plattform no.01 Ein Magazin von Schöck Balkonsysteme . Photovoltaik an Fassade und Balkon Balkongespräche: Energetische Modernisierung Forschungsprojekt Rintheimer Feld Urlaubsparadies auf 5 m² www.schoeck-balkonsysteme.de plattform, Jahrgang 01, Ausgabe 01 Sternekoch Björn Freitag: Mein Balkon Inhaltsverzeichnis 7 Seite 22 2 Seite 06 1 5 Seite 18 Freiräume Scharfmacher, Vorfreude, Hochgefühle: Ein Panoramablick über den Balkonrand. Seite 04 2 Sonnige Aussichten: Photovoltaik an Fassade und Balkon Sauberer Strom aus der Hausfassade: Immer mehr Unternehmen bauen auf gebäudeintegrierte Photovoltaik und setzen damit auch ästhetische Akzente. Seite 06 3 Rückblick BAU 2011 Die Leitmesse stand im Zeichen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Im Fokus: Innovative Solartechnik von vier Messeausstellern. 4 Balkongespräche: «Enormer Gewinn an Wohnqualität» Auftakt eines neuen Expertenforums für Bauen im Bestand: Schöck Balkonsysteme lud zum fachlichen Austausch auf den Balkon der Alten Oper in Frankfurt. 5 6 Energieoffensive im Quartier Reiner Kuklinski, Geschäftsführer der Volkswohnung GmbH, über das energetische Forschungsprojekt im Rintheimer Feld und die Zukunft des Bauens. 7 Seite 24 Seite 25 Balkongeschichten Literarische Impressionen von Sabine Schöck und Moritz Kaiser. 02 Seite 22 Mein Balkon Sterne- und TV-Koch Björn Freitag über einen Ort der Inspiration und Klarheit. 10 Seite 20 Sommerlicher Höhenrausch Wein und Speisen unter freiem Himmel: Sommelier Bernd Kreis verrät die besten Tipps. 9 Seite 18 Paradies auf 5 m2 Reif für den Urlaub? Ein Plädoyer für entspannte Ferien auf Balkonien von Journalist und Buchautor Burkhard Müller-Ullrich. 8 Seite 14 Rintheimer Feld: Modernisierung im Praxistest Vielversprechende Ansätze erprobt die Volkswohnung GmbH derzeit in einer Großsiedlung in Karlsruhe. Wesentlicher Bestandteil ist ein innovatives Energiekonzept. Seite 10 Seite 26 Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Eine neue plattform Editorial von Dr. Peter Kaiser Bereichsleiter Systemmanagement Illustration Titel: Jens Mennicke, Zeichnung: Julian Rentzsch und Marketing Der Balkon ist viel mehr als ein statisches Gebäudeteil. Er ist mehr als eine «nicht überdeckte Auskragung an den Geschossen eines Hauses», wie es der Brockhaus definiert. Er ist auch mehr als ein funktionales Element der Wohnungserweiterung, wie ihn Architekten gern sehen. Er erweitert nicht nur unseren Lebensraum, er steigert unsere Lebensqualität. Der Balkon ist Ort der Begegnung und inneren Einkehr zugleich. Unzähligen Städtern dient er als grüne Oase. Balkone haben einen ästhetischen Wert, eine kulturell-historische Bedeutung. Und sie besitzen seit jeher einen starken Symbolcharakter: Wenn jemand etwas Wichtiges verkünden möchte, tritt er auf den Balkon. Ich bleibe lieber auf dem Teppich. Wenngleich ich mich freue, auch etwas verkünden zu können: den Start des neuen Magazins von Schöck Balkonsysteme. plattform richtet sich exklusiv an unsere Partner und Kunden. Fortan beleuchtet plattform regelmäßig alle Facetten rund um den Balkon. Das Magazin soll informieren und unterhalten, Impulse setzen und Ideen liefern, anregen und Fragen aufwerfen, uns und Ihnen Neues bieten. Und es soll Sie, unsere Partner, einladen, mit uns zu reden, uns zu schreiben, den gemeinsamen Austausch zu suchen. Nomen est omen. Diese erste Ausgabe steht im Zeichen der Energieeffizienz und Solarkraft. Die Ereignisse in Japan haben nur zu deutlich gezeigt: Wir brauchen die Energiewende. In unserer Titelgeschichte (ab Seite 06) berichten wir über die neuesten Entwicklungen der gebäudeintegrierten Photovoltaik. Immer mehr Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Unternehmen setzen auf multifunktionale Fassaden, die nicht nur Strom generieren, sondern zugleich dämmen und klimatisieren – und die Gebäude ästhetisch aufwerten. Der Markt ist in Bewegung, es gibt viel zu entdecken. plattfom war für uns zugleich Anlass, ein neues Fachforum ins Leben zu rufen. Zum Startschuss hat sich die Redaktion mit einer Expertenrunde auf dem Balkon der Alten Oper in Frankfurt getroffen, um über Chancen und Risiken der Modernisierung im Bestand zu diskutieren. Die Gespräche, nachzulesen ab Seite 14, waren so konstruktiv, dass wir beschlossen haben, die Balkongespräche als feste Rubrik zu wechselnden Themen zu installieren. Ein außergewöhnliches Modernisierungsprojekt, das bundesweit Schule machen könnte, wird derzeit in der Großsiedlung Rintheimer Feld in Karlsruhe gestemmt. Wir stellen es Ihnen ab Seite 18 vor und lassen im Interview den Chef der verantwortlichen Wohnungsbaugesellschaft, Reiner Kuklinski, zu Wort kommen. plattform liefert aber nicht nur harte Fakten. Folgen Sie uns ins Urlaubsparadies Balkonien, lesen Sie die Gedanken von Promi-Koch Björn Freitag und begeben Sie sich mit unseren Balkongeschichten auf eine literarische Entdeckungsreise. Und wenn Sie den Tag auf dem Balkon ausklingen lassen – womöglich mit diesem Magazin in der Hand – dann gönnen Sie sich doch einen der Sommerweine, die Ihnen Sommelier Bernd Kreis, einer der besten seines Fachs, exklusiv für dieses Magazin ans Herz legt. 03 Freiräume Praktisch Per Mausklick zum Balkon: Als erster Anbieter präsentiert Schöck Balkonsysteme einen kostenlosen Konfigurator, mit dem sich individuelle Balkone und ganze Balkontürme online planen lassen, bequem und zeitsparend. Der Balkon-Konfigurator steht ab Mai auf der Unternehmenswebsite zur Verfügung. Benutzer können eigene Pläne und Fotos hochladen, realistische 3-D-Animationen erstellen und ihre Entwürfe bis ins Detail aus allen Perspektiven betrachten. Wer auf der Suche nach Inspirationen ist, kann zudem auf eine Vielzahl an digitalen Musterfassaden zurückgreifen. Am Ende des Planungsvorgangs generiert der Balkon-Konfigurator ein PDF-Dokument mit den gewünschten Entwürfen. www.schoeck-balkonsysteme.de Freiluftstudio Geranien sind öde? Dann machen Sie Ihren Balkon scharf und kultivieren Sie Ihre eigenen Chili-Pflanzen. Die bunten Früchte sorgen nicht nur für Feuer im Kochtopf. Sie sind auch eine Augenweide auf jedem Balkon. Weltweit gibt es Hunderte Sorten. Direkt aus der Hölle scheint die indische Bhut Jolokia zu kommen. Sie ist tausend Mal schärfer als eine herkömmliche Peperoni und bringt es auf eine Million Einheiten auf der Scoville-Skala für Schärfe. Zum Vergleich: Tabascosauce kommt auf schlappe 3.000 Einheiten. Die Internet-TV-Show «Balcony TV» lädt Musiker aus aller Welt zu einem Gastspiel auf dem Balkon. Weltweit gibt es 16 Stationen, unter anderem in London, New York, Paris und Hamburg. Der deutsche Ableger sendet von einem kleinen Balkon über der Hamburger Reeperbahn am Spielbudenplatz 22. In den letzten drei Jahren waren rund 1.200 nationale und internationale Acts zu Gast, darunter Milow aus Belgien, Marit Larsen aus Norwegen, der deutsche Singer-Songwriter Gisbert zu Knyphausen und Interfoam aus Kopenhagen (Foto). www.chili-balkon.de www.balconytv.com Fotos: Andrei Rybachuk / Fotolia.com, Julia Knop (Freiluftstudio) Scharfmacher 04 Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Eine Frage des Standpunkts: Wie viele Menschen dürfen auf einen Quadratmeter Balkon? DIN 1055 sieht eine zulässige Last von 4,00 kN/m² oder umgerechnet 400 kg vor. Fünf bis sechs normalgewichtige Erwachsene könnten sich demnach auf einen Quadratmeter Balkon quetschen. Sofern sie denn wollten … 1 Statisch Vorfreude Lange haben wir den ersten Balkonabend herbeigesehnt. Und jetzt macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung? Dann tauschen wir eben Liegestuhl mit Couch und setzen auf Vorfreude per DVD: In seiner Beziehungskomödie «Sommer vorm Balkon» erzählt Regisseur Andreas Dresen die Geschichte von Nike und Katrin. Wenn im heißen Berliner Sommer der Tag zur Neige geht, sitzen die beiden Freundinnen bis in die Nacht auf dem Balkon und erörtern ihre Probleme mit den Männern. In den Hauptrollen glänzen Najda Uhl und Inka Friedrich. Knapp eine Million Zuschauer lockte der Film in die deutschen Kinos. Auch Kritik und Medien waren begeistert. Regisseur Dresen durfte sich über den Bayerischen Filmpreis freuen und das Fachmagazin Cinema lobte: «Eine Sozialkomödie mit brillantem Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase, die begeistert, anrührt und die Zuschauer geradezu beglückt.» www.sommervormbalkon.de Hochgefühle rechtigt. Gut zu wissen: Der gigantische Balkon hält Windgeschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern und Erdbeben der Stärke 8 auf der Richterskala im Umkreis von 50 Meilen stand. 120 Menschen dürfen sich gleichzeitig auf dem fast 500 Tonnen schweren Balkon der Superlative aufhalten. Tragendes Element ist ein Stahlrahmen, der vor Ort auf beweglichen Lagern gefertigt wurde. Die Glaselemente stammen von einem Hersteller aus Deutschland. Der sieben Zentimeter dicke fünfschichtige Glasboden ist zwar stabil, aber nicht ganz unempfindlich. Deshalb erhalten alle Besucher ein Paar rutschfeste Überschuhe, die den Boden vor Kratzern schützen. Fotos: David McNew / Getty Images (Hochgefühle) Nichts für schwache Nerven: 1.200 Meter über dem Boden thront der höchstgelegene Balkon der Welt über dem Grand Canyon. Mehr als 20 Meter ragt die Glasplattform Skywalk über den Abgrund hinaus. Schwindelfreien Touristen bietet sich ein fantastischer Blick auf die kilometertiefe Schlucht und den Colorado River. Fast zwei Millionen Menschen hat das 40 Millionen Dollar teure Bauwerk im Reservat der Hualapai-Indianer bislang angelockt. Um den Skywalk zu erreichen, müssen Besucher zunächst eine 16 Kilometer lange Schotterpiste bewältigen. Der Eintritt kostet 25 Dollar zuzüglich eines zusätzlichen Beitrags, der zum Besuch weiterer Attraktionen im Indianerreservat be- Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 05 Sonnige Aussichten Trotz Kürzung der staatlichen Zuschüsse: Der Solarenergie-Boom ist ungebrochen. Moderne Photovoltaikanlagen erobern Gebäudefassaden, Brüstungen und Balkone. Welchen Beitrag leisten sie für Architektur und die viel beschworene Energiewende? Fotos: Tonatiuh Ambrosetti, Würth Solar Der globale Primärenergieverbrauch hat sich seit 1970 verdoppelt. Und er steigt weiter. Der Bedarf wird immer noch zu mehr als drei Vierteln aus den herkömmlichen fossilen Energieträgern gedeckt. Nur 13 Prozent entfallen auf die erneuerbaren Energien. Die Internationale Energieagentur (IEA) schlägt deshalb bereits Alarm. Sie fordert nicht weniger als eine «Energierevolution», die sich in einem raschen Ausbau der erneuerbaren Energien widerspiegelt. Das gewaltigste alternative Kraftwerk liefert uns aus durchschnittlich 150 Millionen Kilometern Entfernung jährlich über 219.000 Billionen Kilowattstunden Energie. Zum Nulltarif und 3.000-mal mehr als die Weltbevölkerung verbraucht. Auch in unseren gemäßigten