Abschlussbericht Depressive Störungen nach Schlaganfall

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Abschlussbericht
Depressive Störungen nach Schlaganfall.
Wirksamkeit und Stabilität stationärer und teilstationärer
Rehabilitationsmaßnahmen
Roger Schmidt, Jutta Löttgen, Manola Petrovici und Judith
Bösch
Kliniken Schmieder Konstanz und Gailingen, Lurija Institut für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung an der Universität Konstanz, Allensbach
Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie unter dem
Förderkennzeichen 01GD98213 gefördert.
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Danksagung
Die Autoren des vorliegenden Berichts möchten allen Patienten danken, die trotz
der einschneidenden Ereignisse in ihrem Leben bereit waren, ihre Zeit für die
Teilnahme an dem Projekt teilzunehmen zur Verfügung zu stellen und uns Einblick in ihre Krankheitsgeschichte und ihr persönliches Erleben zu gewähren.
Ohne sie wäre das Projekt nicht möglich gewesen. Forschungsvorhaben im klinischen Alltag nachzugehen, ist nicht immer einfach und erfordert die Kooperation aller Mitarbeiter, denen wir an dieser Stelle herzlich danken. Ohne die aktive
Unterstützung aller beteiligten Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte hätte das
Projekt in der vorliegenden Form nicht realisiert werden können. Ein besonderer
Dank gilt den klinisch tätigen Neuropsychologen in den beteiligten Teilkliniken,
die das Projekt durch die Durchführung der neuropsychologischen Untersuchungen und Einschätzungen wesentlich unterstützt haben. Besonderer Dank gilt in
diesem Zusammenhang den leitenden Neuropsychologen, insbesondere Herrn
R. Lütgehetmann für seine engagierte Beratung und konstruktive Diskussion. Einen wesentlichen Beitrag bei der statistischen Beratung, Schulung und Auswertung der Daten leisteten Herr Prof. Dr. W. Gaus, Herr Dr. R. Muche und ihre Mitarbeiter. Eine große Unterstützung war uns Frau cand. psych. S. Knauer, die i m
Rahmen des Projektes ihre Diplomarbeit gemacht hat. Auf die Hilfsbereitschaft
der Mitarbeiter des zweiten Verbundprojektes der Kliniken Schmieder haben wir
ebenfalls immer zählen können. Unser Dank gilt auch Frau D. Claros-Salinas
und Herrn G. Greitemann für die kritische Durchsicht des Manuskriptes. Als Teilnehmer im Forschungsverbund Ulm „Bausteine der Reha“ danken wir allen Mitarbeitern der Geschäftsstelle, insbesondere Frau Dr. M. Rösch und Herrn M. Urban, der uns bei der Erstellung von Teilen der Datenbank unterstützt hat. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der zentralen Projekte und den anderen Verbundteilnehmern hat sich als eine Bereicherung erwiesen. Des Weiteren danken
wir den Kliniken Schmieder und dem Lurija Institut für die Bereitstellung der Infrastruktur und die fortlaufende Unterstützung während der Durchführung des Vorhabens. Frau Prof. B. Rockstroh von der Universität Konstanz sind wir für ihre Kooperationsbereitschaft dankbar. Besonderer Dank gebührt auch dem Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. und dem Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft, Forschung und Technologie für die finanzielle Förderung des
Projektes.
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1
KURZDARSTELLUNG ...................................................................................................6
2
EINFÜHRUNG UND ZIELE .............................................................................................9
2.1 WISSENSCHAFTLICHER STAND........................................................................................9
2.1.1 Einführung in das Thema................................................................................9
2.1.2 Epidemiologie................................................................................................ 10
2.1.3 Ätiopathogenetische Vorstellungen........................................................... 12
2.1.4 Krankheitsbewältigung................................................................................. 16
2.1.5 Weitere Einflussfaktoren und Folgen......................................................... 19
2.1.6 Verfahren zur Erfassung von Depression nach Schlaganfall............... 20
2.2 AUFGABENSTELLUNG ................................................................................................... 23
3
MATERIAL UND METHODEN.................................................................................... 24
3.1 ZUM FORSCHUNGSKONTEXT ........................................................................................ 24
3.2 STUDIENDESIGN .......................................................................................................... 25
3.3 PATIENTENREKRUTIERUNG........................................................................................... 27
3.3.1 Ein- und Auschlussschlußkriterien............................................................. 27
3.4 UNTERSUCHUNGSMETHODEN UND MEßINSTRUMENTE .................................................... 29
3.4.1 Untersuchungen im Verlauf (Tabellarische Übersicht) ......................... 29
3.4.2 Untersuchungsinstrumente ......................................................................... 30
3.4.2.1 Klinische Anamnese und Untersuchung........................................................... 30
3.4.2.2 Erfassung des psychischen Befundes ............................................................. 31
3.4.2.3 Erfassung von Depressivität............................................................................. 32
3.4.2.4 Hauptzielgröße zur Erfassung des Ausmaßes der depressiven Störungen....... 35
3.4.2.5 Erfassung von Angst ....................................................................................... 35
3.4.2.6 Neuropsychologische Testung und Befunderhebung....................................... 36
3.4.2.7 Erfassung der Krankheitsverabeitung .............................................................. 42
3.4.2.8 Weitere standardisierte und klinische Erhebungen........................................... 45
3.5 PROJEKTVERLAUF ....................................................................................................... 51
3.6 DATENEINGABE, QUALITÄTSSICHERUNG UND DATENSCHUTZ ........................................ 54
3.7 AUSWERTEVERFAHREN UND STATISTISCHE METHODEN ................................................. 55
4
ERGEBNISSE............................................................................................................... 59
4.1 PATIENTENREKRUTIERUNG UND DEMOGRAPHISCHE DATEN ........................................... 59
4.2 KLINISCHE UND INSTRUMENTELLE UNTERSUCHUNGBEFUNDE IN DEN THERAPIEBEREICHEN
BEI AUFNAHME UND IM VERLAUF .......................................................................................... 62
4.2.1 Allgemeinkörperlicher und neurologischer Befund................................ 62
4.2.2 Psychische Befunde...................................................................................... 66
4.2.2.1 Klinische Befunde............................................................................................ 66
4.2.2.2 Instrumente zur Erfassung von Angst- und Depression.................................... 74
4.2.2.3 Erfassung von Angst- und Depression, Korrelation der Instrumente................. 83
4.2.3 Psychosoziale Situation............................................................................... 86
4.2.3.1 Soziale Einbindung.......................................................................................... 86
4.2.3.2 Sozialmedizinische Aspekte............................................................................. 88
4.2.4 Weitere anamnestische Daten.................................................................... 92
4.2.5 Neuropsychologische Befunde................................................................... 99
4.2.6 Krankheitsverabeitung...............................................................................104
4.2.6.1 Forcierte Bewältigungshaltung....................................................................... 104
4.2.6.2 Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV).............................. 104
4.2.6.3 Krankheits-Kontrollüberzeugungen (KKG)...................................................... 106
4.2.7 Persönlichkeit...............................................................................................107
4.2.7.1 FPI-A1........................................................................................................... 107
4.2.8 Weitere Testbefunde...................................................................................110
4
4.2.8.1 VEV............................................................................................................... 110
4.2.8.2 Psychotherapiemotivation (FMP):................................................................... 112
4.2.8.3 WHOQOL-BREF ............................................................................................ 114
4.2.8.4 Qualitätssicherung der LVA Baden-Württemberg ........................................... 116
4.2.9 Berücksichtigung der Drop-outs...............................................................121
4.3 PROGNOSTISCHE FAKTOREN IN HINBLICK AUF DAS AUSMAß DER DEPRESSIVEN STÖRUNG
(HAUPTZIELGRÖSSE) ........................................................................................................125
4.4 VERDECKTE DEPRESSIVE STÖRUNGEN UND FORCIERTE BEWÄLTIGUNG .....................134
4.4.1 Testdiagnostische Erfassbarkeit ..............................................................134
4.4.2 Klinische Bilder ............................................................................................137
4.4.3 Forcierte Bewältigung .................................................................................138
5
„TEILNEHMENDE“ BEOBACHTUNGEN.................................................................141
6
ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION...........................................................142
6.1 UNTERSCHIEDE DER PATIENTEN IN DEN BEHANDLUNGSSETTINGS...............................142
6.2 ERGEBNISSE DER REHABILITATIONSBEHANDLUNG .....................................................145
6.3 PRÄDIKTOREN FÜR DIE VERBESSERUNG DER DEPRESSIVEN SYMPTOMATIK
(HAUPTZIELGRÖßE) IM VERLAUF........................................................................................149
6.4 ZUWEISUNG IN DIE VERSCHIEDENEN BEHANDLUNGSKONTEXTE ...................................152
6.5 DEPRESSIVE STÖRUNGEN NACH SCHLAGANFALL: KLINISCHE BESONDERHEITEN ........154
6.5.1 Verdeckte depressive Störungen nach Schlaganfall ...........................154
6.5.2 Komorbidität (und Durchmischung) von Angst- und
Depressionssymptomen........................................................................................158
6.5.3 Einfluss der (forcierten) Bewältigung auf das klinische Bild................159
6.5.4 Psychodynamische Aspekte der Forcierten Bewältigungshaltung FB
161
6.5.5 Zum Verlauf depressiver Störungen........................................................163
6.6 METHODENKRITIK ......................................................................................................164
6.6.1 Repräsentativität der Stichprobe..............................................................164
6.6.2 Erhebungsbedingungen............................................................................165
6.6.3 Design............................................................................................................167
6.6.4 Auswertemethodik.......................................................................................167
7
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN .....................................................................169
8
LITERATUR................................................................................................................171
9
ANHANG.....................................................................................................................189
9.1 DIAGNOSEN NACH ICD 10; KAPITEL F.....................................................................189
9.2 ANHANG ZU 4.1.........................................................................................................191
9.3 ANHANG ZU 4.2.2.2.2...............................................................................................193
9.4 ANHANG ZU 4.2.9 .....................................................................................................194
9.5 LINEARE REGRESSIONSMODELLE (ANHANG ZU 4.3)..................................................198
9.5.1 Modelle für D Hauptzielgrösse (Aufnahme – Entlassung)...................198
9.5.2 Modelle für D Hauptzielgrösse (Aufnahme – Katamnese II)...............200
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1
K URZ DARST EL L UNG
Im Rahmen einer offenen, nicht randomisierten, prospektiven, multizentrischen
Beobachtungsstudie mit katamnestischen Erhebungen nach sechs und zwölf
Monaten wurden Bild, Verlauf und prognostische Einflussfaktoren depressiver
Störungen nach Schlaganfall untersucht. Anhand verschiedener Kohorten (Behandlungsgruppen) sollte der Einfluß patienten- und verlaufsbezogener, klinischer und psychosozialer Merkmale/Merkmalsmuster und der Art des Behandlungskontextes bestimmt werden. Neben dem allgemein-neurologischen Bereich (AN) konnte der Bereich Psychotherapeutische Neurologie (PN) als spezifischer Behandlungskontext in die Untersuchung einbezogen werden. Spezialität
dieser Abteilung ist die integrierte psychotherapeutische Behandlung neurologisch Kranker. Insgesamt wurden 265 Patienten, davon 43,4% Frauen, untersucht. Aus der Vielzahl der Beobachtungen und erfassten Daten werden hier folgende wichtige Ergebnisse dargestellt:
Klassifiziert man unter vorläufiger Abstraktion von der Frage einer allfälligen organischen Hirnschädigung allein nach dem klinischen Bild der Depression,
kommen nach Schlaganfall alle Kategorien depressiver Störungen nach ICD-10
vor (vgl. Anhang, 9.1). Die Annahme einer Poststroke Depression (PSD) als eigenständiger Krankheitsentität ist nicht zu halten. Neben den deutlich im Vordergrund stehenden Anpassungsstörungen (F43) sind entsprechend ihrer zahlenmäßigen Bedeutung die depressiven Störungen nach F31 bis F33 (F31: bipolare
affektive Störungen, F32: depressive Episoden, F33: rezidivierende depressive Episoden) und, zumal im Gefolge chronischer Beeinträchtigungen, die Anhaltende
Depressive Störung (F34.1) gesondert zu erwähnen.
Klinisch von Bedeutung sind außerdem von uns so genannt „Verdeckte“ depressive
Störungen , die sich in den gängigen Selbst- und Fremdbe-
urteilungsverfahren nicht zuverlässig abbilden und auch klinisch unerkannt bleiben können, wenn nicht zielgerichtet daraufhin untersucht wird. Beim
„Anhaltenden antriebsarm-resignativen Erlebniswandel“ stehen neben vielfältigen körpernahen Beschwerden ein Verlust von Antrieb und Aktivität, ein Verlust
von Interesse oder Freude selbst an angenehmen Aktivitäten und ein deutlicher
sozialer (interaktioneller) Rückzug im Vordergrund. Wesentliches Merkmal der
„ Rezidivierenden kurzen Depressiven Störung“ ist dagegen, dass sie sich nur
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zeitweilig als Störung manifestiert. Es handelt sich um wiederkehrende depressive Einbrüche, die nur Stunden dauern können, aber in längstens einigen Tagen
wieder abklingen und häufig unerkannt bleiben.
Für das Verständnis verdeckter depressiver Störungen scheint die Beachtung der
Modifikation des klinischen Bildes durch die Art der Kranheitsbewältigung von
wesentlicher Bedeutung. Die von uns klinisch beschriebene „Forcierte Bewältigungshaltung “ stellt den Versuch dar, eine körperliche oder psychosoziale Be-
lastung durch Fokussierung auf die eigenen Stärken und aktive Negation eigener
(psychischer) Bedürftigkeit in den Griff zu bekommen. Inwieweit eine solche Bewältigungsstrategie erfolgreich ist, entscheidet sich im Einzelfall; eine Rezidivierende kurze Depressive Störung kann ebenso ihr Scheitern ankündigen wie verschiedene somatoforme Symptombildungen. Ein weiteres wesentliches Merkmal
depressiver Störungen nach Schlaganfall ist ihre Durchmischung mit Angst. Relevante hirnorganische Beeinträchtigungen spielen in etwa 60% der Fälle in das
Krankheitsgeschehen hinein.
Mit Blick auf die Prognose zeigt die Forcierte Bewältigungshaltung einen negati-
ven Einfluß, während eine offen nach außen gezeigte Depressivität mit stärkeren
Auffälligkeiten in den eingesetzten Erhebungsinstrumenten (HADS-D-D und
CDS), größerer Klagsamkeit (AMDP) und Extraversion (FPI-E) mit einer deutlicheren Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf einhergehen. Auch
Frauen zeigen eine deutlich bessere Prognose.
Der Vergleich der beiden Therapiebereiche ergibt in PN u.a. eine stärkere Ausprägung von Depression und Angst, wie sie sich in den Erhebungsinstrumenten
darstellt,
einen
höheren
Anteil
psychischer
Vorerkrankungen und
–behandlungen, eine bessere Psychotherapiemotivation (FMP), stärker ausgeprägte Abweichungen im FPI-A1 und einen höheren Chronifizierungsgrad sowie
Hinweise auf einen stärker „endogenen“ Charakter der depressiven Störungen.
Demgegenüber weisen die Patienten in AN stärker ausgeprägte neurologischsomatische Einschränkungen und einen höheren AHB-Anteil auf. Das Merkmal
einer Forcierten Bewältigungshaltung findet sich häufiger; passend hierzu sind
verdeckte depressive Störungsbilder mit Symptomen wie psychomotorische Unruhe, Logorrhoe, sensible Reizsymptome und abrupte Stimmungsschwankungen signifikant häufiger.
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Zu den erfreulichsten Ergebnissen für beide Therapiebereiche gehört eine deutliche Verbesserung in neurologischer, neuropsychologischer und psychischer
Hinsicht im Verlauf der stationären Behandlung, welche sich u.a. für die RehaNoten nach dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA (Arzt- und Patienteneinschätzung) als auch für die Depressions- und Angsterfassungsinstrumente als
hochsignifikant erweist. Diese Verbesserungen lassen sich auch bei der zweiten
Katamnese nach 12 Monaten als weiterhin signifikant erfassen. Interessanterweise kommt es offenbar zum Zeitpunkt der ersten Katamnese nach 6 Monaten
zu einem vorübergehenden, leichten „Zwischentief“, ohne daß das Ausmaß der
Einschränkungen bei Aufnahme wieder erreicht wird. Insgesamt sprechen die
Ergebnisse für eine langfristige Wirksamkeit der Behandlung mit einer tendenziell größeren Nachhaltigkeit nach zielgerichteter psychotherapeutischer Intervention.
Ausgehend von den Studienergebnissen bieten sich weiterführende Untersuchungen in verschiedenen Richtungen an. Unter einem rehabilitationsmedizinischen Blickwinkel erscheint es uns besonders interessant, sich mit folgenden
Fragestellungen weiter zu beschäftigen: dem Phänomen unterschwelliger psychischer Störungen und deren sozialmedizinischer Relevanz, dem Einfluß der
jeweils gewählten Bewältigungsstrategie und der hirnorganischen Einschränkungen auf das klinische Bild depressiver Störungen sowie der Entwicklung geeigneter Assessmentverfahren und zielgerichteter Behandlungsstrategien.
8
2
E INFÜHRUNG
UND
Z IEL E
2 .1 W is s e ns c h a f tl ic he r St a n d
2 .1 .1 Einführ ung in da s The m a
Schädigungen des ZNS zeichnen sich im allgemeinen durch eine hohe Komplexität des Krankheitsgeschehens aus, in denen der Verlust instrumenteller Fähigkeiten, mental-kognitive Defizite, hirnorganisch bedingte Störungen des Verhaltens und der Interaktion, psychische oder psychosomatische Störungen und
kontextuelle Einflüsse in wechselnden Anteilen miteinander interagieren. Bereits
zwischen dem 5. und 2. Jh. v. Chr. findet diese Komplexität Beachtung; so spricht
z.B. Cassius Felix von einem „todbringenden Schlag, der Körper und Seele trifft“
(zitiert nach Karenberg, 1997).
Für eine erfolgreiche Rehabilitation sind deshalb neben hirnorganisch bedingten
auch komplizierende psychische Störungen und psychosoziale Problemkonstellationen zu berücksichtigen. Die häufigste Beeinträchtigung des emotionalen Erlebens nach Hirnschädigungen stellt die Depression dar (Nelson et al., 1994),
eine Störung, die von anderen affektiven Beeinträchtigungen nach Schlaganfall
wie emotionale Labilität (Pathologisches Lachen und Weinen), Apathie und Angst
unterschieden wird (Morris, Robinson & Raphael, 1993). Bereits zu Beginn des
20. Jahrhunderts sprach Kraepelin (1909) von der oftmaligen Verkomplizierung
depressiver Zustandsbilder durch begleitende artherosklerotische Erkrankungen,
wobei zumeist keine Klarheit über die affektive Störung als verursachendes bzw.
resultierendes Phänomen bestünde. Und auch E. Bleuler (1911) beobachtete,
dass nach zerebralen Insulten häufig monatelang melancholische Verstimmungen auftraten.
Trotz dieser frühen Erkenntnisse wurde der Depression nach Hirnschädigung in
den darauffolgenden Jahrzehnten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Erst in
den siebziger Jahren gewann die Diskussion um depressive Störungen nach
Schlaganfall sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die Rehabilitation
der Patienten vermehrt an Bedeutung. Die Repräsentativität und Vergleichbarkeit
verschiedener Studien zu depressiven Störungen nach Schlaganfällen wird jedoch durch eine Reihe unterschiedlicher Forschungsansätze erschwert, die vor
9
allem bezüglich ihrer Methodik erheblich divergieren. Dennoch herrscht Einigkeit
darüber, dass die depressive Störung die häufigste und schwerwiegendste psychische Störung nach Schlaganfall darstellt. Unbestritten ist, dass ihre Diagnose
und adäquate Therapie einen entscheidenden Aspekt für den Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen darstellt und solche Störungen die Lebensqualität der
Schlaganfallpatienten zusätzlich einschränken (Parikh et al., 1990, King, 1997).
Darüber hinaus erhöht das Vorliegen depressiver Symptomatik die Mortalität
nach Schlaganfall im langfristigen Verlauf signifikant (Everson et al., 1998). Trotz
des großen Zuwachses an Wissen ist insgesamt weiterhin ein Mangel spezifischer Kenntnisse fest zu stellen. Dieser Mangel wiegt umso schwerer, als sowohl Schlaganfall wie Depression häufig vorkommende Erkrankungen sind.
2 .1 .2 Epide m iologie
Nach Herzerkrankungen und bösartigen Geschwülsten stellt der Schlaganfall die
dritthäufigste Todesursache in den Industrieländern dar (Ostermann, 1993) dar.
In Deutschland ist mit etwa 200.000 Neuerkrankungen an zerebralen Gefäßinsulten pro Jahr zu rechnen, die Mortalitätsrate beträgt etwa die Hälfte dieser Inzidenzrate. Die Jahresprävalenz ist altersabhängig und liegt in der Altersgruppe der
65jährigen bei 5063 pro 100.000 Personen (Baum et al., 1991). Die altersstandardisierten jährlichen Ereignisraten liegen bei 25-64jährigen in Deutschland bei
etwa 110/100.000 Personen pro Jahr mit exponentieller Zunahme in höheren Lebensaltern. Ein Schlaganfall ist keineswegs eine reine "Alterskrankheit"; die
Hälfte aller Betroffenen ist im erwerbsfähigen Alter, schätzungsweise 10 Prozent
von ihnen sogar unter 40 Jahre. Frauen unter 45 Jahren erkranken signifikant
häufiger als Männer, während es im höheren Alter umgekehrt ist (Eisenblätter et
al., 1994). Kolominsky-Rabas und Mitarbeiter (1998) haben aus Zahlen der Jahre
1994 bis 1996 das erste gesamtdeutsche bevölkerungsbezogene SchlaganfallRegister erstellt. Basis für diese Zahlen sind alle SchlaganfäIle, die sich seit
1994 unter 101.450 Einwohnern von Erlangen ereignet haben. Die Autoren geben
für Deutschland eine Inzidenz von 1,74 Schlaganfällen pro 1000 Einwohner pro
Jahr an. Insgesamt leben in Deutschland ca. 1 bis 1,5 Millionen Menschen mit
den Folgen eines Schlaganfalls (Reiter & Papke, 2001).
Eine Mangeldurchblutung (Infarkt) des Gehirns ist mit einem Anteil von 80% die
häufigste Ursache des Schlaganfalls. Blutungen durch den plötzlichen Riss ei10
nes Blutgefäßes und sogenannte Subarachnoidalblutungen (Blutungen in den
Raum zwischen Gehirn und weichen Hirnhaut) treten mit 15 % bzw. 5 % seltener
auf. (Poeck 1994).
Die Angaben zur Prävalenz depressiver Störungen nach Schlaganfall liegen zwischen 18% und 79% (z.B. Andersen et al., 1994; Herrmann, 1991; Wade et al.,
1987, Lipsey et al., 1985, Starkstein et al. 1989, Gainotti, 1997, Kringler, 2001).
Diese extreme Variationsbreite lässt sich letztlich nur durch die heterogenen Forschungsansätze der verschiedenen epidemiologischen Untersuchungen erklären. Uneinigkeiten bezüglich des geeigneten Erhebungsinstrumentes (z.B.
Selbst- vs. Fremdeinschätzung) bzw. der geeigneten diagnostischen Kriterien zur
Diagnose der depressiven Störung, Unterschiede bezüglich der Länge der Zeitspanne zwischen Schlaganfall und Studienbeginn und die Verschiedenheit der
untersuchten Populationen (z.B. „Inpatient“- vs. „Outpatient“-Stichproben) sind nur
einige der methodischen Probleme, die einen Vergleich zwischen verschiedenen
epidemiologischen Studien erschweren. In einer Synopsis ihrer Daten gehen
Robinson et al. davon aus, dass etwa 50% aller Schlaganfallpatienten in der
postakuten Phase Depressionen entwickeln und dass im nichtstationären Langzeitverlauf der Erkrankung bei mindestens 30% der Patienten Depressionen zu
beobachten sind (Robinson et al., 1985a; Robinson et al., 1990). House et al.
(1991) hingegen berichten eine Prävalenz von 23% in der Akutphase, 20% nach
sechs Monaten und 14% nach einem Jahr und erachten alle anderen Prävalenzdaten für übertrieben. In einer Studie zum Langzeitverlauf berichten Aström et al.
(1993) eine Prävalenz von 19% nach zwei Jahren. Drei Jahre nach dem Schlaganfall sei die Häufigkeit wieder gestiegen und hätte sich bei 30 % stabilisiert,
50% der in der Akutphase depressiven Patienten seien zu dieser Zeit immer
noch depressiv gewesen. Auch Robinson geht von einem langwierigen Verlauf
aus, bei dem auf ein Jahr „Major Depression“ mindestens zwei Jahre „Minor Depressive Disorder“ folgen würden. Sharpe et al. (1990) hingegen konnten drei bis
fünf Jahre nach dem Insult nur bei 8,3% der Patienten die Diagnose einer „Major
Depression“ stellen. Als Prädiktoren für einen günstigen Verlauf des Depressions-Scores identifizierten Kallert et al. (1995) die Faktoren weibliches Geschlecht, familiäre Versorgungsstruktur, keine psychiatrischen Vorerkrankungen,
linkshirniger Media-Teilinfarkt sowie eine als positiv eingeschätzte Dynamik alltagsrelevanter Besserungen.
11
In einer Untersuchung zum Geschlechterverhältnis konnten Paradiso et al. (1998)
zeigen, dass Frauen in der Akutphase nach Schlaganfall signifikant häufiger eine
Major Depression entwickeln als Männer (24% vs. 12%). Federoff et al. (1991)
hingegen konnten keinen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Depression
nach Schlaganfall aufdecken.
2 .1 .3 Ätiopa thoge ne tis c he Vor s te llunge n
Ein Schlaganfall ist für die meisten Personen, die ihn erleiden, ein sehr einschneidendes Lebensereignis, dessen Folgeerscheinungen von motorischen
bis hin zu kognitiven und emotionalen Störungen reichen. Während motorische
Störungen, wie die Halbseitenlähmung, auch für den Laien leicht erkennbar sind,
sind kognitive Störungen und emotionale Störungen, wie ein depressiver Erlebniswandel, nicht immer gleich offensichtlich. Gerade die psychischen Beeinträchtigungen sind für viele Betroffene langfristig mit häufig schwerwiegenden
Konsequenzen verbunden, die das soziale und berufliche Leben entscheidend
beeinflussen können (De Haan 1995, Sandin et al. 1994, Robinson-Smith et al.
1995). Bei anhaltenden Beeinträchtigungen können psychosoziale Probleme
auch erst zweizeitig auftreten und dann Anlaß zu sekundären Anpassungsstörungen geben (Periard et. al. 1993).
In der Diskussion um eine angemessene Konzeptualisierung emotionalaffektiver Störungen nach Schlaganfall nimmt das Konzept der „Poststroke Depression“ (PSD) einen besonderen Stellenwert ein (Frühwald et al., 1999). Dieses bezieht sich auf die klinisch-psychiatrische Diagnose depressiver Verhaltensauffälligkeiten nach zerebralen Läsionen. Gegen den Begriff „Poststroke Depression“ ist angeführt worden, dass bei Schlaganfallpatienten die Kriterien einer
Depression nicht häufiger als in Vergleichsgruppen erfüllt sind (House et al.,
1991). Der Begriff ist außerdem insofern problematisch, als nahegelegt wird, e s
könne sich bei nach Schlaganfall auftretenden depressiven Störungen um ein eigenes, eigenständiges Krankheitsbild handeln. Dem stehen allein schon die
Vielzahl möglicher Einflussfaktoren und die vielfältigen Erscheinungsformen depressiver Störungen nach Schlaganfall entgegen In der englischsprachigen Literatur hat der Begriff der Poststroke Depression (PSD), jenseits nosologischer
und ätiopathogenetischer Diskussionen, jedoch weite Verbreitung gefunden. Au-
12
ßerdem hat er den Vorteil, das Vorkommen depressiver Störungen nach Schlaganfall prägnant ins Blickfeld zu rücken.
Inwieweit die Depression nach Schlaganfall direkt auf der Hirnschädigung, einer
primär endogenen Ursache, beruht oder aber als psychische Reaktion auf das
Infarktereignis angesehen werden kann, ist Mittelpunkt lebhafter wissenschaftlicher Diskussionen. Für alle Hypothesen gibt es sowohl unterstützende als auch
zweifelhafte Befunde. Neben der Hirnschädigung kommt den ätiopathogenetischen Vorstellungen des Konzepts der „Grief Response“ und der „(Depressive-)
Catastrophic Reactions“ besondere Bedeutung zu.
Depression als Reaktion
Im Sinne des rein psychodynamisch ausgerichteten Konzepts der „Grief Response“, das aus den frühen Arbeiten zur Krankheitsverarbeitung nach KüblerRoss (1978) abgeleitet wurde, sind depressive Veränderungen von Schlaganfallpatienten immer psychogen als vorhersagbare Reaktion eines seriell ablaufenden Krankheitsverabeitungsprozesses zu interpretieren (Tanner & Gerstenberger, 1988). Die intrapsychische Verarbeitung der Verlusterlebnisse, die mit einem
Schlaganfall einhergehen, hat nach Tanner und Gerstenberger (1988) einen
Phasenverlauf, der jedoch in bezug auf Dauer und Intensität der Einzelphasen
von Person zu Person unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die Phase der Depression folgt dabei auf eine Phase der Verleugnung und eine Phase der Frustration, hervorgerufen durch die Bewusstheit der Unveränderbarkeit der Erkrankungsfolgen. Eine Phase der Akzeptanz wird schließlich erreicht, wenn der Trauerprozess vollständig durchlaufen ist, und sich Patienten und Angehörige im Sinne einer positiven Verarbeitung an die Erkrankung und ihre Folgen adaptieren.
Kritiker dieses Konzepts weisen darauf hin, dass eine ausschließliche Zuschreibung depressiver Veränderungen als psychoreaktives Geschehen nur unter Ausblendung neuroanatomischer und neurophysiologischer Korrelate depressiver
Veränderungen nach Schlaganfall aufrecht erhalten werden kann (Herrmann,
1992). Zudem sehen sie die Gefahr, dass die Interpretation des Patientenverhaltens als natürlicher selbst-regulierender Bewältigungsprozess eine eventuell
notwendige therapeutische Intervention verhindern könnte (vgl. Gordon et al,
1997).
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Ein sehr bekannt gewordener Erklärungsversuch zur Depressionsgenese - das
Modell der Gelernten Hilflosigkeit (Seligmann, 1983) - interpretiert depressive
Störungen nach Schlaganfall ebenfalls ganz im Sinne einer reaktiven Depression. Gelernte Hilflosigkeit entsteht, wenn ein Individuum lernt, dass es mit seinem
Verhalten den Erhalt von Verstärkern nicht steuern kann. Eine depressive Störung
ist somit Folge der Unkontrollierbarkeitserfahrungen im Rahmen des Schlaganfalls und seiner Folgen, die durch das vorher erlernte Muster der Hilflosigkeit generalisieren und keine Alternativen wahrnehmen lassen.
Für eine reaktive Genese sprechen Studien, die eine Abhängigkeit der Depression vom Ausmaß der körperlichen Behinderung nachweisen (z.B. Sharpe et al.,
1994; Aström et al., 1993). Auch die Befunde von Beekmann (1998) werden als
Beleg eines reaktiven Entstehungsmodells herangezogen. Seinen Ergebnissen
zufolge besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Faktoren wie
Sprachproblemen, kognitiven Defiziten, funktionellen Beeinträchtigungen, Partnerlosigkeit oder externem „Locus of control“ und dem Auftreten einer depressiven Verstimmung innerhalb des ersten Jahres nach dem Schlaganfallereignis.
Gegen eine rein reaktive Genese der depressiven Störung sprechen die Ergebnisse von Folstein et al. (1977), nach denen Schlaganfallpatienten gegenüber
orthopädischen Patienten trotz vergleichbarem körperlichen Defizit vier- bis fünfmal häufiger depressiv sind. Fraglich ist allerdings, ob orthopädische Beschwerden und körperliche Beeinträchtigungen nach Schlaganfall überhaupt miteinander verglichen werden können.
Depression als primäre Folge der Hirnschädigung
Zu den Befürwortern eines somatisch-mechanistischen Krankheitsmodells der
Depression nach Schlaganfall zählt insbesondere die Arbeitsgruppe um Robinson. Sie berichtete, dass depressive Störungen signifikant häufiger bei linkshemisphärischen Läsionen beobachtet werden und umso schwerer sind, je weiter
frontal diese Läsionen liegen (Starkstein & Robinson, 1989; Aström et al., 1993).
Gass und Lawhorn (1991) fanden wiederum signifikant mehr depressive Störungen nach rechtshemisphärischen Läsionen. Auch bezüglich des Zusammenhangs zwischen dem Auftreten depressiver Verstimmungen und der Größe des
Insultareals sind die Ergebnisse bis heute kontrovers (Sharpe et al., 1994; Zerfaß
et al., 1992).
14
Zu den bekanntesten neuroanatomischen, neurochemischen und pathophysiologischen Theorien der Depressionsgenese nach Schlaganfall zählen die Unterbrechung aufsteigender noradrenerger und serotonerger Projektionsbahnen mit
konsekutiver Neurotransmitterverarmung (Herrmann, 1991), die Störung der zentralen präsynaptischen a2-Adrenorezeptoren (Barry & Dinan, 1990) sowie Läsionen in den tiefen Großhirnkernen (Starkstein et al., 1988). Swerdlow & Koob
(1987) formulierten ein elaboriertes Modell zur fronto-striato-thalamischen Dysfunktion, das drei funktionell unabhängige Schleifensysteme zwischen limbischem Cortex, Basalganglien, dorsomedialem Thalamuskern und tegmentalen
Mittelhirnstrukturen postuliert. Eine Läsion im ventralen Striatum bzw. aszendierender Fasersysteme würde diesem Modell zufolge zu einer tonischen Disinhibition der kortiko-thalamischen Feedback-Schleife führen. Die Konsequenz ist eine
neurobiochemische Dysregulation, die sich in psycho-motorischer Verlangsamung und einer Verarmung an Gefühlen und Affekten äußert.
Trotz des in den letzten Jahren - vor allem infolge der technischen Fortschritte bei
den modernen bildgebenden Verfahren - schnell wachsenden Erkenntnisgewinns zu somatischen Aspekten der Depressionsgenese nach Schlaganfällen
ist eine einheitliche Theorie jedoch nicht in Sicht.
Multifaktorielle Ansätze
Die Begrifflichkeit des Konzepts der „(Depressive-) Catastrophic Reactions“ basiert auf dem von Goldstein (1934; 1948) geprägten Terminus der „Katastrophenreaktion“. Mit diesem Begriff umschrieb er bestimmte emotionale Reaktionsformen, die er bei Hirnverletzungen aller Art beobachten konnte. Sie äußern sich
durch kurze, plötzlich beginnende emotionale Ausbrüche ängstlich-aggressiver
Natur, die eintreten, wenn die mögliche Reaktionsbreite des Individuums durch
bestimmte Umweltbedingungen überstiegen wird (Benson, 1973). Dies ist vor
allem dann der Fall, wenn der Patient mit Problemstellungen konfrontiert wird, die
er vor der Erkrankung ohne Anstrengung hätte meistern können, zu deren Bewältigung er sich jetzt jedoch nicht mehr in der Lage sieht. Goldstein interpretierte
diese Verhaltensmuster im Sinne einer holistischen Reaktion des Gesamtorganismus: er betrachtete die Katastrophenreaktion sowohl als psychische Reaktion
auf die Folgen der Hirnverletzung als auch als biologische.
15
Unter Verwendung des Plurals „Catastrophic Reactions“ versuchte später Gainotti verschiedene Reaktionsweisen wie Angstphänomene, aggressives Verhalten und Weinkrämpfe von anderen psychischen Veränderungen, etwa der „Depressiven Stimmung“ (Entmutigung, Antizipation der Unfähigkeit, Rationalisierung usw.) oder der „Indifferenten Reaktion“ (Gleichgültigkeit, Witzeln, Anosognosie) abzugrenzen (Gainotti, 1969, 1972). Auch er ging sowohl von reaktiven als
auch strukturell induzierten emotional-affektiven Reaktionen aus: so führte er
Katastrophenreaktionen bei Broca-Aphasikern auf neuropsychologische Ursachen, bei Wernicke-Aphasikern auf psychodynamische Ursachen zurück.
Neuere multifaktorielle Ansätze beschreiben eine komplexe Wechselwirkung
zwischen hirnorganischen, reaktiven, persönlichkeitsbezogenen und psychosozialen Faktoren als Ursache emotionaler Probleme nach Schlaganfall (Frommelt,
1999). Herrmann (2000) favorisiert ein Modell, das von unterschiedlichen Vulnerabilitätsphasen mit jeweils besonderen auslösenden Faktoren für die Entwicklung depressiver Störungen im Verlauf von Schlaganfallerkrankungen ausgeht.
Demnach werden depressive Veränderungen in der frühen Erkrankungsphase
vorwiegend als Konsequenz einer läsionsbedingten Veränderung des neurobiochemischen Gleichgewichts sowie der Rezeptorendichte und –sensitivität gesehen. Depressive Störungen, die im Verlauf der Rehabilitation oder im chronischen Krankheitsstadium auftreten, werden dagegen vielfach im Sinne emotional-affektiver Krankheitsverarbeitung bzw. maladaptiver Krankheitsverarbeitungsstrategien interpretiert (Herrmann et al., 1993).
2 .1 .4 Kr a nk he its be w ä ltigung
Historisch lassen sich für die Entwicklung der Forschung zur Krankheitsverarbeitung zwei zentrale Vorläufer erkennen: die psychoanalytische Abwehrlehre, in
deren Rahmen eine Ausdifferenzierung in bis zu 45 verschiedene Abwehrmechanismen erfolgte (Muthny, 1991; Beutel, 1988) und die Stressforschung. Letztere war zunächst physiologisch ausgerichtet (Selye, 1981). In den 50er Jahren jedoch kam es zu einer Integration der Stresstheorie in die Psychologie, insbesondere in die damals vorherrschende S-R-Psychologie (Klassischer Behaviorismus). Eine zunehmende Verschiebung des Betrachtungsfokus weg von der Seite
objektivierbarer Belastungsbedingungen (Stressoren) auf die Seite der individuellen Bewertungen und Reaktionen zeigt sich in dem Person-Situations16
Transaktions-Modell der Lazarus-Gruppe (Lazarus & Folkmann 1984). Wesentliche Elemente dieses Modells sind die Abkehr von einer Trait-Betrachtung und
stattdessen die Postulierung eines Kontinuums von Bewertung, Anpassungsversuch, Neubewertung usw. im Sinne einer zeitlich fortgeschriebenen PersonSituation-Wechselwirkung mit besonderer Betonung des Prozeßcharakters von
Coping. Lazarus und Folkman (1984) definieren ”Bewältigung” als ”sich ständig
verändernde kognitive und verhaltensmäßige Bemühungen bzw. Anstrengungen,
mit spezifischen externen und/oder internen Anforderungen, die Ressourcen einer Person beanspruchen oder übersteigen, fertig zu werden”.
Auch Heim et al. (1983) sehen in der Krankheitsbewältigung ein prozeßhaftdynamisches Geschehen und damit mehr als nur ein einfaches Reaktionsmuster, das, einmal angewandt, immer wieder gleichförmig wiederholt wird. Vielmehr
verändere sich die Krankheitsverarbeitung entsprechend der sich ständig wandelnden Anforderungen immer wieder. Heim et al. betonen in ihrem strukturellen
Krankheitsbewältigungsmodell den individuellen Umgang mit der Erkrankung, i m
Gegensatz etwa zum gesetzmäßig ablaufenden Fünf-Phasenmodell von KüblerRoss (1978). In Feedbackschleifen kommt es nach Heim et al. im Verlauf der
Krankheit zu ständigen Neubewertungen und damit zu Veränderungen der
Krankheitsverarbeitungsstrategien. Unter Bewältigung versteht man nach Krohne
(1985) dementsprechend nicht das Ergebnis des sich ständig verändernden
Prozesses zwischen Person und Umwelt bzw. Erkrankung, sondern den Prozess
selbst - mit allen effektiven und weniger effektiven Bemühungen.
Krankheitsverarbeitung nach Schlaganfall
Über Formen der Bewältigung bei akuten neurologischen Erkrankungen ist nur
wenig bekannt (Muthny 1992, Seidler 1985, Zuber et al. 1998). Die Mehrzahl aller
Studien zur Krankheitsverarbeitung untersuchten Patientengruppen mit den Diagnosen: Krebs, Herzinfarkt, rheumatische Erkrankungen oder chronischer Niereninsuffizienz (Beutel, 1988; Faller, 1992, Röthlisberger, 1993.)
Diessner (1991) untersuchte hirnorganisch geschädigte Patienten mit der Kurzform des „Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung“ (Muthny, 1989a).
Dabei wurde deutlich, dass Schlaganfallpatienten am häufigsten „Aktives problem-orientiertes Coping“ einsetzen, gefolgt vom Verarbeitungsstil „Ablenkung und
Selbstaufbau“. Bezüglich der Art der Verarbeitung unterschieden sie sich nicht
17
signifikant von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma. Egger und Stix (1989) zeigten
mit Hilfe des „Erhebungsbogen zur Krankheitsverarbeitung bei Patienten mit kardio-vaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen“ (EKV), dass Schlaganfallpatienten mehr Vertrauen in externe, insbesondere in medizinische Hilfs- und
Heilungsmöglichkeiten haben als Herzinfarktpatienten. In einer Vergleichsstudie
von Broda (1987) wiesen die Schlaganfallpatienten bei der Betrachtung der
Summe aller gezeigten Bewältigungsreaktionen den höchsten Gesamtscore auf.
Sie zeigten im Vergleich zu einer Patientengruppe aus dem Allgemeinkrankenhaus signifikant höhere Werte beim Faktor „Wunschdenken“ und im Vergleich zu
Krebspatienten signifikant höhere Werte beim Faktor „Verantwortung übernehmen“. Broda bezeichnete die Unterschiede zwischen den einzelnen Krankheitsgruppen jedoch als unerwartet gering und nahm deshalb von der Annahme einer
Erkrankungsspezifität der Bewältigungsreaktionen Abstand.
Speziell nach einem Schlaganfall können jedoch z.B. neuropsychologische Funktionsstörungen wie Aphasien oder Gedächtnisstörungen die Krankheitsverarbeitung erheblich erschweren (Kallert, 1993). Daneben spielen auch weitere
krankheitsspezifische bzw. situative Faktoren wie Schweregrad des Insults,
Prognose des Krankheitsverlaufs, Schmerzen, Umgebungsveränderung oder
Grad der Kontrollierbarkeit der Erkrankung eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung bestimmter Bewältigungsstrategien (Harrer, 1995).
Bei einer Schlaganfallerkrankung stellen die Akutsituation mit Aufnahme und Behandlung in der Akutklinik, der Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik sowie die
Heimkehr in die häusliche Umgebung mit den damit verbundenen Adaptationserfordernissen Krankheitsabschnitte mit jeweils eigenen Belastungen und Anforderungen an die Krankheitsbewältigung dar. Kruse (1989) konnte zeigen, dass
die Reaktionsformen in den ersten Monaten nach Eintritt eines Insultes sehr
komplex sind und ein hohes Maß an inter- und intraindividueller Variabilität aufweisen: sie reichen von aktiver Mitarbeit über Leugnen der Schwere der Erkrankung und Pflege von sozialen Kontakten bis hin zu extremer Niedergeschlagenheit. Erst mit zunehmender Krankheitsdauer entwickeln sich voneinander abgrenzbare Bewältigungsstile, wobei sich bei mindestens fünf Jahre zurückliegendem Insult clusteranalytisch vier Formen unterscheiden lassen: leistungsbezogener, akzeptierender, resignativer und hadernder Bewältigungsstil. Zahlreiche
Studien unterstützen die Sichtweise, dass erst im langfristigen Verlauf des Ge18
sundungs- bzw. Rehabilitationsprozesses mit relativ stabilen Mustern der Krankheitsverarbeitung zu rechnen ist (z.B. Lamberti, 1998).
Dieser Aspekt eines wesentlichen Einflusses der Zeit auf die Frage nach der Effektivität bestimmter Bewältigungsformen wird durch eine Metaanalyse von Suls
und Fletcher (1985) bestätigt. Kurzfristig wirken sich demnach Vermeidung und
Unterdrückung offenbar positiv auf das Wohlbefinden aus, mit zunehmender
Zeitspanne gewinnen aufmerksam-konfrontative Bewältigungsstile an Wirksamkeit. In einer Selbsteinschätzung des Nutzens betonten die Patienten einer Studie
von Muthny et al. (1992) vor allem die hilfreiche Funktion von Kampfgeist und
Trost im religiösen Glauben. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Effektivität
bestimmter Bewältigungsstrategien sind jedoch so wenig konsistent, dass u.a.
Heim (1988) die Idee eines generell günstigen Copings problematisiert. (vgl. o.)
Die Frage des Nutzens einer bestimmten Krankheitsverarbeitungsstrategie kann
nur für jeden Menschen individuell, für ein bestimmtes Problem, zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Kontext beantwortet werden (Harrer, 1995).
2 .1 .5 W e ite r e Einflus s fa k tor e n und Folge n
Einigkeit besteht bezüglich der Relevanz depressiver Vorerkrankungen für die
Entstehung einer Depression nach Schlaganfall sowie bezüglich der Korrelation
zwischen Depression und psychosozialer Vereinsamung (Andersen et al., 1995;
Burvill et al., 1997). Einzelbefunde weisen zudem auf einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer depressiven Verstimmung und psychosozialem
Stress bzw. Heimunterbringung in der Zeit vor dem Insult hin (Sharpe et al.,
1994). Risikofaktoren wie Alter, kognitive Beeinträchtigung und Aphasie werden
hingegen sehr kontrovers diskutiert (Aström et al., 1993; Burvill et al., 1997).
Die Folgen einer depressiven Störung nach Schlaganfall sind zumeist schwerwiegend. Vergleichsstudien belegen eine überzufällig erhöhte Mortalität depressiver Schlaganfallpatienten, selbst wenn nach der Schwere der Grundkrankheit
korrigiert wird (z.B. Morris et al., 1993b). Maßgebliche Folge der depressiven Störung ist der aggravierte Leidensdruck der Schlaganfallpatienten. Darüber hinaus
behindert die Depression die Einschätzung der neurologischen Situation durch
die behandelnden Ärzte und erschwert die Teilnahme des Patienten an allen
Phasen der Rehabilitation. Das Erreichen optimaler Rehabilitationsergebnisse
19
wird dadurch verhindert (Parikh et al., 1990). Dies kann unter Umständen eine
Verlängerung der Aufenthaltsdauer in der behandelnden Institution und „Rehabilitationshospitalismus“ zur Folge haben. Langfristig ist für die depressiven
Schlaganfallpatienten die Lebensqualität in stärkerem Maße eingeschränkt als
es angesichts der Grundkrankheit verständlich wäre (King, 1997). Die schlechtere Lebensqualität und das schlechtere Rehabilitationsergebnis ziehen wiederum
hohe direkte und indirekte Folgekosten nach sich.
2 .1 .6 Ve r fa hr e n zur Er fa s s ung von De pr e s s ion na c h Sc hla ga nfa ll
Das Spektrum der Untersuchungsverfahren und Instrumente zur Erfassung depressiver Veränderungen nach Schlaganfall ist äußerst heterogen. Dies liegt zum
einen an der Multimodalität der Schlaganfallerkrankung mit einer Vielzahl unterschiedlicher neurologischer und neuropsychologischer Störungen, die der inhaltlichen Ausarbeitung von Erfassungsinstrumenten enge Grenzen setzt. Elementare Einschränkungen, beispielsweise der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses
oder der Wahrnehmung und visuellen Exploration, müssen im Sinne einer validen und reliablen Diagnostik depressiver Veränderungen mitberücksichtigt werden. Zum anderen bleibt bei einer Untergruppe von Schlaganfallpatienten, den
Aphasikern, der verbale und direkte Zugang häufig versperrt, so dass über Umwege Aufschluss über emotional-affektive Veränderungen gewonnen werden
muss.
