Komplett Buch Dissertation Uebel_134

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Geleitwort des Herausgebers
Unsere heutige Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft ist einem stetigen Wandel
unterworfen. Das äußert sich im verstärkten internationalen Wettbewerb, einer
einhergehenden stärkeren Kundenorientierung, aber auch in dem Bestreben der Gesellschaft,
das Erreichte zu sichern. Adäquate Problemlösungen sind daher in zunehmender Weise nur
fachübergreifend realisierbar. Im Heinz Nixdorf Institut leisten wir mit der interdisziplinären
Zusammenarbeit vor allem zwischen der Informatik und den Ingenieur- und
Wirtschaftswissenschaften unseren Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgabe.
Die von mir geleitete Fachgruppe “Wirtschaftsinformatik, insb. CIM“ befaßt sich dabei mit
allen technisch-betriebswirtschaftlichen Fragen, die bei der Gestaltung und Durchführung von
inner- und überbetrieblichen Prozessen auftreten und mittels innovativer Informationstechnik
einer Lösung zugeführt werden können. Dabei gewinnt unter Berücksichtigung des
dargestellten Wandels zunehmend die Verzahnung der Produktions- und Logistikprozesse mit
den Kundenbearbeitungsprozessen an Bedeutung. Als Forschungsfeld ergibt sich, wie
methodische Ansätze der Wirtschaftsinformatik auf die Gebiete des Kunden- und
Vertriebsmanagements angewendet werden können.
An dieser Schnittstelle bestehen noch erhebliche Optimierungspotentiale, wenn quantitativ
geprägte Methoden der Wirtschaftsinformatik mit qualitativ geprägten Ansätzen des Kundenund Vertriebsmanagements in einer Lösung synergetisch kombiniert werden. Die vorliegende
Arbeit liefert einen wesentlichen Beitrag zu diesem Schnittstellenbereich. Sie befaßt sich
dabei mit der Gestaltung eines quantitativen Modells, um die Steuerung der
Kundenbearbeitung im Rahmen des Vertriebsmanagements systematisch zu verbessern.
Paderborn, Oktober 2003
Wilhelm Dangelmaier
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als Stipendiat am Graduiertenkolleg
„Parallele Rechnernetzwerke in der Produktionstechnik“ des Heinz-Nixdorf-Instituts der
Universität Paderborn.
Für die Unterstützung und die Möglichkeit zur Durchführung der Arbeit möchte ich ganz
besonders dem Leiter der Fachgruppe „Wirtschaftsinformatik, insbesondere CIM“, Herrn
Prof. Dr.-Ing. habil. Wilhelm Dangelmaier, herzlich danken. Die Zusammenarbeit mit ihm
war für mich in fachlicher und menschlicher Hinsicht eine große Bereicherung.
Herrn Prof. Dr. Otto Rosenberg danke ich für die eingehende Durchsicht der Dissertation und
die Übernahme des Korreferates.
Weiterhin gilt mein Dank meinen Kollegen, sowohl im Graduiertenkolleg als auch in der
Fachgruppe, für die kollegiale Atmosphäre sowie für die ständige Bereitschaft zum
Erfahrungsaustausch. Dieser Dank gilt insbesondere meinem Freund und Kollegen Herrn Dr.
Stefan Helmke, dessen konstruktive Kritik und dessen wertvolle Hinweise mich bei der
Bearbeitung des Themas sehr inspiriert haben.
Zu großem Dank bin ich zudem meiner Familie verpflichtet. Der Rückhalt und die
Unterstützung durch meine Eltern und Großmütter während meiner gesamten Ausbildung bis
hin zur Promotion leisteten einen wesentlichen Beitrag für das Zustandekommen dieser
Arbeit. Ebenso gilt mein herzlicher Dank meiner Partnerin Frau Annett Sachse. Nur durch
ihre Geduld, ihr Verständnis sowie ihre moralische Unterstützung war es mir möglich, meine
Kräfte auf die vorliegende Arbeit zu konzentrieren. Insbesondere möchte ich mich an dieser
Stelle nochmals bei meinen Eltern und Annett für die mühevolle und zeitintensive Arbeit des
Korrekturlesens bedanken.
Paderborn, Oktober 2003
Matthias F. Uebel
Annett,
meinen Eltern
und Großmüttern
Ein Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung im
Rahmen des Vertriebsmanagements
Dissertation
zur Erlangung der Würde eines
DOKTORS DER WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
(Dr. rer. pol.)
der Universität-GH Paderborn
vorgelegt von
Dipl.-Kfm. Matthias F. Uebel
40476 Düsseldorf
Paderborn, im September 2003
Dekan:
Prof. Dr. Peter Sloane
Referent:
Prof. Dr.-Ing. habil. Wilhelm Dangelmaier
Korreferent:
Prof. Dr. Otto Rosenberg
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis.......................................................................................................... ..............I
Abbildungsverzeichnis.................................................................................................. .............V
Tabellenverzeichnis...................................................................................................... ..........VII
Definitionsverzeichnis................................................................................................... ...........IX
Abkürzungsverzeichnis................................................................................................. ...........XI
Symbolverzeichnis......................................................................................................... ........XIII
1.
Motivation der Arbeit ....................................................................................................... 1
2.
Das Problem der Konzeption eines Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung im Rahmen des Vertriebsmanagements.................................................................... 4
2.1 Klärung der zentralen Begriffe................................................................................ 4
2.1.1
Kunden ...................................................................................................... 4
2.1.2
Management .............................................................................................. 5
2.1.3
Vertriebsmanagement ............................................................................... 9
2.1.4
Kundenbearbeitung ................................................................................. 11
2.1.5
Steuerung................................................................................................. 13
2.1.6
Steuerung der Kundenbearbeitung.......................................................... 18
2.1.7
Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung ....................................... 21
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung................. 23
2.2.1
Anforderungen an das Basismodell ........................................................ 23
2.2.2
Anforderungen an das Planungsmodell .................................................. 25
2.2.3
Anforderungen an das Kontrollmodell.................................................... 27
3.
Stand der Technik ........................................................................................................... 29
3.1 Ansätze im Rahmen des Basismodells.................................................................. 29
3.1.1
Ansätze zur Abbildung des Kundenstatus............................................... 29
3.1.2
Ansätze zur Abbildung des Verkaufsprozesses ...................................... 31
3.1.3
Zusammenfassende Bewertung............................................................... 33
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells............................................................ 34
3.2.1
Ansätze zur Beurteilung der Bedarfs- und Absatzsituation .................... 34
3.2.1.1 Größen zur quantitativen Beurteilung....................................... 34
3.2.1.2 Ansätze zur Bestimmung von Bedarfs- und
Absatzgrößen ............................................................................ 36
3.2.1.2.1 Subjektive Schätzverfahren.................................... 36
3.2.1.2.2 Mathematisch-statistische Verfahren..................... 40
3.2.1.2.3 Zusammenfassende Bewertung.............................. 47
3.2.2
Ansätze zur Erstellung von Vertriebsbudgets ......................................... 48
3.2.3
Ansätze zur Kundenbewertung ............................................................... 52
3.2.3.1 Statische Ansätze ...................................................................... 53
3.2.3.1.1 ABC-Umsatzanalyse .............................................. 53
II
3.3
3.2.3.1.2 Kundenerfolgsrechnung ......................................... 55
3.2.3.1.3 Scoring-Modelle..................................................... 58
3.2.3.1.4 Portfolio-Ansätze ................................................... 61
3.2.3.1.5 Zusammenfassende Bewertung.............................. 66
3.2.3.2 Dynamische Ansätze................................................................. 66
3.2.3.2.1 Kundenlebenszyklusansätze................................... 67
3.2.3.2.2 Kundenlebenszyklusrechnungen............................ 69
3.2.3.2.3 Zusammenfassende Bewertung.............................. 75
Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells ............................................................. 75
3.3.1
Qualitative Ansätze zur Analyse von Soll-Ist-Abweichungen ............... 76
3.3.1.1 Ishikawa-Diagramme ................................................................ 76
3.3.1.2 Kepner-Tregoe-Ansatz.............................................................. 77
3.3.1.3 Schwachstellen-/Prüffragenkataloge......................................... 79
3.3.1.4 Ansatz des vernetzten Denkens ................................................ 82
3.3.1.5 Zusammenfassende Bewertung................................................. 83
3.3.2
Quantitative Ansätze zur Analyse von Soll-Ist-Abweichungen ............. 84
3.3.2.1 Absatzsegmentrechnung ........................................................... 84
3.3.2.2 Kostenabweichungsanalyse ...................................................... 86
3.3.2.3 Erfolgsabweichungsanalyse ...................................................... 88
3.3.2.4 Zusammenfassende Bewertung................................................. 91
4.
Zu leistende Arbeiten...................................................................................................... 92
4.1 Arbeiten zum Basismodell .................................................................................... 92
4.2 Arbeiten zum Planungsmodell .............................................................................. 92
4.3 Arbeiten zum Kontrollmodell ............................................................................... 93
5.
Konzeption eines Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung im Rahmen
des Vertriebsmanagements ............................................................................................. 94
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung......................................... 94
5.1.1
Strukturierung der Transaktionsebene .................................................... 96
5.1.2
Strukturierung der Prozeßebene............................................................ 100
5.1.3
Strukturierung der Zyklusebene............................................................ 109
5.1.4
Strukturierung der Leistungsebene ....................................................... 113
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung................................. 116
5.2.1
Bestimmung der relevanten Bedarfsträger............................................ 116
5.2.1.1 Bestimmung relevanter Bedarfsträger für neuen Zyklus
1. Ordnung .............................................................................. 116
5.2.1.1.1 Untergang der Leistung (Kauftyp III, IV)............ 116
5.2.1.1.2 Bestand der Leistung (Kauftyp I, II).................... 119
5.2.1.2 Bestimmung relevanter Bedarfsträger für gleichen
Zyklus 1. Ordnung und Zyklus 2.Ordnung ............................. 125
5.2.2
Bewertung der Kundenelemente ........................................................... 127
5.2.2.1 Bestimmung von Umsatztypen ............................................... 127
5.2.2.2 Systematik der Plan-Bearbeitungskostensätze........................ 129
5.2.2.3 Bestimmung der Kaufwahrscheinlichkeiten ........................... 134
III
5.3
6.
5.2.2.4 Konstruktion der Zielfunktion ................................................ 143
Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung .................................. 150
5.3.1
Abweichungsanalyse in der Kundenbearbeitung .................................. 150
5.3.1.1 Basisinformationen der Primäranalysetypen .......................... 151
5.3.1.2 Deckungsbeitrags-/Kosten-Analyse........................................ 153
5.3.1.3 Prozeßanalyse der Kundenbearbeitung................................... 162
5.3.1.3.1 Prozeßanalyse für Kundenelemente des
Pools PAT_I_PO.................................................. 162
5.3.1.3.2 Prozeßanalyse für Kundenelemente des
Pools PAT_III_PO ............................................... 167
5.3.1.3.3 Allgemeine Analyseaspekte der Pools PAT
II_PO und PAT_IV_PO ....................................... 176
5.3.1.3.4 Spezielle Analyseaspekte der Pools
PAT_II_PO und PAT_IV_PO.............................. 177
5.3.1.4 Bewertung der Kundenloyalität .............................................. 179
5.3.1.4.1 Bestimmung von Vergleichswerten ..................... 179
5.3.1.4.2 Loyalitätsbetrachtung für Pool PAT I_PO........... 185
5.3.1.4.3 Loyalitätsbetrachtung für Pool PAT III_PO
und Zusammenführung der
Loyalitätseffekte................................................... 187
5.3.2
Adaptionsanalyse der Prozeßebene....................................................... 188
5.3.2.1 Adaption hinsichtlich der Optimierung der
Abschlußquote ........................................................................ 189
5.3.2.2 Adaption hinsichtlich der Optimierung der
Abschlußhöhe ......................................................................... 191
5.3.2.3 Adaption hinsichtlich der Zuordnung von
Prozeßbearbeitungskostensätzen............................................. 196
5.3.3
Adaptionsimplikationen aus der Kundenloyalitätsanalyse ................... 198
Zusammenfassung und Ausblick .................................................................................. 200
Literaturverzeichnis................................................................................................................ 203
Anhang............................................................................................................................ ........227
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell............... .................................227
Anhang B: Datenübersicht für das Steuerungsmodell...................................... ...................250
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Dimensionen des Management-Würfels .......................................................... 6
Abbildung 2:
Phasenstruktur des Managementprozesses ...................................................... 8
Abbildung 3:
Kundenbearbeitung als Transformationsaufgabe........................................... 12
Abbildung 4:
Strukturen von Handlungssystemen............................................................... 14
Abbildung 5:
Schematische Darstellung des Planungs- und Kontrollregelkreises .............. 17
Abbildung 6:
Szenariotrichter .............................................................................................. 39
Abbildung 7:
Berechnungsvorschrift für die Methode des gleitenden Mittelwerts ............. 41
Abbildung 8:
Berechnungsvorschrift für die Methode des exponentiellen
Glättens (1. Ordnung)..................................................................................... 42
Abbildung 9:
Beispiele für Trendfunktionen ohne Sättigungsniveau .................................. 44
Abbildung 10: Beispiele für Trendfunktionen mit Sättigungsniveau .................................... 45
Abbildung 11: Beispiel einer ABC-Umsatzanalyse ............................................................... 55
Abbildung 12: Grundaufbau einer Kundendeckungsbeitragsrechnung ................................. 56
Abbildung 13: Berechnungsschema der RFMR-Methode ..................................................... 61
Abbildung 14: Kundenattraktivität-Relative Lieferantenposition-Portfolio .......................... 64
Abbildung 15: Beispiel eines Cube-Ansatzes ........................................................................ 65
Abbildung 16: Berechnung des Lebenszykluswertes bei der Lebenszyklus-KostenRechnung........................................................................................................ 70
Abbildung 17: Berechnung des Customer Lifetime Value (Kapitalwertansatz).................... 71
Abbildung 18: Berechnung des Customer Lifetime Value unter Berücksichtigung
kommunikativer und akquisitorischer Aspekten............................................ 73
Abbildung 19: Beispiel eines Ishikawa-Diagrammes ............................................................ 77
Abbildung 20: Aktivitäten der Abweichungsanalyse nach dem Kepner-TregoeAnsatz............................................................................................................. 79
Abbildung 21: Kernelemente der Methodik des vernetzten Denkens.................................... 83
Abbildung 22: Bezugsobjekthierarchie in der Absatzsegmentrechnung ............................... 86
Abbildung 23: Dekomposition einer Erlösabweichung in intern und extern
beeinflußbare Abweichungsursachen............................................................. 90
Abbildung 24: Komponenten des Basismodells..................................................................... 94
Abbildung 25: Klassifikation von Bedarfsträgern.................................................................. 97
Abbildung 26: Grundstruktur des Kundenbearbeitungsprozesses ....................................... 102
Abbildung 27: Pool-Modell für den Kundenbearbeitungsprozeß ........................................ 105
Abbildung 28: Pool-Typen-Matrix des Aktivpools.............................................................. 106
Abbildung 29: Erst-/Folgekauftypen-Portfolio .................................................................... 111
VI
Abbildung 30: Klassifikationsschema für die Arten des Folgebedarfs bei
Kauftyp III.................................................................................................... 112
Abbildung 31: Arten des Leistungsverbundes ..................................................................... 114
Abbildung 32: Systematik möglicher Anpassungstypen der Prozeßbearbeitungskostensätze ................................................................................................... 144
Abbildung 33: Typen der Primäranalyse.............................................................................. 151
Abbildung 34: Initiierungsbezogene Eintrittsszenarien für Kundenelemente
der PAT-Pools .............................................................................................. 152
Abbildung 35: Portfolio der Deckungsbeitrags-/Kosten-Abweichungstypen...................... 154
Abbildung 36: Profitabilitätsnivellierung bei Deckungsbeitrags-/KostenAbweichungstypen ....................................................................................... 155
Abbildung 37: Abbildung von Kundenelementen im AbweichungstypenPortfolio........................................................................................................ 159
Abbildung 38: Rationales Tendenzschema für den zeitlichen Bedeutungsverlauf
der Ursachen von Kundenverlusten im Bearbeitungsprozeß ....................... 169
Abbildung 39: Loyalitätstypen bei verschiedenen Bedarfsszenarien................................... 180
Abbildung 40: Überleitungsrechnung zur Loyalitätsbetrachtung für PAT_I_PO................ 186
Abbildung 41: Prinzipdarstellung der Anwendung des Elbow-Kriteriums ......................... 193
VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Ansätze zur Klassifizierung des Kundenstatus ................................................... 30
Tabelle 2:
Ansätze zur Beschreibung von Verkaufsprozessen ............................................ 33
Tabelle 3:
Zielgrößen einer quantitativen Bedarfsbeurteilung ............................................ 35
Tabelle 4:
Kunden-Portfolio-Ansätze .................................................................................. 63
Tabelle 5:
Phasenmodelle für Geschäftsbeziehungen.......................................................... 68
Tabelle 6:
Transaktionsorientierte Zustands-Möglichkeiten-Matrix ................................. 100
Tabelle 7:
Anfangs- und Endereignisse von Prozessen in der Kundenbearbeitung .......... 103
Tabelle 8:
Abbruchereignisse im Pool_Modell des Kundenbearbeitungsprozesses.......... 108
Tabelle 9:
Beziehungsmatrix für den Leistungsabgang..................................................... 110
Tabelle 10: Bedingungen für die Aktivierung des Folgebedarfs bei Kauftyp III
und IV ............................................................................................................... 117
Tabelle 11: Zielpoolrelation für die transaktionsbezogene Prozeßebene ............................ 126
Tabelle 12: Beispielhafte (4x4)-Bearbeitungsmatrix für einen Teilprozeß v ...................... 132
Tabelle 13: Planprozeßkosten-Matrix der Kundenbearbeitung für Teilprozeß v ................ 133
Tabelle 14: Strukturierungsdimensionen der Abschlußwahrscheinlichkeit und
resultierende Basisgrößen ................................................................................. 135
Tabelle 15: Bewertungsraster der transaktionsorientierten Zustands-Möglichkeiten-Matrix zur Klassenbildung nach individueller Transaktionshistorie............................................................................................................... 139
Tabelle 16: Basisattribute der Primäranalysetypen.............................................................. 152
Tabelle 17: Basismatrix der Prozeßkostenanalyse............................................................... 163
Tabelle 18: Aufbau der Abweichungsmatrix (AXj/v) ......................................................... 165
Tabelle 19: Ursachenmatrix für Kundenverluste im Bearbeitungsprozeß........................... 168
Tabelle 20: Klassifikation von transaktionsorientierten Übergangsrelationen.................... 175
IX
Definitionsverzeichnis
Definition 1:
Kunden ............................................................................................................. 4
Definition 2:
Management (prozessuale Sichtweise) ............................................................ 7
Definition 3:
Vertriebsmanagement..................................................................................... 10
Definition 4:
Sachziele......................................................................................................... 12
Definition 5:
Formalziele..................................................................................................... 12
Definition 6:
Kundenbearbeitung ........................................................................................ 13
Definition 7:
Steuerung (betriebliche) ................................................................................. 15
Definition 8:
Steuerung der Kundenbearbeitung ................................................................. 20
Definition 9:
Modell ............................................................................................................ 21
Definition 10: Konstrukte ...................................................................................................... 95
Definition 11: Pool................................................................................................................. 95
Definition 12: Relation .......................................................................................................... 95
Definition 13: Potentieller Erstkundenpool eines Marktes.................................................... 97
Definition 14: Kundenpool eines Marktes............................................................................. 97
Definition 15: Kundenabgangspool eines Marktes................................................................ 97
Definition 16: Potentieller Erstkundenpool eines Unternehmens (PER_KU_PO)................ 98
Definition 17: Kundenpool eines Unternehmens (KU_PO) .................................................. 98
Definition 18: Kundenabgangspool eines Unternehmens (AB_KU_PO) ............................. 98
Definition 19: Erstkundenpool eines Unternehmens (ER_KU_PO) ..................................... 99
Definition 20: Bestandskundenpool eines Unternehmens (BES_KU_PO) ........................... 99
Definition 21: Pool verlorener Kunden eines Unternehmens (VER_KU_PO) ..................... 99
Definition 22: Pool zurückgewonnener Kunden eines Unternehmens
(ZUR_KU_PO) ............................................................................................ 100
Definition 23: Aktivpool eines Teilprozesses (Akt_Pov) .................................................... 104
Definition 24: Verlustpool eines Teilprozesses (Verl_Pov)................................................. 107
Definition 25: Passivpool (Pas_Pov, v+1) .............................................................................. 107
Definition 26: Kosten der Kundenbearbeitung.................................................................... 129
XI
Abkürzungsverzeichnis
a. M.
am Main
akt.
aktualisiert
Aufl.
Auflage
B2B
Business to Business
Bd.
Band
bearb.
bearbeitet
bericht.
berichtigt
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CO-OM-ABC
SAP R3-Modul: Controlling - Overhead Management - Activitybased Costing
CO-PA
SAP R3-Modul: Controlling - Profit Analysis
CRM
Customer Relationship Management
d. h.
das heißt
DBW
Die Betriebswirtschaft
Diss.
Dissertation
durchges.
durchgesehen
e. V.
eingetragener Verein
erg.
ergänzt
ERP
Enterprise Ressource Planning
erw.
erweitert
et al.
et alia (und andere)
f.
folgende
ff.
fort folgende
FI-AR
SAP R3-Modul: Finance - Accounts Receivable
FI-CA
SAP R3-Modul: Finance - Contract Accounting
geänd.
geändert
gestalt.
gestaltet
Hrsg.
Herausgeber
HWB
Handwörterbuch der Betriebswirtschaft
HWO
Handwörterbuch der Organisation
HWPlan
Handwörterbuch der Planung
HWProd
Handwörterbuch der Produktionswirtschaft
HWR
Handwörterbuch des Rechnungswesens
XII
i. e. S.
im engeren Sinn
i. w. S.
im weiteren Sinn
inkl.
inklusive
IO
Industrielle Organisation
Jg.
Jahrgang
KER
Kundenerfolgsrechnung
KLR
Kosten- /Leistungsrechnung
korr.
korrigiert
KRP
Kostenrechnungspraxis
o. Jg.
ohne Jahrgang
o. V.
ohne Verfasser
PDM
Produktdatenmanagement
PP-BD-BOM
SAP R3-Modul: Production Planning - Basic Data - Bills of
Material
ROI
Return on Investment
S.
Seite(n)
SEM-BPS
SAP R3-Modul: Strategic Enterprise Management - Business
Planning & Simulation
Sp.
Spalte(n)
TU
Technische Universität
u. a.
unter anderem
überarb.
überarbeitet
Uni.
Universität
unveränd.
unverändert
VEB
Volkseigener Betrieb
verb.
verbessert
vgl.
vergleiche
VIS
Vertriebsinformationssystem
vollst.
vollständig
VPR
Vertriebsplanungsrechnung
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium
XIII
Symbolverzeichnis
>, <, =
Größer, kleiner, gleich
∪, ∩
Vereinigung, Durchschnitt
∨, ∧, ⊗
Oder, Und, Exklusiv-Oder
∀, ∃
Für alle, es existiert
∈, ∉
Element von, nicht Element von
∏, Σ, +, -, . , /
Produkt, Summe, Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division
→
Abbildung
°
Symbol für in Bearbeitung stehende Kunden
αDB
Zulässiger Abweichungsschwellwert für den Deckungsbeitrag
αK
Zulässiger Abweichungsschwellwert für die Kosten
ßp
Remanenzfaktor der Periode p
ð1
Entwicklungsfaktor für Abschlußwahrscheinlichkeit w1
ð2
Entwicklungsfaktor für Abschlußwahrscheinlichkeit w2
µ
Mittelwert
σ
Standardabweichung
τ
Korrelationskoeffizient
∆abw
Plan-Ist-Abweichung der Abgangswahrscheinlichkeit
∆BGES
Veränderungspotential des Gesamtbedarfs
∆DB1
Plan-Ist-Abweichung des Deckungsbeitrags I
∆DB2
Plan-Ist-Abweichung des Deckungsbeitrags II
+
∆DB1
Positive Plan-Ist-Abweichung des Deckungsbeitrags I
-
∆DB1
Negative Plan-Ist-Abweichung des Deckungsbeitrags I
+
∆K
Positive Plan-Ist-Kostenabweichung
-
∆K
Negative Plan-Ist-Kostenabweichung
∆K
Plan-Ist-Kostenabweichung
∆K′
Bereinigte Plan-Ist-Kostenabweichung
∆Kj/v
Plan-Ist-Kostenabweichung eines Transaktionspools j
in Teilprozeß v
∆PKS
Abweichung vom Prozeßkostensatz
∆VG
Abweichung gegenüber der loyalitätsbezogenen Vergleichsgröße
XIV
+
∆VG
Positive Abweichung gegenüber der loyalitätsbezogenen Vergleichsgröße
-
∆VG
Negative Abweichung gegenüber der loyalitätsbezogenen Vergleichsgröße
∆SPmax_U
Veränderung des maximalen Steigerungspotentials des
Absatzes
AB
Hauptprozeß Abwicklung
AB_B
Teilprozeß Beauftragung
AB_BS
Teilprozeß Bereitstellung
AB_KU_PO
Kundenabgangspool eines Unternehmens
ABKUp
Prognosewert für den Kundenabgang aus dem Markt in
Periode p
abw
Abgangswahrscheinlichkeit
Ø
AF
Durchschnittlicher Abnutzungsfaktor
Akt_Pov
Aktivpool des Teilprozesses v
akt_var
Aktivierungsvariable
AN
Hauptprozeß Anbahnung
AN_A
Teilprozeß Angebotserstellung
AN_B
Teilprozeß Beratung
AN_I
Teilprozeß Information
AQj
Abschlußquote je Transaktionspool j
AS
Hauptprozeß After Sales
AS_IS
Teilprozeß Instandhaltung/-setzung
AS_RA
Teilprozeß Reklamations-/Anfragenbearbeitung
ATVQ
Anpassungsterm der Verlustquote
AVKv*
Anzahl verlorener Kunden im Teilprozeß v*
AXj/v
Abweichungsmatrix eines Transaktionspools j für Teilprozeß v
B_PO∅
Leerer Bedarfspool
B_POpositiv
Positiver Bedarfspool
BAEL
Bedarf aufgrund des Abgangs der eigenen Leistung
Banonym
Anonymer Bedarfsträger
BAWL
Bedarf aufgrund des Abgangs wettbewerbsbezogener
Leistung
BCOS
Bedarf an Komplementärprodukten
BERS
Ersatzbedarf
XV
BERW
Erweiterungsbedarf
BES_KU_PO
Bestandskundenpool eines Unternehmens
BGES
Leistungsbezogener Gesamtbedarf
Bi
Identifizierter Bedürfnisträger i
BLM
Basisleistungsmenge
BN
Bearbeitungsniveau
BRM
Bearbeitungsmatrix
BU
Budget
BU
Bedarf der durch das eigene Unternehmen gedeckt
wurde
BWET
Bedarf der durch den Wettbewerb gedeckt wurde
BSp
Leistungsbestand am Anfang der Periode p
A
c
Clusterzentrum
Cmax
Hilfsvariable zur Abbildung oberer Schranken
Cmin
Hilfsvariable zur Abbildung unterer Schranken
DB1
Deckungsbeitrag I
DB2
Deckungsbeitrag II
DBIST
Ist-Deckungsbeitrag
DBPLAN
Plan-Deckungsbeitrag
DBR
Deckungsbeitragsrentabilität
dom
Domäne
E
Erwartungswertoperator
ENGK
Entwicklungsfaktor neu zu gewinnender Kunden
ER_KU_PO
Erstkundenpool eines Unternehmens
F
Funktion
FE
F-Wert
fr
Freiheitsgrad
GKU_PO
Gesamtkundenpool
GW
Grenzwert
h
Häufigkeitsoperator
h L / L COS
Produktionskoeffizient
H0
Nullhypothese
H1
Gegenhypothese
HBi
Bewertung des Kunden i in der Kontakthistorie
IM_BE
Implizit ereignisbezogener Bedarfstyp
XVI
int
Intensitätsniveau der Kundenbearbeitung
K(./.)