Breitengraden setzen immer mehr Unternehmen und Privathaushalte auf die Kraft der Sonne: Photovoltaikanlagen wandeln die Sonnenstrahlung mit Hilfe von Solarmodulen in elektrischen Strom um. Nach Schätzungen des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) gingen allein im vergangenen Jahr über 230.000 Solarstromanlagen neu ans Netz. Damit hat sich der Inlandsmarkt gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt. Wer sich für eine Photovoltaikanlage entscheidet, profitiert gleich mehrfach. Er erzeugt nicht nur seinen eigenen, sauberen Strom. Er darf sich auch über Zuschüsse in Form einer staatlich garantierten Einspeisevergütung freuen. Doch gerade der letzte Punkt rief zuletzt immer mehr Kritiker auf den Plan. Sie bemängeln, dass die Solartechnik unverhältnismäßig hoch subventioniert werde. Immerhin verschlingt sie 40 Prozent der Ökoenergieförderung, während der Anteil der Solarenergie an Grüner Energie nur bei neun Prozent liegt. Im Jahr 2011 müssen die Verbraucher über die Stromrechnung rund 13,5 Milliarden Euro für die Ökostromförderung zahlen. Jetzt tritt die Bundesregierung auf die Bremse. Umweltminister Norbert Röttgen will eine bereits geplante Kürzung der Förderung um bis zu 15 Prozent auf Juli vorziehen. Anfang Januar 2012 06 sollen weitere neun Prozent gestrichen werden. «Gerade weil ich für die Photovoltaik und für die erneuerbaren Energien bin, muss sichergestellt werden, dass es sich beim Erneuerbare-Energien-Gesetz um eine Markteinführung handelt und nicht um eine Dauersubvention», erklärt Röttgen, der die deutsche Solarindustrie auf seiner Seite weiß. Denn zusehends herrscht in der Branche die Einsicht, dass ein für die Stromverbraucher teurer Boom der Sonnenenergie schädlich sein könnte für die Zukunft der Photovoltaik. Trotz aktueller Subventionskürzungen ist die Nachfrage nach Solartechnik ungebrochen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie immer günstiger wird. Laut BSW-Präsident Günther Cramer sind die Preise für schlüsselfertige Solarstromanlagen innerhalb eines Jahres um durchschnittlich 13 Prozent gesunken. Seit 2006 fielen sie sogar um mehr als 40 Prozent. Experten prognostizieren, dass sich die Preissenkungen fortsetzen werden. Sonnige Aussichten also für Investoren. Multifunktionale Fassaden Die technischen Bausteine der Photovoltaik werden in der Regel auf Siliziumbasis gefertigt. Die Auswahl ist groß. Neben monokristallinen Solarmodulen, die wegen ihres sehr hohen Siliziumgehalts sehr effektiv arbeiten, gibt es unter anderem preisgünstigere polykristalline Module. Sie haben einen geringeren Wirkungsgrad, da bei der Herstellung weniger reines Silizium verwendet wird. Ein weiteres Erfolgsprodukt sind Dünnschichtsolarmodule, etwa aus amorphen Siliziumzellen. Der photoaktive Halbleiter wird in diesem Fall als dünne Schicht auf das Trägermaterial, in den meisten Fällen Glas, aufgebracht. Sie können zum Beispiel herkömmliche Glasflächen ersetzen. Ebenso vielfältig wie die Module selbst sind die Anwendungsmöglichkeiten bei der Gebäudeintegration. Längst kommen Solaranlagen nicht nur auf Hausdächern zum Einsatz. Mittlerweile erfah- ren sie auch als weithin sichtbare Fassadenverkleidung neue Wertschätzung. Dort machen sie als sogenannte gebäudeintegrierte Photovoltaik gleich mit mehreren Vorteilen auf sich aufmerksam. «Der Trend geht eindeutig zur multifunktionalen Fassade», bestätigt Francesco Frontini, Experte für Solarfassaden am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Hintergrund der Entwicklung ist die EU-Richtlinie für Energieeffizienz in Gebäuden, wonach Neubauten ab 2019 nur noch als Nullenergiegebäude ausgeführt werden dürfen, also nur so viel Energie verbrauchen, wie sie selbst produzieren. Forschungen am Fraunhofer ISE hätten ergeben, dass Dachflächen allein nicht ausreichten, um dieses Ziel zu erreichen. Die Fassadenintegration bietet sich vor allem bei großflächigen Büro- und Industriegebäuden sowie Mehrfamilienhäusern an. Grundsätzlich eignet sich jeder Teil der Gebäudehülle mit direkter Sonneneinstrahlung für die Installation einer Photovoltaikanlage. Zwar sind Fassaden mit Blick auf den Sonneneinstrahlungswinkel nicht ideal ausgerichtet. Doch selbst im Falle einer vertikalen Installation lassen sich bei südlicher Ausrichtung noch fast drei Viertel der Einstrahlungswerte einer optimierten Dachinstallation mit südorientierter Neigung von rund 35 Grad erreichen. Abweichungen nach Südwest oder Südost verringern den Energieertrag nur geringfügig. Schattenspender wie Bäume, Nachbargebäude, Giebel oder Antennen sollten indes vermieden werden. Sie können den Stromertrag erheblich reduzieren. Neben der Stromerzeugung und dem damit einhergehenden wirtschaftlichen Gewinn ermöglichen Photovoltaikmodule als Teil der Fassade zusätzlich die Regulierung des Licht- und Wärmeeintrags ins Gebäude und dienen zugleich der Wärmeund Schalldämmung. Eingebaut in großflächige Verglasungen gilt die gebäudeintegrierte Photovoltaik auch architektonisch als Aufwertung und fungiert mitunter als gestalterisches Element. So sind Dünnschichtmodule mittlerweile in allen RAL- Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 2 Wie ein gigantischer Bergkristall mutet die 2.883 Meter hoch gelegene Monte-Rosa-Hütte in den Schweizer Alpen an. Das preisgekrönte Gebäude mit Blick aufs Matterhorn deckt einen Großteil seines Energiebedarfs mit Strom aus eigenen Photovoltaikanlagen. Die Berghütte dient zugleich als Gästehaus und Energieforschungsobjekt. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 07 Fotos: Würth Solar Futuristische Architektur im Reich der Mitte: Das Dach von Pekings neuem Südbahnhof wurde mit 5.200 Photovoltaikmodulen des deutschen Herstellers Würth Solar bestückt. Sie bringen eine Nennleistung von rund 390 Kilowattpeak. Farben erhältlich und ermöglichen sogar die Darstellung von Unternehmenslogos. Wenn Solarzellen in Verbundsicherheitsgläser integriert werden, können sie zudem die Gebäudesicherheit erhöhen. Denn bei einem etwaigen Einbruch werden die elektrischen Kontakte getrennt. Die Solaranlage fungiert damit als Alarmsystem. Ein weiterer Pluspunkt der Solarfassade: Sie stellt eine besonders platzsparende Form der Energiegewinnung dar. Bisher nutzen vor allem Unternehmen und öffentliche Institutionen die energetische und symbolische Strahlkraft der Sonne. Sie ersetzen Stein, Stahl oder Marmor durch ästhetisch ansprechende photovoltaische Elemente. Denn ein Unternehmen, das seine eigene saubere Energie erzeugt und dazu beiträgt, Ökologie und Ökonomie miteinander zu versöhnen, darf sich einen satten Imagegewinn ausrechnen. Eine Solarfassade lässt sich nahezu wie eine Standardglasfassade planen. Mit geringem Mehraufwand können so innovative und ästhetisch anspruchsvolle Gebäudeflächen konzipiert werden. Bei der Integration unterscheidet man grundsätzlich zwischen Kalt- und Warmfassaden. Im ersten 08 Fall werden die Photovoltaikmodule nachträglich vor die Fassade installiert. Sie dienen vor allem der Energieproduktion, Fassadengestaltung und dem Witterungsschutz. Die innere Wand dagegen übernimmt die Wärmedämmung und trägt die Fassadenkonstruktion. Dazwischen befindet sich eine Luftschicht, die eine Erwärmung der Photovoltaikmodule verhindern soll. Ein nicht unwesentlicher Punkt. Denn die Erwärmung der Module verringert den Stromertrag um rund zehn Prozent. Für Kaltfassaden wird darum in der Regel eine Hinterlüftungsebene von mindestens zehn Zentimetern eingeplant. Sie werden deshalb auch vorgehängte, hinterlüftete Fassaden genannt. Eine Warmfassade hingegen übernimmt sämtliche Funktionen des Gebäudeabschlusses von Statik und Wärmedämmung bis zum Witterungsund Schallschutz. Warmfassaden sind nicht hinterlüftet. Deshalb liefern die Solarmodule aufgrund ihrer Erwärmung einen geringeren Energieertrag. In den transparenten oder halbtransparenten Bereichen der Fassade können Isolierverglasungen durch semi-transparente Glasmodule aus amorphen Siliziumzellen ersetzt werden. So lassen sich beispielsweise Fensterflächen mit photovoltaischer Zusatzfunktion versehen. Besonders in großflächigen Verglasungen übernehmen die Module somit sowohl abschattende als auch lichtstreuende Aufgaben. Wer will, kann den gesamten Gebäudemantel mit Photovoltaikanlagen umkleiden, sofern er die drei wesentlichen Effizienzfaktoren Ausrichtung, Hinterlüftung und Verschattung bei der Planung berücksichtigt. Moderne flexible Solarmodule bieten zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Kraftwerk Balkon Auch auf Brüstungen und Balkonen kommen Solarmodule immer häufiger anstelle klassischer Verkleidungen zum Einsatz. Da Balkone meist in sonnenreicher Südlage liegen, bieten sie sich oft als ideale Fläche zur Stromerzeugung an. Auch hier bringt die Nutzung gleich mehrere Vorteile: Im Sommer schützt die senkrechte Stellung die Photovoltaikanlage vor Überhitzung, im Winter kann der jahreszeitlich bedingte niedrigere Stand der Sonne durch den Neigungswinkel von 90 Grad besser genutzt werden. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Fotos: T. Ott / Würth Solar So sieht ein Gewinner aus: Der Energieertrag des Solarhauses der TU Darmstadt, Sieger des Solar Decathlon 2009, liegt ein Mehrfaches über seinem Verbrauch. Grundsätzlich gilt: Wenn Solarmodule als Fassadenbaustoff genutzt werden, ersetzen sie herkömmliche Materialien wie Glas oder Stein. Wer die Investitionskosten einer gebäudeintegrierten Photovoltaikanlage ermitteln will, muss also die ersetzten Materialien in die Berechnung einfließen lassen. Die Mehrkosten einer Solarfassade ergeben sich aus der Kostendifferenz zwischen den Photovoltaikmodulen und dem eingesparten Fassadenmaterial. Den größten Kostenanteil verschlingen die Solarmodule. Auf den Photovoltaikgenerator inklusive Befestigung entfallen etwa 70 Prozent der Gesamtsumme. Sondermodule erhöhen die Ausgaben. Letztlich liegen die Investitionskosten einer Solarfassade in der Regel lediglich etwa 10 Prozent über denen einer Steinfassade und rund ein Fünftel über den Ausgaben für eine Fassade aus Glas oder Keramik. Wer allerdings zu Solarmodulen anstelle von hochwertigem poliertem Stein greift, kann sogar Geld sparen. Nicht zu vergessen: Eine Photovoltaikfassade produziert im Gegensatz zu herkömmlichen Gebäudeverkleidungen über viele Jahre hinweg umweltfreundlichen Strom. Die Amortisationszeit ist Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 abhängig von Einspeisevergütung, Laufzeit, Anschaffungskosten und dem Jahresenergieertrag. In der Regel kann man mit rund 15 Jahren bei einer Fassadeninstallation rechnen. Die durchschnittliche Lebensdauer liegt zwischen 30 und 40 Jahren. Die Hersteller geben meist Garantien von 10 bis 25 Jahren. Die Betriebs- und Wartungskosten sind sehr gering, da Photovoltaikanlagen meist störungsarm arbeiten. Alles in allem sind die Investitionskosten für gebäudeintegrierte Solarsysteme derzeit noch etwa 20 bis 30 Prozent höher als bei vergleichbaren Dachanlagen. Auch wenn die Solarkraft naturgemäß einen hohen Stellenwert in Ländern einnimmt, die von der Sonne verwöhnt werden: Die Photovoltaik hat hierzulande als bedeutender Faktor für eine nachhaltige und umweltschonende Energieerzeugung einen festen Platz erobert. Und das Ende der Fahnenstange ist lange nicht erreicht. Noch liegt der Anteil der Photovoltaik am deutschen Bruttostromverbrauch bei nur 2 Prozent. Doch viele Experten sind sich einig: Die Bedeutung erneuerbarer Energien, wie Photovoltaik, Solarthermie, Windenergie und Biomasse wird in Zu- kunft weiter zunehmen. «Eine Energieversorgung mit 100 Prozent erneuerbarer Energien ist schon 2050 machbar», prognostiziert Professor Eicke R. Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Mehr denn je sind Unternehmen und Privathaushalte heute dazu aufgerufen, im Rahmen eines effizienten Energiemanagements einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten. Der preisgekrönte Solararchitekt Rolf Disch appelliert: «Wir werden einen kompletten Energiewandel vollziehen müssen, von Kohle, Öl und Erdgas zu dem, was dauerhaft an Energie zur Verfügung steht. Und das ist die Sonne.» Einer Studie des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) zufolge entfallen allein 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs auf Gebäude – Tendenz steigend. Wer heute schon auf ein nachhaltiges Energiemanagement und die Kraft der Sonne setzt, schont nicht nur Umwelt und Klima. Wer eigenen Strom produziert, macht sich unabhängiger von der Entwicklung des Energiepreises und spart damit Geld. 09 Trendthema Photovoltaik Nachhaltiges Bauen war das Top-Thema der BAU 2011 in München. Die umweltschonende und energieeffiziente Planung, Gestaltung und Bewirtschaftung von Gebäuden stand im Mittelpunkt des Interesses in den Messehallen. Vier Solartechnik-Anbieter im Überblick. 3 Global Solar Energy Flexible Solarmodule Flexible Solarmodule für die Gebäudeintegration: Dafür steht Global Solar Energy. Das Unternehmen aus Tucson in Arizona produziert leistungsfähige Dünnschichtsolarzellen aus Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) auf flexiblem Trägermaterial und ist nach eigenen Angaben der einzige Hersteller von flexiblen Solarzellen auf Basis der CIGS-Technologie in Großserienproduktion. In München stellten die Amerikaner ihr neues Solarmodul PowerFLEX BIPV vor – eigenen Angaben zufolge das «bislang effizienteste flexible Solarmodul für die Gebäudeintegration». Das 300-Watt-Modul basiert auf der CIGS-Technologie und produziert laut Anbieter rund doppelt so viel Strom wie flexible Silizium-Solarzellen. Mit einem Wirkungsgrad von 12,6 Prozent weise PowerFLEX BIPV die höchste Effizienz unter den bisher am Markt existierenden flexiblen Solarmodulen auf. «Weil es sehr flexibel ist, bietet es viele innovative Einsatzmöglichkeiten auf Dächern und Fassaden», betonte Jean-Noel Poirier, Vice President of Marketing & Business Development in der US-amerikanischen Konzernzentrale. 10 Zudem überzeuge das Photovoltaikmodul durch sein niedriges Gewicht von 2,5 Kilogramm pro Quadratmeter Fläche. Und auch die Installationskosten seien «niedriger als die aller anderen flexiblen Module, die es derzeit auf dem Weltmarkt gibt», wie Poirier hervorhob. Der Marketing-Chef weiter: «Wir haben festgestellt, dass die Bauindustrie noch nicht über voll optimierte Solarlösungen verfügt.» Neben der Konzernzentrale im amerikanischen Tucson betreibt Global Solar Energy seit wenigen Jahren auch eine Produktionsstätte in Berlin. Sie wurde 2006 als 100-prozentige Tochter von Global Solar Energy gegründet. Im November 2008 begann die Produktion von CIGS-Dünnschichtzellen in Berlin-Adlershof. Sie eignen sich nach Angaben des Herstellers aufgrund des geringen Gewichts und ihrer Flexibilität für innovative gebäudeintegrierte Anwendungen. Die guten Transporteigenschaften ermöglichen aber auch einen Einsatz in mobilen, faltbaren Ladegeräten. Außerdem können Solarzellen von Global Solar Energy in herkömmlichen Glasmodulen verarbeitet werden. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Fotos: Schüco Das Einfamilienhaus der Zukunft? Dank integrierter Photovoltaik und einer hocheffizienten Gebäudehülle erzeugt das Schüco Energy3 Building mehr Energie, als es verbraucht. Der durch Sonnenenergie gewonnene Strom kann über ein intelligentes Gleichstromnetz im Haus selbst genutzt werden. Schüco Energy3 Buildings Wohin die Entwicklung schon in naher Zukunft führen könnte, zeigte unter anderem die Schüco International KG. Im Rahmen eines Pilotprojekts präsentierte das Bielefelder Unternehmen sein neues Gebäudekonzept Energy3 Buildings. Es zielt darauf, Energie zu sparen, zu gewinnen und zu vernetzen. Über schiebbare Funktionslayer können Verglasung, Dämmung, und Sonnenschutz individuell platziert und genutzt werden. Damit passt sich das Gebäude je nach Jahreszeit und Klima an äußere und innere Bedingungen an. Für einen natürlichen Temperaturausgleich sorgen Phase Change Materials (PCMs) in thermoaktiven Wandabschnitten. Als latente Wärmespeicher ermöglichen sie kontrollierte Kühlung oder Erwärmung. Integrierte und automatisierte Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung sowie solare Kühlung vervollständigen das energetische Gebäudesystem. Beim in München ausgestellten Energy3 Building erzeugten die Fensterund Fassadenmodule ProSol TF in der Fassade und auf dem Dach Solarstrom. Nach Angaben von Schüco kann ProSol TF in allen Bereichen einer Gebäu- Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 dehülle eingesetzt werden und dort sämtliche funktionalen Eigenschaften konventioneller Fassadenelemente übernehmen: Wärmedämmung, Witterungs-, Sonnen- sowie Schallschutz. Ein weiterer Entwicklungsschritt ist die Nutzung des selbst erzeugten Gleichstroms. Mit Schüco SmartNet wird die gewonnene Energie vernetzt: Das neue Gleichstromnetz steuert den kompletten Energiehaushalt und koordiniert die Energiegewinnung mit dem Bedarf des Gebäudes. Der 24-VoltGleichstrom aus den ProSol-TF-Dünnschichtmodulen wird für viele autarke Funktionen wie LED-Beleuchtung, Lüftung, Kühlung, Automation, IT-Systeme oder Elektromobilität genutzt. Durch integrierte Photovoltaik und eine hocheffiziente Gebäudehülle erzeugt das Schüco Energy3 Building mehr Energie, als es selbst verbraucht. Automation, Lüftung, Kühlung und LED-Beleuchtung können ganzjährig durch Solarstrom autark abgedeckt werden. Während des Winters wird Heizenergie über Zusatzlösungen wie Pelletheizung, Biogas oder Fernwärme erzeugt. 11 Fotos: Yovohagrafie, Deutscher Pavillon (unten), A. Sell, Schott AG Der deutsche Pavillon auf der Expo 2010 in Shanghai: Die 383 Quadratmeter große Solarfassade aus Spezialgläsern von Schott wandelt Sonnenlicht in Strom um und erlaubt zugleich eine Durchsicht sowie 10 Prozent Lichteinfall. Schott Attraktive Solarfassaden Der Spezialglashersteller Schott wiederum bietet Solarelemente an, die Funktionalität mit einem attraktiven Äußeren vereinen sollen. Die Module gibt es in verschiedenen gestalterischen Ausführungen. Je nach Anwendung und gewünschtem architektonischen Ausdruck ermöglicht die Designvielfalt eine optimale Integration in das Gebäude. ASI opak ist die Technologie für homogene Fassadenflächen, wenn keine Durchsicht gefordert ist. Die semi-transparenten Module vom Typ ASI thru bieten brillante Durchsicht als Verbundglas- oder Isolierglaselement. Die Module basieren auf der Dünnschichttechnologie und sorgen dadurch für eine gute Leistungsabgabe auch bei niedrigen Einstrahlungen. Der kleine Temperaturkoeffizient der Leistungsabgabe gewährleistet eine nahezu volle Leistung auch bei höheren Temperaturen, typisch gerade für die Gebäudeintegration. «Große Flächen wie Dächer und Fassaden von Bürogebäuden sind geradezu prädestiniert dafür, sie für ästhetische Solararchitektur zu nutzen», sagte Dr. Martin Heming, Vorstandschef der Schott Solar AG. 12 Ein Beispiel hierfür ist der deutsche Pavillon auf der Expo 2010 in Shanghai: Schott zeichnete unter anderem für eine 383 Quadratmeter große gebäudeintegrierte Solarfassade aus Modulen vom Typ ASI thru verantwortlich. Auch die neue Unternehmenszentrale in Mainz setzt auf Photovoltaik. Der Grundriss entspricht einem gleichschenkligen Dreieck, an dessen Katheten die Arbeitsplätze und Besprechungsräume angesiedelt sind. Die Hypotenuse des Dreiecks ist nach Süden hin ausgerichtet und damit gut geeignet für den Einsatz von Photovoltaiktechnologie. Dieser Seite ist eine halbrunde Fassade aus rund 1.000 Quadratmetern Glas vorgehängt, 82 Solarmodule des Typs ASI thru sind in die Fassade integriert und erzeugen Strom. Die Module lassen einen Teil des Tageslichts einfallen, spenden aber gleichzeitig Schatten und sorgen für eine angenehme Temperatur in der Eingangshalle. Auf dem Dach erzeugt eine weitere 26-Kilowatt-Solaranlage Strom, und ein Display in der Eingangshalle gibt den Ertrag beider Anlagen wieder. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Foto: RP Technik, Zeichnung: RP Technik Im Stahlprofilsystem der Firma RP Technik werden die Kabelstränge im Riegel gebündelt und auf diesem Weg zum Wechselrichter geführt. Die Stränge bleiben jederzeit vom Gebäudeinneren her zugänglich. RP Technik Effiziente Profilsysteme Wie sich schon heute innovative Photovoltaiktechnik effizient planen, installieren und nutzen lässt, demonstrierte RP Technik GmbH Profilsysteme auf der Münchener Messe. Das Unternehmen aus dem westfälischen Bönen bietet mit dem Stahlprofilsystem RP-ISO-hermetic 60N eine Lösung an, mit der sich Photovoltaikanwendungen dank integrierter Kabelführung zuverlässig an der Gebäudehülle montieren lassen. Basis des Systems ist eine Pfosten-RiegelKonstruktion, in die der Verarbeiter seine Solarmodule einsetzt und die Verkabelung in bereits vorgefertigte Bohrlöcher einführt. Gerade der Anschluss elektrischer Module in schlanke Profilsysteme gilt als teurer Faktor bei der Montage, da meist aufwendige Sonderlösungen mit erhöhtem Montageaufwand hergestellt werden müssen. Im Stahlprofilsystem RP-ISO-hermetic 60N hingegen werden die Kabelstränge im Riegel gebündelt und auf diesem Weg zum Wechselrichter geführt. Mit einer Ansichtsbreite von nur 60 Millimetern und einer Einbautiefe von 160 Millimetern nimmt das Profil wie ein Kabelkanal Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 sämtliche elektrischen Versorgungsleitungen auf. Die Kabelstränge bleiben jederzeit vom Gebäudeinneren her zugänglich und somit auch Wartungsarbeiten einfach und kostengünstig durchführbar. Beispielhaft für das neue Profilsystem ist der Einsatz der selbsttragenden, thermisch getrennten Pfosten-Riegel-Konstruktion in der neuen Erweiterungshalle des Unternehmens am Produktionsstandort Bönen. Die Glasfassade auf der Ostseite des Gebäudes ist mit einer unterschiedlich transluzenten 120 Quadratmeter großen Photovoltaikanlage ausgerüstet. In die Pfosten-RiegelKonstruktion wurden CIGS-Dünnschichtmodule mit verschiedenen Transparenzgraden in Isolierglasausführung eingesetzt. Die Nennleistung der Anlage beträgt 8,4 Kilowattpeak, die erzeugte elektrische Energie beläuft sich auf 3.460 Kilowattstunden im Jahr. Eine zusätzliche Photovoltaikanlage ist auf dem Flachdach der neuen Halle montiert. Die Gesamtanlage soll den Energiebedarf der RP Technik GmbH Profilsysteme zu 30 Prozent decken. 