Ungeachtet dieser methodischen und inhaltlichen Probleme werden in Untersuchungen mit Insultpatienten häufig Verfahren eingesetzt, die bei dieser Patientengruppe nie psychometrisch evaluiert und hinsichtlich ihrer Applikabilität überprüft wurden (Herrmann, 1992). Schwierigkeiten bereiten dabei insbesondere Items, deren Inhalt auch Merkmale neurologischer bzw. somatischer Erkrankungen repräsentieren. Eine Bejahung dieser Items kann entweder auf ein psychopathologisches Symptom, eine neurologisch bedingte Beeinträchtigung oder
auch auf beides hinweisen. Deshalb sollten Untersuchungsinstrumente, die Items wie „Energieverlust“ oder „Schlafstörungen“ hoch gewichten, sehr kritisch
beurteilt werden (vgl. Catapano & Galderisi, 1990).
20
Die zur Diagnose und Graduierung von depressiven Veränderungen nach
Schlaganfall eingesetzten Verfahren können im allgemeinen einer der folgenden
Gruppen zugeordnet werden (vgl. Knauer, 2002):
Selbstbeurteilungsverfahren
Diese Instrumente dienen zur Graduierung, das heißt zur Bestimmung des
Schweregrads einer depressiven Veränderung. Häufig eingesetzte verbale oder
schriftsprachliche Selbstbeurteilungsskalen sind das „Becksche Depressionsinventar“ (Beck et al., 1977), die „Zung Self Rating Depression Scale“ (Zung, 1965),
die
„Depression Adjective Checklist“ (Stern et al., 1990a) sowie die „Hospital Anxiety
and Depression Scale“ (Herrmann, 1994). Letztere wurde speziell zur Erfassung
Depressiver Störungen bei somatisch Kranken entwickelt. (vgl. 3.4.2.3). Diese
verbalen Skalen sind mit dem Nachteil behaftet, dass Patienten mit Sprachstörungen oder Beeinträchtigungen der visuellen Exploration nicht untersucht werden können. Deshalb wurden nonverbale Verfahren, zumeist sogenannte „Visual
Analogue Scales“ entwickelt, die jedoch nur ein sehr geringes Spektrum der depressiven Symptomatik graphisch abbilden können. Ein weiterer Nachteil von
Selbstbeurteilungsverfahren ist die mitunter problematische Krankheits- und Störungswahrnehmung bei Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, die häufig in einer geringen Korrelation zwischen Selbst- und Fremdbewertung deutlich
wird.
Fremdbeurteilungsverfahren
Zu den Erfassungsinstrumenten für psychische Störungen im allgemeinen zählt
z.B. das in der vorliegenden Untersuchung eingesetzte AMDP-System, ein auf der
klinischen Psychopathologie aufbauendes System zur Dokumentation psychiatrischer Anamnese- und Befunddaten, das von der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie entwickelt wurde (AMDP, 1981). Mit diesem System soll eine solide, empirische Grundlage der Datenerhebung und der
daraus resultierenden Diagnose erzielt werden. Zur Erfassung und Bestimmung
des Schweregrads depressiver Störungen kommen vor allem DepressionsRatingskalen wie die „Hamilton Rating Scale of Depression“ (Hamilton, 1960) oder die „Cornell Scale for Depression“ (Alexopoulus et al., 1988a) zur Anwen21
dung. All diesen Instrumenten ist gemein, dass sie zwar auf Informationen von
Seiten des Patienten zurückgreifen, letztlich jedoch eine Fremdbewertung darstellen. Ein Teil dieser Fremdexplorationsverfahren wurde bei Patienten mit zerebrovaskulären Insulten psychometrisch überprüft (Robinson et al., 1985a;
Herrmann, 1991).
22
2 .2 A uf ga be ns te ll un g
Übergeordnetes Ziel der vorliegenden Studie war es, am Beispiel von Schlaganfallpatienten, die zugleich depressive Störungen zeigen, den Einfluß psychischer
Störungen, weiterer Patientenmerkmale wie u.a. der Krankheitsbewältigungsstrategien sowie des Behandlungssettings auf den Rehabilitationsverlauf zu untersuchen. Dabei sollten zwei verschiedene stationäre Behandlungssettings (der
allgemein-neurologischen Bereich (AN) sowie der Bereich Neuropsychiatrie und
Psychotherapeutische Neurologie (PN) sowie - nach dem ursprünglichen Studienplan – auch teilstationäre Rehabilitationsmaßnahmen in Hinblick auf ihre
Wirksamkeit und Stabilität berücksichtigt werden (vgl. 3.2). Außerdem sollte die
prospektiv angelegte Studie Auskunft darüber geben, welche therapeutischen
Maßnahmen bei psychischen Störungen nach Schlaganfall angezeigt und welche
Faktoren prognostisch richtungsweisend sind. Schließlich sollten die Untersuchungsergebnisse als Grundlage zur Entwicklung differenzierterer Arbeitshypothesen und damit zur Konzeption einer zweckmäßig anzuschließenden Verlaufsstudie dienen.
Im Einzelnen sollte das Projekt zur Klärung folgender Fragen beitragen:
•
In welcher Hinsicht unterscheiden bzw. gleichen sich die Patienten in den Behandlungssettings?
•
Welche Rehabilitationsergebnisse lassen sich durch die verschiedenen, eine
psychotherapeutische Behandlung umfassenden Rehabilitationsangebote
bei Patienten nach Schlaganfall mit depressiven Störungen erreichen?
•
Welche psychopathologischen und psychosozialen Merkmale und Merkmalsmuster sind bestimmend für den Erfolg der Rehabilitationsangebote in
den unterschiedlichen Behandlungssettings?
•
Welche prognostischen Faktoren und Parameter zur gezielteren Zuweisung in
die verschiedenen Behandlungskontexte lassen sich heraus arbeiten?
Im Verlauf des Projektes stellte sich als weiterer zentraler Aspekt das Phänomen
„Verdeckter Depressiver Störungen“ bei forcierter Bewältigungshaltung heraus.
23
3
3 .1
M AT ERIAL
UND
M ET HODEN
Zu m Fo r s c h un gs k o nt e x t
Das Projekt ist als ein Teil des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Ulm ”Bausteine der Reha” realisiert worden.
Das Vorhaben wurde in den Kliniken Schmieder durchgeführt, einem neurologischen Fach- und Rehabilitationskrankenhaus mit Kliniken in Gailingen, Allensbach, Konstanz, Stuttgart und Heidelberg. Zwar existierte an den Kliniken bereits
vor diesem Projekt eine lange klinische Forschungstradition. Auch sind die Kliniken Schmieder im Rahmen des Lurija Institutes für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung an der Universität Konstanz wissenschaftlich aktiv. An der erst 1992 in Betrieb gegangenen Klinik Konstanz, in der das Projekt
vorrangig durchgeführt worden ist, galt es dagegen noch, die Voraussetzungen
für klinisch-wissenschaftliche Arbeit zu entwickeln. In diesem Zusammenhang
sind neben der nötigen Infrastruktur insbesondere die Aus- und Weiterbildung
sowie die Motivation der Mitarbeiter zu nennen – auf allen Ebenen und in allen Arbeitsbereichen.
Die stationären Patienten, die an dieser Studie teilnahmen, wurden in der Teilklinik in Konstanz und Gailingen rekrutiert, die Erhebungen im teilstationären Bereich fanden im Neurologischen Rehabilitazionszentrum Stuttgart (NRZ) statt. In
den Kliniken Schmieder gibt es an den Standorten – stationär wie teilstationär/ambulant - ein umfassendes Rehabilitationsangebot, das dem Ineinandergreifen der unterschiedlichen Störungsanteile bei hirngeschädigten Patienten
unmittelbar Rechnung trägt (vgl. Welter und Schönle, 1997). In den Kliniken in
Konstanz und in Gailingen steht mit dem Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie (PN) darüber hinaus eine Spezialabteilung für die integrierte psychotherapeutische Intensivbehandlung zur Verfügung (R. Schmidt et
al. 1994, 1995, 1997, Löttgen et al. 1995). In Hinblick auf die projektierte Studie
war es daher möglich, primär drei verschiedene Rehabilitationsangebote einzubeziehen.
24
3 .2 S tu di e n de s i gn
Bei der Studie handelt sich um eine offene, nicht randomisierte, prospektive,
multizentrische Beobachtungsstudie an Patienten nach Schlaganfall mit depressiven Störungen. Anhand verschiedener Kohorten (Behandlungsgruppen) sollte
der Einfluß patienten- und verlaufsbezogener, klinischer und psychosozialer
Merkmale/Merkmalsmuster und der Art des Behandlungskontextes bestimmt
werden. Dabei wurde ursprünglich die Einbeziehung von drei unterschiedlichen
Behandlungssettings angestrebt, wie sie bereits vor Beginn des Projektes in den
Kliniken Schmieder angewandt wurden.
Entsprechend dem Vorkommen mehrfach determinierter psychischer Störungen
bei Schädigungen des ZNS gibt es in allen Klinikteilen ein umfassendes Rehabilitationsangebot, das dem Ineinandergreifen der unterschiedlichen Störungsanteile bei hirngeschädigten Patienten unmittelbar Rechnung trägt. Die Kliniken
insgesamt gewährleisten die Bereitstellung von drei verschiedenen Rehabilitationsangeboten, die sich in Hinblick auf die psychotherapeutische Behandlung
durch die Intensität des jeweiligen spezifischen Therapieangebotes, dem unterschiedlichen Anteil strukturierender, haltgebender Elemente und dem Verhältnis
neuropsychologischer und psychotherapeutischer Anteile unterscheiden:
•
Allgemeinneurologischer Bereich (AN): Reguläre stationäre neurologische
Rehabilitation mit Möglichkeit zu psychotherapeutischer Mitbehandlung,
•
Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie (PN): stationäre Rehabilitation in einer Spezialabteilung mit integriertem und umfangreichem Psychotherapieangebot und
•
Reguläre teilstationäre neurologische Rehabilitation mit Möglichkeit zu psychotherapeutischer Mitbehandlung
Im Rahmen der Studie wurde keine grundsätzliche Veränderung an den jeweiligen „naturalistischen“ Therapieangeboten vorgenommen. In Hinblick auf die Studienerfordernisse wurde jedoch eine Standardisierung der psychotherapeutischen Maßnahmen angestrebt, die allerdings nur annähernd bleiben mußte, da
sich Rehabilitationsplan und Behandlung selbstverständlich an den Erfordernissen des Einzelfalles orientieren müssen. Dies gilt auch in Hinblick auf die wegen
der organischen Schädigungen erforderlichen somatischen Behandlungen.
25
Es erfolgten jeweils zu Beginn und zum Entlaßzeitpunkt ausführliche Untersuchungen der Studienteilnehmer unter Einbeziehung eines detaillierten Anamnesefragebogens, einer neurologisch-psychiatrischen und neuropsychologischen
Untersuchung, dem Einsatz verschiedener Selbstrating- und Fremdratinginstrumente sowie einer klinischen Einschätzung bezüglich weiter unten erläuterter
Aspekte/Merkmale.
Eine katamnestische Nacherhebung fand nach 6 und 12 Monaten (Katamnese I,
Telephoninterview plus Fragebögen und Selbstratinginstrumente / Katamnese II.
mit persönlicher Nachexploration, ausführlicher Nachuntersuchung und Testung)
statt.
26
3 .3 P a t ie nt e n r e k r ut ie r u ng
Als Beobachtungseinheit wurde der Patient, der nach einem Schlaganfall eine
Rehabilitation in einer der obengenannten Kliniken bzw. Abteilungen durchführt,
definiert. Fortlaufend wurde für alle nach einem Schlaganfall aufgenommenen
Patienten geprüft, inwieweit sie für eine Aufnahme in die Studie in Frage kommen.
Eine erste Patientenselektion erfolgte nach den im folgenden definierten Ein- und
Ausschlußkriterien:
3 .3 .1 Ein- und Aus c hlus s s c hlußk r ite r ie n
Einschlußkriterien
•
Patienten mit einem CT oder MRI gesicherten Schlaganfall (Vorbefund)
•
Diagnose einer depressiven Störung nach ICD-10 F31.3-31.5, F32, F33, F34,
F38, F41.2, F43.20-22.
•
Alter des Patienten ≥ 20 Jahre
•
ausreichende Deutschkenntnisse
•
Einverständnis des Patienten zur Studienteilnahme
Ausschlußkriterien
•
Patienten mit weiteren das ZNS betreffende organischen Erkrankungen
•
Patienten mit einer „aktuell vorliegenden Schizophrenie oder schizoaffektiven
Psychose“
•
Patienten mit „manifesten Suchterkrankungen“
•
Patienten mit mittel- bis schwergradiger Aphasie
Sämtliche Patienten, die diese Kriterien erfüllten, wurden von einem erfahrenen
Facharzt persönlich im Rahmen einer ausführlichen Exploration und klinischen
Untersuchung auf das Vorliegen einer depressiven Störung nach ICD 10, Kapitel
F hin gesehen. Alle Patienten mit der Diagnose einer depressiven Störung nach
ICD-10 (F31.3-31.5, F32, F33, F34, F38, F41.2, F43.20-22.), die sich schriftlich zur
Studienteilnahme einverstanden erklärt haben, wurden in die eigentliche Studie
aufgenommen.
27
Die Aufnahme der Patienten in die verschiedenen Behandlungskontexte richtete
sich nach den routinemäßig gegebenen Zuweisungs- und Belegungsmodalitäten, wobei für die teilstationäre Behandlung neben medizinischen Kriterien (z.B.
Schwere des Krankheitsbildes) Wohnortnähe und Erreichbarkeit der Einrichtung
entscheidende Kriterien darstellten.
28
3 .4 U nt e r s u c h un gs m e th od e n u nd M e ß in s t r u m e nt e
3 .4 .1 Unte r s uc hunge n im Ve r la uf (Ta be lla r is c he Übe r s ic ht)
Die Patienten werden zu den folgenden Zeitpunkten befragt:
1. Erhebung
bei Aufnahme
2. Erhebung
bei Entlassung
3. Erhebung
6 Monate nach Entlassung (Katamnese I)
4. Erhebung
12 Monate nach Entlassung (Katamnese II)
Tabelle 1: Untersuchungen im Verlauf
Aufnahme
Entlassung Katamnese I Katamnese II
Durchzuführende Untersuchung bei ......
Ein- Ausschlußkriterien prüfen
ja
Aufnahmedokumentation
ja
Reha-Note (Basisausführung)
ja
ja
zum Teil
ja
Neurologischer Befund
ja
ja
ja
Psychischer Befund / AMDP
ja
ja
ja
Neuropsychologisches Rating / Studien- ja
ja
ja
testbatterie
Neuropsychlogischer Befund (HLT)
ja#
Fragebögen/Testinstrumente
ja+
ja+
ja+
ja+
Entlassungsdokumentation
ja
Apparative Zusatzdiagnostik
ja#
Stroke Scale (NIHSS)/ Barthel-Index
ja
ja
ja
Katamnesedokumentation
ja
ja
# = soweit aus klinisch-neuropsychologischen Gründen ohnehin durchgeführt
+ = speziell für den jeweiligen Meßzeitpunkt zusammengestellter Fragebogenkatalog
Tabelle 2 bietet eine Übersicht über die eingesetzten Selbst- und FremdratingInstrumente, wie sie zur Erfassung der verschiedenen Dimensionen im Verlauf
verwendet wurden:
Tabelle 2: Eingesetzte Erhebunsginstrumente im Verlauf
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
HADS-D-D und -A
BDI
STAI State und Trait
FPI-A1
FMP
FKV
WHO-QOL (BREF)
KKG
CDS
AMDP
NIHSS
Katamnese II
HADS-D-D und –A
BDI
STAI State
HADS-D-D und -A
BDI
STAI State
HADS-D-D und -A
BDI
STAI State
FMP
FMP
FKV
WHO-QOL (BREF)
VEV
KKG
FMP
FKV
WHO-QOL (BREF)
VEV
KKG
VEV
CDS
AMDP
NIHSS
CDS
AMDP
NIHSS
29
Die verwendeten Testinstrumente wurden dabei zuerst auf Praktikabilität im Klinikalltag an Patienten geprüft und unter Einbeziehung der Empfehlungen der verbundübergreifenden Arbeitsgemeinschaft „vollstationäre neurologische Rehabilitation“ mit den Mitarbeitern des zweiten, an den Kliniken Schmieder zum Thema
„Die Bedeutung von Planungs- und Handlungsstörungen beim Schlaganfallpatienten für die soziale und berufliche Wiedereingliederung“ (Projektleiter: B. Stemmer, P.-W. Schönle) durchgeführten Projektes abgestimmt.
3 .4 .2 Unte r s uc hungs ins tr um e nte
3.4.2.1 Klinische Anamnese und Untersuchung
Bei den Studienpatienten wurden im Rahmen eines ausführlichen klinischen Interviews umfangreiche sozioökonomische, personen-, krankheits-, und verlaufsbezogene Daten erhoben. Dabei wurden die Patienten u.a. nach dem Vorliegen
einer subjektiven Belastbarkeitminderung, sensibler Reizsymptome und sexueller Störungen befragt. Ergänzend erfolgte eine detaillierte Dokumentation der
Einnahme von Psychopharmaka und Schmerzmittel sowohl im Vorfeld der stationären Aufnahme als auch im weiteren Verlauf der Studie. Alle diese Daten wurden als mögliche Einflußgrößen unter ergänzender Einbeziehung der Vorbefunde
/ der Informationen aus dem Krankenblatt mit Hilfe von speziell für diese Studie
entwickelten Erhebungsbögen zur Aufnahme-, Entlassungs- und Katamnese Iund II-Dokumentation erfaßt.
Darüber hinaus wurde bei allen Patienten ein fundierter neurologischer und psychischer Untersuchungsbefund erhoben und dokumentiert.
Die klinische Diagnosestellung folgte im wesentlichen den Kriterien von ICD-10.
Da durch eine Einordnung der depressiven Störungsbilder unter „organisch depressive Störung“ (F06.32) eine weitere Differenzierung depressiver Störungen
nach ihrem klinischen Erscheinungsbild nicht möglich gewesen wäre, wurde
primär das Erscheinungsbild der depressiven Störung der diagnostischen Einordnung zu Grunde gelegt. Dieses Vorgehen greift im Übrigen die bereits 1952
von Goldstein vertretene Grundüberzeugung einer Vergeblichkeit bzw. Unsinnig30
keit des Versuchs auf, zwischen organischen und funktionellen (d.h. konflikthaft
oder neurotisch bedingten) psychischen Symptomen zu differenzieren. Die hirnorganischen Aspekte der psychischen Beeinträchtigungen wurden unter Einbeziehung der neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse separat betrachtet
(vgl. 4.2.5).
Die Erfassung des psychischen Befundes erfolgte darüber hinaus standardisiert
im Rahmen des AMDP (s.u.). Der neurologische Befund wurde mit einem standardisierten Bogen erfaßt Darüber hinaus erfolgte eine Einschätzung des Ausmaßes der neurologischen und allgemeinkörperlichen Befundes unter Einbeziehung von Barthel-Index und NHISS (s.u.).
3.4.2.2 Erfassung des psychischen Befundes
AMDP
Das AMDP-System wurde von der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie zur Dokumentation psychiatrischer Anamnese- und
Befunddaten entwickelt, und ermöglicht - aufbauend auf der klinischen Psychopathologie - eine weitgehende Abbildung des gesamten psychopathologischen
Befundes (AMDP, 1981). Außerdem hat sich dieses Dokumentationssystem über
die Erfassung von klinisch relevanten Variablen in der klinischen Routine hinaus
bewährt, die Grundlage zur Untersuchung wissenschaftlich relevanter Fragestellungen gerade auch im Verlauf zu liefern (Alda et al. 1994). Die Standardisierung
der Befunderhebung und –dokumentation bedingt eine weitgehende Unabhängigkeit vom jeweiligen, gezielt zu schulenden Untersucher.
Beim AMDP-System wird eine Vielzahl von Informationen in einem Gespräch von
ca. 30-60 Minuten erhoben. Das von uns angewandte AMDP-System zog nur den
psychischen Befund in Betracht und beinhaltete 12 Befundkategorien, die einmal
im Rahmen einer übergeordneten Einschätzung, aber auch differenziert in Form
verschiedener Einzelmerkmale erfaßt wurden. Dabei wurde die jeweilige Merkmalsausprägung in aufsteigenden Schweregraden von „(nicht vorhanden“,
„leicht“, „mittel“, „schwer“) befundet bzw. dokumentiert, wenn zu einem Punkt „keine Aussage“ möglich war. Die Reliabilität des AMDP-Systems (incl. Interrater31
Reliabilität) wird als ausreichend, die Validität als besonders gut evaluiert beschrieben (Baumann & Stieglitz 1989).
3.4.2.3 Erfassung von Depressivität
Neben der Basiserfassung des psychischen Befundes durch das AMDP - auch
im Hinblick auf das Vorliegen eines depressiven Erlebniswandels - wurden folgende Selbstratingverfahren zur Depressionserfassung eingesetzt.
Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS)
Bei der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) handelt es sich um einen
kurzen Selbstbeurteilungsfragebogen zur Erfassung von Depressivität und Angst.
Sie wurde 1983 zum gezielten Einsatz bei Patienten somatisch-medizinischer
Einrichtungen entwickelt (Zigmond & Snaith, 1983) und konnte sich mittlerweile
bei Patienten der verschiedensten medizinischen Disziplinen als Screeninginstrument bewähren. Komorbiditätsstudien zeigen, daß Angst und Depression
häufig gemeinsam vorliegen. Daher erfaßt der Test als Selbstratingverfahren
sowohl Depression als auch Angst mit zwei Unterskalen (HADS-D-D(epression)
und HADS-D-A(ngst).) Die in der vorliegenden Arbeit eingesetzte deutsche Version (HADS-D) wurde 1994 von Herrmann et al. eingeführt.
Die HADS-D enthält 14 Items (je 7 pro Subskala in alternierender Abfolge) mit
vierstufigen itemspezifischen Antwortmöglichkeiten (0-3) und wechselnder
Schlüsselrichtung, wobei sich der Beurteilungszeitraum auf die jeweils vorangegangene Woche bezieht. Sie ist kurz und praktikabel und stellt somit eine vertretbare Patientenbelastung dar. Zur Interpretation der Ergebnisse wurden von Zigmond und Snaith drei Wertebereiche für jede HADS-Subskala angegeben, und
zwar jeweils £ 7 als unauffällig, 8-10 als grenzwertig und ≥ 11 als auffällig. Die
Validität dieser Cutoff-Werte muss jedoch noch als vorläufig gelten. Herrmann et
al. (1994) empfehlen, den Cutoff-Index an den Kosten falsch-positiver und falschnegativer Einschätzungen zu orientieren, die sich wiederum aus dem Verwendungszweck der Skala ergeben.
Die HADS-Depressionsskala (HADS-D-D) basiert auf dem Konzept einer milden
sogenannten „endogenomorphen“ Symptomatik, in dessen Zentrum ein zentraler
Verlust an Motivation und Lebensfreude („anhedonia“) steht. Ihre Items erfragen
32
Symptome wie Interessenverlust (D5, D7), Freudlosigkeit (D1, D2, D3, D6) und
Verminderung des Antriebs (D4), die sowohl im DSM-III-R als auch im ICD-10 zu
den Leitsymptomen depressiver Episoden zählen. Dabei klammert die HADSD/D Items mit subjektiven Angaben zur körperlichen Befindlichkeit bewusst aus,
um eine unabhängige Erfassung der psychischen Seite zu ermöglich und eine
somatische Konfundierung der Skaleninhalte zu vermeiden. Dies spricht insofern
für den Einsatz der HADS-D in der vorliegenden Untersuchung, als sie ein Screeninginstrument darstellt, das sich nicht durch somatische Symptome der verdeckt
depressiven Patienten „beeindrucken“ lässt und somit verdeckt depressive Störungsbilder eher nicht hinreichend abbilden kann. Aus diesem Grund scheint die
HADS-D-D zur Differenzierung zwischen offen und verdeckt depressiven Patienten vor dem Hintergrund einer depressiven Diagnose besonders geeignet zu
sein.
Die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität des Verfahrens sind durch die
schriftlich vorgegebene Instruktion sowie durch die standardisierten Auswertungs-richtlinien gewährleistet. Die Itemkennwerte weisen nach herkömmlichen
Kriterien eine befriedigende und homogene Testkonstruktion der HADS auf. Die
innere Konsistenz der Depressionsskala (Cronbach´s Alpha = .82) sowie die
Stabilität des Verfahrens (Retest-Reliabilität von .74) sind als gut zu bezeichnen.
Beck-Depressionsinventar (BDI)
Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit anderen Untersuchungen zu depressiven
Störungen, (auch an Patienten ohne somatische Erkrankung) wurde ergänzend
das Beck-Depressionsinventar (BDI) in der Studie als weiteres, seit über 30 Jahren gut etabliertes Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung der Schwere depressiver Symptomatik und deren Veränderung eingesetzt. (Hautzinger et al.,
1995). Bei dem BDI werden, keiner ätiologischen Theorie verpflichtet, typische
depressive Symptome (z.B. Weinen, Traurigkeit, Appetitverlust, Schlafstörungen,
Schuldgefühle, Entschlußunfähigkeit, sozialer Rückzug, Pessimismus u.a.) in
Form von 21 Items zusammengefaßt erfragt. Für jedes Item wählt der Proband
aus vier Aussagen in aufsteigendem Schweregrad die auf ihn während der letzten Woche zutreffendste aus. Demnach ergeben sich mögliche Summenscores
für den BDI zwischen 0 und 63. Nach dem Testhandbuch (Beck et al., 1995) dür33
fen Werte unter 11 Punkten als unauffällig, im normalen Bereich liegend angesehen werden. Werte zwischen 11 und 17 Punkten sollen auf eine milde bis mäßige Ausprägung depressiver Symptome hinweisen. Als klinisch relevant gelte ein
Punktwert von 18 oder mehr.
Für psychiatrische Patienten finden sich Innere Konsistenzwerte (Cronbach`s alpha) des BDI zwischen .76 und .95, für nicht-psychiatrische Stichproben zwischen
.73 und .92 (Beck et al., 1988). Die Validierung erfolgte durch Korrelation mit anderen Beurteilungsinstrumenten depressiver Symptomatik. Die entsprechenden
Korrelationen liegen zwischen .71 und .89 .
Gerade im Hinblick auf Aspekte wie den Einfluß von Selbstkritikfähigkeit, Bewältigungsmodi etc. auf die Einschätzung in Selbstratinginstrumenten wurde neben
der Befunderhebung im Rahmen des AMDP auch ein Fremdrating-Verfahren zur
Erfassung der Depressivität im Verlauf einbezogen.
Cornell Depressionsskala (CDS)
Die Cornell Depressionsskala (CDS) basiert auf der klinischen Erfahrung des
depressiven Verhaltens von hirnorganisch beeinträchtigten Patienten. Probanden
können dann untersucht werden, wenn sie ihre Grundbedürfnisse mitteilen können. Mittelschwere Aphasie, eingeschränktes Urteilsvermögen, Gedächtnis- oder
Konzentrationsprobleme stellen keine Ausschlußkriterien dar. Die deutsche Version von Herrmann et al. (1995) wurde in den Formulierungen speziell auf Patienten mit Schlaganfall bezogen. Eine spezielle Skala für diese Patientengruppe
trägt dem vielfach belegten Umstand (z.B. Beblo, Wallesch, & Herrmann, 1999)
Rechnung, dass depressive Veränderungen sehr häufig nach Hirnläsionen auftreten und einen wesentlichen Faktor für die Rehabilitation darstellen. Durch die
Fremdbeurteilung wird darauf Rücksicht genommen, dass Patienten mit Hirnläsionen Selbstexplorationsverfahren aufgrund ihrer kognitiven Dysfunktionen
möglicherweise nicht adäquat beantworten können.
Die CDS besteht aus 19 Items, die mittels eines dreistufigen Ratings beurteilt
werden: 0-“nicht vorhanden“, 1-„leichtgradig“ und 2-„schwer“ sowie a-„nicht
beurteilbar“. Es werden fünf Themenbereiche abgefragt:
Stimmungsbezogene
Auffälligkeiten (4 Items), Verhaltensauffälligkeiten (4 Items), Körperliche Zeichen
34
(3 Items), Störungen biozyklischer Funktionen (4 Items), Auffälligkeiten bezüglich
der Lebenseinstellung (4 Items). Der Gesamtwertebereich liegt zwischen 0 (keine Symptome) und 38 (alle Symptome stark ausgeprägt). Nach Herrmann et al.
(1995) liegt bei der CDS eine kritische Grenze für das Vorhandensein einer depressiven Veränderung bei einem Summenscore von 11 –12. Eine Differenzierung bezüglich der Depressionsdiagnose erwies sich dagegen als nicht möglich
(Hautzinger et al., 1995). Die Interrater-Reliabilität ist für instruierte Rater hoch
(Beck et al., 1988). Bei Hermann et al. (1995) zeigte sich eine zufriedenstellende
Kriteriumsvalidität im Vergleich mit anderen Depressionsskalen sowie eine ausreichende Interne Konsistenz (Cronbach-a = .77).
3.4.2.4 Hauptzielgröße zur Erfassung des Ausmaßes der depressiven Störungen
Als „Hauptzielgröße“ der Untersuchung sollte das Ausmaß der depressiven Störung im Verlauf erfaßt werden. Um sowohl dem subjektiven Erleben und der
Selbsteinschätzung der Patienten als auch der Einschätzung erfahrener Untersucher von außen Rechnung zu tragen, wurde eine kombinierte Berücksichtigung
von Selbst- und Fremdrating angestrebt. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des subjektiven Befindens für Krankheitserleben und Lebensqualität erfolgte eine höhere Gewichtung des Selbstrating-Instruments HADS-D-D. Vor diesem Hintergrund wurde die „Hauptzielgröße“ als eine gewichtete Summe aus
den in der HADS-D-Depressionsskala und der CDS erreichten Werten nach der
Formel
0.6 * HADS-D-D + 0.4 * CDS definiert.
3.4.2.5 Erfassung von Angst
Zum einen erfolgte eine Fremdeinschätzung bezüglich des Vorliegens einer
Angstsymptomatik im Rahmen der AMDP-Befundung (s.o.). Außerdem wurde der
HADS-D eingesetzt. Dieses Selbstratinginstrument umfaßt, wie oben bereits
ausgeführt, neben einer Skala zur Depressionserfassung (HADS-D-D) auch eine
Skala zur Angsterfassung (HADS-D-A), die jeweils an allen Erhebungszeitpunkten
mit erhoben wurde. Daneben wurde das STAI - State-Trait-Angstinventar (Laux
35
et al., 1981) als weiteres Selbstratinginstrument zur Erfassung von Angst eingesetzt.
STAI - State-Trait-Angstinventar
Bei diesem Fragebogen wird zwischen Angst als vorübergehendem emotionalem Zustand (State-Angst) und Angst als relativ überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal (Trait-Angst) unterschieden.
Die Trait-Angstskala stützt sich auf zwanzig Feststellungen, mit denen der Proband beschreiben soll, wie er sich im allgemeinen fühlt. Die Beantwortung erfolgt
ebenfalls auf einer vierstufigen Skala (von „fast nie“ bis „fast immer“). Bei der
Trait-Angstskala wurden die üblichen Gütekriterien für Tests zur Messung von
Persönlichkeitseigenschaften zu Grunde gelegt. Neben der Berücksichtigung der
Trennschärfe stand bei der Itemselektion besonders die Beachtung der zeitlichen
Stabilität der Items und ihre Insensitivität gegenüber situativen Einflüssen i m
Vordergrund.
Die State-Angstskala des STAI besteht aus zwanzig Feststellungen, mit denen
der Proband beschreiben soll, wie er sich jetzt, d.h. in diesem Moment fühlt. Die
Beantwortung erfolgt auf einer vierstufigen Skala mit Intensitätsangaben (von „überhaupt nicht“ bis „sehr“). Die innere Konsistenz liegt bei a= .90 für beide Skalen, die Retestreliabilität beträgt bei der Trait-Angstskala (nach 63 Tagen) r= .77
bis r= .90. Erwartungsgemäß niedriger fällt die Retestreliabilität für die StateAngstskala aus (r= .22 bis r= .53).
3.4.2.6 Neuropsychologische Testung und Befunderhebung
Im Rahmen des Projekts galt es, die neuropsychologische Leistungsfähigkeit
und deren Veränderung im Verlauf zumindest orientierend zu erfassen. In Anbetracht der ohnedies schon umfangreichen Untersuchungen konnte jedoch nur eine kurze Testung ohne Anspruch auf eine differenziertere Abbildung aller Leistungsaspekte in Frage kommen.
36
In Abstimmung mit den leitenden Neuropsychologen wurde Teilklinik übergreifend gemeinsam die weiter unten wiedergegebene Zusammenstellung von Testverfahren bzw. Untertests („Minimale Testbatterie“) zur objektiven Erfassung der
kognitiver Funktionen entwickelt und bei allen Studienteilnehmern an allen Untersuchungszeitpunkten mit Ausnahme der Katamnese I durchgeführt. Bei einem
Teil der Patienten erfolgte darüber hinaus während der stationären Behandlung
eine ausführliche neuropsychologische Testung entsprechend dem Hirnleistungstest „HLT“ nach der Beschreibung von Poser et al. (1983), einer Gruppentestbatterie für hirngeschädigte Erwachsene, die sich aus zahlreichen Untertests
gebräuchlicher Testverfahren zusammensetzt. Diese Testverfahren wurden an
die Anwendung in der Gruppe angepasst und erlauben noch detailliertere Aussagen über die wichtigsten Hirnleistungsfunktionen (wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis sowie intellektuelle Leistungen); sie benötigen etwa zweieinhalb Stunden zur Durchführung.
Ergänzend und aufbauend auf den Testergebnissen erfolgte bei allen Probanden
ein ebenfalls weiter unten näher beschriebenes Neuropsychologisches Ratings
im Sinne eines Expertenratings.
Minimale Testbatterie
Die „Minimale Testbatterie“ umfaßte folgende Tests bzw. Untertests:
Aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP, 2. Version, computergestützt) (Zimmermann & Fimm, 1993) wurden folgende Untertests bei allen Patienten durchgeführt:
•
Alertness (Einfach – Reaktion mit und ohne Warnton)
•
Go/ NoGo (komplexe Wahlreaktion 2 aus 5 Mustern)
•
Geteilte Aufmerksamkeit ( visuell und akustisch - zur geteilten Aufmerksamkeit)
Dieses computergestützte Testsystem wurde entwickelt, um eine differenzierte
Diagnostik von Aufmerksamkeitsstörungen zu ermöglichen (z. B. Binder, 1986).
Die Aufmerksamkeit von anderen kognitiven Systemen, insbesondere dem Arbeitsgedächtnis, abzugrenzen ist schwierig (z. B. Baddeley & Hitch, 1974), s o
dass in der TAP zu ihrer Prüfung verschiedene Teilverfahren eingesetzt werden.
Bei den drei in der vorliegenden Untersuchung eingesetzten Teilverfahren der
37
TAP wurden jeweils die Bearbeitungsgeschwindigkeiten über Median und Streuung der Reaktionszeiten unter Einbeziehung der für die verwendeten Untertests
existierenden Normen in T-Werten ausgewertet.
Alertness: Hierbei soll die phasische Alertness (z. B. Posner & Rafal, 1987) geprüft werden. Darunter wird die Fähigkeit verstanden, in Erwartung eines Reizes
hoher Priorität das Aufmerksamkeitsniveau zu steigern und aufrecht zu erhalten
(Posner & Petersen, 1990). Bei diesen Aufgaben wird die Reaktionszeit auf einen
visuellen Reiz mit und ohne vorangehenden Warnton erfasst. (Hier angegeben
wurde jeweils der Median über alle 80 Trials.)
Geteilte Aufmerksamkeit: Die gleichzeitige Verarbeitung mehrerer Anforderungen
stellt für viele Patienten ein großes Problem dar (z.B. Sohlberg & Mateer, 1989).
Die klinische Relevanz bleibt somit ungeachtet der Diskussionen bestehen, die
z.B. um eine Berechtigung des Konstruktes “Geteilte Aufmerksamkeit” (Brouwer,
Ponds, van Wolffelaar & van Zomeren, 1989) geführt werden. In diesem Verfahren
müssen gleichzeitig eine optische (Kreuze auf dem Bildschirm auf quadratische
Anordnung hin untersuchen) und eine akustische Aufgabe (Unregelmäßigkeiten
in einer alternierenden Tonfolge erkennen) bearbeitet werden.
Go-/Nogo-Test: Durch Go-/Nogo-Aufgaben soll die Fähigkeit zur Unterdrückung
einer inadäquaten Reaktion getestet werden. Probleme bei diesem Aufgabentyp
wurden überwiegend mit Schädigungen im Bereich des frontalen Kortex in Zusammenhang gebracht (Lurija, 1966). In diesem Verfahren muss auf manche visuelle Reize reagiert werden, auf andere nicht.
Rivermead Behaviour Memory Test RBMT
Diese Testbatterie (in der Übersetzung von Beckers, Behrends und Canavan)
dient der alltagsnahen und zum Teil auch verhaltensorientierten Erfassung verschiedener Gedächtnisleistungen. Die Rivermead Behaviour Memory Test RBMT
(Wilson, 1992): ist auch bei ausgeprägteren Gedächtnisstörungen einsetzbar
und liegt in vier Parallelversionen vor. Hier wurde das Kontextuelle Gedächtnis
mit Hilfe einer kurzen Geschichte erfaßt, die frei wiedergegeben werden soll.
38
Wechsler Memory Scale- Revised (WMS-R)
Aus der deutschen Version der Wechsler Memory Scale- Revised (WMS-R)
(Wechsler, 1987, Härtling et al. 2000) wurden folgende Untertests eingesetzt:
•
WMS-R IV (Zahlen-Nachsprechen vorwärts)
•
WMS–R VII (abstrakte geometrische Muster aus dem Gedächtnis direkt aufzeichnen)
Die WMS-R wird als diagnostisches Verfahren der neuropsychologischen Untersuchung standardmäßig eingesetzt. Mit Hilfe der WMS-R können Funktionen geprüft werden, die das Gedächtnis für verbale und figurale Reize, für bedeutungshaltiges und abstraktes Material sowie verzögerte und unmittelbare Wiedergabe
beinhalten. Die WMS-R setzt sich insgesamt aus acht kurzen Untertests zusammen, wobei jeder Untertest einen unterschiedlichen Aspekt des Gedächtnisses
untersucht. In der vorliegenden Untersuchung wurden zwei Untertests eingesetzt.
Zahlenspanne: Dieser Untertest besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird der
Versuchsperson eine Reihe von Ziffern vorgelesen, die sie anschließend vorwärts wiedergeben soll. Im zweiten Teil soll die Versuchsperson eine ihr vorgelesene Zahlenreihe rückwärts wiedergeben. Die Anzahl der Ziffern wird pro
Durchgang um eins gesteigert. Im Rahmen dieser Studie wurde auf die Rückwärtswiedergabe verzichtet.
Visuelle Wiedergabe I: der Versuchsperson werden kurz (10 Sekunden) einfache
geometrische Figuren dargeboten, die sie anschließend aus dem Gedächtnis
nachzeichnen soll. Die Figuren werden anhand der Auswertungsrichtlinien bezüglich ihrer Ähnlichkeit zur Vorlage mit unterschiedlicher Punktzahl bewertet.
Zur Auswertung der einzelnen Untertests wurden die erzielten Rohpunkte in
Normwerte (Prozentränge: Normbereich zwischen 16 und 84) transformiert.
39
Leistungs – Prüfsystem (LPS-K)
Zur Erfassung der intellektuellen Funktionen erfolgte zum einen der Einsatz des
Untertests 3 der Kurzform des Leistungs – Prüfsystem (LPS-K) (nach Horn,
1983). Hierbei wird das logisch-deduktive Denken an Hand von geometrischen
Reihen, die fortgesetzt werden sollen, mit aufsteigender Schwierigkeit und einer
deutlichen Speed-Komponente (Zeitschranke) geprüft
Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene HAWIE-R
Aus dem Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene HAWIE-R (revidiert
1991) wurden zwei Teilaufgaben eingesetzt (Tewes, 1991):
-
HAWIE-R Untertest Bilderordnen (induktives, problemlösendes Denken)
-
HAWIE-R Mosaiktest (räumlich – konstruktives Denken)
(Für diese beiden Tests ohne Parallelversionen wurde aufgrund des heuristischen Anspruches entschieden, entgegen psychometrischer Gepflogenheiten
die Aufgabenmenge an den einzelnen Untersuchungszeitpunkten jeweils zu halbieren und die Rohwerte miteinander zu vergleichen.)
Der Untertest Bilderordnen (induktives, problemlösendes Denken) umfaßt 10 Serien mit Bildern, die kleine Geschichten darstellen. (Hier wurden die Aufgabensets abwechselnd als A/B verwendet) Die Aufgabe der Versuchsperson besteht
darin, die Bilder in die richtige Reihenfolge zu bringen, wobei der Proband die Instruktion erhält, die Bilder so zu ordnen, dass sich die sinnvollste Geschichte ergibt. Das Bilderordnen erfasst nach Wechsler (1939) die Fähigkeit des Probanden, die Gesamtsituation zu verstehen und die Einzelaspekte hinsichtlich ihrer
Bedeutung richtig einzuschätzen. Bei dieser Art der Konzeptbildung muss zunächst der Grundgedanke der dargestellten Geschichte richtig erfasst werden,
bevor der Proband sich mit den Details systematisch auseinandersetzen kann.
Nach Matarazzo (1982) misst dieser Untertest Aspekte der sozialen Intelligenz
sowie die Fähigkeit, komplexe Situationen zu erfassen. Der Test erwies sich als
relativ sensibel für diffuse Hirnschädigungen, wie z.B. nach einem Schlaganfall
(Zillmer et al., 1992) auftreten. „Bilderordnen“ gehört zu den Standardtests zur
40
Planungsdiagnostik, indem er die isolierte Basiskompetenz „Abfolgen erkennen“
erfasst, einem wesentlichen Aspekt der Planungsfähigkeit (Fritz, 1995).
Im HAWIE – R Mosaiktest (räumlich – konstruktives Denken) muß aus vier Würfeln ein vorgegebenes Muster nachgelegt werden. Hierdurch soll die räumlichkonstruktive Leistung erfaßt werden. Die komplexe Aufgabe besteht aus 9 Würfeln; das zu legende Muster ist übergreifend über die einzelnen Würfel und erfordert zusätzlich eine komplexe räumliche Analyseleistung (je Set zwei einfache,
eine komplexe Aufgabe + 1 Probeaufgabe).
Neuropsychologisches Rating
An jedem Untersuchungszeitpunkt erfolgte über die Durchführung der oben beschriebenen „Minimalen Testbatterie“ hinaus für jeden Patienten ein „neuropsychologisches Rating“ u.a. mit der Schätzung eines Stanine-Wertes von 1 bis 9
bezüglich der Kategorien: Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Belastbarkeit/Ausdauer,
Exekutive Funktionen, räumliche Funktionen, Sprachliche Funktionen und Rechnen. Dieses Rating wurde jeweils durch in der neurologischen Rehabilitation erfahrene Neuropsychologen durchgeführt.
Als Grundlage dieses Ratings dienten in jedem Fall die Ergebnisse der „Minimalen Testbatterie“, ergänzt durch eine klinisch-neuropsychologische Befunderhebung im Rahmen einer ergänzenden Exploration vor und während der Testdurchführung. Dadurch galt es u.a., eine notwendige Relativierung der Standardwerte auf Erwartungswerte (z.B. bzgl. Beruf oder Schulausbildung) zu erreichen
und die - bei Repräsentation der Skalen ( wie z.B. des Gedächtnis) durch nur wenige Testwerte eingeschränkte - Aussagekraft der „Minimalen Testbatterie“ zu
erweitern. Darüber hinaus wurden soweit möglich bzw. vorliegend, zusätzlich die
unabhängig vom Projekt gewonnenen Ergebnisse des „HLT“ nach Poser (1983)
und die klinischen Beobachtungen im Verlauf einer evtl erfolgten Teilnahme an
Übungsgruppen einbezogen. Neben der grundsätzlichen Problematik einer solchen subjektiven Einschätzung, bei der den Ratern das jeweilige Behandlungssetting der Patienten bekannt war (vgl. 6.6.2), ist hierbei kritisch anzumerken,
dass bei diesem Teil Patienten für das Rating eine andere Informationsbasis zur
Verfügung stand, als bei den ausschließlich im Zusammenhang mit dem Projekt
41
untersuchten Patienten. Diese Kenntnis kann die Bewertung der Testdaten jedoch in beide Richtungen verschieben, so dass diesbezüglich nicht von einem
systematischen Trend auszugehen ist.
Eine Einschätzung erfolgte darüber hinaus bezüglich der Leistungsmotivation
(niedrig, angemessen, hoch), der Antriebslage (vermindert, angemessen und
hoch) sowie der Fähigkeit zur Selbsteinschätzung der Patienten in Hinblick auf
die kognitive Leistungsfähigkeit (Unterschätzung, realistische Einschätzung und
Überschätzung).
Ergänzend wurde der vermutlich psychisch bedingte Störungsanteil an den insgesamt erfaßten mental- kognitiven Funktionsstörungen gegenüber dem vermuteten somatischen begründeten
Anteil in % eingeschätzt. Von einer weiteren
Differenzierung des geschätzten psychischen Anteils im Hinblick auf eine evtl.
„psychogene Überlagerung“ im Zusammenhang mit einer allfälligen Aggravations- oder Simulationstendenz versus unmittelbarer Folgen einer psychischen
Störung (z.B. Depression) wurde abgesehen.
3.4.2.7 Erfassung der Krankheitsverabeitung
Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV)
Der von Muthny (1989a) entwickelte Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV) ermöglicht unter Einbeziehung von Verhalten, Kognition und
Emotion eine sehr differenzierte Beurteilung der Krankheitsverarbeitungsmodi,
die von Patienten in der Auseinandersetzung mit einer schweren Erkrankung und
deren Auswirkungen eingesetzt werden. Muthny sieht Krankheitsverarbeitung dabei als Spezialfall von „Coping“, wobei er sich im wesentlichen an der CopingDefinition von Lazarus und Folkman (1984) sowie Heim (1986) orientiert (vgl. Abschnitt 2.1.4. im Theorieteil dieser Arbeit).
Der „Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung“ kam bisher in den verschiedensten Bereichen chronischer Erkrankung zum Einsatz, u.a. bei Dialyse-,
Herzinfarkt- und MS-Patienten (Muthny et al., 1992), Krebspatienten (Muthny et al.,
42
1992. Auch in Therapiestudien wird der FKV eingesetzt, um etwa Wirkungen der
Rehabilitation auf die Krankheitsverarbeitung zu belegen.
Die Gesamtform des Instrumentes (FKV-G) umfasst 27 rational konstruierte
Skalen, die sich sowohl aus neuentwickelten Skalen und Items als auch aus
Skalen bekannter Verfahren wie den „Berner Bewältigungsformen“ von Heim
(1986), der „Ways-of-Coping-Checklist“ von Folkman und Lazarus (1985) und
dem „Streßverarbeitungs-Fragebogen“ von Janke et al. (1985) zusammensetzen.