Produktkosten in Abhängigkeit des Umsatzes
K∅ÜB/j’
Durchschnittliche Übergangskosten für Übergangspool
j’
KF∆DB1
Kompensationsfaktor der Deckungsbeitragsabweichung
KF∆K
Kompensationsfaktor der Kostenabweichung
KFIX
Fixkosten
KFPROP
Proportionalisierter Kompensationsfaktor
KGES
Gesamtkosten
ki
Kunde i
KIST
Ist-Kosten
KK
Kundenkontakt
KPLAN
Plan-Kosten
K’PLAN
Bereinigte Plan-Kosten
KS
Sunk Cost
KSQ
Sunk Cost-Quote
KSr
Kostensatz der Ressource r
KT
Kostentyp
KU_PO
Kundenpool eines Unternehmens
Kund_Akt_Akt_Po
Kunden-Aktiv-Aktiv-Pool
Kund_Akt_Pas_Po
Kunden-Aktiv-Passiv-Pool
L/M/H
Tupel zur Abbildung alternativer Prozeßkostensätze
LZi
Lebenszeit des Kunden i
MAE
Mächtigkeit einer Menge
max
Maximum
ME
Mengeneinheit
min
Minimum
MQA
Mittlere quadratische Abweichung
Mw2ist
Mittlere Ist-Abschlußhöhe
N
Menge der natürlichen Zahlen
n*
Rückgriffshorizont der Kundenbearbeitung
n*max
Maximaler Rückgriffshorizont der Kundenbearbeitung
NDL
Nutzungsdauer einer Leistung L
NDLCOS
Nutzungsdauer einer Komplementärleistung LCOS
Neg
Negative Basisbewertung
XVII
NU_BE
Nutzungsbezogener Bedarfstyp
p
r
p
Periode
Preisvektor
PAT_I_PO
Pool des primären Analysetyps I
PAT_II_PO
Pool des primären Analysetyps II
PAT_III_PO
Pool des primären Analysetyps IIII
PAT_IV_PO
Pool des primären Analysetyps IV
Pas_Po
Passiv-Pool
pB
Bearbeitungsperiode
PER_KU_PO
Potentieller Erstkundenpool eines Unternehmens
PER_KU_PO_MA
Potentieller Erstkundenpool des Marktes
PF
Proportionalisierungsfaktor
PFKF
Proportionalisierungsfaktor des Kompensationsfaktors
pgr
Prüfgröße
PKS
Prozeßkostensatz
PKS*
Prozeßkostensatz der Stichprobe
PKSv
Prozeßkostensatz für Teilprozeß v
PM
Potenzmenge
Pos
Positive Basisbewertung
pp
Planungsperiode
PPKMv
Planprozeßkosten-Matrix für Teilprozeß v
ppN
Nächste Planungsperiode
PRFINT
Kostenbezogener Proportionalisierungsfaktor für Intensitätsniveau int
PSS
Prozeßstatusset
QA
Quadrierte Abweichung
QAN
Quantil
RBi
Relevanter Bedürfnisträger
r ( ND L , ND L
COS
)
Häufigkeit des Folgebedarfs einer Komplementärleistung
SC
Score-Maß
scübi*,p
Score-Maß der Übergangsrelationen
SIj
Stornoindex des Kundenpools j
SPmax_U
Intraperiodisches maximales Steigerungspotential
stbi
Stauchungsfaktor für Kunde i
XVIII
SU
Stichprobenumfang
SVG*
Summe der loyalitätsbezogenen Vergleichswerte
SW
Spannweite
t
Zeitpunkt
tAv
Startzeitpunkt des Teilprozesses v
tAw
Startzeitpunkt des Hauptprozesses w
tANG_MOD_L
Angebotszeitpunkt für eine modifizierte Leistung
TAQ
Transaktionsquote
tEv
Endzeitpunkt des Teilprozesses v
tEw
Endzeitpunkt des Hauptprozesses w
TGP
Testgruppe
tgr
Testgröße
TGR
Testgrößenintervall
th
Anzahl Klassen nach Transaktionshistorie
Thj‘‘
Kundenklasse nach Transaktionshistorie
to
Obergrenze des Testgrößenintervalls
TSF
Transaktionsbezogener Streckungsfaktor
tu
Untergrenze des Testgrößenintervalls
ÜB_POj’
Transaktionsbezogener Übergangspool j’
UIST
Ist-Umsatz
Unt_Akt_Akt_Po
Unternehmens-Aktiv-Aktiv-Pool
Unt_Akt_Pas_Po
Unternehmens-Aktiv-Passiv-Pool
Unt_Akt_Verl_Po
Unternehmens-Aktiv-Verlust-Pool
Unt_Pas_Verl_Po
Unternehmens-Passiv-Verlust-Pool
UPLAN
Planumsatz
URBist
Ist-Umsatz relevanter Bedürfnisträger
URBplan
Plan-Umsatz relevanter Bedürfnisträger
Urestplan
Plan-Umsatzrestgröße
UT
Umsatztyp
VAv*
Verlustanteil in Teilprozeß v*
VVAv*
Vermeidbarer Verlustanteil in Teilprozeß v*
VER_KU_PO
Pool verlorener Kunden eines Unternehmens
VER_KU_PO_W
Pool verlorener Kunden der Wettbewerber
Verl_Pas_Po
Verlustpool des Passivpools
Verl_Pov
Verlustpool eines Teilprozesses v
XIX
VF1/∆DB1
Deckungsbeitragsbezogener Verteilungsfaktor für alle
Abweichungstypen
VF1/∆K
Kostenbezogener Verteilungsfaktor für alle Abweichungstypen
VF2/∆DB1
Deckungsbeitragsbezogener Verteilungsfaktor für positiv gerichtete Abweichungstypen
VF2/∆K
Kostenbezogener Verteilungsfaktor für positiv gerichtete Abweichungstypen
VFØ
Durchschnittlicher Verbrauchsfaktor
VG
Loyalitätsbezogene Vergleichsgröße
VQ
Verlustquote
VQAT
Verlustquote mit angepaßter Grundgesamtheit
VRF
Variabilisierungsfaktor
VRFint
Kostenbezogener Variabilisierungsfaktor für Intensitätsniveau int
VVA
Vermeidbarer Verlustanteil
w1
Abschlußwahrscheinlichkeit
w2
Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Abschlußhöhe
z
Anzahl der im Rahmen der Varianzanalyse betrachteten
Variablen
Z
Zyklus der Kundenbearbeitung
ZAKk
Kundenindividuelle Zu- oder Abschlagskomponente
ZE
Zeiteinheit
ZE_BE
Zeitbezogener Bedarfstyp
ZF
Zielfunktion
ZUR_KU_PO
Pool zurückgewonnener Kunden eines Unternehmens
ZYK
Zyklusanzahl
ZYKmax
Maximale Zyklusanzahl
1. Motivation der Arbeit
1.
1
Motivation der Arbeit
Obwohl sich der Vertrieb mittlerweile in vielen Wirtschaftsbranchen zum maßgebenden Engpaßfaktor entwickelt hat1, steht er im Vergleich zu anderen betrieblichen Funktionen erst seit
relativ kurzer Zeit im Fokus von Effektivitäts- und Effizienzüberlegungen des Managements.2
Bedingt durch die stetige Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen3, stellt ein exzellenter
Vertrieb heutzutage einen zentralen Wettbewerbsfaktor für Unternehmen dar.4 Dieser Anspruch birgt neue Herausforderungen für die Gestaltung und Steuerung der vertrieblichen Unternehmensaktivitäten. Sie ergeben sich dabei nicht nur vor dem Hintergrund des eigentlichen
Absatzes von Unternehmensleistungen, sondern auch durch das bestehende Intensitätsniveau
der Vertriebskosten.5
Obgleich mittlerweile in vielen Unternehmen die Notwendigkeit des Übergangs von der Produkt- zur Kundenorientierung erkannt wurde, und somit der Kunde in den Mittelpunkt einer
differenzierten Marktbearbeitung zu stellen ist, bedarf es anwendbarer Konzepte, diese Orientierung in ganzheitlichen Ansätzen zur Steuerung der Kundenbearbeitung umzusetzen.6 Unterstützt durch die Entwicklungen der Informationstechnologien, besteht für Unternehmen aktuell die Möglichkeit, wirtschaftlich vertretbar vielfältige Informationen über Kunden und
Kundenkontakte in den einzelnen Prozeßphasen der Kundenbearbeitung festzuhalten und für
die Koordination und Steuerung der zukünftigen Vertriebsaktivitäten zu nutzen.7 Zur wirkungsvollen Verwendung dieser Informationen ist die Datenverfügbarkeit zwar eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung.8 Zur Verbesserung der zu treffenden Allokationsentscheidungen in der Kundenbearbeitung muß ein konzeptioneller Rahmen zugrunde liegen, der es ermöglicht, Kunden entscheidungsrelevant zu klassifizieren sowie die Planung
und Kontrolle von kundenorientierten Vertriebsaktivitäten systematisch und nachvollziehbar
zu unterstützen. Durch eine fehlende inhaltliche Strukturierung und die vernachlässigte Ver-
1
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 294.
2
Vgl. Krafft, M. (2001), S. 500. Zu konzeptionellen Managementansätzen der Vergangenheit vgl. Weber, J.
(1998a), S. 184.
3
Zu den einzelnen Aspekten der Wettbewerbsintensität in bezug auf die Umsysteme von Unternehmen vgl.
Gerth, N. (1999), S. 174 f.
4
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 294
5
Der Kostenanteil des Vertriebsbereiches an den Gesamtkosten ist heutzutage in vielen Fällen bereits höher
als der Produktionskostenanteil. Vgl. Ahlert, D. (1996), S. 14 f.
6
Vgl. Dangelmaier, W./Uebel, M./Helmke, S. (2002), S. 6 ff.; Winkelmann, P. (2000), S. 434. Der optimierten Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten kommt in diesem Zusammenhang nicht zuletzt deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil die Allokation knapper Vertriebsressourcen auf Kunden- bzw. Kundengruppenebene höhere Potentiale für Profitabilitätssteigerungen verspricht als die Bestimmung einer optimalen Gesamthöhe. Vgl. Krafft, M./Albers, S. (2000), S. 515.
7
Vgl. Sengpiehl, J./Schmahl, J. (2002), S. 12.
8
Vgl. Hippner, H./Wilde, K.D. (2002), S. 6.
2
1. Motivation der Arbeit
netzung dieses Aufgabenfeldes können bestehende Effektivitäts- und Effizienzpotentiale9 in
der Vertriebsarbeit nur bedingt genutzt werden.10
Ein dieses Aufgabenfeld behandelnder Ansatz muß gewährleisten, daß er einerseits die bestehenden Teilaufgaben integrativ verbindet und andererseits die Kunden innerhalb der einzelnen Aufgabenfelder differenziert berücksichtigt.11 Nur so läßt sich die angestrebte Intention
einer Kundenorientierung auch tatsächlich im Rahmen einer differenzierten Kundenbearbeitung unter Profitabilitätsgesichtspunkten praktisch verwirklichen. Dazu bedarf es einer ausgeprägten Priorisierung in der Kundenbearbeitung, die sich jeweils an Bedarfsgrößen des Kunden orientiert und durch die Wahl intelligenter Bezugs- und Vergleichsbasen anforderungsgerechte Bewertungsmaßstäbe bereitstellt.12 Es entspricht nicht diesem Anspruch, wie es vielfach bei reaktiven Steuerungsansätzen verbreitet ist, Werte aus der Vergangenheit, die noch
dazu stark aggregiert sind, pauschalisiert fortzuschreiben.13 Gleichzeitig vernachlässigen proaktive, eher operativ ausgerichtete Steuerungsansätze auf Basis stetiger funktionaler Abhängigkeiten oftmals kundenindividuelle, peridodenbezogene Bedarfssituationen.14
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein operables Modell15 mit Referenzcharakter zu entwickeln, welches das Treffen von kundenbezogenen Entscheidungen im Bereich der Kundenbearbeitung systematisch unterstützt und durch einen ganzheitlichen Steuerungsansatz die Profitabilität der Kundenbearbeitung im Unternehmen periodenübergreifend verbessert. Der Fokus
liegt dabei auf einer stringenten und durchgängigen Spezifikation und Operationalisierung
von Konstrukten, deren Ausprägungen im Unternehmen jeweils explizit meßbar und formal
erfaßbar sind. Dies erscheint insbesondere vor dem Anspruch notwendig, ein möglichst eindeutiges Anwendungsmodell für die unternehmensspezifische Ausgestaltung im jeweiligen
Anwendungskontext bereitzustellen und einer interpretativen Beliebigkeit enge Grenzen zu
setzen. Das zu konzipierende Modell stellt als taktisches Element das Bindeglied zwischen
einer langfristig orientierten strategischen Steuerung und der operativ ausgerichteten unterjährigen Steuerung der Vertriebsaktivitäten dar.16 Es erlaubt Unternehmen, auf der Basis einer
einheitlichen, bearbeitungsprozeßorientierten Abbildung der Kunden unter Berücksichtigung
entsprechender Transaktionshistorien einen wesentlich bedarfsorientierteren Einsatz der zur
Verfügung stehenden Vertriebsressourcen zu planen sowie sich durch die Berücksichtigung
9
Zu Bedeutung und Abgrenzung der Begriffe Effektivität und Effizienz im Kontext des Vertriebs vgl. Dihlmann, C. (1991), S. 158.
10
Vgl. Brendel, M. (2002), S. 127 - 139.
11
Vgl. Witt, J. (2002), S. 68 f.
12
Vgl. Krafft, M. (2001), S. 505 f.
13
Vgl. zu diesem Vorgehen beispielhaft Reinecke, S./Tomczak, T. (2001), S. 80.
14
Vgl. zu diesem Vorgehen beispielhaft Helmke, S. (2002), S. 145 f.
15
Ein operables Modell gestattet es, eine Aufgabe unter seiner Benutzung zu lösen. Es enthält alle zur Lösung
einer Aufgabe erforderlichen Ausgangsdaten, ermöglicht die Darstellung von Zwischenergebnissen sowie
die Abbildung des Endergebnisses einer Aufgabe. Vgl. Dangelmaier, W. (2000), S. 183.
16
Vgl. zu dieser Einordnung Kapitel 2.1.6.
1. Motivation der Arbeit
3
von Analyseimplikationen und Adaptionsregeln kontinuierlich im Bereich der Kundenbearbeitung zu verbessern.
Das Modell basiert auf der Klassifikation von Kundengruppen unter Einsatz verschiedener
Merkmalsdimensionen. Diese Klassifikation ist erforderlich, um die mit den Kundenklassen
verbundenen unterschiedlichen Implikationsstränge für die Gestaltung einer kundengruppenindividuellen Kundenbearbeitung überhaupt erst zugänglich zu machen. Zur eindeutigen Abgrenzung von wesentlichen Kundenmerkmalen und der Zugehörigkeit von Kunden zu unterschiedlichen Kundenklassen wird auf Konstrukte und Operatoren der Mengenlehre zurückgegriffen. Weiterhin werden die Kunden durch quantitative Merkmalsdimensionen und -ausprägungen beschrieben, deren Beziehungen untereinander sowie deren Bewertung durch algebraische und logische Operatoren deutliche Analyse- und Synthesevorteile bietet und einer
darauf aufbauenden zu konstruierenden Zielfunktion überhaupt erst zugänglich macht.
Die damit verbundene Formalisierung erscheint notwendig und angemessen, da eine reine natürlich-sprachliche Modelldarstellung zwar dem grundsätzlichen Verständnis und der gedanklichen Nachvollziehbarkeit der Modellentwicklung dient, jedoch bei der Übertragung des
Modells in einen Anwendungskontext zu Interpretationsfreiräumen und komplexitätsbedingten Schwierigkeiten führt, da sich die natürlich-sprachliche Syntax für eine eindeutige und
klare Modellbeschreibung mit einem hohen Anteil quantitativer Elemente nur eingeschränkt
eignet. Im Ergebnis entsteht durch die Formalisierung eine eindeutige formale Modellvorschrift mit Referenzcharakter, die es dem Anwender ermöglicht, das Modell möglichst ohne
Interpretationsfehler bzw. Mehrdeutigkeiten mit eigenen Unternehmensdaten zu instanzieren
und somit das bestehende Optimierungspotential auf den eigenen Vertriebsbereich zu übertragen. Das Modell stellt inhaltlich ein Fachkonzept für die Umsetzung im Vertrieb dar, bei
dem der Informationsbedarf exakt spezifiziert wird und die mit diesen Informationen durchzuführenden Operationen eindeutig und operationalisiert definiert sind.
Der Aufbau der Arbeit gliedert sich wie folgt. Kapitel 2 behandelt zunächst die Klärung der
Problemstellung. Dazu wird aufbauend auf den zentralen Begriffen dieser Thematik der Problemkontext aufgezeigt sowie der relevante Problembereich abgegrenzt und analysiert. Es erfolgt eine Einteilung der zu lösenden Teilprobleme sowie eine Ableitung von Anforderungen
an die entsprechenden Lösungsansätze. Die definierten Teilprobleme bestimmen die inhaltliche Struktur der nachfolgenden Kapitel. Anschließend wird in Kapitel 3 der Stand der Technik zu diesen Teilproblemen vorgestellt und jeweils zusammenfassend bewertet. In Kapitel 4
werden im Rahmen einer Synthese aus den identifizierten Defiziten bisheriger Ansätze und
den formulierten Anforderungen an die zu lösenden Teilprobleme, die zu leistenden Arbeiten
formuliert. Die Konzeption eines Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung erfolgt in
Kapitel 5. Die inhaltliche Kernstruktur ergibt sich aus den zu lösenden Teilproblemen. Die
Teilmodule des zu konzipierenden Modells setzen sich aus Basismodell, Planungsmodell und
Kontrollmodell zusammen. Im Anhang wird ein Fallbeispiel vorgestellt, das die unternehmenspraktische Anwendung des Modells und den damit verbundenen Anwendungsnutzen
verdeutlicht.
4
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
2.
Das Problem der Konzeption eines Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung im Rahmen des Vertriebsmanagements
Über die nachfolgende Klärung der dieser Arbeit zugrunde liegenden zentralen Begriffe erfolgt zum einen die Aufspannung des kontextbezogenen Verständnisbereiches und zum anderen die inhaltliche Abgrenzung des zu lösenden Problembereiches mit seinen Teilaspekten.
Im Anschluß werden die Anforderungen an die zu lösenden Teilprobleme spezifiziert.
2.1
Klärung der zentralen Begriffe
2.1.1
Kunden
Das Geschehen auf Märkten wird durch die Austauschbeziehungen zwischen Anbietern und
Abnehmern als Marktteilnehmer charakterisiert.17 Ausgangspunkt dieser Austauschbeziehungen sind dabei aktuelle oder erwartete Defizite der Marktteilnehmer. Bei ihnen besteht zwischen Ist- und angestrebtem Sollzustand innerhalb eines Gegenstandsbereiches eine negative
Abweichung. Der intendierte Zweck des Austauschprozesses ist es, für beide Seiten dieses
Ungleichgewicht zu beseitigen.18 Dabei wird der „...als Mangel erlebte Wunsch nach dem Erwerb eines Gutes, dessen Besitz oder Verbrauch die Befriedigung eines Bedürfnisses19 verspricht...“20 als Bedarf eines Abnehmers bezeichnet. Der Bedarf konstituiert eine objektorientierte Handlungsabsicht.21
Definition 1: Kunden
Kunden bezeichnen alle natürlichen und juristischen Personen22, die tatsächliche
oder potentielle Abnehmer von Gütern23 zum Zweck der Bedarfsbefriedigung24
17
Vgl. Olfert, K./Rahn, H.-J. (1997), S. 602. Angestrebtes Ergebnis dieser Austauschbeziehung ist es, einen
Tauschvertrag über mindestens zwei verschiedene Güter abzuschließen. Dazu muß ein Gut von einem
Marktteilnehmer angeboten werden, das von dem anderen Marktteilnehmer nachgefragt wird. Im Gegenzug
muß der andere Marktteilnehmer als Gegenleistung ein Gut offerieren, das von dem erstgenannten Marktteilnehmer als erstrebenswert angesehen wird. Ist Geld das Tauschobjekt eines Marktteilnehmers, wird dieser
im allgemeinen als Abnehmer und der andere Marktteilnehmer als Anbieter bezeichnet. Vgl. dazu Hilke, W.
(1993), Sp. 2769.
18
Vgl. Plinke, W. (1995), S. 15 f.
19
Bedürfnisse charakterisieren die inneren Antriebskräfte eines Menschen. Sie sind durch aktivierende und
kognitive Komponenten gekennzeichnet. Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 208.
20
Scherhorn, G. (1959), S. 100.
21
Vgl. Scherhorn, G. (1959), S. 89. Für weitere im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich diskutierten Bedarfsbegriffe vgl. Stiegenroth, H. (2000), S. 9 - 11.
22
An dieser Stelle wird im juristischen Sinne auf den Begriff der Person als Rechtssubjekt abgestellt. Personen
können dabei ihre Rechtsbeziehungen durch Rechtsgeschäfte aufgrund ihrer Rechtspersönlichkeit gestalten.
Rechtsfähigkeit kommt dabei jedem Menschen als natürlicher Person zu. Rechtfähigkeit können aber auch
Personenvereinigungen zum Zwecke des Geschäftsbetriebes erlangen. Sie werden als juristische Personen
bezeichnet. Vgl. dazu BGB (1991), § 1 - 89, S. 6 - 17.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
5
darstellen. Sie sind Partner, deren Existenz notwendige Voraussetzung für den
wirtschaftlichen Erfolg des Anbieters25 ist.26
2.1.2
Management
Um die von Unternehmen verfolgten Ziele27 zu verwirklichen, sind geeignete Aktivitäten erforderlich, die im Einklang mit den Forderungen der einzelnen Anspruchsgruppen28 stehen.29
Zur Lenkung dieses Wirtschaftsprozesses bedarf es des Einsatzes schöpferischer und dynamischer Gestaltungskräfte, die dafür Sorge tragen, daß die einzelnen Unternehmensprozesse
zielgerichtet in Gang gesetzt werden und koordiniert ablaufen.30 Der Begriff Management faßt
die Aufgaben zusammen, die sich mit der Gestaltung und Lenkung des Unternehmens beschäftigen.31 Je nach Fokus der Betrachtung kann auf die Aufgabenträger, auf die Aufgabenobjekte sowie auf die Verrichtungen abgestellt werden.32 Entsprechend kann Management als
Institution oder als Funktion betrachtet werden.33 Bei institutioneller Betrachtung umfaßt das
Management die leitenden Instanzen im Sinne von Aufgabenträgern, die Entscheidungs- und
Anordnungskompetenz im Unternehmen besitzen. Je nach ihrer Stellung innerhalb der hierar23
Der Begriff des Gutes wird in diesem Zusammenhang im Sinne von Wirtschaftsgut verstanden. Zum Begriff
des Wirtschaftsgutes vgl. Kosiol, E. (1972), S. 108 ff. sowie Chmielewicz, K. (1969), S. 85 ff. Für eine mögliche Systematisierung von Wirtschaftsgütern vgl. Corsten, H. (1985), S. 169.
24
Bedarfsbefriedigung kennzeichnet hier die Beseitigung eines subjektiven Mangelzustands, dessen Eliminierung vom Kunden als erstrebenswert angesehen wird. Die Erreichung dieses Zieles kann auch als „Problemlösung“ aufgefaßt werden. Vgl. dazu Plinke, W. (1997), S. 121.
25
Anbieter stellen in diesem Zusammenhang primär fremdbedarfsdeckende Wirtschaftseinheiten eines Wirtschaftssystems dar. Bei diesen, auch als Betriebe charakterisierten Wirtschaftseinheiten, stellen nach
GUTENBERG (Vgl. Gutenberg, E. (1983).) Unternehmungen (moderner: Unternehmen) einen speziellen
Betriebstyp marktwirtschaftlicher Ordnungssysteme dar. Die konstituierenden Merkmale für Unternehmen
liegen danach im Autonomieprinzip, im erwerbswirtschaftlichen Prinzip und im Prinzip des Privateigentums.
Als Organe der Gesamtwirtschaft grenzen sich die öffentlichen Betriebe und Verwaltungen von den Unternehmen ab. Wirtschaftseinheiten, die sich auf die Deckung von Eigenbedarf spezialisiert haben, werden in
diesem Zusammenhang als private Haushalte bezeichnet. Dazu sowie zu weiteren Differenzierungen vgl.
Schierenbeck, H. (1993), S. 22 - 25.
26
Wirtschaftlicher Erfolg stellt ein wesentliches Zielkriterium von Unternehmen dar, von dessen Erreichung
die dauerhafte Existenz des Unternehmens abhängig ist. Zur Definition von Erfolgsbegriffen vgl. Hildebrandt, L. (1992), S. 1069 - 1084.
27
Zu den möglichen Unternehmenszielen vgl. Becker, J. (1998), S. 16; Ulrich, P./Fluri, E. (1995), S. 97 - 99
sowie allgemein zum Zielsystem als Ordnungsansatz bei der Existenz mehrerer Ziele vgl. Hauschildt, J.
(1980), Sp. 2420.
28
In ihrer Gesamtheit auch als „Stakeholder“ bezeichnet, umfassen diese Gruppen alle Personen bzw. Institutionen ohne die der Fortbestand des Unternehmens gefährdet wäre. Je nach Stellung zum Unternehmen kann
zwischen internen Stakeholdern, z. B. Eignern bzw. Aktionären, Mitarbeitern etc. und externen Stakeholdern, z. B. Gläubigern, Kunden, Zulieferern, Gesellschaft etc. differenziert werden. Vgl. dazu auch Steinmann, H. (1969), S. 175; Dyllik, T. (1984), S. 74 f.
29
Vgl. Hinterhuber, H.H. (1992), S. 1; Ansoff, L. (1965), S. 33 ff.
30
Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 56.
31
Vgl. Bleicher, K. (1992), S. 35; Ulrich, H. (1984), S. 99 ff.
32
Zu den Merkmalen von Aufgaben vgl. Fußnote 44.
33
Zu dieser Abgrenzung vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 81 f.
6
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
chisch aufgebauten personellen Struktur in Unternehmen lassen sich Top-, Middle- und Lower-Management unterscheiden.34 Bei funktionaler Betrachtung umfaßt Management alle zur
Lenkung und Gestaltung des Unternehmens notwendigen Aufgabenobjekte und Verrichtungen, die nicht rein ausführender Natur sind.35 Bei der Strukturierung der Aufgaben, die nicht
rein ausführender Natur sind, wird an dieser Stelle SCHIERENBECK gefolgt, der die Managementfunktion dreidimensional in eine personelle, strukturelle und prozessuale Dimension,
wie in Abbildung 1 dargestellt, unterteilt.36
Strukturelle
Dimension
Disposition
Organisation
(fallweise
(generelle
Regelungen) Regelungen)
Planung
Entscheidung/Durchsetzung
ter
etz
es
g
r
Vo
ng
hru
Fü
Personelle
Dimension
r
ite
be
tar
i
M
Kontrolle
Prozessuale
Dimension
Abbildung 1: Dimensionen des Management-Würfels
Quelle: Schierenbeck, H. (1993), S. 82.
Die personelle Dimension umfaßt bei dieser Sichtweise die mitarbeiterbezogenen Führungsaufgaben des Managements. In diesem Bereich ist durch die Leistungsinstanzen sicherzustellen, daß die getroffenen Entscheidungen auch durch die zuständigen Mitarbeiter des Unternehmens zielgerecht ausgeführt bzw. umgesetzt werden.37 Die strukturelle Dimension beinhaltet die Gestaltung organisatorischer und dispositiver Abläufe im Unternehmen. Hier
34
Obwohl in der Praxis insbesondere bei Großunternehmen mehr hierarchische Ebenen anzutreffen sind, werden in der Literatur oftmals nur diese drei Typen hervorgehoben. Vgl. in diesem Zusammenhang zum Problem der Management- bzw. Führungsspanne auch Koontz, H./O`Donnel, C.J. (1959), S. 63 - 84. Die drei
Typen der Hierarchie unterscheiden sich dabei u. a. durch die Art der durchzuführenden Aufgaben, das anteilige Verhältnis von Entscheidungs- und Ausführungsaufgaben sowie die Reichweite und die Bezugsobjekte der zu treffenden Entscheidungen. Vgl. Illetschko, L.L. (1969), Sp. 951; Hörschgen, H. (1992), S. 297 f.
35
GUTENBERG unterscheidet, allerdings vor dem Hintergrund einer produktionstheoretischen Intention, bei
den zum Einsatz gelangenden Produktionsfaktoren im Bereich der menschlichen Arbeitsleistung zwischen
der objektbezogenen menschlichen Arbeit, wahrgenommen durch Elementarfaktoren, Leitungsaufgaben i. e.
S., wahrgenommen durch originär dispositive Faktoren, sowie Leitungsaufgaben i. w. S. wie Planung, Organisation und Kontrolle, wahrgenommen durch die derivativ dispositiven Faktoren. Unter Leitungsaufgaben
i. e. S. versteht GUTENBERG in diesem Zusammenhang das Treffen von „echten Führungsentscheidungen“
auf Top-Management-Ebene. Vgl. Gutenberg, E. (1983), S. 140 sowie Gutenberg, E. (1962), S. 102.
36
Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 82 - 97. Für eine andere Abgrenzung vgl. Wild, J. (1982), S. 32 f., der die
Begriffe Führung und Management kongruent verwendet.
37
Zu den Aspekten der Führungsaufgabe vgl. Mikl-Horke, G. (1991), S. 80 f.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
7
kommt der strukturgebende und somit ordnende Aspekt der Managementaufgabe zum Tragen.38 Bei der prozessualen Dimension wird dem Faktum entsprochen, daß die Entscheidungsfindung meist kein punktueller Wahlakt, sondern Ergebnis eines mehrstufigen Entscheidungsprozesses ist.39 Die einzelnen Teilaufgaben, die durch einen logisch-genetischen Zusammenhang innerhalb dieses Prozesses verbunden sind, bilden einen sich ständig wiederholenden komplexen Managementzyklus (siehe dazu Abbildung 2).40 Der Prozeß ist durch Vorund Rückkopplungsbeziehungen gekennzeichnet und kann von seiner Grundstruktur als kybernetischer Regelkreis interpretiert werden.41 Dieser komplexe Informationsverarbeitungsprozeß verursacht dabei einen hohen Informations- und Koordinationsbedarf.42
Der prozessual-systemische Aspekt des Managements wird für den weiteren Gang der Arbeit
zugrunde gelegt.43 Die nachfolgende Definition dient dabei als Ausgangspunkt für die Eingrenzung und Explikation der Problemstellung im weiteren Verlauf.
Definition 2: Management (prozessuale Sichtweise)
Management umfaßt die Aufgaben44 der zielbezogenen Gestaltung und Steuerung
von Entscheidungsprozessen im betrieblichen System mit dem Zweck, die langfristige Existenz des Unternehmens zu sichern.45
38
Zum klassischen Analyse-Synthese-Konzept der organisatorischen Gestaltung vgl. Kosiol, E. (1976), S. 27
ff.
39
Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 83.