13 Balkongespräche «Enormer Gewinn an Wohnqualität» Spannende Wortgefechte, kontroverse Meinungen und reger fachlicher Austausch sind Programm, wenn Schöck Balkonsysteme zum Balkongespräch lädt. Zum Auftakt des neues Fachforums trafen sich vier Experten auf dem Balkon der Alten Oper in Frankfurt. Hochschuldozentin Prof. Dr. Uta Pottgiesser, Architekt Stefan Forster, Bauberater Peter Hildenbrand und Dr. Peter Kaiser, Bereichsleiter Systemmanagement und Marketing bei Schöck Balkonsysteme, diskutierten über energieeffizientes Bauen im Bestand und die Zukunft des Wohnens. Fotos: Soenne 4 14 Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Kaiser: Die EU hat sich das Ziel gesetzt, die Energieeffizienz bis 2020 um mehr als 20 Prozent zu steigern. Welchen Beitrag kann hier die Gebäudemodernisierung leisten? Pottgiesser: Ich bin davon überzeugt, dass es großes Potenzial gibt. Ganz besonders im Bestand. Im Wesentlichen geht es um das Zusammenspiel von Gebäudebauteilen und Gebäudetechnik. Doch wir müssen noch mehr Anreize schaffen, um die vorhandenen Techniken auch einzusetzen. Forster: Ich sehe das zwiespältig. Zunächst einmal muss es darum gehen, dass wir Primärenergie einsparen. Und dann gibt es doch momentan die Manie, dass man immer verschärfter mit Vorschriften umgeht. Das führt dazu, dass man wertvolle Fassaden mit Thermohaut zuklebt. Das hat extrem negative Auswirkungen auf unsere kulturelle bauliche Umwelt. Der kulturelle Wert eines Gebäudes gerät damit komplett in den Hintergrund. Stattdessen müsste man darüber nachdenken, welche Maßnahmen städtebaulich-architektonisch sinnvoll sind, anstatt wertvolle Stuck- und Klinkerfassaden zuzukleben. Was oft vergessen wird: Zur Fertigung von Wärmedämmverbundsystemen wird Erdöl benötigt. Insofern ist die Energieeinsparverordnung hier kontraproduktiv. Hildenbrand: Die Modernisierungsquote spielt eine entscheidende Rolle. Wenn man den Zahlen glauben schenkt, haben wir derzeit eine Rate von jährlich einem Prozent. Die soll sich nach den Plänen der Bundesregierung verdoppeln. Das aber bedeutet nicht nur, dass der Primärenergiebedarf reduziert wird. Auch die Investitionen müssten sich verdoppeln. Da stellt sich natürlich die Frage, woher die Mittel kommen sollen – und zwar allen Investoren der Wertschöpfungskette. Forster: Hier gibt es Fehlentwicklungen: Vielerorts werden minderwertige Gebäude aufgerüstet. Heute betreiben wir mit großem Aufwand eine energetische Modernisierung und in zehn Jahren reißen wir alles wieder ab. So wird das momentan bei Plattenbauten in den neuen Bundesländern gemacht. Das ist Irrsinn. Damit muss Schluss sein! Hildenbrand: Allein von den technischen Voraussetzungen her ist es zwar möglich, bei der energetischen Bestandsmodernisierung auf einen Neubaustandard zu kommen. Aber vielfach stellt sich tatsächlich die Frage, ob es gestalterisch und städtebaulich überhaupt vertretbar ist. Kaiser: Bleibt den Architekten denn noch genügend Gestaltungsspielraum angesichts immer neuer gesetzlicher Anforderungen? Pottgiesser: Wir dürfen nicht mit den gleichen Mitteln auf alle Gebäude reagieren, sondern müssen die einzelnen Gebäudetypologien betrachten. Bei manchen Gebäudetypen sollte eine Außendämmung tabu sein, das sehe ich so wie Herr Forster. Die kulturelle Identität eines Gebäudes muss ge- Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 wahrt bleiben. Und auch im Falle des Denkmalschutzes ist es ja so, dass man den energetischen Neubauwert nicht 100-prozentig erreichen kann. Letztlich darf es nicht nur um die energetische Modernisierung gehen, sondern auch um die Weiternutzung von Immobilien. Wie kann man mit Innenraumstrukturen flexibel umgehen? Wie kann man die Wohnqualität steigern? Oder bestehende Elemente besser nutzen? Da entfernen wir uns von der reinen energetischen Modernisierung. Hildenbrand: Absolut richtig. Die energetische Modernisierung ist immer nur ein Teilaspekt. Die Summe der Dinge führt dazu, dass Wohnraum nachhaltig attraktiv bleibt. Kaiser: Ist die Sicht der Wohnungswirtschaft bei den politischen Vorgaben für die energieeffiziente Modernisierung im Bestand überhaupt ausreichend berücksichtigt worden, Herr Hildenbrand? Hildenbrand: Was die technischen Aspekte angeht, sind die gesetzlichen Vorgaben meines Erachtens nicht überzogen. Niemand wird gezwungen, ein Gebäude auf einen bestimmten energetischen Standard zu bringen, mit Ausnahme der Heizkessel beispielsweise oder der Dämmung der Rohrleitungen oder der oberen Geschossdecke. Das sind aber Maßnahmen geringfügiger Art. Insofern hat jedes Unternehmen den Freiraum zu entscheiden, in welcher Weise modernisiert wird. Aber auch andere Aspekte spielen eine Rolle. Und zwar, was das Wohnungsrecht anbelangt – also die Möglichkeit des Unternehmens, die Investitionen an den Mieter weiterzugeben. Das Thema Warmmietmodell wird ja oft diskutiert. Und in diesem Bereich ist die rechtliche Situation noch nicht so weit wie das technische Potenzial. Die rechtlichen Möglichkeiten hinken in der Regel hinter den technischen Innovationen hinterher. Kaiser: Wenn aber die Gesetze und Regelwerke laufend Änderungen unterworfen sind, besteht doch die Gefahr, dass die Unternehmen den Durchblick verlieren. Wie ist der aktuelle Kenntnisstand in der Wohnungswirtschaft? Hildenbrand: Das ist unterschiedlich und hängt meist von der Größe eines Wohnungsbauunternehmens ab. Die mittelgroßen Unternehmen mit 7.000 bis 10.000 Wohneinheiten haben meist technisch ausgebildetes Personal. In kleineren Firmen, nicht zuletzt in den ehrenamtlich geführten Genossenschaften, fehlt oft die technische Expertise. Dort besteht dann die Notwendigkeit, Fachingenieure hinzuzuziehen, wenn es um Fragen der Modernisierung geht. Pottgiesser: Wir durchleben zurzeit eine rasante Entwicklung. Alle zwei Jahre wird an gesetzlichen Vorgaben wie der Energieeinsparverordnung geschraubt. Das macht es für die Unternehmen natürlich sehr schwer zu reagieren. Und ich stelle auch den Sinn infrage. Wir haben gute Grundlagen und sind in Deutschland sehr weit, was den Dämmstandard und den Einsatz von Modernisierungstechnik anbelangt. Die Herausforderung liegt darin, diese Komplexität tatsächlich umzusetzen und verständlich zu machen. Kaiser: Hier kommen die Hochschulen ins Spiel. Pottgiesser: Ja, das gilt natürlich in besonderem Maße auch für die Hochschulausbildung. Man sollte den Studierenden die Methodik vermitteln, man kann ihnen auch eine Haltung mitgeben. Vieles aber hat mit Erfahrungswerten zu tun – hier kommt die Praxis ins Spiel. Das Problem besteht darin, dass wir heute versuchen müssen, mit einem Bachelor eine Berufsqualifizierung binnen drei Jahren zu erreichen. Im Ausland dauert die Ausbildung fünf Jahre, so war es früher bei uns im Rahmen des Diploms. Ich halte einen solchen Zeitrahmen auch für realistisch, da wir sehr komplexe Strukturen vermitteln müssen. Früher zum Beispiel haben unsere Studenten noch viel intensiver Praxiserfahrungen sammeln können. Und solche Praxisarbeit ist ja auch enorm wichtig, sie wird ja von potenziellen Arbeitgebern erwartet. Heute aber verlangt der Bachelor von den Studenten, ihr Studium möglichst schnell abzuschließen. Forster: Der Bachelor ist ein großes Problem. Er verlagert die Ausbildung auf uns Architekten. Wir sind es doch, die letztlich die Ausbildung bezahlen! Den Anforderungen an einen Architekten wird der Bachelor nicht gerecht. Die Abschlussnote eines Hochschulabsolventen ist mir als Arbeitgeber doch völlig egal. Was zählt, ist die Praxiserfahrung. Das ganze System – so wie wir es jetzt haben – funktioniert nicht. Pottgiesser: Wir werden ab Wintersemester 2011 in Detmold eine Form des dualen Studiums einführen, bei der wir einen Bachelorstudiengang anbieten, der fünf Jahre dauert. Parallel wird es eine Praxiszeit im Büro geben. Diejenigen Studenten, die beides schaffen – Hochschulausbildung und zugleich Praxiserfahrung im Architekturbüro – sind gut auf ihren späteren Job vorbereitet. Kaiser: Herr Forster, sind internationale Gebäudestandards und Nachhaltigkeitszertifikate wie BREEM, LEED oder das deutsche DGNB-Label hilfreich bei der Modernisierung? Forster: Ich wehre mich gegen diese ganzen Zertifikate, den Kult um die Bewertungssysteme. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geht von einer Gebäudelebensdauer von 30 Jahren aus. Danach ist es abgeschrieben und kann abgerissen werden. Wenn das der Ansatz für nachhaltiges Bauen ist, dann habe ich ein riesiges Problem damit. Jeder Bauherr will ein Zertifikat, ohne zu wissen, was die Kriterien sind. Das ist pure Labelmanie. Ein reiner Verkaufsschlager für die Industrie! Das größte Problem unserer Gesellschaft ist, dass alles immer billig sein muss. Das ist ein kultureller Verfall. Wir kleben Thermohaut an die Häuser, die eine Lebensdauer von 30 Jahren hat. 15 Balkongespräche links: Dr. Peter Kaiser ist Bereichsleiter Systemmanagement und Marketing der Schöck Balkonsysteme GmbH. rechts: Peter Hildenbrand ist Diplomingenieur für Bauingenieurwesen und Senior Manager Deutschland der LUWOGE consult GmbH, eines Beratungsunternehmens für energieeffizientes Bauen und Sanieren. Das ist ein Skandal. Denn in der Wohnungswirtschaft sind 30 Jahre nichts. Warum nehmen wir nicht Klinker? Der ist zunächst etwas teurer, hält aber 100 Jahre. Das wäre endlich einmal echtes nachhaltiges Handeln! Außerdem leistet Klinker einen positiven Beitrag zum kollektiven Gedächtnis, im Gegensatz zu einer zugeklebten Bude ... Kaiser: Welchen Beitrag kann jeder Einzelne leisten, wenn es etwa um die Reduzierung von Heizenergie geht? Hildenbrand: Das ist eine interessante Frage. Wir haben hierzu bei der LUWOGE consult GmbH festgestellt, dass Wohnbehaglichkeit auch bei niedrigeren Raumtemperaturen empfunden werden kann. Die meisten Menschen merken gar nicht, wenn die Temperatur etwas runtergeregelt wird. Erst nach einem Blick aufs Thermometer wird ihnen plötzlich klar, dass es vermeintlich zu kalt ist. Da ist also viel Gewohnheit und Psychologie im Spiel. Man braucht in der Tat keine 22 Grad, um sich in seiner Wohnung wohlzufühlen. Forster: So ist es. Wir könnten jede Menge an Energie einsparen, wenn