Auf dieser Basis erfolgte die Bildung einer Kurzform des FKV (FKV-LIS), die mit
35 Items zwischen fünf Krankheitsverarbeitungsmodi unterscheidet, sowie einer
Langform (FKV-102). Diese in der vorliegenden Untersuchung eingesetzte
Langform enthält 102 Items, die verschiedene Bewältigungsmöglichkeiten in der
Auseinandersetzung mit der Erkrankung beschreiben. Jedes Item soll von den
Patienten dahingehend überprüft werden, in welchem Ausmaß die jeweilige
Aussage auf sie persönlich zutrifft. Je nach Instruktion beziehen sich die Patienten dabei auf die Zeit der Diagnosemitteilung oder – wie hier erfolgt - auf die vergangenen sieben Tage. Die Skalierung erfolgt über eine fünfstufige Likert-Skala
von 1 = „gar nicht“ bis 5 = „sehr stark zutreffend“.
Der FKV unterscheidet zwischen den folgenden 12 Krankheitsverarbeitungsstrategien: FKV 1 „Problemanalyse und Lösungsverhalten“, FKV 2 „Depressive Verarbeitung“, FKV 3 „Hedonismus“, FKV 4 „Religiosität und Sinnsuche“, FKV 5
„Misstrauen und Pessimismus“, FKV 6 „Kognitive Vermeidung und Dissimulation“, FKV 7 „Ablenkung und Selbstaufwertung“, FKV 8 „Gefühlskontrolle und sozialer Rückzug“, FKV 9 „Regressive Tendenz“, FKV 10 „Relativierung durch Vergleich“, FKV 11 „Compliance-Strategien und Arztvertrauen“, FKV 12 „Selbstermutigung“.
Die Summenscores der Krankheitsverarbeitungsstrategien ergeben sich durch
Addition der Rohwerte der jeweils zugehörigen Items. Um die Krankheitsverarbeitungsstrategien miteinander vergleichen bzw. Krankheitsverarbeitungsprofile erstellen zu können, wurden in der vorliegenden Untersuchung itemstandardisierte Summenscores gebildet.
Die Langform des FKV stellt mit ihren 102 Items zwar eine nicht zu vernachlässigende Patientenbelastung dar, dennoch wurde sie in dieser Studie der Kurzform
FKV-LIS vorgezogen. Mit ihrer Hilfe kann zum einen ein wesentlich breiteres
43
Spektrum kognitiver, emotionaler und handlungsbezogener Verarbeitungsmodi
erfasst werden, was im Hinblick auf die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung von großer Bedeutung ist. Zudem überzeugt die Langform durch eine bessere testtheoretische Fundierung. Ihre interne Skalenkonsistenz entspricht den in
der klassischen Testtheorie formulierten Ansprüchen (Cronbach-Alpha zwischen
.69 und .94), und die Skalen sind aufgrund ihrer faktorenanalytischen Entwicklung
statistisch weitgehend unabhängig. Aufgrund der bisher vorliegenden Ergebnisse kann auch die inhaltliche Validität sowie die Konstruktvalidität als gut bis befriedigend beurteilt werden.
Fragebogen zur Erhebung von Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit (KKG)
Neben dem FKV wurde der Fragebogen zur Erhebung von Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit KKG eingesetzt. Der KKG dient der Erhebung
von Kontrollüberzeugungen über Krankheit und Gesundheit. Ausgehend von bereits existierenden anglo-amerikanischen Fragebögen werden drei wesentliche
gesundheits- bzw. krankheitsbezogene Kontrollüberzeugungen unterschieden
(Lohaus, 1989):
•
Internalität (KKG-I ) - die Überzeugung, daß Gesundheit und Krankheit durch
die eigene Person kontrollierbar sind,
•
Soziale Externalität (KKG-P) - die Überzeugung, daß sie durch andere, außenstehende Personen, z.B. Ärzte, Pflegepersonal, Bezugspersonen, kontrollierbar sind,
•
Fatalistische Externalität (KKG-C) - die Einstellung, daß sie nicht kontrollierbar sind (Zufalls- bzw. Schicksalsabhängigkeit des eigenen Gesundheitszustandes).
Zu jeder dieser drei Dimensionen enthält der KKG 7 Items, die mittels einer
sechsstufigen Likert-Skala zu beantworten sind. Die Retest-Reliabilitäten der drei
Dimensionen liegen zwischen .66 und .78. Die inneren Konsistenzen der einzelnen Unterskalen liegen zwischen .64 und .77.
44
3.4.2.8 Weitere standardisierte und klinische Erhebungen
Zusätzlich zu den unter 4.1 genannten Vorgehen erfolgte eine Einschätzung des
Ausmaßes der neurologischen und allgemeinkörperlichen Befundes unter Einbeziehung von Barthel-Index und NHISS (s.u.).
Barthelindex (BI)
Beim Barthelindex handelt es sich um einen in der klinischen Routine weitverbreiteten Index zur Erfassung der Alltagsfunktionen. nach Schlaganfall (und anderen Erkrankungen) auf einer Skala von 0-100 Punkten, um so den Grad der Unabhängigkeit von Hilfe durch Außenstehende zu beeurteilen (Mathoney et al.,
1965).
Die National Institute of Health (NIH) Stroke Scale (NIHSS)
Die National Institute of Health (NIH) Stroke Scale NIHSS ist eine in wissenschaftlichen Studien breit eingesetzte Skala, um neurologische Ausfälle nach
Schlaganfall in ihrer Ausprägung zu erfassen. Dabei werden Bewußtseinslage,
Pupillenreaktion, Blickbewegungen, Gesichtsfeld, Motorik, Sensibilität, Vorliegen
einer Ataxie, eines Neglects, einer Dysarthrie oder Aphasie beurteilt. Der Ergebnisbereich der 15 Items liegt zwischen 0-36; je höher die Punktzahl, desto schwerer die physischen Folgen des Schlaganfalls (Brott, 1989). Die Skala weist eine
ausreichende Validität (vgl. Masur, 2000) auf. Die Inter-Rater-Reliabilität liegt für
die einzelnen Items zwischen 0,49 und 0,95) (Hantson et al., 1994).
WHOQOL-BREF
Der in der vorliegenden Untersuchung verwendete WHOQOL-BREF - World
Health Organization Quality of Live soll die subjektive Lebensqualität erfassen.
Dabei wird Lebensqualität als „die individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation im Kontext der jeweiligen Kultur und des jeweiligen Wertesystems
und in Bezug auf die eigenen Ziele, Erwartungen, Beurteilungsmaßstäbe und Interessen" definiert (Angermeyer et al., 2000). Der WHOQOL-BREF besteht aus 26
Items, welche die folgenden Dimensionen erfassen: „Physisches Wohlbefinden“,
45
„Psychisches Wohlbefinden,“ „Soziale Beziehungen“und „Umwelt“. Diese sind in
vier Domänen physisch, psychisch, soziale Beziehungen und Umwelt zusammengefasst. Der Wertebereich jedes Items liegt bei 1 bis 5, aus denen der Proband die auf ihn derzeit zutreffendste auswählen soll. Darüber hinaus umfaßt der
WHOQOL-BREF eine Gesamtskala, die sich aus der Summe der Einzeldomänen
ergibt. Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Subskalen des WHOQOLBREF liegt zwischen .57 und .88. Für den WHOQOL-BREF liegen altersgestaffelte
Normwerte für den Altersbereich von 18 bis über 85 Jahre vor.
Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI)
Das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-A1) ist ein faktorenanalytisches und
itemmetrisch begründetes Persönlichkeitsverfahren. Die in unserer Studie eingesetzte Testform FPI-A1 (als geringfügig modifizierte Fassung der bisherigen
häufig verwendeten Parallelform A des FPI) umfaßt 114 Items, die sich zu folgenden Skalen zusammensetzen:
FPI-1: Nervosität, FPI-2: Spontane Aggressivität, FPI-3: Depressivität, FPI-4: Erregbarkeit, FPI-5: Geselligkeit, FPI-6: Gelassenheit, FPI-7: Reaktive Aggressivität /
Dominanzstreben, FPI-8: Gehemmtheit, FPI-9: Offenheit. Außerdem beinhaltet
diese Testform die zwei Sekundärskalen Extraversion (FPI-E) und Emotionale
Labilität (FPI-N) im Sinne Eysencks sowie FPI-M im Sinne einer männlich/weiblichen Selbstschilderung.
Die Skalen geben relevante Konzepte in den Selbstbeschreibungen der Durchschnittsbevölkerung mit hoher interner Validität wieder und sind durch zahlreiche
empirische Validierungshinweise belegt. Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Skalen liegt zwischen = .73 und = .83. Die interne Validität ist durch die
Konvergenz von faktorenanalytischen und itemmetrischen Analysen sowie durch
konfirmatorische Clusteranalysen gesichert. Die empirische Validität ist u.a.
durch die Korrelation mit Selbst- und Fremdeinstufungen, mit anderen Persönlichkeitsfragebogen und Statusmerkmalen belegt. Für unsere Untersuchung
wurde auf Normwerte zurückgegriffen, die bezüglich des Geschlechts und vier
verschiedener Altersgruppen differenzieren (Fahrenberg et al., 1989).
46
Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV)
Die Veränderung wird beim VEV - Veränderungsfragebogen des Erlebens und
Verhaltens durch eine retrospektive Befragung mit Hilfe von 42 Veränderungsfragen erfasst. Der Fragebogen eignet sich vornehmlich zur Kontrolle der Wirksamkeit von Psychotherapien und zur Erhebung von Langzeiteffekten, um die Stabilität
möglicher Änderungen zu kontrollieren. Er ist ein Test zur quantitativen Einschätzung der subjektiv wahrgenommenen Veränderungen im Erleben und Verhalten,
der sich für Verlaufsuntersuchungen an einzelnen Probanden oder Probandengruppen eignet. Der Gesamt-Testwert macht eine Aussage darüber, in welcher
Richtung und mit welcher Stärke sich ein Proband nach einer abgeschlossenen
Therapie oder einem vorgegebenen Zeitraum in seinem Verhalten oder Erleben
verändert hat (Zielke et al., 1978). Erwartungsgemäß hat der Test eine geringe
Retestreliabilität von .61, da er der Erfassung eines fluktuierenden Merkmals
dient.
Fragebogen zur Messung der Psychotherapiemotivation (FMP)
Die Psychotherapiemotivation stellt das Resultat unterschiedlicher affektiver und
kognitiver Prozesse dar, die zueinander in einer komplexen Wechselwirkung stehen. „Diese stark affektiv besetzten Aspekte führen dazu, daß der Patient ein Interpretationsmuster über den Verursachungszusammenhang seiner Störung
herausbildet.“ (Schneider et al., 1989). Die verschiedenen Aspekte der Psychotherapiemotivation werden im FMP - Fragebogen zur Messung der Psychotherapiemotivation über vier Subskalen operationalisiert: FMP 1- Krankheitserleben
(Leidensdruck und Krankheitsgewinn), FMP 2 -Laienätiologie, FMP 3 – allgemeine Behandlungserwartungen und –einstellungen, FMP 4 – Erfahrungen mit psychotherapeutischen Behandlungsmodellen. Diese vier Subskalen umfassen
insgesamt 47 Items. Diese sind Feststellungen, die vom Probanden mittels einer
fünfstufigen Ratingskala („stimmt uneingeschränkt“ bis „stimmt überhaupt nicht“)
eingeschätzt werden sollen. Darüber hinaus beschreibt der Summenscore FMP
Gesamt die Gesamt-Psychotherapiemotivation.
47
Der FMP ist einsetzbar zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen initialer
Behandlungsmotivation und Psychotherapieffekten sowie für die Analyse des
Entwicklungsverlaufs der Psychotherapiemotivation im Therapieprozeß und zur
Erhebung der Behandlungsmotivation bei Patienten mit unterschiedlichen soziodemographischen Merkmalen. Die Retestreliabilität der einzelnen Subskalen
liegt zwischen .67 und .96, die Retestreliabilität für die Gesamtskala ist .86.
Qualitätssicherungsprogramm der LVA Baden-Württemberg (Reha-Note)
In Abstimmung mit dem Rehahilitationswissenschaftlichen Forschungsverbund
Ulm erfolgte der Einsatz von Teilaspekten des Qualitätssicherungsprogramms
der LVA Baden-Württemberg (Eisele, 2000; Kaluscha, 2000), die für Patienten i m
Bereich der Neurologischen Rehabilitation sinnvoll übertragbaren schienen. Dabei wurden u.a. die Patienten selber und die jeweils zuständigen Ärzte aufgefordert, an allen Untersuchungszeitpunkten eine Gesamteinschätzung des Gesundheitszustandes an Hand einer 6-stufigen Skala (in Analogie zu Schulnoten)
abzugeben, die wir in der Folge mit Reha-Note-P (für die Patienteneinschätzung)
bzw. Reha-Note-A (Arzteinschätzung) bezeichnen.
Ergänzend erfolgte im Rahmen der jeweiligen ausführlichen Exploration und klinischen Untersuchung durch die beiden Projektleiter an allen Untersuchungszeitpunkten (Aufnahme, Entlassung und Katamnese II) eine Einschätzung bezüglich der klinischen Merkmale: Vorliegen eines „Typus melancholicus Tellenbach“
und einer „Forcierten Bewältigungshaltung“ sowie – angeregt durch präliminare
klinische Beobachtungen - einer nur scheinbar stabilen affektiven Verfassung mit
abruptenStimmungsschwankungen.
Typus melancholicus (H. Tellenbach, 1961)
Mit dem Typus melancholicus Tellenbach (zitiert nach Peters, 1990) werden charakteristische Persönlichkeitszüge erfaßt, wie sie nach Tellenbach gehäuft bei
Patienten mit depressiven Störungen vom so genannten endogenen Prägnanztyp
vorkommen. Grundzug der Persönlichkeit ist ein Festgelegtsein auf Ordentlich48
keit. Im Arbeitsleben herrschen Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Pflichtbewußtsein und
Solidität. Die persönlichen Beziehungen werden ordentlich, d.h. frei von Störungen, Reibungen, Konflikten, insbesondere von Schuldhaftem in jeglicher Form
gehalten. In den Beziehungen zu Vorgesetzten und Kollegen herrschen Treue,
Dienstwilligkeit und Hilfsbereitschaft. Es besteht ein überdurchschnittlich hoher
Anspruch an das eigene Leisten in Quantität und Qualität und eine überdurchschnittliche Empfindlichkeit des Gewissens, das auf Vermeidung von Schuld bedacht ist. Es besteht ein Sich-Einordnen, ein Sich-Einschließen in die Grenzen
der Ordnung (Inkludenz) und ein Darin-Zurückbleiben (Remanenz).
Forcierte Bewältigungshaltung
Die Konzeption einer Forcierten Bewältigungshaltung zielt auf eine nach unseren
Erfahrungen im klinischen Alltag der neurologischen Rehabilitation besonders
relevante und oft beobachtete akzentuierte Copingstrategie. Diese stellt den Versuch dar, eine körperliche oder psychosoziale Belastung durch Fokussierung auf
die eigenen Stärken und aktive Negation eigener (psychischer) Bedürftigkeit in
den Griff zu bekommen. Als Merkmale lassen sich insbesondere eine vermehrte
psychophysische Aktivität und Rastlosigkeit beobachten. Eine regelrecht „alexithyme“ innere Wahrnehmung (existentielle Angst) geht mit einer Tendenz zur
Somatisierung einher, Erleben und Handeln scheinen von dem Bestreben bestimmt, einem (erlebten oder drohenden) Kontrollverlust entgegen zu wirken. In
der Interaktion zeigt sich ein Drängen nach Autonomie (Autarkie) bei gleichzeitiger
Forderung nach instrumenteller Unterstützung.
Abrupte Stimmungsschwankungen
Mit diesem Parameter zur Kennzeichnung einer nur scheinbar stabilen affektiven
Verfassung mit abrupten Stimmungsschwankungen sollten schließlich diejenigen Patienten erfaßt werden, bei denen es zu plötzlichen, kurzen, (manchmal sogar nur Minuten anhaltenden) aber durchaus erheblichen Stimmungsschwankungen kommt, die sich aus über längere Intervalle ausgeglichener Stimmungslage heraus manifestieren. Diese werden nach unserer Erfahrung bei
Ausbleiben einer zielgerichteten Exploration leicht übersehen und oft erst bei direktem Ansprechen des Schlaganfallereignisses und der damit einher gehenden
49
existentiellen Verunsicherung bzw. der daraus noch resultierenden Defizite offenbar.
50
3 .5 P r o je k t ve r l a u f
Bei der Implementierung des Forschungsprojektes wurde Wert darauf gelegt, organisatorische und klinische Routinen zu verbessern – sowohl in Hinblick auf die
Patientenversorgung wie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Außerdem
wurden weitere Forschungsinteressen angestossen. Im Verlauf des Projektes
wurden so u.a. Diplomarbeiten zu folgenden Themenbereichen durchgeführt bzw.
mitbetreut: Krankheitsverarbeitungsstrategien bei Schlaganfallpatienten und ihre
Bedeutung für das Auftreten offener und verdeckter Erscheinungsformen depressiver Störungen, Sexuelles Erleben und Verhalten in Folge abrupt auftretender
neurologischer Schädigungen, Einfluß der Religiosität (nach dem Freiburger
Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV)) bei Patienten mit depressiven Störungen nach Schlaganfall und Posttraumatische Belastungsstörung bei Patienten mit Schädelhirntrauma. Darüber hinaus ist eine Dissertation zu den Neuropsychologischen Aspekten der Studie in Arbeit (J. Bösch). Eine zweite Dissertation wird sich mit dem Thema Verdeckter depressiver Störungen beschäftigen (M.
Petrovici).
Der Projektverlauf wurde durch zwei kostenneutrale Verlängerungen der Laufzeit
variiert. Ein erster Verlängerungsantrag erfolgte bereits 04/1999 – er wurde damals aus formalen Gründen erforderlich, weil das Projekt erst mit einer Verzögerung am 01.01.1999 beginnen konnte. Dieser verzögerte Studienbeginn war wesentlich durch die Schwierigkeit bedingt, geeignete Mitarbeiter für das Projekt zu
gewinnen. Im weiteren Verlauf erfolgte darüber hinaus - inhaltlich begründet - eine kostenneutrale Verlängerung der Projektlaufzeit bis zum 30.04.2002. Dadurch
konnte der (Katamnese II-)Erhebungszeitpunkt bis Ende Februar 2002 ausgeweitet und eine größere Patientenzahl katamnestisch erfaßt werden.
Erhebliche Anstrengungen wurden durch das jeweils kurzfristige Ausscheiden
der anfänglichen Projektmitarbeiter erforderlich. Neben persönlichen Gründen
spielten dabei die knappe Stellenausstattung und die hohe Arbeitsbelastung eine wesentliche Rolle. Nach Ausscheiden dieser beiden Projektmitarbeiter konnten als Nachfolge zum 01.01.00 Frau Mag. rer. nat. Judith Bösch als wissen51
schaftliche Mitarbeiterin und zum 22.05.00 Frau Dipl.-Psych. Manola Petrovici als
wissenschaftliche Hilfskraft gewonnen werden. Die aufgetretenen Lücken konnten durch einen vermehrten Einsatz der klinisch tätigen Projektmitglieder ausgeglichen werden
Eine inhaltliche Veränderung ergab sich daraus, dass sich die ursprünglich vorgesehene Differenzierung zwischen regulärer stationärer Rehabilitation, stationärer Rehabilitation im Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie und teilstationärer Rehabilitation nur ungenügend realisieren ließ, weil
sich die Rekrutierung geeigneter Patienten im teilstationären Bereich als unlösbares Problem erwies. Es blieb unklar, weshalb sich teilstationär so wenig Patienten finden ließen, welche die Einschlusskriterien der Studie erfüllten. Trotz eigener Anstrengungen und trotz des Engagements der LVA Württemberg, die auf
unser Bitten unterstützend tätig geworden ist, blieb die Zahl bis Anfang 2000 s o
niedrig, daß für den teilstationären Bereich nicht mit einer hinreichend großen
Stichprobe zu rechnen war. Vor diesem Hintergrund wurden in Abstimmung mit
Prof. Gaus und Mitarbeitern, dem Forschungsverbund Ulm und dem DLR die Erhebungen in diesem Bereich eingestellt.
Eine weitere Änderung betrifft die katamnestischen Untersuchungen. Nachdem
die ersten Erfahrungen mit Katamnese-I-Untersuchungen deutlich gemacht hatten, daß die Belastung durch zwei eng aufeinanderfolgende Nachuntersuchungen den meisten Patienten zu groß ist, wurde der Umfang der Erfassung nach 6
Monaten. zur Sicherstellung der Compliance für die uns vorrangig wichtige EinJahres-Katamnese II und zur Vermeidung von drop-outs in Abstimmung mit den
beratenden Statistikern reduziert - auf eine telefonische Erhebung wesentlicher
medizinischer Verlaufsdaten sowie eine schriftliche Befragung mit den vorgesehenen Selbstbeurteilungsinstrumenten. Die
psychiatrische Nachuntersuchung und
persönliche
neurologisch-
neuropsychologische Testung erfolgte
weiterhin im Rahmen der Katamnese II nach einem Jahr.
Im Verlauf der Studie wurde schließlich ein mögliches Mißverständnis deutlich.
Offenbar konnte der gewählte Projekttitel zu der Annahme führen, die zentrale
52
Fragestellung unserer Untersuchung bestehe in dem Vergleich stationärer und
teilstationärer Rehabilitationsmaßnahmen. Tatsächlich war bei dem Projekt von
Anfang an jedoch klar, daß ein Vergleich der drei Studiengruppen aufgrund der
fehlenden Randomisierbarkeit nur sehr eingeschränkt möglich sein würde. Vor
dem Hintergrund unvollständiger wissenschaftlich fundierter Vorinformationen über die Gewichtung und Wechselwirkung einzelner Patienten-, Krankheits- und
verlaufsbezogener Merkmale war die Studie vielmehr darauf angelegt, den
Einfluß dieser Merkmale / Merkmalsmuster auf den Behandlungs- und Rehabilitationsverlauf erfassen und darüber Auskunft geben, welche therapeutischen
Maßnahmen bei psychischen Störungen nach Schlaganfall angezeigt sind und
welche Faktoren prognostisch richtungsweisend sind. Die Art des Behandlungskontextes stellte dabei nur einen der vielen erhobenen möglichen Einflüsse dar,
deren Relevanz insbesondere in Hinblick auf die Hauptzielgröße – Ausmaß und
Verlauf depressiver Störungen – durch multivariate regressionsanalytische Auswertungen erst noch zu prüfen war.
53
3 .6 D a t e n e i ng a b e , Q ua li tä ts s i c h e r un g un d Da te n s c h ut z
Die Datenerfassung und Datenverwaltung wurde mit der handelsüblichen Hardund Softwaretechnologie vorgenommen, welche im Verbundantrag zur ersten
Förderphase (Forschungsverbund Ulm, Bausteine der Reha) eingehend beschrieben ist.
Die Erfassung der Studiendaten erfolgte studienbegleitend durch die Projektmitarbeiter in den Kliniken Schmieder. Zur Dateneingabe wurde speziell für diese
Studie von einem Studienmitarbeiter eine Access-Datenbank entwickelt. Vor der
Eingabe fand eine Kontrolle auf fehlende Werte und auf Plausibilität statt. Nach
der Datenerfassung erfolgte eine erneute Kontrolle im Hinblick auf Implausibilitäten und fehlende Werte, die baldmöglichst ergänzt bzw. bereinigt wurden.
Die geprüften Daten wurden in anonymisierter Form an die Abt. Biometrie und
Medizinische Dokumentation der Universität Ulm zur Konvertierung des AccessDatenformates in ein SPSS-lesbares Datenformat weitergegeben.
Die zentrale Datenhaltung erfolgte in anonymisierter Form auf dem Server des
Forschungsinstitutes für Rehabilitationsmedizin der Universität Ulm. Diese zentrale Datenbasis steht den Forschungsteilnehmern zur Verfügung, ohne dass
Rückschlüsse auf personenbezogene Patientendaten möglich sind.
Das Vorgehen bei Datenerhebung, Datenspeicherung und Datenbearbeitung
wurde in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten der LVA Württemberg
und dem Datenschutzbeauftragten der BfA Berlin festgelegt.
54
3 .7 A us w e r t e v e r fa hr e n u nd s ta ti s t is c h e Me th od e n
In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm (unter Leitung von Herrn Prof. Dr. W. Gaus) wurde (nach
einer Einführung durch Mitarbeiter dieser Abteilung) die Auswertung der Daten
vorrangig durch die Projektmitglieder selber in Konstanz durchgeführt. Dabei erfolgte eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Abteilung von Herrn
Prof. Gaus, z.T. im Rahmen persönlicher Treffen, z.T. telephonisch bzw. über Internet.
Die Daten wurden in Anlehnung an bestimmte Fragestellungen aus der Access Datenbank exportiert. Die statistische Analyse erfolgte mit dem Programm SPSS
für Windows in der Version 9.0.
Es wurde entsprechend des explorativen Charakters der Studie sowie im Hinblick auf Komplexität und Umfang des erfassten Datenpools als wesentlicher
Bestandteil der (bisherigen) Auswertungen im Rahmen dieses Projektes eine
detaillierte deskriptive Statistik der erhobenen Daten erstellt. Diese Ergebnisse
werden in wesentlichen Teilen (Mittelwerte und Standardabweichungen) im Ergebnisteil dargestellt. Für die weitere Analyse von Mittelwertunterschieden wurden verschiedene der jeweiligen Situation angepasste Verfahren verwendet. So
war es zum einen von Interesse, die Patienten der zwei Therapiebereiche, AN
und PN zu einem bestimmten Zeitpunkt miteinander zu vergleichen (Querschnittvergleich zwischen den Gruppen), zum anderen aber auch die Entwicklung bestimmter Merkmale innerhalb der einzelnen Behandlungsgruppen, bzw. der Gesamtpopulation über einen Zeitraum hinweg zu untersuchen (Längsschnittvergleiche im Verlauf). Aufgrund der gegebenen Datenstruktur wurden überwiegend
parametrische Testverfahren angewendet. Es erfolgte zuvor (zumindest bei den tTests) eine Prüfung auf Varianzhomogenität (Levene-Test). Obgleich möglicherweise nicht für alle Variablen die Kriterien der Normalverteilung und Varianzhomogenität erfüllt waren, geht man nach dem zentralen Grenzwerttheorem davon
aus, dass bei hinreichend großen Stichprobenumfängen (n+n>50) die Differenzen der Stichprobenmittelwerte als normalverteilt gelten (Bortz, 1999). Die Varianzinhomogenitäten wurden durch die Angabe der Signifikanzwerte für ungleiche
Varianzen (Levene-Test) berücksichtigt.
55
So kam als parametrisches Verfahren beim Vergleich zwischen den Gruppen der
t-Test für Parallelgruppen (für unabhängigen Stichproben) zur Anwendung.
Veränderungen im Verlauf bei stetigen Variablen wurden mit gepaarten t-Tests
gerechnet. Dieses Verfahren wurde für den Vergleich der Daten der AN, der PN
und der Gesamt zu unterschiedlichen Messzeitpunkten, d.h. dem Querschnitt
(Aufnahme, erste Katamnese, zweite Katamnese) verwendet.
Für den Längsschnittvergleich innerhalb einer Gruppe, d.h. die Auswertung der
Verlaufsdaten einer bestimmten Gruppe von einem Untersuchungszeitpunkt zum
nächsten Untersuchungszeitpunkt, wurden Tests verwendet, die berücksichtigen,
dass die zu vergleichenden Beobachtungen jeweils von derselben Untersuchungseinheit stammen (abhängige Beobachtungen). Für diesen Vergleich zwischen den Zeitpunkten wurden ebenfalls parametrische Verfahren verwendet.
Die Auswahl der Testverfahren erfolgte ferner in Abhängigkeit vom vorhandenen
Skalenniveau der Variablen. Beim Vergleich von diskreten abhängigen Merkmalen (z.B. ”ja/nein”-Antworten im Katamnesebogen) kam der McNemar-Test zur
Anwendung. Bei stetigen abhängigen Variablen (z.B. Scores in den psychometrischen Testverfahren) hingegen wurde der t-Test für Wertepaare eingesetzt.
Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren Merkmalen wurden durch Korrelationsanalysen ermittelt. Die Korrelationskoeffizienten wurden jeweils in Abhängigkeit vom vorliegenden Skalenniveau ermittelt. Für kardinalskalierte (d.h.
intervall- oder absolutskalierte) Merkmale wurden Korrelationskoeffizienten nach
Pearson, für ordinalskalierte Merkmale Rangkorrelationskoeffizienten nach
Spearman gerechnet (Bamberg, 1993).
Zur Untersuchung der Vorhersagefähigkeit einzelner Parameter auf die Outcomevariablen (D Hauptzielgrösse bei Entlassung und Katamnese II) wurden lineare
Regressionsanalysen durchgeführt (für eine detaillierte Beschreibung des Vorgehens zur linearen Regression siehe 4.3).
Im Rahmen der Auswertung galt es als erstes, die in die Studie aufgenommenen
Patienten zu beschreiben und die Zusammensetzung der Patientengruppen in
den beiden Behandlungssettings zu vergleichen (AN und PN).
56
Die erhobenen Daten wurden zuerst mit Hilfe deskriptiver graphischer und statistischer Methoden ausgewertet. Ziel dieser Vorab-Sichtung der Gesamtdaten war
neben einer ersten Information über deren Verteilung und Relevanz die Erfassung der zu erwartenden Abhängigkeiten zwischen den einzelnen durch die Erfassungsinstrumente bestimmten Einflussgrößen. Diese Ergebnisse sollten als
Grundlage für einer gezielten Eingrenzung auf wenige Kernparameter oder Parametergruppen (und entsprechende Erfassungsinstrumente) bezüglich der
weiteren Auswertung dienen.
Unter Berücksichtigung der knappen personellen Kapazitäten sowohl bei dem
Projekt vor Ort als auch in der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm musste auf die Durchführung dieser Zwischenauswertung und Parameterselektion im ursprünglich geplanten Umfang verzichtet werden. Im Ergebnis erfolgte eine sehr umfangreiche Datenerhebung und erfassung bis zum Abschluss der Studie. Dementsprechend liegt jetzt ein umfassender Datenpool zur Beschreibung des
komplexen Untersuchungs-
gegenstands vor, der über die Auswertungen im Rahmen dieses Projektes hinaus zukünftig weiteren Auswertungen als Grundlage dienen kann.
Zur Klärung des Einflusses der ausgewählten Parameter sowie der Art des Therapiesettings insbesondere auf die Hauptzielgröße - Ausmaß und Verlauf depressiver Störungen - wurden multiple regressionsanalytische Auswertungen
angewandt. Dieser Ansatz könnte im weiteren Verlauf der bei weitem noch nicht
abgeschlossenen Auswertung des umfangreichen Datenpools auch sinnvoll
sein, um Confounding zu eliminieren, da zu erwarten ist, dass sich die Behandlungsgruppen AN und PN in mehrfacher Hinsicht unterscheiden. Vorrangig ging
es in diesem ersten Projekt jedoch – wie bereits erwähnt - um eine explorative
Datenanalyse mit deskriptiv-statistischen Methoden.
Die Auswertung folgte der ”full sample analysis” Regel, d.h. auch Studienabbrecher gingen in die Auswertung ein. Da der Anteil der Patienten, die nicht vollständig nach Studienplan behandelt und beobachtet werden konnten, über 10% der
aufgenommenen Patienten lag, wurde zusätzlich für Parameter von zentraler Bedeutung ”according to protocol” ausgewertet, d.h. nur die ordnungsgemäß be57
handelten und beobachteten Patienten gingen in diese ergänzende Auswertung
ein.
Darüber hinaus erfolgte ein (deskriptiver) Vergleich der jeweiligen Drop-outPatienten mit der Gesamtpopulation, um mögliche systematische Abweichungen
ausschließen bzw. erfassen zu können (vgl. Kapitel 4.2.9).
58
4
E RGEBNISSE
4 .1 P a t ie nt e n r e k r ut ie r u ng u nd d e m og r a ph is c h e Da te n
Patientenrekrutierung
Die Patientenrekrutierung erfolgte von Juni 1999 bis Juni 2001.
Die bei Konzeption der Studie vorgesehene Einbeziehung von Patienten des teilstationären Behandlungsrahmens ließ sich aufgrund unüberwindbarer Rekrutierungsschwierigkeiten nicht realisieren (siehe dazu 3.5)
Insgesamt wurden nach der Aufnahmeuntersuchung 516 Schlaganfallpatienten
als potentiell für die Studie in Frage kommend benannt. Von diesen erfüllten 395
die unter 3.3.1 aufgeführten Ein- und Ausschlußkriterien (76,6%) und wurden jeweils von einem erfahrenen Facharzt im Rahmen einer ausführlichen Exploration
und klinischen Untersuchung gesehen. Bei 299 dieser Patienten lag nach der
klinischen Einschätzung eine depressive Störung nach ICD 10 vor (75,7%), so
dass sie die Voraussetzungen für eine Teilnahme an der Studie erfüllten. 265
dieser Patienten gaben ihr schriftliches Einverständnis zur Studienteilnahme
(88,7%). Aus dem Bereich AN konnten 193, aus dem Bereich PN 72 Patienten in
die Studie aufgenommen werden.
Demographische Daten
Von den 265 in die Studie aufgenommenen Patienten waren 56,6% Männer,
43,4% Frauen. Das Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 27,57 und 80,05
Jahren mit einem Durchschnittswert von 54,7 Jahren. Diesbezüglich ergab sich
kein belangvoller Unterschied zwischen den Therapiebereichen. Auch im Hinblick
auf Alter und Bildungsniveau, Familienstand, dem beim Schlaganfall betroffenen
Gefäßgebiet, der Hemisphärenseite sowie der Lokalisation (Vgl. Tabellen A1-A7
im Anhang 8.1) fand sich kein Unterschied zwischen den Patientengruppen in
den zwei ververschiedenen Behandlungssettings.
59
Bezüglich der Art des Schlaganfalls erlitten 75,6% im Vorfeld einen ischämischen
Hirninfarkt, 12,4 % eine intrazerebrale Blutung und 11,6 % eine Subarachnoidalblutung (8,0% mit Hirnbeteiligung, 3,6% ohne bildgebend faßbare Hirnläsion).
In 35,4% waren alleine die linke, in 54,2% die rechte, und in 9,4% beide Hemisphären betroffen. Bezüglich der Schlaganfallart fand sich ein mit p=0,07 signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings mit einer in PN
höheren Zahl sowohl von intrazerebralen Blutungen (18,6% in PN, 10,2 in AN) als
auch von Subarachnoidalblutungen (17,0% in PN, 9,6% in AN).
Zum Aufnahmezeitpunkt waren 146 Patienten (60,3%) noch nicht berentet, 48
(19,8%) kamen arbeitsfähig. Von den 96 (39,6%) bereits berenteten Patienten
befanden sich 50 (20,6 %) in Altersrente, 9 (3,7 %) bezogen eine Berufsunfähigkeits- bzw. Teilrente, 37 (15,3 %) eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei 24 der berenteten Patienten handelte es sich nur um eine Rente auf Zeit, so dass auch bei
diesen Patienten die sozialmedizinische Frage bei Aufnahme in die Studie noch
nicht abschließend entschieden war.
Das Schlaganfallereignis lag bei Aufnahme im Durchschnitt 2,52 Jahre zurück
(zwischen 1 Woche und 24 Jahren). Bezüglich des durchschnittlichen Intervalls
zwischen Schlaganfall und Aufnahme (2,47 Jahre im Bereich AN, 2,65 Jahre i m
Bereich PN) ergab sich kein signifikanter Unterschied. Dennoch fanden sich
Hinweise auf einen höheren Chronifizierungsgrad im Bereich PN bzw. einen größeren Anteil von Patienten mit frischeren Schlaganfällen im Bereich AN.
So zeigte sich in AN bei einem AHB-Anteil von 29,0% gegenüber 4,2% in PN ein
signifikanter Unterschied (p<0,001) dahingehend, dass offenbar dort mehr Patienten mit frischen Schlaganfällen behandelt werden. Dagegen lag der Anteil von
Krankenhausbehandlungen mit 9,7% in PN gegenüber nur 3,1% in AN im psychotherapeutischen Bereich höher. Diese erfolgen in PN ausnahmslos im Hinblick aus eine schwerpunktmäßig psychische bzw. psychosomatische Akutbehandlungssituation. Bei den restlichen stationären Behandlungen handelte e s
sich um reguläre Heilverfahren zur medizinischen Rehabilitation (AN 67,9%, PN
86,1%). (siehe Tabelle 3).
60
Tabelle 3: Art der stationären Behandlung
Therapiebereiche
Art der Behandlung
AN
PN
%
%
(n=193)
(n=72)
Krankenhausbehandlung
3,1%
9,7%
(6)
(7)
AHB
29,0%
4,2%
(56)
(3)
HV stationär
67,9%
86,1%
(131)
(62)
61
Gesamt
%
(=265)
4,9%
(13)
22,3%
(59)
72,8%
(193)
Sign.
p<0,001
4 .2 K li ni s c he u nd i ns tr um e n te ll e Un te r s uc hu ng be fu nd e in d e n
T he r a pi e b e r e i c h e n b e i A uf na hm e un d im V e r la uf
4 .2 .1 Allge m e ink ör pe r lic he r und ne ur ologis c he r Be fund
Allgemeinzustand
Bezüglich des Allgemeinzustandes fand sich bei Aufnahme kein signifikanter
Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen. In AN wurde der Allgemeinzustand bei 74%, in PN bei 80% als unauffällig, in AN bei 24%, in PN bei 20
% als mäßig reduziert und nur bei 3 Patienten, 1,8% in AN als stark reduziert angegeben.
Im Verlauf der stationären Behandlung kam es in beiden Bereichen eher zu einer
Besserung des Allgemeinzustandes. So war dieser bei Entlassung bei keinem
Patienten verschlechtert. Bei 19,8% der Patienten in AN bzw. 25% in PN kam es
währenddessen zu einer diesbezüglichen Verbesserung, bei dem Rest blieb der
Allgemeinzustand unverändert.
Im weiteren Verlauf blieb bei der überwiegenden Zahl der Patienten der Allgemeinzustand stabil (Katamnese I: AN 40,9%, PN 58,1%; Katamnese II: AN 64,8%,
PN 72,7%). Bei einem Teil kam es zu einer weiteren Verbesserung (Katamnese I:
AN 42%, PN 30,2%; Katamnese II: AN 20,0%, PN 6,8%), bei einem weiteren Anteil zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustands (Katamnese I: AN 16,7%,
PN 11,6%; Katamnese II: AN 15,2%, PN 20,5%).
Barthelindex
Die Barthelindices der Patienten lagen bei Aufnahme zwischen 60 und 100. Im
Mittel lag der Barthelindex sowohl bei Aufnahme mit 95,95 als auch bei Entlassung mit 97,06 im Bereich AN etwas (p>0,05) unter dem Wert für PN mit 98,75
bei Aufnahme bzw. 99,05 bei Entlassung. In beiden Therapiebereichen kam e s
somit zu einer Verbesserung des Barthelindex im Verlauf der stationären Behandlung. (Diese Verbesserung ist mit p=0,001 für AN signifikant.)
62
Gehfähigkeit
Die Gehfähigkeit war bei den Patienten im Bereich PN signifikant (P=0,008) besser erhalten, als im Bereich AN. So war in AN die Gehfähigkeit nur bei 41,8% unbeeinträchtigt (65,5% in PN), bei 40,0% in AN gegenüber 24,1% in PN mäßig und
in 18,2% gegenüber 10,3% in PN stark eingeschränkt. (Tab. 4)
Tabelle 4: Gehfähigkeit
Gehfähigkeit
ohne Befund
mäßig eingeschränkt
stark eingeschränkt
Therapiebereiche
AN
%
(n)
41,8%
(69)
40%
(66)
18,2%
(30)
PN
%
(n)
65,5%
(38)
24,1%
(14)
10,3%
(6)
Gesamt Sign.
%
(n)
48%
,008
(107)
(sign.)
35,9%
(80)
16,1%
(36)
Im Verlauf der stationären Behandlung konnte bei 43% der Patienten eine Verbesserung der Gehfähigkeit erreicht werden. Bei nur einem Patienten aus dem
allgemein-neurologischen Bereich AN (0,5%) kam es zu einer Verschlechterung.
Auch zwischen Entlassung und Katamnese II fand sich immerhin noch bei 15,2
% eine weitere Verbesserung. Andererseits kam es über diesen langen Zeitraum
von 12 Monaten bei 5,8% auch zu einer Verschlechterung der Gehfähigkeit. Zu
beiden Nachuntersuchungszeitpunkten fand sich jeweils in AN eine signifikant
ausgeprägtere Verbesserung der Gehfähigkeit als in PN (Entlassung: Verbesserungen in AN bei 50,3%, in PN bei 23,3%, p=0,001; Katamnese II: Verbesserungen in AN bei 17,5% gegenüber 8,9% in PN, p=0,042). (Dabei dürfte der jeweils
höhere Anteil von Verbesserungen in AN wesentlich auf die in diesem Bereich
primär stärkere Ausprägung der neurologischen Ausfälle sowie den dort höheren
Anteil von Patienten mit frischen Schlaganfällen (AHB-Patienten) mit größerem
Besserungsspielraum zurückzuführen sein.
NIHSS
Auch die Auswertung der NIHSS zur Erfassung der Ausprägung der neurologischen Folgeeinschränkungen nach Schlaganfall erbrachte für den Bereich AN
sowohl bei Aufnahme (p<0,001) als auch bei Entlassung (p<0,001) jeweils signifikant höhere Werte. Die Werte lagen bei Aufnahme zwischen 0 und 11. In AN erreichten 36,1% NIHSS-Werte von 0 bis 2, in PN dagegen 69,5%. Der Mittelwert
63
der NIHSS bei Entlassung lag im Bereich AN bei 3,29, in PN bei 1,61; bei Katamnese II in AN bei 2,68, in PN bei 2,00. Dabei erweist sich der Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings bei Katamnese II nicht mehr als signifikant.
Insgesamt zeigt sich , daß die etablierten Verfahren Barthelindex und NIHSS zur
Beschreibung und insbesondere Differenzierung des Beeinträchtigungsausmaßes der überwiegend in die Reha-Phase D eingestuften Patienten dieser Studie
nur sehr eingeschränkt geeignet sind. Zum einen weisen beide einen Deckeneffekt auf und differenzieren nicht ausreichend in dem Bereich leichtgradiger, aber für die Alltagsbewältigung und insbesondere auch Erwerbsfähigkeit durchaus hoch relevanter Funktionsbeeinträchtigungen. Zum anderen werden die in
diesem Projekt besonders interessierenden kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen nahezu gar nicht abgebildet. Andererseits bilden beide Verfahren
die erzielten Verbesserungen ab.
Klinisch-neurologischer Befund
Auch für den klinisch erhobenen neurologischen Befund ergab sich eine entsprechende Verlaufsdynamik mit einer Verbesserung bei 69% im Verlauf der stationären Behandlung und bei 27,3% im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II 12
Monate später. Nur bei einem Patienten (0,5%) aus AN kam es zu einer Verschlechterung bis zur Entlassung; bis zur Katamnese II trat bei 9,9 % (insgesamt
17 Patienten, 14 aus AN, 3 aus PN) eine Verschlechterung auf. Auch hier kam e s
im Bereich AN gegenüber PN bei einem höheren Patientenanteil zu einer Verbesserung des neurologischen Befundes im Verlauf. (Bis zur Entlassung: Verbesserung bei 76,4% in AN, bei 50% in PN (p<0,001); bis zur Katamnese II: bei
32,0% in AN, bei 13,6% in PN (p=0,027)). (Ursächlich für den höheren Anteil von
Verbesserungen des neurologischen Befundes in AN dürften auch diesmal die
bei diesen Patienten primär ausgeprägteren Einschränkungen sowie der höhere
AHB-Anteil sein. In PN fanden sich dagegen bei einem größeren Teil dieser Patienten bereits bei Aufnahme weitgehend gebesserte neurologisch-somatische
Befunde, so daß im Sinne eines Deckeneffektes diesbezüglich keine großen
Verbesserungen mehr möglich waren (im Unterschied zu den in PN das klinische Bild in der Regel prägenden psychischen Störungen).
64
65
4 .2 .2 Ps yc his c he Be funde
4.2.2.1 Klinische Befunde
Depressionsdiagnosen nach ICD-10
Nach unseren Beobachtungen manifestieren sich depressive Störungen nach
Schlaganfall klinisch in vielfältigen Erscheinungsformen. Um deren Differenzierung nach klinischem Erscheinungsbild zu ermöglichen, wurde auf eine alleinige
Erfassung der Depressions-Diagnosen nach ICD-10, Kapitel F0 (organische
psychische Störungen) verzichtet (vgl. 3.4.2.1),(Lit. ICD 10, vgl. 9.1). Dies heißt aber weder, dass keine hirnorganischen affektiven und kognitiven Beeinträchtigungen vorgelegen hätten, noch ist damit eine ätiologische Festlegung im Hinblick auf die depressive Symptomatik gemeint. Zur Einbeziehung der Frage nach
allfälligen hirnorganischen Störungsanteilen erfolgte eine orientierende Abschätzung auf Grundlage des neuropsychologischen Ratings. Danach ist eine hirnorganische Beeinträchtigung in Abhängigkeit von den gewählten Kriterien bei
53,7% bis 68,4% der Patienten zu vermuten (vgl. 4.2.5).
Die Depressions-Diagnosen sind in Abbildung 1 für den Aufnahmezeitpunkt sowohl getrennt für die beiden Therapiebereich (AN und PN) als auch für die Gesamtpatientengruppe (Gesamt) wiedergegeben, um einen diesbezüglichen Vergleich zu ermöglichen. In Tabelle 5 sind die jeweiligen prozentualen Verteilungen
in den verschiedenen Therapiegruppen und der Gesamtpopulation für Aufnahme
und Katamnese II zusammengefaßt.
Bei Aufnahme zeigt sich ein deutliches Überwiegen der Anpassungsstörungen
(F43) mit 57,8%. Darin spiegelt sich der vorherrschende dynamische, erlebnisreaktive Bezug zur körperlichen Grundkrankheit wider. Zusammen doch immerhin
21,5% fallen auf die diagnostischen Kategorien F31 – F33, die dem verbreiteten
Bild einer Depression am nächsten kommen und im klinischen Alltag am ehesten Berücksichtigung finden dürften. Diese Häufigkeit entspricht den Zahlen, wie
sie für die major depression immer wieder in Literatur genannt werden (Burvill et
al., 1995; Wade et al., 1987). Dagegen gehen in die anhaltende, depressive Stö66
rung (F34.1) diejenigen Krankheitsfälle ein, bei denen es zumeist im Gefolge
chronischer Beeinträchtigungen zu einem ebenso chronifizierten, erkennbar depressiven Erlebniswandel kommt. Dieser Anteil betrug bezogen auf die Gesamtpopulation bei Aufnahme 8,8%.
Ein solcher anhaltender Erlebniswandel nach Schlaganfall kann nach unserer
Erfahrung aber auch in einer Art in Erscheinung treten, die leicht unerkannt bleibt.
Dieses Bild, das wir nach ICD-10 unter „anhaltendem antriebsarm-resignativem
Erlebniswandel“ F34.8 erfasst haben, wird unter 4.4.2 genauer beschrieben. Dabei stehen neben vielfältigen körpernahen Beschwerden ein Verlust von Antrieb
und Aktivität, ein Verlust von Interesse oder Freude selbst an angenehmen Aktivitäten und ein deutlicher sozialer (interaktioneller) Rückzug im Vordergrund. Bei
Aufnahme wurde diese Diagnose bei immerhin 8,4% der Gesamtpatienten gestellt.