40
Vgl. Wild, J. (1982), S. 13 f. Die Kernstruktur dieses Prozesses ist auf die formalen Phasen jeder rationalen
Handlung: Planung, Realisation und Kontrolle, zurückzuführen. Dabei wird jede Realisations- bzw. Ausführungsaufgabe durch informationsverarbeitende Aufgaben umhüllt. Vgl. dazu auch Grochla, E. (1975), S. 11
f.
41
Der dem Bereich der Systemtheorie zuzuordnende kybernetische Denkansatz geht auf WIENER (Vgl. Wiener, N. (1948).) zurück und erklärt die Struktur und das Verhalten von dynamischen Systemen auf der Basis
von Steuerungs- und Regelungsmechanismen. Dieser ursprünglich für technische Systeme angedachte Ansatz, der diese Systeme in die Lage versetzen soll, sich unter wechselnden Umweltbedingungen zur Erreichung der gesetzten Ziele entsprechend anzupassen, liefert aufgrund von bestehenden Gemeinsamkeiten sehr
fruchtbare Denkvorstellungen für Beschreibungs-, Analyse- und Gestaltungsaspekte anderer realer Bereiche.
Vgl. dazu Schiemenz, B. (1993), Sp. 4128. Unternehmen können in diesem Zusammenhang als kybernetische Systeme mit der speziellen Ausprägung eines offenen sozio-technischen Systems interpretiert werden.
Vgl. Grochla, E. (1978), S. 12 - 16; Ropohl, G. (1979), S. 179 ff.; Ferstl, O.K./Sinz, E.J. (1998), S. 65 f.
42
Zur Deckung dieses Bedarfes bedient sich das Management im allgemeinen der Controlling-Funktion im Unternehmen. Vgl. Horváth, P. (1998), S. 10; Serfling, K. (1992), S. 11 - 13. Controlling stellt in diesem Sinn
eine informatorische Unterstützungsfunktion des Managements dar, indem es die für das Treffen von Entscheidungen nach den Grundsätzen rentabilitätsorientierter Unternehmenssteuerung relevanten Informationen koordiniert, beschafft, aufbereitet und dem Management bereitstellt. Vgl. Schweitzer, M./Friedl, B.
(1992), S. 153.
43
Zur Vorteilhaftigkeit eines systemorientierten Ansatzes im Management bei der Bewältigung komplexer
Problemstellungen vgl. Ulrich, H./Krieg, W. (1974), S. 11 - 15.
44
Eine Aufgabe ist eine Zielsetzung für zweckbezogenes Handeln. Sie besteht nach KOSIOL aus Aufgabenobjekt, -verrichtung, -träger, Arbeitsmittel und Dauer. Aufgaben werden durch das Aufgabenobjekt an dem
sich die Verrichtung vollzieht und die Verrichtung als eigentliche Aktivität bzw. zielgerichtete Handlung im
engeren Sinn definiert. Die Verrichtung dient somit der möglichst zweckorientierten Überführung des Zustands des Aufgabenobjekts vor Vollzug der Verrichtung in einen definierten Zustand des Aufgabenobjekts
8
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
(zusätzliche)
Zielbildung
Problemerkenntnis
Planung
Bewertung
Informationsspeicherung
Prognose
Informationsgewinnung
Alternativensuche
Entscheidung
Durchsetzung
REALISATION
Messung
Soll
Ist
Kontrolle
Abweichungsanalyse
Abbildung 2: Phasenstruktur des Managementprozesses
Quelle: Wild, J. (1982), S. 37.
Hinsichtlich der zeitlichen Dimensionierung der Handlungsebenen46 des Managements lassen
sich die drei Bereiche des strategischen, des taktischen und des operativen Managements unterscheiden.47 Entsprechend ihres zeitlichen Horizontes besitzen sie lang-, mittel- oder kurzfristigen Charakter. Dabei sind die einzelnen Handlungsebenen über Zweck-Mittelnach Vollzug der Verrichtung. Vgl. Kosiol, E. (1976), S. 43 ff. Je nach begrifflicher Ausrichtung fokussiert
die begriffliche Formulierung einer Aufgabe den gewünschten Endzustand des Aufgabenobjekts (Outputorientierung), z. B. Erstellung der Umsatzplanung oder die Handlung, die das Aufgabeneingangsobjekt in ein
Aufgabenausgangsobjekt im Sinne des angestrebten Endzustands umwandelt (Troughputorientierung), z. B.
Analyse des Wettbewerbs. Eine Aufgabe i. e. S. ist somit als Handlungsanweisung eindeutig beschrieben,
wenn der Aufgabenträger den gewünschten Endzustand des Aufgabenobjekts sowie alle Zwischenschritte
die zur Erzielung dieses Endzustandes notwendig sind, kennt. Diese sogenannte Innensicht einer Aufgabe
wird durch das spezifische Problemverständnis geprägt und dargestellt. Der Weg der Überführung des Aufgabenobjektes von seinem Ausgangszustand in seinen Endzustand wird durch die modellbezogene Sichtweise, das sachlogische Verständnis sowie die Kenntnis von konkreten Parameterausprägungen des verwendeten Denkmodells des Akteurs geprägt. Dies umfaßt beispielsweise den Einbezug von übergeordneten Restriktionen und Konventionen sowie den Ausschluß unlogischer Inkonsistenzen. Die Überführung des Aufgabenobjekts in seinen Zielzustand ist als gerichteter Ablauf von Teilaufgaben zu betrachten. Dabei stehen
die Teilaufgaben miteinander über oft mehrdimensionale Input-Output-Beziehungen in Verbindung. Die
Vernachlässigung bzw. Übergewichtung einzelner Teilaufgaben führt somit einerseits zu Fehlallokation von
Ressourcen, auf der anderen Seite können in einer Abhängigkeitsbeziehung stehende Teilaufgaben nur unzureichend erfüllt werden. Zu den verschiedenen systemorientierten Aufgabensichten vgl. Ferstl, O.K. /Sinz,
E.J. (1998), S. 87 - 99.
45
Zu diesen zentralen Aufgaben des Managements vgl. auch Ulrich, P./Fluri, E. (1995), S. 22 - 26; Bea,
F./Dichtl, E./Schweitzer, M. (1991), S. 1 ff.; Steinmann, H./Schreyögg, G. (1991), S. 1 - 8.
46
Bestimmungsgründe für die zeitliche Dimensionierung liegen insbesondere in der zeitlichen Reichweite der
gesetzten Ziele, der Wirkungsreichweite der geplanten Maßnahmen, der Vorhersagbarkeit künftiger Ergebnisse und der erforderlichen Zeitdauer zur Realisierung gewünschter Soll-Zustände bzw. zur Anpassung an
veränderte Bedingungen. Vgl. dazu Wild, J. (1982), S. 168.
47
Vgl. dazu Botta, V. (1997), S. 2; Corsten, H. (1996), S. 28 - 32; Wild, J. (1982), S. 168 - 171; Pfohl, H.-C.
(1981), S. 123. Anders hingegen vgl. Ulrich, P./Fluri, E. (1995), S. 18 - 22, die in diesem Zusammenhang
nur zwischen strategischem und operativem Management unterscheiden.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
9
Relationen miteinander verbunden. Im Bereich der Planung als einer wesentlichen Phase des
Managementprozesses werden unternehmerische Visionen zunächst in strategische Planungen
überführt, indem langfristige Ziele als auch Wege zu ihrer Erreichung erarbeitet werden. Diese Pläne werden anschließend im Bereich der taktischen Planung konkretisiert und in Pläne
mit kürzerer zeitlicher Reichweite heruntergebrochen. Im Rahmen der operativen Planung
werden sie mit konkreten notwendigen Maßnahmen belegt.48 Im Verlauf dieses Prozesses
wird der Detaillierungsgrad der Planungsergebnisse sukzessive erhöht.
2.1.3
Vertriebsmanagement
Neben der zeitlichen Differenzierung können die Managementprozesse hinsichtlich ihrer inhaltlichen Intention entsprechend der drei güterwirtschaftlichen Grundfunktionen Absatz,
Produktion und Beschaffung unterschieden werden.49 Dabei wird die zielgerichtete Wahrnehmung und Gestaltung der absatzpolitischen Aufgaben im Unternehmen traditionell der
Marketing-Funktion zugeordnet.50 Unter Marketing als Managementansatz ist in diesem Zusammenhang die Organisation, Planung, Kontrolle und Koordination aller Aktivitäten eines
Unternehmens zu verstehen, die darauf ausgerichtet sind, marktorientierte Ziele zu erreichen.51 Demgegenüber beinhaltet der Begriff des Vertriebs eingeschränkt nur das Aufgabenumfeld zur unmittelbaren Herbeiführung und dem Vollzug der Tauschakte.52 Vertrieb ist der
Teilbereich des Marketings, der sich mit konkreten Kundeninteraktionen53 zum Zwecke der
48
Als relevanter Zeithorizont für die operative Planung gilt im allgemeinen ein Zeitraum von bis zu einem
Jahr. Für den Bereich der taktischen Planung werden meist mehrjährige Zeithorizonte bis zu fünf Jahren veranschlagt. Alles über diesen Zeithorizont hinausgehende, ist bei diesem Verständnis dem Bereich der strategischen Planung zuzuordnen. Vgl. dazu auch Weber, J. (1998b), S. 120 f.; Wild, J. (1982), S. 173.
49
Vgl. Weber, J. (1995), S. 79.
50
In der deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Literatur wurde in den siebziger Jahren der Begriff der
Absatzwirtschaft durch den Marketing-Begriff verdrängt. Dabei unterscheidet sich das Konzept des Marketings vor allem durch eine ganzheitliche kundenorientierte Ausrichtung im Sinne einer unternehmerischen
Denkhaltung, die im Ergebnis als Konzept zur marktorientierten Unternehmensführung verstanden werden
kann. Vgl. Kotler, P./Bliemel, F. (1995), S. 7; Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 23 f. Zu
Erweiterungen dieses Marketingansatzes vgl. auch Engelhardt, W.H. (1993), Sp. 21 - 22.
51
Vgl. dazu auch Bruhn, M. (1995), S. 13; Meffert, H. (1998), S. 10.
52
Der Entscheidungsbereich des Vertriebs, auch als Vertriebspolitik bezeichnet, stellt einen der klassischen
vier Instrumentalbereiche des Marketings dar. Neben ihm existieren die Bereiche der Produkt-, Preis- und
Kommunikationspolitik, aus denen sich durch koordinierte situationsbezogene Abstimmung und Ausgestaltung der sogenannte Marketing-Mix ergibt. Vgl. Steffenhagen, H. (1993), Sp. 23 - 28.
53
Der Prozeß der Kundeninteraktion umfaßt die aneinander orientierten verbalen und non-verbalen Aktionen
zwischen Unternehmen und Kunden, wobei Aktion und Reaktion interdependent sind. Vgl. Kern, E. (1987),
S 7.
10
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
Leistungsverwertung im Sinne einer Güterübertragung befaßt.54 Der Aufgabenbereich der
Kundeninteraktion beinhaltet dabei nicht nur den eigentlichen Verkaufsakt im juristischen
Sinn der Übertragung von Verfügungsrechten, sondern auch die vorbereitenden und nachbereitenden Aktivitäten, die die Verkaufsakte unterstützen bzw. bedingen.55 Der Vertrieb stellt
daher eine wesentliche unternehmensseitige Schnittstelle zum Kunden dar.56 Um die Vertriebsarbeit einer systematischen Koordination und gezielten Verbesserungen zugänglich zu
machen, müssen die Vertriebsprozesse in geordneten Strukturen und nachvollziehbaren Abläufen erfolgen.57 Dieses methodische Erfordernis verlangt nach einem Gestaltungsrahmen,
dessen allgemeine Entsprechung sich im bereits dargestellten prozessualen Managementverständnis findet. Übertragen auf den Funktionsbereich des Vertriebs, ergibt sich für diese Arbeit die folgende Definition:
Definition 3: Vertriebsmanagement
Vertriebsmanagement umfaßt die Aufgaben der zielbezogenen Gestaltung und
Steuerung von Entscheidungsprozessen in der Vertriebsarbeit zum Zweck der
Schaffung und Sicherung von finanziellen Erfolgsbeiträgen für das Unternehmen.58
Entsprechend der Ausrichtung der Entscheidungsprozesse auf ihre Bezugsobjekte können verschiedene inhaltliche Gestaltungsbereiche im Vertriebsmanagement differenziert werden. Sie
reichen von der Gestaltung der Vertriebsorganisation im Hinblick auf die Auswahl von Verkaufsorganen, der Einteilung in räumliche Verkaufsbezirke und der räumlichen Aufteilung
von Vertriebsniederlassungen über die Gestaltung von vertrieblichen Logistiksystemen mit
den Teilbereichen Auftragsabwicklung, Lagerhaltung und Transport bis zu der Gestaltung der
Personalentwicklung und -motivation im Hinblick auf die Ausgestaltung der Weiterbildung
54
Vgl. Pepels, W. (2002), S. 5; Winkelmann, P. (2000), S. 14; Specht, G. (1998), S. 4. An dieser Stelle sei angemerkt, daß der Begriff und der Aufgabenbereich des Vertriebs insbesondere in Abgrenzung zum Marketing in der Literatur nicht einheitlich Verwendung findet. Vgl. dazu auch Belz, Ch./Reinhold, M. (1999), S.
10. So kommt es beispielsweise zu Abgrenzungsproblemen im Rahmen der Kommunikationspolitik zwischen den Bereichen Marketing und Vertrieb. Vgl. Czech-Winkelmann, S. (2002), S. 53. Zu den Grundformen der organisatorischen Beziehung zwischen Marketing und Vertrieb vgl. auch Bruhn, M. (1990), S. 260 264.
55
Diese auch als After- und Pre-Sales-Service bezeichneten Aufgaben vergrößern das vertriebliche Organisations- und Gestaltungsfeld. Neben dem eigentlichen Verkaufen „... geht es um die Betreuung von Kunden, die
Gewährleistung von Service, die Versorgung der Geschäftsleitung mit Informationen sowie ... um die Warenauslieferung und das Inkasso.“ Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 484.
56
Um ein einheitliches und abgestimmtes Vorgehen an der Kundenschnittstelle zu ermöglichen, sind die Aktivitäten der Bereiche mit direktem Kontakt zum Kunden wie Marketing und Service aufeinander abzustimmen und koordiniert zu gestalten. Dieser Integrationsaufgabe im Verantwortungsbereich des Vertriebs zur
Gestaltung einer einheitlichen Schnittstelle des Unternehmens zum Kunden wird zunehmend Bedeutung beigemessen. Vgl. dazu Reichwald, R./Bastian, C./Lohse, C. (2000), S. 6; Bauer, R.A. (2000), S. 42 - 48.
57
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 142.
58
Vgl. dazu auch Hoppen, D. (1999), S. 6; Kuhlmann, E. (2001), S. 15.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
11
und die Schaffung von vertrieblichen Anreizsystemen.59 Die verschiedenen Gestaltungsbereiche bilden einerseits die organisatorischen Voraussetzungen für die Durchführung des eigentlichen Vertriebsprozesses im Sinne einer Kundeninteraktion, werden jedoch andererseits
gleichzeitig durch die Anforderungen an einen situationsspezifischen Vertriebsprozeß sowie
seine Erfolgswirksamkeit im Zeitablauf bedingt.60 Das impliziert, daß ausgehend von einer
bestehenden Ausgangssituation in bezug auf eine gegenwärtige Ausprägung der Gestaltungsbereiche ein kontinuierlicher Adaptionsbedarf, determiniert durch die Ergebnisse der Kundeninteraktionen, besteht. Somit bildet die Gestaltung der Kundeninteraktion als eigentliches
wertschöpfendes Element der Vertriebsarbeit einen zentralen Bestandteil des Vertriebsmanagements.61 Nachdem die Gestaltung der Kundeninteraktion als ein wesentlicher Bestandteil
des Vertriebsmanagements identifiziert worden ist, soll dieser Bereich nun näher charakterisiert werden. Er ist Gegenstand der folgenden Betrachtungen für die weitere Eingrenzung des
zu lösenden Problembereiches.
2.1.4
Kundenbearbeitung
Die Kundenbearbeitung umschreibt in der Vertriebsarbeit den Prozeß der Kundeninteraktion.62 Er umfaßt die anbahnende Pre-Sales-Phase, die eigentliche Verkaufsphase und die nachbereitende bzw. die die nächste Pre-Sales-Phase vorbereitende After-Sales-Phase.63 Diese
Aufgaben können als Transformationsaufgaben interpretiert werden.64 Wird diese Sicht auf
59
Zu den einzelnen Gestaltungsbereichen im Vertriebsmanagement vgl. auch Goehrmann, K.E. (1984); Ahlert,
D. (1996); Witt, J. (1996); Specht, G. (1998); Belz, Ch./Reinhold, M. (1999); Dehr, G./Donath, P. (1999);
Hoppen, D. (1999); Kleinaltenkamp, M./Plinke, W. (1999); Reichwald, R./Bullinger, H.-J. (2000); Kuhlmann, E. (2001).
60
Vgl. Goehrmann, K.E. (1984), S. 67 f.
61
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 142; Hoppen, D. (1999), S. 6. Die Bedeutung und Aktualität dieses Betrachtungsbereiches wird durch die gegenwärtigen Ergebnisse der theoretischen Marketingforschung sowie durch
die Entwicklung der technologischen Möglichkeiten im Bereich der computerunterstützten Vertriebsarbeit
zusätzlich betont. Einer verstärkten Kundenorientierung und Kundennähe wird hohe Bedeutung beigemessen. Konstrukte wie Kundenloyalität, Kundenbindung, Kundenwert etc. rücken den Kunden in den Mittelpunkt der Betrachtungen und versuchen, neue Denkansätze und Erklärungsmuster wissenschaftlich fundiert
zu generieren. Vgl. dazu Bruhn, M./Homburg, C. (1999); Homburg, C./Werner, H. (1998); Kleinaltenkamp,
M./Plinke, W. (1997). Gleichzeitig bieten technologisch basierte Ansätze wie Customer Relationship Management die Möglichkeit, die Vertriebsarbeit auf eine neue Qualitätsstufe zu stellen. Vgl. dazu Schwetz, W.
(2001); Rapp, R. (2000). Dafür erscheint es jedoch notwendig, entsprechend operationalisierbare und praktisch realisierbare Gestaltungskonzepte für die Vertriebsarbeit abzuleiten. Vgl. Dangelmaier, W./Uebel,
M./Helmke, S. (2002), S. 6 ff.
62
Zur Kundeninteraktion vgl. auch Fußnote 53.
63
Vgl. dazu auch Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 484. Die Hauptaufgabe der Vertriebsmitarbeiter in diesem Zusammenhang ist es, die Beziehung zum Kunden herzustellen und aufrechtzuerhalten.
Vgl. Bauer, R.A. (2000), S. 39. Vgl. zum Verkaufsprozeß auch Kapitel 3.1.2.
64
Die Struktur von Transformationsaufgaben läßt sich mit Hilfe von Input-Output-Modellen beschreiben, bei
denen Inputs zu Outputs transformiert werden. Vgl. Ferstl, O.K./Sinz, E.J. (1998), S. 30 f. Diese Transformation bildet einen zentralen Gegenstand einer Aufgabe. Die Überführung der Inputs zu Outputs erfolgt dabei über Verrichtungen, die sich in einer innensichtorientierten Aufgabenbetrachtung je nach Detaillierungsgrad verfeinern oder vergröbern lassen. Vgl. dazu auch Fußnote 44. Diese Sichtweise findet neben Bereichen
12
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
den Prozeß der Kundeninteraktion angewendet, stellen die Kunden gleichzeitig die Input- und
Outputobjekte des Transformationsprozesses dar. Der Transformationsprozeß selbst wird
durch die Verrichtungen innerhalb der Kundeninteraktion abgebildet, zu deren Realisierung
vertriebliche Ressourcen benötigt werden (siehe dazu Abbildung 3).
Transformation
Input
(Kunde)
Output
(Kunde)
Ressource
(Vertrieb)
Abbildung 3: Kundenbearbeitung als Transformationsaufgabe
Ziel des Transformationsprozesses ist es, die Zustände der Inputobjekte in die definierten
Soll-Zustände der Outputobjekte zu transformieren.65 Im hier vorliegenden Fall besteht der
anzustrebende Soll-Zustand in bezug auf die Kunden darin, Transaktionen mit möglichst hohem finanziellen Erfolgsbeitrag für das Unternehmen abzuschließen.66 Der Soll-Zustand ist
dabei über entsprechende Sach- und Formalziele zu konkretisieren.
Definition 4: Sachziele
Sachziele spezifizieren die anzustrebenden mengenmäßig-zeitlichen Ergebnisse
der Ausführungshandlungen im betrachteten Unternehmenssystem. Dabei ist der
Endzustand durch konkrete Merkmale charakterisiert.67
Definition 5: Formalziele
Formalziele spezifizieren die im Rahmen der Ausführungshandlungen anzustrebenden wirtschaftlich-finanziellen Ergebnisse im betrachteten Unternehmenssystem.68
in der Wirtschaftsinformatik insbesondere bei der Beschreibung von Produktions- bzw. Fertigungsprozessen
ihre Anwendung. Vgl. Langemann, T. (1999), S. 10.
65
In bezug auf einen Kunden entspräche diese Transformationsaufgabe in Analogie zur Fertigungssicht der
Struktur eines einstufigen, einteiligen Erzeugnisses im Rahmen einer durchlaufenden Transformation. Zu
den entsprechenden Produktionsbeschreibungen vgl. Kuhn, A. (1999), S. 79, 88 f.
66
Da der Einsatz der zur Kundenbearbeitung notwendigen vertrieblichen Ressourcen mit einem Werteverzehr
verbunden ist, muß dieser entsprechend bei der Beurteilung des geschaffenen Erfolgsbeitrages berücksichtigt
werden.
67
Vgl. Laux, H./Liermann, F. (1993), S. 4; Weber, J. (1995), S. 74.
68
Vgl. Ferstl, O.K./Sinz, E.J. (1998), S. 66; Weber, J. (1995), S. 74.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
13
Das Ergebnis zahlreicher Ausführungshandlungen im Rahmen des Kundenbearbeitungsprozesses sind nicht die primären Absatzmengenobjekte69, sondern vielmehr sekundär erbrachte
Leistungsobjekte im Rahmen Kundeninteraktionen. Sie sollen den Absatz der Primärleistungen ermöglichen und unterstützen.70 Die Sachzielinhalte in der Kundenbearbeitung sind daher
um diese Dimension, im folgenden als sekundäre Leistungsobjekte bezeichnet, zu ergänzen,
ohne jedoch die Relation zur primären Leistungsebene zu verlieren. Die Sachzielinhalte der
primären Leistungsobjekte sind dabei mit denen der sekundären Leistungsobjekte über eine
Instrumentalrelation im Sinne einer Zielkette miteinander verbunden.71 Ein möglicher Verlust
des primären Leistungsbezugs liegt insbesondere darin begründet, daß in der Kundenbearbeitung im Unterschied zu den Sachzielobjekten in den Bereichen des primären Absatzes, der
Produktion und der Beschaffung weder eine totale noch eine partielle Objektidentität in bezug
auf die Sachzielinhalte der primären Leistungsebene vorliegt.72 In Hinblick auf den realisierenden Aspekt der Kundenbearbeitung ergibt sich für die vorliegende Arbeit die folgende Begriffsbestimmung.
Definition 6: Kundenbearbeitung
Kundenbearbeitung umfaßt alle ausführenden und unterstützende Aktivitäten im
Rahmen der Kundeninteraktion mit dem Ziel, die angestrebten Soll-Zustände bei
involvierten Kunden zu erreichen.
2.1.5
Steuerung
Unternehmen stellen sozio-technische Systeme dar, die in ihrer Wirkungsweise als Handlungssysteme73 interpretiert werden können. Der betriebliche Funktionsbereich des Vertriebs
und mit ihm die Kundenbearbeitung ist daher, im Sinne eines betrieblichen Subsystems, über
69
Im Unternehmen werden traditionell die interdependenten Sachzielinhalte Absatzmengenobjekte, Produktionsmengenobjekte und Beschaffungsmengenobjekte unterschieden. Vgl. Weber, J. (1995), S. 81.
70
Diese Unterstützungsfunktion liegt darin begründet, daß durch die bei der Kundeninteraktion erbrachten sekundären Leistungen offene Bedürfnisbereiche wie Informations-, Vertrauens-, Absicherungsbedürfnisse etc.
abgedeckt werden sollen, bevor die eigentliche Transaktion stattfindet bzw. überhaupt stattfinden kann. Vgl.
Meffert, H. (1998), S. 144 ff. Diese sekundären Leistungen dienen dazu, den Kundenzustand im Ergebnis
über ein oder mehrere Zwischenzustände in den gewünschten Soll-Zustand zu transformieren.
71
Im Gegensatz zur Zielhierarchie, die durch die Bildung unterschiedlicher Abstraktionsklassen charakterisiert
und durch logische Ableitung a priori bestimmbar ist, müssen die Aussagen zu echten Instrumentalrelationen
empirisch begründet sein. Vgl. dazu allgemein Ropohl, G. (1979), S. 117 - 119.
72
Eine totale Objektidentität liegt zwischen den Sachzielinhalten Absatzmengenobjekte und Produktionsmengenobjekte vor (Ausnahme: Es erfolgt keine Eigenerstellung. In diesem Fall wäre bei Vernachlässigung von
Lageraspekten totale Objektidentität zwischen den Absatzmengenobjekten und den Beschaffungsmengenobjekten gegeben). Eine zumindest partielle Objektidentität ist zwischen Produktionsmengenobjekten und den
Beschaffungsmengenobjekten gegeben. Beschaffte Teile, Komponenten etc. werden quasi als Outputobjekte
des Beschaffungssystems zu Inputobjekten des Produktionssystems.
73
Für die Erklärung abstrakter Handlungssysteme wird das Grundmodell der allgemeinen Systemtheorie realtheoretisch interpretiert, indem seine Elemente mit theoretischen Konstrukten der allgemeinen Handlungstheorie belegt werden. Zur Theorie abstrakter Handlungssysteme vgl. Ropohl, G. (1979), S. 104 - 139.
14
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
eine Vererbungsrelation als Handlungssystem zu verstehen. Die Strukturen von Handlungssystemen sind aus Abbildung 4 ersichtlich.
Aufbaustruktur
Ablaufstruktur
Start
ZS - Setzen eines Zieles
Zielsetzungssystem (ZS)
IS - Planen und Auslösen der
Umgebungsveränderung
Informationssytem (IS)
AS - Veränderung der Umgebung
über Aktionselemente
Ausführungssystem (AS)
IS - Aufnehmen von Informationen
über Resultat der Veränderung
Nei
IS - Ziel
erreicht?
Ja
Stop
Abbildung 4: Strukturen von Handlungssystemen
Quelle: In Anlehnung an Grochla, E. (1975), S. 13; Ropohl, G. (1979), S. 131, 137.
Bestehende Ziele im Unternehmen lassen sich danach nur über die Veränderung des relevanten Umfelds im Rahmen der ausführenden Handlungen des Ausführungssystems erreichen.
Dazu ist es notwendig, das Ausführungssystem im Sinne einer zielorientierten Beeinflussung
zu lenken. Als grundlegende Lenkungsprinzipien stehen dafür der Regelungs- und der Steuerungsansatz zur Verfügung.74
Während bei der Steuerung das Informationssystem, das seinerseits über bestimmte Zielvorgaben verfügt, über geeignete Lenkungsanweisungen das Ausführungssystem zur Erreichung
eines gewünschten Zustandes lenkt, umfaßt die Regelung zusätzlich eine Rückkopplungskomponente, welche bestehende Soll-Ist-Abweichungen zwischen Zielen und realisierten Ergebnissen erfaßt und an das Informationssystem weiterleitet. Das Informationssystem ist nun
in der Lage, durch geeignete Steuerungsimpulse auf diese Abweichungen im Sinne einer Anpassung zu reagieren.75 Bei integrativer Betrachtung kommt der Steuerung im Modell der Un-
74
Vgl. Schiemenz, B. (1993), Sp. 4132.
75
Vgl. dazu allgemein Schiemenz, B. (1982), S. 27 - 37 sowie zur modellhaften Betrachtung von Unternehmen
als kybernetischer Regelkreis vgl. Grochla, E. (1975), S. 30 f.; Wild, J. (1982), S. 34; Ferstl, O.K./Sinz, E.J.
(1998), S. 28 - 30.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
15
ternehmung als kybernetischer Regelkreis lediglich eine Übermittlungsfunktion vom Informations- zum Ausführungssystem zu, die die Durchführung der Planungsergebnisse veranlaßt.76
Für die vorliegende Arbeit wird dieser engen regelungstechnisch-kybernetischen Interpretation nicht uneingeschränkt gefolgt, sondern eine controllingorientierte Sicht eingenommen. Sie
interpretiert die Steuerung nicht als reine Übertragungsfunktion innerhalb eines kybernetischen Regelkreises, sondern kehrt die Sichtweise um, indem unter Steuerung das Erreichen
eines gewünschten Systemzustands verstanden wird und sie sich zu diesem Zweck eines Regelungsansatzes bedient.77 Diese Sichtweise ist dadurch charakterisiert, daß das Planungs- und
das Kontrollsystem integrative und zu koordinierende Bestandteile von Konzepten zur Unternehmenssteuerung sind.78 Eine so verstandene Steuerung bezeichnet somit die Lenkung von
Unternehmenssystemen oder Unternehmensteilsystemen durch die koordinierte Abstimmung
von Planung und Kontrolle bei Ausrichtung auf übergeordnete Zielvorgaben. Bei dieser Sicht
werden eine Planungskomponente mit ihren im Ergebnis konkretisierten Lenkungsgrößen, eine Kontrollkomponente sowie deren integrative Verknüpfung zu zentralen Bestandteilen eines Steuerungsansatzes.79
Definition 7: Steuerung (betriebliche)
Steuerung bezeichnet die Beeinflussung eines betrieblichen Systems durch Vorgabe von Lenkungsgrößen zur Erreichung betrieblicher Ziele. Diese Lenkungsgrößen beeinflussen als Inputgrößen die Outputgrößen des betrieblichen Systems
76
Vgl. dazu Stroebel, M. (1997), S. 16. HAHN hingegen interpretiert die Steuerungsfunktion erweitert, indem
er die detaillierte Festlegung der Ausführung auf Basis der Planergebnisse mit einbezieht. Vgl. Hahn, D.
