bedeutung - insbesondere auch - der Verdeckten - Depressiven Störungen für den Outcome im Bezug auf Lebensqualität und sozialmedizinische Perspektiven sind weitere (auf der jetzigen Studie aufbauende) Untersuchungen ergänzend erforderlich. Zum einen erscheint die Einbeziehung einer Kontrollgruppe von Schlaganfallpatienten ohne depressive Störungen wünschenswert, zum anderen ist im Hinblick auf differenziertere Aussagen zum sozialmedizinischen Outcome die gezielte Einbeziehung einer größeren Zahl von Patienten, bei denen die sozialmedizinische Frage noch offen ist, erforderlich (s.o.). Ein Vergleich der beiden Behandlungssettings wird immer nur in begrenztem Umfang möglich sein, weil eine diesbezüglich aussagekräftigere, kontrollierte und randomisierte Studie grundsätzlich ethisch nicht vertretbar und realistisch i m normalen Rehabilitationsalltag auch nicht durchführbar sein dürfte. 6 .6 .4 Aus w e r te m e thodik Im Hinblick auf die Frage nach dem Einsatz parametrischer oder nonparametrischer statistischer Verfahren wurde eine einheitliche Auswertestrategie angestrebt, um Methodenwechsel zu vermeiden. Obgleich möglicherweise nicht für alle Variablen die Kriterien der Normalverteilung und Varianzhomogenität erfüllt waren, erfolgte im Hinblick auf die gegebene Datenstruktur und die Vergleichbarkeit mit anderen Arbeiten der Einsatz der im Fachgebiet üblichen parametrischen Testverfahren. Die Wahl parametrischer Verfahren erscheint vertretbar, da man nach dem zentralen Grenzwerttheorem davon aus geht, dass bei hinreichend großen Stichprobenumfängen (wie hier vorliegend) die Differenzen der Stichprobenmittelwerte als normalverteilt gelten (Bortz, 1999 / vgl. 3.7). 167 Wegen der Multikollinearität der in die Untersuchung einbezogenen Variablen wäre die Wahl eines Forward-Vorgehens bei der schrittweisen Regressionsanalyse mit einem hohen Risiko behaftet gewesen, relevante Variablen nicht zu entdecken (Muche, 1995). Deshalb erfolgte stattdessen der Einsatz eines mehrstufigen Rückwärtsvorgehens. Zur schrittweisen Regressionstechnik ist generell kritisch anzumerken, dass die Frage, welche Prädiktorvariablen sich letztlich als prognostisch relevant durchsetzen, mit von der erfolgten Voreingrenzung der einbezogenen Parameter sowie der Zusammenstellung der jeweiligen berechneten Modelle bestimmt wird. Nach Bortz (1999) ist die Bedeutung einer Prädiktorvariablen bei hoher Multikollinearität in starkem Maße davon abhängig, welche Prädiktoren ansonsten schon im Regressionsmodell enthalten sind. Da die schrittweise Regressionstechnik in der vorliegenden Untersuchung jedoch lediglich der Hypothesenerkundung und nicht der Hypothesenprüfung diente, wurde ihr Einsatz als gerechtfertigt betrachtet. Es sei an dieser Stelle vor vorschnellen Generalisierung gewarnt, zumal i m Rahmen dieser Studie überwiegend gruppenstatistische Auswertungen erfolgten, die letztendlich keine Aussage über den jeweiligen individuellen Verlauf machen, der jedoch ergänzend Beachtung verdient (Schönle & Stemmer, 2000). 