Eine weitere, diagnostisch im klinischen Alltag vermutlich nicht immer erfasste
depressive Störung ist allein schon deshalb nicht leicht zu erkennen, weil sie
sich nur zeitweilig manifestiert. Es handelt sich um wiederkehrende depressive
Einbrüche, die nur Stunden dauern können, aber in längstens einigen Tagen
wieder abklingen; und nach ICD-10 am ehesten als „Rezidivierende kurze Depressive Störung“ F38.10 klassifizierbar sind. Der Anteil dieser Art Rezidivierender Depressiver Störungen lag zum Aufnahmezeitpunkt bei 3,2%.
67
Abbildung 1: Depressions-Diagnosen nach ICD-10 bei Aufnahme (vgl. Diagnosen-Übersicht
im Anhang, 9.1)
Vergleicht man die beiden Behandlungssettings bezüglich der Verteilung der s o
gestellten Depressionsdiagnosen bei Aufnahme, so fallen bei grundsätzlicher
Ähnlichkeit doch gewisse Unterschiede auf (vgl. Abb. 1). So liegt mit 58,4% gegenüber 56% in AN der Anteil von Anpassungsstörungen höher als in PN. Dies
überrascht nicht, wenn man berücksichtigt, daß der Anteil von Patienten mit einem Krankheitsverlauf unter einem Jahr in AN gegenüber PN signifikant höher
ist. Faßt man die Diagnosen F31, F32 und F33 zusammen (in Anlehnung an den
Prägnanztyp endogener affektiver Psychosen), ergibt sich ein deutlich höherer
Anteil dieser (gravierenderen) Krankheitsbilder in PN mit 31,8% gegenüber nur
17,8% in AN. Umgekehrt ist der Anteil von uns so genannter „verdeckter depressiver Störungsbilder“, wie sie im klinischen Alltag leicht übersehen werden können und weiter unten skizziert werden, im Bereich AN deutlich häufiger. So fand
sich bei 4,3% der Patienten in AN gegenüber 0% in PN eine „Rezidivierende kurze Depressive Störung“ nach F38.10, bei 10,3% in AN gegenüber nur 3,0% in PN
ein „Anhaltender antriebsarm-resignativer Erlebniswandel“ nach F34.8.
68
Tabelle 5: Depressionsdiagnosen im Verlauf
Aufnahme
F43
F41.2
F38.1
F34.8
F34.1
F33
F32
F31
keine
Depr.
AN
(n=193)
58,4%
0%
4,3%
10,3%
9,2%
13,0%
4,8%
0%
0%
Katamnese II
PN
(n=72)
56,0%
1,5%
0%
3,0%
7,6%
13,6%
16,7%
1,5%
0%
AN
(n=145)
36,5%
0,9%
6,5%
18,7%
4,7%
13,1%
0,9%
0%
18,7%
PN
(n=47)
41,5%
0%
9,8%
12,2%
7,3%
17,1%
2,4%
0%
9,8%
Aufnahme
Katamnese II
gesamt
(n=265)
57,8%
0,4%
3,2%
8,4%
8,8%
13,1%
8,0%
0,4%
0%
gesamt
(n=192)
38,1%
0,7%
7,5%
17,0%
5,4%
14,3%
1,4%
0%
15,9%
Zum Katamnesezeitpunkt II erfolgte nach ausführlicher Exploration und zielgerichteter klinischer Untersuchung durch einen erfahrenen Facharzt eine erneute
diagnostische Einschätzung, inwieweit überhaupt noch, und wenn ja, welche Art
depressive Störungen nach ICD 10 bei den Patienten zu diesem Zeitpunkt noch
vorlagen.
In Abbildung 2 sind die Diagnosenverteilungen an beiden Untersuchungszeitpunkten für die Gesamtgruppe dargestellt; in Tabelle 5 finden sich die entsprechenden Prozentwerte.
Über den Beobachtungszeitraum von 12 Monaten kommt es zu einer deutlichen
Veränderung im Hinblick auf die Diagnosenverteilung. So zeigt sich, daß es – allerdings nur – bei 15,9% zu einer solchen Besserung der depressiven Symptomatik kommt, dass die Diagnose einer depressiven Störung nicht mehr zutrifft.
Umgekehrt zeigt dieses Ergebnis, daß es sich bei depressiven Störungen nach
Schlaganfall offenbar um langwierige und eine hohe Chronifizierungstendenz
aufweisende psychische Beeinträchtigungen handelt. Nach den Kriterien des
ICD 10 sind Anpassungsstörungen zeitlich nur begrenzt zu diagnostizieren, die
„kürzere depressive Reaktion“ nach F43.20 für einen Monat, die „längere depressive Reaktion“ entsprechend F43.21 als einzige diagnostische Kategorie mit einer Zeitbegrenzung von immerhin zwei Jahren. In unserem Patientengut überwogen bei Aufnahme bereits unter den Anpassungsstörungen die länger anhaltenden depressiven Reaktionsweisen (ICD 10 F43.21) mit 18,3% (bezogen auf die
Gesamtpopulation) gegenüber den kürzeren depressiven Reaktionen (F 43.20)
69
mit 12,0%. Die größte Gruppe unter den Anpassungsstörungen stellte sowohl
bei Aufnahme mit 21,5% als auch bei Katamnese II mit 19,0% die durch ein Nebeneinander von Angst und depressiver Reaktion charakterisierte Störung entsprechend F 43.22 dar. Im Verlauf kam es erwartungsgemäß zum einen zu einer
Abnahme des Anteils von Anpassungsstörungen insgesamt von 57,8% auf
38,1%; aber auch zu einer Verschiebung von kürzeren zu längeren depressiven
Reaktionen (F43.20: 1,4%; F43.21: 15,6%). Auch bei Katamnese II bildete die
gemischte Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion (F43.22) mit
19,0% die größte Untergruppe der Anpassungsstörungen.
Eine längerfristige depressive Problematik kann sich aber auch noch in anderer
Form manifestieren. So wurde bei Katamnese II im Vergleich zur Aufnahme häufiger die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (F33) gegenüber
einer einzelnen depressiven Episode (F32) gestellt.
Abbildung 2: Depressions-Diagnosen ICD-10 bei Aufnahme und bei Katamnese II (vgl. Diagnosen-Übersicht im Anhang, 9.1)
Auffallend und ebenfalls nicht überraschend ist eine offensichtliche Verschiebung
hin zu einem höheren Anteil von Patienten mit einem anhaltenden depressiven
Erlebniswandel nach F34.8 (von 8,4% auf 17,0%) als auch der Patienten mit rezidivierenden kurzen depressiven Einbrüchen gemäß F38.1 (von 3,2% auf 7,5%).
70
Vergleicht man die Diagnosenverteilung in den beiden Behandlungssettings
(Abb. 3, Tab. 5), so findet sich bei der Katamnese II zum einen im Bereich AN mit
18,7% gegenüber 9,8% in PN ein höherer Anteil von Patienten ohne depressive
Störung, zum anderen – im Unterschied zur Aufnahmesituation – jetzt umgekehrt
in AN ein kleinerer Anteil von Anpassungsstörungen, als in PN (36,5% in AN gegenüber 41,5% in PN). Offenbar kommt es bei der großen Gruppe von „einfachen“ Anpassungsstörungen in AN und einem größeren Anteil von Patienten, bei
denen der Schlaganfall weniger als ein Jahr zurückliegt, im Verlauf in vielen Fällen zu einer guten Normalisierung der Stimmungslage. Auch in PN kommt es zu
einer Besserung insbesondere bei dieser Diagnosegruppe (von 56% auf 41,5%).
Faßt man die Diagnosen nach F31, F32 und F33 zusammen, zeigt sich auch für
diese Gruppe in beiden Therapiebereichen eine Abnahme, die in PN sogar noch
einen größeren Anteil der Patienten betrifft (in AN von 17,8% auf 14,0%; in PN von
31,8% auf 19,5%).
Umgekehrt kommt es in beiden Bereichen, im Vergleich noch stärker in AN zu einer Zunahme sogenannter „verdeckter depressiver Störungsbilder“, insbesondere des „anhaltenden depressiven Erlebniswandels“ (F34.8) von 10,3% auf 18,7%
in AN, von 3,0% auf 12,2 % in PN.
Abbildung 3: Depressions-Diagnosen ICD-10 Katamnese II (vgl. Diagnosen-Übersicht im
Anhang, 9.1)
71
AMDP
Erwartungsgemäß lagen bei Aufnahme die Mittelwerte des jeweiligen Ausprägungsgrades für fast alle Teilaspekte des AMDP im Bereich PN über den Mittelwerten im Bereich AN, d.h. der Ausprägungsgrad der psychischen Auffälligkeiten
bei den Patienten im Bereich PN unterschied sich deutlich von dem der Patienten
in der allgemeinneurologischen Abteilung AN.
Diese Unterschiede erwiesen sich bei Überprüfung mit einem t-Test für unabhängige Stichproben für folgende Parameter als signifikant: Ausmaß der Störungen der Affektivität (allgemein), der Ratlosigkeit, des Gefühls der Gefühllosigkeit,
der Affektarmut, der Beeinträchtigung der Vitalgefühle, der Hoffnungslosigkeit, der
Ängstlichkeit, der Dysphorie, der Gereiztheit, des Unruhig-jammrig-Seins, der Insuffizienz und Schuldgefühle sowie der Ambivalenz und der Affektlabilität.
Auch bezüglich der Ausprägung von Zwängen und Befürchtungen sowie einer
psychomotorischen Antriebshemmung und eines theatralischen Auftretens lagen
die Mittelwerte bei Aufnahme in PN signifikant über denjenigen in AN. (Der höhere Anteil als theatralisch bzw. klagsam-jammerig beschriebener Patienten spricht
für eine eher offen gezeigte depressive Symptomatik in AN.) Darüber hinaus
zeigte sich auch ein signifikanter Unterschied bezüglich cirkadianer Störungen i m
Sinne eines Morgentiefs, welches ebenfalls häufiger und ausgeprägter in PN beobachtet wurde.
Dagegen waren Formale Denkstörungen (allgemein) in AN mit p<0,001 signifikant häufiger. Bei einer Betrachtung der Unterkategorien formaler Denkstörungen
im AMDP zeigt sich , daß dieser Unterschied zwischen AN und PN die „Einengung der Gedankengangs“ (p=0,012) und die „Grübelneigung“ (p=0,05) mit jeweils deutlicheren Auffälligkeiten in AN betrifft. Für die weiteren Unterkategorien
formaler Denkstörungen ergab sich kein belangvoller Unterschied zwischen den
Therapiebereichen. Dieser Unterschied verliert sich im weiteren Verlauf. Darüber
hinaus zeigten die Patienten in AN sowohl im Hinblick auf die allgemeine Beurteilungskategorie von Antrieb und psychomotorischen Störungen als auch i m
72
Hinblick auf die Aspekte Antriebssteigerung und Logorrhoe jeweils eine stärkere
Auffälligkeit, die für die Ausprägung der Logorrhoe mit p=0,005 signifikant ist.
Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einer Abnahme des Ausprägungsgrades der psychischen Auffälligkeiten, d.h. einer Befundverbesserung in
beiden Behandlungsbereichen.
Die bei Aufnahme beschriebenen Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen fanden sich im wesentlichen auch bei Entlassung und Katamnese II.
So fand sich bei Entlassung weiterhin eine stärkere Ausprägung formaler Denkstörungen im Bereich AN, auch die Antriebssteigerung als Beurteilungskategorie
der Psychomotorik blieb ebenso wie die allgemeine Einschätzung von Antriebslage und Psychomotorik in AN stärker auffällig als in PN. Diese Unterschiede waren zum Entlaßzeitpunkt jedoch nicht mehr signifikant. Bemerkenswert ist der
weiterhin mit p=0,003 signifikante Unterschied mit einem häufigeren und ausgeprägteren Auftreten von Logorrhoe im Bereich AN gegenüber PN, die nach unserer Erfahrung häufig Ausdruck einer großen emotionalen Bedürftigkeit ist. Wie bereits bei Aufnahme fanden sich für die weiteren Beurteilungskategorien des
AMDP durchweg höhere Ausprägungsgrade in PN gegenüber AN. Diese Gruppenunterschiede waren für folgende Werte signifikant: Befürchtungen und Zwänge, im Bereich der Affektivität: Ratlosigkeit, Affektarmut, Hoffnungslosigkeit,
Ängstlichkeit, Dysphorie, Störung der Vitalgefühle, Gereiztheit, Unruhig-jammrigSein, Insuffizienz und Schuldgefühle sowie Ambivalenz, bezüglich eines gehobenen Antriebs, eines Morgentiefs im Rahmen der cirkadianen Einschätzung sowie
der Kategorien Sozialer Rückzug und Andere psychische Störungen (allgemein).
Bei Katamnese II fand sich demgegenüber für folgende Parameter in AN eine
stärkere Beeinträchtigung: Affektarmut, Affektlabilität sowie im Rahmen der cirkadianen Beurteilung ein abends schlechterer Befund. Dieser Gruppenunterschied,
der gewissermaßen die Umkehrung des Morgentiefs mit stärkerer Ausprägung
in PN beschreibt, war mit p=0,019 signifikant. Die weiteren Parameter des AMDP
waren auch bei Katamnese II wie bereits an den Voruntersuchungszeitpunkten
sämtlich im Bereich PN deutlicher ausgeprägt als in AN. Diese Unterschiede erreichten jedoch bei Katamnese II nicht das Signifikanzniveau.
73
Abrupte Stimmungsschwankungen
In der folgenden Tabelle 6 ist der prozentuale Anteil von Patienten mit abrupten
Stimmungsschwankungen aufgeführt. Diesbezüglich ergibt sich ein mit 28% signifikant höherer Anteil als in PN mit nur 3,4%. Dies könnte Ausdruck eines sich
jeweils nur für kurze Zeit offen zeigenden depressiven Erlebniswandels sein, der
ansonsten im Rahmen einer erfolgreichen Forcierten Bewältigungshaltung (FB)
nicht offen zu Tage tritt. Zu dieser Interpretation paßt der ebenfalls in AN gegenüber PN größere Anteil von Patienten mit einer FB (vgl. 4.2.6.1)
Tabelle 6: Abrupte Stimmungsschwankungen in den Therapiebereichen
Abrupte Stimmungsschwankungen Therapiebereiche
AN
PN
Gesamt
%
%
%
(n)
(n)
(n)
Abrupte Depressive Einbrüche
28%
3,4%
21,8%
(49)
(2)
(51)
Abrupte Stimmungsschwankungen
28%
3,4%
21,8%
(49)
(2)
(51)
(bei Aufnahme)
Sign.
p<0,001
p<0,001
4.2.2.2 Instrumente zur Erfassung von Angst- und Depression
4.2.2.2.1 Depression
HADS-D-Depression
Vergleicht man das Ausmaß der Depressivität, wie es durch den HADS-D-D erfaßt wird, in den beiden Therapiebereichen, so zeigt sich – erwartungsgemäß –
an allen Erhebungszeitpunkten im Bereich PN eine stärker ausgeprägte Depressivität. Dieser Unterschied zwischen den Therapiebereichen ist bei Aufnahme mit
p<0,001 und bei Katamnese I mit p<0,005 signifikant (vgl. Tabelle 7). In Abbildung 4. sind die jeweiligen Mittelwerte und Standardabweichungen für beide Therapiebereiche aufgeführt.
74
Tabelle 7: HADS-D-D Werte im Verlauf in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
Katamnese II
MW
SD
MW
SD
MW
SD
MW
SD
MW
SD
MW
SD
MW
SD
MW
SD
AN
7,4
4,2
5,8
4,3
6,9
4,1
6,8
4,2
(n)
(158)
(150)
(114)
(113)
PN
9,7
4,7
7,0
5,3
9,3
5,1
7,5
3,9
(n)
(54)
(51)
(35)
(42)
Gesamt
7,9
4,5
6,2
4,6
7,5
4,4
7,0
4,1
(n)
(212)
(201)
(149)
(155)
HADS-D-Depression
10
5
p<.001
n.s.
AN
p<.005
PN
n.s.
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
Katamnese II
Abbildung 4: HADS-D-D in AN, PN (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben)
Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einererfreulichen signifikanten
Abnahme der HADS-D-D-Werte als Ausdruck einer deutlichen Abnahme der Depressivität (vgl. Abb. 3 und 4). Diese Verbesserung ist auch bei getrennter statistischer Berechnung in beiden Therapiebereichen signifikant (in PN und AN:
p<0,001). Dieser Behandlungserfolg blieb bis zur Katamnese I nach 6 Monaten
jedoch nicht stabil. Vielmehr kam es gegenüber dem Entlaßzeitpunkt – ebenfalls
in beiden Therapiebereichen – zu einer erneuten Zunahme der Depressivität
nach dem HADS-D-D. Das Ausmaß der so erfaßten Depressivität erreicht jedoch
nicht wieder das Ausgangsniveau bei Aufnahme. Im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II zeigt sich dann wieder eine deutliche (signifikante) Verbesserung gegenüber den HADS-D-D-Werten bei Katamnese I (vgl. Abb. 4). Zur Diskussion
dieses zwischenzeitlichen Einbruchs sei auf Kapitel 6.2 verwiesen.
75
BDI
Im Analogie zu den Befunden der HADS-D-D-Werte lagen auch die BDI-Werte i m
Mittel in PN an allen Untersuchungszeitpunkten über den Mittelwerten in AN (vgl.
Tab. 8 und Abb. 5). Dieser Unterschied zwischen den Therapiebereichen ist an
allen Zeitpunkten mit Ausnahme der Katamnese II auch signifikant.
Tabelle 8: BDI im Verlauf in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
MW
SD
MW
SD
MW
SD
AN
12,1
7,5
8,6
6,6
10,9
6,5
(n)
(156)
(144)
(114)
PN
16,9
8,8
13,5
10,5
18,5
10,1
(n)
(54)
(48)
(35)
Gesamt
13,3
8,2
9,8
8,1
12,7
8,1
(n)
(210)
(192)
(149)
Katamnese II
MW
SD
11,3
7,0
(113)
13,7
8,2
(42)
11,9
7,4
(155)
BDI
20
15
10
AN
p<.001
n.s.
PN
p<.001
5
0
p<.001
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
Katamnese II
Abbildung 5: BDI in AN, PN sowie der Gesamtpopulation
(p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige Stichproben)
Auch der BDI spiegelt die deutliche Verbesserung der Depressivität im Verlauf
der stationären Behandlung wider. Diese Verbesserung ist sowohl für die Gesamtpopulation als auch bei getrennter statistischer Auswertung der beiden Behandlungsgruppen signifikant (in PN und AN: p<0,001).
76
Bei Katamnese I nach sechs Monaten zeigte auch der Verlauf des BDI eine erneute Zunahme der Depressionswerte in beiden Therapiebereichen. Diese erreichten jedoch ebenfalls nicht wieder die initiale Ausprägung bei Aufnahme. Im
weiteren Verlauf bis zur Katamnese II kam es in Übereinstimmung mit den
HADS-D-D Befunden wieder zu einer Besserung in beiden Gruppen.
BDI im Verlauf
p<.001
p<.001
p<.001
15
10
5
0
p<.001
p<.001
p<.001
Aufnahme
Entlassung
KatamneseI
KatamneseII
Abbildung. 6: BDI im Verlauf in der Gesamtpopulation
(p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben)
CDS
Analog zu den Befunden der Selbstratingverfahren lagen auch die CDS-Werte
durchgängig in PN höher als in AN. Diese Unterschiede zwischen den Therapiebereichen sind an allen Untersuchungszeitpunkten signifikant (vgl. Tabelle 9 und
Abbildung 7).
Tabelle 9: CDS im Verlauf in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
MW
SD
MW
SD
MW
SD
AN
5,2
4,6
3,5
3,4
4,7
3,4
(n)
(163)
(153)
(106)
PN
9,4
5,6
7,3
5,8
6,3
4,1
(n)
(55)
(54)
(41)
Gesamt
6,2
5,2
4,4
4,5
5,1
3,7
(n)
(218)
(207)
(147)
77
CDS
10
8
6
4
AN
PN
p<.001
0
p<.05
p<.001
2
Aufnahme
Entlassung
KatamneseII
Abbildung 7: CDS in AN,PN p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test
für unabhängige Stichproben)
Die CDS Werte zeigten in beiden Behandlungssetting ebenfalls eine deutliche
Besserung im Verlauf der stationären Rehabilitationsbehandlung, die sowohl für
die Gesamtpopulation als auch bei getrennter Auswertung der beiden Therapiebereiche mit p<0,001 hochsignifikant ist. Im weiteren Verlauf fand sich jedoch eine unterschiedliche Entwicklung in den beiden Gruppen. Bei den Patienten im
Bereich psychotherapeutische Neurologie (PN) kam es zwischen Entlassung
und Katamnese II zu einer weiteren Abnahme des CDS-Scores, während die Patienten aus dem allgemein-neurologischen Bereich (AN) eine erneute Zunahme
der mittels CDS erfaßten Depressivität zwischen Entlassung und Katamnese II
aufwiesen. Das Ausmaß der CDS-erfaßten Depressivität erreichte jedoch nicht
wieder das Ausgangsniveau, so daß sich auch in AN ein – wenn auch weniger
nachhaltiger - positiver Behandlungseffekt zeigt.
CDS im Verlauf
8
p<.001
p<=.05
6
4
2
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abbildung 8: CDS im Verlauf in der Gesamtpopulation
(p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben)
78
Die Verschlechterung der Depressivität in AN zwischen Entlassung und Katamnese II ist mit p=0,002 signifikant. In PN fand sich demgegenüber sogar eine
Verbesserung gegenüber dem Aufnahmezeitpunkt, die bei statistischer Auswertung dieser Teilpopulation mit p=0,002 signifikant ist. Für die Gesamtpopulation
erweist sich auch die Verbesserung zwischen Aufnahme und Katamnese II als
signifikant (p<0.05).
Hauptzielgrösse
Als Hauptzielgröße wurde eine gewichtete Summe aus dem Selbstbeurteilungsverfahren HADS-D-D-Depression und dem Fremdbeurteilungsverfahren CDS wie
folgt gebildet: 0.6 * HADS-D-D + 0.4 * CDS .
Tabelle 10: Hauptzielgrösse im Verlauf in AN, PN sowie
Aufnahme
Entlassung
MW
SD
MW
AN
6,5
3,7
4,9
(n)
(157)
(147)
PN
9,7
4,2
7,1
(n)
(52)
(49)
Gesamt
7,2
4,1
5,4
(n)
(209)
(196)
in der Gesamtpopulation
Katamnese II
SD
MW
SD
3,4
5,9
3,6
(91)
4,6
7,3
3,7
(37)
3,8
6,3
3,6
(128)
Entsprechend dieser Definition ergab sich erwartungsgemäß analog zu den Befunden der beiden Instrumente HADS-D-D und CDS auch für die Hauptzielgröße
ein an allen Untersuchungszeitpunkten signifikanter Unterschied zwischen den
beiden Therapiebereichen (vgl. Abb.9) mit einer stärkeren Ausprägung der Depressivität in PN.
Hauptzielgrösse
10
8
6
4
p<=.05
PN
p<.001
2
0
AN
p<.001
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abb. 9: Hauptzielgrösse in AN und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede /
t-Test für unabhängige Stichproben)
79
Auch für den Verlauf ergab sich für die zusammengesetzte Hauptzielgröße ein
den Einzelinstrumenten entsprechender Verlauf mit einer hochsignifikanten
(p<0,001) Verbesserung im Verlauf der stationären Behandlung (in AN, PN und
der Gesamtpopulation) (vgl. Tab. 10 und Abb.9). Auch diese Verbesserung der
Hauptzielgröße blieb nicht ganz stabil - mit einer leichten Verschlechterung bei
Katamnese I, ohne den Ausprägungsgrad der Depression bei Aufnahme zu erreichen
Hauptzielgrösse im Verlauf
p<.001
8
p<.05
6
p=.01
4
2
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abbildung 10: Hauptzielgrösse im Verlauf in der Gesamtpopulation
(p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben)
In PN Gruppe blieb die erreichte Verbesserung gegenüber den Anfangswerten
bis zur Katamnese II signifikant. Die leichte Verschlechterung nach der Entlassung war in PN nicht signifikant. Anders in AN – hier war die leichte Verschlechterung im weiteren Verlauf nach der Entlassung bis zur Katamnese II signifikant
(p=0,003)
4.2.2.2.2 Angst:
HADS-D-Angst
Erwartungsgemäß finden sich an allen Untersuchungszeitpunkten im Bereich PN
bei einem größeren Anteil der Patienten erhöhte HADS-D-Angst-Werte als in AN.
80
Dieser Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen ist bei Aufnahme
und Katamnese I signifikant. Die entsprechenden Prozentanteile und p-Werte
sind im Anhang unter 8.2 in Tabelle A8 aufgeführt.
Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einer erfreulichen Besserung
der Angstsymptomatik in beiden Therapiebereichen. So nahm der Anteil von Patienten mit schwer bis sehr schwer ausgeprägter Angst in AN von 27,1% auf
14,0% ab, in PN halbierte sich dieser Anteil in etwa von 46,3% auf 21,2%. Auch
der Anteil grenzwertig auffälliger Patienten im HADS-D-A sank in AN von 24,1%
auf 18,0%, in PN von 24,1% auf 17,3% bei Entlassung. Bei Katamnese I fand sich
– entsprechend dem Verlauf der Depressionsbefunde - eine erneute Zunahme
der Angst, wie sie mit dem HADS-D-A erfaßt wurde. Bis zur Katamnese II nach 12
Monaten kam es in beiden Therapiebereichen dann wieder zu einer Verbesserung der Angst mit zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zum Aufnahmebefund geringerer Zahl von Patienten mit im HADS-D-A schwer bis sehr schwer ausgeprägten
Veränderungen (in AN 20,9%, in PN 31,7%). Auch der Anteil von Patienten mit unauffälligen Befunden im HADS-D-A nahm in beiden Therapiebereichen wieder zu
und überstieg – im Sinne einer langfristig wirksamen Befundverbesserung – den
Prozentsatz von Patienten mit unauffälligen Befunden im HADS-D-A bei Aufnahme (in AN 58,3% gegenüber 48,8% bei Aufnahme, in PN 39% gegenüber 29,6%).
STAI-Trait und State:
Vergleicht man die Mittelwerte der bei Aufnahme erhobenen STAI-Trait-Befunde
(Erfassung der Ängstlichkeit als Persönlichkeitsmerkmal) zwischen den Patienten der beiden verschiedenen Therapiebereiche, so ergab sich mit 49,8 in PN
gegenüber 44,5 in AN ein höherer Wert. Dieser Unterschied ist mit p=0,001 signifikant (vgl. Abb. 11)
STAI-Trait bei Aufnahme
Tabelle 11: STAI-Trait
Aufnahme
MW
SD
AN
44,4
10,6
(n)
(163)
PN
49,9
10,9
(n)
(63)
Gesamt 46
11
(n)
(226)
50
45
40
AN
PN
Gesamt
Abb. 11: STAI-Trait in AN, PN sowie in der
Gesamtpopulation
81
Auch für die Einschätzung der jeweils momentanen Angst (STAI-State) fand sich
mit 46,6 gegenüber 42,7 in PN ein mit p=0,029 signifikant höherer Wert bei Aufnahme (Tab. 12).
Tabelle 12: STAI-State
Aufnahme
MW
SD
AN
42,6
11,3
(n)
(166)
PN
46,6
14,1
(n)
(64)
Gesamt 43,7
12,2
(n)
(230)
Entlassung
MW
SD
39,3
11,6
(149)
41,7
14,1
(52)
40,4
12,3
(201)
Katamnese I
MW
SD
42,9
11,1
(119)
49,3
13,9
(38)
44,4
12,1
(157)
Katamnese II
MW
SD
41,9
11,7
(84)
43,3
13,4
(22)
42,2
12,1
(106)
STAI-State
50
40
30
20
n.s.
p<.05
p<.05
n.s.
AN
PN
10
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
Katamnese II
Abbildung 12: STAI-State in AN und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede /
t-Test für unabhängige Stichproben)
Auch im Verlauf lagen die Angstmittelwerte im STAI-State weiterhin durchgängig
in PN höher als in AN. Erwartungsgemäß fanden sich auch für den STAI-State
entsprechende Verteilungen und parallele Veränderungen des Ausmaßes der
Angst im Verlauf, wie sie für den HADS-D-A oben beschrieben wurden. Auch für
den STAI-State gilt, daß die Verbesserung im Verlauf der stationären Behandlung
sowohl für die Gesamtpopulation, als auch für AN und PN mit p<0,001 hochsignifikant war. Auch die Verbesserung zwischen Entlassung und Katamnese II war
(in Gesamt mit p<0,001, in PN mit p=0,007) signifikant. Im Hinblick auf die hohe
Korrelation der Selbstrating-Instrumente zur Erfassung von Angst und Depression (vgl. Kapitel 4.2.2.3) wird auf eine graphische Wiedergabe dieses HADS-D-D
und BDI analogen Verlaufs verzichtet.
82
4.2.2.3 Erfassung von Angst- und Depression, Korrelation der Instrumente
4.2.2.3.1 Korrelation zwischen den Angst- und Depressionserfassungsinstrumenten
Die Korrelationskoeffizienten (Korrelation nach Pearson) für sämtliche im Rahmen des Projektes eingesetzte Fremd- und Selbstrating-Instrumente zur Erfassung von Angst und Depression sind in Tabelle 13 wiedergegeben. Dabei wurden die Korrelationskoeffizienten für die Erhebungszeitpunkte, an denen alle Instrumente eingesetzt wurden (Aufnahme, Entlassung und Katamnese II) aufgeführt. Zusätzlich einbezogen wurde der STAI-Trait, der als Instrument zur Charakterisierung der grundsätzlichen Ängstlichkeit einer Person nur einmalig bei Aufnahme erhoben wurde.
Dabei zeigte sich eine hohe Korrelation zwischen den Angst und Depression erfassenden Selbstrating-Instrumenten mit 0,541 als niedrigstem Korrelationskoeffizienten (STAI-State / HADS-D-D bei Aufnahme) und ansonsten Werten zwischen r=0,622 und r=0,732.
Tabelle 13: Korrelation zwischen den Depressions- und
Angsterfassungsinstrumente
HADS-D-D BDI
r
r
(n)
(n)
HADS-D-A
Aufnahme
0,622
0,637
(240)
(223)
Entlassung
0,732
0,697
(204)
(195)
Katamnese II 0,626
0,631
(157)
(155)
STAI-Trait
Aufnahme
0,647
0,717
(223)
(221)
STAI-State
Aufnahme
0,541
0,675
(227)
(224)
Entlassung
0,725
0,709
(201)
(194)
Katamnese II 0,645
0,644
(106)
(104)
r = Korrelationskoefizient nach Pearson;
83
CDS
r
(n)
0,335
(235)
0,368
(198)
0,537
(130)
0,434
(223)
0,424
()227
0,389
(195)
0,474
(80)
Vergleicht man die Korrelationskoeffizienten zwischen den jeweiligen Angst- und
Depressionsinstrumenten an den verschiedenen Erhebungszeitpunkten, so fällt
auf, dass sich für alle Test-Paarungen die jeweils größten Korrelationskoeffizienten und damit der jeweils stärkste Zusammenhang bei Entlassung ergab.
Dies könnte bei aller Vorsicht, mit der Interpretation solcher kleiner Unterschiede
zu bewerten sind, als Hinweis darauf verstanden werden, dass im Verlauf des
Heilverfahrens mit abnehmendem Ausmaß der Depressivität die zugrundeliegende existentielle Angst im Verhältnis deutlicher zutage trat.
Auch bezüglich des Fremdrating-Instrumentes zur Depressionserfassung, CDS,
fand sich ein Zusammenhang mit den Werten der Angsterfassungsinstrumente.
Diese Korrelationskoeffizienten liegen zwischen r=0,335 (HADS-D-A / CDS bei
Aufnahme) und r=0,537 zwischen HADS-D-A / CDS bei Katamnese II.
4.2.2.3.2 Korrelation zwischen den Depressions-Erfassungsinstrumenten:
Bezüglich der beiden im Projekt eingesetzten Selbstrating-Instrumente zur Depressionserfassung HADS-D-D und BDI lagen die Korrelationskoeffizienten an
den Untersuchungszeitpunken zwischen r=0,714 und r=0,774. Für den Zusammenhang zwischen dem Fremdratinginstrument CDS und dem BDI ergaben sich
Korrelationskoeffizienten von r=0,454 bis r=0,490; für den Zusammenhang mit
dem HADS-D-D von r=0,424 bis r=0,618 (Katamnese II). Diese lagen damit erwartungsgemäß
unter
den
Korrelationskoeffizienten der
Selbstrating-
Instrumente. Setzt man das Ausmaß der Depressivität, wie es im Rahmen der
AMDP-Befundung dokumentiert wurde, in Bezug zu den Depressionserfassungsinstrumenten, so lagen bei den einzelnen Erhebungszeitpunkten die Korrelationskoeffizienten zu den Selbstrating-Instrumenten zwischen r=0,364 und
r=0,528 (vergleiche Tabelle 14), bezüglich des Zusammenhangs mit dem
Fremdratinginstrument CDS zwischen r=0,46 und immerhin r=0,72 bei Katamnese II. (Diese Tendenz zu höheren Korrelationskoeffizienten bei Katamnese II
dürfte mit Ausdruck für eine zunehmende Schulung der Fremdwahrnehmung der
84
beteiligten Kollegen für depressive Störungen im Verlauf der Studienlaufzeit
sein.)
Tabelle 14: Korrelation der Depressionserfassungsiunstrumente
HADS-D
BDI
A
E
K II
A
E
K II
BDI
r
0,714
0,774 0,742
(n) (223)
(195)
(155)
CDS
r
0,449
0,424 0,618
0,490 0,454
0,474
(n) (235)
(198)
(131)
(223) (198)
(130)
AMDP
r
0,364
0,438 0,528
0,435 0,402
0,498
‘deprimiert‘ (n) (234)
(195)
(149)
(220) (186)
(149)
r = Korrelationskoefizient nach Pearson;
untereinander
CDS
A
E
0,524
(248)
0,467
(202)
K II
0,729
(148)
Insgesamt zeigt sich somit ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Erfassungsinstrumente, welcher die Einschätzung bestätigt, Instrumente benutzt zu
haben, die ähnliches bzw. dasselbe erfassen.
85
4 .2 .3 Ps yc hos ozia le Situa tion
4.2.3.1 Soziale Einbindung
Private Kontakte
Bezüglich des Bestehens einer Partnerschaft (bei 78,7% in AN, bei 83,3% in PN)
fand sich kein Unterschied, dagegen wurde die Qualität der Partnerschaft im Bereich PN häufiger als belastend (14% gegenüber 7,1%) und im Bereich AN häufiger als unterstützend (87% gegenüber 76%) angegeben. Dieser Unterschied ist
jedoch nicht signifikant.
Befragt nach der Zahl privater Kontakte mit Freunden und Bekannten, gaben bei
Aufnahme jeweils etwa die Hälfte der Patienten in beiden Behandlungsbereichen
wenige bzw. viele soziale Kontakte an (keine privaten sozialen Kontakte: 1,7% in
AN, 1,6 % in PN / wenig Kontakte: 46 % in AN, 49,2% in PN / viele Kontakte: 51,9
% in AN, 49,2% in PN). Auch bezüglich der benannten Qualität dieser Beziehungen / Kontakte fand sich kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsbereichen. So beschrieben 74 % der Patienten im Bereich AN und 71 % im Bereich
PN ihre Beziehungen zu Freunden und Bekannten qualitativ als unterstützend, 27
% bzw. 29 % als neutral und nur 2,8 % im Bereich AN gegenüber niemandem i m
Bereich PN als belastend.
Im weiteren Verlauf kam es offenbar bei allen Patienten zu einer kontinuierlichen
Abnahme der sozialen Kontakte zu Freunden und Bekannten. Diese Entwicklung
wies keine signifikanten Unterschiede auf, aber sowohl bei Katamnese I als
auch bei Katamnese II gab es offenbar im Bereich PN einen etwas größeren Anteil von Patienten, die – dem sonstigen Trend entgegenstehend - eine Zunahme
ihrer Kontakte im Verlauf benannten; bei Katamnese I 7,1% in PN gegenüber
3,9% in AN, bei Katamnese II 13,3% in PN gegenüber 7,7% in AN. Bei Katamnese I gaben 65,1% in AN und 64,3% in PN, bei Katamnese II 67,7% in AN und 62%
in PN die Zahl als unverändert bzw. bei Katamnese I 31,0% in AN gegenüber
86
28,6% im Bereich PN und bei Katamnese II 24,6% in AN und 24,4% in PN als verringert an.
Berufliche Kontakte
Bezüglich der Zahl der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz gaben bei Aufnahme
6,8% der Patienten in AN, in PN sogar 15,2% keine, 44,3% in AN und 36% in PN
wenige und 48,9% in AN gegenüber 48,5% in PN als häufig an. Die Qualität der
Beziehungen am Arbeitsplatz wurde von 37,3% der Patienten in AN und 33,3% in
PN als „unterstützend“, von 54% in AN bzw. 53% in PN als „neutral“ und in 7,2% in
AN gegenüber 13.3% in PN als „belastend“ beschrieben. Somit stellt sich die soziale Situation an der Arbeitsstelle bei einem größeren Anteil der Patienten des
Bereichs PN als schwierig dar. (Dieser Unterschied zwischen den beiden Behandlungssettings ist jedoch nicht signifikant). Dieser Unterschied verstärkt sich
im weiteren Verlauf im Hinblick auf die Zahl der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz. So berichteten bei der Katamnese I im Bereich PN 46% gegenüber nur
13,3% in AN über eine weitere Abnahme der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz;
46% in PN gegenüber 84% in AN benannten die Zahl als unverändert und 6,7%
in PN bzw. 2,2% in AN geben eine Zunahme der Kontakte an. Dieser Unterschied
bei Katamnese I ist mit p=0,014 signifikant. Zwischen Katamnese I und II kam e s
im Bereich PN im Vergleich zu AN zu einer weiteren, stärkeren Abnahme der
Kontakte am Arbeitsplatz. (52,4% in PN bzw. nur 31% in AN benannten eine weitere Abnahme; 47% in PN bzw. 63,6% in AN keine Veränderung und nur im Bereich AN berichten 4,5% der Patienten über eine Zunahme der Kontakte.) Dieser
Unterschied ist nicht signifikant.
Der schlechteren psychosozialen Einbindung der Patienten in PN am Arbeitsplatz
entsprach auch der höhere Anteil von arbeitslosen Patienten in diesem Bereich
(vgl. 4.2.3.2) und weist in Richtung einer größeren psychosozialen Desintegration
- zumindest einer Untergruppe von Patienten im Bereich PN.
87
4.2.3.2 Sozialmedizinische Aspekte
Tabelle 15.: Sozialmedizinischer Status bei Aufnahme
Aufnahme
Katamnese I
% / (n)
% / (n)
Katamnese II
% / (n)
Rente (gesamt)
39,6 % / (96)
48,0 % / (86)
61,5 % / (107)
BU-Rente
3,7 % / (9)
2,8 % / (5)
3,5 % / (6)
EU-Rente
15,3 % / (37)
21,2 % / (38)
33,9 % / (59)
Altersrente
20,6 % / (50)
24,0 % / (43)
24,1 % / (42)
keine Rente
60,3 % / (146)
51,9 % / (93)
38,5 % / (67)
Arbeitsfähigkeit
19,8 % / (48)
32,4 % / (58)
31,6 % / (55)
In sozialmedizinischer Hinsicht waren bei Aufnahme 39,6 % der Patienten berentet, 15,3% davon bezogen eine EU-Rente, 20,6% waren altersberentet. Im
Katamneseverlauf kam es zu einer deutlichen Zunahme des Anteils berenteter
Patienten auf 61,5%, insbesondere des Anteils EU-berenteter Patienten auf
33,9%. Der Anteil der Altersrentner nahm erwartungsgemäß nur minimal zu. Dem
steht auf der anderen Seite ein deutliche Zunahme (wieder) arbeitsfähiger Patienten gegenüber. So stieg der Anteil arbeitsfähiger Patienten von initial 19,8%
nach der stationären Behandlung auf 32,4% bei Katamnese I bzw. 31,6% bei
Katamnese II.
Von den 98 bei Aufnahme weder berenteten noch arbeitsfähigen Patienten nahmen bis zur Katamnese I 21, bis zur Katamnese II 25 Patienten an einer gestuften Wiedereingliederung teil, die bis zur Katamnese I 18, bis zur Katamnese II 21
Patienten bereits erfolgreich abschließen konnten.
88
Alle Patienten, bei denen berufsfördernde Maßnahmen erfolgten, wurden i m
Verlauf wieder arbeitsfähig; bis zur Katamnese I zwei, bis zur Katamnese II insgesamt drei Patienten.
Vergleicht man die sozialmedizinischen Daten in den beiden Therapiebereichen
bei Aufnahme, so war im Bereich PN der Anteil altersberenteter Patienten mit
12,9% gegenüber 23,9% in AN etwas niedriger, der Anteil von bei Aufnahme arbeitsfähigen Patienten dagegen etwas höher (29,0% gegenüber 16,7%). Insgesamt fanden sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
Therapiebereichen bei Aufnahme.
Eine detaillierte, insbesondere auch statistische Vergleichsbetrachtung der beiden Therapiebereiche im Hinblick auf den sozialmedizinischen Verlauf ist auf
Grund des gegenüber der Gesamt-Studienpopulation (n=265) mit nur 146 Patienten (davon nur 41 in PN) deutlich kleineren Anteils von Patienten, bei denen bei
Aufnahme die sozialmedizinische Frage formal noch offen war, und der unterschiedlichen Größe und Inhomogenität der beiden Untergruppen leider nicht
sinnvoll möglich. Hinzu kommt noch eine weitere Reduktion der für diese Auswertung einbeziehbaren Patienten durch die Tatsache, daß nicht alle Patienten
mit noch offener sozialmedizinischer Frage im Rahmen der Katamnese II erfaßt
werden konnten. Trotz der für repräsentative Aussagen bei getrennter Betrachtung der beiden Therapiebereiche zu kleinen Beobachtungseinheit von Patienten
mit noch offener sozialmedizinischer Fragestellung verweisen die tendenziellen
Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen doch möglicherweise auf
Aspekte von praktischer rehabilitationsmedizinischer Relevanz.
Im weiteren Verlauf bis zur Katamnese II kam es in beiden Behandlungssettings
zu einer deutlichen Zunahme der berenteten Patienten, im Bereich AN auf 61,5%,
in PN auf 64%. Auch der Anteil EU-berenteter Patienten stieg in AN von 15% auf
31,9%, in PN von 16,1% auf 40,5%. Im Bereich AN kam es im Katamnesezeitraum von 12 Monaten zu einer erfreulichen Zunahme des Anteils (wieder) arbeitsfähiger Patienten von 16,7% bei Entlassung auf 31,9% bei Katamnese II.
Leider fand sich im Bereich PN keine entsprechende Zunahme des Anteils ar-
89
beitsfähiger Patienten. Hier blieb der prozentuale Anteil in etwa gleich (29,0% bei
Aufnahme, 28,6% bei Katamnese II).
Bei der Analyse möglicher Ursachen für diesen – tendenziellen - Unterschied ist
als ein wesentlicher Faktor ein deutlich höherer Chronifizierungsgrad der bei Aufnahme noch nicht berenteten Patienten im Bereich PN gegenüber AN feststellen.
So lag der Anteil von AHB-Behandlungen in AN bei den zum Aufnahmezeitpunkt
noch nicht berenteten Patienten bei 35,2%, bei den zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähigen Patienten in AN bei 34,9%. In PN befand sich weder unter den noch
nicht berenteten, noch unter den arbeitsunfähigen Patienten ein AHB-Fall. Der
Anteil von Patienten in regulären Heilverfahren lag umgekehrt mit 88,9% in PN
gegenüber 62,3% in AN deutlich höher. Dies spricht gerade im Hinblick auf diese
bei Aufnahme noch nicht berenteten, aber arbeitsunfähigen Patienten, bei denen
von einer relevanten sozialmedizinischen Fragestellung auszugehen ist, für einen
deutlich höheren Chronifizierungsgrad der Patienten in PN, während in AN ein
großer Teil dieser Patienten offenbar bereits unmittelbar nach Auftreten der Akuterkrankung, eben im Rahmen einer AHB aufgenommen wurde.
Betrachtet man die 27 Patienten, die im Verlauf des Katamnese II-Zeitraums von
einer Arbeitsunfähigkeit bei Entlassung wieder in die Arbeitsfähigkeit zurückgefunden haben genauer, bestätigt sich dieser Aspekt der frischeren Erkrankungsfälle im Bereich AN. Von den 25 Patienten aus AN waren 11 im Rahmen einer
AHB da; von den 2 Patienten im Bereich PN niemand.
Liegt 1 Jahr nach dem Auftreten einer Erkrankung noch Arbeitsunfähigkeit vor und
der Patient ist noch nicht berentet worden, muß von einer deutlichen Chronifizierung ausgegangen werden. Vergleicht man vor diesem Hintergrund die Anteile
der bei Aufnahme noch nicht berenteten Patienten in den beiden Bereichen, s o
bestätigt sich die Einschätzung eines wesentlich höheren Chronifizierungsgrads
in PN gegenüber AN. In AN lag der Insult bei 62,9% (66 von 105) der noch nicht
berenteten Patienten weniger als ein Jahr zurück; im Bereich PN dagegen bei nur
25,6% (10 von 39), d.h. bei 74,4% der Patienten in PN lag bereits eine Chronifizierung im genannten Sinn vor (gegenüber 37 % in AN).
Als weiteren Indikator für eine vermutlich bestehende Chronifizierung haben wir
ergänzend den Anteil von Patienten in den beiden Therapiebereichen verglichen,
der bei Aufnahme zwar noch keine Rente hatte, bei dem aber ein Rentenwunsch
90
bestand. Die Tabelle 16 gibt für den Aufnahme- und Katamnese I-Zeitpunkt die
Verteilung von Patienten mit Rentenanliegen in den beiden Bereichen wieder.
Dabei zeichnet sich bereits zum Aufnahmezeitpunkt ein höherer Anteil „rentenbegehrender“ Patienten in PN mit 22,0% gegenüber 18,1% in AN ab. Auch fanden
sich in PN anteilsmäßig mehr Patienten, die einen Rentenantrag planten bzw. bei
denen ein Rentenantrag bereits abgelehnt worden war. Bei der Katamnese I fand
sich ein noch deutlicherer diesbezüglicher Unterschied zwischen den Patienten
in den beiden Therapiebereichen. So lag zu diesem Zeitpunkt bei 46,2 % der Patienten in PN ein offenes Rentenanliegen vor - gegenüber bei nur 19,4 % in AN.
(Dabei ist jedoch neben einer Wertung dieses Befundes im Sinne eines höheren
Chronifizierungsgrades auch zu bedenken, daß der höhere Anteil von Patienten
in PN, die in der Berentung ihre Perspektive sehen, auch Ausdruck einer tatsächlich ausgeprägteren gesundheitlichen Beeinträchtigung, zumal im Sinne einer
depressiv verfälschten Wahrnehmung der eigenen Situation respektive der Perspektiven sein könnte.)