(1993), Sp. 3186. Dies impliziert jedoch, daß die Planergebnisse einen entscheidungsbezogenen Freiraum
beinhalten, der durch die Steuerung ausgefüllt werden muß. Wird dieser Freiraum wiederum als handlungsorientierte Entscheidungssituation verstanden, gelten somit dieselben handlungssystematischen Implikationen wie zuvor.
77
Diese beiden Auffassungen sind nicht als konträr zu einander zu sehen, sondern widerspiegeln lediglich zwei
Seiten der selben Medaille im Sinne einer Makro- und Mikrosicht. Die Makrosicht sieht in der Steuerung die
Auslösung von Anpassungsmaßnahmen in bezug auf das ausführende System, um die Planziele zu erreichen.
Vgl. Popp, W. (1993), Sp. 3217. Diese Maßnahmen, die eindeutig beschriebene Anweisungen für die durchzuführenden Handlungen darstellen, sind als Lenkungsgrößen zu verstehen, deren Spezifikation und Wirkungen auf die Veränderung des Zustands des ausführenden Systems im Sinne von Gesetzmäßigkeiten genau bekannt sind. Die Mikrosicht der Steuerung setzt die Spezifikation und Anpassung der Lenkungsgrößen
in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Die Lenkungsgrößen dienen dazu, Zielvorgaben als Ergebnisse einer
übergeordneten Planung in konkretere, detailliertere Vorgaben des ausführenden Systems zum Zwecke der
Zielerreichung zu überführen. Die Vorgabe dieser Lenkungsgrößen impliziert jedoch selbst einen planenden
Aspekt sowie bei bestehenden Unsicherheiten in bezug auf die unterstellte Wirkung einen kontrollierenden
Aspekt, dessen Ergebnisse wiederum bei der zukünftigen Planung der Lenkungsgrößen berücksichtigt werden müssen. Vgl. dazu Wild, J. (1982), S. 13; Ferstl, O.K./Sinz, E.J. (1998), S. 34 sowie die Ausführungen
in Fußnote 76.
78
Vgl. allgemein dazu Küpper, H.-U. (1987), S. 99; Schierenbeck, H. (1993), S. 114; Delfmann, W. (1993),
Sp. 3233; Weber, J. (1995), S. 164 ff. Für diese Sichtweise der Steuerung im Bereich des Vertriebs vgl.
Winkelmann, P. (2000), S. 361 ff.
79
Je nach Art und Ausgestaltung der Lenkungsgrößen können unterschiedliche betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente wie z. B. Budgetierungs- und Lenkungspreisansätze unterschieden werden. Vgl. dazu Küpper, H.-U. (1993), Sp. 658 f.
16
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
aufgrund der diesem System innewohnenden unterstellten Wirkungszusammenhänge.80
Die Bestimmung der Vorgabegrößen mit Lenkungscharakter ist dabei Aufgabe einer Planungskomponente. Planung soll in diesem Zusammenhang als systematisches, zukunftsbezogenes Durchdenken und Bestimmen von Wegen zur künftigen Zielerreichung verstanden werden.81 Sie ist als ein prospektives Denkhandeln zu interpretieren, bei dem eine geistige Vorwegnahme und Festlegung eines zukünftigen Tathandelns erfolgt.82 Planung ist somit als
komplexer Denk- und Informationsverarbeitungsprozeß zu charakterisieren. Die dafür verwendeten Informationen bilden reale oder gedachte Sachverhalte ab. Diese zukunftsgerichtete
Betrachtung ist mit Unsicherheit belegt, wenn infolge der Verwendung von unvollkommenen
Informationen83 der Eintritt von zukünftigen Ereignissen nicht zweifelsfrei vorhergesagt werden kann. Eine bestehende Unsicherheitssituation läßt sich in Erwartungsstrukturen überführen, indem gegenwärtige Vorstellungen über das Aussehen zukünftiger Datenkonstellationen
berücksichtigt werden.84 Die Ergebnisse eines Planungsprozesses bestehen aus Vorgaben mit
Zielcharakter. Je nach Ausrichtung dieser Vorgabewerte lassen sich Pläne hinsichtlich Umfang, Dimension, Tiefe und zeitlicher Reichweite differenzieren.85
Die Kontrolle stellt das Bindeglied zu nachfolgenden Planungsprozessen dar. Ihr obliegt es,
die realisierten Ergebnisse im Rahmen des betrieblichen Geschehens (Ist-Werte) mit den Vorgabewerten (Soll-Werte) zu vergleichen86 und bestehende Abweichungen zu untersuchen.87
Planung und Kontrolle bedingen sich gegenseitig, da die Ergebnisse von Kontrollprozessen in
80
Vgl. dazu allgemein Fuchs, H. (1974), S. 84; Schiemenz, B. (1982), S. 28.
81
Vgl. Wild, J. (1982), S. 13.
82
Vgl. Kosiol, E. (1967), S. 79.
83
Die Unvollkommenheit von Informationen bezieht sich auf das zu lösende Entscheidungsfeld in der Planung.
Es bezeichnet den Zusammenhang zwischen Handlungen und den damit verbundenen Konsequenzen. Diese
sind abhängig vom eintretenden Zustand der Umwelt. Die unvollkommenen Informationen bezeichnen dabei
die fehlende Kenntnis von einzelnen Entscheidungsparametern als auch die Möglichkeit des alternativen
Eintretens von mehreren Umweltzuständen. Vgl. Zwehl, W.v. (1993), Sp. 921; Laux, H. (1998), S. 335 ff.
84
Vgl. Mag, W. (1993), Sp. 3202.
85
Der Umfang eines Planes bezeichnet den betrieblichen Bereich den er umfaßt. Je nach Größe und Anzahl der
betrieblichen Bereiche können Pläne in Teilpläne aufgespalten werden, deren Umfang sich dann entsprechend verringert. Die Dimension eines Planes kennzeichnet die Art des Vorgabeparameters. Er bestimmt, ob
es sich um eine Arten-, Mengen-, Zeit- oder Werteplanung handelt. Die Tiefe eines Planes beschreibt den
Detaillierungsgrad der durch die Planung festgelegten Vorgabewerte. Je weniger detailliert die Vorgabewerte
sind, um so mehr Freiheitsgrade bestehen bei der Realisation des Planes bzw. desto mehr Raum ist für nachgelagerte Detailpläne gegeben. Die zeitliche Reichweite gibt den Zeitraum an, den die Vorgabewerte umfassen. Es werden dabei, wie schon erwähnt, kurz-, mittel und langfristige Pläne unterschieden. Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 112 f.
86
Ziel solcher Vergleiche ist die Überprüfung der Soll-Wert-Einhaltung.
87
Vgl. Olfert, L./Rahn, H.-J. (1997), S. 508; Böcker, F. (1988), S. 24.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
17
Plananpassungen münden und auch Grundlage für neue Planungen sind.88 Bei der Verarbeitung von Kontrollinformationen nimmt die Abweichungsanalyse89 eine besondere Stellung
ein. Sie untersucht die Ursachen für mögliche Abweichungen. Abweichungsursachen können
sowohl im Bereich der Planung als auch im Bereich der Realisationsträger und
-bedingungen liegen.90 Die Identifikation von Abweichungsursachen ist dabei notwendige
Voraussetzung für die Bestimmung und Einleitung korrigierender Handlungen. Nach dem
Bezugsobjekt der Korrekturentscheidungen sind zwei Anpassungsebenen zu unterscheiden.91
(Neu-)Entwurf eines für
die Steuerung relevanten
Zukunftsbildes des
Unternehmens (Planung)
Feed-back
Erfassung des
eingetretenen Ist-Bildes des
Unternehmens in seiner
Umwelt in den geplanten
Realitätsausschnitten (IstErfassung)
Vergleich der geplanten
und der eingetretenen
Situation (Kontrolle)
Ergreifen von Handlungen zur
Anpassung der Planung an die
verändert eingeschätzte
Umwelt
Ergreifen von Handlungen zur
Anpassung der Durchführung
des geplanten Verhaltens an
die Planung
(Versuchte) Realisation
des geplanten
Verhaltens
Feed-forward
Abbildung 5: Schematische Darstellung des Planungs- und Kontrollregelkreises
Quelle: In Anlehnung an Weber, J. (1995), S. 165.
Ist bei den Vorgabewerten der Planung von einer hohen Validität auszugehen, besteht der
Anpassungsbedarf darin, die Ausführungshandlungen dem Gewollten anzupassen. Kontrollinformationen, die eine Veränderung der Realisation bedingen, sind der Feed-back-Kontrolle
zuzurechnen. Unterliegen hingegen die in der Planung einbezogenen Einflußgrößen und Prämissen selbst gewissen Unsicherheiten und Veränderungen, kommt den Kontrollinformationen der Zweck zu, die Planung selbst zu aktualisieren bzw. Teile des Planungsansatzes anzu-
88
Vgl. Küpper, H.-U. (1993), Sp. 653. WILD charakterisiert diese Beziehung treffend mit: „Planung ohne
Kontrolle ist ... sinnlos, Kontrolle ohne Planung unmöglich.“ Wild, J. (1982), S. 44. So sind die Soll-IstVergleiche der Kontrolle ohne die Vorgabewerte der Planung nicht durchführbar. Gleichzeitig kann jedoch
auch die Planung ihre Steuerungsfunktion nur über die Kontrolle erfüllen.
89
Eine Analyse bezeichnet die zielgerichtete Aufspaltung eines Analyseobjektes in Teilobjekte zum Zwecke
des Erkenntnisfortschritts in Richtung des Analysezieles. Das Vorgehen bei der Analyse wird dabei durch
das zugrunde liegende theoretisch oder empirisch begründete Denkmodell determiniert. Die Auswahl des
Grundmodells richtet sich rationaler Weise nach dem intendierten Analysezweck. Zur Analyse von Systemen
vgl. Lindtner, P. (1993), S. 623 f.
90
Vgl. Delfmann, W. (1993), Sp. 3233.
91
Zu dieser Unterscheidung vgl. Weber, J. (1995), S. 164 - 166.
18
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
passen. Diese Kontrollinformationen sind der Feed-forward-Kontrolle zuzuordnen.92 Der Zusammenhang zwischen beiden „Kontrollschleifen“ ist schematisch aus Abbildung 5 ersichtlich.
2.1.6
Steuerung der Kundenbearbeitung
Durch Art und Dimension von vertrieblichen Vorgabegrößen mit Steuerungscharakter werden
die Rahmenbedingungen, aber auch die Freiräume bei der Ausrichtung und Durchführung von
Ausführungshandlungen im Bereich der Kundenbearbeitung festgelegt. Dabei können unterschiedliche Ebenen von vertrieblichen Entscheidungs- und Aktionsbereichen unterschieden
werden. Diese Differenzierung dient dazu, den Steuerungsbereich des in dieser Arbeit zu entwickelnden Modells in den diesbezüglichen Gesamtkontext einzuordnen und gleichzeitig hinsichtlich seiner inhaltlichen Ausrichtung abzugrenzen.
Im strategischen Bereich sind insbesondere Entscheidungen über die Wahl von Absatzkanälen bzw. Verkaufsorganen zu treffen. Des weiteren sind die Gestaltung der funktionalen Vertriebsorganisation festzulegen, strukturelle Entscheidungen hinsichtlich der Verteilung von
Vertriebsniederlassungen sowie der räumlichen Definition des Absatzgebietes zu fällen.93
Diese Entscheidungsbereiche definieren die konzeptionellen, längerfristig ausgerichteten
Rahmenbedingungen. Sie bilden als Voraussetzung einen ersten steuernden Entscheidungskomplex, unter dessen „Mantel“ sich die Kundenbearbeitung im Rahmen der Vertriebsaktivitäten vollzieht, um die strategisch avisierten, marktseitigen Unternehmensziele zu erreichen.
Im operativ ausgerichteten Bereich der Kundenbearbeitung gilt es, eine Vielzahl von Einzelentscheidungen zu treffen, die die Erfolgswirksamkeit der Vertriebsarbeit beeinflussen und
lenken. Insbesondere die Aufgabe der Steuerung von Verkaufsanstrengungen im Rahmen des
persönlichen Verkaufs in Hinblick auf Kunden und Produkte, nimmt eine bedeutende Stellung
in der Fachliteratur ein. Dies betrifft vor allem die Festlegung von Kundenzuständigkeiten
sowie die unterjährige Steuerung der Besuchstätigkeit.94 Die in ihrem Umfang als komplex zu
charakterisierende Problematik95 wird zu ihrer Lösung in der Regel auf dekompositionierte,
möglichst voneinander unabhängige Partialprobleme mit unterschiedlicher Zielausrichtung
92
Eine andere in der Literatur vorzufindende Interpretation von Feed-forward-Kontrollen besteht in der intraperiodischen Vormeldung von bestehenden bzw. prognostizierten Abweichungen im Sinne eines Frühwarnsystems. Bei diesem Verständnis kommt es der Planung zu, den aufkommenden Abweichungen frühzeitig zu
begegnen, um die Zielvorgaben bis zum Ende der Planungsperiode noch zu erreichen. Vgl. zu dieser Auffassung Delfmann, W. (1993), Sp. 3233.
93
Vgl. Ahlert, D. (1996), S. 22 ff.; Goehrmann, K.E. (1984), S. 152 ff.
94
Vgl. Albers, S. (1989), S. 51 f.
95
Diese Problematik besteht aus kombinierten Allokations-, Reihenfolge-, Zuordnungs- und Kapazitätsproblemen. Vgl. Albers, S. (1989), S. 54 f.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
19
zurückgeführt.96 Hier existieren eine Vielzahl von quantitativen Entscheidungsmodellen, die
auf Basis von marginalanalytischen Ansätzen und mit Hilfe von Sales-Response-Funktionen
versuchen, optimierte Lösungen für den abgegrenzten Teilbereich zu generieren.97 Die zur
Bildung dieser Ansätze notwendige Problemdekomposition vernachlässigt dabei jedoch die
zwischen den Teilbereichen bestehenden umsatz- und kostenseitigen Interdependenzen. Diese
stehen einerseits einer Optimierung des Gesamtproblems entgegen, andererseits verhindern
sie bei ganzheitlicher Betrachtung selbst die Optimierung eines Partialproblems.98 Zusätzlich
macht die aktuelle Entwicklung und Nutzung alternativer Kontakt- und Anspracheformen eine Erweiterung des operativen Betrachtungsbereiches in der Kundenbearbeitung erforderlich.99 Dabei wird die Interaktion im Rahmen der Kundenbearbeitung neben der persönlichen
Face-to-Face-Ansprache im Rahmen von Außendienstaktivitäten um weiter semipersönliche
und unpersönliche Kommunikationskanäle erweitert.100 Die damit verbundenen Steuerungsaufgaben erhöhen zusätzlich die oben aufgeführte bereits bestehende operative Problemkomplexität.
Der bestehende Entscheidungsfreiraum zwischen den strategisch steuernden Rahmenbedingungen sowie den strategisch ausgerichteten Vertriebszielen und den isolierten, meist unterjährig ausgerichteten Steuerungsvorgaben im Bereich der operativen Entscheidungsprobleme,
wird durch eine koordinierende Steuerungsebene in der Kundenbearbeitung geschlossen. Sie
bildet den zentralen Problembereich des in dieser Arbeit zu entwickelnden Modells.
Diese Ebene bildet bei dem hier vorliegenden Verständnis das Bindeglied zwischen einer
strategischen und einer stark operativ ausgerichteten Steuerungsintention in der Kundenbearbeitung. Wesentliche Charakteristika dieser Steuerungsebene in bezug auf den übergeordneten strategischen Bereich sind dabei die Einbeziehung strategischer Vorgaben sowie die zentrale Orientierung an ökonomischen Erfolgsgrößen zur Erreichung der finanziellen Unternehmensziele. Im Hinblick auf den dargestellten untergeordneten operativen Bereich hat die koordinierende Steuerungsebene eine Vorgabefunktion unter Bezugnahme auf eine ganzheitliche Betrachtung der Kundenbearbeitung als Handlungssystem. Sie stellt zentral Vorgabegrößen mit Lenkungscharakter für die Kundenbearbeitung in der nächsten Planungsperiode bereit, auf deren Basis im Anschluß weitere Entscheidungsfreiräume im unterjährigen opera96
Als zu lösende Teilprobleme im Rahmen einer Einsatzsteuerung des Außendienstes werden insbesondere die
folgenden Bereiche angesehen: Bildung von Verkaufsgebieten, Bestimmung der Anzahl der Reisenden, Zuordnung von Reisenden auf Verkaufsgebiete, Tourenplanung, Besuchszeiten-Allokation. Vgl. Albers, S.
(1989), S. 56 - 62; Gohrmann, K.E. (1984), S. 56 - 67.
97
Für eine ausführliche Darstellung dieser mathematisch-analytischen Ansätze vgl. Albers, S. (1989), S. 88 ff.;
Hruschka, H. (1996), S. 270 ff.
98
Vgl. Goehrmann, K.E. (1984), S. 67 f.
99
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 302.
100
Als weitere Kommunikationskanäle sind hier hauptsächlich Telefon, Internet (z. B. Webseiten, Webformulare etc.), E-Mail, Fax, Briefpost, SMS sowie das mobile Internet (z. B. WAP etc.) zu nennen. Vgl. Hippner,
H. /Wilde, K.D. (2002), S. 29 f. Zu den Funktionen und Eignungen unterschiedlicher Kontakt- bzw. Anspracheformen vgl. Weis, H.C. (1995), S. 32.
20
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
tiven Steuerungsbereich kontinuierlich zu schließen sind. Die lenkenden Vorgabegrößen dienen dabei dazu, den strategisch vorgegebenen „Kurs“ einzuhalten und bei absehbaren Abweichungen „gegenzulenken“.101
Aufgrund der inhaltlichen Einbettung der koordinierenden Steuerungsebene in eine strategische und operative Komponente, ist sie im hier dargstellten Problemkontext als taktisch ausgerichtete Steuerungsebene zu charakterisieren.102
Definition 8: Steuerung der Kundenbearbeitung
Die Steuerung der Kundenbearbeitung basiert auf Modellen der Kundenbearbeitung und Informationen über vergangene, aktuelle sowie zukünftige Zustände im
Rahmen der Kundenbearbeitung. Dabei umfaßt die Steuerung der Kundenbearbeitung die Durchführung der folgenden Teilaufgaben: 103
1. Die vorausschauende Festlegung von Solldaten über die quantitative und
periodenbezogene Zuordnung von Kundenelementen für einen zielgerichteten Ablauf des Kundenbearbeitungsprozesses unter Berücksichtigung
von bestehenden Sach- und Formalzielen.
2. Die Überprüfung, ob und in wieweit Abweichungen von den angestrebten
Zuständen vorliegen.
3. Die Vornahme bzw. Initiierung von Anpassungen zur Reduzierung von
bestehenden Abweichungen zwischen gewünschten und realisierten Zuständen unter Beachtung der durch die Modelle der Kundenbearbeitung
gegebenen Konventionen und unter Berücksichtigung bestehender Vorgaben.
Die dargestellte Steuerung der Kundenbearbeitung orientiert sich an explizit beobachtbaren
und meßbaren ökonomischen Größen, die letztlich in die Fragestellung münden, wie der Einsatz von Vertriebsressourcen unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte der Kundenbearbeitung für die nächste Planungsperiode auszugestalten ist.104 Dazu bedarf es verschiedener
Modellkomponenten, um die Fragestellung mit ihren unterschiedlichen Facetten zum einen
abbildbar und zum anderen lösbar zu machen. Insbesondere spielt die dynamische Komponente eine wesentliche Rolle, um mit Hilfe einer Adaptionskomponente eine über den Zeitverlauf verbesserte und auf unterschiedliche Rahmenbedingungen der Unternehmensumwelt
101
Vgl. dazu auch Hoppen, D. (1999), S. 105.
102
Diese Charakterisierung bezieht sich dabei nicht auf den allgemeinen taktischen Aspekt eines zeitlich mittelfristig ausgerichteten Betrachtungshorizontes. Vgl. dazu auch Fußnote 48. Vielmehr ergibt sich die hier vorliegende inhaltliche Einordnung aus der übergeordneten Stellung dieser Ebene gegenüber den operativen unterjährigen Steuerungsaufgaben und der Berücksichtigung übergeordneter strategischer Zielsetzungen.
103
Vgl. dazu Dihlmann C. (1991), S. 157. Ein inhaltlich angelehntes Verständnis zur Steuerung findet sich auch
im Fertigungsbereich. Vgl. dazu Holthöfer, N. (2000), S. 8 sowie Schneider, U. (1996), S. 6; Felser, W.
(1996), S. 6.
104
In Hinsicht auf den zeitlichen Vorgriffshorizont wird hier auf die Dauer eines Geschäftsjahres abgestellt.
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
21
reagierende Lösung zu erhalten. Dies spiegelt die integrative Gesamtsicht der zu gestaltenden
Lösung auf die Thematik der Steuerung der Kundenbearbeitung wider.
2.1.7
Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
Die Erfassung der betrieblichen Realität kann aufgrund ihrer Komplexität nur selektiv erfolgen.105 Dieser Anforderung, die mit der Notwendigkeit einer Abstraktion verbunden ist, wird
durch die Bildung und Verwendung von Modellen entsprochen.106 Modelle dienen bei diesem
Verständnis der zweckdienlichen Darstellung von als problematisch empfundenen existierenden Sachverhalten der betrieblichen Realität.107 Der Vorteil von Modellen liegt darin begründet, daß sie diese Sachverhalte über abstrahierende, auf einen festen Umfang beschränkte
Modellelemente sowie Beziehungen zwischen ihnen beschreiben.108 Sie ermöglichen ein besseres Systemverständnis mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns. Nach STACHOWIAK sind
Modelle durch drei Hauptmerkmale, dem Abbildungs-, dem Verkürzungs- und dem Pragmatismusmerkmal charakterisiert.109 Um der Abbildungsbeziehung zwischen Original und Modell gerecht zu werden, ist es danach notwendig, den zu analysierenden Problembezug zu
konkretisieren und einen geeigneten Abstraktionsgrad der Abbildung festzulegen.
Definition 9: Modell
„Ein Modell ist ein bewußt konstruiertes Abbild der Wirklichkeit110, das auf der
Grundlage einer (Gegenstands-) Struktur-, Funktions- oder Verhaltensanalogie zu
einem entsprechenden Original von einem Subjekt eingesetzt bzw. genutzt wird,
um eine bestimmte Aufgabe lösen zu können, deren Durchführung mittels direkter
105
Vgl. Grochla, E. (1974), S. 15. Da Unternehmen offene sozio-technische Systeme darstellen, wird über den
zu betrachtenden betrieblichen Realitätsausschnitt auch das zu betrachtende (Teil-)System definiert.
106
Vgl. Ferst, O.K./Sinz, E.J. (1995), S. 18.
107
Der reale Sachverhalt bezieht sich dabei auf eine Diskrepanz zwischen wahrgenommener Ist-Situation und
beabsichtigter Soll-Situation. Der Darstellungszweck bezeichnet das Bedürfnis, diese identifizierte Diskrepanz zu beseitigen. Vgl. Zelewski, S. (1999), S. 44. Die Konkretisierung des Diskrepanzverständnisses beschreibt zum einen das Untersuchungsziel der Modellbildung und legt zum anderen fest, welcher Ausschnitt
der Realität (Diskurswelt) problemrelevant ist. Vgl. Stickel, E. et al. (1997), S. 449.
108
Vgl. Kuhn, A. (1999), S. 7.
109
Das Abbildungsmerkmal kennzeichnet Modelle stets als Abbildungen bzw. Repräsentationen von Originalen,
die selbst wiederum Modelle sein können. Das Verkürzungsmerkmal besagt, daß Modelle im allgemeinen
nicht alle Attribute des Originals erfassen, sondern nur solche, die dem Modellerzeuger als relevant erscheinen. Über das Pragmatismusmerkmal wird ausgedrückt, daß die Zuordnungsbeziehung zwischen Original
und Modell keinen Allgemeingültigkeitsanspruch erheben kann, sondern nur durch die konkret zu lösende
Problem- bzw. Aufgabenstellung mit ihren zeitlichen und inhaltlichen Bezügen bedingt wird. Vgl. Stachowiak, H. (1973), S. 131 ff.
110
Bei der Forderung nach wirklichkeitsgetreuer Abbildung ist zu berücksichtigen, daß eine zu hohe Komplexität von Modellen ähnliche Probleme wie die abzubildende Realität selbst aufwerfen kann und deshalb die
gedankliche Abstraktion das Original so weit vereinfachen muß, daß sich das Modell mit den kognitiven Kapazitäten des Menschen (auch unter Verwendung technologischer Hilfsmittel) noch handhaben läßt. Vgl. dazu Grochla, E. (1974), S. 15; Zelewski, S. (1999), S. 45.
22
2.1 Klärung der zentralen Begriffe
Operation am Original zunächst oder überhaupt nicht möglich bzw. unter gegebenen Bedingungen zu aufwendig oder nicht zweckmäßig ist.“111
Bezogen auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die zu lösende Aufgabe die Steuerung der Kundenbearbeitung.112 In Anlehnung an die zuvor festgelegte Herangehensweise bezüglich der Zerlegung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben, gliedert sich das
Lösungsmodell in eine Planungs- und eine adaptive Kontrollkomponente. Die Modellkomponenten sind dabei über einen Rückkopplungsmechanismus miteinander verbunden.
Von seiner inhaltlichen Ausrichtung konzentriert sich das zu konzipierende Modell marktseitig auf betriebliche bzw. private Endverbraucher sowie leistungsseitig auf den Bereich der Investitions- bzw. langlebigen Konsumgüter.113
Um den abzubildenden Realitätsbereich der Kundenbearbeitung systematisch zu erschließen
und einer Steuerung überhaupt erst zugänglich zu machen, bedarf es eines Vorentwurfes seines inhärenten Gegenstandes, der zu einem abgegrenzten und präziseren Verständnis führt.114
Dieses zu konzipierende Basismodell der Kundenbearbeitung bildet in seiner Gesamtheit ein
möglichst eindeutiges Beschreibungs- und Denkmodell als Grundlage für die sich anschließende Steuerung der Kundenbearbeitung. Dazu sind entsprechende Konstrukte bereitzustellen, die es erlauben, die als relevant erachteten Merkmale der Kundenbearbeitung als auch die
Beziehungen zwischen ihnen abzubilden.115 Diese Größen liefern die ökonomischen Basisdimensionen des betrachteten Steuerungsproblems.
Auf dieser Basis ist ein Planungsmodell zu entwickeln, das auf den Erkenntnissen des Basismodells aufsetzt und darauf aufbauend die strukturierte Planung des Einsatzes der Vertriebsressourcen erlaubt. Dazu sind als Modellierungsaufgabe die hergeleiteten ökonomischen Basisdimensionen und die resultierenden intra- sowie interdependenten Zusammenhänge detailliert zu spezifizieren. Hieran schließt sich die Modellierung der ökonomischen Variablen des
Planungsmodells an, welche die erarbeiteten Zusammenhänge in eine operationalisierte Form
homomorph übersetzen.
Die Konzeption und Umsetzung des Kontrollmodells der Kundenbearbeitung liefert durch
den rückkoppelnden Charakter eine kontinuierliche Verbesserung der Initialisierungslösung
des Planungsmodells. Dabei ist zwischen Feed-back- und Feed-forward-Rückkoppelungskomponenten zu unterscheiden. Durch die Feed-back-Rückkoppelung werden Hinweise für
111
Klaus, G./Buhr, M. (1975), S. 805.
112
Hier und im folgenden bezieht sich die Steuerung der Kundenbearbeitung immer auf den in Kapitel 2.1.6
spezifizierten Teilbereich der Steuerungsaufgabe in der Kundenbearbeitung.
113
Im Bereich der Investitionsgüter wird hier auf den Untertyp des Produktgeschäfts abgestellt. Zu der vorliegenden Typisierung vgl. Nieschlag, R./Dicht, E./Hörschgen, H. (1997), S. 34.
114
Zu der realtheoretischen Interpretation von Systemmodellen vgl. Ropohl, G. (1979), S. 105 ff.
115
Neben der Schaffung eines operationalisierten Verständnisses ist es Intention dieser Konzeption, einer interpretativen Beliebigkeit Grenzen zu setzen.
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
23
Anpassungsbedarf hinsichtlich der Umsetzungsqualität des aus dem Modell resultierenden
Plans geliefert. Die Feed-forward-Komponente setzt an der systematischen Weiterentwicklung des Planungsmodells im unternehmensspezifischen Anwendungskontext an.
Das zu konzipierende Modell mit seinen drei Teilmodellen Basismodell, Planungsmodell,
Kontrollmodell, zielt auf eine ganzheitliche Lösung des Problems der Steuerung der Kundenbearbeitung in der identifizierten und in den vorherigen Kapiteln spezifizierten Lücke zwischen der strategischen und der operativen Kundenbearbeitung ab. Dabei wird im Rahmen
des Modells auf explizit meßbare und beobachtbare Größen fokussiert, die kunden- bzw.
kundengruppenindividuell betrachtet werden.