168 7 V ERZ EICHNIS DER A BKÜRZ UNGEN A Aufnahme AHB Anschlußheilbehandlung AN Allgemeinneurologischer Bereich BDI Beck Depressions Inventar CDS Cornell Depressionsskala CT Computertomographie E Entlassung FB Forcierte Bewältigungshaltung FKV Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung FMP Fragebogen zur Messung der Therapiemotivation FPI – A1 Freiburger Persönlichkeitsinventar Gesamt Gesamtpopulation HADS-D-A Hospital Anxiety and Depression Scale, Angst-Skala HADS-D-D Hospital Anxiety and Depression Scale, Depressions-Skala HAWIE-R Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene Revision HLT Hirnleistungstest - Gruppentestbatterie für hirngeschädigte Erwachsene HV Heilverfahren ICD-10 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme KI Katamnese I K II Katamnese II KKG Gesundheitsbezogene Kontrollüberzeugungen LPS-K Leistungs – Prüfsystem M Median MRT Magnetresonanztomographie MW Mittelwert n Zahl der erfassten Probanden NIHSS The National Institute of Health Stroke Scale PN Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie RBMP Rivermead Behaviour Memory Test Reha-Note Einschätzung des aktuellen Gesundheitszustandes nach dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA Baden-Württemberg (Reha-Note-A durch Arzt, Reha-Note-P durch Patient) 169 SD Standardabweichung STAI State-Trait-Angstinventar TAP Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung VEV Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens WHOQOL World Health Organization Quality of Life WMS-R Wechsler Memory Scale-Revised 170 8 L IT ERAT UR Abas, M.A., Sahakian, B.J., & Levi, R. 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Archives of General Psychiatry, 12, 63-70. 188 9 A NHANG 9 .1 D ia gn os e n n a c h IC D 1 0 ; Ka pi te l F F31: Bipolare affektive Störungen F31.3: bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige depressive Episode (F31.30: ohne somatisches Syndrom, F31.31: mit somatischem Syndrom) F31.4: bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode, ohne psychotische Symptome F31.5: bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode, mit psychotischen Symptomen F32:depressive Episoden F32.0: leichte depressive Episode (F32.00: ohne somatisches Syndrom, F32.01: mit somatischem Syndrom F32.1 mittelgradige depressive Episode .10 ohne somatisches Syndrom .11 mit somatischem Syndrom F32.2 schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome F32.3 schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen F32.8 sonstige depressive Episoden 189 F33 rezidivierende depressive Störungen F33.0 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode 00 ohne somatisches Syndrom .01 mit somatischem Syndrom F33.1 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode .10 ohne somatisches Syndrom .11 mit somatischem Syndrom F33.2 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, ohne psychotische Symptome F33.3 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen F33.4 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert F33.8 sonstige rezidivierende depressive Störungen F34.1 Dysthymia F34.8 sonstige anhaltende affektive Störungen F38.1 rezidivierende kurze depressive Störung F41.2 Angst und depressive Störung gemischt F 43 Anpassungsstörungen F43.20 kurze depressive Reaktion F43.21 längere depressive Reaktion F43.22 Angst und