wir unsere Wohnungen auf 18 Grad heizen würden. Warum müssen es denn immer 20 Grad oder sogar noch mehr sein? Man muss ja nicht im Feinripp-Unterhemd durch die Wohnung laufen. Das Problem ist doch: Alle wollen den größtmöglichen Komfort und immer höhere Qualität. Nur mehr bezahlen will man nicht. Und Einbußen will man auch nicht hinnehmen. Wenn man das Thema Nachhaltigkeit und Ressourceneinsparung wirklich ernst nehmen möchte, 16 könnte man doch sagen: Wir drosseln die Temperatur um ein bis zwei Grad. Wäre das dramatisch? Kaiser: Stichwort Modernisierung und Heizen: Mancher Mieter freut sich darüber, dass sein Vermieter die Wohnung dämmt. Und dann plötzlich kommt manchmal der große Schreck: Schimmelbildung an den Wänden ... Das Absurde daran ist: Wir machen die Fenster im Rahmen der Modernisierung absolut luftdicht und tauschen die offenen alten Fugenfenster gegen extrem dichte neue Fenster aus. Wir verpacken die Wohnung vollkommen luftdicht – und dann gibt es eben Schimmel. Hildenbrand: Das sehe ich nicht so. Es ist ein Vorurteil und schlichtweg falsch zu glauben, dass man sich zwangsläufig Schimmel ins Haus holt, wenn man es dämmt. Hildenbrand: Ich bin in diesem Bereich als Gutachter tätig und erlebe jedes Jahr Dinge und Vorfälle, die sich kaum vorstellen, geschweige denn in Worte fassen lassen. Es ist sehr schwierig, mit diesem Thema umzugehen. Ein Bewusstsein oder Verständnis hierfür zu vermitteln, ist unglaublich kompliziert. Letztendlich geht es um ein Wechselspiel zwischen der Qualität eines Gebäudes und dem Nutzerverhalten. In den wenigsten Fällen führt ein eindeutiger Mangel am Gebäude zur Schimmelbildung. In der Regel ist das Nutzerverhalten ursächlich. Der Nachweis darüber fällt dem Vermieter allerdings meist eindeutig schwerer als dem Mieter. Er ist jedoch die Voraussetzung, eine entsprechende Forderung durchzusetzen. Schimmel ist wirklich ein extrem komplexes und sensibles Thema. Ich glaube aber, dass es für die Wohnungswirtschaft selbst nicht so gravierend ist. Sie steht jetzt nicht etwa unter dem Handlungsdruck, sämtliche ihrer Gebäude modernisieren zu müssen. Erfreulich ist, dass viele Mieter inzwischen auch Verständnis dafür aufbringen, dass eine Wohnung beispielsweise regelmäßig gelüftet werden muss. Hildenbrand: Genau. Und wir verzeichnen auch einen technischen Lernprozess. Als man etwa vor 15 Jahren damit begonnen hat, Gebäude zu dämmen, ging man vielleicht noch etwas unbedarft an das Thema heran. Es fehlten die Erfahrungswerte. Ich habe einmal eine interessante Gebäudethermografie gemacht. Es ging um zwei Doppelhaushälften: Die eine war gedämmt, die andere nicht. Die höchste Wärmeabgabe fand über die Fensterbereiche des gedämmten Hauses statt. Das sind typische Stellen. Die Ursache war, dass man das Haus gedämmt hatte, die Fensterleibungen aber nicht hinreichend mitgedämmt wurden. So hat man sich eine Wärmebrücke im Bereich der Fenster installiert. Das führte zu Tauwasser an diesen Stellen – und damit zu Schimmel. Seitdem hat die Wohnungswirtschaft viel dazugelernt. Forster: Wobei ja schon auffällt, dass Schimmelbildung gerade bei sanierten Wohnungen auftritt. Kaiser: Richten wir den Blick nach vorne. Welche technologischen und gesellschaftlichen Wohn- Pottgiesser: Entscheidend ist, dass sich das Nutzerverhalten in diesem Punkt ändern muss. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 links: Stefan Forster ist Architekt und Spezialist für Wohnungsbauprojekte. Er leitet das Architekturbüro Stefan Forster Architekten in Frankfurt am Main. rechts: Uta Pottgiesser ist Professorin für Baukonstruktion und Baustoffe an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. An der dortigen Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur hat sie den Master-Studiengang International Facade Design and Construction ins Leben gerufen. trends erwarten uns in Zukunft? Und inwiefern wird davon auch der Balkonbau beeinflusst? Forster: Die Küche etwa hat sich in den vergangenen Jahren zu einem dualen System verändert. Sie muss heute vieles können, etwa zusammenschaltbar sein mit dem Wohnzimmer und zugleich abschaltbar. An der Küche lassen sich neue Wohntrends gut ablesen. Ebenso am Badbereich. Die Leute wollen heute möglichst große Bäder – richtige Wohlfühlbäder. Ein weiterer starker Trend ist der steigende Bedarf nach Außenbereichen, Balkonen und Loggien als Ersatz für Garten oder Terrasse des Einfamilienhauses. Mit dieser Art des Wohnens holen wir die Menschen zurück in die Stadt und reduzieren damit zugleich das Straßenverkehrsaufkommen, zum Beispiel mit Blick auf die Berufspendler – auch eine wichtige Form der Energieeinsparung. Was das städtische Wohnen angeht, ist der Balkon heute wichtiger denn je. Jeder Makler sagt Ihnen heutzutage, dass er eine Wohnung ohne Balkon nicht vermieten könne. Wenn es nur irgendwie möglich ist, verläuft der Stadtbalkon entlang der gesamten Wohnung, und zwar immer auf der Hofseite. Solche Außenbereiche haben oft auch eine soziale Komponente. Ein weiterer ganz bedeutsamer Trend ist die Barrierefreiheit vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der Überalterung unserer Gesellschaft. Wenn man sich allerdings an den Hochschulen anschaut, was da an Wohnungsbau gemacht wird, dann sind das oft komplett verschachtelte Maisonette-Typen, die sich über drei oder vier Treppen entwickeln. Diese Entwicklung geht doch komplett an der Realität vorbei! Solche Maisonette- Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Wohnungen kauft heute kein Mensch mehr. Da entwickeln die Hochschulen derzeit wissenschaftliche Konzepte, die der Markt gar nicht will! Pottgiesser: In diesem Punkt muss ich widersprechen, das stimmt so einfach nicht. Die Themen Demografischer Wandel und Aging Society sind längst auch in den Hochschulen angekommen. Aber zurück zur Frage: Wohnraumerweiterung und Gewinn an Flexibilität sind ganz wesentliche Aspekte. Gerade mit Blick auf die alternde Gesellschaft. Ältere Menschen halten sich länger in der Wohnung auf. Im Extremfall haben sie gar nicht mehr die Möglichkeit, ihre Wohnung zu verlassen. Damit gewinnt der Balkon noch einmal zusätzlich und grundsätzlich an Bedeutung. Stattdessen müssen wir doch Lebensqualität als etwas Alltägliches begreifen, damit auch der Normalbürger im Alter seine Wohnung noch nutzen kann. Künftig wird es noch stärker darum gehen, dass qualitativ hochwertiger Wohnraum bezahlbar bleibt. Hildenbrand: Wir sitzen hier ja in Frankfurt auf einem sehr interessanten Balkon: aus bauhistorischer Sicht, aber auch was die Wohnqualität angeht. Allgemein ist der Balkon ein fundamentales Element im Mehrgeschosswohnungsbau, weil er Lebensraum darstellt. Er vergrößert die Wohnung. Das ist für viele Mieter und Investoren ein wesentliches Entscheidungskriterium. Kaiser: Wohnqualität ist ein gutes Stichwort. Lässt sich diese Qualität möglicherweise weiter steigern, indem ein Balkonanbieter etwa zusätzliche Funktionalitäten in die Geländer integriert? Hildenbrand: Ich habe mich kürzlich mit einem Bauunternehmer unterhalten. Der meinte, auf den Balkon gehörten ein Tisch, drei Stühle und ein Kasten Bier. Ob man diese Ansicht teilt, bleibt wohl jedem Einzelnen überlassen. Grundsätzlich kann ich mir Erweiterungen und zusätzliche Funktionalitäten durchaus vorstellen. In einem Einfamilienhaus etwa stellt man einen Grill auf der Terrasse auf. Das könnte man auf dem Balkon integrieren, weil es auch ein Stück Lebensqualität ausmacht. Pottgiesser: Bei solchen durchaus interessanten Ansätzen darf man aber eines nicht vergessen: Bei einem Balkon handelt es sich immer um einen Raum, den man individuell gestalten will. Man sollte eine gewisse Flexibilität behalten und nicht alle Dinge starr vorgeben. Forster: Man könnte auch Nischen schaffen für Arbeitsgeräte oder Vorrichtungen für Sonnenschirme anstelle des herkömmlichen Betonklotzes, über den man in der Regel stolpert. Auch ein ausklappbarer Tisch wäre denkbar. Das sind Ansätze, die einen Balkon aufwerten könnten. Balkone sind in der Herstellung relativ billig: kaltes, ungedämmtes Material, das aber bis zu 25 Prozent Wohnfläche mehr verschafft. Für Investoren ist es also ein Anreiz, große Balkone oder Loggien anzubieten, weil sie relativ einfach billigen Wohnraum generieren und einen enormen Gewinn an Wohnqualität versprechen können. Kaiser: Mehr Wohnqualität, wenig Aufwand: Das ist doch ein schönes Fazit. Ich danke Ihnen allen für das Gespräch. 17 Modernisierung im Praxistest Ein Pilotprojekt für zukunftsweisende Wohn- und Umfeldgestaltung in Karlsruhe sorgt in Fachkreisen bundesweit für Aufsehen. Fotos: Frank Rümmele Es ist ein vielversprechendes Experiment für mehr Lebensqualität. In Karlsruhe, im Rintheimer Feld, einer zwischen 1954 und 1974 errichteten Großsiedlung, werden derzeit verschiedene Modernisierungsansätze erprobt. Das vom Bundesbauministerium 2009 prämierte Konzept zielt langfristig auf eine städtebauliche Werterhöhung, Minimierung des Primärenergieeinsatzes und der CO2-Emissionen sowie auf eine nachhaltige Quartiersentwicklung ab. Wesentlicher Bestandteil ist das Energiekonzept: Nach den Plänen der städtischen Wohnungsgesellschaft Volkswohnung, in deren Besitz 30 Gebäude mit insgesamt 981 Wohnungen sind, sollen die Häuser je nach Dringlichkeit energieeffizient saniert und an das Nahwärmenetz angeschlossen werden. schiedene technische Innovationen bei der Durchführung einer Modernisierung zu erproben und durch die Überprüfung der Energieeinsparpotenziale Aussagen über einen möglichen Einsatz bei weiteren Bauvorhaben zu erhalten. Die begleitenden Messungen dienen als Grundlage für zusätzliche Schritte im Rahmen der energetischen Gebäudemodernisierung und sollen auch für andere Projekte genutzt werden. Laut Reiner Kuklinski, Geschäftsführer der Volkswohnung, wird das Forschungsprojekt im Rintheimer Feld voraussichtlich bis 2015 abgeschlossen sein. «Zur Umsetzung aller Maßnahmen der integrierten Stadtteilentwicklung im Rintheimer Feld sind Aufwendungen in Höhe von rund 100 Millionen Euro erforderlich», betont Kuklinski. Nachhaltige Quartiersentwicklung Thermische Entkoppelung Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden zwei Wohnblöcke aus den 50er Jahren mit je 30 Wohneinheiten analysiert und deren energetische Modernisierung unter Verwendung innovativer Technik geprüft. Ziel dabei: ver- Zu den umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen zählt auch der Ersatz der alten Balkone, die sowohl im Hinblick auf ihre Größe als auch in ihrer Anschlussausführung nicht mehr zeitgemäß waren. Da die vorgesehenen Stahl- 18 Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 5 Diese Häuser erstrahlen bald in neuem Licht: Nach den Plänen der Volkswohnung, in deren Besitz ein Hauptteil der Wohnanlage im Rintheimer Feld liegt, sollen die Gebäude je nach