2.2
Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
Unter Berücksichtigung der Begriffsdefinitionen in den vorherigen Kapiteln sind die Anforderungen an das zu gestaltende Modell entsprechend der dargestellten Struktur der zu lösenden Aufgabe aufzuteilen. Demgemäß sind die Anforderungen an das Modell nach Anforderungen an das Basismodell, das Planungsmodell und das Kontrollmodell zu unterscheiden.
Für alle drei Teilmodelle gilt als Anforderung, daß sie allgemeingültig modelliert werden, um
sie im jeweiligen Unternehmenskontext anwenden zu können. Gleichsam ist das Abstraktionsniveau der Teilmodelle insoweit zu konkretisieren, als das Modell im praktischen Anwendungsfall umgesetzt werden kann.
2.2.1
Anforderungen an das Basismodell
Die zentrale Anforderung an das Basismodell ist die Beschreibung der Interaktion zwischen
Kunden und Unternehmen in einer konzeptionellen Informationsstruktur. Diese Anforderung
ist im folgenden weiter zu konkretisieren, und im Anschluß jeweils detailliert zu spezifizieren. Um den skizzierten Problemkontext einer Steuerung zugänglich zu machen, sind als Basis eine statische und eine dynamische Modellkomponente abzubilden. Aus dem Zusammenhang zwischen statischer und dynamischer Modellkomponente entsteht das grundlegende
Strukturierungsfundament, um später im Planungsmodell Wirkungshypothesen über Zusammenhänge und deren konkrete Instanzierung abbilden zu können. Mit der statischen Modellkomponente sind die Kundenelemente bzw. allgemeiner die Bedarfsträger zu einem festen
Zeitpunkt in den für die dargestellte Steuerung der Kundenbearbeitung relevanten ökonomischen Dimensionen zu beschreiben. Durch die dynamische Modellkomponente sind die Veränderungen relevanter Attributausprägungen der Bedarfsträger während des Kundenbearbeitungsprozesses abzubilden. Die statische Modellkomponente stellt die für die Steuerung notwendige Bestandskomponente dar. Die dynamische Modellkomponente ist als Ablaufkomponente zu interpretieren, die zielgerichtet die konzeptionelle Informationsbasis semantisch erweitert.
24
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
Für die Bestands- und Ablaufkomponente sind die unterschiedlichen Betrachtungszusammenhänge in Klassifikationsebenen des Basismodells zu strukturieren. Innerhalb der Klassifikationsebenen sind Abbildungskonstrukte für die beiden Modellkomponenten zu entwickeln. Als
Klassifikationsebenen des Basismodells sind generisch die Transaktions-, Prozeß-, Zyklusund Leistungsebene zu unterscheiden. Im folgenden werden für die einzelnen Klassifikationsebenen, entsprechend der oben hergeleiteten Anforderungshierarchie, die Anforderungen an
die zu konzipierenden Modellkonstrukte erläutert.
In der Transaktionsebene sind die unterschiedlichen Bedarfsträger nach ihren ökonomischen
Perzeptionen in Klassen einzuteilen (Poolbildung), damit eine zielgerichtete Ressourcenplanung darauf aufsetzen kann. Dazu ist als Konstrukt ein Mengenkonzept zu erstellen, das disjunkte Mengen abbildet und sämtliche Bedarfsträger eines Marktes einordnen läßt. Dies ist
notwendig, um eine vollständige Marktabbildung zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen,
daß nicht nur die Kundenelemente in Mengen abzubilden sind, die aktuell Transaktionen mit
dem Unternehmen getätigt haben, sondern auch diejenigen, deren Transaktionsstatus davon
abweicht.
In der Prozeßebene ist der Kundenbearbeitungsprozeß abzubilden. Wesentlich ist hier die
Darstellung einer durchgängigen Beschreibungslogik, die es erlaubt, neben den in der Arbeit
verwendeten Referenzprozeßstufen weitere Prozeßstufen des Kundenbearbeitungsprozesses
zu berücksichtigen. Zudem hat eine Hierarchisierung der Prozeßstufen zu erfolgen, so daß
Teilprozesse einem Hauptprozeß zugeordnet werden können. Das im Rahmen der Transaktionsebene zu entwickelnde Klassifikationsmodell zur Erfüllung der Bestandskomponente des
Modells ist um dynamische Konstrukte zu erweitern, um diese Bestandsystematik auch
durchgängig für die Ablaufkomponente zu gestalten. Um den explizit beobachtbaren Zustand
eines Kunden während des Kundenbearbeitungsprozesses durchgängig festzuhalten, ist auf
technischer Modellierungsebene das Mengenkonzept zu erweitern, ohne die Anforderung der
Disjunktivität zu verletzten. Zudem sind die möglichen Bearbeitungszustände der Kundenelemente während des Durchlaufens des Kundenbearbeitungsprozesses in einer geeigneten
Aggregationsebene abzubilden. Diese Aggregationsebene ist so zu wählen, daß sie es ermöglicht, die Initiierungsrichtung, die tatsächliche Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivitäten innerhalb eines Hauptprozesses sowie die Anzahl der durchlaufenen Aktivitätsphasen abzubilden. Gleichsam sind die bestehenden Handlungsalternativen der Kundenelemente so zu berücksichtigen, daß jedes Kundenelement stets einer definierten Menge zugeordnet ist.
Die Zyklusebene hat der dynamischen Modellkomponente insofern Rechnung zu tragen, daß
ein Kunde nicht nur einmalig eine Transaktion tätigt, sondern entsprechend des Grundgedankens der kontinuierlichen Kundenbearbeitung mehrfache sich wiederholende Transaktionen
anzustreben sind. Dies unterstreicht die Bedeutung der Anforderungen an die Abbildung der
Zyklusebene. Im Detail ist zu analysieren und sind darauf aufbauende Konstrukte zu entwickeln, welche bedarfs-logischen Ursachen verantwortlich sind, daß Folgekäufe durch Bedarfsträger getätigt werden. Dazu ist analog zum Mengenkonzept eine Beschreibungslogik zu
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
25
entwerfen, welche insbesondere zeitliche Übergangsrelationen und Überlappungen zwischen
Erst- und anschließenden Folgebedarfen klassifiziert.
Im Anschluß ist als weitere Bestandskomponente im Rahmen der Leistungsebene zu analysieren, welche grundlegenden Bedarfstypen, die eine weitere Steuerungsdimension darstellen,
bei einem Kunden grundsätzlich existieren können. Diese sind wiederum überschneidungsfrei
voneinander abzubilden. Um die Abhängigkeiten unter den einzelnen Bedarfen zu spezifizieren, müssen Beziehungsmuster zwischen den einzelnen grundlegenden Leistungstypen identifiziert werden.
2.2.2
Anforderungen an das Planungsmodell
Grundlegend hat im Rahmen des Planungsmodells eine kundenindividuelle Bedarfsaufnahme
zu erfolgen, um eine darauf aufsetzende zielorientierte, kundenindividuelle Umsatz-/Gewinnplanung zu ermöglichen. Das unterscheidet das zu konzipierende Modell von anderen Planungsansätzen, die vielfach nur eine Umsatzsituation fortschreiben oder den Umsatz als stetige Funktion in Abhängigkeit von Marketing- und Vertriebsmaßnahmen sehen, ohne den aktuellen Bedarf des Kunden in der Planungsperiode zu eruieren.116 Während diese Ansätze lediglich an der Größe Zeit als Bezugsgröße für die Umsatzentwicklung ansetzen bzw. in aggregierter Form über Marktreaktionsfunktionen Umsätze prognostizieren, ist auf Basis der kundenindividuellen Bedarfsprognose eine ursächliche Umsatzplanung zu konzipieren. Dazu ist
der Kunde mit seinem Gesamtbedarf zu betrachten, also auch derjenige Bedarf zu berücksichtigten, den der Kunde bisher nicht bei dem betrachteten Unternehmen deckt.
Um diese kundenindividuelle Bedarfsprognose zu ermöglichen, sind in zeitlicher Dimension
die Bedarfe der Kunden für die jeweilige Planungsperiode zu bestimmen. Durch die Bedarfsperiodisierung sind die für die Planungsperiode relevanten Bedarfsträger zu identifizieren.
Für die resultierenden Bedarfe ist ein Gliederungskonzept zu gestalten, das generische, grundlegende Bedarfstypen in Beziehung zur Zyklusebene weiter systematisiert und den Einfluß
von Wettbewerbern auf die Bedarfsdeckung dokumentiert. Der Gesamtbedarf des Kunden ist
auf das eigene Unternehmen zu projizieren. Dazu ist ein entsprechender Stauchungsfaktor als
objektivierender Projektionsmaßstab zu entwickeln, der zu anspruchsvollen, aber erreichbaren
Zielvorgaben führt. Die Bedarfsgrößen sind in Planumsatzgrößen zu transformieren, um sie
vor dem Hintergrund des Optimierungsanspruchs des Planungsmodells ökonomisch vor dem
dargestellten Steuerungshintergrund vergleichbar zu machen.
Weiterhin müssen die Kosten der Kundenbearbeitung abgebildet werden. Hieran ist die Anforderung zu stellen, daß dies prozeßorientiert erfolgt und auf die im Rahmen der Gestaltung
des Basismodells vorgenommene Abbildung des Kundenbearbeitungsprozesses aufsetzt. So
muß der gesamte Prozeßbearbeitungskostensatz für einen Kunden vollständig disjunkt auf die
einzelnen Teilprozesse aufteilbar sein. Ebenso muß die Gesamtsumme resultierender Prozeß116
Vgl. zur vertiefenden Diskussion dieses Aspektes die entsprechenden Ausführungen im Kapitel 3.2.1.2.
26
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
kosten vollständig einzelnen Kundenelementen zugeordnet werden können. Hieran ist die Anforderung zu stellen, daß die Darstellung unterschiedlicher Bearbeitungsintensitäten offen abbildbar ist. Im Planungsmodell ist auf die entscheidungsrelevanten Kosten zu fokussieren. Residual verbleibende Kosten, wie z. B. die Produktkosten, die ursächlich nicht durch die Kundenbearbeitung beeinflußbar sind, sind lediglich unter Anwendung von ceteris-paribusAnnahmen zu berücksichtigen, um Aussagen zum Gesamterfolg ableiten zu können. Ebenso
ist mit Störeffekten aus einer möglichen veränderten Preisgestaltung zu verfahren, so daß
auch die Einflußvariable “Preis“ zu exogenisieren ist.
Um die der Planung innewohnende Unsicherheit zu berücksichtigen, sind Plankaufwahrscheinlichkeiten abzubilden. Diese sind dahingehend zu unterscheiden, wie wahrscheinlich es
ist, daß erstens ein als relevanter Bedarfsträger identifiziertes Kundenelement in der betrachteten Planungsperiode beim Unternehmen überhaupt einen Kauf tätigt und zweitens, von welchem ökonomischen Anteil bezüglich seines Gesamtbedarfs in der Periode auszugehen ist.
Dem Anspruch Folge leistend, explizit meßbare und beobachtbare Größen zu verwenden, ist
ein Wahrscheinlichkeitskonzept zu entwickeln, das die Kaufwahrscheinlichkeiten als operationalisierbare, prognostizierende objektive Wahrscheinlichkeitsgrößen abbildet.117
An die im Planungsmodell verwendete Zielfunktion, welche die Größen Plankosten, Planumsatz und Kaufwahrscheinlichkeiten verknüpft und darauf aufbauend die Konkretisierung des
Einsatzes der Vertriebsressourcen kundenindividuell ermöglicht, sind folgende inhaltliche
Anforderungen zu stellen:
1. Die Zielfunktion ist auf die dargestellten Ziele der Steuerung der Kundenbearbeitung
auszurichten.
2. Die erarbeiteten kundenpoolbezogenen ökonomischen Größen müssen differenziert
abzubilden sein.
3. Die erarbeiteten Wirkungsketten zwischen den modellexogenen und den modellendogenen Größen müssen entsprechend abgebildet werden.
4. Die im Rahmen der Zielfunktion zu betrachtenden Stellgrößen sind die unterschiedlichen Alternativen des Einsatzes der zur Verfügung stehenden Vertriebsressourcen.
5. Die Zielfunktion muß derart gestaltet sein, daß sie unabhängig vom Unternehmenskontext grundsätzlich anwendbar ist. Dabei ist zu beachten, daß die Einzelinstanzierungen der betrachteten Größen jedoch wiederum von den unternehmensindividuellen
Instanzierungen abhängen.
6. Die aus der Anwendung des Kontrollmodells als notwendig erachteten Anpassungen
hinsichtlich der Feed-forward-Adaption dürfen die Anwendbarkeit und Lösbarkeit der
117
Zur Unterscheidung objektiver und subjektiver Wahrscheinlichkeitsgrößen vgl. Berekoven, L./Eckert,
W./Ellenrieder, P. (1996), S. 62 ff.
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
27
Zielfunktion nicht einschränken. Entsprechend ist die Zielfunktion hinsichtlich ihrer
Robustheit auszugestalten.
7. Die Zielfunktion ist in einem operationalisierbaren Detaillierungsgrad abzubilden, der
die Wirtschaftlichkeit der Anwendung des Modells in der Unternehmenspraxis nicht
gefährdet.
Als regulative Größen sind in bezug auf die ökonomische Optimierung Nebenbedingungen zu
formulieren. Diese Nebenbedingungen betreffen operativ die Abbildung des maximal einsetzbaren Budgets an Vertriebsressourcen und strategische, aus den Unternehmenszielen abgeleitete Nebenbedingungen, wie z. B. hinsichtlich einer anzustrebenden Neukundengewinnungsquote. Insbesondere im Hinblick auf unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten strategischer Nebenbedingungen ist ein generelles Vorgehen zur technisch umsetzbaren Abbildung
der Nebenbedingungen als Ergänzung der Zielfunktion zu entwickeln.
2.2.3
Anforderungen an das Kontrollmodell
Im Rahmen der Konzeption des Kontrollmodells sind die bereits erläuterten Feed-back- und
Feed-forward-Komponenten zu unterscheiden. Demgemäß ist das aus der Planung resultierende Kontrollfeld systematisch aufzuteilen. Dazu sind Analysetypen zu konzipieren, die inhaltlich voneinander abgrenzbar sind und das Kontrollfeld vollständig abdecken. Des weiteren ist ein Bewertungsmaßstab zu entwickeln, der es ermöglicht, den Umfang von Transaktionen bedarfsorientiert und kundenindividuell zu beurteilen.
Im Rahmen einer Abweichungsanalyse ist ein Analysemodell zu entwickeln, das unter Berücksichtigung der Transaktionsstatusdimension und der Initiierungsdimension der Kundenbearbeitung, die Menge der bearbeiteten Kunden vollständig abdeckt. Darauf aufbauend muß
das Analysemodell gewährleisten, bestehende Abweichungen in den erfolgsrelevanten finanziellen Dimensionen abzubilden und mögliche Kompensationseffekte zwischen den Kundenelementen aufzuzeigen. Dazu sind entsprechende Abweichungstypen zu definieren, die den
Alternativenraum möglicher Abweichungen vollständig aufspannen.
Im Rahmen einer Prozeßanalyse ist ein Analysemodell zu entwickeln, das die Identifikation
von prozessualen Abweichungsquellen im Bereich der Kundenbearbeitung unterstützt. Als
Abweichungsdimensionen sind neben den erfolgsrelevanten finanziellen Größen auch Abweichungen hinsichtlich des Transaktionsstatus mit einzubeziehen. Diese Prozeßanalyse muß
Schwachstellen der Kundenbearbeitung offen legen und Handlungsbedarf aufzeigen. Das zu
konzipierende Modell muß gewährleisten, daß es einerseits den Konventionen des Basis- und
Planungsmodells entspricht und andererseits eine kontextbezogene Anpassung an konkrete
Unternehmenssituationen modellkonform ermöglicht.
Neben dem periodenbezogenen Abweichungsmodell ist ein Vergleichsmaßstab zu entwickeln, der auf Basis von vorliegenden Bedarfsmustern und unter Berücksichtigung kundenindividueller Transaktionshistorien eine Beurteilung der Bedarfsdeckung von Kunden mit dem
28
2.2 Anforderungen an das Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
betrachteten Unternehmen ermöglicht. Dazu ist ein Bewertungskalkül zu entwerfen, das es erlaubt, Veränderungen im unternehmensbezogenen Bedarfsdeckungsverhalten von Kunden
aufzuzeigen und zu bewerten.
Weiterhin sind mit Hilfe von Adaptionsanalysen Aussagen hinsichtlich des Planungsmodells
zu generieren, um die jeweils zu instanzierende Planung als Resultat des Modells kontinuierlich zu verbessern. Sie validieren die aufgestellten Wirkungszusammenhänge bzw. zeigen
notwendigen Anpassungsbedarf im Rahmen des Planungsmodells auf. Um die Praxisrelevanz
des Modells bezüglich einer Frühwarnfunktion bei unvorhergesehenen Ereignissen und Einflußgrößen zu verbessern, sind neben konfirmatorischen und einzelgrößenbezogenen Kontrollinstrumenten auch explorative Modellansätze zu entwickeln. Die Gestaltung der Instrumente orientiert sich an den im Planungsmodell verwendeten und den als Kontrollmaßstab
abgeleiteten Größen.
Aus dynamischer Perspektive sind Instrumente zu gestalten, die Anpassungsbedarf hinsichtlich der ökonomisch optimalen Höhe der Prozeßbearbeitungskostensätze liefern, insbesondere
vor dem Hintergrund, daß die notwendige Initialisierungslösung einer Feinspezifikation im
Zeitverlauf bedarf. Dazu sind im ersten Schritt mögliche Anpassungsformen der Prozeßbearbeitungskostensätze zu systematisieren. Darauf aufbauend, ist der ökonomische Zusammenhang zwischen einer Veränderung von Bearbeitungsintensitäten in Form der Höhe der Prozeßbearbeitungskostensätze und den resultierenden Größen in Form der Abschlußwahrscheinlichkeiten und des Umsatzes zu untersuchen. Hierfür sind konfirmatorische Testverfahren zu
entwickeln, welche entsprechende Hypothesentests durchführen. Um die ökonomische Sinnhaftigkeit einer Anpassung eines Prozeßbearbeitungskostensatzes zu prüfen, ist ein Vorgehen
für eine Alternativenvergleichsrechung zu konzipieren, ob die Anpassung des Prozeßbearbeitungskostensatzes zu einer auch im ökonomischen Endergebnis verbesserten Unternehmenssituation führt.
Um die Beziehung zwischen Kundenprofitabilität und Dauer der Geschäftstätigkeit mit einem
Kunden unternehmensindividuell zu analysieren, ist ein allgemein anwendbares Kontrollkonstrukt zu gestalten. Das betrifft zwei Arten der Prüfung: 1. „Kann überhaupt ein entsprechender Zusammenhang diagnostiziert werden?“ und 2. „Wie stark stellt sich die Beziehung zwischen Profitabilität und Dauer der Geschäftstätigkeit dar?“ (in bezug auf die Instanzierung
dieses Zusammenhangs). Dieser Zusammenhang muß wiederum in einer operationalisierbaren Form abbildbar sein, um ihn in die Nebenbedingungen des Planungsmodells einfließen
lassen zu können.
3.1 Ansätze im Rahmen des Basismodells
3.
29
Stand der Technik
Aufbauend auf die im vorangegangenen Kapitel vorgenommene Klärung und Strukturierung
des zu lösenden Problembereiches, erfolgt in diesem Kapitel die Analyse und Evaluierung existierender Ansätze. Dazu werden die bisherigen Instrumente und Modelle zu den drei Teilproblemen vorgestellt und hinsichtlich ihres Erfüllungsgrades der spezifizierten Anforderungen beurteilt.
Die Auswahl und Einordnung der nachfolgend dargestellten Instrumente und Modelle richtet
sich nach dem aktuellen Kenntnisstand in der wissenschaftlichen Fachdiskussion sowie nach
dem Fokus und der Intensität des intendierten Problembezugs bestehender Lösungsansätze.
Die gewählte vertiefende Darstellung der Instrumente und Modelle dient der Verdeutlichung
ihrer wesentlichen Kerninhalte, um darauf aufbauend ihren Lösungsbeitrag für die hier vorliegende Problemstellung kritisch würdigen zu können. In Verbindung mit den an das zu konzipierende Modell gerichteten Anforderungen können so existierende Schwachstellen und inhaltliche Leerräume klarer und nachvollziehbarer aufgezeigt werden.
3.1
Ansätze im Rahmen des Basismodells
Einzubeziehende Lösungsansätze für die Konzeption des Basismodells beschreiben Strukturen und Abläufe von vergangenen, gegenwärtigen und geplanten Kundeninteraktionen. Sie
müssen differenzierte Beschreibungsdimensionen liefern, um unterschiedliche inhaltliche Aspekte der Kundeninteraktion abbilden und systematisieren zu können. Als wesentliche Kernbereiche des zu konzipierenden Basismodells der Kundenbearbeitung werden im folgenden
existierende Ansätze zur Abbildung des Kundenstatus und Ansätze zur Abbildung von Verkaufsprozessen betrachtet.
3.1.1
Ansätze zur Abbildung des Kundenstatus
Der Kundenstatus gibt Auskunft über die Stellung eines Kunden zum Unternehmen. Über ihn
lassen sich die differenzierten Stadien des Entwicklungspfades der vergangenen geschäftlichen Interaktionen abbilden.118 Dazu werden einzelne Kundengruppen entsprechend ihrer
Stellung auf diesem Entwicklungspfad unterteilt. Besitzen einzelne Kunden diejenigen Merkmalsausprägungen, die für die Definition einer Kundengruppe konstituierend sind, können sie
im Ergebnis dieser Kundengruppe zugeordnet werden. Jede Kundengruppe stellt dabei unterschiedliche Anforderungen an die Interaktion mit dem Unternehmen. Diesen Anforderungen
muß unter anderem durch eine differenzierte Kundenansprache entsprochen werden.119 Ziel
der Vertriebsarbeit ist es hier, durch statusgerechte Betreuungsaktivitäten attraktive Kunden
118
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 220.
119
Vgl. Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 47. Zu entsprechenden Implikationen vgl. Kreutzer, R.T. (1993), S.
632. Zu den möglichen Kontaktaktivitäten gemäß Kundenstatus vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 330.
30
3.1 Ansätze im Rahmen des Basismodells
zu langfristig wiederkaufenden (Stamm-)Kunden zu entwickeln.120 Hinsichtlich der Klassifizierungsansätze für den Kundenstatus herrscht in der Literatur kein einheitliches Bild (siehe
dazu Tabelle 1).
Winkelmann, P.
(1999)
Belz, C. et al.
(1998)
Link, J./
Hildebrand, V.
(1997)
Lübcke, D.
(1996)
Nash, E.
(1993)
Kreutzer, R.T.
(1990); Holland,
H. (1993)
1.
Potentieller
Interessent
1.
Erste
Bekanntschaft
1.
Verwendungspotential
1.
Potentieller
Interessent
1.
Verdächtiger
1.
Keine
Kenntnisse
über Unternehmen/
Produkt
2.
Interessent
2.
Vorgespräch
2.
Verwendungskenntnis
2.
Interessent
2.
Interessent
2.
Kenntnisse
über Unternehmen/ Produkt
3.
Angebotskunde
3.
Evaluation
3.
Schwachverwender
3.
Erstkunde
3.
Kunde
3.
Produktinteresse
4.
Testkunde
4.
Erstauftrag
4.
Intensivverwender
4.
Gelegenheitskunde
4.
Vorzugskunde
4.
Kaufinteresse
5.
Erstkunde
5.
Folgeauftrag
5.
Werbekontaktierter
5.
Mehrfachkunde
5.
Advokat
5.
Erstkauf
6.
Wiederholungskunde
6.
Wiederholungskäufer
6.
Produktinteressent
6.
Stammkunde
6.
Ex-Kunde
6.
Folgekauf
7.
Unregelmäßiger
Stammkunde
7.
Kaufinteressent
7.
Mehrfachkauf
8.
Regelmäßiger Stammkunde
8.
Erstkäufer/Neukunde
8.
Stammkunde
9.
Folgekäufer
10. Mehrfachkäufer
11. Stammkunde
Tabelle 1: Ansätze zur Klassifizierung des Kundenstatus
Quelle: Zum Teil in Anlehnung an Winkelmann, P. (2000), S. 220.
Das Basismuster dieser Ansätze beruht dabei auf der Kaufhistorie der Kunden. Beginnend mit
den möglichen Zuständen vor einem ersten Kauf bei einem Unternehmen, verläuft das Statuskontinuum von einer einmaligen Kauftransaktion in Richtung einer sich mehr oder weniger
wiederholenden Durchführung von Kauftransaktionen.121 Freiheitsgrade in der Bestimmung
120
Die Attraktivität der Kunden ist bei der Entscheidung über die Weiterentwicklung zur nächsten Ebene zu berücksichtigen. Kundenbezogene Attraktivitätskriterien sind hier beispielsweise die Bonität und die Größe des
Einkaufsvolumens. Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 220. Der aus Unternehmenssicht anzustrebende Entwicklungspfad von Kunden wird bei KREUZER über den Ansatz der „Loyalitätsleiter“ versinnbildlicht. Vgl.
Kreutzer, R.T. (1990), S. 106.
121
Eine Ausnahme bildet der Vorschlag von NASH, da hier neben der Transaktion auch Profitabilitätsgesichtspunkte mit einfließen. Gleichzeitig werden im Sinne einer Negativauslese auch „Ex-Kunden“ berücksichtigt. Vgl. Nash, E. (1993), S. 47 f.
3.1 Ansätze im Rahmen des Basismodells
31
der Kundenzustände zeichnen sich dabei insbesondere in der Vorkaufphase sowie in der Phase von sich wiederholenden Transaktionen ab.122
Die einzelnen Ansätze zur Klassifizierung des Kundenstatus geben begriffliche Vorschläge
für die Klassifizierung in den einzelnen Ebenen. Eine konkrete Definition der zugrunde liegenden Merkmalsausprägungen, die sowohl die operationalisierte Zuordnung von Kunden zu
den einzelnen Gruppen ermöglicht als auch die Gruppen untereinander stringent voneinander
abgrenzt, erfolgt dabei nicht durchgängig.123 Gleichzeitig kann der Interpretation des Entwicklungspfades eines Kunden über die Häufigkeit bzw. den Anfall von Kauftransaktionen als
Gradmesser für die Intensität einer Geschäftsbeziehung oder Bindung eines Kunden124 bzw.
als Loyalitätsmaßstab125 hier nicht uneingeschränkt gefolgt werden.126
3.1.2
Ansätze zur Abbildung des Verkaufsprozesses
Wird die Hauptaufgabe des Vertriebs, nämlich die Herbeiführung von Transaktionen,127 im
Wege einer vertrieblichen Aufgabenspezialisierung in prozessuale Aktivitätsbereiche untergliedert, lassen sich geordnete Phasenfolgen bilden.128 Diese Phasenfolgen dienen zur inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung der zugehörigen kaufrelevanten Vertriebsaktivitäten
bzw. -teilaufgaben.129 Sie schaffen Transparenz bezüglich des Ablaufs eines idealtypischen
Verkaufsprozesses und ermöglichen gleichzeitig die identifizierende Zuordnung von Kunden
innerhalb dieses Prozesses. Durch den konkreten Kundenbezug sind sie darauf ausgerichtet,
die spezifischen Probleme des Kunden im Erwerbs- bzw. Beschaffungsprozeß und späteren
122
Aufgrund der einbezogenen Vorkaufphase müssen unterschiedliche Merkmalsdimensionen zur Bestimmung
des Status herangezogen werden. Vor dem ersten Kauf sind hier die Verhaltenszustände vor der Transaktion
das Klassifizierungskriterium. Nach dem Erstkauf erfolgt nur noch eine Betrachtung der Häufigkeit bzw. des
Anfalls der Transaktionen.
123
Teilweise werden die einzelnen Stufen mit Auftrags- und Kaufwahrscheinlichkeiten in Verbindung gebracht.
Dabei unterstellt man ansteigende Kaufwahrscheinlichkeiten im Statuskontinuum in Richtung der Mehrfachkäufer bzw. Stammkunden. Vgl. Link, J./Hildebrand, V. (1997), S. 161.
124
Zu dieser Interpretation vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 220; Link, J./Hildebrand, V. (1997), S. 161.
125
Zu dieser Interpretation vgl. Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 47.
126
Ohne an dieser Stelle in die wissenschaftliche Diskussion zu den theoretischen Konstrukten Kundenloyalität,
-bindung bzw. Geschäftsbeziehung vertiefend einsteigen zu wollen, erscheint die alleinige Betrachtung der
Transaktionshäufigkeit als Intensitätsmaß in diesem Zusammenhang als sachlogisch nicht ausreichend, da sie
die kundenbezogene Bedarfssituation vernachlässigt. Erst unter Berücksichtigung der Bedarfshäufigkeit als
auch der Bedarfshöhe eines Kunden können folgerichtige Rückschlüsse aus den mit dem betrachteten Unternehmen getätigten Transaktionen gezogen werden. So ist es beispielsweise möglich, daß ein Kunde, der
zwar regelmäßig bei einem Unternehmen einkauft, einen Großteil seines Bedarfes trotzdem bei anderen Anbietern deckt.
127
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 39.
128
Ausgangspunkt der Strukturierung bildet hier der Verkauf als „Kulminationspunkt“ der markt- bzw. kundenorientierten Unternehmensaktivitäten. Vgl. dazu Meffert, H. (1998), S. 818.
129
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 144. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Aufgabenschwerpunkte in unterschiedlichen Branchen und den damit verbundenen differenzierenden Marktanforderungen hängen die Intensität und der Umfang der zu durchschreitenden Phasen vom konkreten Unternehmenskontext ab. Zur Aufgabenspezialisierung im persönlichen Verkauf bei unterschiedlichen Geschäftstypen vgl. Churchill, G.A./Ford,
H.M./Walker, O.C. (1997), S. 30 ff.