Tabelle 16: Rentenanliegen/-wunsch bei Patienten ohne Rente bei Aufnahme
Aufnahme
Katamnese 1
Rentenanliegen
AN
PN
AN
PN
(n=105)
(n=41)
(n=67)
(n=26)
% / (n)
% / (n)
% / (n)
% / (n)
Kein offener Renten81,9% / (86)
78,0% / (32)
80,6% / (54)
53,8% / (14)
wunsch
offener Rentenwunsch 18,1% / (19)
22,0% / (9)
19,4% / (13)
46,2% / (12)
Rentenantrag geplant 5,7% / (6)
9,8% / (4)
4,5% / (3)
7,8% / (2)
Rentenantrag gestellt 10,5% / (11)
7,3% / (3)
13,4% / (9)
23,1% / (6)
Rentenantrag abge1,9% / (2)
4,9% / (2)
1,5% / (1)
7,8% / (2)
lehnt
Widerspruchsverfahren 7,8% (2)
Als ein weiterer möglicher Chronifizierungsfaktor wurde auch das Vorliegen von
Arbeitslosigkeit bei allen Patienten erfaßt. Vergleicht man die bei Aufnahme noch
nicht berenteten Patienten in den beiden Therapiebereichen, so zeigt sich in AN
mit 11,4 % (12 von 105) gegenüber 22% (9 von 41) in PN ein fast doppelt so großer Arbeitslosenanteil im Bereich AN. (Zu vermuten ist, daß die Arbeitslosigkeit
sich ihrerseits wiederum verstärkend auf die depressive Symptomatik und das
Risiko, weiter arbeitsunfähig zu bleiben, auswirkt.)
91
4 .2 .4 W e ite r e a na m ne s tis c he Da te n
Vorbehandlung wegen psychischer Störungen
Entsprechend der klinischen Schwerpunktsetzung fand sich erwartungsgemäß
im Bereich PN ein signifikant höherer Anteil von Patienten mit einer Vorbehandlung wegen psychischer Störungen (p<0.000) – so wurden 53,3% der Patienten
im Bereich PN gegenüber nur 19,5% der Patienten im Bereich AN bereits wegen
psychischer Störungen vorbehandelt.
Tabelle 17.: Vorbehandlung wegen psychischen Störungen
Therapiebereiche
Vorbehandlung wg. psych. StörunAN
PN
Gesamt
gen
%
%
(n)
(n)
Vorbehandlung wg. psych. Störun19,5%
53,3%
28,2%
gen
(34)
(32)
(66)
Keine Vorbehandlung wg. psych.
80,5%
46,7%
71,8%
Störungen
(140)
(28)
(168)
Sign.
p<0,001
Schlafstörungen
Auch klagte bei Aufnahme ein mit 64,4% signifikant höherer Teil der Patienten in
PN gegenüber nur 47,7% in AN über Schlafstörungen (p=0,026). Dabei litten insgesamt 22,7% unter Einschlaf-, 75,6% unter Durchschlafstörungen. Bei 1,6% lag
eine kombinierte Schlafstörung vor. Im Bereich PN lag der Anteil der Durchschlafstörungen (86,8% versus 70,4%), in AN der Anteil mit Einschlafstörungen
etwas, aber nicht signifikant höher(27,2% versus 13,2%).
Sexualität
Bei Aufnahme in die Klinik beklagten 38,7% aller Patienten Störungen der Sexualität, die bei 70,5% erst nach dem Schlaganfall aufgetreten sind. Betrachtet man
Männer und Frauen getrennt, so ergibt sich kein wesentlicher Unterschied in der
Häufigkeit sexueller Funktionsstörungen. So bejahten 40 % der Männer bzw.
37,1% der Frauen diese Frage.
92
Bei Aufnahme benannte ein signifikant höherer Anteil von Patienten in PN Störungen im Bereich der Sexualität, und zwar 51,9% gegenüber 34,0% in AN.
(p=0,021). Bei 70,0% (AN) bzw. 71,4% (PN) kam es erst nach dem Schlaganfall
zum Auftreten der Störungen in diesem Bereich. (Vermutlich erklärt sich der höherer Anteil von Sexualstörungen in PN zum einen durch die sekundären negativen
Auswirkungen sowohl von Depressivität als auch der Psychopharmaka, andererseits ist zu vermuten, das umgekehrt auch sexuelle Funktionsstörungen ihrerseits negative Auswirkungen auf die Stimmung haben dürften. Denkbar wäre
auch – parallel zum höheren Anteil Verdeckter Depressiver Störungen im Bereich
AN - eine höhere „Dunkelziffer“ bzw. Verleugnung diesbezüglicher Einschränkungen bei diesen Patienten.)
Bei der telephonisch erhobenen Katamnese I fiel es den Patienten offenbar sehr
viel schwerer als im persönlichen Kontakt, die Frage nach Störungen der Sexualität offen zu bejahen. So halbierte sich der Anteil der Patienten, die diesbezügliche Störungen benennen, in beiden Bereichen in etwa: in AN auf 16,4%, in PN
auf 25,0%.
Zum Zeitpunkt der Katamnese II zeigte sich bei den Patienten des Bereichs AN
gegenüber der Aufnahme eine leichte, nicht signifikante Zunahme des Anteils
von Patienten mit Störungen der Sexualität von 34,0% auf 38,5%, während es bei
den Patienten aus dem Bereich PN in etwa zu einer signifikanten Abnahme von
51,9% auf 26,1% kommt (p<0,001). Vermutlich führt die intensivere Gelegenheit
zum (psychotherapeutischen) Gespräch im Rahmen der intensivierten Behandlung in PN zu einer erfreulichen Verbesserung der Sexualstörungen.
Anfälle
Bei Aufnahme klagten 56,0% der Patienten über Anfälle. Dabei handelte es sich
bei 83,9% um Schwindelanfälle, bei 12,6% um epileptische und bei 3,6% u m
sonstige Anfälle. Vergleicht man die beiden Behandlungssettings, so findet sich
zwar kein signifikanter Unterschied zwischen den Bereichen, es fällt jedoch mit
94,4% in PN gegenüber 78,9% in AN ein höherer Anteil vermutlich zumindest z.T.
psychisch bedingter Schwindelanfälle auf (z.B. im Sinne von somatisierter Angst /
93
phobischem Schwankschwindel), während in AN mit 15,8% gegenüber 5,6% in
PN der Anteil epileptischer Anfälle in AN größer ist.
Sensible Reizsymptome
Bei Aufnahme klagte im Bereich AN ein mit p=0,022 signifikant höherer Anteil von
Patienten über sensible Reizsymptome (32,9%) als im Bereich PN (25,0%). Dies
könnte möglicherweise ein indirekter Hinweis auf einen höheren Anteil „verdeckter“ sprich somatisierter depressiver/psychischer Störungen in AN sein.
Im Verlauf der stationären Behandlung kam es bei 9,0% zu einer diesbezüglichen
Verbesserung, bei 0,5% zu einer Verschlechterung. Bei Katamnese II benannten
1,1% eine Verbesserung, 4,0% eine Verschlechterung bezüglich der sensiblen
Reizsymptome. Dabei fand sich bezüglich der Veränderungen im Verlauf kein
signifikanter Unterschied zwischen AN und PN.
Schmerzproblematik
Bei Aufnahme klagten immerhin 52,5% der Patienten über chronische bzw. chronisch-rezidivierende Schmerzen im Sinne einer Schmerzproblematik. Diesbezüglich fand sich kein belangvoller Unterschied zwischen den beiden Behandlungsbereichen (51,7% in AN, 55,0% in PN).
Tabelle 18: Schmerzproblematik
Therapiebereiche
Schmerzen
AN
PN
Gesamt
%
%
%
(n)
(n)
(n)
ja
51,7%
55%
52,5%
(91)
(33)
(124)
nein
48,3%
45%
47,5%
(85)
(27)
(112)
Sign.
p=0,659
(n.s.)
Belastbarkeit
Befragt nach einer subjektiven diesbezüglichen Einschätzung, beklagte ein sehr
hoher Anteil der untersuchten Patienten eine Belastbarkeitsminderung. Bei Ka-
94
tamnese I benannten 85,7 % insgesamt, davon 48% eine leichte, 37,7% sogar
eine starke Einschränkung ihrer Belastbarkeit. Bei Katamnese II beklagten insgesamt 85,0% - 37,2% eine leichte, 47,8% eine starke – Belastbarkeitminderung.
Zwischen den Patientengruppen der beiden unterschiedlichen Behandlungssettings ergab sich an allen Zeitpunkten diesbezüglich kein (signifikanter) Unterschied. Bei einer retrograden Selbsteinschätzung ihrer Belastbarkeit war der Anteil von Patienten, die eine solche (jeweils bezogen auf einen Zeitpunkt 6 Monate
vorher) beklagte, in beiden Behandlungssettings und an beiden Katamnesezeitpunkten jeweils noch höher. So gaben 6 Monate nach der stationären Behandlung 94,3% an, 6 Monate vorher an einer Belastbarkeitminderung (54,3% leicht,
40,0% stark) gelitten zu haben. Bei Katamnese II (nach 12 Monaten) benannten
rückblickend im Bezug auf den Katamnese I-Zeitpunkt 90,0% eine Belastbarkeitminderung (43,9% stark, 46,1 % leicht). Auch bei diesen retrograden Selbsteinschätzungen der Belastbarkeit fand sich kein Unterschied zwischen den Patienten aus AN und PN.
Zum Katamnesezeitpunkt I schätzten 24,3% der Patienten ihre Belastbarkeit als
gegenüber der stationären Behandlung 6 Monate früher als verbessert, 22,0%
als verschlechtert und 53,8% als unverändert ein. Zu diesem Zeitpunkt findet sich
kein Unterschied zwischen PN und AN. Bei Katamnese II berichteten 35,6% über
eine Verbesserung, 21,1% über eine Verschlechterung und 43,3% über keine
Änderung ihrer Belastbarkeit. Zu diesem Zeitpunkt fällt ein höherer Anteil von Patienten in AN auf, die über eine Verbesserung berichten (39,9% gegenüber 23,9%
in PN) bei etwa gleichem Anteil mit einer Verschlechterung (21,6% in AN gegenüber 19,6% in PN).
Mobilität und Haushaltsführung
Bezüglich der Mobilität und der Fähigkeit zur Haushaltsführung der Patienten bei
Aufnahme fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
Behandlungsgruppen, auch wenn die Patienten in PN sowohl im Hinblick auf ihre
Mobilität als auch die Fähigkeit zur Haushaltsführung jeweils gegenüber AN –
allerdings nur geringfügig – weniger beeinträchtigt waren. Erfaßt wurden die Fä95
higkeit, Fahrrad bzw. Auto zu fahren, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, Ausflüge zu unternehmen, die tägliche Hausarbeit, Einkäufe zu erledigen, und die
Fähigkeit, mit Geld umzugehen. Im Verlauf der Katamneseerhebungen kam es in
beiden Gruppen zu einer minimalen, jedoch nicht zu einer durchgreifenden bzw.
signifikanten Verbesserung dieser Parameter.
Behandlung nach dem stationären Aufenthalt wegen psychischer Störungen
Bei Katamnese I bejahten 64,3% der Patienten aus PN und nur 36,6% aus AN
die Frage, ob in den letzten 6 Monaten eine Behandlung wegen psychischen Beschwerden erfolgt sei. Bei Katamnese II berichteten 54,5% aus PN gegenüber
nur 24,0% aus AN über eine seit der letzten Katamnese erfolgte Behandlung in
psychischer Hinsicht. Dieser Unterschied mit jeweils deutlich höherem Anteil von
Patienten in Behandlung wegen psychischer Störungen ist mit p=0,002 bzw.
p<0,001 hochsignifikant. Dabei befand sich keiner der katamnestisch untersuchten Patienten während des Beobachtungszeitraums von 12 Monaten in einer
stationären psychiatrischen oder psychosomatischen Behandlung.
Bei der erfolgten ambulanten Behandlung wegen psychischer Störungen handelte es sich bei den meisten Patienten um eine nervenärztliche bzw. neurologisch-psychiatrische Behandlung. Bei Katamnese I gaben 32,8% in AN und
52,4% in PN, bei Katamnese II 23,0% in AN und 45,5% in PN an, zwischenzeitlich
in einer solchen Behandlung gewesen zu sein. Auch hier fand sich ein signifikant
größerer Anteil der Patienten aus PN in einer solchen Behandlung(K I: p<0,001
bzw. K II: p=0,004). Auch begab sich ein höherer Anteil der Patienten aus PN darüber hinaus in ambulante psychotherapeutische Behandlung. So waren bis zur
Katamnese I 28,6% aus PN gegenüber nur 6,1% aus AN in psychotherapeutischer Behandlung (p<0,001); bei Katamnese II waren es 15,9% der Patienten
aus PN gegenüber 7,4% aus AN (p=0,095).
Insgesamt nutzten somit offenbar mehr Patienten aus dem Bereich Psychotherapeutische Neurologie (PN) nach der Entlassung auch ambulant noch Behandlungsangebote im Hinblick auf psychische Störungen. (Dieser Unterschied dürfte
einerseits damit zusammenhängen, daß in PN das Ausmaß der psychischen
96
Störungen und damit der diesbezügliche Behandlungsbedarf größer waren als in
AN. Darüber hinaus zeigten die Patienten nach der stationären Behandlung in PN
aber offenbar zusätzlich auch eine größere Aufgeschlossenheit bzw. Therapiemotivation für psychipsychischer/psychotherapeutischer Behandlungsangebote.
(Vgl. auch die FMP-Ergebnisse, Kapitel 4.2.8.2)
In beiden Behandlungsgruppen nahm offenbar im ersten halben Jahr nach der
stationären Behandlung ein höherer Anteil von Patienten Behandlungsangebote
wegen psychischer Störungen wahr als im zweiten Halbjahr nach der stationären
Behandlung. (Diesbezüglich sind sowohl eine Besserung der psychischen Symptomatik im Verlauf als auch eine nachlassende Therapiemotivation denkbare
Erklärungen.)
Behandlung funktioneller Einschränkungen nach dem stationären Aufenthalt
Entsprechend der im Bereich AN ausgeprägteren neurologischen Ausfälle wurde
auch ein höherer Anteil dieser Patientengruppe nach der Entlassung aus der
stationären Behandlung ambulant zielgerichtet weiter betreut. So erhielten 66,4%
aus AN und nur 38,1% aus PN in dem Zeitraum bis zur Katamnese I, 51,1% aus
AN gegenüber 31,8% aus PN in der Zeit zwischen Katamnese I und II ambulante
Krankengymnastik. Dieser Unterschied zwischen den Behandlungssettings ist
mit p=0,001 bzw. p=0,026 signifikant. Eine logopädische ambulante Behandlung
erhielten ausschließlich Patienten aus AN, und zwar 6,9% in der Zeit bis Katamnese I bzw. 8,9% bis zur Katamnese II. Bezüglich anderweitiger ambulanter Behandlungen (Ergotherapie, Massagen und neuropsychologischem Training) fand
sich kein Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen.
Retrograde Einschätzung der Rehabilitationsmaßnahme
Bei einer retrograden Einschätzung gaben nach 6 Monaten (Katamnese I) 92,5%
der Patienten (93,9% in AN, 88,1% in PN), nach 12 Monaten (Katamnese II)
94,4% (95,6% in AN, 90,9% in PN) der Patienten an, von der stationären Behandlung in den Kliniken Schmieder profitiert zu haben.
97
Einschätzung der Stimmungslage im Verlauf
Bei einer orientierenden Einschätzung der Stimmungslage im Verlauf gaben bei
Katamnese I 33,1% eine Verbesserung, 31,4% eine Verschlechterung und 35%
keine Veränderung der Stimmungslage seit dem stationären Aufenthalt an. Bei
einem Vergleich der beiden Behandlungssettings zeigt sich mit 41,9% in PN gegenüber 30,3% in An ein höherer Patientenanteil mit einer Stimmungsverbesserung und mit 25,6% in PN gegenüber 33,3% in AN ein niedrigerer Anteil mit einer
Verschlechterung der Stimmung. Bei der Katamnese II berichten 49,4% über eine
Verbesserung, 22,8% über eine Verschlechterung und 27,8 % über eine unveränderte Stimmungssituation. Auch zu diesem Zeitpunkt ist im Bereich PN der
Anteil mit einer Verbesserung mit 58,7% gegenüber 46,3% in AN etwas höher,
der Anteil mit einer Verschlechterung mit 15,2% in PN etwas niedriger als in AN
von 25,4%. Diese Unterschiede zwischen den Behandlungssettings sind jedoch
nicht signifikant.
98
4 .2 .5 Ne ur ops yc hologis c he Be funde
Bezüglich der neuropsychologischen TAP-Befunde entsprechend der „Minimalen
Testbatterie“ lagen in beiden Therapiebereichen an allen Untersuchungstagen
die in Tabelle 19 zusammengefaßten Reaktionszeiten (Medianwerte) und deren
Streuung (Standardabweichungen) für die drei eingesetzten Untertests z.T. deutlich über der Norm (T-50-Werte nach Zimmermann et al. 1993). Auch im Vergleich zu Schlaganfallpatienten ohne depressive Störungen wiesen die Studienpatienten in beiden Therapiebereichen so deutlich verzögerte Medianwerte und
insbesondere erhöhte Schwankungen der Reaktionszeiten (Standardabweichungen der Reaktionszeiten) auf, daß nach klinisch-neuropsychologischer Einschätzung die vergleichsweise minimalen Unterschiede zwischen den beiden
Therapiebereichen und den Erhebungszeitpunkten nicht überinterpretiert werden
sollten. Die jeweiligen Mittelwerte und T-50-Werte sind in der folgenden Tabelle
(19) zusammengefaßt.
Tabelle 19: TAP-Ergebnisse (ms) im Verlauf
Aufnahme
TAP
T-50AN
PN
Werte
Alertness
Median 226
327,2
356,4
SD
38,5
81,2
93,7
Go/Nogo
Median 528
633,5
643,0
SD
48
103,7*
122,4
geteilte
Median 613
750,7
748,9
AufmerkT-Wert
50
38,7
38,2
samkeit
SD
214
277,6*
245,8
Entlassung
AN
PN
AN
319,7
74,1
630,7
105,3
747,7
40,7
271,8
310,3
77,4
606,6
113,1
699,4
40,0*
240,5
380,1
102,7*
635,6
121,2
743,4
39,8
257,6
Katamnese II
PN
342,0
95,3
607,3
98,1
713,1
32,6
220,0
Vergleich AN / PN (t-Test) *: p<0,05
Bei der Auswertung der neuropsychologischen Testbefunde ergaben sich auch
für die weiteren durchgeführten Testuntersuchungen keine belangvollen bzw.
signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten in beiden Behandlungsgruppen. Demgenüber zeigten sich nach dem neuropsychologischen Rating der kognitiven Funktionen geringgradige, aber signifikante Unterschiede zwischen den
beiden Behandlungsgruppen. So sind in AN bei Aufnahme nach dem Rating die
Gedächtnisfunktionen mit P=0,009 signifikant besser (Mittelwert in AN: 4,4, in PN
3,7). Auch zum Entlassungszeitpunkt fand sich diesbezüglich ein signifikanter
Unterschied (p=0,004) zwischen den beiden Behandlungsgruppen mit ebenfalls
99
einem höheren Wert in AN (4,5) gegenüber PN (3,7). Zum Katamnesezeitpunkt II
waren diese Unterschiede nicht mehr signifikant.
Betrachtet man das Rating der Neuropsychologen bezüglich des Anteils der jeweils vorliegenden neuropsychologischen Einschränkungen bzw. Auffälligkeiten,
welcher als psychisch bedingt eingeschätzt wird (in Unterschied zu einem evtl.
hirnorganisch bedingten Störungsanteil), so fand sich zu allen Untersuchungszeitpunkten ein durchgängig höherer Mittelwert des geschätzten psychischen
Anteils an den neuropsychologischen Einschränkungen im Bereich PN gegenüber AN. In Tabelle 20 sind die jeweiligen Mittelwerte des geschätzten psychischen Anteils in Prozent zusammengefaßt. Dieser Unterschied zwischen den
beiden Behandlungssettings ist an allen Zeitpunkten signifikant. (Hierbei ist jedoch einschränkend zu bedenken, daß den jeweiligen Neuropsychologen angesichts der klinischen Routineabläufe der Therapiebereich der Patienten bekannt
war.)
Tabelle 20: Psychisch bedingter Anteil der neuropsychologischen Auffälligkeiten (Neuropsychologisches Rating) im Verlauf
Psychisch bedingter Anteil der neuropsychologischen Auffälligkeiten in %
M
SD
(n)
p-Wert
Aufnahme
AN
PN
15,6
22,5
19,2
23,7
152
52
0,062
Entlassung
AN
PN
15,1
27,2
19,3
24,4
123
36
0,009
Katamnese II AN
PN
9,66
17,1
14,0
16,1
90
21
0,060
Bezüglich der weiteren Beurteilungskategorien des Ratings ergaben sich dagegen an keinem Untersuchungszeitpunkt signifikante Unterschiede zwischen den
Behandlungssettings.
100
Erfassung des hirnorganischen Anteils der diagnostizierten Depressiven Störungen
Im Hinblick auf die Frage nach dem Vorliegen eines belangvollen hirnorganischen Störungsanteils wurden in Abstimmung mit den Neuropsychologen unter
Einbeziehung des neuropsychologischen Ratings folgende Kriterien für eine orientierende Einschätzung erarbeitet. Als richtungsweisend für das Vorliegen eines
hirnorganischen Schädigungsanteils wurde ein Wert von £3 (Skala von 1-9 entsprechend eines Stanine-Wertes) in mindestens einem der erfaßten Teilaspekte
der mental-kognitiven Leistungsbewertung definiert. In Tabelle 21 sind die sich
so ergebenden Prozentsätze von Patienten mit bzw. ohne belangvolle hirnorganische Beeinträchtigung zusammengefaßt.
Tabelle 21: Leistungsbewertung
Leistungsbewertung
AN
%
(n)
ohne
24,4%
mental-kognitive
(33)
Beeinträchtigung
mit
75,6%
mental-kognitive
(102)
Beeinträchtigung
(Chi-Quadrat-Test:nicht signifikant.)
PN
%
(n)
23,9%
(11)
Gesamt
%
(n)
24,3%
(44)
76,1%
(35)
75,7%
(137)
Demnach ergeben sich für etwa 75 % in allen Therapiebereichen (ohne signifikanten Unterschied zwischen AN und PN) Hinweise auf eine relevante hirnorganische Beeinträchtigung.
Vor dem Hintergrund der klinischen Erfahrung und entsprechenden Berichten in
der Literatur (mit neuropsychologischen Defiziten in unter 20% (Reynolds et al.,
1988, O`Boyle et al., 1990) bis zu 70 % der untersuchten Patienten mit Depression (Abas et al. 1990), daß – gerade beim Vorliegen Depressiver Störungen - nicht
selten auch deutliche psychisch bedingte Einschränkungen der mentalkognitiven Leistungsfähigkeit vorliegen können, haben wir versucht, zur Eingrenzung der tatsächlich wesentlich hirnorganisch bedingten Auffälligkeiten zusätzlich
als weiteres Kriterium mit einzubeziehen, inwieweit eine Bedingtheit durch psychische Störungsanteile vorliegt. Diesbezüglich wurden zwei verschiedene
Grenzwerte (£20% und £50%) bei der ergänzend erfolgten „Schätzung des psy-
101
chischen Anteils an den erfaßten neuropsychologischen Einschränkungen“ betrachtet. Bezieht man diejenigen Patienten mit einem Staninewert £3 in der Leistungsbewertung und einem Psychischen Anteil von maximal 50 % ein, so ergibt
sich ein Gesamtprozentsatz von Patienten mit „hirnorganischer Beeinträchtigung“
von 64,8%; setzt man die Grenze bei £20 %, so ergibt sich ein entsprechend kleinerer Prozentsatz von Patienten mit „hirnorganischer Beeinträchtigung“ von insgesamt 53,7%. Das Ergebnis dieser Abschätzung mit der strenger gesetzten
Grenze von (£20%) ist in der folgenden Tabelle 22 wiedergegeben:
Tabelle 22: Leistungsbewertung und %-Schätzung des psychischen Anteils
Leistungsbewertung
AN
PN
Gesamt
und %-Schätzung des
%
%
%
psychischen Anteils £
(n)
(n)
(n)
20%
ohne
41,2%
60,9%
46,3%
hirnorganische Beeinträch(54)
(28)
(82)
tigung
mit
58,8%
39,1%
53,7%
hirnorganischer Beeinträch(77)
(18)
(95)
tigung
Chi-Quadrattest: p=0,026
Erwartungsgemäß ergibt sich bei Ausschluß der Patienten mit einer anzunehmenden belangvollen psychisch bedingten Komponente ihrer mental-kognitiven
Leistungseinschränkungen ein insgesamt kleinerer Prozentsatz von Patienten
mit „hirnorganischem Anteil der Beeinträchtigung“ von 39,1% in PN gegenüber
58,8% in AN. Dieser Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen ist
signifikant (vgl. jedoch 6.6.2).
Diese Ergebnisse können aber nicht mehr als orientierende Hinweise liefern, die
Differenzierung funktionell psychischer und hirnorganischer Beeinträchtigungen
mental-kognitiver Funktionen bleibt nach wie vor eine klinische wie wissenschaftliche Herausforderung.
Neuropsychologische Befunde im Verlauf:
Bezüglich der neuropsychologischen Ergebnisse ergaben sich
stationären Aufenthaltes signifikante
Verbesserungen
im
während des
allgemein-
neurologischen Bereich hinsichtlich des kurzzeitgen figuralen Gedächtnisses
(WMS-6 freie Reproduktion von Figuren) mit einem p<0,001; der exekutiven Funk102
tionen, erhoben mit dem LPS 3 (p=0,032) und dem Bilder ordnen (p<0,001); ebenso für die visuell-räumlichen Funktionen (p<0,001). Hinsichtlich der kurzfristigen Merkfähigkeit zeigte sich nur eine tendenzielle Verbesserung. Bei den erhobenen Aufmerksamkeitsleistungen (Alertness, selektive Aufmerksamkeit, geteilte
Aufmerksamkeit) ergaben sich keine signifikanten Verbesserungen.
Auch im weiteren Verlauf nach der Entlassung bis zur Katamnese II nach einem
Jahr fand sich in AN bezüglich des kurzzeitigen verbalen Gedächtnisses (RBMT,
freie Reproduktion einer Geschichte) mit p<0,001 eine weitere signifikante Verbesserung. Tendenzielle Verbesserungen zeigten sich zu diesem Erhebungszeitpunkt auch für die geteilte Aufmerksamkeit.
Auch im Bereich PN kam es zu Verbesserungen des neuropsychologischen Befundes im Verlauf des stationären Aufenthalte. Hier zeigten sich insbesondere
eine im Gegensatz zu AN hochsignifikante Verbesserung der kurzfristigen Merkfähigkeit (p=0,003), was darauf zurückzuführen sein könnte, daß sich die kognitiven Leistungen und die in diesem Bereich stärker ausgeprägten psychischen
Störungen gegenseitig beeinflussen und eine deutliche Verbesserung der psychischen Situation auch eine entsprechend parallele Verbesserung der kognitiven Leistungen zur Folge hat. Weitere signifikante Verbesserungen im Verlauf der
stationären Behandlung selber zeigen sich hinsichtlich des kurzzeitigen figuralen
Gedächtnisses (WMS-6, freie Reproduktion von Figuren) mit p<0,001, und der exekutiven Funktionen (Bilder ordnen) mit p=0,036. Auch bei den Patienten in PN
zeigten sich bei der katamnestischen Nachuntersuchung nach einem Jahr weiterhin Verbesserungen, die jedoch nicht signifikant waren.
Bei all diesen Ergebnissen ist zu beachten, daß die Patienten in beiden Therapiebereichen - entsprechend den naturalistischen Behandlungsbedingungen –
u.a. eine neuropsychologische Übungsbehandlung erhielten.
Bezüglich einer differenzierteren Auswertung der neuropsychologischen Befunde
im Verlauf sowie die Zusammenhänge mit der Ausprägung der jeweiligen psychischen Symptomatik wird auf eine im Rahmen des Projektes durchgeführte, aber noch nicht abgeschlossene Doktorarbeit (von J. Bösch) verwiesen.
103
4 .2 .6 Kr a nk he its ve r a be itung
4.2.6.1 Forcierte Bewältigungshaltung
Bezüglich des Vorliegens einer forcierten Bewältigungshaltung findet sich ein
höhere Anteil von Patienten im Allgemeinneurologischen Bereich (AN) an allen
Untersuchungszeitpunkten (Aufnahme: AN – 48,9% gegenüber PN – 39%, Entlassung: AN 43%, PN 37,3%; Katamnese II – AN 44,4 %, PN – 26,7 % ). Dieser
Unterschied ist mit p=0,05 bei Katamnese II auch signifikant.
Tabelle 23: Forcierten Bewältigungshaltung in AN und PN
Forcierte
AN
PN
Bewältigungshaltung
%
%
(FB)
(n)
(n)
Aufnahme
48,9%
39%
(86)
(23)
Entlassung
Katamnese II
43%
(65)
37,3%
(22)
44,4%*
(55)
26,7%
(12)
* p=0,05 (t-Test für unabhängige Stichproben)
4.2.6.2 Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV)
Der im Rahmen dieser Studie eingesetzte FKV-102 unterscheidet zwischen 12
Krankheitsverarbeitungsstrategien, die durch 4 bis 16 Einzel-Items bestimmt
werden. Die Skalierung der Einzel-Items erfolgt über eine fünfstellige Likert-Skale
(vgl. 3.4.2.8). Tabelle 24 faßt die Mittelwerte für die jeweiligen Skalen in den beiden Bereichen zusammen. Dabei finden sich bei Aufnahme keine belangvollen
bzw. signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungssettings. Lediglich bezüglich der depressiven Verarbeitung findet sich ein nicht signifikant
höherer Mittelwert in PN (47,2 gegenüber 44,2 in AN) sowie in PN ein mit 18,0
gegenüber 12,5 höherer Anteil der Bewältigungsstrategie „regressive Tendenzen“.
104
Tabelle 24: Krankheitsverarbeitungsstrategien
Aufnahme
FKV 1
Problemanalyse
und Lösungsverhalten
FKV 2
Depressive
Verarbeitung
FKV 3
Hedonismus
FKV 4
Religiösität und
Sinnsuche
FKV 5
Mißtrauen und
Pessimismus
FKV 6
Kognitive Vermeidung und
Dissimulation
FKV 7
Ablenkung und
Selbstaufwertung
FKV 8
Gefühlskontrolle
und sozialer Rückzug
FKV 9
Regressive Tendenzen
FKV 10
Relativierung durch
Vergleich
FKV 11
Compliance Srategien und Arztvertrauen
FKV 12
Selbstermutigung
**: p<.001; *: p<.05
Entlassung
Katamnese II
AN
(n=162)
41,9
PN
(n=68)
43,0
AN
(n=112)
41,7
PN
(n=35)
43,1
AN
(n=83)
42,4
PN
(n=20)
43,1
44,2
47,2
43,5**
50,8
42,0
47,8
34,1
36,1
34,1
34,7
34,4
34,5
18,3
19,1
18,4
22,4
18,6
20,7
19,5
18,9
18,7
20,1
19,2
18,1
23,6
23,5
23,5
23,3
22,5
21,9
19,9
20,7
20,9
20,9
20,8
19,9
19,3
20,4
19,6
20,3
18,9
18,4
12,5
18,0
12,6
13,4
12,7
13,1
14,4
13,9
14,2*
12,7
14,6
13,3
16,8
17,0
16,5
16,4
15,8
16,6
18,4
18,4
18,0
16,7
18,2
17,0
Im Verlauf kam es zu keinen wesentlichen Veränderungen der eingesetzten Bewältigungsstrategien mit Ausnahme einer Abnahme des Anteils regressiver Tendenzen im Bereich PN von 18,0 auf 13,1. Demgegenüber blieb der Mittelwert für
„regressive Tendenzen“ im Bereich AN konstant. Zum Katamnese I-Zeitpunkt ergaben sich leichte Gruppenunterschiede mit einer weiterhin im Mittelwert erhöhten Werten für „depressive Verarbeitung“ (FKV 2) von 50,8 in PN gegenüber 43,5
in AN (p=0,005), der „Religiosität und Sinnsuche“ (FKV 4) mit 22,4 in PN gegenüber 18,4 in AN (p=0,007) sowie für die Verarbeitungsstrategie „Relativierung
durch Vergleichen“ (FKV 10) mit 12,7 in PN gegenüber 14,2 als Mittelwert in AN
105
(p=0,018). Für die weiteren Verarbeitungsstrategien ergab sich auch zu diesem
Erhebungszeitraum kein belangvoller Unterschied. Auch zum Katamnese IIZeitpunkt fand sich ein höherer Anteil „depressiver Verarbeitung“ (FKV 2) in PN
(47,8 gegenüber 42,0 in AN), dieser Unterschied war jedoch zu diesem Zeitpunkt
nicht signifikant (p=0,084). Auch bezüglich der weiteren Krankheitsverarbeitungsstrategien ergab sich zu diesem Zeitpunkt kein signifikanter Unterschied.
4.2.6.3 Krankheits-Kontrollüberzeugungen (KKG)
Bezüglich der Krankheits-Kontrollüberzeugungen ergab sich ein überraschend
homogenes Bild mit großer Stabilität im Verlauf und etwa gleicher Ausprägung
der beiden Skalen „Internalität“ (KKG-I) und „schicksalsbezogene Externalität“
(KKG-C) in den beiden Therapiebereichen. Die Vorstellung, der eigene körperliche Zustand sei hauptsächlich durch das Handeln anderer bestimmt, wird in der
Skala der „Externalität bezogen auf andere Personen“ (KKG-P) erfaßt. Bezüglich
dieser Krankheitskontrollüberzeugung fanden sich an allen Untersuchungszeitpunkten im Bereich AN gegenüber PN etwas höhere Mittelwerte oberhalb des
Normwertes. Diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant.
Auch im Verlauf fand sich eine erstaunliche Stabilität der Mittelwerte des KKG
(vergleiche Tabelle 25).
Tabelle 25: Krankheitskontrollüberzeugung
KKG
Aufnahme
Katamnese I
AN
PN
AN
PN
Norm1
(n=164) (n=62)
(n=111) (n=35)
KKG-I
26,8
24,2
24,6
23,9
23,5
KKG-P
22,2
23,4
22,7
24,0
23,9
KKG-C
19,7
21,3
20,1
21,6
21,3
1
( vgl.Lohaus et al., 1989)
Katamnese II
AN
PN
(n=81)
(n=22)
24,4
24,4
23,3
22,4
21,0
20,9
Im Vergleich mit einer gesunden Kontrollgruppe (Normwerte in Tab. 25) fanden
sich für die Skala KKG-I (Internalität) leicht erniedrigte Werte in beiden Therapiebereich, die für das Erleben der Patienten spricht, ihre Erkrankung selber weniger
im Griff zu haben. Diesem Erleben eingeschränkter Kontrolle im Hinblick auf die
Krankheit entsprachen die höheren Mittelwerte für KKG-C als Maß für die „fatalistische Externalität“, d.h. einem Erleben des Krankheitsverlaufs als wesentlich
106
schicksalsbestimmt. (Dies überrascht nicht vor dem Hintergrund des in der Regel unerwarteten und plötzlichen Auftretens des Schlaganfallsymptomatik.)
4 .2 .7 Pe r s önlic hk e it
Im Hinblick auf das Vorliegen eines Typus melancholicus Tellenbach fand sich
an allen Untersuchungszeitpunkten ein höherer Anteil im Bereich PN (Aufnahme:
AN - 40,3%, PN - 50,8%; Entlassung: AN - 28,7%, PN – 50,8 %; Katamnese II: AN
– 26,6%, PN – 51,1 %). Dieser Unterschied war nur bei Entlassung mit p=0,004
signifikant.
Tabelle 26: Typus melancholicus in den Therapiebereichen (bei Aufnahme)
Therapiebereiche
AN
PN
Gesamt
%
%
%
(n)
(n)
(n)
Typus melancholicus
40,3%
50,8%
43%
(71)
(30)
(101)
Sign.
p=0,158
(n.s.)
4.2.7.1 FPI-A1
In Tabl. 27 sind für die einzelnen Skalen des FPI-A1 jeweils die Mittelwerte der
Patienten aus den beiden Therapiebereichen mit den Standardabweichungen
wiedergegeben. Vergleicht man das Persönlichkeitsprofil der Patientenpopulationen in beiden Therapiebereichen, so finden sich für folgende Skalen im Bereich
PN jeweils im Gruppenvergleich signifikant höhere Mittelwerte (p<0,05):
Nervosität (FPI-1), Depressivität (FPI-3), Gehemmtheit (FPI-8) sowie emotionale
Labilität (FPI-N).
Demgegenüber stehen im Bereich AN deutlich höhere Mittelwerte für folgende
Skalen: Geselligkeit (FPI-5) (P<0,05), reaktive Aggressivität/Dominanzstreben
(FPI-7) (P<0,005), Extraversion (FPI-E) (n.s.) sowie männliche/weibliche Selbstschilderung (FPI-M) (P<0,005).
107
Für folgende Skalen zeigte sich kein belangvoller Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen: spontane Aggressivität (FPI-2), Erregbarkeit (FPI-4), Gelassenheit (FPI-6) sowie Offenheit (FPI-9).
Tabelle 27: Persönlichkeitsprofil in den Therapiebereichen
FPI-A1 FPI-1
FPI-2
FPI-3
FPI-4
MW
SD MW
SD MW
SD MW
SD
AN
6,85* 3,87 2,74 1,87 6,02* 3,45 4,33 2,62
(n=164) *
*
PN
8,87 4,49 2,93 1,55 7,47 3,60 4,34 2,41
(n=63)
FPI-A1
FPI-7
FPI-8
MW
SD MW
AN
4,14* 2,02 4,37*
(n=164) *
*
PN
3,49 1,75 5,53
(n=63)
AN/PN-Unterschiede in t-Test
FPI-9
SD MW
2,48 7,79
2,69 7,49
FPI-5
FPI-6
MW
SD MW
SD
7,43* 3,23 4,99 2,22
6,46
3,45 4,46
FPI-E
FPI-M
SD MW
SD MW
SD
2,73 5,22 2,49 6,06* 2,44
*
2,94 4,84 2,60 4,52 2,69
2,45
FPI-N
MW
SD
5,31 3,03*
*
6,34 3,06
für unabhängige Stichproben signifikant *: p<0,05; **: p<0,005
In der Tabl. 28 werden die jeweiligen Mittelwerte den im Manual des „Freiburger
Persönlichkeitsinventars (FPI)“ nur separat für die beiden Geschlechter aufgeführten Normwerten gegenüber gestellt. Dabei zeigten sich gegenüber den angegebenen Normwerten für die Skalen Nervosität (FPI-1), Depressivität (FPI-3),
Gehemmtheit (FPI-8) jeweils für beide Geschlechter sowie für das Ausmaß der
emotionalen Labilität (FPI-N) in der Untergruppe der Frauen jeweils über der
Norm liegende Mittelwerte, nicht nur in der Gesamtpopulation sondern auch bei
getrennter Betrachtung der Mittelwerte für die Therapiebereiche. Demgegenüber
lagen die Mittelwerte sowohl der Gesamtpopulation als auch der Untergruppen
für AN und PN für folgende Skalen jeweils unterhalb der angegebenen Normwerten: Geselligkeit (FPI-5), Gelassenheit (FPI-6), reaktive Aggressivität/Dominanzstreben (FPI-7), Offenheit (FPI-9) sowie Extraversion (FPI-E). Bezüglich der spontanen Aggressivität lagen die Werte der Frauen unterhalb der Norm,
die der Männer entsprachen in etwa dem genannten Normwert; für die Skala Erregbarkeit (FPI-4) lagen die Mittelwerte für Frauen und Männer in etwa im Bereich
der Norm. Bezüglich der emotionalen Labilität (FPI-N) fand sich bei der Population der Frauen ein gegenüber der Norm erhöhter Wert, während die Männer gegenüber dem Normwert einen niedrigeren Mittelwert erreichten.
108
Somit wiesen die Patienten beiderlei Geschlechts in AN und PN mit Ausnahme
des Ausmaßes der Erregbarkeit (FPI-4) sowie bei den Frauen der emotionalen
Labilität (FPI-9) jeweils von den Normwerten leicht abweichende Testbefunde
auf, wobei sich mit Ausnahme der männlich/weiblichen Selbsteinschätzung (FPIM) bei den Männer durchgehend für beide Geschlechter die jeweils größeren
Abweichungen von der Norm und damit die größeren Auffälligkeiten im Bereich
PN fanden.
Die in AN gegenüber den Männern in PN deutlicher nach oben abweichenden
Werte im Bezug auf diese Skala sprechen für eine stärkere Betonung „männlicher Einstellungen“. Dies könnte – bei aller Vorsicht, die bei solchen Interpretationen angebracht ist, der Beobachtung eines deutlich höheren Anteils von Patienten mit „Forcierter Bewältigungshaltung“ in AN entsprechen und in diesem Zusammenhang Ausdruck einer offenbar bei Männern noch ausgeprägteren forcierten Abwehr emotionaler Betroffenheit bzw. dem Zeigen von Schwäche sein.
Tabelle 28: Persönlichkeitsprofil – Vergleich mit den geschlechtsspezif. Normwerten
FPI-A1
Frauen
Männer
Skalen
Norm1
Gesamt AN
PN
Norm1
Gesamt AN
PN
(n=282) (n=102) (n=72)
(n=30)
(n=384) (n=125) (n=92)
(n=33)
FPI-1
MW 7,76
8,25••
7,69*
9,60
5,38
6,73
6,20*
8,21
SD 4,20
4,18
3,90
4,56
3,71
4,00
3,74
4,40
FPI-2
MW 2,61
2,45••
2,31
2,76
3,10
3,08
3,07
3,09
SD 2,11
1,80
1,82
1,75
2,19
1,73
1,85
1,35
FPI-3
MW 5,92
6,73
6,15*
8,13
4,87
6,17
5,92
6,87
SD 3,42
3,50
3,39
3,42
3,17
3,57
3,50
3,70
FPI-4
MW 4,56
4,48
4,52
4,36
4,17
4,22
4,18
4,33
SD 2,57
2,64
2,70
2,52
2,70
2,50
2,56
2,35
FPI-5
MW 7,76
6,74
7,18**
5,70
7,97
7,50
7,63
7,15
SD 3,27
3,14
3,21
2,76
3,17
3,42
3,25
3,89
FPI-6
MW 5,03
4,35••
4,66**
3,60
5,78
5,24
5,25
5,24
SD 2,35
2,30
2,30
2,17
2,25
2,21
2,13
2,46
FPI-7
MW 4,64
3,66•
3,87
3,16
5,03
4,20
4,34
3,78
SD 2,18
1,86
1,87
1,78
2,13
2,03
2,12
1,70
FPI-8
MW 4,62
5,28••
4,81**
6,40
3,12
4,21
4,02
4,75
SD 2,39
2,53
2,46
2,37
2,23
2,54
2,44
2,76
FPI-9
MW 7,45
7,26•
7,23
7,33
8,13
8,07
8,22
7,63
SD 2,81
2,77
2,62
3,15
2,76
2,76
2,75
2,78
FPI-E
MW 5,39
4,58••
4,77
4,13
5,87
5,55
5,57
5,48
SD 2,65
2,29
2,35
2,09
2,59
2,63
2,55
2,87
FPI-M
MW 5,57
4,71••
5,15**
3,66
4,58
6,39
6,78**
5,30
SD 2,93
2,51
2,36
2,60
2,93
2,43
2,27
2,56
FPI-N
MW 5,53
6,05•
5,76
6,73
7,64
5,24
4,96
6,00
SD 2,37
3,12
3,16
2,97
2,33
2,99
2,90
3,16
AN/PN-Unterschiede in t-Test für unabhängige Stichproben signifikant *: p<0,05; **: p<0,005
Geschlechterunterschiede in der Gesamtpopulation: •: p<0,05; ••: p<0,005
1:Aus dem Manual des Freiburger Persönlichkeitsinventar (Fahrenberg et al., 1989),
109
4 .2 .8 W e ite r e Te s tbe funde
4.2.8.1 VEV
Als Veränderungswert liefert der VEV einen Gesamtwert, der aus 42 Aussagen
berechnet wird. Hohe Werte bedeuten eine Veränderung im „Erleben und Verhalten“ mit der Zunahme von Entspannung, Gelassenheit und Optimismus. Niedrige Testwerte bedeuten eine Zunahme von Spannung, Unsicherheit und Pessimismus. Folgende Tabelle (29) und Abbildungen (13 und 14) zeigen die Werte
im Verlauf der Gesamtpopulation der Studie sowie die Gruppenverteilung. (Eine
Null-Veränderung entspricht einem Summenwert von 168 Punkten.)
Tabelle 29: VEV im Verlauf
Entlassung
MW
SD
AN
194,9
34,5
(n)
(148)
PN
196,6
34,9
(n)
(51)
Gesamt 195,6
34,6
(n)
(199)
in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation
Katamnese I
Katamnese II
MW
SD
MW
SD
172,9
25,2 182,1
35,2
(113)
(84)
176,7
40,90 186,1
35,7
(33)
(22)
173,7
29,4 182,6
35,2
(146)
(106)
Es zeigten sich keine signifikante Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen.
VEV
200,00
AN
168,00
136,00
PN
Entlassung
KatamneseI
KatamnesII
Abb. 13: VEV Werte in AN und PN
Die graphisch dargestellten Werte zeigen eine deutliche Verbesserung des Erlebens und Verhaltens zwischen Anfang und Ende des Rehabilitationsaufenthal110
tes. Die Befragung nach 6 Monaten deutet auf eine diesbezüglich weitgehend
stabile Situation hin. Weitere 6 Monate ergaben sich dann wiederum Werte i m
Sinne einer positiven Veränderung. Dabei fanden sich im Bereich PN geringfügig
höhere, sprich positivere Werte im VEV. Diese Unterschiede zwischen den Behandlungssettings erwiesen sich jedoch nicht als signifikant.
VEV im Verlauf
p<.000
p<.000
200
p=.005
168
136
Entlassung
Katamnese I Katamnese II
Abbildung 14: VEV- im Verlauf in der Gesamtpopulation
(p-Werte / t-Test für gepaarte Stichproben)
Geschlechtspezifische Verteilung der Veränderungen im Erleben und Verhalten
der Patienten
Ein Überblick über alle Meßzeitpunkte hinweg liefert folgende Graphik:
Veränderungen im Erleben und Verhalten (VEV) bei Männer
männlich
und Frauen
200,00
weiblich
168,00
136,00
Entlassung
KatamneseI
KatamneseII
Abb 15: Geschlechtspezifische Verteilung VEV
Der Unterschied aber zwischen den beiden Geschlechter ist statistisch nicht signifikant, weder in der Gesamtpopulation (Abb. 15) noch bei einer getrennter Beobachtung der beiden Gruppen.
111
4.2.8.2 Psychotherapiemotivation (FMP):
Vergleicht man die Psychotherapiemotivation, wie sie mit dem FMP einmal i m
Rahmen einer Gesamtskala, darüber hinaus aber auch bei getrennter Auswertung der 4 Subskalen, erfaßt wird, zeigen sich sowohl zum Aufnahmezeitpunkt als
auch bei allen Verlaufserfassungen durchgängig im Bereich PN gegenüber AN
höhere Mittelwerte. Tabelle 30 gibt die Mittelwerte und Standardabweichungen
der Gesamtskala im Vergleich der beiden Behandlungssettings wieder. Dieser
Unterschied der Psychotherapiemotivation ist (mit Ausnahme der Subskalen
FMP-1 und FMP-3(vgl. bei Katamnese II) für sämtliche Skalen und Erhebungszeitpunkte signifikant mit p-Werten zwischen 0,001 und 0,028.
Vergleicht man die Mittelwerte der Rohwerte des FMP in den beiden Therapiebereichen mit den T-50-Werten einer Untersuchung, die zur Normierung des FMP
an 464 Patienten aus psychosomatischen Fachkliniken im FMP-Manual (Schneider, 1989) wiedergegeben sind, zeigt sich für die Gesamtskala an allen Untersuchungstagen in beiden Gruppen ein Wert unter dem entsprechenden T-50-Wert
von 162, also eine im Vergleich zu dieser Patientengruppe selbst in PN noch
niedrigere Psychotherapiemotivation.