Dringlichkeit energieeffizient modernisiert und an das Nahwärmenetz angeschlossen werden. beton-Balkone mit nur zwei Stützen an den Bestand angebracht werden sollten, entschied man sich bei der Planung für eine Lösung von Schöck Balkonsysteme. Sie ermöglicht das statisch sichere Anbringen der Balkone mit einem speziellen Verbindungsmodul, das die Balkone kraftschlüssig mit der Altsubstanz verbindet. Die Balkonplatten werden dabei in das Verbindungsmodul eingehängt und seitlich von zwei Stützen getragen. Durch die Integration der Isokorb-Technologie gewährleistet die Lösung zudem die thermische Entkoppelung der Bauteile vom Altbestand und reduziert damit den Wärmeabfluss aus dem warmen Innenraum nach außen. Die Energiebilanz des Gebäudes und der Wohnkomfort der Bewohner werden somit deutlich verbessert. Innovative Dämmung Bei der Modernisierung eines der beiden Gebäude ergab sich jedoch eine Besonderheit. Denn bei der eingesetzten Dämmung handelt es sich nicht um eine klassische – beispielsweise aus Mineralwolle –, sondern um eine Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Vakuum-Dämmung. Sie verfügt im Vergleich zu herkömmlichen Dämmstoffen über eine deutlich verbesserte Wärmedämmeigenschaft – und das bereits bei geringster Dämmstoffdicke, sodass schlanke Konstruktionen möglich sind. Die Ingenieure der Schöck Balkonsysteme stimmten das Verbindungsmodul für den Balkonschluss auf die Vakuum-Dämmung ab. Die Wärmedämmeigenschaften wurden dabei nicht beeinträchtigt und auch die statische Tragfähigkeit der gesamten Konstruktion aus Stützen und Verbindungsmodul ist gewährleistet. Lediglich die Dicke des Elementes wurde angepasst. «Bei der nachträglichen Montage von Balkonen handelt es sich immer um eine passgenaue Lösung», erläutert Dipl.-Ing. Markus Baron, Entwicklungsingenieur bei Schöck Balkonsysteme. «Neben der reinen Zustandsanalyse des Gebäudes müssen alle Faktoren der Statik und Wärmedämmung berücksichtigt werden. Wir haben das Verbindungsmodul an den Gebäudevorgaben und der Dämmstoffdicke von zehn Zentimetern ausgerichtet.» Bei dem Balkonsystem bietet Schöck somit kein Einzelbauteil, sondern ein Gesamtkonzept, das einen hohen Anteil an Ingenieursleistung beinhaltet. 19 Energieoffensive im Quartier Reiner Kuklinski, Geschäftsführer der Volkswohnung GmbH, über das energetische Forschungsprojekt in Karlsuhe, die Bedeutung von Balkonsystemen bei der Gebäudemodernisierung und die Wohnsiedlung der Zukunft. Fotos: Frank Rümmele 6 Herr Kuklinski, welche Vorteile verspricht das Konzept einer experimentellen Gebäudemodernisierung hier in Karlsruhe? Bei der Durchführung eines Pilotprojekts der integralen Quartiersentwicklung sammeln wir Erfahrungen, die in Zukunft auf weitere Siedlungen der Volkswohnung übertragen werden können. Bei der experimentellen Modernisierung zweier Wohnblöcke wird beim Einsatz innovativer Technologien aufgezeigt, welche Potenziale die unterschiedlichen Techniken aufweisen. Daraus folgend können wir dann überlegen, ob und wie diese auch bei weiteren Modernisierungen und beim Neubau zum Einsatz kommen können. Und was konkret zeichnet das Forschungsprojekt im Rintheimer Feld aus? Ein Alleinstellungsmerkmal der Quartiersentwicklung im Rintheimer Feld ist der integrierte Ansatz aller Handlungsfelder wie Energieversorgungs-, Wohnumfeld-, Gebäudemodernisierungs- und Partizipationskonzept. Zusätzlich unterstützen wir soziale Projekte wie etwa den Umbau eines ehemaligen Polizeipostens in einen Jugendtreff, der unter Beteiligung der jungen Menschen durchgeführt wurde, sowie weitere Projekte etwa zur Förderung 20 der Integration von Mietern mit Migrationshintergrund. Beispielhaft ist die wissenschaftlich fundierte Modernisierung zweier Wohngebäude, bei der innovative Technik samt umfassender messtechnischer Begleitung zum Einsatz kommt. Was genau war der Auslöser für die Modernisierungsarbeiten der Volkswohnung? Unser Ziel als Immobilienunternehmen ist es, unsere Bestände fit für die Zukunft zu machen. Eine nachhaltige, effiziente Vorgehensweise ist die Bestandsmodernisierung auf Quartiersebene. Auslöser im Rintheimer Feld war die Notwendigkeit, das Quartier als Ganzes sanieren und hierfür erheblich in Gebäude und Wohnumfeld investieren zu müssen. Wir wollen ermitteln, wie Effizienzverbesserungen in energetischer Hinsicht und bezüglich der Kosten erreicht werden können. Und das im Rahmen eines Gesamtquartierskonzepts, bei dem für alle Gebäude zusätzlich zur Modernisierung ein Energieversorgungskonzept umgesetzt wird. Wie sieht dieses Energieversorgungskonzept im Detail aus? Das Energiekonzept für das gesamte Quartier umfasst zum einen die Errichtung eines Nahwärme- netzes mit Anschluss an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Karlsruhe. Und zum anderen führen wir eine kostenoptimierte, energetische Modernisierung der bisher noch nicht sanierten Gebäude im Wohngebiet durch. Zur laufenden Überwachung der Funktion der Energiebereitstellungsanlagen in den Gebäuden wird ein Energiecontrolling-System installiert. Weiterhin stellen wir unseren Mietern übers Internet ein sogenanntes Energieportal bereit, das via Mausklick aussagefähige Informationen über ihr energetisches Verhalten in Bezug auf Heizung, Strom, Warm- und Kaltwasser liefert. Der eigene Energieverbrauch kann mit dem durchschnittlichen Verbrauch im gesamten Gebäude verglichen werden. Durch diese Vergleichsmöglichkeit und mittels eines Beratungsangebots der Volkswohnung kann die Umsetzung des Energieeinsparpotenzials durch Nutzerverhalten positiv beeinflusst werden. Wir schätzen dieses Einsparpotenzial auf mindestens 15 Prozent. Ein solches Einsparpotenzial sollte sich dann deutlich auf der Strom- und Gasrechnung der Mieter niederschlagen ... Die bisher nachgewiesene Endenergieeinsparung liegt bei durchschnittlich 110 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche, das entspricht etwa Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Mehr Wohnraum, mehr Lebensqualität: Neue Balkone werten die Häuserfassaden im Rintheimer Feld auf und steigern den Komfort der Bewohner der Großsiedlung. Das Balkonsystem wurde an die Außendämmung angepasst. Hierbei kam erstmals eine innovative Vakuum-Dämmung zum Einsatz. Sie verfügt im Vergleich zu herkömmlichen Stoffen über eine deutlich verbesserte Wärmedämmeigenschaft. 60 Prozent im Vergleich zum Endenergieverbrauch für Heizung und Warmwasser vor der Modernisierung. Die Primärenergieeinsparung durch die Umstellung von Gebäude-Erdgas-Heizzentralen auf den Fernwärme-Anschluss beträgt mehr als 80 Prozent. Die reale Einsparung an Energiekosten wird selbstverständlich in hohem Maße durch das jeweilige Nutzerverhalten der Mieter beeinflusst. Welche Bedeutung haben die Balkonsysteme bei der ganzheitlichen Gebäudemodernisierung im Rintheimer Feld? Die Modernisierung der Hüllflächen ist von großer Bedeutung. Um Schäden an der Gebäudesubstanz zu vermeiden, ist es in jedem Fall wichtig, Wärmebrücken zu beseitigen. Eine nahezu wärmebrückenfreie Gebäudehülle ist Grundvoraussetzung für die effiziente Energieversorgung. Bei der energetischen Modernisierung der Gebäude hier im Rintheimer Feld werden Wärmebrücken durch Abtrennen der auskragenden Balkonplatten und Gesimse entfernt. Die wärmebrückenfreien Balkonverankerungen werden nach Fertigstellung der Dämmmaßnahmen angebracht. Nach der Modernisierung der Gebäudehülle überprüfen wir dann die Hüllflächen. Hierbei kommen Thermografieaufnahmen zum Einsatz. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Wann werden Sie das Forschungsprojekt am Rintheimer Feld abschließen? Planungsbeginn für die integrale Quartiersentwicklung war 2008, die messtechnische Begleitung ist bis September 2012 vorgesehen. Die Fertigstellung der energetischen Modernisierung ist bis 2014, die der Gesamtmaßnahme bis 2015 geplant. Der finanzielle Aufwand eines solchen Pilotprojekts wird nicht unerheblich sein. Die Realisierung ist eine große finanzielle Herausforderung für alle Beteiligten. Zur Umsetzung aller Maßnahmen der integrierten Stadtteilentwicklung im Rintheimer Feld sind Aufwendungen in Höhe von rund 100 Millionen Euro erforderlich. Allein für die Modernisierung unserer noch nicht sanierten Gebäude vor Ort mit rund 545 Wohneinheiten werden die Gesamtkosten auf rund 50 Millionen Euro geschätzt. Werfen wir zum Abschluss einen Blick in die Zukunft. Wie werden wir in 50 Jahren wohnen? Darauf wird es ganz unterschiedliche Antworten geben. Daher an dieser Stelle nur ein paar kurze Bemerkungen. Der demografische Wandel wird zu einer Reduzierung der Bewohnerdichte führen. Wir können von einem überwiegend energetisch sanierten Gebäudebestand ausgehen – der Wohnungsneubau wird überwiegend im PassivhausStandard ausgeführt. Der Solarenergieanteil der Energieversorgung wird bei über 30 Prozent liegen. Wohnsiedlungen wie das Rintheimer Feld werden energetisch von hocheffizienten Nahwärmesystemen versorgt werden. In den Gebäuden werden «Smart-Building»-Technologien umgesetzt sein, Einrichtungen zur solaren Kühlung werden an Bedeutung gewinnen. Heute klagen wir über hohe Heizkosten, künftig wird die Klimatisierung immer wichtiger ... Der Heizenergiebedarf wird auf lange Sicht stark sinken. Dafür wird aber voraussichtlich eine Kühlung der Wohnungen erforderlich. Die thermische Gebäudemodernisierung reduziert dieses Problem deutlich. Bei der modellhaften Modernisierung zweier Gebäude im Rintheimer Feld wird bereits der Einsatz von Latentwärmespeichern und die Verwendung von Heizsystemen erprobt, die sich auch für die Kühlung der Gebäude nutzen lassen. Herr Kuklinski, wir danken Ihnen recht herzlich für das Gespräch. 