32
3.1 Ansätze im Rahmen des Basismodells
Nutzungsprozeß im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation zu lösen.130 Existierende Ansätze zur
Abbildung des Verkaufsprozesses sind durch unterschiedliche Detaillierungsgrade und Phasengrenzen sowie voneinander abweichende Umfänge der einbezogenen Phasen gekennzeichnet (siehe dazu Tabelle 2).131
Bei Betrachtung der aufgeführten Ansätze wird deutlich, daß bei einigen Ansätzen der Verkaufszyklus enger gefaßt wird und sich nur bis zum eigentlichen Kaufabschluß bzw. der Auftragsgewinnung erstreckt. Andere umfassen zusätzlich die dem Kaufabschluß nachgelagerten
Betreuungsphasen. Inhaltlich differenzieren die Ansätze sehr stark hinsichtlich der Anfangsaktivitäten als auch hinsichtlich des Detaillierungs- bzw. Abstraktionsgrades der folgenden
Prozeßphasen. Dabei variieren die dimensionalen Beschreibungsebenen auch innerhalb eines
Ansatzes (beispielsweise bei dem von KUHLMANN) von einer neutralen Ereignisdarstellung
(z. B. Abschluß des Auftrages) über die aggregierte Zusammenfassung von Aktivitäten (z. B.
Nachkaufservice) bis zur zielgerichteten Aufgabenspezifikation (z. B. Bewertung des Kunden). Obwohl diese Ansätze Abbildungsempfehlungen darstellen, die vor dem Hintergrund
konkreter Branchen- bzw. Produkterfordernisse zu spezifizieren sind,132 mangelt es an einer
einheitlichen Beschreibungsdimension zur Phasenabbildung sowie zusätzlichen Informationen zur Abgrenzung und inhaltlichen Ausgestaltung dieser Phasen.133 Weiterhin erfolgt bei
diesen Ansätzen eine Zyklusbetrachtung im Sinne sich wiederholender Verkaufsprozesse lediglich in der Form, daß nach Abschluß der letzten Phase sich wiederum die erste Phase anschließt.134 Eine derartige Zyklusbetrachtung stellt eine starke Vereinfachung zyklischer Zusammenhänge im Verkaufsprozeß dar, die eine dynamische Betrachtung sich überschneidender Verkaufsaktivitäten hinsichtlich der Stellung eines Kunden im Kundenbearbeitungsprozeß
nur unzureichend zu unterstützen vermag.
130
Das Spiegelbild von Verkaufsprozessen sind aus Kundensicht die Kauf- bzw. Beschaffungsprozesse. Sie bilden die auf Kundenseite zu bearbeitenden Problemstellungen und das prozessuale Vorgehen zur Lösung dieser Problemstellungen ab. Ansätze zur phasenbezogenen Abbildung des Ablaufs bei organisationalen Beschaffungsentscheidungen finden sich in der Literatur beispielsweise bei Webster, F.E. (1965); Tafel, J.
(1967); Geyer, T. (1970); Webster, F.E./Wind, Y. (1972); Meinig, W. (1985); Schlesinger, A. (1991); Ackerschott, H. (2001). Diese Ansätze konzentrieren sich primär auf die prozessuale Bedarfsspezifizierung
sowie die Auswahl eines Anbieters zur Bedarfsdeckung und bieten somit Anknüpfungspunkte zur Fixierung
von zu erfüllenden Anforderungen in den einzelnen Beschaffungsphasen. Aus Anbietersicht ist die konkrete
Zugehörigkeit eines Kunden zu einer speziellen Teilphase oftmals schwer abgrenzbar und nicht vordergründig erkennbar, so daß eine Phasendefinition aus der eigenen Unternehmenssicht für die Aufgabenorganisation Vorteile bietet. Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 64.
131
Vgl. dazu auch Backhaus, K. (1999), S. 65.
132
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 145.
133
Eine Ausnahme bildet hierbei der Kaufprozeß von SIEBEL, für den speziell für die Phase der Chancenidentifizierung ein inhaltlicher Qualifizierungsansatz, der sogenannte „Verkaufstrichter“ (Sales Funnel), vorgesehen ist. Bei diesem Ansatz dienen die einzelnen Prozeßstufen dieser Phase im Sinne einer fortschreitenden
Kundenverifizierung dazu, Kunden zu selektieren und nur erfolgversprechende Kunden weiterzuverfolgen.
Vgl. Siebel, T.M./Malone, M.S. (1998), S. 36 f., 151 f. Inhaltlich werden dabei jedoch prozessuale und statusbezogene Aspekte miteinander verwoben. Zum Kundenstatus vgl. auch Kapitel 3.1.1.
134
Vgl. stellvertretend dafür Ackerschott, H. (2001), S. 20 f.
3.1 Ansätze im Rahmen des Basismodells
Ackerschott, H.
(2001)
33
Kuhlmann, E.
(2001)
Marzian, S./
Smidt, W. (1999)
Siebel Inc.
(zit. nach Ackerschott, H. (2001))
Schmid,
R.E./Bach,
V./Österle, H.
(2000)
Backhaus, K./
Günter, B.
(1976)
1. Identifizierungsphase
1. Kundensuche
1. Dialog mit dem
Kunden
1. Chancen
identifizieren
1. Beratung
1. Voranfragephase/Problemerkennung
2. Qualifizierungsphase
2. Ermittlung von
Ansprechpartnern
2. Anfrage
2. Geschäfte abschließen
2. Produktkonfiguration
2. Angebotserstellungsphase
3. Verteidigungsphase
3. Bewertung des
Kunden
3. Angebot
3. Ergebnisse
bestimmen
3. Konditionenvereinbarung
3. Kundenverhandlungsphase
4. Angebotsphase
4. Angebotspräsentation
4. Auftrag
4. Verkaufsstrategie
4. Angebotserstellung
4. Abwicklungsphase
5. Entscheidungsphase
5. Abschluß des
Auftrages
5. Service/
Betreuung
5. Abschluß/
Fakturierung
5. Gewährleistungsphase
6. Realisierungsphase
6. Nachkaufservice
7. Service
(1. Produktlieferung, 2.
Serviceauftrag bearbeiten, 3. Probleme lösen, 4.
Wartung
durchführen,
5. Beschwerden managen,
6. Bindungsprogramm
abwickeln)
Tabelle 2: Ansätze zur Beschreibung von Verkaufsprozessen
3.1.3
Zusammenfassende Bewertung
Die vorgestellten Ansätze liefern erste Vorschläge für die Ausgestaltung der Klassifizierungsdimensionen, lassen jedoch eine klare und eindeutige Abgrenzung relevanter Attributausprägungen vermissen. Aufgrund der teilweise fehlenden inhaltlichen Konkretisierung und
des Wechsels der Bezugsdimension entsprechen sie nicht der Anforderung einer disjunkten
Abbildung bzw. Zuordnung von Bedarfsträgern. Die bestehenden Freiheitsgrade lassen eine
darauf aufsetzende Operationalisierung in Richtung eines durchgängigen statischen und dynamischen Modellansatzes nicht zu. Die Ansätze zum Kundenstatus vernachlässigen darüber
34
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
hinaus die geforderte vollständige Abbildung der für ein Unternehmen in betracht kommenden Kundenmenge. Den Ansätzen zur Abbildung des Verkaufsprozesses fehlt weiterhin eine
durchgängiger Beschreibungslogik, die es ermöglicht Phasenübergänge zu identifizieren sowie beobachtbare Kundenzustände während der Kundenbearbeitung festzuhalten und zuzuordnen. Es erfolgt keine dynamisierende Zyklusbetrachtung zur Beschreibung und Abbildung
sich wiederholender Kundenbearbeitungsprozesse im Zeitablauf.
3.2
Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Zu betrachtende Lösungsansätze für das zu konzipierende Planungsmodell müssen Ansatzpunkte für die Ausrichtung des zukünftigen Handelns im Rahmen der Kundenbearbeitung bereitstellen. Hierzu existieren eine Vielzahl von Modellen und Instrumenten, die unterschiedliche kunden- bzw. marktbezogene Planungsaspekte aufgreifen. Als wesentliche für das Planungsmodell lösungsrelevant zu erachtende Bereiche werden neben den Arbeiten zur Beurteilung der Bedarfs- und Absatzsituation Ansätze zur Budgetierung im Vertrieb sowie Ansätze
zur periodischen und periodenübergreifenden Bestimmung des Wertbeitrags von Kunden betrachtet. Diese Gruppen von Lösungsansätzen bieten zum einen Ansatzpunkte für die Klassifikation von Bedarfs- und Absatzgrößen und stellen Modelle zur Vorgabe von marktseitigen
Zielwerten auf Basis prognostizierter zukünftiger Absatzpotentiale bereit. Zum anderen konzentrieren sich die Budgetierungsansätze auf den zu planenden vertrieblichen Ressourcenverbrauch und liefern Vorgabewerte für kostenseitige Planungsaspekte der Vertriebsaktivitäten. Für die allokationseffiziente Berücksichtigung unterschiedlicher Wertbeiträge von Kunden bei Planungsaufgaben stellen die statischen Ansätze zur Kundenbewertung periodenbezogene Modelle und die dynamischen Ansätze periodenübergreifende Modelle zur Gestaltung
einer priorisierten Kundenbearbeitung bereit.
3.2.1
Ansätze zur Beurteilung der Bedarfs- und Absatzsituation
3.2.1.1 Größen zur quantitativen Beurteilung
Für die quantitative Beurteilung eines Bedarfes stehen unterschiedliche Beurteilungs- bzw.
Bezugsgrößen zur Verfügung. Dabei können mit Hinsicht auf den Gesamtmarkt das Marktvolumen sowie das Marktpotential und in bezug auf ein einzelnes anbietendes Unternehmen das
Absatzvolumen und das Absatzpotential unterschieden werden.135 Volumengrößen betrachten
die realisierten Absatzmengen bzw. bei monetärer Betrachtung die realisierten Umsätze136
135
Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 152; Dihlmann, C. (1991), S. 159; Böcker, F. (1988), S. 116.
136
Eine Mengenbetrachtung hat gegenüber einer wertmäßigen Umsatzbetrachtung den Vorteil, daß keine preispolitischen Effekte, die zu Verzerrungen der Beurteilung der zugrunde liegenden bedarflichen Mengengerüste führen können, einbezogen werden. Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 370 f. Grundsätzlich besteht jedoch
die Möglichkeit, Mengengerüste über Durchschnittspreise zu Umsatzgrößen zu transformieren und umgekehrt.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
35
der Bezugsobjekte. Potentialgrößen geben die zukünftig maximal möglichen Absatzmengen
bzw. Umsätze von Bezugsobjekten an. Hier wird auf die Aufnahmefähigkeit der entsprechenden Bezugsobjekte abgestellt. Übertragen auf die Bezugsobjekte Gesamtmarkt und Unternehmen ergibt sich die in Tabelle 3 dargestellte Differenzierung.
Unternehmensbezogen
Marktbezogen
Effektiv
Potentiell
Absatzvolumen (AV)
Absatzpotential (AP)
(Gesamtheit der eigenen realisierten Absatzmengen/Umsätze)
(Maximal mögliche Absatzmengen/Umsätze)
Marktvolumen (MV)
Marktpotential (MP)
(Realisierte effektive Absatzmengen einer Branche)
(Gesamtheit möglicher Absatzmengen in einem Markt (maximale Aufnahmefähigkeit)
Tabelle 3: Zielgrößen einer quantitativen Bedarfsbeurteilung
Quelle: In Anlehnung an Backhaus, K. (1999), S. 152.
Mit Hilfe von Beziehungen zwischen den einzelnen Größen können unterschiedliche Beziehungszahlen gebildet werden, bei denen ein Bedarfswert mit einem als geeignet erscheinenden Basiswert verglichen wird. So ergibt sich beispielsweise der Gesamtmarktanteil eines Unternehmens aus dem Verhältnis aus unternehmensbezogenem Absatzvolumen und Marktvolumen (AV/MV). Er gibt die bedarfsbezogene Stellung des Unternehmens im betrachteten
Markt an. Im direkten Vergleich zu anderen Wettbewerbern können weiterhin relative Marktanteile ermittelt werden.137 Sie zeigen die eigene Absatzstärke im Vergleich zu den betrachteten Wettbewerbern.138 Über sogenannte Ausschöpfungsgrade können realisierte Absatzgrößen
in Beziehung zu den potentiell möglichen Absätzen gestellt werden. Beispielsweise gibt die
Marktausschöpfung (MV/MP) den Anteil am insgesamt möglichen Umsatzvolumen im Betrachtungszeitraum an, der tatsächlich realisiert wurde.139
137
Zur möglichen Bestimmung und Implikationen von Marktanteilen vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 372; Dihlmann, C. (1991), S. 160 f.
138
Aus der Beziehung zwischen Volumen- und Potentialgrößen ergibt sich, daß sich eine Steigerung des eigenen Absatzvolumens nur über die Verdrängung von Wettbewerbern oder bei zukünftigem Marktwachstum
über die Abschöpfung bisher freier Potentiale verwirklichen läßt. Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 371.
139
Die Verwendung von Potentialgrößen im hier verstandenen Sinn verursacht definitorische Abgrenzungsprobleme, weil unklar ist, welche Annahmen der Bestimmung der maximalen Aufnahmefähigkeit von Märkten zugrundeliegen bzw. welche Faktoren aus Unternehmenssicht die maximal möglichen Abnahmemengen
spezifizieren. Vgl. Böcker, F. (1988), S. 117. Da die aufgezeigten Volumengrößen vergangenheitsorientierten Realisationscharakter besitzen, können mögliche Differenzen zu den Potentialgrößen zum einen anbieterbedingt aus z. B. fehlenden Vertriebsanstrengungen bzw. fehlenden Kapazitäten resultieren. Hier besteht
zwar ein Bedarf im Sinne einer Nachfrage, dem jedoch kein Angebot gegenüber steht. Zum anderen können
sie auf Abnehmerseite z. B. durch Barrieren gegenüber Produktinnovationen bedingt sein. Hier besteht aber
streng genommen kein Bedarf aus Abnehmersicht, da die Abnehmer die entsprechende Leistung zur Befrie-
36
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Auf einer stärker disaggregierten Ebene besteht die Möglichkeit, diesen Systematisierungsansatz auf das marktliche Bezugsobjekt Kunde bzw. Kundengruppe zu übertragen. Hierbei rückt
die individuelle Bedarfssituation des Kunden bzw. der Kundengruppe in den Vordergrund der
Betrachtungen. Die Dimensionen Volumen und Potential können in bezug auf einen Kunden
bzw. eine Kundengruppe sowie auf ein anbietendes Unternehmen entsprechend ihre Anwendung finden.140
3.2.1.2
Ansätze zur Bestimmung von Bedarfs- und Absatzgrößen
Jedes zielorientierte Handeln, das auf Basis von Unsicherheitsaspekten über kommende Ereignisse stattfindet, erfordert Vorausschätzungen.141 Für die Bestimmung von zukünftigen Bedarfs- bzw. Absatzgrößen finden Prognoseansätze ihre Anwendung. Sie generieren vorhersagende Informationen für eine zukünftige Entscheidungsperspektive.142 Die existierenden Ansätze lassen sich hinsichtlich ihrer methodischen Ausrichtung in subjektive Schätzverfahren
und mathematisch-statistische Verfahren unterteilen.
3.2.1.2.1
Subjektive Schätzverfahren
Subjektive Schätzverfahren basieren auf einer Methodik, bei der kein zugrunde liegendes mathematisches oder statistisches Modell seine Anwendung findet. Bei diesen Ansätzen fließen
die subjektiven Kenntnisse und Erfahrungen von Informationsträgern in den Prognoseprozeß
ein, auf deren Basis die Prognosen erarbeitet bzw. erstellt werden.143 Dabei sind insbesondere
explorative Befragungen, die normativ ausgerichtete Delphi-Prognose sowie die projizierende
Szenario-Technik voneinander abzugrenzen.144
Prognostische Befragung
Prognostische Befragungen stellen eine simple Form der Gewinnung von primären Prognoseinformationen dar.145 Bei prognostischen Befragungen wird versucht, relevante Informationen
durch den Informationsaustausch mit geeignet erscheinenden Personen zu gewinnen. Dafür
kommen insbesondere Personen aus den marktnahen Bereichen wie Vertriebs- und Außen-
digung ihrer Bedürfnisse als nicht relevant erachten. Vgl. dazu auch Böcker, F. (1988), S. 117. Häufig stellen
deshalb Potentialbetrachtungen Bewertungen des geschätzten Bedarfsaufkommens in zukünftigen Perioden
dar. Vgl. Hutt, M.D./Speh, T.W. (1995), S. 187. Zur Abschätzung von ausschöpfbaren Marktpotentialen
können insbesondere Proportions-Verknüpfungs-Methoden, branchenbezogene Aufbau-Methoden sowie Index-Ansätze angewendet werden. Vgl. Kottler, P./Bliemel, F. (1995) S. 401 - 406.
140
Vgl. Ackerschott, H. (2001), S. 56 f.
141
Vgl. Kehl, R.E. (2000), S. 206.
142
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 835.
143
Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 162 f.
144
Vgl. auch Pepels, W. (1996), S. 296.
145
Zur Befragung im Rahmen der primären Datenerhebung vgl. allgemein Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen,
H. (1997), S. 737 f.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
37
dienstmitarbeiter, Marketing-/Vertriebsleiter sowie die Kunden selbst in Frage.146 Diese Personen verfügen in der Regel über umfassende (Fach-)Kenntnisse und ein Grundverständnis
über Nachfrageentwicklungen, das durch die Befragung im Rahmen einer Bedarfs- bzw. Absatzschätzung relativ einfach genutzt werden kann.147
Prognostische Befragungen stellen eine Möglichkeit dar, um kurzfristig relevante Absatz- und
Bedarfsinformationen zu gewinnen. Dabei können vorhandenes Wissen und bestehende Erfahrungen genutzt werden. Gleichzeitig stellt dieser Anspruch auch hohe Anforderungen an
das Know-how und Urteilsvermögen der Befragten. Subjektive Verzerrungen sowie mangelndes Abstraktionsvermögen können zu Fehlinformationen führen.148 Aufgrund einer bei
dieser allgemeinen Ausrichtung fehlenden inhaltlich zugrunde liegenden Methodik bei der
Ergebniserarbeitung stellen die Resultate quasi Ad-hoc-Ergebnisse dar, deren Richtigkeit nur
schwer nachzuvollziehen ist.
Delphi-Prognose
Die Delphi-Prognose ist eine Methode bei der prognostische Informationen durch strukturierte Gruppenbefragungen gewonnen werden.149 Der Kernansatz besteht in der Einholung von
individuellen Expertenurteilen in bezug auf Zukunftsereignisse und -trends in mehreren
Durchläufen auf Basis von schriftlichen Befragungen.150
Der Ansatz ist durch drei wesentliche methodische Kernelemente gekennzeichnet. Einerseits
besteht während der Befragung zwischen den Teilnehmern sowie in der Behandlung der Einzelantworten Anonymität. Andererseits wird die Gruppenantwort durch statistische Kennziffern dargestellt, indem nicht nur Mehrheits- oder Mindermeinungen aufgezeigt werden, sondern auch die Streuung der Schätzungen über Median und Quartilsabstände abgebildet wird.
Des weiteren erfolgt über eine kontrollierte Rückkopplung eine Iteration der Befragung bei
der die Teilnehmer die Möglichkeit erhalten, ihre Überlegungen zu überdenken.151
Der grundsätzliche Ablauf einer Delphi-Prognose gestaltet sich dabei wie folgt. Im ersten
Schritt werden die zu befragenden Experten auf Basis ihres Wissens und ihrer Erfahrungen
ausgewählt. Anschließend erfolgt eine erste Befragung bei der den Experten das Prognoseproblem vorgestellt und eine erste Stellungnahme zu mehreren prognostischen Einzelfragen
146
Zu möglichen Vor- und Nachteilen der einzelnen marktnahen Personengruppen vgl. Kottler, P./Bliemel, F.
(1995), S. 412 f.; Pepels, W. (1996), S. 296.
147
Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 162.
148
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 298.
149
Vgl. Albach, H. (1970), S. 17.
150
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 50; Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3551. Neben diesem schriftlichen Befragungsansatz besteht die Möglichkeit des Einbezugs von Informationstechnologie, bei der auf Basis von Telefon- oder Computerkonferenzen die kommunikativen Prozesse unterstützt werden. Zu den entsprechenden
Ausgestaltungsmöglichkeiten sowie zum kritischen Vergleich zwischen schriftlichen und technologieuntersützten Delphi-Ansätzen vgl. Brockhoff, K. (1979), S. 27 ff.
151
Vgl. Martino, J.P. (1972), S. 20 f. ähnlich auch Albach, H. (1970), S. 17; Hansmann, K.-W. (1993), Sp.
3551.
38
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
eingeholt wird. Daran schließt sich eine Ergebnisanalyse an, bei der die prognostizierten Ereignisse und die diesbezüglichen Zeithorizonte verglichen, statistisch ausgewertet und zusammengefaßt werden. Diese Ergebnisse werden den Befragungsteilnehmern in einer zweiten
Runde vorgelegt. Sie erhalten hier die Möglichkeit, ihre Urteile begründet zu korrigieren und
gegebenenfalls neue und detailliertere Ergebnisse abzufassen. Dieses Vorgehen kann mit dem
Ziel einer möglichst realistischen Prognose für weitere Durchgänge seine Anwendung finden.
In einem abschließenden Prozeß sind die endgültigen Auswertungsergebnisse zu formulieren
und bekanntzugeben.152
Der Delphi-Ansatz eignet sich insbesondere für Prognosen im langfristigen Bereich.153 Die
Vorteile liegen hier in der mehrstufigen, iterativen Ergebniserarbeitung für Problembereiche,
bei denen noch keine fundierten Theorien bestehen.154 Die Begründung der Ergebnisse erhöht
die Nachvollziehbarkeit und gibt Aufschluß über abweichende Sichten.155 Aufgrund der rationalen Bestimmung eignen sie sich nicht für die Vorhersage zufälliger Ereignisse bzw. Situationen. Die Durchführung des Verfahrens bedarf eines nicht unerheblichen Zeit- und Koordinationsaufwandes.156 Gleichzeitig besteht aufgrund der Iterationen die Gefahr einer leichteren
Anpassung an Mehrheitsmeinungen.157
Szenario-Technik
Die Szenario-Technik stellt einen Ansatz dar, bei dem die zukünftige Entwicklung eines
Prognoseobjektes unter Berücksichtigung des Einflußfeldes bei alternativen Bedingungen abgeleitet wird.158 Dabei beschreiben die Szenarien künftige, komplexe Situationen, deren Eintreten nicht mit voller Sicherheit prognostiziert werden kann.159 Diese unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten spannen den sogenannten Szenariotrichter auf, der über die einzelnen Entwicklungspfade die Spannweite der möglichen künftigen Zustände abbildet (siehe dazu Abbildung 6).160 Für die Erstellung von Szenarien werden auf Basis von bestehenden IstSituationen wichtige Annahmen über Haupteinflußfaktoren ermittelt und alternative Störergebnisse verarbeitet.161
152
Zum Vorgehen vgl. beispielhaft Preißner, A. (1999), S. 51 f.; Corsten, H. (1996), S. 137 f.; Pepels, W.
(1996), S. 298 f. Zu möglichen Modifikationen des konventionellen Delphi-Ansatzes vgl. Corsten, H.
(1996), S. 138.
153
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 50.
154
Vgl. Gisholt, O. (1976), S. 115.
155
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 299.
156
Vgl. Preißner, A. (1996), S. 51.
157
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 299.
158
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3552.
159
Zur Typisierung von Szenarien auf Basis unterschiedlicher Bezugsobjekte und zukunftsbezogener Erwartungen vgl. Gausemeier, J./Fink, A../Schlake, O. (1995), S. 23 ff.
160
Vgl. Dörrer, T. (2000), S. 61 f.
161
Vgl. Geschka, H./Reibnitz, U.v. (1987), S. 128.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
39
Gegenwart
Zukunft
Best Case
Ist-Zustand
Entscheidung
Realistic Case
Worst Case
Abbildung 6: Szenariotrichter
Quelle: In Anlehnung an Dörrer, T. (2000), S. 62.
Das grundsätzliche Vorgehen bei Anwendung der Szenario-Technik gestaltet sich wie folgt.
Ausgehend von einer fundierten Analyse der Ist-Situation unter Verwendung qualitativer und
quantitativer Informationen, werden mögliche Einflußbereiche festgelegt und die zugehörigen
wichtigen Haupteinflußfaktoren bestimmt. Die zwischen den Einflußfaktoren bestehende
Vernetzung ist dahingehend zu analysieren, welche Arten von Wirkungsprinzipien zwischen
den Faktoren vorliegen.162 Aufbauend auf dieser Analyse werden die kritischen Einflußgrößen
(Schlüsselfaktoren) ermittelt. Für jeden der Faktoren werden alternative Entwicklungsmöglichkeiten bestimmt. Die Prognosebilder setzen sich aus der Zusammenführung der einzelnen
Ausprägungen der Schlüsselfaktoren zusammen. Dabei müssen die Faktorkonstellationen auf
ihre Konsistenz untereinander überprüft werden, so daß nur widerspruchsfreie, sich nicht ausschließende Kombinationen bei der Erstellung der Szenarien berücksichtigt werden. In der
sich anschließenden Interpretationsphase werden die Zukunftsbilder dahingehend überprüft,
wie stabil sie sich unter dem Einfluß möglicher Störgrößen verhalten bzw. inwieweit Aussagen über Wahrscheinlichkeitsgrade der einzelnen Szenarien abgeleitet werden können.163
Die Szenario-Technik stellt einen methodischen Ansatz für die Aufstellung mittel- und langfristiger Zukunftsprognosen dar.164 Durch die Berücksichtigung gegensätzlicher, aber in sich
konsistenter Entwicklungsmöglichkeiten, besteht die Möglichkeit einen prognostischen Zukunftsraum aufzuspannen, der durch potentielle Extrementwicklungen sowohl im positiven
wie auch im negativen Bereich begrenzt ist und innerhalb dieser Extrempfade die wohl realistischste Entwicklung umfaßt.165 Entscheidend für die Güte der Prognoseergebnisse ist die
Qualität der unterstellten subjektiven Einschätzungen. Der Einsatz der Szenario-Technik eig162
Zur wirkungsspezifischen Klassifizierung in aktive, passive, kritische und träge Faktoren vgl. Dörrer, T.
(2000), 63 f.
163
Zum Vorgehen vgl. beispielhaft Dörrer, T. (2000), S. 63 f.; Preißner, A. (1999), S. 54 f.; Pepels, W. (1996),
S. 299 f.; Hentze, J./Brose, P./Kammel, A. (1993), S. 268 ff.; Reibnitz, U.v. (1981), S. 38.
164
Vgl. Schulz, B. (1995), S. 125.
165
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 55, 57.
40
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
net sich hauptsächlich für komplexe Prognosesituationen, bei denen eine rein mathematische
Abbildung der Funktionszusammenhänge nicht realisierbar bzw. ein Zustandsraum möglicher
Entwicklungsperspektiven abzubilden ist.166
3.2.1.2.2
Mathematisch-statistische Verfahren
Mathematisch-statistische Prognoseverfahren erstellen Prognosen auf Basis eines zugrunde
liegenden mathematisch-statistischen Grundansatzes. Dabei sind Entwicklungs- und Wirkungsmodelle zu unterscheiden. Entwicklungsmodelle versuchen, die künftigen Werte einer
Zeitreihe aus Vergangenheitswerten derselben Zeitreihe zu ermitteln. Wirkungsmodelle hingegen stellen auf eine oder mehrere Einflußgrößen ab, die zum Verhalten der zu prognostizierenden Zeitreihe einen kausalen Zusammenhang aufweisen.167
Entwicklungsmodelle
Bei Entwicklungsmodellen können Ansätze mit kurz- und langfristiger Prognosesicht unterschieden werden. Bei den kurzfristigen Prognoseansätzen wird unterstellt, daß die sich in der
Vergangenheit festgestellte Bedarfssituation in der Zukunft fortschreibt. Es wird ein gleichbleibender Strukturverlauf angenommen. Abweichungen sind nur auf zufällige Schwankungen zurückzuführen. Ziel dieser Ansätze ist es, diese zufälligen Unregelmäßigkeiten zu reduzieren bzw. zu beseitigen. Langfristige Prognoseverfahren vernachlässigen kurzfristige
Schwankungen. Es erfolgt eine Konzentration auf die allgemeine Entwicklungsrichtung der
Zeitreihe im Sinne eines langfristig ausgerichteten Trends.168
Bei den kurzfristigen Prognoseansätzen können gleitende Mittelwertansätze, die exponentielle Glättung sowie Saisonverfahren unterschieden werden.169
Die Methode des gleitenden Durchschnitts beinhaltet die Berechnung eines arithmetischen
Mittelwertes aus den Absatzwerten der Vergangenheit. Dieser wird als Prognosewert für den
zukünftigen Bedarf bzw. Absatz angesehen.170 Dabei werden nicht alle vergangenen Ist-Daten
einbezogen, sondern nur Daten eines definierten Zeitfensters. Über die Länge des einzubeziehenden Zeitfensters wird das Ausmaß des Rückgriffshorizontes bestimmt.171 Jeweils nach
Vorliegen eines neuen Ist-Wertes wird dieser in den Betrachtungshorizont aufgenommen und
der älteste Wert sukzessiv eliminiert. Der für die Ermittlung des Mittelwertes vorliegende Betrachtungshorizont gleitet somit von einer Periode zur nächsten.172 Die Länge des Zeitfensters
166
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 300.
167
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 835 f.