depressive Reaktion gemischt F43.28 mit sonstigen spezifischen deutlichen Symptomen 190 9 .2 A nh a n g zu 4 .1 Tabelle A1: Ausbildungsstand Therapiebereiche AN 0% (0) 6,7% (11) PN 1,7% (1) 6,8% (4) Gesamt Sign. 0,5% p=0,758 (1) (n.s.) 6,8 % (15) 38,0% (62) 37,3% (22) 37,8% (84) 4,3% (7) 31,3 % (51) 1,2% (2) 10,4% (19) 5,5% (9) 0,6% (1) 3,4% (2) 35,6% (21) 1,7% (1) 8,2% (5) 5,1% (3) 0 4,1% (9) 32,4% (72) 1,4% (3) 9,9% (24) 5,4% (12) 0,5% (1) Therapiebereiche AN 12,3% (20) 65,4% (106) 1,9% (3) 14,8% (24) 5,6% (9) PN 10,2% (6) 66,1% (38) 5,1% (3) 1,3% (9) 3,4% (2) Gesamt Sign. 11,8% p=0,689 (26) (n.s.) 65,6% (145) 2,7% (6) 14,9% (33) 5,0% (11) Tabelle A3: Lokalisation: Hemisphäre Therapiebereiche Hemisphäre AN links 34,6% (55) rechts 55,3% (88) beidseitig 9,4% (15) unbekannt 0,6% (1) PN 37,7% (20) 50,9% (27) 9,4% (5) 1,9% (1) Gesamt Sign. 35,4% p=0,821 (75) (n.s.) 54,2% (115) 9,4% (20) 1,0% (2) Ausbildung nicht abgeschlossene Volks/Hauptschule abgeschlossene Volks-/Hauptschule ohne abgeschlossene Berufsausbildung abgeschlossene Volks-/Hauptschule mit abgeschlossener Berufsausbildung Mittlere Reife ohne abgeschlossene Berufsausbildung Mittlere Reife mit abgeschlossener Berufsausbildung Abitur ohne abgeschlossene Berufsausbildung Abitur mit abgeschlossener Berufsausbildung Abitur mit abgeschlossenem (Fach)Hochschulstudium Postgraduiert Tabelle A2: Familienstand Familienstand ledig verheiratet getrennt lebend geschieden verwitwet 191 Tabelle A4: Lokalisation: supratentoriell Therapiebereiche supratentoriell AN cortikal 42,3% (33) subcortikal 53,8% (42) unbekannt 3,9% (3) PN 38,7% (12) 58,1% (18) 3,2% (1) Gesamt Sign. 41,3% p=0,921 (45) (n.s.) 55% (60) 3,7% (4) Tabelle A5: Lokalisation: infratentoriell Therapiebereiche infratentoriell AN Hirnstamm 61,3% (49) Kleinhirn 15,0% (12) unbekannt 23,8% (19) PN 51,6% (16) 22,6% (7) 25,8% (8) Gesamt Sign. 58,6% p=0,565 (65) (n.s.) 17,1% (19) 24,3% (27) Therapiebereiche AN 12,9% (18) 87,1% (121) PN 20% (11) 80% (44) Gesamt Sign. 14,9% p=,264 (29) (n.s.) 85,1% (165) Therapiebereiche AN 3,8% (5) 59,8% (79) 16,7% (22) 19,7% (26) PN 5% (2) 55,0% (22) 20% (8) 20% (8) Gesamt Sign. 4,1% p=0,944 (7) (n.s.) 58,7 % (101) 17,4% (30) 19,8% (34) Tabelle A6: Thalamusläsion Thalamusläsion ja nein Tabelle A7: Versorgungsgefäße Versorgungsgefäße A.cerebri anterior A.cerebri media A.cerebri posterior A. basilaris 192 9 .3 A nh a n g zu 4 .2 .2 .2 .2 Tabelle A8: HADS-D-Angst HADS-D-Angst bei Aufnahme unauffällig grenzwertig schwer bis sehr schwer bei Entlassung unauffällig grenzwertig schwer bis sehr schwer bei Katamnese I unauffällig grenzwertig schwer bis sehr schwer bei Katamnese II unauffällig grenzwertig schwer bis sehr schwer Therapiebereiche AN PN Gesamt Sign. 48,8% (81) 29,6% (16) 44,1% (97) 24,1% (40) 27,1% (45) 24,1% (13) 46,3% (25) 24,1% (53) 31,8% (70) 68% (102) 18% (27) 14% (21) 61,5% (32) 17,3% (9) 21,2% (11) 66,3% (134) 17,8% (36) 15,8% (32) p=0,472 (n.s.) 50,9% (58) 31,4% (11) 46,3% (69) p=0,012 * (sign.) 26,3% (30) 22,8% (26) 20% (7) 48,6% (17) 24,8% (37) 28,9% (43) 58,3% (67) 20,9% (24) 20,9% (24) 39% (16) 29,3% (12) 31,7% (13) 53,2% (83) 23,1% (36) 23,7% (37) 193 p=0,017 * (sign.) p=0,104 (n.s.) 9 .4 