Tabelle 30: FMP (Gesamt-Skala) im Gruppenvergleich
FMP-Gesamt
MW
SD
(n)
p-Wert
Aufnahme
AN
PN
137,7
153,6
20,6
23,5
163
63
<0,001
Entlassung
AN
PN
136,5
158,5
23,5
20,3
144
51
<0,001
Katamnese I
AN
PN
136,2
159,5
22,0
19,7
112
36
<0,001
Katamnese II AN
PN
137,1
154,5
23,3
27,5
85
19
0,017
Auch die erreichten Mittelwerte in den Einzelskalen „Laienätiologie“ (FMP-2) und
„Allgemeine Erwartungen an eine Behandlung“ (FMP-3) lagen in beiden Therapiebereichen an allen Zeitpunkten unter den jeweiligen T-50-Werten der Vergleichspopulation stationärer psychosomatischer Patienten. Bezügliche des
„Krankheitserlebens“ (FMP-1) erreichten die Mittelwerte in PN den T-50-Wert der
Vergleichsgruppe an allen Untersuchungstagen fast, ohne ihn zu übertreffen (T-
112
50-Normwert: 33,5 / MW in PN: bei Aufnahme 32,2; bei Entlassung 32,7; bei Katamnese I 33,4 und bei Katamnese II 30,1). Auch bezüglich der Skala „Erwartungen und Erfahrungen bezüglich Psychotherapie“ (FMP-4) lag der Mittelwert in PN
bei Aufnahme zwar mit 68,9 noch unter dem T-50-Wert 71 der Vergleichsgruppe
von Patienten aus psychosomatischen Kliniken, zeigte dann aber im Verlauf der
stationären Behandlung in PN einen erfreulichen Anstieg auf 71,3 bei Entlassung. Dieser in PN erreichte Wert blieb mit 71,9 bei Katamnese I und 71,0 bei
Katamnese II im Verlauf stabil. Demgegenüber kam es bei primär signifikant
niedrigerem Ausgangswert in AN von 60,7 im weiteren Verlauf eher zu einer Abnahme über 60,2 bei Entlassung und 58,3 bei Katamnese I auf 59,6 bei Katamnese II. (Dies spricht für eine eher positive Erfahrung mit den Psychotherapieangeboten in PN während des stationären Aufenthaltes, welcher nachhaltig wirksam zu bleiben scheint.)
Vergleicht man die Werte der Gesamtskalen sowie der Einzelskalen über den
Beobachtungsverlauf, zeigt sich keine durchgreifende Veränderung. Untersucht
man im Rahmen einer t-Testanalyse gepaarter Stichproben die Mittelwerte der
einzelnen Skalen zu den einzelnen Erhebungszeitpunkten, ergeben sich keine
signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Erhebungszeitpunkten. Dies
gilt sowohl bei einem Vergleich der Gesamtpatientenpopulation als auch bei getrennter Betrachtung der beiden Therapiebereiche.
FMP im Geschlechtervergleich:
Vergleicht man die mit dem FMP erfaßte Psychotherapiemotivation zwischen den
männlichen und weiblichen Studienteilnehmern, so lagen für die Gesamtskalen
sowie sämtliche Einzelskalen an allen Erhebungszeitpunkten die FMP-Werte der
Frauen über denen der Männer. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtsgruppen sind jedoch weniger deutlich ausgeprägt als diejenigen zwischen den
Behandlungssettings. Dementsprechend ergab ein t-Test im Hinblick auf die
Mittelwertgleichheit lediglich zum Entlassungszeitpunkt für FMP-2 (p=0,015), FMP4 (p=0,009) sowie FMP-Gesamt (p=0,014) einen signifikant höheren Wert für die
Gruppe der Frauen. Bezüglich der anderen Skalen und Erhebungszeitpunkte erwies sich der Unterschied als nicht signifikant. Ein solcher Unterschied zwischen
113
den Geschlechtern mit höherer Psychotherapiemotivation, d.h. auch höheren
Rohwerten, bei den Frauen fand sich auch in der Untersuchung, die zur Normierung des FMP an 464 Patienten psychosomatischer Fachkliniken in dem FMPManual (Schneider, W. et al, 1989) wiedergegeben wird. Auch die Differenz der
Rohwerte zwischen den beiden Geschlechtern entsprach in etwa dieser Vergleichsgruppe.
Zusammenfassend sind die Mittelwerte und Standardabweichungen nach Geschlecht getrennt für sämtliche Untersuchungszeitpunkte in Tabelle 31 wiedergegeben:
Tabelle 31: FMP im Geschlechtervergleich
FMP
Gesamt
MW
SD
(n)
p-Wert
Aufnahme
m
w
139,8
145,1
22,5
22,3
125
101
n.s.
Entlassung
m
w
138,4
146,9
25,5
22,7
107
88
0,014
Katamnese I
m
w
138,6
145,6
23,5
23,5
79
69
n.s.
Katamnese II m
w
138,1
144,0
25,4
23,7
67
37
n.s.
4.2.8.3 WHOQOL-BREF
Zur Erfassung der subjektiven Lebensqualität wurde der WHOQOL-BREF (vgl.
3.4.2.8)) zum Zeitpunkt der Aufnahme sowie der 1. und 2. Katamnese eingesetzt.
Die Einzel-Items wurden neben einer zusammenfassenden Wertung im Rahmen
der Gesamtskala in Anlehnung an die Vorgaben der Autoren zu vier Domänen:
Physisch, psychisch, soziale Beziehungen und Umwelt zusammengefaßt. Die erreichten Werte im Mittel sind zusammen mit Normwerten für die Deutsche Allgemeinbevölkerung im entsprechenden Durchschnittsalters (WHOQOL-100 und
WHOQOL-BREF Handbuch, Angermeyer et al., 2000) in Tabelle 32 wiedergegeben.
114
Tabelle 32: WHOQOL-BREF
WHOQOBREF
Domänen
Normwerti
Aufnahme
WHOQOL-BREF
Katamnese I
Katamnese II
(46-55 J.) AN
PN
AN
PN
AN
PN
(n=269)
(n=161) (n=59)
(n=112) (n=36)
(n=85) (n=22)
Gesamt
MW
66,31
51,21
50,47
52,22 50,03
52,85* 62,43
SD
17,76
18,9
17,7
19,68 20,03
19,35
15,23
Physisch
MW
76,85
58,05*
52,63
56,70 52,61
58,88
57,87
SD
17,17
17,52
17,18
17,08 16,80
16,63
16,24
Psychisch
MW
74,00
60,10** 51,30
58,54* 51,33
59,40
59,23
SD
15,45
18,01
15,57
17,12 19,16
16,79
15,79
Soziale BeMW
71,49
63,53
60,20
61,46 57,83
60,06
57,91
ziehungen
SD
18,76
18,38
18,70
18,29 20,21
18,96
17,56
Umwelt
MW
70,29
70,04
67,17
69,09 66,92
69,35
72,77
SD
14,97
14,35
12,89
13,03 13,96
14,27
11,54
WHOQOL 100 und WHOQOL-BREF Handbuch (Angemeyer et al., 2000)
AN/PN-Unterschiede in t-Test für unabhängige Stichproben signifikant * 0<0,05; ** p<0,005
Mit Ausnahme der Domäne „Umwelt“, für die in beiden Therapiebereichen an allen Untersuchungszeitpunkten fast der Normwert erreicht, in PN bei Katamnese II
sogar leicht überschritten wurde, lagen sämtliche Werte auch im Verlauf unter
den Normwerten der Vergleichsgruppe aus der NormalbeNormalbevölkerung.
Erwartungsgemäß fanden sich im Bereich AN bei Aufnahme und Katamnese I für
die Domäne „psychisch“ mit 60,10 gegenüber 51,30 bei Aufnahme und 58,54
gegenüber 51,33 bei Katamnese I signifikant höhere Mittelwerte. Überraschenderweise ergab der Vergleich der Werte für die Domäne „physisch“ bei Aufnahme
und Katamnese I im Bereich AN ebenfalls höhere Mittelwerte, d.h. eine diesbezüglich höhere Lebensqualität (bei Aufnahme mit p=0,042 signifikant). (Dies
könnte möglicherweise Ausdruck einer depressiv geprägten Selbstwahrnehmung sein. Auch bezüglich der Gesamtskala sowie der weiteren Domänen fanden sich bei Aufnahme und Katamnese I jeweils stärkere Beeinträchtigungen i m
Bereich PN gegenüber AN (Tab. 32). Die Unterschiede zwischen den beiden Therapiebereichen waren in diesen Domänen jedoch nicht signifikant.)
Bei Katamnese II zeigte sich in PN mit 62,43 gegenüber AN mit 52,85 ein eben
signifikant höherer Wert in der Gesamtskala (p=0,037). Bezüglich der weiteren
Domänen fand sich zu diesem Zeitpunkt kein signifikanter Unterschied zwischen
den Bereichen.
115
Vergleicht man die Mittelwerte des WHOQOL-BREF über die Gesamtstudienpopulation im Verlauf, so fanden sich weder zwischen Aufnahme und Katamnese I
noch zwischen Aufnahme und Katamnese II signifikante Veränderungen. Betrachtet man den Verlauf von WHOQOL-BREF getrennt für die beiden Behandlungssettings, so läßt sich für AN keine belangvolle oder gar signifikante Veränderung feststellen. Im Bereich PN ergab sich jedoch für den Zeitraum zwischen
Aufnahme und Katamnese II (mit p=0,011) eine signifikante Verbesserung mit
Zunahme des Mittelwertes von WHOQUOL-BREF Gesamt von 50,47 auf einen
Mittelwert von 62,4 3 bei Katamnese II. Auch für die Domänen „psychisch“ und
„physisch“ kam es über den Gesamtbeobachtungszeitraum von 12 Monaten zu
einer erfreulichen Verbesserung, während in AN im weiteren Verlauf keine wesentlichen Änderungen auftraten. (Dies könnte Hinweis auf einen möglichen
nachhaltig positiven Effekt der intensivierten psychotherapeutischen Behandlung
in PN sein.)
4.2.8.4 Qualitätssicherung der LVA Baden-Württemberg
Entsprechend dem Qualitätssicherungsinstrument der LVA Baden-Württemberg
wurde folgende Variable auch in unserer Untersuchung erhoben. Sowohl die Patienten als auch die behandelnden Ärzte wurden gebeten, den psychophysischen
Gesundheitszustand des Patienten mit einer Note analog der Schulnoten von 1
bis 6 zu bewerten, wobei 1 die beste und 6 die schlechteste Note sein sollte.
Die Patienten bewerteten ihren aktuellen Gesundheitszustand (Reha-Note P) bei
Aufnahme im Bereich AN mit 3,8 gegenüber den Patienten in AN mit 3,4 im Mittel
signifikant schlechter (p=0,005). Für die Gesamtpopulation lag dieser Wert bei
3,5. Die jeweiligen Mittelwerte und Standardabweichungen der Patienteneinschätzung des aktuellen Gesundheitszustands sind in der untenstehenden Tabelle (33) zusammengestellt.
116
Tabelle 33: Reha-Note P in AN, PN
Gesamt
AN
MW
SD
MW
Aufnahme
3,5
0,9
3,4
(n)
(247)
(182)
Entlassung 2,9
0,9
2,8
(n)
(220)
163
Katamnese I 3,3
0,9
3,2
(n)
176
(133)
Katamnese 2,9
0,9
2,9
II
(175)
(131)
(n)
sowie in der Gesamtpopulation
PN
SD
MW
SD
0,9
3,8
0,9
(65)
0,8
3,0
0,9
(57)
0,8
3,4
0,9
43
0,9
3,0
0,8
(44)
An den weiteren Erhebungszeitpunkten blieben die Mittelwerte in PN minimal über den Werten in AN; diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant (vgl. Abb.
16). Inwieweit sich in der schlechteren Selbstbenotung der Patienten in PN tatsächlich eine stärkere gesundheitliche Gesamteinschränkung oder nur eine depressiver Einschätzung ihrer Situation ausdrückt, bleibt offen.
Reha-Note P
4,0
3,0
2,0
p=.005
1,0
0,0
Aufnahme
n.s.
Entlassung
n.s.
Katamnese I
AN
PN
n.s.
Katamnese II
Abbildung 16: Reha-Note-P in AN, und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede /
t-Test für unabhängige Stichproben)
Der Benotung des aktuellen Gesundheitszustands der Patienten (Reha-Note A)
fiel auch in der Einschätzung der Ärzte an allen Untersuchungszeitpunkten im Bereich PN im Mittel etwas schlechter aus als in AN. Die jeweiligen Mittelwerte und
Standardabweichungen der Arzteinschätzung des aktuellen Gesundheitszustands sind in der untenstehenden Tabelle(34) zusammengestellt.
117
Tabelle 34: Reha-Note A in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation
Gesamt
AN
PN
Aufnahme
(n)
Entlassung
(n)
Katamnese II
(n)
MW SD
MW
SD
MW
SD
3,4 0,8
(24)
2,9 0,6
(21)
2,8 0,7
(15)
3,3 0,7
(182)
2,9 0,5
(158)
2,7 0,6
(110)
3,8
(65)
3,2
(56)
2,8
(42)
0,8
0,8
0,7
Bei Aufnahme und Entlassung war dieser Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen mit p<0,001 bzw. p=0,05 signifikant. Bei Katamnese II wiesen die
Mittelwerte keinen signifikanten Unterschied mehr auf (vgl. Abb. 17).
Reha-Note A
4
AN
2
0
p=.001
Aufnahme
p=.01
Entlassung
n.s.
PN
Katamnese II
Abbildung 17: Reha-Note-A in AN und PN (p-Werte der Gruppenunterschiede /
t-Test für unabhängige Stichproben)
Vergleich der Arzt- und Patienten-Einschätzung:
Insgesamt fand sich im Mittel eine überraschende Übereinstimmung zwischen
der Einschätzung der Ärzte und der Patienten. (Ergänzend könnte sich eine Einzelfallanalyse von Fällen mit großer Diskrepanz als interessant erweisen). Zwischen Arzt und Patient ergaben sich signifikante Unterschiede der Einschätzungen des Reha-Status in Form der Reha-Noten lediglich bei Katamnese II. An diesem Erfassungszeitpunkt benoteten die Patienten ihre Situation etwas positiver,
als die Ärzte – vielleicht waren die Patienten etwas optimistischer oder auch die
Ärzte etwas realistischer. Dieser Unterschied bei Katamnese II war sowohl in der
118
Gesamtpopulation (p=0,006); als auch in den beiden Behandlungsuntergruppen
(AN: p=0,041 PN: p=0,056) signifikant. Bei Aufnahme und Entlassung waren
diesbezüglich keine signifikante Unterschiede zu vermerken, Patienten und behandelnde Ärzte schätzen den Gesundheitszustand der Patienten im Mittel in etwa gleich ein.
Der Verlauf der Reha-Noten entsprach in etwa dem Verlauf anderer Parameter,
wie z.B. dem der Depressions- und Angsterfassungsinstrumente (vgl. 4.2.2.2).
Während der stationären Behandlung selber kam es zu einer erfreulichen und
signifikanten Verbesserung in der Einschätzung von Arzt und Patient (p<0,001).
Bei Katamnese I nach 6 Monaten schätzten die Patienten (die telephonisch befragt wurden) ihren psycho-physischen Gesundheitszustands subjektiv gegenüber dem Entlaßzeitpunkt wieder schlechter ein; d.h. sie gaben sich eine
schlechtere Reha-Note-P, die jedoch gegenüber dem Ausgangsniveau bei Aufnahme immer noch eine signifikante Verbesserung darstellte (p=0,002). Bei der
Katamnese II nach weiteren 6 Monaten zeigte sich wieder eine deutliche Verbesserung gegenüber den Reha-Noten bei Katamnese I. Insgesamt waren die erreichten Verbesserungen für die Gesamtpopulation sowohl in der Arzt- als auch
der Patienteneinschätzung signifikant (p<0,001). Auch bei getrennter statistischer
Auswertung der Reha-Noten für die beiden Therapiebereiche (t-Test für gepaarte
Stichproben) ergaben sich signifikante Veränderungen entsprechend des Verlauf, wie er in Abb. 18a bzw. 18b dargestellt ist. Dies gilt sowohl für die Einschätzung der Ärzte als auch die der Patienten selber. Beide Reha-Noten zeigten eine
signifikante (p<0,05) Verbesserung des physischen und psychischen Gesamtzustandes sowohl von der Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung als auch bis zur Katamnese II nach einem Jahr (p£0,001) sowohl in PN
als auch in AN.
119
Reha-Note A im Verlauf
2,5
3,0
AN
PN
Gesamt
3,5
4,0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abbildung 18a: Reha-Note A im Verlauf
Reha-Note P im Verlauf
2,5
3,0
AN
PN
Gesamt
3,5
4,0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese I
Katamnese II
Abbildung 18b: Reha-Note P im Verlauf
120
4 .2 .9 Be r üc k s ic htigung de r Dr op-outs
Erwartungsgemäß konnten nicht alle 265 in die Studie aufgenommenen
Patienten im Rahmen der jeweiligen Verlaufsuntersuchungen erfaßt werden. Bei
Entlassung lag die Drop-out-Quote bei 14 % (n=37). Bei Katamnese I konnten
leider 30,2% (n=80) Patienten nicht in die Erhebung einbezogen werden; bei
Katamnese II fehlen die Daten von 25,7% (n=68). Da die Drop-out-Quote somit
über 10 % lag, erfolgten entsprechend des Studienplans in Abstimmung mit der
Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation der Universität Ulm –
zusätzlich zu den im Ergebnisteil bisher dargestellten Auswertungen im Sinne
einer “full sample analysis” - für Parameter von zentraler Bedeutung ergänzend
statistische Berechnungen, bei denen nur
diejenigen Patientenverläufe
einbezogen wurden, bei denen an allen Untersuchungszeitpunkten Daten
erhoben werden konnten.
In diesem Zusammenhang wurden für die Hauptzielgröße, den HADS-D-D, die
CDS, den BDI, den VEV sowie für die Reha-Note (Einschätzungen durch Arzt und
Patient) entsprechend dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA BadenWürttemberg ergänzende Berechnungen durchgeführt.
Grundsätzlich führen die Auswertungen “according to protocol” (d.h. von gleicher
Fallzahl für alle Parameter) zu analogen Ergebnissen für alle Variablen, wie die
“full sample analysis” mit jeweils hoch-signifikanten Verbesserungen im Verlauf
der stationären Rehabilitation, einer leichten Verschlechterung nach der
Entlassung bis zur Katamnese I (sofern Werte zu diesem Zeitpunkt erhoben
wurden), die jedoch jeweils nicht wieder das Ausgangsniveau erreichte, und
einer erneuten signifikanten Verbesserung bis zur Katamnese II. Auch in dieser
Auswertung der Depressions-Erfassungsinstrumente bestätigt sich die
Beobachtung durchweg höherer Depressionsgrade in PN gegenüber AN, die an
den meisten Zeitpunkten auch signifikant bleibt.
Im folgenden werden die Ergebnisse für die Hauptzielgröße (vgl. Abb.19 und
Tabelle 35) und die Reha-Noten beispielhaft wiedergegeben. Bezüglich der
weiteren Parameter sei auf Kapitel 9.4 im Anhang verwiesen.
121
Hauptzielgrösse (n=114)
10
8
6
4
Gesamt
AN
p<.00
0
PN
p<.05
p<.05
2
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abb.19: Hauptzielgröße in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei
konstantem n=114 (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für unabhängige
Stichproben)
Tabelle 35: Hauptzielgröße im Verlauf: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte, n=114)
Vergleich im Verlauf
Gesamt
AN
PN
(n=114)
(n=86)
(n=28)
Aufnahme/Entlassung
p<0,001
p<0,001
p<0,001
Aufnahme/Katamnese II
p=0,057
n.s.
p=0,005
Entlassung/Katamnese II p=0,009
p=0,003
p=0,001
Die Verbesserung der LVA-Reha-Noten ist auch bei einer Auswertung nur der
Patienten, für die an allen Untersuchungsdaten Werte vorliegen (n=122), sowohl
für die Einschätzung durch den Arzt als auch den Patienten in AN, PN und der
Gesamtpopulation mit p<0.000 signifikant. Nach 6 Monaten zeigt sich auch bei
dieser Berechnung eine Verschlechterung bei Katamnese I, die Durchschnittswerte der Reha-Noten erreichen jedoch nicht wieder die Aufnahmewerte. Der
Unterschied ist mit p=0.037 signifikant. Nach weiteren 6 Monaten kommt es bis
zur Katamnese II wieder zu einer signifikanten (p<0.000) Verbesserung.
122
Reha-Note (n=122)
4,0
3,0
Patient
Arzt
2,0
1,0
0,0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese1 Katamnese2
Abb. 20: Reha-Note A und P im Verlauf in der Gesamtpopulation (n=122)
Drop-out-Analyse:
Darüber hinaus erfolgte eine vergleichende Analyse der jeweiligen Drop-outPatienten bei Entlassung sowie zum Zeitpunkt der Katamnesen I und II. Diesbezüglich wurden die Mittelwerte wesentlicher, bei Aufnahme erhobener demographischer, sozialmedizinischer, test-parametrischer und klinischer Variablen in
der Gesamtpopulation den Mittelwerten, bzw. Häufigkeiten der jeweiligen Dropout-Populationen tabellarisch gegenübergestellt (siehe Tabelle A9 im Anhang,
9.4). Für zentrale Aspekte wie Geschlecht, Schlaganfallart, Allgemeinzustand,
Gehfähigkeit, Vorhandensein eines Partners, die Reha-Note, AMDP-Befunde, Berentung, HADS-D-D und –A, KKG, das Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung und das Vorliegen eines Arbeitsverhältnis zeigte sich kein wesentlicher
Unterschied, der eine systematische Verfälschung der Ergebnisse durch die
Drop-outs in dieser Hinsicht befürchten ließe. Zum Zeitpunkt der Entlassung fand
sich jedoch unter den zu diesem Zeitpunkt nicht erfaßten Patienten im Vergleich
zur Gesamtpopulation ein größerer Anteil von AHB-Patienten (44,4% der Dropouts bei Entlassung, 21,7% von Gesamt), die dementsprechend auch zu einem
kleineren Teil bei Aufnahme arbeitsfähig waren (22,2% der Drop-outs bei Entlassung, 31,4% von Gesamt). In dieser Gruppe ist lag auch der Anteil der Männer mit
64,9% gegenüber 56,6% in der Gesamtpopulation etwas höher, die Gehfähigkeit
dagegen war geringer beeinträchtigt. Auch die Psychotherapiemotivation nach
123
dem FMP-Gesamt lag mit 125,91 bei den zur Entlassung nicht erfaßten Patienten
etwas niedriger, als in der Gesamtpopulation mit 142,16. (Vermutlich haben sich
Patienten mit gewissen Vorbehalten gegenüber psychischen / psychotherapeutischen Aspekten etwas eher einer erneuten Untersuchung im Rahmen der Studie
bei Entlassung entzogen; möglicherweise wurden aber auch gerade AHBVerfahren bei körperlich weniger beeinträchtigten Patienten häufiger unerwartet
verkürzt, so daß eine Entlaßerhebung in diesen Fällen z.T. nicht mehr erfolgen
konnte.) Diesbezüglich fanden sich bei Katamnese I und II keine wesentlichen
Unterschiede mehr. Dafür lag der durchschnittliche CDS-Score mit 6,05 bei Katamnese II leicht über dem Wert in der Gesamtpopulation von 5,19. Im AMDP sowie im HADS-D-D fanden sich jedoch keine belangvollen Unterschiede in der
Ausprägung der Depressivität, so daß insgesamt auch aus der Einbeziehung der
Drop-out-Analyse keine Anhaltspunkte für eine gravierende systematische Verfälschung der Ergebnisse ergeben.
124
4 .3 P r o gn os ti s c he Fa k to r e n in H in bl ic k a u f da s Au s m a ß d e r
d e p r e s s iv e n S tö r u ng ( Ha up tz ie lg r ö s s e )
In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, welche der von uns erhobenen
Patientendaten, Untersuchungsbefunde, der eingesetzten Fremd- und Selbstrating-Instrumente sowie des neuropsychologischen Ratings und der Einschätzung bezüglich des Vorliegens der weiterer klinischer Merkmale (eines Typus
melancholicus,
einer
Forcierten
Bewältigungshaltung bzw.
Abrupter
Stimmungsschwankungen) eine Vorhersagekraft hinsichtlich einer Veränderung
des Ausmaßes der depressiven Symptomatik zukommt. Dabei wurde die Hauptzielgröße wie folgt definiert: 0,6 * HADS-D-Depressionswert + 0,4 * CDS-Score.
Der Frage nach prognostisch relevanten Faktoren wurde sowohl im Hinblick auf
eine mögliche Verbesserung der depressiven Symptomatik (gemessen anhand
der Hauptzielgröße) im Verlauf der stationären Rehabilitationsbehandlung selber, d.h. zwischen Aufnahme und Entlaßzeitpunkt, als auch im Sinne einer längerfristigen prognostischen Aussagekraft im Hinblick auf die Katamnese II (nach
12 Monaten) ausgewertet. Um die jeweilige Veränderung über die zwei untersuchten Beobachtungszeiträume zu erfassen, wurde als Zielgröße der jeweiligen
linearen Regressionsanalysen jeweils die Differenz zwischen der Hauptzielgröße
zum Entlaß- bzw. Katamnese II-Zeitpunkt und dem entsprechenden Wert der
Hauptzielgröße bei Aufnahme(D-Hauptzielgrösse) gebildet.
Eine wichtige Voraussetzung für eine aussagekräftige Regressionsanalyse ist
die Anzahl der Einflußgrößen, die in das Regressionsmodell eingehen. Es wird
davon ausgegangen, daß pro einbezogenem Parameter etwa 10 – 15 Patientendaten erforderlich sind, um ein verläßliches Modell zu erhalten (Harrel, 2001). Im
Hinblick auf die enorme Komplexität des Untersuchungsgegenstandes wurde
eine große Zahl von anamnestischen Daten, Befunden und Testparametern erhoben. (Allein für den Aufnahmezeitpunkt wurden etwa 640 Variable in der Datenbank erfaßt.) Vor diesem Hintergrund war eine Vorab-Eingrenzung der in die linearen Regressionsanalysen einzubeziehenden Variablen erforderlich.
125
Als ersten Schritt im Hinblick auf die Auswahl möglicherweise prognostisch relevanter Parameter erfolgte zunächst eine Auswahl nach klinischer Einschätzung,
insbesondere ein Ausschluß mit erfaßter Verwaltungsdaten etc. sowie von redundanten Informationen.
Bezüglich einer Einbeziehung der zum Teil sehr detailliert erhobenen anamnestischen Parameter erfolgte für besonders relevante Bereiche im Hinblick auf eine
Bündelung der Aussagekraft eine Zusammenfassung zu inhaltlich sinnvollen
Gruppenvariablen. Aus den erhobenen Einzelvariablen wurden dafür jeweils unter inhaltlichen Aspekten einheitlich gerichtete - Summen-Scores wie folgt gebildet:
Einschränkung der Mobilität:
In diese Gruppenvariable gingen die jeweilige Fähigkeit, Fahrrad zu fahren, Auto
zu fahren und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen sowie eine allgemeine Aussage zur Fähigkeit, Spaziergänge und Ausflüge unternehmen zu können ein (Gesamtrange von 1 bis 4).
Einschränkung in der Haushaltsführung:
Bei der Berechnung dieser Gruppenvariable gingen die jeweils in vier Abstufungen erfolgte Selbsteinschätzung der Patienten im Hinblick auf die Fähigkeit, die
tägliche Hausarbeit zu erledigen, Einkäufe für den täglichen Bedarf zu erledigen
und die Fähigkeit mit Geld umzugehen ein. Der Gesamt-Score wurde als Mittelwert dieser vier Skalen definiert und umfaßt dementsprechend Werte zwischen 1
und 4).
Qualität der privaten sozialen Einbindung:
Bei der Bestimmung dieser Gruppenvariable gingen die Fragen nach dem Vorhandensein einer Partnerschaft sowie von Freunden und Bekannten jeweils mit
positiver Bewertung ein. Dabei wurden zusätzlich noch die jeweilige Qualität dieser Beziehungen in den Kategorien - unterstützend/ neutral/ belastend – und die
Zahl der Freunde und Bekannten mit - keine/ wenig oder viele- erfaßt. Aus diesen
Angaben wurde ein Gesamt-Score unter Berücksichtigung als belastend be-
126
nannter Beziehung mit Negativwerten so zusammengesetzt, daß insgesamt
Werte zwischen –2 und 2 erreicht werden konnten.
Qualität der Arbeitsplatzsituation:
Bei dieser Gruppenvariable wurden in ähnlicher Weise Angaben zu Zahl und
Qualität der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz, zur Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und zum subjektiven Streßniveau einbezogen. (Anzahl: keine/ wenig/ viele;
Qualität: unterstützend/ neutral/ belastend; Zufriedenheit und subjektiven Streßniveau: hoch/mäßig/gering). Auch für diese Gruppenvariable wurde ein GesamtScore mit möglichen Werten zwischen –2 und 2 definiert.
Dadurch konnte eine erste Eingrenzung auf etwa 130 Parameter erreicht werden.
Als nächster Selektionsschritt im Hinblick auf potentiell prognostisch bedeutsame Faktoren wurde geprüft, inwieweit sich überhaupt ein Zusammenhang zwischen den jeweiligen Parametern und der Veränderung der Hauptzielgröße zwischen Aufnahme und den beiden einbezogenen Untersuchungszeitpunkten abzeichnet. Dazu erfolgte eine zweiseitige Korrelationsanalyse nach Pearson zwischen den zum Aufnahmezeitpunkt erhobenen Daten jeweils in Bezugsetzung
zum D-Hauptzielgrösse zum Entlasszeitpunkt sowie zum Katamnese II-Zeitpunkt.
In Abstimmung mit der Abteilung für Biometrie und Medizinische Dokumentation
der Universität Ulm wurden diejenigen Parameter ausgewählt, die im Rahmen
dieser Korrelationsanalyse einen p-Wert von 0,3 oder kleiner aufwiesen. Dadurch
ließ sich eine deutliche Eingrenzung auf die überhaupt potentiell prognostisch
relevanten Faktoren erreichen. Zur weiteren Eingrenzung der einzubeziehenden
Parameter wurden in den Fällen, in denen verschiedene Erhebungstechniken
bzw. Meßinstrumente zur Erfassung jeweils der selben oder nah verwandter inhaltlicher Aspekte eingesetzt wurden, jeweils Korrelationsanalysen nach Pearson
durchgeführt. War dabei der jeweilige Korrelationskoeffizient zweier Variablen
>0,65, d.h. ihr Zusammenhang sehr stark, so wurde unter Einbeziehung von inhaltlichen Aspekten eine Variable zur Beschreibung dieses Aspektes ausgewählt. Zwischen den psychometrischen Testinstrumenten HADS-D-Depression
und dem BDI (r=0.71 und p<0.000) wurde HADS-D-Depression ausgewählt, zwi-
127
schen STAI-State und STAI-Trait (r=0.737 und p<0.000) STAI-STATE und zwischen NHISS und dem Parameter „Gehfähigkeit“ (r=0.69 und p<0.000) wurde
NHISS ausgewählt. Zwischen HADS-D-Angst und STAI-STATE (r=0.656 und
p<0.000) fiel die Auswahl auf HADS-D-Angst.
In Ergänzung zu den so erfaßten, potentiell prognostisch relevanten Einflußfaktoren wurden folgende Merkmale von zentraler Bedeutung per se als relevant erachtet und in die linearen Regressionsmodelle einbezogen: Alter und Geschlecht
der Patienten, Zeitraum zwischen Schlaganfall und Aufnahme in die Rehabilitationsbehandlung sowie der sich als inhaltlich gerade im Hinblick auf sogenannte
Verdeckte depressive Störungen – als relevant abzeichnende Faktor einer eventuell vorliegenden Forcierten Bewältigungshaltung als weiterer Parameter.
Darüber hinaus erfolgte unter inhaltlichen Aspekten eine Eingrenzung bei der
Einbeziehung des FMP auf die Gesamtskala. Im Hinblick auf die AMDPParameter wurde auf die Einbeziehung der übergeordneten Kategorien verzichtet.
Statt dessen erfolgte die Einbeziehung der Einzel-Items entsprechend ihrer Korrelation mit dem D-Hauptzielgröße.
Auf diese Weise konnte die Zahl einzubeziehender Parameter für den Entlaßzeitpunkt auf 32, für den Katamnese II-Zeitraum auf 41 eingegrenzt werden. Ausgehend davon wurden für beide Zeitpunkte in Abstimmung mit der Abteilung von
Prof. Gauss Gruppen von 10 bis 11 dieser Prädiktorenvariablen jeweils zu verschiedenen Modellen zusammengefaßt (Dabei wurden möglichst Variable aus
verschiedenen inhaltlichen Bereichen in den Modellen zusammengefaßt). Für
diese Variablengruppen / Modelle wurde je eine multiple lineare Regressionsrechnung mit schrittweiser linearer Regression in der „Rückwärts“-Technik
durchgeführt. Diese beginnt mit einer vollständiger Regressionsgleichung, in der
alle Variablen enthalten sind. Danach werden Schritt für Schritt die Variablen mit
der geringsten prädiktiven Bedeutung aus dem Modell eliminiert. Am Ende bleibt
eine Restmenge von Variablen mit hinreichender Nützlichkeit (p<0.1) zur Prognose der Outcomevariable übrig.
Im Anhang sind unter 9.5 die für beide Zeitpunkte berechneten Modelle sowie die
jeweils sich in der Rückwärtsrechnung als relevant durchsetzenden Variablen für
beide Zeitpunkte wiedergegeben.
128
D-Hauptzielgröße bei Entlassung
Für den Entlaßzeitpunkt blieben bei den drei im Anhang aufgeführten und berechneten Regressionsmodellen nach der Rückwärtsrechnung die folgenden bei
der Aufnahme erhobenen Prädiktorvariablen als bedeutsam stehen:
Modell Entlassung-1:
HADS-D-Depression (p<0,001)
FPI Gelassenheit (p=0,007)
Mobilitätseinschränkung (p=0,008)
Modell Entlassung-2:
Familienstand (p=0,013)
Barthelindex (p=0,008)
CDS (p<0,001)
FPI Extraversion (p=0,028)
Modell Entlassung-3:
Arbeitsunfähigkeit bei Aufnahme (p=0,006)
AMDP: klagsam/jammerig (p=0,003)
Typus melancholicus (p=0,004)
FPI-5 (Geselligkeit) (p=0,093)
Als nächster Schritt der Auswertung erfolgte bezüglich dieser 11 auf diesem Weg
als prognostisch relevant erkannter Variablen eine statistische Überprüfung
(zweiseitige Korrelationanalyse nach Pearson), inwieweit diese untereinander
hoch korreliert sind. Geht man erneut von einem Grenzwert von r>0.65 aus, korrelieren die Skalen Geselligkeit (FPI-5) und Externalität (FPI-E) des FPI-A1 mit
r=0,838 und p<0,001 hoch. Vor diesem Hintergrund wurde bei der weiteren Modellberechnung nur noch eine dieser beiden Variablen weiter mit einbezogen,
und zwar die Skala Externalität (FPI-E) als übergeordnete Skala.
129
Die so verbleibenden 10 Prädiktorvariablen wurden in einem Gesamtmodell für
den Entlaßzeitpunkt zusammengefaßt. Bei einer schrittweisen linearen Regressionsanalyse mit Rückwärtsrechnung für dieses Modell setzten sich abschließend die in Tabelle 36 mit den jeweiligen p-Werten und Korrelationskoeffizienten
aufgeführten Variablen als prognostisch relevant für die Verbesserung der Hauptzielgröße im Verlauf der stationären Behandlung durch.
Tabelle 36: Prognostisch relevante Faktoren für die Besserung der depressiven Störung
(Hauptzielgrösse) zum Entlaßzeitpunkt
Variablen
Koeffizient*
Standardfehler p-Wert
HADS-D-Depression
,242
,058
<0,001
Mobilitätseinschränkung
-,380
,150
0,013
CDS
,181
,052
0,001
FPI-E (Extraversion)
,211
0,90
0,021
Arbeitsunfähigkeit
-,963
,558
0,086
AMDP-klagsam-jammerig
,850
,316
0,008
FPI-6 (Gelasssenheit)
,221
,102
0,033
*nicht standardisiert (B)
Für ein Regressionsmodell mit diesen Einflußfaktoren ergab sich ein R-Quadrat
von 0,398.
Demnach waren bei Patienten mit einer initial stärker ausgrägten depressiven
Symptomatik entsprechend der eingesetzten Selbst- und
Fremdrating-
Instrumente (HADS-D-D und CDS) deutlichere Verbesserungen der Depression
(wie sie durch die Hauptzielgröße erfaßt wird) zu erreichen. Auch begünstigen eine stärkere Extrovertiertheit, Geselligkeit und Unternehmungslust, wie mit der
FPI-Skala Extraversion erfaßt, und insbesondere (mit dem höchsten Faktor in
diesem Modell) die Tendenz, emotionale Befindlichkeit entsprechend der AMDPKategorie „klagsam-jammerig“ in Form von Klagen nach außen zu zeigen, ebenfalls eine deutlichere Besserung der Depressivität / Hauptzielgröße.
Auch eine größere Gelassenheit, Zuversichtlichkeit und Geduld (FPI-6) geht mit
einer stärkeren Besserung der Depressivität bis zur Entlassung einher.
Dagegen haben stärkere Einschränkungen der Mobilität einen negativen Einfluß
auf die Ausprägung der Depression (Hauptzielgröße) im Verlauf. Auch geht eine
bei Aufnahme bestehende Arbeitsunfähigkeit mit einer geringeren Verbesserung
der depressiven Symptomatik im Verlauf der stationären Behandlung einher.
Bezieht man auch das vorletzte Modell der schrittweisen linearen Regressionsanalyse in Rückwärtstechnik mit ein, so zeigte auch die Variable „verheiratet“
(p=0,368) einen positiven prognostischen Einfluß auf den Depressionsverlauf.
130
D-Hauptzielgröße bei Katamnese II
Analog blieben für den Katamnese II-Zeitpunkt bei den vier im Anhang unter 9.5.2
aufgeführten und berechneten Regressionsmodellen nach der Rückwärtsrechnung die folgenden bei Aufnahme erhobenen Prädiktorvariablen als bedeutsam
stehen:
Modell Katamnese II-1:
HADS-D-Depression (p<0,001)
Forcierte Bewältigungshaltung (p=0,049)
Neuropsychologisches Rating (sprachliche Funktionen) (p=0,087)
Modell Katamnese II-2:
Schlaganfallart (p=0,002)
AMDP-ambivalent (p=0,028)
FPI-9 (Offenheit) (p=0,051)
Qualität der privaten Einbindung (p=0,079)
Modell Katamnese II-3:
AMDP Merkfähigkeit (p=0,049)
HADS-D-Angst (p=0,002)
KKG-P (soziale Externalität) (p=0,091)
Modell Katamnese II-4:
Sensible Reizsymptome (p=0,066)
CDS (p<0,001)
Schätzung des psychischen Anteils / Neuropsych. Rating (p=0,023)
Geschlecht (p=0,003)
131
Als nächster Schritt der Auswertung erfolgte auch für diese 14 als prognostisch
für die Katamnese II relevant erkannten Variablen eine zweiseitige Korrelationanalyse nach Pearson. Unter diesen Variablen korrelierten nur die Skalen des
HADS-D für Angst und Depression mit einem r=0.622 und p<0,001 hoch miteinander. Vor diesem Hintergrund wurden bei der weiteren Berechnung des Gesamtmodells sowohl eine Berechnung mit diesen beiden Variablen als auch eine Berechnung unter Verzicht auf HADS-D-A durchgeführt. Bei einer linearen Regressionsanalyse mit Rückwärtsrechnung setzten sich bei diesen beiden Ausgangsmodellen abschließend die gleichen Prädiktorvariablen als Ergebnismodell durch. Diese Prädiktorvariablen sind in Tabelle 37 mit den jeweiligen pWerten und Koeffizienten aufgeführt.
Tabelle 37: Prognostisch relevante Faktoren für
(Hauptzielgrösse) zum Katamnesezeitpunkt II
Variablen
Forcierte Bewältigungshaltung
HADS-D-Depression
CDS
Schätzung des psychischen Anteils der Störung
Geschlecht
*nicht standardisiert (B)
die Besserung der depressiven Störung
Koeffizient*
-1,199
,297
,289
-4,822E-02
1,593
Standardfehler
,642
,0,83
,078
,018
,680
p-Wert
0,065
<0,001
<0,001
0,010
0,021
Für das Gesamt-Regressionsmodell mit diesen Einflußfaktoren ergab sich ein
R-Quadrat von 0,367.
Demnach gilt auch für den Beobachtungszeitraum von 12 Monaten bis zur Katamnese II, daß bei Patienten mit einer initial stärker ausgrägten depressiven
Symptomatik entsprechend der eingesetzten Erfassungsinstrumente (HADS-D-D
und CDS) deutlichere Verbesserungen der Depression (wie sie durch die Hauptzielgröße erfaßt wird) erreicht wurden.
Einen noch deutlicheren Einfluß auf den Verlauf der Depressivität hatte offenbar
das Geschlecht, wobei Frauen eine eindeutig bessere Prognose haben als Männer.
Demgegenüber zeigte das Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung einen
wesentlichen negativen Einfluß auf die erreichbare Verbesserung der Depressivität / Hauptzielgröße im Verlauf.
132
Einen ebenfalls – wenn auch weniger ausgeprägter – negativer Einfluß auf den
Depressionsverlauf ergab sich für das Vorliegen eines hohen psychischen Anteils bei den vorliegenden kognitiven Beeinträchtigungen nach dem Neuropsychologischen Rating.
Im Verlauf der Rückwärtsberechnung wurden die Variablen „Sensible Reizsymptome“ und KKG-P ( Soziale Externalität) als letzte ausgeschlossenen, so daß
diese zumindest einen tendenziellen prognostischen Einfluß haben dürften.
Diesbezüglich scheint die erreichbare Verbesserung der depressiven Symptomatik bei Vorliegen sensibler Reizsymptome geringer. Bezüglich des KKG geht
offenbar die Vorstellung, daß andere Personen wesentlichen Einfluß auf die eigene gesundheitliche Situation haben, ebenfalls eher mit einer schlechteren
Prognose im Hinblick auf eine Verbesserung der Hauptzielgröße einher.
133
4 .4 V e r de c k te D e p r e s s iv e St ör un ge n un d Fo r c ie r t e Be w ä lt i g un g
4 .4 .1 Te s tdia gnos tis c he Er fa s s ba r k e it
Bei allen in die Studie aufgenommenen Patienten wurde nach einer ausführlichen zielgerichteten Exploration und Untersuchung durch einen erfahrenen
Facharzt nach den Kriterien des ICD-10, Kapitel F die Diagnose einer Depressiven Störung gestellt (vgl. Kapitel 4.2.2) Überraschenderweise fand sich unter den
Studienteilnehmern mit klinisch gestellter Depressionsdiagnose ein hoher Anteil
von Patienten, bei denen sich die Depression nicht in den eingesetzten etablierten Erfassungsinstrumenten zeigte.
HADS-D-Depression
Der HADS-D-D wurde als Screeninginstrument für Depressive Störungen bei
somatisch Kranken entwickelt. Orientiert man sich, wie bei der hier erfolgten
Auswertung, an den von Zigmond und Snaith (1983) als vorläufig vorgeschlagenen Grenzwerten (unauffällig: £ 7, grenzwertig auffällig: 8 bis 10, auffällig: > 10 für
jede Subskala), ergaben sich bei Aufnahme in diesem Selbstrating-Instrument
immerhin bei 46,6 % unauffällige Werte, bei 26,2% grenzwertige und nur bei 27,1
% auffällige Werte. (vgl. Abb.21)
auffällig unauffällig
HADS-D-D bei Aufnahme
100%
27,1%
60%
27,1%
41,8%
80%
27,1%
26,2%
grenzwertig
23,6%
40%
50,6%
34,5%
20%
46,6%
0%
AN
PN
Gesamt
Abbildung 21: HADS-D-Depression (Gesamt: n=221, AN: n= 166; PN: n= 55)
134
BDI
In dem Manual des BDI (Hautzinger et al.1995) werden für diesen Test folgende
Cut-off-Werte angegebenen: unauffällig: <11 ,leicht depressiv: 11 bis 17 ,schwer
depressiv: >17. Auf der Grundlage dieser Grenzwerte gibt die Abb. 22 die Ergebnisse des BDI bei Aufnahme für die beiden Behandlungsgruppen und die Gesamtpopulation wieder. Auch für den BDI zeigte sich, daß ein Teil der Patienten
(48,4 % in AN, 27,3% in PN und 43,1% in der Gesamtpopulation) mit klinischer
Diagnose einer Depressiven Störung nach ICD-10, Kapitel F nach diesem
Selbstrating-Instrument als „unauffällig“ eingeschätzt wurden. Dem standen in
PN 72,7%, in AN 51,6% Patienten mit nach diesem Instrument zu erfassender
leichter bzw. schwerer Depression gegenüber.
BDI bei Aufnahme
100%
21,2%
26,4%
41,8%
80%
30,4%
30,6%
60%
leichte Ausprägung
30,9%
unauffällig
40%
48,4%
20%
schwere Ausprägung
43,1%
27,3%
0%
AN
PN
Gesamt
Abbildung 22: BDI (Gesamt: n=216, AN: n= 161; PN: n= 55)
CDS
Nach Herrmann et al. (1995) eignet sich der CDS zwar nicht als Instrument zur
Stellung einer Depressionsdiagnose, sehr wohl aber zur Erfassung des Schweregrades einer vorliegenden Depressiven Störung nach cerebrovaskulären Insulten. Mit diesem grundsätzlichen Vorbehalt wird als möglicher Cutt-off-Score für
eine Depressive Störung ein Summenscore von 11 angegeben. Nimmt man die-
135
sen Grenzwert zur Grundlage einer Auswertung, ergaben sich die in Abbildung 23
dargestellten Prozentsätze mit einem Anteil von auffälligen Ausprägungsgraden
von 16 % in AN , 33,5% in PN sowie 20,5% in der Gesamtpopulation.
CDS bei Aufnahme
100%
16%
20,5%
33,3%
80%
auffällige Ausprägung
60%
40%
84%
79,5%
unauffälliuge
Ausprägung
66,6%
20%
0%
AN
PN
Gesamt
Abbildung 23: CDS (Gesamt: n=254, AN: n= 188; PN: n= 66)
Erwartungsgemäß lagen die Anteile als „unauffällig“ eingeschätzter Patienten in
allen drei Depressionserfassungs-Instrumenten im Bereich AN höher als in PN;
umgekehrt fanden sich eindeutig als „auffällig“ bewertete Scores bei einem jeweils deutlich größeren Anteil der Patienten in PN. Diese Unterschiede zwischen
den Therapiebereichen waren für alle beschriebenen Instrumente signifikant
(HADS-D-D: p=0,016, BDI: p=0,004, CDS: p=0,002).
Diese Ergebnisse sprechen für eine unzureichende Erfaßbarkeit depressiver
Störungen durch die hier eingesetzten psychometrischen Instrumente.