168
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 301 - 303; Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3550 - 3552.
169
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3550.
170
Vgl. Corsten, H. (1996), S. 355.
171
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 69; Pepels, W. (1996), S. 355. Nach WINKELMANN haben sich in der Vertriebspraxis Rückgriffshorizonte von drei bis sechs Perioden bewährt. Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 391.
172
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 302.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
41
bestimmt dabei den Charakter der Glättung.173 Die Berechnungsvorschrift für das Verfahren
der gleitenden Mittelwertbildung ist Abbildung 7 zu entnehmen.
ŷ t +1
ŷ t +1
t
1
= yt = ⋅ ∑ yk
n k = t − n +1
-
Prognostizierter Absatzwert für Periode
t+1
yt
-
Gleitender Mittelwert für Periode t
yk
-
Ist-Absatz-Wert einer Periode des
Rückgriffshorizontes
n
-
Anzahl der in den Rückgriffshorizont
einzubeziehenden Perioden
Abbildung 7: Berechnungsvorschrift für die Methode des gleitenden Mittelwerts
Quelle: In beispielhafter Anlehnung an Corsten, H. (1996), S. 355.
Das Verfahren der exponentiellen Glättung baut auf dem gleitenden Mittelwertansatz auf,
wird jedoch um zwei zusätzliche Überlegungen ergänzt. Einerseits werden die einzelnen Vergangenheitswerte entsprechend ihres Anfalls gewichtet.174 Diese Gewichtung geschieht über
einen exponentiellen Gewichtungsfaktor α (0 < α ≤ 1) der die Vergangenheitsdaten auf die
Gegenwart quasi diskontiert.175 Andererseits erfolgt eine Berücksichtigung des aufgetretenen
aktuellen Prognosefehlers für die nachfolgende Ermittlung des Prognosewertes. So setzt sich
der Prognosewert aus dem alten Prognosewert und einem Anteil des aufgetretenen Prognosefehlers zusammen.176 Zentrale Bedeutung für das Verhalten dieses Ansatzes besitzt der Glättungsfaktor α, da über ihn das Ausmaß der berücksichtigten Fehlerkorrektur gegenüber der
173
Je kürzer der betrachtete Rückgriffshorizont ist, desto höher ist die Anpassungsfähigkeit und Reagibilität der
Prognosewerte auf Absatzschwankungen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, daß zufällige Schwankungen in
der Zeitreihe nicht ausreichend berücksichtigt werden. Hier erfolgt im Sinne eines Kurzzeitgedächtnisses
kein Lernen aus der „Absatzhistorie“. Im Gegenzug reagiert der Prognosewert um so träger, je größer der
einbezogene Rückgriffshorizont gewählt wird. Die Prognose ist hier durch eine relativ große Trägheit und
hohe Stabilität gekennzeichnet. Ihrem Charakter nach ist sie im Sinne eines Langzeitgedächtnisses zu interpretieren. Vgl. dazu auch Winkelmann, P. (2000), S. 391; Corsten, H. (1996), S. 355.
174
Diese Überlegung beruht darauf, daß die Vergangenheitswerte entsprechend ihres Alters eine abnehmende
Bedeutung für die Berechnung des Prognosewertes besitzen. So fließen jüngere Vergangenheitswerte mit einem höheren Gewicht in die Berechnung ein, während ältere Werte mit einem geringeren Gewicht berücksichtigt werden. Vgl. Corsten, H. (1996), S. 355; Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3552.
175
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 846 f.
176
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3552.
42
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
letzten Prognose festgelegt wird.177 Die Berechnungsvorschrift für das Verfahren der exponentiellen Glättung zeigt Abbildung 8.178
ŷ t +1 = ŷ t + α ⋅ ( y t − ŷ t )
bzw.
ŷ t +1 = α ⋅ y t + (1 − α ) ⋅ ŷ t
mit (0 < α ≤ 1)
Abbildung 8:
ŷ t +1
-
Absatz-Prognosewert für Periode t+1
ŷ t
-
Ehemaliger Absatz-Prognoswert für Periode t
yt
-
Ist-Absatzwert für Periode t
α
-
Glättungsfaktor
Berechnungsvorschrift für die Methode des exponentiellen Glättens
(1. Ordnung)
Quelle: In beispielhafter Anlehnung an Corsten, H. (1996), S. 357.
Die Saisonverfahren eignen sich für die prognostische Berücksichtigung von regelmäßigen
zyklischen Schwankungen einer Zeitreihe im Sinne von sich wiederholenden Abweichungen
der Absatzwerte von einem absatzbezogenen Basisverlauf.179 Bei der Methode der Zeitreihendekomposition erfolgt eine multiplikative Verknüpfung von einzelnen Zeitreihenkomponenten. Die Komponenten setzen sich aus einem langfristigen Trend, mittelfristig zyklischen
Schwankungen, saisonalen Schwankungen und einer irregulären Komponente zusammen.
Diese zu bestimmenden Komponenten stellen die Bestandteile der Zeitreihe dar. Ziel ist es,
mit Hilfe von Saisonindizes die Zeitreihe im ersten Schritt von saisonalen Einflüssen zu bereinigen und im zweiten Schritt sich ergebende, saisonbereinigte Prognosewerte mit Saisonfaktoren, die die saisonale Abweichung einer Zeitreihe von ihrem Durchschnittswert ausdrücken, zu multiplizieren, um saisonal angepaßte Prognosewerte zu ermitteln.180 Eine anspruchvollere und aufwendigere Methodik stellen Verfahren unter Verwendung von Sinus177
Niedrige Werte des Glättungsfaktors implizieren eine stärkere Berücksichtigung aktueller Ist-Werte, während Vergangenheitswerte niedriger gewichtet werden. Entsprechend üben bei höheren Werten des Glättungsfaktors weiter zurückliegende Vergangenheitsdaten einen stärkeren Einfluß auf das Prognoseergebnis
aus, während die aktuelleren Ist-Werte dabei mehr vernachlässigt werden. Vgl. Winkelmann, P. (2000), S.
391; Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 847 f.; Pepels, W. (1996), S. 303; Hansmann, K.-W.
(1993), Sp. 3552 f.
178
Die dargestellte Berechnungsvorschrift entspricht in ihrer Grundform der exponentiellen Glättung 1. Ordnung. Für Zeitreihen mit einem trendartigen Verlauf sind Glättungen höherer Ordnung erforderlich. Vgl.
Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 850; Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3553. So ist beispielsweise bei vorliegenden linearen Trends eine Glättung zweiter Ordnung durchzuführen, bei der neben der
Vorgehensweise im Rahmen der Glättung 1. Ordnung eine zusätzliche Glättung von Schätzwerten vorzunehmen ist. Über Differenzermittlung zwischen beiden Glättungsreihen kann dann eine Trendkorrektur vorgenommen werden. Vgl. Corsten H. (1996), S. 358 - 361.
179
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3553; Corsten, H. (1996), S. 363.
180
Dazu sowie zu den Verfahrensschritten bei der Zeitreihendekomposition vgl. Corsten, H. (1996), S. 363 f.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
43
Funktionen zur Abbildung der Saisonkomponente dar. Bei diesen Verfahren werden die Zeitreihen aus dem Zeitbereich in einen Frequenzbereich überführt. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, verschiedene überlappende Saisonzyklen zu identifizieren und ihre Zykluslängen zu
bestimmen.181
Bei den langfristigen Prognoseansätzen werden insbesondere Trend- und Wachstumsfunktionen angewendet. Diese Funktionen unterscheiden sich bezüglich der Art und des Verlaufs des
abzubildenden Trends. Mit Hinsicht auf stetig wachsende bzw. auch fallende Trendfunktionen können lineare und nicht-lineare Trendverläufe, beispielsweise die exponentiellen sowie
die parabolischen Trends, unterschieden werden. Für Trendverläufe mit unterstelltem Sättigungsniveau finden logistische sowie sogenannte Gompertz-Funktionen ihre Anwendung.182
Bei der linearen Trendextrapolation wird eine lineare Entwicklung der zugrunde liegenden
Zeitreihe unterstellt. Die Veränderung der Absatzwerte ist hier konstant.183 Bei diesem Ansatz
sind die Funktionsparameter der Anpassungsgleichung so festzulegen, daß die Summe der
quadrierten Abweichungen zwischen den realisierten Ist-Absatzwerten und den durch die
Trendfunktion bestimmten Prognosewerten möglichst klein ist.184 Mit einer derart ermittelten
Funktionsgleichung (siehe Abbildung 9) können die künftigen Zeitreihenwerte prognostiziert
werden. Dazu sind die gewünschten Zeitpunkte als Definitionswerte in die Trendfunktion einzusetzen, und die entsprechenden Elemente des Wertebereichs zu bestimmen.
Existiert zwischen den Dimensionen Zeit und den Absatzwerten kein linearer Zusammenhang, muß auf nicht-lineare Trendfunktionstypen zurückgegriffen werden. Dabei besteht das
Erfordernis, daß der gewählte Funktionstyp die Art des Zusammenhangs zwischen den Variablen Zeit und Bedarf bzw. Absatz richtig wiedergibt, da sich sonst systematisch fehlerhafte
Prognosen einstellen.185 Für stetig steigende bzw. fallende Trendverläufe existieren eine Vielzahl möglicher Funktionstypen, von denen hier nur beispielhaft die exponentiellen und parabolischen Trendfunktionen kurz betrachtet werden. Charakteristisches Merkmal für exponentielle Trendfunktionen ist die konstante relative Zuwachsrate pro Zeiteinheit.186 Die Funktionsparameter der Anpassungsgleichung (siehe Abbildung 9) lassen sich über Logarithmierung und anschließende partielle Differenzierung sowie durch weitere Auflösung der Differenzierungsgleichungen ermitteln.187 Parabolische Trendverläufe werden durch Polynome
zweiten oder auch höheren Grades beschrieben, wobei die mathematische Komplexität und
181
Zu diesen Ansätzen vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3554.
182
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 304.
183
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 843.
184
Dieses auch als “Kleinste-Quadrate-Methode“ bezeichnete Vorgehen findet bei der einfachen Regressionsanalyse seine Anwendung. Die lineare Trendrechnung stellt in diesem Zusammenhang eine Verwendungsform dieses Analyseansatzes dar, bei der nur die Zeit als unabhängige Variable eingeht. Vgl. Hansmann,
K.-W. (1993), Sp. 3554.
185
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 65.
186
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 850; Pepels, W. (1996), S. 304.
187
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 843, 850.
44
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
die Auswirkungen zufälliger Störeinflüsse mit zunehmender Gradzahl steigen.188 Die allgemeine Funktionsgleichung für eine Parabelfunktion 2. Grades ist aus Abbildung 9 ersichtlich.
Lineare Trendfunktion:
ŷ t = a + b ⋅ t
Exponentielle Trendfunktion:
ŷ t
-
Über Trendfunktion bestimmter Prognosewert für t
a , b, c
-
Zu bestimmende Funktionsparameter
ŷ t = a ⋅ b
t
-
Beobachtungszeitpunkt/-periode (t = 1, ..., T)
t
Parabolische Trendfunktion (2. Grades):
ŷ t = a + b ⋅ t + c ⋅ t 2
Abbildung 9: Beispiele für Trendfunktionen ohne Sättigungsniveau
Quelle: In beispielhafter Anlehnung an Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 843, 850, 851.
Trendfunktionen mit Sättigungsniveau, die auch als Wachstums- bzw. Sättigungsmodelle bezeichnet werden, liegt die Annahme zugrunde, daß wirtschaftliche Wachstumsprozesse in der
Regel nicht unbegrenzt sind und demzufolge mit einer reduzierten Aufnahmefähigkeit eines
Absatzmarktes im Zeitablauf zu rechnen ist.189 Derartige Trendfunktionen zeichnen sich durch
einen s-förmigen Verlauf aus.190 Der Verlauf einer Zeitreihe wird bei diesen Trendfunktionen
durch zwei entgegengesetzt gerichtete Komponenten bestimmt. Sie ergeben sich einerseits
aus dem proportionalen Verlauf des zu einem Zeitpunkt erreichten Niveaus und andererseits
aus dem Abstand zwischen erreichtem Niveau und dem absoluten Sättigungswert.191 Wird bei
der Abstands- bzw. Differenzbetrachtung ein linearer Ansatz verwendet, bezeichnet man diese Sättigungsmodelle als logistische Funktionen. Wird hingegen eine logarithmische Differenzbetrachtung vorgenommen liegen Gompertz-Funktionen zugrunde.192 Die Funktionsverläufe unterscheiden sich dahingehend, daß logistische Funktionen bis zum Wendepunkt progressiv steigen und anschließend bis zum absoluten Sättigungspunkt degressiv wachsend verlaufen. Diese Symmetrie ist bei der Gompertz-Funktion nicht gegeben. Sie verläuft im Vergleich zur logistischen Funktion zunächst steiler, durchläuft früher ihren Wendepunkt, erfährt
anschließend ein relativ langes, fast lineares Wachstum und paßt sich nur langsam dem Sätti-
188
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 66.
189
Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 154.
190
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 852.
191
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 304; Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3557.
192
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3557.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
45
gungsniveau an.193 Die allgemeinen Funktionsgleichungen beider Wachstumsmodelle sind in
Abbildung 10 dargestellt.
Logistische Funktion:
ŷ t =
s
(1 + e
− a ⋅s⋅ t − c
)
Gompertz-Funktion:
ŷ t
-
Über Trendfunktion bestimmter Prognosewert für t
s, a , c
-
Zu bestimmende Funktionsparameter
t
-
Beobachtungszeitpunkt/-periode (t = 1, ..., T)
ŷ t = s ⋅ e − e − a ⋅t −c
Abbildung 10: Beispiele für Trendfunktionen mit Sättigungsniveau
Quelle: In beispielhafter Anlehnung an Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3557.
Die Güte der mit Hilfe von Entwicklungsmodellen erstellten Bedarfs- bzw. Absatzprognosen
hängt folglich neben der Qualität des zugrunde liegenden Datenmaterials194 wesentlich von
der unterstellten Gültigkeit der Zeitstabilitätshypothese, d. h. der Unterstellung, daß das
gleichförmige Verhalten des Ursachensystems in der Vergangenheit auch für die Zukunft zutrifft, ab.195 Die zeitliche Extrapolation von vergangenen und gegenwärtigen Daten erscheint
ohne eine Berücksichtigung ursächlicher Einflußgrößen als problematisch.196 Insbesondere bei
den Trendverfahren wird die Prognosegüte zusätzlich durch die Wahl des auf das vorliegende
Datenmaterial anzuwendenden Funktionstyps und ihrer tatsächlichen Realitätsentsprechung
bestimmt.197
Wirkungsmodelle
Wirkungsmodelle umfassen Verfahren, bei denen die Entwicklung des zu prognostizierenden
Parameters auf den Einfluß anderer Variablen zurückzuführen ist. Diese kausalen Beziehungen lassen sich für Prognosen nutzen.198 Dabei kann die grundsätzliche kausale Beziehung
zwischen den Variablen nur auf Basis logischer Entscheidungen erfolgen bzw. mit Hilfe von
fachwissenschaftlichen Theorien festgestellt werden. Mit mathematisch-statistischen Verfah-
193
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 852; Pepels, W. (1996), S. 304.
194
Vgl. Rafée, H. (1989), S. 146.
195
Vgl. Wild, J. (1982), S. 93 f.
196
Vgl. Gisholt, O. (1976), S. 97.
197
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 65; Barzen, D. (1990), S. 229.
198
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3558.
46
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
ren können auf der Grundlage dieser unterstellten Kausalität, die formalen Zusammenhänge
und das Ausmaß von Abhängigkeiten analysiert werden.199
Je nach Beeinflußbarkeit der zugrunde liegenden erklärenden Variablen durch das Unternehmen können Indikatormodelle und Wirkungsmodelle i. e. S mit ökonometrischer Ausrichtung
unterschieden werden. Indikatormodelle sind kausale Prognoseverfahren, bei denen die Entwicklung der prognostizierten Bedarfs- bzw. Absatzhöhe auf eine oder mehrere vom Unternehmen nicht beeinflußbare Variablen, den sogenannten Indikatoren, zurückgeführt werden
kann.200 Für Indikatormodelle werden als erklärende Variablen hauptsächlich makroökonomische Größen wie z. B. Bruttosozialprodukt, Volkseinkommen, Auftragseingänge etc.
sowie soziodemographische bzw. -ökonomische Variablen, beispielsweise Bevölkerungsentwicklung, Haushaltsstruktur, Haushaltseinkommen etc., verwendet.201 Die Auswahl eines
Indikators basiert auf der Suche nach einer Variablen, deren Zeitreihe eine möglichst gleichförmige und zeitlich vorlaufende Entwicklung im Vergleich zur Zeitreihe der zu prognostizierenden Bedarfs- bzw. Absatzhöhe besitzt, so daß im Ergebnis über den Indikator auf die Bedarfs- bzw. Absatzmenge geschlossen werden kann.202
Bei ökonometrisch ausgerichteten Wirkungsprognosen werden die zu prognostizierenden Bedarfs- bzw. Absatzgrößen primär in Abhängigkeit von unternehmensbeeinflußbaren Aktionsparametern hinsichtlich ihrer Auswahl und Intensität bestimmt.203 Ziel ist es, existierende Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzudecken, in funktionaler Form zu spezifizieren und für eine prognostische Vorhersage zu nutzen.204 Dazu sind Hypothesen über Wirkungszusammenhänge zu formulieren, bei deren Aufstellung theoretisches Wissen und Erfahrungen über die
Beziehungsstruktur der Variablen mit einfließen.205 Als erklärende Variable können neben unternehmensbezogenen Aktions- und Handlungsparametern auch externe Kontextfaktoren ein199
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 305; Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3558. Zu Inhalt und Anwendung multivariater
statistischer Verfahren vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 774 ff.; Backhaus, K. et al.
(1996).
200
Vgl. Pepels, W. (1996), S. 305.
201
Vgl. Meffert, H./Steffenhagen, H. (1977), S. 78 ff.
202
Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 160. Ein Beispiel hierfür ist der Geschäftsklimaindex des IFO-Instituts für die
verarbeitende Industrie in Deutschland, der als Leitindikator für den zu erwartenden Umsatz in diesem Industriesektor fungiert und die Geschäftserwartungen für die jeweils nächsten sechs Monate widerspiegelt.
Vgl. Hansmann, K.-W. (1993), Sp. 3558. Speziell bei branchenbezogenen Prognoseaspekten kommt Indikatoransätzen praktische Bedeutung zu, da sie die konjunkturellen Komponenten von Zeitreihen, insbesondere
ihre Auf- und Abschwünge, berücksichtigen. Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 160.
203
Vgl. Pepels, W. (1999), S. 306.
204
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 230 f. Bei der Betrachtung wirkungsspezifischer Problemstellungen kann zwischen verhaltenswissenschaftlichen und ökonomisch interpretierten Forschungsansätzen differenziert werden. Sie unterscheiden sich insbesondere durch das vom Konsumenten geprägte Bild. Während die verhaltenswissenschaftliche Wirkungsforschung nach Gesetzmäßigkeiten und Mustern sucht, die die Reaktion von
Kunden auf Stimuli, beispielsweise Marketing- und Vertriebsaktivitäten, bestimmen, wird in der ökonomischen Interpretation der Wirkungsforschung eine globalere Außensicht eingenommen, bei der die Handlungsweisen der Kunden durch die Vielfalt und Intensität von Aktionsparametern unter Berücksichtigung
von marktlichen Kontextfaktoren bestimmt sind. Vgl. Kaas, K.P. (1990), S. 493.
205
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 230.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
47
bezogen werden.206 Die Beziehung zwischen einer oder mehreren erklärenden und einer unabhängigen Variablen wird dabei über Marktreaktionsfunktionen abgebildet.207 Für die Modellierung stehen verschiedene Varianten zur Verfügung, die saisonale Komponenten, Sättigungseffekte, Verbundwirkungen, Verzögerungseffekte und Konkurrenzeinflüsse berücksichtigen können.208 Auf Basis dieser Wirkungsfunktionen kann durch Simulationen der
Einflußgrößen analysiert werden, inwiefern die Absatzprognosen bei unterschiedlichen Parameterkonstellationen variieren.209
Wirkungsmodelle besitzen gegenüber den Entwicklungsmodellen für die Bedarfs- und Absatzprognose Vorteile, da sie für die Entwicklung von Absatz- und Bedarfsgrößen nicht auf
die Zeit als erklärende Variable zurückgreifen, sondern kausale Beziehungen berücksichtigen.
Dabei können nicht nur unternehmensinterne, sondern auch externe Beeinflussungsmöglichkeiten einbezogen werden. Die Güte von Wirkungsmodellen wird dabei von der Wahl des
zugrunde liegenden Funktionstyps mit seinen einzubeziehenden Modellvarianten sowie vom
historischen Datenmaterial wesentlich beeinflußt.210 Problembehaftet ist bei diesen Ansätzen
hauptsächlich die zeitliche Zuordnung von Absatzwirkungen. Diese Schwierigkeiten werden
bei Verwendung mehrerer instrumenteller Erklärungsvariablen um die instrumentelle Zurechenbarkeit von Wirkungen noch verschärft.211
3.2.1.2.3
Zusammenfassende Bewertung
Die subjektiven Schätzverfahren liefern ein methodisches Vorgehen zur Abschätzung von zukünftigen Bedarfs- und Absatzsituationen. Dieses Vorgehen erstreckt sich dabei jedoch entweder auf die organisatorische Form der Erarbeitung oder auf die Beschreibung eines abstrakten Vorgehens unter Berücksichtigung eines allgemeinen Denkansatzes. Die tatsächlich erarbeiteten Ergebnisse unterliegen daher einer starken Subjektivität, die von den Kenntnissen
und Erfahrungen der beteiligten Personen abhängig ist. Im Bereich der mathematisch206
Als erster Versuch einer entsprechenden Modellentwicklung kann die klassische Preistheorie gesehen werden, bei der der gewinnmaximale Preis und die korrespondierende Absatzmenge von der Preis-AbsatzFunktion bei entsprechender Berücksichtigung der Marktform und gegebener Kostenfunktion abhängt. Im
Rahmen von marginalanalytischen Betrachtungen würden diese Ausgangspunkte unter Beachtung von Budget- bzw. Kostengrößen als marketing- und vertriebsrelevante Entscheidungstatbestände im Sinne von PreisAbsatz-Budget-Funktionen erweitert. Vgl. Klenger, F./Krautter, J. (1972), S. 12 f.
207
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 637; Hruschka, H. (1996), S. 16 f. Zur Modellierung
der Marktreaktionsfunktionen wird sich in der Regel je nach Anzahl der einbezogenen erklärenden Variablen
der einfachen oder multiplen Regressionsanalyse bedient. Diese Ansätze dienen der Parametrisierung der
Wirkungsfunktion. Über die anschließende Verwendung von Testverfahren wird der Erklärungsgehalt des
aufgestellten Funktionsmodells überprüft. Vgl. dazu Barzen, D. (1990), S. 234 f.
208
Zu den einzelnen Ansätzen und Ausgestaltungsformen von Marktreaktionsfunktionen vgl. Nieschlag,
R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 637 - 642; Hruschka, H. (1996), S. 16 - 35; Barzen, D. (1990), S. 235
- 239. Zu Ansätzen zur Operationalisierung von Interaktionen zwischen Unternehmensinstrumenten auf Basis von Marktreaktionsfunktionen vgl. Hruschka, H. (1996), S. 64 - 73.
209
Vgl. Backhaus, K. (1999), S. 157.
210
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 239.
211
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 643, 892.
48
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
statistischen Verfahren setzen die Entwicklungsmodelle lediglich die Zeit als Bezugsgröße
zur Absatzentwicklung. Dieser stark vereinfachende Ansatz bietet für eine kundenindividuelle
Bedarfsprognose ein nur sehr begrenztes Unterstützungspotential, da hier Ausgleichseffekte
wie bei einer aggregierter Absatzabschätzung nicht auftreten. Die Betrachtung ursächlicher
Bedarfsfaktoren erfolgt bei diesen Ansätzen nicht. Einen diesbezüglichen Vorteil bieten die
Modelle der Wirkungsprognose, da hier Kausalzusammenhänge explizit berücksichtigt werden. Es bestehen bei diesen Ansätzen jedoch dahingehend Freiheitsgrade, welche Faktoren in
einer konkreten Anwendungssituation zu berücksichtigen sind. Die Modellierung eines Wirkungszusammenhangs als stetige Funktion vernachlässigt zusätzlich mögliche individuelle
Bedarfsunterschiede im Zeitablauf. Von der konkreten Bedarfssituation von Kunden wird
abstrahiert. Diese vereinfachende Modellierungssicht wird den aufgestellten Anforderungen
einer individualisierten Bedarfsbestimmung und Absatzschätzung unter Wahrscheinlichkeitsaspekten nicht gerecht.
3.2.2
Ansätze zur Erstellung von Vertriebsbudgets
Budgetierung bezeichnet die Aufstellung eines in wertmäßigen Größen formulierten Planes
mit Vorgabecharakter, der für bestimmte Unternehmensbereiche innerhalb eines definierten
Zeithorizonts verbindlich ist.212 In bezug auf die Vertriebsbudgetierung bedeutet dies, daß ein
zur Zielerreichung notwendig erachtetes Kostenbudget213 für alle Vertriebsaktivitäten festzulegen ist.214 Über die zielgerichtete Zuordnung von Plan-Kosten-Größen mit Vorgabecharakter
zu einzelnen Vertriebs- bzw. vertrieblichen Aufgabenbereichen wird eine Steuerung der Vertriebsaktivitäten im Sinne einer Allokation von Vertriebsressourcen unterstützt.215 Dabei besteht zwischen dem Vertriebsbudget und den zu erzielenden Umsätzen das Spannungsverhältnis, daß über den Einsatz der Vertriebsressourcen ein adäquater Umsatz im Sinne einer
Kausalbeziehung generiert werden soll und gleichzeitig der damit verbundene kostenmäßig
abgebildete Ressourcenverzehr den aus den Umsätzen generierten Erfolgsbeitrag (Umsätze
abzüglich Vertriebskosten) schmälert. Die damit verbundene Problemstellung zielt auf die optimale Zusammensetzung und Intensität der Vertriebsaktivitäten ab, um die zugrunde liegende
212
Vgl. Weber, J. (1995), S. 132.
213
Neben Kostenvorgaben können sich Budgets auch auf absatzbezogene Leistungsgrößen wie Umsatz, Gewinn, Deckungsbeitrag etc. beziehen. Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 886. Im folgenden wird jeweils nur auf Kostenbudgets abgestellt. Die prognostische Betrachtung von Absatzgrößen erfolgt in Kapitel 3.2.1. Die grundsätzlich bestehende Problematik der Vertriebsbudgetierung, vgl. dazu auch
die folgenden Ausführungen, bleibt davon unberührt.
214
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 176. Dabei ergeben die Teil- bzw. Unterbudgets von Bezugsbereichen mit
niedrigerem Aggregationsniveau ein Gesamtbudget höheren Aggregationsniveaus. Je nach Budgetierungsrichtung kann entweder eine Verdichtung von Teilbudgets zu einem Gesamtbudget (Bottom-Up-Ansatz) oder eine Ableitung von Teilbudgets aus einem vorgegebenen Gesamtbudget (Top-Down-Ansatz) erfolgen.
Eine Mischung beider Ansätze führt zum sogenannten Gegenstromverfahren, das versucht, die Vorteile beider Ansätze zu verbinden und die Nachtteile abzuschwächen. Zum Vorgehen sowie zu Vor- und Nachteilen
der Ansätze vgl. Weber, J. (1995), S. 134 - 137.
215
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 177. Zu weiteren Budgetfunktionen vgl. Barzen, D. (1996), S. 12 - 15.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
49
Erfolgsgröße, als Differenz zwischen erzielten Umsätzen und eingesetzten Vertriebskosten,
möglichst zu maximieren.216
Für die Bestimmung von Budgetgrößen im Vertrieb stehen mehrere Budgetierungsansätze zur
Verfügung. Dabei sind insbesondere Prozentsatz-Methoden, die Wettbewerbs-ParitätsMethode, die „All you can afford“-Methode, die Ziel-Aufgaben-Kosten-Methode, die „Return
on Investment“-Methode sowie marginalanalytische Ansätze zu unterscheiden.217
Bei den Prozentsatzmethoden wird die Höhe des Budgets als fester prozentualer Anteil einer
Bezugsgröße ermittelt.218 Um das anteilige Verhältnis zwischen Budgethöhe und Bezugsgröße
zu bestimmen, wird auf Vergangenheitswerte der Bezugsgröße zurückgegriffen. Dabei können ein- oder mehrperiodische Betrachtungen im Sinne einer Durchschnittsbildung erfolgen.
Die Festlegung des zukünftigen Budgets für eine Planungsperiode geschieht bei diesem Ansatz über eine Proportionalisierung der Budgethöhe entsprechend der prognostizierten Höhe
der Bezugsgröße unter Berücksichtigung der festen vergangenheitsorientierten Relation zwischen Budgethöhe und Höhe der Bezugsgröße.219 Die Prozentsatzmethoden zeichnen sich
durch eine einfache Handhabbarkeit aus und unterstellen in ihrer Grundidee einen Kausalzusammenhang zwischen Bezugsgröße und Budget, wobei die Budgethöhe in Abhängigkeit von
der Bezugsgröße festgelegt wird. Bei diesem unterstellten Kausalzusammenhang bleiben
wichtige Einflußgrößen wie Bedarfssituation am Markt sowie die Intensität der Aktivitäten
von Wettbewerbern im Sinne eines antizyklischen Verhaltens unberücksichtigt. Gleichzeitig
wird durch die Fixierung des Budget-Bezugsgrößen-Verhältnisses vernachlässigt, in welchem
Umfang Ineffizienzen im Bereich der Vertriebsaktivitäten existieren.220
Die Wettbewerbs-Paritäts-Methode stellt auf die explizite Berücksichtigung der Vertriebsaktivitäten der Wettbewerber ab. Diese Methode beruht auf der Festsetzung des eigenen Vertriebsbudgets in Abhängigkeit von der Budgethöhe der Wettbewerber. Dem Ansatz liegt das
Denkmodell zugrunde, daß sich das Umsatzvolumen des Gesamtmarktes entsprechend der
Budgethöhen der einzelnen im Markt agierenden Unternehmen auf diese verteilt. Dies impliziert im Sinne eines ausgeglichenen „Kräfteverhältnisses“, daß sich die Veränderung des eigenen Vertriebsbudgets direkt proportional zu der Entwicklung der Vertriebsbudgets der
216
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 177.
