Infektionsgefahr in Krankenhäusern eindämmen: Wirksame Strategien gegen gefährliche „Killerkeime“ beim Gelenkersatz 26.10.2011 In deutschen Krankenhäusern infizieren sich jährlich allein rund 20 000 Patienten mit dem multiresistenten Erreger MRSA. Neben dem hohen Leidensdruck und den gesundheitlichen Gefahren für Patienten verursacht diese Infektion den Krankenhäusern nach Schätzungen Zusatzkosten von bis zu 175 Millionen Euro pro Jahr. Auch die hohe Ansteckungsgefahr ist für Betroffene und Personal eine enorme gesundheitliche und logistische Belastung. Besonders dramatisch sind die Folgen bei Menschen mit einem künstlichen Gelenk oder einer Prothese. Experten des Universitätsklinikums Münster untersuchen orthopädischeunfallchirurgische Patienten daher frühzeitig auf gefährliche Erreger und behandeln sie, w enn möglich, noch vor einem operativen Eingriff. Nur so lassen sich die Langlebigkeit des Implantats und damit der Behandlungserfolg garantieren. W elche Methoden sich am besten eignen, gefährliche Infektionen zu verhindern, diskutieren Experten auf der Pressekonferenz am 26. Oktober 2011 anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin. In den vergangenen 30 Jahren haben Bakterien, die gegen verschiedene Antibiotika resistent sind, zu einer w eltw eiten Epidemie von Krankenhausinfektionen geführt. Die Folge: Verlängerte Liegedauer durch Folgeerkrankungen des Patienten. Außerdem w erden erw eiterte Hygienemaßnahmen notw endig. Beides erhöht die Kosten für das Gesundheitssystem. „W ährend das Bakterium MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) bei uns etw a ein Viertel der Staphylokokken-Infektionen verursacht, sind es bei unseren europäischen Nachbarn Niederlande oder Dänemark nur rund ein Prozent“, berichtet Professor Dr. med. Tim Pohlemann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), im Vorfeld des DKOU. Kommt es nun in Bindung mit einem Implantat oder einer Prothese zu einer Infektion mit diesen multiresistenten Bakterien, können äußerst schw er zu behandelnde Knochenentzündungen auftreten. Bei einer solchen Knochenentzündung muss das Implantat häufig w ieder entnommen w erden. Das führt zu großen Knochendefekten und es kommt zu einer dauerhaften körperlichen Behinderung. „Daher gilt es, uns derzeit bekannte Methoden zur Reduktion der Infektionsrate w eiterzuentw ickeln und flächendeckend in Kliniken einzusetzen“, fordert Professor Dr. med. Dieter M. Kohn, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Seit einiger Zeit setzt unter vielen anderen die Universitätsklinik Münster das MRSA-Screening ein, um infizierte Patienten zu identifizieren und unter entsprechenden Schutzmaßnahmen behandeln zu können ohne das Risiko, Keime an gesunde Patienten zu übertragen. Diese Form des prästationären Screenings – die Untersuchung vor dem Krankenhausaufenthalt – senke die Zahl der Krankenhausinfektionen effektiv und somit auch die Kosten für den Leistungsträger, so die Experten. Allerdings gibt es bis heute noch kein universelles und effizientes MRSA-Screening-Verfahren. Beim konventionellen Nachw eisverfahren w ird eine Bakterienkultur angelegt, die sich 48 Stunden entw ickeln muss, bis ein Ergebnis vorliegt. Der Schnelltest dagegen, eine computergestützte Screeningmethode, liefert das Ergebnis bereits nach kurzer Zeit, ist jedoch teurer. Außerdem ist mit dem Schnelltest keine w eitere Stammdifferenzierung möglich – und damit kein Nachw eis von Infektionsketten. Um einer Knochenentzündung durch MRSA vorzubeugen, w enden Experten eine kombinierte Therapie aus antibakteriellen Substanzen an. Zu diesem Zw eck 08.04.2017 1/2 w erden derzeit Fremdmaterialien w ie Antibiotika-versetzter Knochenzement, Antibiotika-getränkte Kollagenschw ämme oder Polymethylmethacrylat-Ketten zur lokalen Therapie mit antimikrobiellen Substanzen verw endet. Helfen diese Methoden nicht, ist nur noch eine operative Entfernung der Implantate oder Prothesen möglich. In neuen Ansätzen verfolgen Orthopäden und Unfallchirurgen die „Biologisierung“ von metallischen Implantaten, die beispielsw eise zur Stabilisierung bei Knochenbrüchen verw endet w erden. „Diese Form von Antibiotikabeschichtung schützt das Implantat vor einer Besiedelung mit Keimen und gibt den W irkstoff dort in hohen Konzentrationen ab, w o er benötigt w ird“, erklärt Professor Dr. med. Karsten Dreinhöfer, Vizepräsident des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), der gemeinsam mit Professor Pohlemann und Professor Kohn den DKOU 2011 ausrichtet. Solche und w eitere Therapiemethoden zur Prophylaxe von Knochenentzündungen und Infektionen aufgrund multiresistenter Keime diskutieren Experten auf einer Pressekonferenz, am 26. Oktober 2011 anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie. Der DKOU findet vom 25. bis 28. Oktober 2011 in Berlin als gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (BVOU) statt. Er ist der größte europäische Kongress in diesem Bereich, zu dem etwa 12.000 Fachbesucher erwartet werden. Experten diskutieren hier die neuesten Entwicklungen in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Themen reichen von der Schwerverletztenversorgung, den Strukturen der Notaufnahmen und der Katastrophenmedizin über Implantatversorgung und Rehabilitation bis hin zu rheumatischen und degenerativen Erkrankungen sowie Osteoporose. Pressekontakt DKOU: Pressearbeit Anne-Katrin Döbler, Christina Seddig Pressestelle DKOU 2011 Pf 20 11 30, 70451 Stuttgart Tel.: 0711 8931 442 Fax: 0711 8931 167 E-Mail: [email protected] Internet: www.dkou.de 08.04.2017 2/2