136
4 .4 .2 Klinis c he Bilde r
Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist, dass es nach Schlaganfall depressive Störungen gibt, die sich in den gängigen Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren nicht als eindeutig krankhaft abbilden und auch klinisch nur
dann zuverlässig erfasst werden können, wenn zielgerichtet daraufhin untersucht
wird (vgl. Hautzinger, 1998, Berger, 1999). Wir haben dieses Phänomen unter
den Begriff Verdeckte Depressive Störungen gefasst. In diesen Fällen fehlen offenkundige psychische Klagen und Symptome weitgehend, stattdessen stehen
eher körperliche Symptome und entsprechende Klagen im Vordergrund. Klinisch
lassen sich zwei Störungsbilder differenzieren:
Bei der einen Störung, die wir nach ICD-10 vorläufig unter “Anhaltender antriebsarm-resignativer Erlebniswandel” (F34.8) erfasst haben, stehen neben vielfältigen körpernahen Beschwerden ein Verlust von Antrieb und Aktivität, ein Verlust
von Interesse oder von Freude auch an angenehmen Aktivitäten und ein deutlicher sozialer (interaktioneller) Rückzug im Vordergrund. Das Leben findet wie auf
“Sparflamme” statt, beschränkt auf die Bewältigung der alltäglichen Routine. Die
Patienten sehen sich selbst als “Verlierer” und hadern mit ihrem Schicksal. Dem
Verlust von Selbstvertrauen entsprechen eine Fokussierung der Aufmerksamkeit
auf die eigene Unzulänglichkeit und ein still resignierter Pessimismus (“Gleichgültigkeit”) im Hinblick auf die Zukunft.
Die andere Störung ist allein schon deshalb nicht leicht zu erkennen, weil sie
sich nur zeitweilig manifestiert. Es handelt sich um wiederkehrende depressive
Einbrüche, die nur Stunden dauern können, aber in längstens einigen Tagen
wieder abklingen; und nach ICD-10 am als “Rezidivierende kurze depressive Störung” F38.10 klassifizierbar sind. Betroffene stellen sich meistens so dar, als
hätten sie die Erkrankung psychisch gut bewältigt und als gäbe es auch sonst
keine nennenswerten psychosozialen Probleme. Die Beschäftigung mit dem
Schlaganfall und seinen Folgen wird aber möglichst vermieden. Bezieht man das
innere Erleben der Kranken mit ein, wie es einem freilich erst nach geduldiger
Befragung mitgeteilt wird, dann spielt dynamisch der Versuch eine Rolle, gefürchtete Wahrnehmungen auszugrenzen, die sich mit der Tatsache der Erkrankung und den damit aufgeworfenen existentiellen Fragen beschäftigen. Die Pati-
137
enten beschreiben dies so, dass Ihnen anfallsartig - so als sich ein Vorhang öffnen würde, wie eine Eingebung, mit plötzlicher Klarheit - deutlich wird, in welcher
Situation sie sich befinden - verbunden mit dem Erleben existentieller Verlorenheit, zum Teil massiven depressiven Einbrüchen und nicht selten auch mit sich
unmittelbar aufdrängenden Suizidgedanken. Das ruft sofort die entsprechenden
Bewältigungsanstrengungen auf den Plan, die von Fall zu Fall unterschiedlich, aber doch regelmäßig darauf ausgerichtet sind, den Zustand der NichtWahrnehmung wieder herzustellen. Der Preis für die auf diesem Wege erreichte
Kontrolle depressiver Erlebnisweisen sind eine letztlich unabgeschlossene
Krankheitsbewältigung, eine anhaltende psychische Labilität und eine vermehrte
Abhängigkeit von der Stabilität kontextueller Rahmenbedingungen.
4 .4 .3 For c ie r te Be w ä ltigung
Bei einem Vergleich sämtlicher Depressionserfassungs-Instrumente (HADS-DD, BDI und CDS) fanden sich bezüglich der im Mittel erreichten Scores (t-Test für
unabhängige Stichproben) bei Aufnahme und Katamnese II durchweg niedrigere
Werte bei den Patienten mit einer Forcierten Bewältigungshaltung. Dieser Unterschied ist für den HADS-D-D bei Katamnese II mit p=0,039, für die CDS bei Aufnahme mit p=0,002 signifikant.
Auch bei einem entsprechenden Vergleich der Scores in den SelbstratingInstrumenten zur Angsterfassung (HADS-D-A, STAI-State sowie STAI-Trait) fanden sich durchweg niedrigere Werte bei den Patienten mit Forcierten Bewältgungshaltung an allen Erhebungszeitpunkten. (Dieser Unterschied ist für den
STAI-Trait bei Aufnahme mit p=0,009 signifikant.)
In der Selbstbeurteilung beklagten Patienten mit Forcierter Bewältigungshaltung
seltener eine belangvolle Einschränkung ihrer Belastbarkeit. So lag der Anteil von
Patienten ohne beklagte Belastbarkeitsminderung Bei Katamnese II unter den
„Forcierten Bewältigern“ bei 23,9%, bei den Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung bei 10 %. 43,3% der „Forcierten Bewältiger“, 51,5% der nicht Forciert Bewältigenden benannten zu diesem Zeitpunkt sogar eine stark ausgeprägte Belastbarkeitsminderung. Bei einer ensprechenden Einschätzung für den
138
Zeitpunkt der Katamnese I zeigte sich ein gleichgerichteter Unterschied zwischen
den Forcierten Bewältigern und den nicht Forciert Bewältigenden, der mit p=0,049
sogar signifikant war (Chi-Quadrat-Test). Im Hinblick auf die Verlaufseinschätzung der subjektiven Belastbarkeitsminderung bei Katamnese II fanden sich keine belangvollen Unterschiede.
In der Fremdeinschätzung der Belastbarkeit im Rahmen des Neuropsychologischen Ratings zeigte sich zwar kein signifikanter Unterschied; die Belastbarkeit
wurde jedoch im Mittel tendenziell – gerade umgekehrt – in der Gruppe der Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung als besser eingeschätzt.
Die Aufmerksamkeitsleistung lag bei den Patienten mit Forcierter Bewältigungshaltung etwas höher als bei den Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung.
Dieser Unterschied war bei Katamnese II mit p= 0,037 auch signifikant (ChiQuadrat-Test nach Pearson).
Bei einem Vergleich des Neuropsychologischen Ratings für den psychische Anteil der kognitiven Auffälligkeiten sowie der Gedächtnisleistungen ergaben sich
an allen Untersuchungszeitpunkten keine signifikanten Unterschiede zwischen
Patienten mit und ohne Forcierte Bewältigungshaltung (FB).
Vergleicht man die Häufigkeit sensibler Reizsymptome zwischen den Patienten
mit und denjenigen ohne FB, fand sich kein belangvoller Unterschied. Auch bezüglich des Vorliegens einer Schmerzproblematik unterschieden sich die Patienten mit und ohne FB nicht.
Das klinische Hilfskonstrukt einer Forcierte Bewältigungshaltung bildete sich in
den hier eingesetzten Instrumenten zur Erfassung der Krankheitsbewältigung
(FKV) und der Gesundheitskontrollüberzeugungen (KKG) nicht eindeutig ab.
So fanden sich bei Aufnahme zwischen den Patienten mit und ohne FB keine
belangvollen Unterschiede für die Skalen des FKV mit Ausnahme eines höheren
Mittelwertes bei FKV-10 bei den Patienten mit FB, d.h. einer stärkeren Tendenz
139
zur „Relativierung durch Vergleich“ (p=0,01). Der KKG zeigt keine signifikanten
Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne FB. Die Vorstellung, daß der
eigene Gesundheitszustand wesentlich von andere Personen abhängt (KKG Patienten – Soziale Externalität) fand sich etwas stärker bei Patienten ohne FB
(p=0,074). Bezüglich des VEV ergaben sich ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne Forcierte Bewältigungshaltung.
Dagegen zeigte sich im FMP ein Unterschied zwischen den Patienten mit und
ohne Forcierte Bewältigungshaltung insbesondere für die Skala „Krankheitserleben“ (FMP-1) und „Erwartungen und Erfahrungen bezüglich Psychotherapie“
(FMP-4) mit bei Aufnahme und Katamnese II jeweils höheren Mittelwerten bei den
Patienten ohne Forcierte Bewältigungshaltung als Ausdruck einer höheren Psychotherapiemotivation. Diese Unterschiede waren bei Katamnese II mit p=0,026
bzw. p=0,049 signifikant. Zu diesem Zeitpunkt lag auch die Psychotherapiemotivation, wie sie durch die FMP-Gesamt-Skala erfaßt wird, bei den Patienten ohne
FB mit p=0,047 höher als bei den Patienten mit einer FB.
140
5
„T EIL NEHM ENDE“ B EOBACHT UNGEN
Es erscheint nach unseren Erfahrungen gerechtfertigt, bezüglich der Implementierung von Forschungsaktivitäten in den klinischen Rehabilitationsalltag von einer eigenständigen Aufgabenstellung zu sprechen, die eine eigene Auswertung
der Erfahrungen sowohl im Hinblick auf Schwierigkeit als auch auf positive Aspekte und Chancen rechtfertigen würde.
Dazu fehlten sowohl ein konkreter Auftrag wie der notwendige Rahmen. Dennoch
sollen hier, aus einer Perspektive der teilnehmenden Beobachtung (vgl. Friedrichs & Küdtke, 1973), wenigstens einige wenige Beobachtungen referiert werden.
Als uneingeschränkt positiv sind die vielfältigen Anregungen heraus zu stellen,
mit der die Implementierung klinischer Forschung die klinische Arbeit befruchtet
hat. Viele der gemachten Erfahrungen und gewonnenen Kenntnisse haben sich
im klinischen Alltag nutzen lassen, und das Einnehmen einer wissenschaftlicher
Haltung hat sich auch über das eigentliche Projekt und seine Fragestellungen
hinaus als Gewinn für die Klinik erwiesen. In diesem Zusammenhang sind auch
die neuen oder vertieften Kontakte zu nennen, die aus der Begegnung mit universitären und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen entstanden sind; teilweise ist daraus eine inhaltlich wie auch persönlich wertvolle Zusammenarbeit gewachsen.
Rekrutierungsschwierigkeiten und rasche Mitarbeiterwechsel verweisen dagegen auf ein gerade für die Forschungsförderung relevantes Problem. Soll klinische Forschung in einem klinischen Kontext längerfristig implementiert werden,
sind in den klinischen Bereichen bereits durch entsprechende Fördermittel Arbeits- und Entwicklungsbedingungen zu schaffen, die für interessierte ForscherInnen über die Projektdauer hinaus wissenschaftliche und berufliche Perspektiven eröffnen. Gerade in Zeiten ständig wachsender Arbeitsbelastungen und
schrumpfender Ressourcen ist gleichzeitig für eine deutliche Entlastung beteiligter klinischer Mitarbeiter zu sorgen. Schließlich ist auch für beteiligte wissenschaftliche Institutionen eine solche Ausstattung erforderlich, dass die vorgesehene Anleitung und Unterstützung auch tatsächlich so realisiert werden kann.
141
6
Z USAM M ENFASSUNG
UND
D ISKUSSION
Umfang und Vielfalt der im Laufe dieses Projektes erfassten Daten bringen e s
mit sich, dass bislang bei weitem noch nicht alle interessanten Aspekte ausgewertet werden konnten. Der vorliegende Projektbericht konzentriert sich deshalb
auf die Ergebnisse, die im Hinblick auf die ursprünglich formulierten Aufgabenstellungen besonders relevant erschienen. Zusätzlich werden erste Ergebnisse
bezüglich des Problems Verdeckter Depressiver Störungen bei Forcierter Bewältigungshaltung dargelegt und diskutiert. Weitere Auswertungen und Untersuchungen werden angestrebt.
6 .1 U nt e r s c hi e d e de r Pa ti e n te n in d e n B e h a n dl un gs s e t t in gs
Bezüglich demographischer Basisdaten wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau
und Familienstand ergab sich kein Unterschied zwischen den beiden Therapiebereichen AN und PN. Auch im Hinblick auf das beim Schlaganfall betroffene
Gefäßgebiet, die Hemisphärenseiten sowie die Lokalisation (Vgl. Tabellen A1-A7
im Anhang 9.2) fand sich kein belangvoller Unterschied zwischen den Patientengruppen in den zwei verschiedenen Behandlungssettings; in PN war lediglich der
Anteil von Patienten mit Subarachnoidalblutungen mit 18,6% gegenüber 9,6% in
AN höher. Dies dürfte unserer klinischen Erfahrung entsprechen, daß Subarachnoidalblutungen wegen ihres in der Regel besonders dramatisch erlebten Auftretens besonders oft von mit massiver existentieller Verunsicherung und häufigen psychischen Folgesymptomen einhergehen.
In AN fanden sich Patienten mit im Mittel ausgeprägteren neurologischen und
allgemein-körperlichen Einschränkungen (Barthelindex, NIHSS, Gehfähigkeit,
Allgemeinzustand (vgl. 4.2.1). Die hier erhobenen Befunde mit vergleichsweise
geringen diesbezüglichen Auffälligkeiten entsprechen den Ergebnissen einer
Untersuchung von AHB-Patienten nach Schlaganfall von Krause et al. (1998).
In PN zeigten die Patienten dagegen gegenüber AN signifikant ausgeprägtere
Auffälligkeiten in allen Instrumenten zur Erfassung von Depression und Angst.
Auch lag der Anteil von Patienten mit psychiatrisch/psychotherapeutischen Vor142
behandlungen und einer Antidepressiva-Medikation in PN höher. Im Hinblick auf
Persönlichkeitsaspekte wiesen im FPI-A1 ebenfalls die Patienten in PN stärkere
Abweichungen von den Normwerten für die einzelnen Skalen auf. Lediglich i m
Hinblick auf die Skala „Männlich/Weiblich (FPI-A1-M) fiel in AN eine größere Abweichung vom Normwert für Männer im Sinne einer ausgeprägteren Betonung
„männlicher“ Qualitäten auf. Dies dürfte dem Ergebnis entsprechen, daß sich i m
Hinblick auf das Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung (FB) ergab. So
fand sich in AN ein signifikant größerer Anteil von Patienten mit FB gegenüber
PN. In diesem Zusammenhang sind auch indirekte Hinweise auf eine forciert
abgewehrte emotionale Betroffenheit wie Psychomotrische Unruhe, Logorrhoe zu
nennen, die sich ebenfalls in AN signifikant häufiger fanden. Auch sensible Reizsymptome als Hinweis auf eine mögliche Somatisierung wurden von den Patienten in AN häufiger beklagt. Dementsprechend lag in diesem Bereich auch der
Anteil abrupter Stimmungsschwankungen signifikant höher; schließlich waren
die Formen eher Verdeckter Depressiver Störungen (F 34.8, F38.1) ebenfalls in
AN häufiger. Umgekehrt lag in PN der Anteil von Patienten, die im AMDP als klagsam-jammerig beschrieben wurden, höher; auch die Diagnosen nach ICD-10 F
32- und F33 waren häufiger. Ebenfalls in die Richtung eher endomorpher Depressionsformen im Bereich PN weist, daß die Patienten in PN häufiger Persönlichkeitszüge eines Typus Melancholicus Tellenbach und Symptome wie ein Morgentief, eine Beeinträchtigung der Vitalgefühle sowie Insuffizienz- und Schuldgefühle im AMDP zeigten.
Bereits bei Aufnahme lag die Psychotherapiemotivation nach dem FMP in PN
signifikant höher, als bei den Patienten in AN (vgl. 4.2.8.2). Nach dem FKV waren
depressive Verarbeitungsmodi (FKV-2) und regressive Tendenzen (FKV-9) in PN
signifikant häufiger, während in AN der Skalenwert für eine „Relativierung durch
Vergleich“ im Mittel höher lag (vgl. 4.2.6.2).
Offenbar war das subjektive Beeinträchtigungserleben der Patienten in PN bei
Aufnahme gegenüber AN ausgeprägter. So fanden sich im WHOQOL-BREF bei
Aufnahme in PN durchgängig niedrigere Mittelwerte als in AN für alle erfaßten Bereiche, mit einem signifikanten Unterschied sowohl für die Domäne „psychisch“
als auch für die Domäne „physisch“.(vermutlich als Ausdruck einer depressiv geprägten Selbstwahrnehmung) (vgl. 4.2.8.3). Auch in der aktuellen Selbsteinschät-
143
zung der Patienten nach dem Qualitätssicherungsprogramm der LVA BadenWürttemberg (vgl. 3.4.2.8, 4.2.8.4) bei Aufnahme zeigte sich ein entsprechender
Unterschied mit signifikant schlechteren Reha-Noten, d.h. einem stärkeren Leidensdruck der Patienten in PN. Für eine tatsächlich ausgeprägtere Beeinträchtigung der Patienten in PN spricht, daß dort auch die Reha-Noten in der ArztEinschätzung im Mittel signifikant schlechter ausfielen.
Leider zeigte sich ein höherer Chronifizierungsgrad in PN. So fand sich zwar kein
wesentlicher Unterschied für die durchschnittlichen Zeiten zwischen Auftreten
des Schlaganfalls und Aufnahme in die stationäre Behandlung; aber in AN waren
sowohl der Anteil von AHB-Patienten als auch von Patienten, bei denen der Insult
weniger als ein Jahr zurücklag, signifikant höher. In PN sprechen eine höhere Arbeitslosigkeit bei den zum Aufnahmezeitpunkt arbeitsunfähigen Patienten, ein
größerer Anteil mit einem offenen Rentenwunsch sowie eine geringere Zahl von
zusätzlich eher belastend erlebten sozialen Kontakten für eine schwierigere sozialmedizinische Ausgangssituation und z. T. beginnende psychosoziale Desintegration (vgl. 4.2.3.2). Dieser Befund bestätigt, wie wichtig es ist, eine psychische
Symptomatik möglichst frühzeitig zu erfassen und zielgerichtet zu behandeln.
144
6 .2 Er g e b ni s s e de r Re ha bi li ta ti on s b e h a n dl un g
Alle Patientengruppen zeigten in der klinischen Beurteilung und bei den eingesetzten Untersuchungs- und Beurteilungsinstrumenten im Verlauf der stationären
Behandlung bis zur Entlassung erfreuliche Verbesserungen sowohl in körperlicher, neuropsychologischer als auch insbesondere in psychischer Hinsicht. (In
körperlicher Hinsicht lassen sich auch nach den Erfahrungen anderer Untersucher im Verlauf einer AHB-Behandlung nach Schlaganfall signifikante Verbesserungen erreichen (Krause et al., 1998).)
So kam es bis zur Entlassung u.a. zu hochsignikanten Verbesserungen
(p<0,001) des HADS-D-D und –A, des CDS und dementsprechend auch der
Hauptzielgröße, des STAI-State sowie der Reha-Noten als Einschätzung des jeweils aktuellen Gesundheitszustandes durch Arzt und Patient (vgl. 4.2.2.2,
4.2.8.4). Retrospektiv befragt, gaben nach 6 Monaten (Katamnese I) 92,5%, nach
12 Monaten (Katamnese II) 94,4% der Patienten an, von der stationären Behandlung in den Kliniken Schmieder profitiert zu haben. Ebenso spiegelt sich der
positive Einfluß der stationären Behandlung in den VEV-Befunden bei Entlassung
wider.
Auch bei Katamnese II ließen sich weiterhin erfreuliche Verbesserung der klinischen, testdiagnostischen und testparametrischen Befunde in beiden Therapiebereichen fassen, die sich in den meisten Fällen ebenfalls als signifikant gegenüber den Aufnahmesituation erwiesen – so u.a. für die Erfassungsinstrumente
des Depressionsausmaßes.
Bemerkenswert ist bei diesem letztlich positiven Verlauf nach Abschluß der stationären Behandlung jedoch ein „Zwischentief“ im Sinne einer vorübergehenden
Verschlechterung nach 6 Monaten, welche sich bei Katamnese I in analoger
Weise in sämtlichen Erfassungsinstrumenten für Depression und Angst, aber
auch im Verlauf der Rehabilitation-Noten (Patienteneinschätzung) nach dem
Qualitätssicherungsprogramm der LVA Baden-Württemberg darstellte. Auch der
VEV wies bei Katamnese I gegenüber den bei Entlassung benannten positiven
Veränderungen auf eine Stagnation hin (vgl. 4.2.8.1). Vermutlich spielten hierbei
mehrere Faktoren eine Rolle.
145
Eine naheliegende Erklärung für den beobachteten Verlauf mit „Zwischentief“
nach 6 Monaten könnte darin begründet sein, daß die positiven Effekte der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der häuslichen Umgebung mit den damit
verbundenen Adaptationserfordernissen nicht mehr hinreichend greifen und die
Patienten – konfrontiert mit den Anforderungen und Belastungen des Alltags – ihre Einschränkungen subjektiv stärker wahrnehmen. (Auch aus der Literatur ist
bekannt, daß während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme erreichte
Verbesserungen nach der Entlassung nicht ohne weiteres stabil erhalten bleiben
(Görres et al., 1988)). Dagegen könnte sich zum Zeitpunkt der Katamnese II bereits eine Adaptation an diese Situation – im Sinne einer zweizeitigen Anpassungs- bzw. Bewältigungsleistung - eingestellt haben. Es wird offenbar gewissermaßen ein Übergang in die „Normalität“ erreicht.
Darüber hinaus ist ein Einfluß der unterschiedlichen Erhebungssettings bei den
Katamnesen im Sinne einer negativeren Selbsteinschätzung der Patienten bei
Katamnese I denkbar. Diese erfolgte lediglich im Rahmen eines Telephoninterviews sowie in schriftlicher Form, während bei Katamnese II eine längere Konsultation durch einen erfahrenen Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten
stattfand, welche von vielen Patienten sogar explizit als unmittelbar hilfreich erlebt
wurde und dadurch sekundär zu einem verbesserten Befinden und damit einhergehend einer positiveren Einschätzung in den Selbstratinginstrumenten geführt
haben könnte. (Bezüglich des Stellenwerts der therapeutischen Begegnung für
eine angemessene Erfassung der psychischen Situation im Rahmen einer klinischen Untersuchung sei auch auf 6.6.2 verwiesen.)
Als weiterer, möglicherweise die Ergebnisse verfälschender Aspekt galt es zu
prüfen, inwieweit es sich bei dem „Zwischentief“ nach 6 Monaten um ein Artefakt
durch eine Selektion bei den katamnestisch erfaßten Patienten gegenüber den
Drop-outs handeln könnte. Um dieser Frage nachzugehen, erfolgte eine detaillierte Erfassung und statistische Auswertung gerade auch der jeweils nicht erfaßten Patienten im Vergleich zu denjenigen, die in die Untersuchungen einbezogen werden konnte (vgl. 4.2.9). Zusammenfassend ergab sich bei dieser Sichtung jedoch kein Anhalt für einen dadurch bedingten systematischen Fehler. Wie
die Übersicht A9 im Anhang wiedergibt, unterschieden sich die Drop-outs nicht
grundsätzlich von den auch im Verlauf erfaßten Patienten. Auch die darüber hin-
146
aus ergänzend erfolgte statistische Auswertung der Veränderungen im Verlauf
unter Einbeziehung nur derjenigen Patienten, für die Untersuchungsbefunde an
allen Erhebungszeitpunkten vorlagen, zeigte einen analogen Verlauf mit ebenfalls
signifikanten Verbesserungen während der Rehabilitationsmaßnahme sowie
zwischen Aufnahme und Katamnese II. Aber auch bei diesen Berechnungen fand
zum Zeitpunkt der Katamnese I eine vorübergehende Verschlechterung in den
Selbstratinginstrumenten.
Bei genauer Betrachtung der Daten ergaben sich im Hinblick auf bestimmte Aspekte Anhaltspunkte für eine - insbesondere längerfristig - positivere Entwicklung
der Patienten aus dem Bereich PN, die für eine größere Nachhaltigkeit des intensivierten psychotherapeutischen Behandlungsangebotes sprechen.
So kam es offenbar im Verlauf nach der stationären Behandlung bei den meisten
Patienten zu einer kontinuierlichen Abnahme der sozialen Kontakte zu Freunden
und Bekannten. Diese Entwicklung fand sich in beiden Therapiebereichen; aber
sowohl bei Katamnese I als auch bei Katamnese II gab es im Bereich PN einen
größeren Anteil von Patienten, die – dem sonstigen Trend entgegenstehend - eine Zunahme ihrer Kontakte im Verlauf benannten, bei Katamnese I 7,1% gegenüber 3,9% im Bereich AN, bei Katamnese II 13,3% in PN gegenüber 7,7% in AN.
Die Patienten in PN brachten zwar im Mittel gegenüber den Patienten aus AN bereits bei Aufnahme eine höhere Psychotherapiemotivation mit (FMP). Diese lag
jedoch im Vergleich unter den Normwerten für stationäre psychosomatische Patienten. Vermutlich mit als Folge einer in PN in besonderer Weise geleistete Motivationsarbeit, aber auch auf Grund einer positiven Behandlungserfahrung, kam
es im Verlauf des stationären Aufenthaltes bis zur Entlassung in PN zu einen erfreulichen Anstieg der Psychotherapiemotivation. So lag der Mittelwert der Skala
„Erwartungen und Erfahrungen bezüglich Psychotherapie“ (FMP-4) in PN bei Aufnahme zwar mit 68,9 unter dem T-50-Wert 71 der Vergleichsgruppe von Patienten
aus psychosomatischen Kliniken, stieg aber auf 71,3 bei Entlassung. Dieser in
PN erreichte Wert blieb mit 71,9 bei Katamnese I und 71,0 bei Katamnese II i m
Verlauf stabil. Demgegenüber kam es bei bereits primär signifikant niedrigerem
Ausgangswert in AN von 60,7 im weiteren Verlauf eher zu einer Abnahme des
FMP-4-Scores über 60,2 bei Entlassung und 58,3 bei Katamnese I auf 59,6 bei
Katamnese II.
147
Dementsprechend lag auch der Anteil von Patienten, die sich zwischen Entlassung und den katamnestischen Untersuchungen auch ambulant noch Behandlungsangebote im Hinblick auf psychische Störungen nutzte, in PN gegenüber AN
(sowohl für eine psychiatrische als auch eine psychotherapeutische Behandlung)
signifikant höher (vgl. 4.2.4). Auch sprechen die Verlaufsbefunde des VEV mit
deutlich höheren positiven Veränderungswerten in PN gegenüber AN gerade
zwischen Katamnese I und Katamnese II für eine nachhaltig positive Wirkung der
intensivierten – und häufiger fortgeführten – psychotherapeutischen Behandlung
dieser Gruppe.
Die CDS zeigte bei den Patienten in PN gegenüber den Patienten aus AN gerade
im längerfristigen Verlauf eine positivere Entwicklung der depressiven Symptomatik an. So kam es diesbezüglich im Mittel bei den Patienten aus AN zwischen
Entlassung und Katamnese II zu einer signifikanten Verschlechterung, während
sich der CDS-Score in PN in diesem Zeitraum im Mittel sogar signifikant verbesserte (vgl. 4.2.2.2). (Dieser Unterschied bildete sich in den Selbstratingverfahren
allerdings nicht so deutlich ab.) In die gleiche Richtung weist die Beobachtung
aus den Ergebnissen des FKV, daß sich bezüglich der eher ungünstigen Strategie „regressiver Tendenzen“ (FKV-10) zwar bei Aufnahme in PN gegenüber AN
ein signifikant höherer Mittelwert von 18,0 gegenüber 12,5 in PN fand, aber i m
Verlauf bis zur Katamnese II in PN eine Abnahme auf 13,1 erreicht wurde, wogegen sich in AN diesbezüglich (12,7 bei K II) keine Änderung zeigte.
Bei der statistischen Auswertung der Befunde des WHOQOL-BREF im Verlauf
ergeben sich für die Gesamtpopulation keine signifikanten Verbesserungen. Bei
getrennter Betrachtung der beiden Therapiebereiche zeigt sich jedoch – allerdings nur in PN - eine signifikante Verbesserung der WHOQOL-BREFGesamtsskala im Verlauf bis zur Katamnese II. Auch dies könnte Ausdruck einer
sich gerade längerfristig bemerkbar machenden positiven Wirkung der intensiveren psychotherapeutischen Behandlung in PN sein. In dieselbe Richtung weisen
die über den Verlauf hinweg von den Patienten in unterschiedlicher Offenheit und
Häufigkeit beklagten Störungen der Sexualität (4.2.3.1) mit einer langfristig positiveren Entwicklung bei den Patienten aus PN.
148
6 .3 P r ä di k t or e n f ür d ie V e r be s s e r un g de r De pr e s s i ve n Sy m p to m a ti k (H a u pt zi e l gr öß e ) i m Ve r l a u f
Es wurde überprüft, welche Befunde bzw. Patientenmerkmale bei Aufnahme in
die neurologische Rehabilitation den Outcome im Hinblick auf das Ausmaß der
Depressiven Symptomatik, wie durch die Hauptzielgröße erfaßt, bei Entlassung
und nach 12 Monaten (Katamnese II) prognostisch relevant sind. Als statistisches Verfahren wurde die lineare Regression sowie unterstützend auch die
schrittweise lineare Regression in Rückwärtstechnik angewandt (vgl. Kapitel 4.3).
Die Selektion der Prädiktorvariablen erfolgte unter Einbeziehung von Korrelationsanalysen, univariaten Regressionsanalysen sowie von inhaltlichen Gesichtspunkten.
Die Ergebnisse belegen einen eindeutig positiven prognostischen Einfluß des
initialen Schweregrades der depressiven Symptomatik auf die im Verlauf erreichbare Verbesserung (wie sie durch die Hauptzielgröße erfaßt wird). Dies gilt sowohl für die Zeit der stationären Behandlung bis zur Entlassung als auch für den
langfristigen Verlauf bis zur Katamnese II.
Höhere Werte in den eingesetzten Selbst- und Fremdrating-Instrumenten zur Depressionserfassung bei Aufnahme (HADS-D-D und CDS) sprechen prognostisch
für eine weiterreichende Rückbildung der depressiven Symptomatik. Es liegt nahe, daß bei geringer ausgeprägten depressiven Veränderungen schon im Hinblick auf einen umgekehrten Deckeneffekt geringere Besserungsspielräume bestehen. Darüber hinaus ist jedoch zusätzlich ein indirekter Zusammenhang mit
dem Vorliegen einer Forcierten Bewältigungshaltung zu vermuten. Dabei sind einerseits bei Patienten mit FB nicht nur die Scores in den Depressionserfassungs-Instrumenten niedriger, sondern auch die Psychotherapiemotivation (FMP)
geringer ausgeprägt (vgl. 4.4.3). Auch findet sich in AN sowohl ein höherer Anteil
von Patienten mit niedrigen Depressionswerten, als auch signifikant häufiger eine FB (vgl. 4.2); eine Tatsache, die ebenfalls mit dazu führen dürfte, daß die offenbar in dieser Patientengruppe eher verdeckt in Erscheinung tretenden Depressiven Störungen weniger intensiv und zielgerichtet behandelt werden.
In die gleiche Richtung weist, daß sich der AMDP-Parameter „klagsamjammerig“ als bester Prädiktor (mit r=0,85) für eine Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf der stationären Behandlung gezeigt hat. Demnach
149
begünstigt ein Offen-nach-außen-zeigen des depressiven Erlebniswandels mit
entsprechender Behandlungsbedürftigkeit eine Verbesserung der depressiven
Symptomatik im Verlauf. Passend hierzu fand sich auch ein positiver prognostischer Effekt für die FPI-A1-Skala „Extraversion“ (FPI-E).
Umgekehrt erweist sich die als Hilfskonstrukt eingesetzte Konzeption einer Forcierten Bewältigungshaltung (FB) bei der Regressionsanalyse als prognostisch
sehr aussagekräftig mit einem deutlichen negativen Einfluß auf die erreichbare
Verbesserung der depressiven Symptomatik im Verlauf bis zur Katamnese II (r = 1,2). Somit scheint die FB ein klinisch durchaus sehr relevantes Phänomen
(möglicherweise auch eine charakteristische Entität) zu erfassen, selbst wenn
sie sich mit den hier eingesetzten gängigen Instrumenten zur Beschreibung von
Krankheitsbewältigungsprozessen (FKV, KKG) nicht fassen lässt (vgl. 6.5).
Bezogen auf den längeren Beobachtungszeitraum bis zur Katamnese II ergab
sich für das Geschlecht die größte prognostische Vorhersagekraft mit r = 1,59.
Dabei weisen Frauen offenbar eine günstigere Prognose im Hinblick auf die erreichbaren Verbesserungen der Depressivität im Verlauf auf. Dieses Ergebnis überrascht nicht, wenn man berücksichtigt, daß Frauen nicht nur in unserer Studie
eine höhere Psychotherapiemotivation (FMP) aufwiesen, sondern auch nach der
klinischen Erfahrung eher extrovertierter und aufgeschlossener für psychotherapeutische Behandlungsangebote sind und emotionale Bedürftigkeit / Beeinträchtigungen leichter nach außen zugestehen können, als Männern. Das eine größere Psychotherapiemotivation, so wie sie der FMP erfaßt, mit besseren psychotherapeutischen Behandlungserfolgen einhergehen, ist bekannt (Schneider et al.,
1999) Auch Kallert et al. (1995) identifizierten u.a. „Weibliches Geschlecht“ als
Prädiktor für einen günstigen Depressionsverlauf.
Fast alle für den Outcome der Depressiven Störung als prognostisch relevant
erfaßten / bestimmten Parameter weisen demnach inhaltlich in eine gemeinsame Richtung, auch wenn sie nicht direkt untereinander hoch korreliert sind.
Für den Zeitraum der stationären Behandlung selber zeichnet sich darüber hinaus ab, daß eine größere Gelassenheit, Zuversicht und Geduld (nach dem FPI-6)
nachvollziehbar einen positiven, eine stärker ausgeprägte Mobilitätseinschränkung einen negativen prognostischen Prädiktor für eine Depressionsverbesserung im Verlauf darstellen. Auch das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit bei Auf150
nahme ist offenbar mit geringeren Verbesserungen der Depression bis zur Entlassung verbunden.
Für die Katamnese II findet sich ein – wenn auch sehr viel geringerer - prognostischer Einfluß des psychischen Anteils an den mental-kognitiven Einschränkungen (nach dem Neuropsychologischen Rating) im Sinne einer geringeren Verbesserung der Depressiven Symptomatik bei höherem psychischen Anteil der
gezeigten kognitiven Einschränkungen.
151
6 .4 Z uw e i s u ng i n di e ve r s c h ie de ne n Be ha nd lu ng s k on te x t e
Das Design der Studie begrenzt die diesbezüglichen Aussagemöglichkeiten. Für
weitergehende Feststellungen wären kontrollierte Vergleichsstudien erforderlich
gewesen, in denen die Patienten ohne Rücksicht auf den jeweiligen neurologischen wie psychiatrischen Befund randomisiert verteilt werden. Dem stand entgegen, dass sich Rehabilitationsplan und Behandlung selbstverständlich an den
Erfordernissen des Einzelfalles orientieren müssen. Die Aufnahme in die verschiedenen Behandlungskontexte musste sich insbesondere nach den gegebenen Zuweisungs- und Belegungsmodalitäten richten, wobei v.a. für die teilstationäre Behandlung neben medizinischen Kriterien (z.B. Schwere des Krankheitsbildes) Wohnortnähe und Erreichbarkeit der Einrichtung entscheidende Kriterien
darstellten.
In diesem Zusammenhang ist anzunehmen, dass die Rekrutierungsschwierigkeiten im teilstationären Bereich bereits ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung darstellen. So legt das trotz zielgerichteter Anstrengungen anhaltende
Ausbleiben von teilstationären Patienten nahe, dass Kranke, die zugleich mit den
Folgen eines Schlaganfalles depressive Störungen zeigen, offenbar primär nicht
in einen teilstationären Kontext zugewiesen werden. Vermutlich benötigen solche
Patienten eine intensivere Versorgung und mehr Struktur, als teilstationär zu gewährleisten ist. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass der depressive Erlebniswandel die Kranken daran hindert, den für die Nutzung eines teilstationären
Rehabilitationsangebotes erforderlichen Eigenantrieb aufzubringen. Alternativ oder ergänzend könnte hier außerdem das Phänomen Verdeckter Depressiver
Störungen zum Tragen kommen.
Die Ergebnisse des ausführlichen Vergleiches der Patienten in AN versus PN
(vgl. 4.2) zeigt, dass eine sinnvolle interne Differenzierung nach Behandlungsschwerpunkten gegenwärtig offenbar schon erfolgt. Dies dürfte zum einen daran
liegen, dass in den Kliniken Schmieder erfahrene Fachärzte als Belegärzte tätig
sind, die auf Grundlage der mitgeteilten Vorbefunde die Patienten zielgerichtet in
einen der beiden Behandlungskontexte AN bzw. PN zuweisen. Zum anderen
spielen mit wachsendem Bekanntheitsgrad des speziellen Behandlungsangebotes im Bereich PN zunehmend gezielte Zuweisungen von außen eine Rolle.
152
Offenbar gelangen Patienten mit ausgeprägten und insbesondere offen zu Tage
tretenden bzw. beklagten Depressiven Störungen bereits jetzt in den Bereich PN
mit einem besonders intensiven Behandlungsangebot für psychische Störungen.
Dagegen findet sich im allgemeinneurologischen Bereich AN ein höherer Anteil
von Patienten mit stärkeren körperlichen Einschränkungen (vgl. 4.2.2.1). Der höhere Anteil von Patienten mit Forcierter Bewältigungshaltung in AN, bei denen
sich die depressive Symptomatik eher verdeckt (vgl. 4.4.2,) manifestiert, lässt eine alleinige Orientierung an den Vorbefunden unzulänglich erscheinen.
In dieselbe Richtung verweist, dass Patienten mit depressiven Störungen nach
Schlaganfall häufiger erst mit Verzögerung in eine angezeigte spezifische Behandlung kommen. Dazu passend finden sich in PN Hinweise auf einen höheren
Chronifizierungsgrad mit ungünstigeren psychosozialen und sozialmedizinischen
Bedingungen (vgl. 4.2.3.2). Selbst in solchen Fällen lassen sich auf Symptomebene deutliche Besserungen erzielen; bei bereits einsetzender psychosozialer
(vgl. Anderson, 1995; Köhler, 1994) und fortgeschrittener innerer Festlegung auf
die Notwendigkeit einer Rente gelingt eine Wendung der sozialmedizinischen
Situation jedoch häufig nicht mehr. Zwar läßt sich der positive Einfluss einer früheren und zielgerichteten Intervention auf den Verlauf mit unseren Daten nicht
belegen. Unter Berücksichtigung der rehabilitationsmedizinischen Erfahrung erscheint die Forderung nach einer verbesserten - insbesondere früheren - Identifikation solcher Krankheitsbilder mit zeitnaher Zuweisung in eine entsprechende
Behandlung sicher gerechtfertigt. Zum einen besteht Bedarf nach geeigneten,
auch in der Akutklinik oder der ambulanten Versorgung anwendbaren Assessmentverfahren, zumal für verdeckte Formen depressiver (und anderer psychischer) Störungen. Zum anderen ist der verbreiteten Fehleinschätzung entgegen
zu wirken, psychische Auffälligkeiten nach Schlaganfall nur als verständliche Reaktion zu bewerten, die keiner Behandlung bedarf. In ähnlicher Weise kann aber
auch die Bewertung affektiver Beeinträchtigungen als allein hirnorganisch bedingt eine notwendige zeitnahe Behandlung verhindern.
153
6 .5 D e p r e s s iv e St ör un ge n na c h S c h la ga nf a l l: K li ni s c he B e s on de r h e i te n
Unter einem klinischen Blickwinkel lassen sich aufgrund der Studienergebnisse
einige Besonderheiten der Erscheinungsformen depressiver Störungen nach
Schlaganfall formulieren: Es bestätigt sich, daß es nach Schlaganfall keine eigenständige depressive Krankheitsentität gibt, der Begriff der Poststroke Depression (PSD) sollte daher allenfalls als Oberbegriff verwendet werden (House
et al., 1991). Auch wenn nach ICD-10 formal die Diagnose einer organisch depressiven Störung nach Kapitel F06 zu diskutieren ist, legt die Vielfalt der klinischen Bilder nahe, die Diagnose nicht allein auf die Kenntnis der Hirnschädigung zu stützen, sondern die Art der depressiven Verstimmung vorrangig auch
nach den anderen Kategorien zu klassifizieren, mit denen das ICD-10 Depressivität beschreibt. Jenseits ätiologischer Fragen hat dieses Vorgehen den Vorzug,
Hinweise auf die jeweils erforderlichen therapeutischen Interventionen zu geben.
Angesichts der affektiven Störungen inhärenten Vielgestaltigkeit überrascht nicht,
daß alle Formen depressiver Störungen vorkommen. Passend zum unmittelbaren erlebnisreaktiven Bezug sind Anpassungsstörungen besonders häufig, aber
auch mit ausgeprägteren depressiven Störungsbildern nach ICD-10 F 31 bis F33
ist zu rechnen. Am anderen Ende des Spektrums finden sich die unter 4.4.2 beschriebenen und im folgenden diskutierten Sonderformen Verdeckter depressiver Störungen (Schmidt et al., 2000). Als Hinweise auf eine allfällige depressive
Verstimmung sind in diesem Zusammenhang auf Symptomebene Schmerz,
Belastbarkeitsminderung und (Schwindel)-Anfälle als weitere ätiologisch unbestimmte Beschwerden zu nennen; aber auch eine auffallende Rastlosigkeit und
Logorrhoe sollte an einen – forciert abgewehrten - depressiven Erlebniswandel
denken lassen.
6 .5 .1 Ve r de c k te de pr e s s ive Stör unge n na c h Sc hla ga nfa ll
Dass psychische Störungen nach Schlaganfällen in relevantem Umfang „verdeckt“ auftreten können, ist ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung. Für
depressive Störungen an sich ist bekannt, dass sie sich körperlich manifestieren
können, und etwa im Konzept der larvierten oder auch maskierten Depression
154
beschrieben; im Englischen ist von einer "smiling depression“ die Rede (Kielholz
1973, Lopez-Ibor 1972, Wolfersdorf 1992, Berger 1999). In der Symptomatologie
solcher Depressionen fehlen ”depressive” Affekt- und Denkstörungen, da sie
hinter Körperbeschwerden zurücktreten, bzw. sie scheinen zu fehlen (Klerman
1983, Wittchen et al. 1999).
„Verdeckte“ Störungsbilder gibt es offenbar auch bei anderen psychischen Leitsymptomen, insbesondere bei Angst (Angenendt et al. 1999). Als Beschwerden,
die häufiger eine psychische Problematik verbergen können, lassen sich bei
neurologisch Kranken eine Minderung der Belastbarkeit oder manche Beeinträchtigungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis herausheben;
aber auch chronische Schmerzen (Löttgen et al. 1995; Schmidt et al., 1997 u.
2000, House et al., 1991). Die jeweils geklagten Beschwerden sind nicht spezifisch für eine bestimmte psychische Störung, sondern kommen offenbar bei unterschiedlichen seelischen Konstellationen vor (Maier, 1998). Klinisch ist immer
wieder zu beobachten, dass in solchen Fällen die Symptomatik (nachvollziehbar)
einseitig als wesentlich hirnorganisch bedingt eingeordnet wird – was zumeist
auch mit einer geringen therapeutischen Beeinflussbarkeit und einer schlechten
Prognose gleichgesetzt wird; obwohl unter sachgerechter Behandlung oft sogar
erhebliche Besserungsspielräume erschlossen werden können (Mangold und
Wallenfang, 2000).
Unter dem Begriff „Unterschwellige psychische Störungen“ rückt gegenwärtig das
Problem solcher psychischer Störungen allgemein stärker in den Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit, die klinisch von Bedeutung sind, obwohl nicht alle diagnostischen Kriterien erfüllt sind. Hierunter werden leicht ausgeprägte, symptomarme,
atypische oder zeitlich limitierte psychopathologische Syndrome unterhalb der
Schwelle operationalisierter Diagnosen verstanden. Offenbar kommt solchen
Störungen wesentliche Bedeutung zu: sie sind offenbar häufig und wahrscheinlich von erheblichem Krankheitswert (H. Helmchen, 2001). Zu klären ist, inwieweit
es sich um beginnende, intermittierende oder residuale Zustände bekannter
psychischer Krankheiten oder gar um eigenständige Krankheitszustände handelt. Im vorliegenden Zusammenhang ist insbesondere der Hinweis von Interesse, unterschwellige psychische Störungen könnten als („komorbide“) Begleitsyndrome anderer psychischer oder körperlicher Krankheiten auftreten. Es fehlen a-
155
ber noch Modellvorstellungen, wie sich die Komorbidität von körperlichen und
psychosozialen Störungen im Konkreten auf das jeweilige psychopathologische
Bild auswirken könnte.
Obwohl das Bild larvierter depressiver Störungen auch in der Klinik zum Grundwissen gehört, ist davon auszugehen, daß solche verdeckten Störungen im konkreten Behandlungsalltag oftmals unerkannt bleiben (Berger, 1999, Stoudemire
et al, 1985). Folgen wir den in der vorliegenden Untersuchung gemachten Beobachtungen, dann bleiben verdeckte depressive Störungen solange unerkannt,
wie nicht zielgerichtet daraufhin untersucht wird. Schramke et al. (1998) weisen
auf daß Problem unzureichender Erfaßbarkeit depressiver Störungsbilder nach
Schlaganfall durch gängige Instrumente und das damit verbundene Risiko einer
Unterschätzung der Häufigkeit hin. Auch die im Rahmen dieser Studie eingesetzten, gängigen Depressionserfassungsinstrumenten bilden die klinisch diagnostizierten Depressiven Störungen nicht hinreichend ab (vgl.4.4.1).
Diesbezüglich ist im Hinblick auf alle eingesetzten Erfassungsinstrumente zu
beachten, daß die jeweiligen, den Auswertungen in Kapitel 4.4.1 zu Grunde gelegten Grenzwerte als mehr oder weniger vorläufige Empfehlungen zu betrachten
sind und je nach Fragestellung einer Anpassung bedürfen. Dies gilt insbesondere für den HADS-D, der als Screeninginstrument für ängstlich-depressive Störungen bei somatisch Kranken entwickelt wurde (Zigmond et Snaith, 1983). Auch für
die CDS stellen Herrmann et al. (1995) eine Eignung als Instrument zur Diagnosestellung einer depressiven Störung zwar in Frage, betonen aber die Eignung
zur Bestimmung des Schweregrades. Hinzu kommt, daß die CDS in unserer
Studie nicht exakt entsprechend der von Herrmann et al. geforderten Bedingungen eingesetzt wurde. So erfolgte z. B. die erste Befunderhebung direkt nach Aufnahme – und nicht, wie empfohlen, durch einen Therapeuten, welcher den Patienten bereits längere Zeit kennt. Auch die Einbeziehung fremdanamnestischer
Angaben gelang nicht in allen Fällen. Hinzu kommt die Beobachtung eines
„Schulungseffektes“ durch die Erfahrungen im Verlauf der Studie - im Sinne einer
offensichtlich zunehmenden Kompetenz, Auffälligkeiten tatsächlich zu erkennen.
Dies könnte eine Erklärung für die höheren Korrelationskoeffizienten zwischen
der CDS und den anderen Instrumenten zur Depressionserfassung bei Katamnese II sein (vgl. 4.2.2.3.2). Trotz dieser Einschränkungen haben wir aus prag-
156
matischen Überlegungen die CDS weiter eingesetzt und auch als Bestandteil der
Hauptzielgröße beibehalten, um eine Fremdbeurteilung einzubeziehen. Für die
Aussagekraft der CDS sprechen die deutlichen Korrelationen mit den anderen
Depressionsinstrumenten (Korrelationskoeffizienten von r=0,424 bis r=0,618, vgl.