21 Paradies auf 5 m 2 Foto: Tomaž Gregori 7 22 Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Balkonien, ein sagenhaftes, günstiges Abenteuerland, unberührt vom Massentourismus. Hier steht man nicht nur über den Dingen, hier liegt man auch immer richtig – und vor allem ganz bequem. Balkonien begeistert als Wellness-Oase ebenso wie als Partymeile. Es lässt sich als privates FKK-Reservat nutzen und lockt dank Literatur und WLAN-Internet selbst Bildungsurlauber. Sogar der Hobby-Botaniker kommt auf seine Kosten. Der größte Vorteil aber: Das Urlaubsparadies ist jederzeit problemlos zu erreichen. Der Journalist und Buchautor Burkhard MüllerUllrich hat einen Reiseführer über Balkonien geschrieben. Im Interview mit der Redaktion spricht er über den Reiz des Vertrauten, den Segen der Nähe und über böse Überraschungen. Und er verrät, warum auch sein nächstes Urlaubsziel Balkonien sein wird. Herr Müller-Ullrich, passt der Sommerurlaub auf fünf Quadratmeter? Aber ja! Sogar ins allerkleinste Balkonien mit 2,5 Quadratmetern Fläche. Die meisten Urlauber suchen im Sommer das Weite. Und da empfehlen Sie ausgerechnet einen Urlaub auf einem kleinen Balkon? Auch ich habe bereits Urlaub in Ländern gemacht, die größer sind als Balkonien. Aber der Vorteil des Balkons ist ja die Nähe. Und dafür nimmt man die Kleinheit ein wenig in Kauf. Wird einem da nicht schnell langweilig? In jedem Urlaub ist es doch so: Ihnen wird immer dann langweilig, wenn Sie selbst langweilig sind. Da kann das Land noch so groß sein. Deshalb habe ich ja vorgeführt, was man auf einer kleinen Balkonfläche machen kann, wenn man selber genügend Ideen hat. Es kommt also auf die Persönlichkeit des Urlaubers an – und weniger auf das Land. Balkonien hat einiges zu bieten. Selbst für Business-Urlauber. Wenn Sie Ihr eigenes WLAN nutzen, können Sie wunderbar auch noch ein bisschen arbeiten. Ich wüsste eigentlich nichts, was man nicht auf dem Balkon machen könnte. Foto: Jens Mennicke, Gestaltung Sticker: 804 Graphic Design Zumindest böse Überraschungen wie in manchem Pauschalurlaub bleiben wohl eher aus ... Das Tolle an Balkonien ist, dass es keinerlei Überraschungen gibt. Weder im negativen noch im positiven Sinne. Ihren Balkon, den kennen Sie. Es ist ein vertrauter Bereich. Viele Leute fahren ja auch genau aus diesem Grund in den Urlaub. Um Überraschungen zu vermeiden, suchen sie immer wieder den Ort auf, den sie kennen. Und da empfiehlt sich nichts so sehr wie die eigene Wohnung. Das Schlimmste, was einem auf Balkonien zustoßen kann, wäre eine Baustelle vor dem Haus. Genau wie in einem typischen Pauschalurlaub. Also sollten auch Pauschaltouristen einen Urlaub nach Balkonien in Erwägung ziehen? Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Für den Pauschaltyp bedeutet Urlaub die vollkommene Unbeschwertheit von Zusatzzahlungen. Und genau das können Sie auf Ihrem Balkon so arrangieren. Einerseits ist der Balkon selbst eine Art Pauschale, denn er ist in der Miete schon drin. Und dann hat man ja in der eigenen Küche meistens schon alles, was man essen oder trinken will – also eine Verkostungspauschale. Und wenn Sie der Typ Urlauber sind, der morgens sein Handtuch auf den Liegestuhl legt, um zu zeigen, dass er besetzt ist, dann können Sie das natürlich auf Ihrem eigenen Balkon auch tun. Sie werden sehen: Es kommt niemand, der Ihnen den Liegestuhl streitig macht. Was sonst darf im heimischen Urlaubsparadies keinesfalls fehlen? Einerseits hat ein Urlaub immer mit Faulenzen zu tun. Außerdem ist der Balkon ja für den Sommer gemacht. Man möchte sich auch mal von oben bescheinen lassen. Das Allerwichtigste auf dem Balkon ist also der Liegestuhl. Das Zweitwichtigste ist ein kleiner Tisch. Der dient nicht nur als Ablagefläche, sondern als soziales Instrument, um mit anderen Menschen speisen zu können. Denn nach dem Ruhen ist das Essen die Hauptbeschäftigung des Urlaubers. Dann gehört auch ein Holzkohlegrill unbedingt auf den Balkon? Der darf nicht fehlen. Die Deutschen sind ja wahre Grillmeister – auch im wörtlichen Sinne. Es gibt echte Grillmeisterschaften. Grillen ist ganz wichtig! Und wenn man keinen Garten hat, dann eben auf dem Balkon. Seltsamerweise scheint das Grillen den Männern vorbehalten zu sein. Ja. Selbst in einer emanzipierten Runde treten die Damen zurück. Denn wenn der Mann mit Feuer und rohem Fleisch zu hantieren beginnt, verwandelt er sich in ein urzeitliches Wesen. Er muss sich als echter Steinzeitmensch beweisen. Das hat dann nur leider oft zur Folge, dass das Fleisch verbrennt und nicht sehr wohlschmeckend ist. Aber wenn es plötzlich infernalisch wie aus Eimern schütten sollte? Dann machen Sie das, was man überall im Urlaub macht: Entweder man redet sich das schlechte Wetter schön, und sagt: Wir erleben eine Wellness-Dusche gratis vom Himmel. Oder Sie verziehen sich und profitieren dann von dem großen Vorteil, ein sicheres Gelände in kürzester Zeit erreichen zu können. Das klingt überzeugend. Es scheint tatsächlich, als liege Balkonien im Trend. Durchaus. Und das ist ja logisch: Bei den immer knapper werdenden Geldmitteln ist Balkonien immer noch ein relativ preiswerter Urlaub. Und für viele Menschen der einzige, den man sich noch leisten kann. Und wo verbringen Sie Ihre nächsten freien Tage? Natürlich auf dem Balkon. Denn ich bin ein Dauerurlauber. Vor allem weil die Anreise so kurz ist und weil ich Mikrourlaub so liebe, nutze ich meinen eigenen Balkon. Es gibt ja Leute, die brauchen einen Anlauf von mehreren Wochen, um überhaupt in den Urlaub reinzukommen. Und dann benötigen sie genauso lange, um wieder nach Hause zu finden. Ich baue lieber öfter mal ein paar Stunden auf dem Balkon ein. Da kann ich von einer Stunde auf die andere wechseln. Dann kann ich also meinen Urlaub einfach kurzfristig unterbrechen und sofort wieder fortsetzen? Das klingt clever. Genau. Das ist ja das Merkmal unserer modernen Switch-on-Switch-off-Welt. Und genau das gilt auch für den Balkon. Herr Müller-Ullrich, wir danken Ihnen recht herzlich für das Gespräch. Balkonien von Burkhard Müller-Ullrich ISBN: 9783829706148, Verlag: MAIRDUMONT 23 8 Sommerlicher Höhenrausch Guter Wein soll anregen. Etwa zu einem launigen Balkongespräch an einem lauen Sommerabend. Die Flasche ist entkorkt, das Glas gefüllt. Doch unvermittelt stellt sich heraus, dass der Lieblingstropfen draußen auf dem Teaktisch nicht mehr so recht gefallen will. Was ist geschehen? «Durch Wind und Luftbewegungen verschwinden viele Aromen aus dem Glas», erklärt Weinexperte Bernd Kreis, der 1992 zum besten Sommelier Europas gekürt wurde und viele Jahre als Chefsommelier in Vincent Klinks Wielandshöhe in Stuttgart gearbeitet hat. Oft schmecken Weine also unter freiem Himmel anders – und im schlimmsten Falle gar nicht. Für den Sommerbalkon empfiehlt Bernd Kreis deshalb einerseits einen «fruchtigen Wein mit einer aromatischen Intensität und geschmacklichen Frische, aber wenig Alkohol». Das kann ein Weißer, Roter oder ein guter Rosé sein. Die andere Variante: ein kräftiger roter Südfranzose aus dem Languedoc. Der beeindruckt idealerweise mit seinen mediterranen Gewürznoten. Ein Hauch von Thymian, Rosmarin oder Salbei steigt aus dem Glas und verbindet sich mit den Kräuterdüften, die ja auch vielen Balkonkübeln entströmen. «So erlebt man die Aromen des Sommers gleich doppelt.» Seine Eigenschaften machen den Langue- 24 doc zum harmonischen Begleiter von gegrilltem Rind und Lamm oder geschmorten mediterranen Gemüsegerichten wie Ratatouille. Wer es lieber weiß mag, sollte auf eine intensive Aromatik achten, damit der Wind vor dem ersten Schluck nicht alles aus dem Glas tragen kann. «Deshalb funktioniert hier Sauvignon Blanc sehr gut.» Der weiße Global Player, der ursprünglich aus dem Loiretal stammt, passt zum Beispiel zu gegrillten Gambas und anderen Krustentieren. Bernd Kreis wählt einen deutschen Vertreter, «eine kräftige trockene Sauvignon-Blanc-Spätlese aus der Pfalz oder Rheinhessen.» Und was serviert der Experte zum gegrillten Rindersteak? «Schön ist hier ein klassischer roter Bordeaux aus Merlot und Cabernet Sauvignon mit moderatem Alkoholgehalt.» Eine Alternative und echte Allzweckwaffe sind leichte Rotweine aus dem Beaujolais. Hochwertige Erzeugnisse aus klassifizierten Cru-Lagen wie Chenas, Moulin-àVent oder Fleurie haben nichts gemeinsam mit der blassen Brühe, die Jahr für Jahr kurz nach der Ernte als Beaujolais Nouveau in die Discounter schwappt. Die Weinregion nördlich von Lyon wird oft unterschätzt. Gerade deshalb finden Entdecker dort noch echte Geheimtipps für vergleichsweise wenig Geld. «Tolle Weine zwischen 10 und 15 Euro aus dem aktuellen großen Jahrgang 2009», bestätigt der Sommelier, der gemeinsam mit Christine Krämer die Weinhandlung Kreis & Krämer in Stuttgart führt. «Sie sind echte Allrounder zu Kotelett, Spare Ribs und Geflügel vom Grill.» Bleibt noch die Frage nach dem Schaumwein. Wem Prosecco etwas zu langweilig ist, der sollte einen Muskateller-Sekt probieren. Der Badener Spitzenwinzer Bernhard Huber bringt Beachtliches auf die Flasche. Und wer seine Gäste nachhaltig beeindrucken will, kann zu einem hochwertigen Obstschaumwein greifen. «Die sind zum Teil fantastisch», sagt Bernd Kreis und meint damit nicht die Supermarktflaschen. «Cidre und Poiré haben außerdem den Vorteil, dass sie nur wenig Alkohol besitzen und zugleich sehr erfrischend sind.» Gerade der Poiré, der aus Birnen gemacht wird, sei für positive Überraschungen gut. Fündig wird man beim Weinhändler seines Vertrauens oder direkt beim Erzeuger. In der ersten Liga etwa spielt der Württemberger Jörg Geiger mit seinen Schaumweinen aus der seltenen Sorte Champagner-Bratbirne. Und die haben nicht nur qualitativ, sondern auch preislich manches mit ihren französischen Namensgebern gemeinsam. Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 Foto: Vsevolod Vlasenko / Getty Images Der preisgekrönte Sommelier Bernd Kreis verrät die besten Tipps zur Kombination von Wein und sommerlichen Speisen vom Grill. 9 Bis vor wenigen Jahren war er Deutschlands jüngster Sternekoch. Mit den «Jungen Wilden», zu denen auch Holger Stromberg, Frank Buchholz und andere gehörten, schaffte er in den späten 90er Jahren ein neues Bewusstsein für deutsche Avantgarde-Küche. Heute ist Björn Freitag (37), der das Restaurant Goldener Anker in Dorsten führt, auch ein erfolgreicher Buchautor und regelmäßig zu Gast in Kochsendungen. Als Fernsehkoch sieht er sich indes nicht – eher schon als eingeladener Experte für gutes Essen. Mein Balkon Foto: Björn Freitag Genussvolle Gedanken von Sternekoch Björn Freitag. «Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise ...» Der Rest von Hans-Dietrich Genschers Rede am 30. September 1989 vom Balkon der Prager Botschaft ging im Jubel der Menge unter. Zwanzig Jahre später heißt es: «Genschers Balkon – Prager Botschaft soll verkauft werden!» Was, wenn auch der Vatikan auf solche Ideen käme? Schließlich wird von der Benediktsloggia des Petersdoms jeweils zu Ostern und Weihnachten der besonders feierliche Segen «Urbi et Orbi» – der Stadt und dem Erdkreis – verkündet. Genau wie alljährlich an Altweiberfastnacht, pünktlich um elf Uhr elf, die in Karnevalshochburgen zelebrierte Rathausstürmung natürlich auf dem Balkon stattfindet. Aber was bedeutet das denn nun eigentlich? Der Balkon (abgeleitet vom ital. «balcone» und verwandt mit dem deutschen «Balken») ist aus dem Bedürfnis entstanden, auch in der Höhe ins Freie treten zu können. Demnach bedeutet «auf dem Balkon sein» also halb drinnen, halb draußen – halb privat und dennoch irgendwie öffentlich. Dies war übrigens auch der Grund für die Erfindung der Theaterloge: einerseits ganz intim, andererseits konnte man dem Treiben auf der Bühne folgen. Im Laufe der Geschichte diente er als Re- Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 präsentationsplattform für Herrscher, Revolutionäre und Popstars. Was aber bedeutet der Balkon für mich? Der ganz alltägliche Wahnsinn in meinem Dasein als Sternekoch spielt