A nh a n g zu 4 .2 .9 Tabelle A9: Drop-Outs Aufnahmestatus GesamtPopulation Drop-Outs Entlassung Drop-Outs Drop-Outs Katamnese I Katamnese II Mittelwerte / % Mittelwerte / % (n=265) (n=37) (n=80) (n=68) männlich weiblich 56,6% 45,4% 54,59 64,9% 35,1% 59,00 58,8% 41,2% 54,1 61,8% 38,2% 57,6 Infarkt Blutung SAB-Gesamt 75,6% 12,4% 11,6% 100% 0,0% 0,0% 88,0% 2,7% 9,4% 92,7% 5,9% 8,0% Krankenhaus 4,8% AHB 21,7% HV stationär 73,0% 0,0% 44,4% 55,6% 1,3% 28,6% 70,1% 1,1% 34,4% 61,1% unauffällig mäßig red. stark red. 75,8% 22,9% 1,3% 80,0% 20,0% 0,0% 79,0% 19,7% 1,3% 75,9% 24,1% 0,0% ohne Befund mäßig red. stark red. 48,0% 35,9% 16,1% 31,4% 68,6% 50,7% 39,7% 66,7% 33,3% 0,0% 22,2% 77,8% 43,8% 40,0% 59,8% 29,2% 11,0% 25,6% 74,4% 47,2% 36,81% 54,0% 37,2% 8,7% 25,7% 74,2% 40,6% 37,9% geplant gestellt abgelehnt 4,2% 5,7% 1,5% 79,8% 46,2% 7,93 8,31 142,16 5,19 2,7% 2,7% 0,0% 81% 44,1% 7,67 8,00 125,91 5,00 4,7% 3,6% 0,0% 70,7% 44,15% 7,76 7,97 136,17 5,77 4,4% 4,4% 0,0% 73,5% 43,1% 8,09 8,4 132,6 6,05 24,33 23,21 21,25 3,53 23,10 21,90 18,50 3,57 23,70 21,98 19,14 3,48 23,22 21,91 20,43 3,58 49,8% 38,5% 5,3% 37,8% 45,9% 5,4% 46,2% 41,2% 5,02% 39,7% 47,1% 5,9% 25,7% 58,5% 12,5%% 1,5 27,0% 48,6% 16,2% 0,0% 31,2% 51,2% 12,5% 1,2% 30,8% 48,5% 14,7% 1,5% Mittelwerte / % Geschlecht Alter Schlaganfallart Art der Behandlung Allgemein zustand Gehfähigkeit Arbeitsfähig Arbeitsunfähig Arbeitsverhältnis Rente (ja) Rentenantrag Partner vorhanden Forcierte Bewältigung (Ja) HADS-D HADS-A FMP-Gesamt CDS KKG KKG-I KKG-P KKG-C Reha-Note-P AMDP Störung der Affektivität-allg. leicht mittel schwer AMDPAntrieb/Psycho -motorik-allg. nicht vorh. leicht mittel schwer 194 Mittelwerte / % Im folgenden werden die Ergebnisse der ergänzend durchgeführten statistischen Auswertung der Hauptzielgöße sowie weiterer zentraler Parameter wiedergegeben, bei denen im Hinblick auf die Problematik von Drop-outs jeweils nur diejenigen Patientenverläufe einbezogen wurden, für die an allen Untersuchungszeitpunkten Daten erhoben werden konnten,d.h. für “konstantes n”. HADS-D-Depression: HADS-D-Depression (n=141) 10 8 6 4 Gesamt PN AN p<.05 n.s. n.s. 2 0 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abb. A1: HADS-D-D in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei konstantem n=104 (p-Werte Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) Tabelle A10: HADS-D-D: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte bei konstantem n=104) Vergleich im Verlauf Gesamt AN PN (n=104) (n=81) (n=23) Aufnahme/Entlassung p<0,001 p<0,001 p<0,001 Aufnahme/Katamnese I n.s. n.s. n.s. Aufnahme/Katamnese II n.s. n.s. p=0,056 Entlassung/Katamnese I p=0,001 p=0,027 p=0,010 Entlassung/Katamnese II p<0,001 p=0,003 p=0,021 n.s. n.s. Katamnese I/Katamnese II n.s. 195 ein CDS CDS (n=137) 10 8 6 4 Gesamt AN PN p<.001 p<.001 p<.05 2 0 Aufnahme Entlassung Katamnese II Abb. A2: CDS in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei gleichem n=137(p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängigr Stichproben) Tabelle A11:CDS: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte bei konstantem n=137) Vergleich im Verlauf Gesamt AN PN (n=137) (n=100) (n=37) Aufnahme/Entlassung