4.2.2.3.2). Die differenzierten Studienergebnisse u.a. bezüglich der Unterschiede
zwischen den Therapiegruppen und den Untersuchungszeitpunkten belegen,
daß alle eingesetzten Erhebungsinstrumente (einschließlich der CDS) zwar nicht
sensitiv genug sind, die Depressionsdiagnose in jedem Fall zu stellen, aber sehr
wohl geeignet sind, zwischen Schweregraden zu differenzieren und Veränderungen im Verlauf zu erfassen.
Unsere Ergebnisse (die auf einen nicht unerheblichen Anteil von Patienten mit
Depression ohne entsprechende testparametrische Auffälligkeiten verweisen)
sprechen für ein hohes Risiko, depressive Störungen nach Schlaganfall ohne
zielgerichtete fachärztliche Untersuchung zu übersehen. In dieselbe Richtung
weist eine Untersuchung von Schubert et al. (1992): Zwar wurde bei immerhin
68% der dort einbezogenen Rehabilitationspatienten nach Schlaganfall im Rahmen einer psychiatrischen ausführlichen Untersuchung eine depressive Störung
festgestellt; im BDI zeigten sich Auffälligkeiten dagegen nur bei 50 % und im klinischen Alltag war keiner der betroffenen Patienten als depressiv erkannt worden.
Neben neurologischen Kenntnissen sind zur adäquaten Erfassung depressiver
Störungen nach Schlaganfall nicht nur neuropsychiatrische sondern auch psychotherapeutische Kompetenzen erforderlich. Gerade ein im Rahmen der Krankheitsbewältigung gleichsam aktiv in Schach gehaltener depressiver Erlebniswandel wird selbst einem fachärztlichen Untersucher entgehen können, wenn
nicht im Verlauf der Untersuchung ein therapeutischer Dialog als Voraussetzung
dafür zustande kommt, daß sich der Patient dem Arzt (und gegebenenfalls auch
sich selbst gegenüber) in seinem verdeckt gehaltenen (forciert abgewehrten)
Erleben öffnen kann.
157
6 .5 .2 Kom or biditä t (und Dur c hm is c hung) von Angs t- und De pr e s s ions s ym ptom e n
Aus der Literatur ist bekannt, daß nach Schlaganfall nicht nur depressive Störungen, sondern auch Angststörungen häufig sind. So fanden nach Castillo et al.
(1993) bei 40 % der Patienten nach Schlaganfall Angstsymptome; 27 % erfüllten
die Kriterien für die Diagnose einer Generalisierten Angststörung nach ICD-10 F
41.1, aber lediglich 6% wiesen ausschließlich eine Angststörung auf. Nach unseren Ergebnissen zeichnen sich depressive Störungen nach Schlaganfall durch
eine hohe Komorbidität bzw. Durchmischung mit Angstsymptomen aus, die sich
u.a. in der hohen Korrelation zwischen Angst- und Depressionserfassungsinstrumenten darstellt (von r=0,522 bis 0,732 - vgl. 4.2.2.3.1). Es liegt nahe, hierfür
in der durch die körperliche Erkrankung hervorgerufenen existentiellen Verunsicherung den Anlaß zu sehen. Die Tatsache, daß sich nicht nur für die beiden
Skalen des HADS-D, sondern auch für die anderen eingesetzten Selbstratingverfahren hohe Korrelationen zwischen Angst und Depression fanden, spricht für
ein gleichzeitiges Vorliegen von relevanten Angst- und Depressionssymptomen
bei den untersuchten Schlaganfallpatienten und eher gegen eine eventuelle Diskriminationsunschärfe der Skalen als Erklärung für dieses Ergebnis. Nach Herrmann et al. (1994) ergab ein Vergleich der Angst/Depressions-Interkorrelation für
den HADS-D mit einem Korrelationskoeffizienten von im Mittel r=0,53 keine
grundsätzlich anderen Ergebnisse, als für andere etablierte Ratingverfahren mit
einem gemittelten „r“ von 0,49. Die diesbezüglich höheren Korrelationen zwischen Angst und Depressionswerten in dem hier untersuchten Patientengut
bestätigen den klinischen Eindruck, dass existentielle Ängste für das Erscheinungsbild depressiver Störungen nach Schlaganfall von zentraler Bedeutung
sind. Aber auch in therapeutischer Hinsicht stellen sie ein klinisch relevantes
Charakteristikum dar. Selbst bei Vorliegen einer offensichtlichen depressiven
Symptomatik ist es die direkte, Halt gebende Thematisierung der zu Grunde liegenden existentiellen Verunsicherung, die den therapeutischen Zugang zum
Kranken überhaupt erst eröffnet.
Vergleicht man die Korrelationskoeffizienten zwischen den jeweiligen Angst- und
Depressionsinstrumenten an den verschiedenen Erhebungszeitpunkten, so fällt
auf, dass sich durchweg für alle Test-Paarungen die jeweils größten Korrelationskoeffizienten und damit der jeweils stärkste Zusammenhang bei Entlassung
158
ergab (z. B. zwischen HADS-D-D und HADS-D-A bei Entlassung von r=0,732 gegenüber r= 0,622 bei Aufnahme). Dies könnte bei aller Vorsicht, mit der Interpretationen solcher Befunde zu bewerten sind, als Hinweis darauf verstanden werden, dass im Verlauf des Heilverfahrens mit abnehmendem Ausmaß der Depressivität die zugrundeliegende existentielle Angst im Verhältnis deutlicher zutage tritt. In diesem Zusammenhang soll kurz auf grundsätzliche Fragen im Hinblick auf ein gemeinsames Auftreten von Angst und Depression eingegangen
werden (Übersicht von Schulze, 1990). Da sowohl Angst- wie Depressionsmerkmale für sich genommen schon häufige Störungen sind, erklärt dies bereits
ein gemeinsames Auftreten. Nach Helmchen und Linden (1986) ist die Komorbidität von Angst und Depression jedoch höher, als bei postulierter Unabhängigkeit
statistisch zu erwarten wäre. Bramley et al. (1988) beschreiben ein hierarchisches Prinzip – „depression trumps anxiety“, welches sich auf verlaufsdynamische Beobachtungen stützt - im Sinne einer Entwicklungslinie von Angstzuständen hin zu depressiven Zuständen, wobei Angst auch ohne depressive Symptome auftrete, Depression dagegen Angst häufig mit einschließe. Hinweise auf eine solche sequentielle Beziehung, in der die Depressionssymptomatik den höheren Störungsgrad markiert, werden u.a. auch aus biochemischer resp. pharmakologischer Perspektive abgeleitet (Helmchen et al. 1986, Zung et al 1990 –
zit. n. Herrmann et al. 1994). In einer anderen Studie werden Angst und Depression als gleichwertige und differente Konstrukte eines Kontinuums von Hilfs- und
Hoffnungslosigkeit konzeptualisiert (Brown & Barlow, 1992; zit. n. Herrmann,
1994). Unsere oben wiedergegebene Beobachtung der jeweils stärksten Korrelationen zwischen den Angst- und Depressionserfassungsinstrumenten bei
Entlassung, d.h. nach Besserung insbesondere der depressiven Symptomatik,
bestätigt die Annahme eines „hierarchischen“ Zusammenhangs zwischen Angst
und Depression, bei der die Angst quasi als dynamische Basis der sich entwickelnden depressiven Symptomatik zu Grunde liegt.
6 .5 .3 Einflus s de r (for c ie r te n) Be w ä ltigung a uf da s k linis c he Bild
Über Formen der Bewältigung bei akuten neurologischen Erkrankungen und insbesondere darüber, wie die Bewältigungsmodi das jeweilige klinische Bild modifizieren, ist nur wenig bekannt (Muthny 1992, Seidler 1985, Zuber et al. 1998).
159
Unsere Studienergebnisse zeigen bei Patienten nach Schlaganfall wiederkehrende Bewältigungsmodi, die Einfluss auf das klinische Bild nehmen (vgl.
4.4). Unter Zugrundelegung einer übergreifenden Beschreibung entsprechend
den Dimensionen Aktivität vs. Passivität und Aufmerksamkeitszuwendung vs.
–abwendung (Hasenbring 1995) läßt sich insbesondere eine von uns vorläufig
so bezeichnete Forcierte Bewältigungshaltung fassen, mit der - entweder durch
ein Übermaß an äußerer Aktivität oder an aktiver Abwendung der Aufmerksamkeit
– vom Kranken versucht wird, zu verhindern, dass emotionale und interaktionelle
Bedürftigkeit offenkundig werden - sich selber gegenüber und/oder vor Anderen.
Dabei ergeben sich nach der klinischen Erfahrung deutliche Hinweise für einen
ungünstigen Effekt auf die mental-kognitive Belastbarkeit und Ausdauer. Als weiterer wiederkehrender Bewältigungsmodus findet sich ein vom Überwiegen passiv-vermeidender Verhaltensweisen geprägtes Bild. Beide Modi treten offenbar
vermehrt im Zusammenhang mit „verdeckten“ psychischen Störungen auf.
Obwohl sich die als Hilfskonstrukt eingesetzte Konzeption einer Forcierten Bewältigungshaltung (FB) bei der Regressionsanalyse als prognostisch aussagekräftig erweist, lässt sie sich mit den hier eingesetzten gängigen Instrumenten
zur Beschreibung von Krankheitsbewältigungsprozessen (FKV, KKG) nicht fassen. Passend zum klinischen Bild findet sich jedoch einen geringere Offenheit
gegenüber psychotherapeutischen Konzepten (FMP). In der Selbsteinschätzung
der eigenen Depressivität (HADS-D-D, BDI), der Angst (HADS-D-A, STAI-State)
und Belastbarkeit zeigt sich eine Tendenz der Patienten mit FB, ihre Einschränkungen geringer zu bewerten als Patienten ohne FB. Gegen die Annahme tatsächlich geringer ausgeprägter Beeinträchtigungen bei den Patienten mit FB
spricht das Ergebnis des neuropsychologischen Ratings, das aus der Außenperspektive auf eine tendenziell stärkere Ausprägung der Belastbarkeitsminderung in gerade dieser Gruppe verweist.
Bei der Bewertung dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass es offenbar
nicht nur dysfunktionale Formen dieser Bewältigungshaltung gibt, wie sie insbesondere in dem negativen prognostischen Einfluss auf den Verlauf der Hauptzielgröße zum Ausdruck kommen. (Nach unseren klinischen Beobachtungen gehen diese dysfunktionalen Formen auf Symptomebene mit vermehrter psychophysischer Erschöpfung und Somatisierungsneigung einher.) Dass sich ent-
160
sprechende Unterschiede im Gruppenvergleich der Patienten mit und ohne FB in
unserer Untersuchung nicht abbilden, liegt vermutlich daran, daß in diesem
Rahmen funktionale Formen der FB, die eine gelungene Krankheitsbewältigung
begünstigen, noch nicht getrennt betrachtet wurden. Darin könnte auch die Ursache dafür liegen, daß sich die FB in FKV und KKG nicht abbildet.
Zusammenfassend läßt sich gleichwohl festhalten, dass die jeweils gewählte
Bewältigungsstrategie nicht nur das klinische Erscheinungsbild depressiver Störungen nach Schlaganfall wesentlich mit bestimmt, sondern v.a. prognostisch
relevant zu sein scheint (vgl. 4.3). Im Ergebnis besteht Bedarf nach weiterer Klärung, und insbesondere nach einer operationalisierten Beschreibung funktionaler versus dysfunktionaler Bewältigungsstrategien. Allerdings wirft jeder Versuch
einer Effizienzbewertung von Bewältigung vielfältige Fragen auf, die eine eigene
Untersuchung erfordern – wobei die eingangs dargelegte Problematik eindeutiger Angemessenheitskriterien insbesondere im Hinblick auf die Zeit und Ausschließlichkeit, mit der eine FB eingesetzt wird, in den Mittelpunkt rückt (vgl. Lazarus und Folkmann, 1984).
6 .5 .4 Ps yc hodyna m is c he As pe k te de r For c ie r te n Be w ä ltigungs ha ltung FB
Eine Konzeptualisierung der FB im Rahmen der eingeführten Copingmodelle
steht noch aus (vgl. 2.1.4). Psychodynamisch können die als Forcierte Bewältigungshaltung FB beschriebenen Einstellungen und Verhaltensweisen modellhaft als aktiv abgewehrte existentielle Angst und Depressivität verstanden werden. Im Rahmen der Krankheitsbewältigung kann es schließlich sogar funktional
sein, die Wahrnehmung eigener Schwäche oder – im Falle des anhaltenden depressiv-resignativen Erlebniswandels - auch eigener ungenutzter Möglichkeiten
nicht zuzulassen (Herrmann, 1992). Gerade bei körperlichen Krankheiten, die
sich in einer Verminderung der sensomotorischen Kontrolle und Bewältigung i m
Alltag äußern, besteht die Erfordernis, alle Kräfte ”zusammenzureißen”, da die
Kontrolle des Körpers bzw. der körperlichen Beeinträchtigungen nur dann gelingt,
wenn man sich ganz darauf konzentriert. Dies geht mit einer vermehrten Aktivität
und Vermeidung emotionaler Abhängigkeit einher, und mit den anderen Merkmalen, wie wir sie oben unter der Kennzeichnung FB zusammengestellt worden
161
sind. Unterstützt wird diese Art der Krankheitsbewältigung vom Vorliegen der körperlichen Beeinträchtigung, die in einer Art ”somatischen Entgegenkommens”,
mit dazu beiträgt, dass Emotionen und Interaktionen auch vor allem körperlich
zum Ausdruck kommen. Wo einem sonst etwas auf das Gemüt schlägt oder auf
den Magen, da wird der Patient nach Schlaganfall mit einer Verstärkung oder zumindest verstärkten Wahrnehmung der Funktionsstörungen und
Beein-
trächtigungen reagieren.
Aber auch in psychischer Hinsicht ist es zu einem existentiell überwältigenden
Kontrollverlust gekommen. Es muss also darum gehen, sich keine Schwäche zu
erlauben - nicht nach Außen, aber auch nicht nach Innen. Die Wahrnehmung eigener Emotionen wird insoweit einschränkt, als diese zu einer Verunsicherung
und psychischen Labilisierung führen könnten. Passend hierzu zeigten Frank et
al. (1985), daß bei der untersuchten Gruppe von Patienten unmittelbar nach einem akuten Schlaganfall „hoch-repressive“, d.h. eher verleugnende Patienten ihre akute Krankheitslage in emotionaler Hinsicht am effektivsten verarbeiteten.
Auch wenn die Strategie der forcierten Bewältigung v.a. in der ersten Zeit nach einer Erkrankung grundsätzlich funktional sein kann, so ist sie aber eindeutig von
Nachteil, wenn sie sich verselbstständigt: Zum einen ist sie auf Dauer dysfunktional, weil wesentliche Anteile der eigenen affektiven Wahrnehmung dem Betroffenen nicht zur Verfügung stehen. Die daraus folgende inadäquate Bewertung der
Situation führt affektiv wie kognitiv zu inadäquaten Schlussfolgerungen, die ihrerseits eine erfolgreiche Bewältigung verhindern. Zum andern kann das labile
Gleichgewicht nur zum Preis ständiger Anstrengung und Anspannung aufrechterhalten werden. In der Folge stellen sich mit einer zunehmenden Tendenz zur
Somatisierung leicht Erschöpfung, Belastbarkeitsminderung u.ä. Symptome ein,
die im Rahmen einer progredienten Dekompensation zuletzt doch noch in eine
manifeste depressive Symptomatik einmünden können. Einen etwas anderen
Akzent setzen in der bereits zitierten Arbeit Frank et al. (1985), wenn sie kritisch
hinterfragen, inwieweit der initiale Vorteil einer „hoch-repressiven“ Bewältigung
sich nicht längerfristig z.B. im Sinne eines reduzierten aktiven Engagements bezüglich Training und Beachtung von Risikofaktoren negativ auswirken könnte. Ein
reduziertes Aktivitätsniveau kennzeichnet auch die zweite von uns beobachtete
Form einer verdeckten depressiven Störung, den anhaltenden resignativ-
162
depressiven Erlebniswandel. Interessanterweise wird auch das Problem einer
unzureichenden Erfaßbarkeit emotionaler
Beeinträchtigung beim
aus-
schließlichen Einsatz von Selbstrating. Instrumenten gerade bei solchen verleugnenden Patienten benannt.
6 .5 .5 Zum Ve r la uf de pr e s s ive r Stör unge n
Bei depressiven Störungen nach Schlaganfall handelt sich zu einem gewichtigen
Teil um anhaltende Störungen, die offensichtlich jahrelang andauern und beträchtliches Leiden und Beeinträchtigungen nach sich ziehen können. In einer
Studie zum Langzeitverlauf der PSD berichten Aström et al. (1993) eine Prävalenz
von 19% nach zwei Jahren. Drei Jahre nach dem Schlaganfall sei die Häufigkeit
wieder gestiegen und hätte sich bei 30 % stabilisiert, 50% der in der Akutphase
depressiven Patienten seien zu dieser Zeit immer noch depressiv gewesen.
Auch Robinson geht von einem langwierigen Verlauf der PSD aus, bei dem auf
ein Jahr “Major Depression” mindestens zwei Jahre “Minor Depressive Disorder”
folgen würden. Sharpe et al. (1990) hingegen konnten drei bis fünf Jahre nach
dem Insult nur bei 8,3% der Patienten die Diagnose einer “Major Depression”
stellen. Auch nach unseren Beobachtungen können depressive Verstimmungen
viele Jahre nach dem Schlaganfallereignis vorkommen, das dann zumindest
subjektiv weiterhin als entscheidend für den eigenen Lebensverlauf und für die
eigene Stimmungslage eingeschätzt wird. Allerdings sind depressive Verstimmungen häufig und ihre Ursachen vielfältig, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang bei mehrjährigem Verlauf nicht weiter belegt werden kann. Legt man
die von unseren Verlaufserhebungen gestützte klinische Beobachtung zugrunde
(vgl. 4.2.2.2.1), scheinen unter einer Behandlung, die sowohl die depressive Verstimmung wie auch allfällige Schlaganfallfolgen aufgreift, jedoch auch nach Jahren noch deutliche Verbesserungen der Depressivität erreicht werden zu können.
Umgekehrt legen unsere Beobachtungen die Vermutung einer nicht unerheblichen Gefahr der Chronifizierung nahe, resultierend aus der ungenügenden bzw.
erst verzögerten Behandlung depressiver Störungen. In diesem Zusammenhang
sind nicht allein die verdeckten Formen depressiver Störungen zu nennen, die i m
Verlauf deutlich zunehmen, sondern insbesondere auch die Tendenz, emotionale
163
Veränderungen nach Schlaganfall als „normal“ und jedenfalls als nicht behandlungsbedürftig zu bewerten.
Mehr Aufmerksamkeit verdienen in diesem Zusammenhang auch die sich still
und chronisch entwickelnden Zustandsbilder, bei denen sich eine unteroptimal
abgeschlossene, einseitig auf Resignation und Verzicht ausgerichtete Krankheitsbewältigung schließlich in dem oben bereits beschrieben anhaltenden, resignativ-apathischen Erlebniswandel verfestigt.
6 .6 M e t ho de nk r i ti k
6 .6 .1 Re pr ä s e nta tivitä t de r Stic hpr obe
Einschränkend für eine Generalisierung der dargestellten Ergebnisse ist, daß
die hier untersuchte Stichprobe für die Gesamtheit aller Schlaganfallpatienten nur
bedingt repräsentativ ist. Wie bereits beschrieben, bestand die untersuchte
Stichprobe aus Patienten, die sich zu einer stationären Behandlung in den Kliniken Schmieder Konstanz bzw. Gailingen aufhielten und überwiegend in die Phase D eingestuft waren, d.h. in den Alltagsverrichtungen wieder weitgehend
selbstständig. Dementsprechend handelte es sich um überwiegend in körperlicher Hinsicht weniger stark beeinträchtigte Patienten. Denkbar ist, daß schwerer
beeinträchtigte Schlaganfallpatienten eher zur Entwicklung einer „offenen“ Depression neigen und dementsprechend der Anteil verdeckt depressiver Patienten
überrepräsentiert ist.
Ziel dieser Untersuchung war jedoch eine praxisbezogene Annäherung an das
Phänomen Depressiver Störungen nach Schlaganfall, um die Basis für angemessene Erfassungs- und Behandlungsmöglichkeiten gerade im Rehabilitationsalltag zu schaffen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die hier untersuchte
Stichprobe als geeignet dar.
Ein weiterer Aspekt, der die Repräsentativität der Stichprobe einschränkt, ist der
Ausschluss aller Patienten mit mittelgradiger bzw. schwerer Aphasie, der im Hinblick auf die eingesetzten Selbstbeurteilungsinstrumente erforderlich wurde. Bei
der Aphasie handelt es sich um eine Störung, die eine Vielzahl von Schlaganfallpatienten betrifft und mit einem großen Leidensdruck verbunden ist – was einen
depressiven Erlebniswandel nahe legt.
164
Ebenfalls kritisch anzumerken ist die große Heterogenität der Patientenstichprobe hinsichtlich der seit dem Schlaganfall vergangenen Zeit (1 Woche – 24 Jahre)
und des Lebensalters (von 27 bis 80 Jahre). Andererseits spiegelt die diesbezüglich in Kauf genommene Heterogenität ebenfalls die Situation im klinischen
Alltag wider und kann somit als Zugeständnis an die externe Validität der Untersuchung gewertet werden. (Darüber hinaus spricht dies für die Robustheit der
aufgetretenen Signifikanzen, die trotz dieser Zugeständnisse zu verzeichnen waren.)
Bei der Planung der jetzigen Studie galt es, überhaupt umfassende Kenntnisse
über Patienten mit depressiven Störungen nach Schlaganfall in den verschiedenen Behandlungssettings und Informationen über mögliche prognostische Faktoren im Hinblick auf das Ausmaß der depressiven Symptomatik im Verlauf zu
gewinnen. Vor diesem Hintergrund wurde im Hinblick auf die Komplexität des
Untersuchungsgegenstands die Einbeziehung einer möglichst hohen Patientenzahl angestrebt und dementsprechend weder im Hinblick auf die Zeit zwischen
Insult und Aufnahme in die Studie noch bezüglich des Lebensalters der Probanden vorselektiert.
Durch diese großzügig gefaßten Einschlußkriterien erklärt sich auch der hohe
Anteil von bereits berenteten Patienten, insbesondere auch Altersrentnern. Für
detailliertere Aussagen, z. B. bezüglich der sozialmedizinischen Bedeutung depressiver, insbesondere auch verdeckter depressiver Störungen nach Schlaganfall und prognostisch relevanter Einflußfaktoren in sozialmedizinischer Hinsicht
wäre eine ergänzende, längerfristig angelegte Untersuchung – ausschließlich über Patienten bis 50 Jahre, bei denen die sozialmedizinische Frage noch offen
ist, angezeigt. Dabei sollte der Schlaganfall möglichst höchstens ein Jahr zurückliegen.
6 .6 .2 Er he bungs be dingunge n
Die Depressionsdiagnose in der vorliegenden Studie wurde im Rahmen einer
eingehenden fachärztlichen Untersuchung unter Einbeziehung des AMDPSystems gestellt. Da es sich bei den verschiedenen diagnosestellenden Personen in der vorliegenden Studie ausschließlich um Mediziner mit langjähriger psy-
165
chiatrischer und AMDP-Erfahrung handelte, kann nach Stieglitz et al. (1988) von
einer ausreichend hohen Übereinstimmung ausgegangen werden. Eine wesentliche Besonderheit der Diagnosestellung insbesondere von verdeckten depressiven Störungen besteht darin, daß man sich noch weniger als sonst allein auf
eine Erfassung der nach außen gezeigten Phänomene beschränken kann, sondern daß in der Untersuchung ein therapeutischer Austausch zu Stande kommt –
d.h. in der Untersuchung bereits ein haltgebender Rahmen geschaffen werden
muß, in dem der Patient seine emotionale Betroffenheit - ohne Angst, einzubrechen - aufscheinen lassen kann.– Wissenschaftlich betrachtet bedeutet dies unvermeidlich eine Beeinflussung des Beobachtungsgegenstandes durch den
Untersuchungsvorgang selber und in sofern eine mögliche Verfälschung der Ergebnisse (Simon 1988, Maturana & Varela 1984). Dies ist insbesondere bezüglich der unterschiedlichen Erhebungsmodalitäten bei Katamnese I und II zu diskutieren. Erstere erfolgte lediglich im Rahmen eines Telephoninterviews, während bei der Katamnese II – ähnlich wie bei der klinischen Eingangsuntersuchung und Exploration eine längere Konsultation durch einen erfahrenen Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten statt fand. Diese wurde von vielen Patienten sogar explizit als unmittelbar hilfreich erlebt und nicht selten im Sinne einer
ärztlichen Konsultation genutzt. Vermutlich liegt in dieser Form der zielgerichteten,
haltgebenden Eingangsuntersuchung die Ursache für den im Vergleich zu anderen Studien eher hohen Anteil festgestellter Depressiver Störungen von 75,7%.
Eine Einschränkung der Aussagekraft unserer Studie ergibt sich aus der Tatsache, daß die klinischen Erhebungen und Befunde, insbesondere auch das neuropsychologische Rating, nicht „blind“ erfolgen konnten, d.h. z.B. ohne Kenntnis
des Therapiebereiches, in dem die jeweiligen Patienten behandelt wurden. So
läßt sich eine Beeinflussung der Befunde durch diese Informationen nicht ganz
auszuschließen. Andererseits ging es in unserer Studie ja gerade nicht um einen
unmittelbaren Wirksamkeitsvergleich der einbezogenen Therapiebereiche i m
Sinne einer Therapiestudie, so daß eine –ohnehin im klinischen Behandlungsalltag fast nicht zu gewährleistende - „Blindheit“ der Untersucher nicht von vordringlicher Bedeutung schien.
166
6 .6 .3 De s ign
Bei der Studie handelt es sich um eine offene, nicht randomisierte, prospektive
multizentrische Beobachtungsstudie bei Patienten nach Schlaganfall mit depressiver Störung von explorativem Charakter, bei der - unter Differenzierung von zwei
verschiedene Therapiegruppen (Kohorten) - der Einfluß patientenbezogener, klinischer, testparametrischer und psychosozialer Merkmale/Merkmalsmuster auf
Bild und Verlauf der depressiven Symptomatik erfaßt wurde .
Für weitergehende Aussagen im Hinblick auf die Bedeutung - insbesondere
auch - der Verdeckten - Depressiven Störungen für den Outcome im Bezug auf
Lebensqualität und sozialmedizinische Perspektiven sind weitere (auf der jetzigen Studie aufbauende) Untersuchungen ergänzend erforderlich. Zum einen erscheint die Einbeziehung einer Kontrollgruppe von Schlaganfallpatienten ohne
depressive Störungen wünschenswert, zum anderen ist im Hinblick auf differenziertere Aussagen zum sozialmedizinischen Outcome die gezielte Einbeziehung
einer größeren Zahl von Patienten, bei denen die sozialmedizinische Frage noch
offen ist, erforderlich (s.o.).
Ein Vergleich der beiden Behandlungssettings wird immer nur in begrenztem
Umfang möglich sein, weil eine diesbezüglich aussagekräftigere, kontrollierte
und randomisierte Studie grundsätzlich ethisch nicht vertretbar und realistisch i m
normalen Rehabilitationsalltag auch nicht durchführbar sein dürfte.
6 .6 .4 Aus w e r te m e thodik
Im Hinblick auf die Frage nach dem Einsatz parametrischer oder nonparametrischer statistischer Verfahren wurde eine einheitliche Auswertestrategie
angestrebt, um Methodenwechsel zu vermeiden. Obgleich möglicherweise nicht
für alle Variablen die Kriterien der Normalverteilung und Varianzhomogenität erfüllt waren, erfolgte im Hinblick auf die gegebene Datenstruktur und die Vergleichbarkeit mit anderen Arbeiten der Einsatz der im Fachgebiet üblichen parametrischen Testverfahren. Die Wahl parametrischer Verfahren erscheint vertretbar, da man nach dem zentralen Grenzwerttheorem davon aus geht, dass bei
hinreichend großen Stichprobenumfängen (wie hier vorliegend) die Differenzen
der Stichprobenmittelwerte als normalverteilt gelten (Bortz, 1999 / vgl. 3.7).
167
Wegen der Multikollinearität der in die Untersuchung einbezogenen Variablen wäre die Wahl eines Forward-Vorgehens bei der schrittweisen Regressionsanalyse
mit einem hohen Risiko behaftet gewesen, relevante Variablen nicht zu entdecken (Muche, 1995). Deshalb erfolgte stattdessen der Einsatz eines mehrstufigen Rückwärtsvorgehens. Zur schrittweisen Regressionstechnik ist generell kritisch anzumerken, dass die Frage, welche Prädiktorvariablen sich letztlich als
prognostisch relevant durchsetzen, mit von der erfolgten Voreingrenzung der einbezogenen Parameter sowie der Zusammenstellung der jeweiligen berechneten
Modelle bestimmt wird. Nach Bortz (1999) ist die Bedeutung einer Prädiktorvariablen bei hoher Multikollinearität in starkem Maße davon abhängig, welche Prädiktoren ansonsten schon im Regressionsmodell enthalten sind. Da die schrittweise Regressionstechnik in der vorliegenden Untersuchung jedoch lediglich
der Hypothesenerkundung und nicht der Hypothesenprüfung diente, wurde ihr
Einsatz als gerechtfertigt betrachtet.
Es sei an dieser Stelle vor vorschnellen Generalisierung gewarnt, zumal i m
Rahmen dieser Studie überwiegend gruppenstatistische Auswertungen erfolgten, die letztendlich keine Aussage über den jeweiligen individuellen Verlauf machen, der jedoch ergänzend Beachtung verdient (Schönle & Stemmer, 2000).
168
7
V ERZ EICHNIS
DER A BKÜRZ UNGEN
A
Aufnahme
AHB
Anschlußheilbehandlung
AN
Allgemeinneurologischer Bereich
BDI
Beck Depressions Inventar
CDS
Cornell Depressionsskala
CT
Computertomographie
E
Entlassung
FB
Forcierte Bewältigungshaltung
FKV
Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung
FMP
Fragebogen zur Messung der Therapiemotivation
FPI – A1
Freiburger Persönlichkeitsinventar
Gesamt
Gesamtpopulation
HADS-D-A
Hospital Anxiety and Depression Scale, Angst-Skala
HADS-D-D
Hospital Anxiety and Depression Scale, Depressions-Skala
HAWIE-R
Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene Revision
HLT
Hirnleistungstest - Gruppentestbatterie für hirngeschädigte Erwachsene
HV
Heilverfahren
ICD-10
Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und
verwandter Gesundheitsprobleme
KI
Katamnese I
K II
Katamnese II
KKG
Gesundheitsbezogene Kontrollüberzeugungen
LPS-K
Leistungs – Prüfsystem
M
Median
MRT
Magnetresonanztomographie
MW
Mittelwert
n
Zahl der erfassten Probanden
NIHSS
The National Institute of Health Stroke Scale
PN
Bereich Neuropsychiatrie und Psychotherapeutische Neurologie
RBMP
Rivermead Behaviour Memory Test
Reha-Note
Einschätzung des aktuellen Gesundheitszustandes nach dem
Qualitätssicherungsprogramm der LVA Baden-Württemberg (Reha-Note-A durch Arzt, Reha-Note-P durch Patient)
169
SD
Standardabweichung
STAI
State-Trait-Angstinventar
TAP
Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung
VEV
Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens
WHOQOL
World Health Organization Quality of Life
WMS-R
Wechsler Memory Scale-Revised
170
8
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188
9
A NHANG
9 .1 D ia gn os e n n a c h IC D 1 0 ; Ka pi te l F
F31: Bipolare affektive Störungen
F31.3: bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige depressive Episode (F31.30: ohne somatisches Syndrom, F31.31: mit
somatischem Syndrom)
F31.4: bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode,
ohne psychotische Symptome
F31.5: bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode,
mit psychotischen Symptomen
F32:depressive Episoden
F32.0: leichte depressive Episode (F32.00: ohne somatisches Syndrom,
F32.01: mit somatischem Syndrom
F32.1 mittelgradige depressive Episode
.10 ohne somatisches Syndrom
.11 mit somatischem Syndrom
F32.2 schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
F32.3 schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
F32.8 sonstige depressive Episoden
189
F33 rezidivierende depressive Störungen
F33.0 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode
00 ohne somatisches Syndrom
.01 mit somatischem Syndrom
F33.1 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode
.10 ohne somatisches Syndrom
.11 mit somatischem Syndrom
F33.2 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, ohne psychotische Symptome
F33.3 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit
psychotischen Symptomen
F33.4 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert
F33.8 sonstige rezidivierende depressive Störungen
F34.1 Dysthymia
F34.8 sonstige anhaltende affektive Störungen
F38.1 rezidivierende kurze depressive Störung
F41.2 Angst und depressive Störung gemischt
F 43
Anpassungsstörungen
F43.20 kurze depressive Reaktion
F43.21 längere depressive Reaktion
F43.22
Angst und depressive Reaktion gemischt
F43.28 mit sonstigen spezifischen deutlichen Symptomen
190
9 .2 A nh a n g zu 4 .1
Tabelle A1: Ausbildungsstand
Therapiebereiche
AN
0%
(0)
6,7%
(11)
PN
1,7%
(1)
6,8%
(4)
Gesamt Sign.
0,5%
p=0,758
(1)
(n.s.)
6,8 %
(15)
38,0%
(62)
37,3%
(22)
37,8%
(84)
4,3%
(7)
31,3 %
(51)
1,2%
(2)
10,4%
(19)
5,5%
(9)
0,6%
(1)
3,4%
(2)
35,6%
(21)
1,7%
(1)
8,2%
(5)
5,1%
(3)
0
4,1%
(9)
32,4%
(72)
1,4%
(3)
9,9%
(24)
5,4%
(12)
0,5%
(1)
Therapiebereiche
AN
12,3%
(20)
65,4%
(106)
1,9%
(3)
14,8%
(24)
5,6%
(9)
PN
10,2%
(6)
66,1%
(38)
5,1%
(3)
1,3%
(9)
3,4%
(2)
Gesamt Sign.
11,8%
p=0,689
(26)
(n.s.)
65,6%
(145)
2,7%
(6)
14,9%
(33)
5,0%
(11)
Tabelle A3: Lokalisation: Hemisphäre
Therapiebereiche
Hemisphäre
AN
links
34,6%
(55)
rechts
55,3%
(88)
beidseitig
9,4%
(15)
unbekannt
0,6%
(1)
PN
37,7%
(20)
50,9%
(27)
9,4%
(5)
1,9%
(1)
Gesamt Sign.
35,4%
p=0,821
(75)
(n.s.)
54,2%
(115)
9,4%
(20)
1,0%
(2)
Ausbildung
nicht abgeschlossene Volks/Hauptschule
abgeschlossene Volks-/Hauptschule
ohne
abgeschlossene Berufsausbildung
abgeschlossene Volks-/Hauptschule
mit
abgeschlossener Berufsausbildung
Mittlere Reife ohne abgeschlossene
Berufsausbildung
Mittlere Reife mit abgeschlossener
Berufsausbildung
Abitur ohne abgeschlossene Berufsausbildung
Abitur mit abgeschlossener Berufsausbildung
Abitur mit abgeschlossenem
(Fach)Hochschulstudium
Postgraduiert
Tabelle A2: Familienstand
Familienstand
ledig
verheiratet
getrennt lebend
geschieden
verwitwet
191
Tabelle A4: Lokalisation: supratentoriell
Therapiebereiche
supratentoriell
AN
cortikal
42,3%
(33)
subcortikal
53,8%
(42)
unbekannt
3,9%
(3)
PN
38,7%
(12)
58,1%
(18)
3,2%
(1)
Gesamt Sign.
41,3%
p=0,921
(45)
(n.s.)
55%
(60)
3,7%
(4)
Tabelle A5: Lokalisation: infratentoriell
Therapiebereiche
infratentoriell
AN
Hirnstamm
61,3%
(49)
Kleinhirn
15,0%
(12)
unbekannt
23,8%
(19)
PN
51,6%
(16)
22,6%
(7)
25,8%
(8)
Gesamt Sign.
58,6%
p=0,565
(65)
(n.s.)
17,1%
(19)
24,3%
(27)
Therapiebereiche
AN
12,9%
(18)
87,1%
(121)
PN
20%
(11)
80%
(44)
Gesamt Sign.
14,9%
p=,264
(29)
(n.s.)
85,1%
(165)
Therapiebereiche
AN
3,8%
(5)
59,8%
(79)
16,7%
(22)
19,7%
(26)
PN
5%
(2)
55,0%
(22)
20%
(8)
20%
(8)
Gesamt Sign.
4,1%
p=0,944
(7)
(n.s.)
58,7 %
(101)
17,4%
(30)
19,8%
(34)
Tabelle A6: Thalamusläsion
Thalamusläsion
ja
nein
Tabelle A7: Versorgungsgefäße
Versorgungsgefäße
A.cerebri anterior
A.cerebri media
A.cerebri posterior
A. basilaris
192
9 .3 A nh a n g zu 4 .2 .2 .2 .2
Tabelle A8: HADS-D-Angst
HADS-D-Angst
bei Aufnahme
unauffällig
grenzwertig
schwer bis sehr schwer
bei Entlassung
unauffällig
grenzwertig
schwer bis sehr schwer
bei Katamnese I
unauffällig
grenzwertig
schwer bis sehr schwer
bei Katamnese II
unauffällig
grenzwertig
schwer bis sehr schwer
Therapiebereiche
AN
PN
Gesamt Sign.
48,8%
(81)
29,6%
(16)
44,1%
(97)
24,1%
(40)
27,1%
(45)
24,1%
(13)
46,3%
(25)
24,1%
(53)
31,8%
(70)
68%
(102)
18%
(27)
14%
(21)
61,5%
(32)
17,3%
(9)
21,2%
(11)
66,3%
(134)
17,8%
(36)
15,8%
(32)
p=0,472
(n.s.)
50,9%
(58)
31,4%
(11)
46,3%
(69)
p=0,012
*
(sign.)
26,3%
(30)
22,8%
(26)
20%
(7)
48,6%
(17)
24,8%
(37)
28,9%
(43)
58,3%
(67)
20,9%
(24)
20,9%
(24)
39%
(16)
29,3%
(12)
31,7%
(13)
53,2%
(83)
23,1%
(36)
23,7%
(37)
193
p=0,017
*
(sign.)
p=0,104
(n.s.)
9 .4 A nh a n g zu 4 .2 .9
Tabelle A9: Drop-Outs
Aufnahmestatus
GesamtPopulation
Drop-Outs
Entlassung
Drop-Outs
Drop-Outs
Katamnese I Katamnese II
Mittelwerte / %
Mittelwerte / %
(n=265)
(n=37)
(n=80)
(n=68)
männlich
weiblich
56,6%
45,4%
54,59
64,9%
35,1%
59,00
58,8%
41,2%
54,1
61,8%
38,2%
57,6
Infarkt
Blutung
SAB-Gesamt
75,6%
12,4%
11,6%
100%
0,0%
0,0%
88,0%
2,7%
9,4%
92,7%
5,9%
8,0%
Krankenhaus 4,8%
AHB
21,7%
HV stationär 73,0%
0,0%
44,4%
55,6%
1,3%
28,6%
70,1%
1,1%
34,4%
61,1%
unauffällig
mäßig red.
stark red.
75,8%
22,9%
1,3%
80,0%
20,0%
0,0%
79,0%
19,7%
1,3%
75,9%
24,1%
0,0%
ohne Befund
mäßig red.
stark red.
48,0%
35,9%
16,1%
31,4%
68,6%
50,7%
39,7%
66,7%
33,3%
0,0%
22,2%
77,8%
43,8%
40,0%
59,8%
29,2%
11,0%
25,6%
74,4%
47,2%
36,81%
54,0%
37,2%
8,7%
25,7%
74,2%
40,6%
37,9%
geplant
gestellt
abgelehnt
4,2%
5,7%
1,5%
79,8%
46,2%
7,93
8,31
142,16
5,19
2,7%
2,7%
0,0%
81%
44,1%
7,67
8,00
125,91
5,00
4,7%
3,6%
0,0%
70,7%
44,15%
7,76
7,97
136,17
5,77
4,4%
4,4%
0,0%
73,5%
43,1%
8,09
8,4
132,6
6,05
24,33
23,21
21,25
3,53
23,10
21,90
18,50
3,57
23,70
21,98
19,14
3,48
23,22
21,91
20,43
3,58
49,8%
38,5%
5,3%
37,8%
45,9%
5,4%
46,2%
41,2%
5,02%
39,7%
47,1%
5,9%
25,7%
58,5%
12,5%%
1,5
27,0%
48,6%
16,2%
0,0%
31,2%
51,2%
12,5%
1,2%
30,8%
48,5%
14,7%
1,5%
Mittelwerte / %
Geschlecht
Alter
Schlaganfallart
Art der
Behandlung
Allgemein
zustand
Gehfähigkeit
Arbeitsfähig
Arbeitsunfähig
Arbeitsverhältnis
Rente (ja)
Rentenantrag
Partner vorhanden
Forcierte Bewältigung (Ja)
HADS-D
HADS-A
FMP-Gesamt
CDS
KKG
KKG-I
KKG-P
KKG-C
Reha-Note-P
AMDP Störung der
Affektivität-allg.
leicht
mittel
schwer
AMDPAntrieb/Psycho
-motorik-allg.
nicht vorh.
leicht
mittel
schwer
194
Mittelwerte / %
Im folgenden werden die Ergebnisse der ergänzend durchgeführten statistischen
Auswertung
der
Hauptzielgöße sowie
weiterer
zentraler Parameter
wiedergegeben, bei denen im Hinblick auf die Problematik von Drop-outs jeweils
nur diejenigen Patientenverläufe einbezogen wurden, für die an allen
Untersuchungszeitpunkten Daten erhoben werden konnten,d.h. für
“konstantes n”.
HADS-D-Depression:
HADS-D-Depression (n=141)
10
8
6
4
Gesamt
PN
AN
p<.05
n.s.
n.s.
2
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abb. A1: HADS-D-D in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei
konstantem n=104 (p-Werte Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für
unabhängige Stichproben)
Tabelle A10: HADS-D-D: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte bei konstantem n=104)
Vergleich im Verlauf
Gesamt
AN
PN
(n=104)
(n=81)
(n=23)
Aufnahme/Entlassung
p<0,001
p<0,001
p<0,001
Aufnahme/Katamnese I
n.s.
n.s.
n.s.
Aufnahme/Katamnese II
n.s.
n.s.
p=0,056
Entlassung/Katamnese I
p=0,001
p=0,027
p=0,010
Entlassung/Katamnese II
p<0,001
p=0,003
p=0,021
n.s.
n.s.
Katamnese I/Katamnese II n.s.
195
ein
CDS
CDS (n=137)
10
8
6
4
Gesamt
AN
PN
p<.001
p<.001
p<.05
2
0
Aufnahme
Entlassung
Katamnese II
Abb. A2: CDS in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei
gleichem n=137(p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test
für unabhängigr Stichproben)
Tabelle A11:CDS: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte bei konstantem n=137)
Vergleich im Verlauf
Gesamt
AN
PN
(n=137)
(n=100)
(n=37)
Aufnahme/Entlassung
p<0,001
p=0,002
p=0,012
Aufnahme/Katamnese II
p=0,054
n.s.
p=0,002
Entlassung/Katamnese II
n.s
p=0,002
n.s.
BDI
BDI (n=134)
20
15
10
p<.05
p<.05
5
0
Gesamt
AN
PN
Aufnahme
Entlassung
p<.05
Katamnese II
Abb. A3: BDI in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation bei
gleichem n=134 (p-Werte der Gruppenunterschiede / t-Test für
unabhängige Stichproben)
196
Tabelle A12: BDI: t-Test für gepaarte Stichproben (p-Werte bei konstantem n=134)
Vergleich im Verlauf
Gesamt
AN
PN
(n=134)
(n=103)
(n=31)
Aufnahme/Entlassung
p<0,001
p<0,001
p=0,001
Aufnahme/Katamnese II
n.s.
n.s.
n.s.
Entlassung/Katamnese II
p<0,001
p<0,001
n.s.
VEV
VEV im Verlauf (n=81)
200,0
Gesamt
AN
PN
168,0
136,0
Entlassung
KatamneseI
KatamneseII
Abb. A4: VEV in AN, PN sowie in der Gesamtpopulation (Gesamt) bei gleichem n=81
Die statistische Berechnung ergab auch für die gleiche Patientenpopulation an
allen Untersuchungszeitpunkten signifikante Veränderungen des VEV im Verlauf
sowohl für die Gesamtpopulation als auch für AN und PN getrennt.
197
9 .5 L in e a r e R e g r e s s io ns m o de ll e (A nh a n g zu 4 .3 )
9 .5 .1 Mode lle für D Ha uptzie lgr ös s e (Aufna hm e – Entla s s ung)
Modell Entlassung-1
Therapiebereich AN / PN
Sensible Reizsymptome
AMDP Merkfähigkeit
AMDP Logorrhoe
HADS-D-Depression (p<0,001)
Schätzung des psychischen Anteils
FPI-1 Nervosität
FPI-6 Gelassenheit (p=0,007)
Alter
Mobilitätseinschränkung (p=0,008)
Modell Entlassung-2
Familienstand (p=0,013)
Barthel-Index (p=008)
AMDP Aufmerksamkeit/Gedächtnis
AMDP Deprimiert
AMDP Schuldgefühle
Forcierte Bewältigungshaltung
HADS-D-Angst
CDS (p=000)
Neuropsychologisches Rating: Rechnen
FPI-2 Spontane Agressivität
FPI-E Extraversion (p=0,28)
198
Modell Entlassung-3
Arbeitsunfähigkeit bei Aufnahme (p=0,006)
NIH-SS
AMDP Innerlich unruhig
AMDP Klagsam-jammerig (p=0,003)
Typus melancholicus (p=0,004)
FMP-Gesamt
Antidepressiva
Neuropsychologisches Rating: Leistungsmotivation
FPI-5 Geselligkeit (p=0,004)
Geschlecht
Haushaltsführung
199
9 .5 .2 Mode lle für D Ha uptzie lgr ös s e (Aufna hm e – Ka ta m ne s e II)
Modell Katamnese II-1
Therapiebereich AN / PN
AMDP Sozialer Rückzug
AMDP Schuldgefühle
Forcierte Bewältigungshaltung (p=0,049)
HADS-D-Depression (p<0,001)
WHOQOL-BREF Global
Antidepressiva
Neuropsychol. Rating: Sprachliche Funktionen
(p=0,87)
FPI-1 Nervosität
Alter
Modell Katamnese II-2
Familienstand
Allgemeinzustand
Schlaganfallart (p=0,002)
AMDP innerlich-unruhig
AMDP ambivalent (p=0,028)
Typus melancholicus
FMP-Gesamt
WHOQOL-BREF Umwelt
Ambulante Psychotherapie nach Entlassung
FPI-9 Offenheit (p=0,051)
Qualität der privaten Einbindung (p=0,079)
200
Modell Katamnese II-3
NIH-SS
AMDP Merkfähigkeit (p=0,049)
AMDP Deprimiert
HADS-D-Angst (p=0,002)
KKG-P (Soziale Externalität) (p=0,091)
WHOQOL-BREF Soziale Beziehungen
Negative Life-events
FPI-2 Spontane Agressivität
FPI-M männlich/weiblich
Zeitraum seit Schlaganfall
Modell Katamnese II-4
Sensible Reizsymptome (p=0,066)
AMDP klagsam-jammerig
CDS (p<0,001)
Schätzung des psychischen Anteils (p=0,023)
Positive Life-events
Neuropsychologisches Rating: Belastbarkeit
FPI-8 Gehemmtheit
Arbeitsfähigkeit bei Aufnahme
Geschlecht (p=0,003)
Mobilität
201
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