sich überwiegend in hektisch-heißen Küchen, in minutiös durchgeplanten und meist noch heißeren Fernsehstudios ab. Wo also durchatmen und Kraft schöpfen? Natürlich beim morgendlichen Frühstück auf meinem Südbalkon – auch bei nicht so schönem Wetter. Ich könnte nie in einer Wohnung leben, in der ich das Gefühl hätte, nicht mal eben raus zu können. Mein Balkon ist ein Ort der Sammlung, der Vorbereitung und Klarheit – und klar ist auch die Gestaltung: ein paar Schatten spendende Kübelpflanzen, eine Bank, ein Tisch und ein bisschen Dekoration. So ähnlich, wie ich versuche zu kochen: möglichst wenig überfrachtet und ohne unnötige Verrenkungen. Als kreativer Koch bin ich ständig gefordert, zwischen verschiedenen Lebensmitteln, ihrer Zubereitungsart und Kombination auszuwählen. Für mich bedeutet die Kunst des Kochens, diese enorme Entscheidungsvielfalt so intelligent zu reduzieren, dass am Ende ein wirklich gelungenes Genusserlebnis dabei rauskommt. Also: lieber mal eine Zutat weglassen und dafür puristisch lecker kochen. Wenn mir in der sommerlichen Morgenluft die unterschiedlichsten Aromen meiner Kräuterpflanzen in die Nase steigen, merke ich: Mein Balkon ist auch ein Ort der Inspiration. Nicht selten bekomme ich hier meine Anregungen, um Neues auszuprobieren. Manche Aromen passen besser zusammen als andere; viele Kombinationen haben sich bewährt – aus gutem Grund. Dennoch ist alles erlaubt, was persönlich schmeckt und gefällt. Wir alle müssen das Kochen nicht neu erfinden, aber es macht ungeheuer viel Spaß, die sinnlichen Freuden des Kochens zu entdecken und eigene Kreationen zu wagen. Also ist neben der Küche auch der Balkon für mich ein Ort der Freiheit. Aber mein Balkon ist außerdem ein Stück Erweiterung meines Lebensraums, meines Horizonts. Von dort aus blicke ich über die Brüstung und damit sinngemäß über den Tellerrand. An seltenen freien Abenden kommt es vor, dass ich mich mit ein paar Freunden auf meinen Balkon setze. Wir genießen dann einen frischen Sommerwein und stellen uns vor, wie unsere Königsblauen, umjubelt von Tausenden Schalke-Fans, auf dem Rathausbalkon den Pokal entgegennehmen. Mein Balkon – ein Ort zum Träumen … 25 Balkongeschichten Die Schnurpost von Sabine Schöck Sabine Schöck ist Gründerin und aktives Mitglied des Literarischen Cafés in Baden-Baden, das sie 1990 ins Leben gerufen hat. Lyrik ist ihre Leidenschaft. Bislang veröffentlichte sie drei Gedichtbände: «Der rote Faden», «Wörterleuchten» und «Barfuß». Darüber hinaus hat sie sich als geistreiche und humorvolle Märchenautorin einen Namen gemacht. Ihre Werke «Die Prinzessin mit den Nasenlöchern oben» und «Tinglipoke» bieten Lesevergnügen für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. 10 Von den acht Balkonen am Haus 125 schaut man auf einen kleinen Platz mit rundköpfigen Bäumen und Bänken für Leute, die in der Sonne sitzen und zu den Häuserfronten hinaufschauen. Wegen seiner warmen ockerfarbenen Fassade sieht das Haus auch bei Regen aus, als würde die Sonne darauf scheinen. Aber innen ist das Haus eiskalt. Nicht weil man an Heizung sparen möchte, sondern weil die Bewohner sich vor einigen Jahren bei einer gemeinsamen Sitzung zerstritten haben. Niemand redete mehr mit den anderen. Wenn jemand die Wohnung verlassen wollte, horchte er zuerst an der Tür. Dann huschte der Bewohner zur Haustür hinaus. Begegnete man sich auf der Straße, schaute jeder auf die andere Seite oder in ein Schaufenster. Es war ungemütlich in dem Haus. Jeder wohnte wie auf einer Insel. Vor Kurzem zog eine ältere Dame ins oberste Stockwerk. Zuerst merkte sie nichts von dem kalten Inneren. Erst als sie freundlich die Bewohnerin von Wohnung drei grüßte und ihr nur murmelnd geantwortet wurde, die andere schnell weiterhastete und in ihrer Wohnung verschwand. Erschrocken blieb sie stehen. Noch einige Male passierte es ihr, dass sie kaum oder gar nicht zurückgegrüsst wurde. Sie fing an zu frösteln. Es war ihr klar, dass jede Person im Haus unter dieser Atmosphäre litt. Und sie machte sich Gedanken, wie sie das Klima des Hauses erwärmen könnte. Zunächst stellte sie Blumentöpfe in die Fensternischen im Treppenhaus, die sie täglich sorgfältig goss und pflegte. Was konnte sie noch tun? Sie grübelte. Als der Valentinstag gekommen war, fädelte sie auf sieben verschieden lange Schnüre sieben Päckchen auf. In jedes hatte sie selbst gebackene Plätzchen gelegt. Als es dämmerte und nur noch die Straßenlaternen die Balkone beschienen, seilte sie die Päckchen auf die unteren Balkone herab, sodass sie direkt vor den gläsernen Balkontüren baumelten. Den neben ihr angebrachten Balkon bewarf sie einfach mit dem Päckchen und hörte, wie der Bewohner, durch das Aufklatschen neugierig geworden, die Tür öffnete und das Päckchen hereinholte. Sie stand auf ihrem Balkon und horchte. Immer wenn irgendwo die Balkontür geöffnet wurde, schnitt sie schnell den Verbindungsfaden bei sich ab, sodass keiner erraten konnte, woher die Päckchen geflogen kamen. Am nächsten Tag war es mucksmäuschenstill im Treppenhaus. Anscheinend wusste niemand, wie er sich verhalten sollte. Am übernächsten Tag begegnete sie der Dame von gegenüber. Die sah ihr forschend ins Gesicht und erwiderte diesmal, etwas fragend aber freundlich, ihren Gruß. Das geschah ihr jetzt auch auf den anderen Treppenpodesten. Man grüßte sich freundlich. Auch auf der Straße. Und als es das nächste Mal nach frisch gebackenen Plätzchen im Treppenhaus duftete, stand vor jeder Tür am nächsten Morgen ein kleiner Pappteller mit Selbstgebackenem. Auch vor der ihren. Sie lächelte vor sich hin und schrieb sieben kleine Einladungen zum Nachmittagskaffee bei sich. Und alle kamen. Noch als die Straßenlaternen ihr Licht zu den Balkonen hinaufwarfen, hörte man Lachen bis auf den runden Platz mit den rundköpfigen Bäumen hinunter. Man hat die Schnurpost beibehalten. Sie wurde ausgebaut und stabilisiert, und wenn jemand zu viel Pudding oder Kuchen gemacht hat, bekommt der alte Herr oder die grippekranke Dame im Haus eine Schnurpost vor die Balkontür gehängt. Auch wenn mal «Not am Mann» ist, wie neulich, als die junge Frau vom zweiten Stock das Bein gebrochen hatte und nur humpeln konnte, baumelten fünf Päckchen auf ihrem Balkon und ein Briefchen: «Ich gehe nachher einkaufen. Schreiben Sie hier drauf, was Sie brauchen.» Impressum Herausgeber: Schöck Balkonsysteme GmbH, Vimbucher Straße 2, 76534 Baden-Baden, www.schoeck-balkonsysteme.de, Verantwortlich: Dr. Peter Kaiser, Dita Barrantes, Kontakt: +49 7223 967-307, [email protected], Redaktion: Dr. Peter Kaiser, Moritz Kaiser, Sabine Schöck, Jens Voss, Gestaltung und Realisation: Kuhn, Kammann & Kuhn GmbH, studio jens mennicke, Zeichnungen / Illustration: Julian Rentzsch, Jens Mennicke, Bildnachweise: Fotolia, Julia Knop, Getty Images, Tonatiuh Ambrosetti, T. Ott (Würth Solar), Schüco, Yovohagrafie (Deutscher Pavillon), A. Sell (Schott AG), RP Technik, Soenne, Frank Rümmele, Tomaž Gregori, Jens Mennicke, Björn Freitag, Druck und Verarbeitung: Komminform Print- und Produktions GmbH 26 Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 «Romantisches 2-Zimmer-Appartement, Whirlpool-Badewanne, LCDTV und Balkon mit hinreißendem Blick auf die ‹Arena di Verona› in ruhiger Lage» von Moritz Kaiser Moritz Kaiser (19) schreibt seit seiner Kindheit leidenschaftlich gerne Kurzgeschichten und Gedichte. Nach seinem Abitur wird er in diesem Sommer für neun Monate nach Honduras gehen und dort in einem Zeichnungen: Julian Rentzsch Hotel arbeiten. Endlich angekommen! Die Tür fiel krachend hinter mir ins Schloss. Verfolgt von den verstörten Blicken der Rezeptionistin trat ich an den Tresen. Ich war weder nackt, ich hatte keinen schwarzen Bart, keinen Turban und keinen verdächtigen Aktenkoffer bei mir. Dennoch schien mein Auftreten sie in eine Art Zweifel an meiner Seriosität zu stürzen. Ihr überheblich geöffneter Mund und die fanatisch aufgerissenen Augen brachten dies zum Ausdruck. Sie hatte Spinachi zu Mittag. Ich entschied mich gegen eine Erklärung bezüglich meiner äußeren Erscheinung und orientierte mich in prämortalem Bewegungsmodus in Richtung meines Appartements. Dort ließ ich mich nach gefühlten drei Everest-Besteigungen im Handstand, mit lautem Geächze in einen Sessel fallen. Der einzige Fehler war, dass das Sitzmöbel in Spiegelrichtung positioniert war. Es bot sich mir ein Bild bitteren Elends und qualvoller Tortur. Meine Haare sahen aus wie nach einem Date mit Freddy Krueger, mein ehemals weißes T-Shirt formte mit einer Komposition aus Make-up, Edding, Ketchup und Cola ein neosurrealistisches Kunstwerk erster Güteklasse. Getoppt wurde der «used look» von meiner zerrissenen Jeans, die auch nach mehrmaliger Betrachtung gar nicht mal so gut aussah. Popeye griff zum Spinat, ich schoss mit heiterem Zischen einen HeinekenKronkorken quer durch das Zimmer. Müde und arthritisch stemmte ich mich aus dem Textil und setzte mein Ein-Gang-Rentnergetriebe in Richtung «Balkon in ruhiger Lage» in Bewegung. Oh Romeo, oh Julia! Es hätte wohl besser Schöck Balkonsysteme: plattform no.01 «Balkönchen» heißen müssen. Ich kam mir vor wie in einer Fortsetzung von Gullivers Reisen, als sich meine ehemals schicken Schuhe schon nach einem Schritt auf den bröckelnden Beton mit dessen territorialem Ende vertraut machten. So war im Türrahmen mein Ausflug schon beendet. Die geruchsschwangere italienische Abendluft wehte mir mit erfrischender Leichtigkeit um die geschundenen Gliedmaßen. Begleitet von dem melodischen Wirrwarr gurrender Großstadttauben und den letzten Armaden der Sonne, hüllte sich das Gesamtbild der in der Ferne erahnbaren Arena und des Altstadtkerns in einen trügerisch-romantischen Schein. Unter mir erstreckte sich der Grund für die Beschissenheit der Gesamtlage: Ein Meer aus funkelndem Metall, wogegen der Genfer Autosalon nicht im Geringsten eine Chance hätte, hatte den Vorplatz geflutet. Tausende kreischender, hysterisch-weiblicher Stimmen erinnerten an einen Marderangriff im Hühnerstall. Doch warum all die Aufregung, die grenzenlose Überschreitung jeder humanen Prinzipien? Konnte ich ja nicht ahnen, dass mein Weg von der Cafeteria zum Hotel von einer wollüstigen Meute übermäßig pubertierender Mädchen gekreuzt wurde, die vollkommen außer Rand und Band in Richtung Arena stürmten? Infernalisch ungestüm hatten sie mich, das augenscheinlich letzte Bollwerk der postpubertären Hochkultur, niedergerannt. Warum das? Warum ich? Und wer zur Hölle ist Justin Bieber? 27 Jedem Haus gewachsen. Wo immer Sie Balkone planen: Wir finden die Lösung. Ob auf zwei Stützen oder frei auskragend, unsere Balkonsysteme sind technisch ausgereift und thermisch optimal entkoppelt. Perfekt aufgestellt! Und weil wir modular kombinierbare Produkte anbieten, sind auch den Gestaltungsmöglichkeiten keine Grenzen gesetzt. www.schoeck-balkonsysteme.de