p<0,001 p=0,002 p=0,012 Aufnahme/Katamnese II p=0,054 n.s. p=0,002 Entlassung/Katamnese II n.s p=0,002 n.s. BDI BDI (n=134) 20 15 10 p<.05 p<.05 5 0 Gesamt AN PN Aufnahme Entlassung p<.05 Katamnese II Abb. A3: BDI in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei gleichem n=134 (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben) 196 Tabelle A12: BDI: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte bei konstantem n=134) Vergleich im Verlauf Gesamt AN PN (n=134) (n=103) (n=31) Aufnahme/Entlassung p<0,001 p<0,001 p=0,001 Aufnahme/Katamnese II n.s. n.s. n.s. Entlassung/Katamnese II p<0,001 p<0,001 n.s. VEV VEV im Verlauf (n=81) 200,0 Gesamt AN PN 168,0 136,0 Entlassung KatamneseI KatamneseII Abb. A4: VEV in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation (Gesamt) bei gleichem n=81 Die statistische Berechnung ergab auch für die gleiche Patientenpopulation an allen Untersuchungszeitpunkten signifikante Veränderungen des VEV im Verlauf sowohl für die Gesamtpopulation als auch für AN und PN getrennt. 197 9 .5 L in e a r e R e g r e s s io ns m o de ll e (A nh a n g zu 4 .3 ) 9 .5 .1 Mode lle für D Ha uptzie lgr ös s e (Aufna hm e – Entla s s ung) Modell Entlassung-1 Therapiebereich AN / PN Sensible Reizsymptome AMDP Merkfähigkeit AMDP Logorrhoe HADS-D-Depression (p<0,001) Schätzung des psychischen Anteils FPI-1 Nervosität FPI-6 Gelassenheit (p=0,007) Alter Mobilitätseinschränkung (p=0,008) Modell Entlassung-2 Familienstand (p=0,013) Barthel-Index (p=008) AMDP Aufmerksamkeit/Gedächtnis AMDP Deprimiert AMDP Schuldgefühle Forcierte Bewältigungshaltung HADS-D-Angst CDS (p=000) Neuropsychologisches Rating: Rechnen FPI-2 Spontane Agressivität FPI-E Extraversion (p=0,28) 198 Modell Entlassung-3 Arbeitsunfähigkeit bei Aufnahme (p=0,006) NIH-SS AMDP Innerlich unruhig AMDP Klagsam-jammerig (p=0,003) Typus melancholicus (p=0,004) FMP-Gesamt Antidepressiva Neuropsychologisches Rating: Leistungsmotivation FPI-5 Geselligkeit (p=0,004) Geschlecht Haushaltsführung 199 9 .5 .2 Mode lle für D Ha uptzie lgr ös s e (Aufna hm e – Ka ta m ne s e II) Modell Katamnese II-1 Therapiebereich AN / PN AMDP Sozialer Rückzug AMDP Schuldgefühle Forcierte Bewältigungshaltung (p=0,049) HADS-D-Depression (p<0,001) WHOQOL-BREF Global Antidepressiva Neuropsychol. Rating: Sprachliche Funktionen (p=0,87) FPI-1 Nervosität Alter Modell Katamnese II-2 Familienstand Allgemeinzustand Schlaganfallart (p=0,002) AMDP innerlich-unruhig AMDP ambivalent (p=0,028) Typus melancholicus FMP-Gesamt WHOQOL-BREF Umwelt Ambulante Psychotherapie nach Entlassung FPI-9 Offenheit (p=0,051) Qualität der privaten Einbindung (p=0,079) 200 Modell Katamnese II-3 NIH-SS AMDP Merkfähigkeit (p=0,049) AMDP Deprimiert HADS-D-Angst (p=0,002) KKG-P (Soziale Externalität) (p=0,091) WHOQOL-BREF Soziale Beziehungen Negative Life-events FPI-2 Spontane Agressivität FPI-M männlich/weiblich Zeitraum seit Schlaganfall Modell Katamnese II-4 Sensible Reizsymptome (p=0,066) AMDP klagsam-jammerig CDS (p<0,001) Schätzung des psychischen Anteils (p=0,023) Positive Life-events Neuropsychologisches Rating: Belastbarkeit FPI-8 Gehemmtheit Arbeitsfähigkeit bei Aufnahme Geschlecht (p=0,003) Mobilität 201