217
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 889; Barzen, D. (1990), S. 173 ff.; Goehrmann, K.E.
(1984), S. 53 ff.
218
Als Bezugsgrößen lassen sich beispielsweise Umsatz, Deckungsbeitrag, Gewinn, Marktanteile verwenden.
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 175. Insbesondere die Orientierung am Umsatz besitzt in der Praxis eine weite
Verbreitung. Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 179.
219
Vgl. Goehrmann, K.E. (1984), S. 53.
220
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 179; Goehrmann, K.E. (1994), S. 53 f.
50
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Wettbewerber221 verhalten muß, um zumindest den bestehenden Marktanteil zu halten. Bei der
Steigerung des Marktanteils ist eine entsprechende überproportionale Anhebung des eigenen
Budgets erforderlich.222 Anwendungsprobleme ergeben sich insbesondere in der Bestimmung
des zukünftigen Vertriebsbudgets der Wettbewerber. Gleichzeitig wird bei diesem Ansatz unterstellt, daß den einzelnen Budgets der Marktteilnehmer die gleiche inhaltliche Qualität und
Quantität der Vertriebsaktivitäten zugrunde liegt. Das dürfte wohl in den wenigsten Fällen
gegeben sein.223
Bei der Anwendung der „All you can afford“-Methode ergibt sich das Budget als Residualgröße aus dem zu erwartenden Umsatz abzüglich eines Plangewinns und aller weiteren Unternehmenskosten.224 Das so ermittelte Budget stellt die Kostenhöhe dar, von der ein Unternehmen ausgeht, es sich leisten zu können.225 Dieser in seiner Form einfache Ermittlungsansatz ist durch mehrere inhaltlich-methodische Schwächen gekennzeichnet. Zum einen wird
die kausale Beziehung zwischen Vertriebsbudget und Umsatz vernachlässigt, da der PlanUmsatz ex ante existiert und aufgrund der Ermittlungsvorschrift für das Vertriebsbudget als
unabhängige Größe angesehen wird.226 Gleichzeitig wird die Höhe des Vertriebsbudgets durch
die anderen Unternehmenskosten beeinflußt, so daß es im Extremfall möglich ist, aufgrund
der bestehenden anderen Unternehmenskosten keine Budgetvergabe für den Vertriebsbereich
vorzunehmen, um den Plangewinn zu erreichen.227 Weiterhin bietet diese Methode keine
Möglichkeit, die Effektivität und Effizienz der Vertriebsaktivitäten zu bewerten.
Ausgangspunkt der Ziel-Aufgaben-Kosten-Methode ist die Betrachtung der spezifischen Zielsetzung des Vertriebsmanagements. Darauf aufbauend, sind die Vertriebsaktivitäten zu ermitteln und zu bewerten, die auf Basis von Wirkungsbeziehungen geeignet erscheinen, die spezifischen Zielsetzungen zu erreichen. Anschließend wird für die ausgewählten Aktivitäten der
dazu notwendige Ressourcenverzehr bestimmt und im Sinne eines Bottom-Up-Vorgehens zu
einem Gesamtvertriebsbudget verdichtet. Übersteigen die ermittelten Kosten die Finanzierbarkeit, sind entsprechende Anpassungen im Zielsystem vorzunehmen, und der dargestellte
Prozeß vollzieht sich erneut.228 Die Ziel-Aufgaben-Kosten-Methode stellt einen methodisch
ausgereifteren Ansatz dar, da hier die sachlogische Kausalbeziehung zwischen Vertriebsbudget und zu erzielendem Umsatz berücksichtigt wird. Gleichzeitig werden die spezifischen
221
BARZEN schlägt in diesem Zusammenhang eine Orientierung am stärksten Wettbewerber vor. Vgl. Barzen,
D. (1990), S. 176.
222
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 180 f.
223
Vgl. Goehrmann, K.E. (1984), S. 54.
224
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 180.
225
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 889.
226
Dabei besteht insbesondere die Gefahr von prozyklischem Verhalten. Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 180;
Barzen, D. (1990), S. 176.
227
Somit wird der Dominanz eines absatzseitigen Minimumsektors keine Rechnung getragen. Zum Ausgleichsgesetz der Planung vgl. Gutenberg, E. (1983), S. 163 - 165.
228
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 180; Bruhn, M. (1997), S. 276 f.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
51
Zielsetzungen des Vertriebsmanagements systematisch in diesen Evaluationsprozeß einbezogen. Problematisch erscheint hingegen die konkrete praktische Anwendung, da bei der kontextabhängigen Ausgestaltung dieses Ansatzes erhebliche inhaltliche Freiräume existieren,
die sich nur bei Zugrundelegung eines umfassenden theoretischen Ansatzes und unter analytischer Berücksichtigung instanzierter Wirkungsfunktionen ausgestalten lassen.229
Die „Return on Investment“-Methode versucht, investitionstheoretische Aspekte bei der Bestimmung des Vertriebsbudgets einfließen zu lassen. Dabei wird der Teil der Vertriebskosten
als Investition betrachtet, dessen Wirkung sich erst in späteren Perioden niederschlägt.230 Bewertungsmaßstab dieser Investitionen ist der angestrebte Return on Investment (ROI) als Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Die Vertriebskosten werden zusammen mit anderen Unternehmensinvestitionen im Rahmen einer Investitionsrechnung bestimmt und in Abhängigkeit
von angestrebten ROI festgelegt.231 Problematisch erscheint bei der Trennung der Kosten hinsichtlich ihres zeitlichen Wirkungsbezugs insbesondere die zeitliche und wertmäßige Prognose der Umsatzwirkung. Unklar bleibt bei diesem Ansatz weiterhin, inwieweit durch das Vorgehen Kausalbeziehungen berücksichtigt werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob bei investitionstheoretischer Betrachtung die Verwendung des ROI als Zielgröße für dynamische
Überlegungen geeigneter erscheint als Kapitalwert- bzw. interne Zinsfußansätze.
Marginalanalytische Ansätze führen Budgetentscheidungen auf Basis von modellierten
Marktreaktionskurven durch.232 Sie stellen ein methodisches Bindeglied zwischen Budgetbestimmung und Absatzprognose dar.233 Dabei wird über Grenzkosten und Grenzerlösbetrachtungen versucht, den Gewinn zu maximieren.234 Entsprechend der zugrunde liegenden Modellintention existieren eine Vielzahl von Ansätzen, die durch Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte und Einbezug verschiedener Marketing- und Vertriebsinstrumente versuchen,
die beobachtbaren und als relevant erachteten Facetten einer komplexen Realität abzubil-
229
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 177 f.
230
Als Beispiele werden insbesondere Weiterbildungs- und Schulungskosten für Vertriebsmitarbeiter sowie Aktivitäten im Bereich Neukundengewinnung aufgeführt. Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 182.
231
Vgl. Goehrmann, K.E. (1984), S. 55. Obwohl die Relevanz von Budgetanalysen von Führungskräften in Unternehmen als sehr hoch eingeschätzt wird, finden sich durch Vertriebs- bzw. Marketingziele beeinflußte
Ansätze in der deutschen Praxis relativ selten. Vgl. Reinecke, S./Tomczak, T. (2001), S. 80 f.
232
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 179.
233
Die explizite Berücksichtigung von funktionalen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zwischen Budgetgröße und Absatzwirkung kann zum einen für die Bestimmung von Budgetgrößen verwendet werden und
gleichzeitig durch die funktionale Verknüpfung für die Prognose von Absatzgrößen ihre Anwendung finden.
Zur Verwendung von Marktreaktionsfunktionen für Prognosezwecke vgl. auch die Ausführungen in Kapitel
3.2.1.2.2.
234
Vgl. Goehrmann, K.E. (1984), S. 55.
52
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
den.235 Kennzeichnend für Partialansätze ist, daß sie sich jeweils nur auf einige als wesentlich
erachtete Einflußgrößen konzentrieren und zum Teil auf realitätsentfernten Annahmen beruhen. Komplexere Modelle sind hingegen durch eine geringe Anwenderfreundlichkeit und
durch Datenbereitstellungsprobleme gekennzeichnet.236
Zusammenfassende Bewertung
Die dargestellten Konzepte stellen bis auf die marginalanalytischen Ansätze und die ROIMethode lediglich grobe Heuristiken zur Budgetbestimmung dar. Die Ziel-Aufgaben-KostenMethode bietet einen methodischen Orientierungsrahmen zur Budgetbestimmung, läßt jedoch
für eine konkrete Umsetzung wesentliche inhaltliche Punkte offen. Die übrigen Ansätze verwenden Vergleichsmaßstäbe, die zwar intuitiv verständlich sind, aber für die Effizienzbeurteilung der eigenen Kundenbearbeitung wenig oder keine Ansatzpunkte bieten. Ein spezifiziertes Vorgehen liefert der ROI-Ansatz indem investitionstheoretische Kalküle einbezogen werden. Die Bestimmung der erwarteten Absätze bleibt jedoch unbeantwortet. Die marginalanalytischen Ansätze bieten zwar ein sehr formales Unterstützungsinstrument, die damit verbundene Abstraktion in Verbindung mit der Verwendung stetiger Wirkungsfunktionen entsprechen jedoch nicht den Anforderungen an das Planungsmodell hinsichtlich der Berücksichtigung kundenindividueller Bedarfs- und Transaktionsmerkmale. Die Bestimmung des Vertriebsbudgets erfolgt hier nur in aggregierter Form auf Basis der unterstellten Wirkungen der
einbezogenen Instrumente bzw. Maßnahmen.
3.2.3
Ansätze zur Kundenbewertung
Im Rahmen der vertrieblichen Kundenbewertung erfolgt eine Beurteilung von Kunden nach
Wichtigkeitsmaßstäben.237 Dieses Vorgehen begründet sich daraus, daß nicht alle Kunden die
gleiche Attraktivität aus Unternehmenssicht besitzen müssen. Um eine möglichst hohe Profitabilität aus der Geschäftstätigkeit zu erzielen ist es notwendig, daß jeder Kunde nur die seiner Bedeutung entsprechende Aufmerksamkeit von dem Unternehmen erhält.238 Unter Beachtung dieser unterschiedlichen Wertbeiträge läßt sich der kundenbezogene zukünftige Ressourceneinsatz unter Effizienzgesichtspunkten steuern. Gleichzeitig bieten sich Anknüpfungs235
Für eine inhaltliche Übersicht zu analytischen Ansätzen vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997),
S. 637 - 642; Barzen, D. (1990), S. 178 - 185. Beispielhaft sei hier nur auf das grundlegende Modell von
DORFMAN/STEINER zur optimalen Budgetbestimmung (Vgl. Dorfman, R./Steiner, P.O. (1954).), auf den
Ansatz von KOYCK bzw. VIDALE/WOLFE zur Modellierung von zeitlichen Wirkungsverzögerungen
(Vgl. Koyck, L.M. (1954); Vidale, M.L./Wolfe, H.B. (1957).), auf das Modell von WEINBERG zur Abbildung von Konkurrenzeinflüssen (Vgl. Weinberg, R.S. (1960).) sowie auf den Ansatz von SEBASTIAN zum
Diffusionsverhalten neuer Gebrauchsgüter (Vgl. Sebastian, H.K. (1985).) verwiesen. Weitere Ansätze für
Reaktionsfunktionen des Umsatzes in Abhängigkeit von der Besuchstätigkeit des Vertriebs finden sich bei
ALBERS. Vgl. Albers, S. (1989), S. 104 - 111.
236
Vgl. Barzen, D. (1990), S. 180.
237
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 193.
238
Vgl. Helm, S./Günter, B. (2001), S. 14. Zum Begriff der Kundenfokussierung in diesem Zusammenhang vgl.
Homburg, C./Werner, H. (1998), S. 20.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
53
punkte für die „Optimierung“ der eigenen Kundenstruktur.239 Gegenstand der Ansätze zur
Kundenbewertung ist die Analyse der von einem Anbieter wahrgenommenen Wertbeiträge
seiner Kunden zur Erreichung seiner Ziele.240
Die existierenden Ansätze lassen sich hinsichtlich ihres Zeitbezugs unterscheiden. Zeitpunktbezogene Modelle werden dabei unter den statischen Ansätzen, mehrperiodische zeitraumbezogene Modelle unter den dynamischen Ansätzen zusammengefaßt.
3.2.3.1
Statische Ansätze
3.2.3.1.1
ABC-Umsatzanalyse
Die ABC-Analyse stellt ein in der Praxis beliebtes Instrument zur Klassifizierung von Kunden nach ihrer Umsatzbedeutung dar.241 Sie ist ein einfaches Hilfsmittel, um beliebige
zugrunde liegende Verteilungsstrukturen zu analysieren.242 Grundintention dieses Ansatzes ist
es, die Intensität der Aufmerksamkeit von Entscheidungsträgern auf Analyseobjekte nach
dem Grad ihrer Beeinflussung der Zielerreichung zu lenken, indem sie die Analyseobjekte
nach ihrer Bedeutung für eine übergeordnete Zielsetzung gruppiert.243 Dabei werden traditionell drei Klassen (A - wichtig, B - weniger wichtig, C - unwichtig) gebildet.244
Im Bereich der ABC-Umsatzanalyse erfolgt eine Reihung der Kunden nach ihren IstUmsatzerlösen.245 Das Vorgehen weißt allgemein die folgenden Schritte auf:246
239
Kritisch merkt KUHLMANN an dieser Stelle an: „Da der Wert eines Kunden unter den Bedingungen dynamischer Märkte keine eindeutig zu ermittelnde bzw. zu prognostizierende Größe ist, läßt sich auch keine
“optimale Struktur“ des gesamten Kundenstamms berechnen. Wichtig ist das permanente Bemühen, mit Hilfe verschiedener Verfahren Unterschiede im Wert der Kunden aufzudecken, um Verbesserungen der Kundenstruktur zu fördern, Verschlechterungen verhindern zu können.“ Kuhlmann, E. (2001), S. 120.
240
Neben der Bestimmung des Kundenwerts aus Sicht eines Anbieters besteht auch die Möglichkeit, den Wert
aus Sicht des Kunden zu konzeptionalisieren. Vgl. dazu Eggert, A. (1999); Anderson, J.C./Narus; J.A.
(1998); Woodruff, R.B./Gardial, S.F. (1996).
241
Einer VDI-Studie zufolge klassifizierten ca. 76 % der betrachteten 219 Unternehmen ihre Kunden nach den
Umsatzhöhen unter Verwendung einer ABC-Analyse. Vgl. Krafft, M./Marzian, S. (1997). Neben dem Absatzbereich findet die ABC-Analyse in weiteren Unternehmensbereichen, beispielsweise in der Materialwirtschaft, ihre praktische Anwendung. Zu den entsprechenden Einsatzmöglichkeiten vgl. Haupt, R. (1996), Sp.
3 f.
242
Vgl. Homburg, C./Daum, D. (1997a), S. 58.
243
Vgl. Weber, J. (1995), S. 200.
244
Dieser Dreiteilung verdankt dieser Ansatz zwar seinen Namen, sie stellt jedoch keine diesbezügliche Einschränkung dar. Wenn die Heterogenität der Kundenstruktur es erfordert, können durchaus mehr als drei
Klassen sinnvoll sein. So schlägt PLINKE beispielsweise einen vierstufigen Ansatz vor. Vgl. Plinke, W.
(1997), S. 129.
245
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 193. Sie bezieht sich somit auf ein monetäres, vergangenheitsbezogenes
Merkmal des Kundenwerts.
246
Zu diesem Vorgehen vgl. stellvertretend Weber, J. (1995), S. 201; Kuhlmann, E. (2001), S. 130; Fließ, S.
(2001), S. 480.
54
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
-
Ermittlung des mit jedem Kunden getätigten Umsatzes, so daß mit hundert Prozent der betrachteten Kunden hundert Prozent des Umsatzes erzielt werden.
-
Erstellung einer vollständigen Rangreihung der Kunden nach ihrem Umsatzwert in absteigender Reihenfolge.
-
Bestimmung des Umsatzanteils eines Kunden am Gesamtumsatz. Dies ist für jeden Kunden durchzuführen.
-
Bestimmung des Anteils eines Kunden in bezug auf die Gesamtkundenzahl. Dies ist für
jeden Kunden durchzuführen.
-
Konstruktion eines Diagramms, dessen Abszisse die Dimension „Kumulierter Kundenanteil“ und dessen Ordinate die Dimension „Kumulierter Umsatzanteil“ enthält.
-
Einordnung der Wertepaare der Kundendaten in Abfolge der Umsatzreihung. Dabei werden jeweils die neu hinzugefügten Werte zu den bereits vorhandenen Werten addiert und
kumuliert abgebildet.
-
Konstruktion eines Graphen durch die Verbindung der als Punkte abgebildeten Wertepaare des Diagramms.
-
Bestimmung der Bedeutungsklassen und Festlegung der Klassengrenzen nach der Konzentration der Verteilungskurve.247
Das Ergebnis dieses Vorgehens ist beispielhaft in Abbildung 11 dargestellt. Der Graph stellt
eine Lorenzkurve dar, die je nach Abweichung von der gedachten Hauptdiagonalen ((0,0);
(100,100)) die Entfernung von einer Umsatzgleichverteilung angibt.248
ABC-Umsatzanalysen liefern keine unangreifbaren Informationen. Schwächen liegen insbesondere in der willkürlichen Aufteilung des Problemfeldes in eine bestimmte Anzahl von
Klassen sowie in der Wahl und Festlegung der Klassengrenzen. Sie liefern in diesem Zusammenhang keine weiteren Handlungsimplikationen, sondern richten den Blick durch wenige
einzuhaltende Verfahrensregeln auf das Wesentliche des zugrunde liegenden Analysebereiches.249 Zugleich kann es durch Umsatzschwankungen dazu kommen, daß Kunden von einer
zur anderen Betrachtungsperiode unterschiedlichen Klassen mit den entsprechenden Auswirkungen auf Bearbeitungsintensität etc. zugeordnet werden.250 Gleichzeitig widerspiegelt der
Umsatz nur eine Seite der Gewinn-Medaille. Aussagen zur Profitabilität können damit nicht
247
Teilweise stellt sich hier das Phänomen der sogenannten „80/20“-Regel ein, wonach zwanzig Prozent der
Kunden achtzig Prozent des Umsatzes generieren. Vgl. Homburg, C./Daum, D. (1997b), S. 395; Plinke, W.
(1997), S. 117.
248
Vgl. Plinke, W. (1997), S. 130 f.
249
Vgl. dazu auch Weber, J. (1995), S. 200, 202 f.
250
Vgl. Fließ, S. (2001), S. 481.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
55
getroffen werden. Durch die Orientierung auf Vergangenheitswerte werden zukünftige Entwicklungstendenzen vernachlässigt.251
Kumulierter
Umsatzanteil
in %
10
100
9
90
C-KunC-Kunden
8
80
B-KunB-Kunden
A-Kunden
-Kun-
20
50
100
Kumulierter Anteil
am Kundenbestand
in %
Abbildung 11: Beispiel einer ABC-Umsatzanalyse
3.2.3.1.2
Kundenerfolgsrechnung
Kundenerfolgsrechnungen werden über Kundendeckungsbeitragsrechnungen realisiert, die in
ihrem Ergebnis kundenbezogene Deckungsbeiträge ausweisen.252 Kerngedanke dieses Ansatzes ist es, dem Kunden oder der Kundengruppe als Bezugsobjekt seine zuzurechnenden Umsätze und sämtliche zuzurechnenden Kosten der Betrachtungsperiode zuzuordnen.253 Im Ergebnis kann daraus der tatsächliche periodisierte Erfolgsbeitrag des Kunden ermittelt werden.254 Diesem Vorgehen liegt die Ansicht zugrunde, daß der monetäre Wert eines Kunden
nur zu bestimmen ist, wenn auch die einem Kunden zuzurechnenden Produktions- und Trans251
Vgl. Winkelmann, P. (1999), S. 117.
252
Vgl. Reichmann, T./Palloks, M. (1997), S. 455. Erfolgsrechnungen für Kunden stellen eine mögliche Ausprägungsform einer Absatzsegmentrechnung dar. Zum Ansatz der Absatzsegmentrechnung vgl. die Ausführungen in Kapitel 3.3.2.1.
253
Bei Berücksichtigung des strengen Verursachungsprinzips bezeichnen die zuzurechnenden Kosten alle Kosten die der Kunde (analog auch für Kundengruppe) durch seine Existenz und Interaktion mit dem Unternehmen hervorgerufen hat, und die entfallen würden, wenn der Kunde nicht existierte. Diese Kosten sind als
Einzelkosten zu betrachten. Vgl. Haag, J. (1992), S. 29. Bei einem weniger strengen Verständnis kann auch
eine prozeßorientierte Kostenzurechnung erfolgen bzw. auch fixe Kosten auf unterschiedlichen Stufen zugerechnet werden. Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 224.
254
Die Deckungsbeitragsrechnung stellt zwar in bezug auf einzelne unverbundene Transaktionen ein gutes Instrument für die Bestimmung der Attraktivität dieses Geschäftes dar, hinsichtlich der Bewertung miteinander
verbundener Transaktionen eignet sie sich jedoch nur bedingt. Vgl. dazu ausführlich Rese, M. (2001), S.
277, 283 ff.
56
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
aktionskosten einbezogen werden.255 Diese Betrachtungsweise ist vor dem Hintergrund heterogener Kunden, die die einzelnen Unternehmensressourcen in unterschiedlich starkem Maße
in Anspruch nehmen von besonderer Bedeutung. Kundendeckungsbeitragsrechnungen unterstützen so Entscheidungen über die Verteilung knapper Vertriebs- und Marketingressourcen
und können als Steuerungsinstrument zur Steigerung der Erfolgsbeiträge von Kunden eingesetzt werden.256
Die Bestimmung der Deckungsbeiträge eines Kunden erfolgt durch die schrittweise Reduzierung des kundenbezogenen Periodenumsatzes um die zuzurechnenden Kosten.257 Ausgehend
vom Kunden-Nettoerlös, der sich aus dem Periodenbruttoumsatz abzüglich der Erlösschmälerungen ergibt, werden stufenweise die kundenbezogenen, direkt zurechenbaren Kosten abgezogen. Ein mögliches Vorgehen ist aus Abbildung 12 ersichtlich.258
Kunden-Bruttoumsatz der Periode
- Erlösschmälerungen (Rabatte, Boni, Skonti)
= Kunden-Nettoerlös der Periode
- variable Herstellkosten nach Produktkalkulation
= Kunden-Deckungsbeitrag I
- kundenbedingte, eindeutig zurechenbare Auftragskosten (z.B. Kosten für Versand und Auftragsabwicklung)
= Kunden-Deckungsbeitrag II (Summe der Auftragsdeckungsbeiträge)
- eindeutig kundenbedingte Verkaufs-/Besuchskosten (z.B. für den Außendienst)
- sonstige relative Einzelkosten des Kunden in der Periode
(z.B. Werbekostenzuschüsse, Leistungsgebühren, Mailing Kosten, Gehalt spez. Außendienstmitarbeiter usw.
= Kunden-Deckungsbeitrag III
Abbildung 12: Grundaufbau einer Kundendeckungsbeitragsrechnung
Quelle: In Anlehnung an Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 224.
Hier stellt der Deckungsbeitrag III die Erfolgsgröße dar, mit der alle weiteren im Unternehmen angefallenen Kosten, die den einzelnen Kunden nicht zugerechnet werden können, ge-
255
Vgl. Link, J./Hildebrand, V.G. (1997), S. 162.
256
Vgl. Haag, J. (1992), S. 27, 32, 34.
257
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 133.
258
Die konkrete Ausgestaltung einer Deckungsbeitragsrechnung sollte unternehmensindividuell mit Ausrichtung auf die konkreten Informationsbedürfnisse erfolgen. Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 224.
Eine Abstufung kann hinsichtlich ihrer Tiefe und Reihenfolge differenziert vorgenommen werden. Vgl.
Haag, J. (1992), S. 28. Für eine sechsstufige Deckungsbeitragsabspaltung vgl. Piontek, J. (1998), S. 299. Für
eine beispielhafte Kombination von periodisierten und überperiodisierten Kundendeckungsbeiträgen vgl.
Plinke, W./Rese, M. (2000), S. 751.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
57
deckt werden müssen.259 Die differenzierte Betrachtung der Kundendeckungsbeiträge ermöglicht, Unterschiede zwischen den einzelnen Kunden aufzudecken, und verdeutlicht welche
Aktivitäten bzw. Kostenbereiche den Bruttoumsatz auf den einzelnen Stufen dominierend reduzieren.260
In dem vorgestellten Ansatz wird ausschließlich auf (relative) Einzelkosten261 zurückgegriffen. Wie oben bereits angedeutet, können auch kundenbezogene Prozeßkosten einbezogen
werden, die je nach zugrunde liegendem Prozeßkostenansatz über den strengen Einzelkostenbegriff hinausgehen. Dazu ist zu bestimmen, welche Prozesse die einzelnen Kunden in Anspruch genommen haben und welche Ressourcen bei dieser Inanspruchnahme wertmäßig verbraucht wurden.262 Werden die einzelnen Kunden zu Kundengruppen zusammengefaßt, können zusätzlich kundengruppenbezogene Einzelkosten verrechnet werden. Diese Gruppenzuordnung kann in ihrer extremsten Ausbildung bis auf die Gruppengröße, die alle Kunden einschließt, ausgebaut werden. Neben dem Einbezug von Einzelkosten können auch Erweiterungen durch die Zuordnung von gruppenbezogenen Gemein- bzw. Fixkosten, beispielsweise im
Sinne von Bereitschaftskosten, vorgenommen werden.263 Dieses Vorgehen stellt dann einen
direkten Bezug zur Vertriebs- bzw. Marketingerfolgsrechnung her.264
Der Ansatz des Kundendeckungsbeitrages läßt sich mit dem Konzept der ABC-Analyse kombinieren.265 Dabei können mehrere Kombinationsmöglichkeiten unterschieden werden. Einerseits läßt sich die Dimension Umsatz durch die Betrachtungsdimension Deckungsbeitrag ersetzen.266 Andererseits kann durch integrierten Einbezug von Umsatzvolumen und Deckungs-
259
Dies impliziert, daß ein Kunde mit positivem Kundendeckungsbeitrag einen Beitrag zur Deckung der fixen
Kosten bzw. Gemeinkosten im Unternehmen leistet. Jeder positive Deckungsbeitrag eines Kunden ist in diesem Zusammenhang als vorteilhaft zu bewerten, solange nicht eine bessere Alternative bestanden hat. Vgl.
Rese, M. (2001), S. 277.
260
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 132.
261
Das von RIEBEL entwickelte Konzept der relativen Einzelkostenrechnung möchte die Schlüsselung jeglicher Gemeinkosten vermeiden. Grundgedanke ist es, in der Grundrechnung der Kosten sämtliche Kosten als
Einzelkosten bestimmter Bezugsobjekte auszuweisen. Diese Bezugsgrößen stehen in einem unmittelbaren
Zusammenhang mit den Entscheidungen im Unternehmen. Vgl. Riebel, P. (1972).
262
Vgl. Jaeger, A. (1995), S. 108.
263
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 225. Dieses Vorgehen unterliegt in seiner Grundform dem
allgemeinen Ansatz der mehrstufigen Fixkostendeckungsrechnung. Zu diesem Ansatz im Rahmen einer Kosten- und Erlösrechnung vgl. Weber, J. (1995), S. 184 f.
264
Zur Vertriebs- bzw. Marketingerfolgsrechnung vgl. Ehrmann, H. (2002), S. 882 f.; Möbus, M. (2000), S.
301 - 304.
265
Vgl. Plinke, W. (1997), S. 132 f.
266
Der Vorteil dieses Austauschs besteht in der stärkeren Nähe des Deckungsbeitrags zu einer erfolgsorientierten Betrachtung der kundenbezogenen Geschäftsaktivitäten. Zur diesbezüglichen Kritik an der umsatzbezogenen ABC-Analyse vgl. Kapitel 3.2.3.1.1.
58
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
beitrag analysiert werden, inwieweit Umsatzbedeutung und Höhe der Profitabilität bei den
einzelnen Kunden korrelieren.267
Der Zeit- und Kostenaufwand des Verfahrens der Kundendeckungsbeitragrechnung ist höher
als bei der ABC-Umsatzanalyse einzustufen.268 Gleichwohl besitzt die Kundendeckungsbeitragsrechnung wesentliche Vorteile hinsichtlich einer profitabilitätsbezogenen Entscheidungsunterstützung. Das Unterstützungspotential der mittels dieses Verfahrens bereitgestellten Daten wird dabei wesentlich durch das Niveau und die Differenziertheit des internen
Rechnungswesens determiniert.269 So kann die Steuerung des Ressourceneinsatzes nur dann
realitätsentsprechend erfolgen, wenn es die differenzierte Abbildung und Zuordnung der umsatz- und kostenbezogenen Wertgrößen zu den Kunden erlaubt.270 Besondere Probleme treten
dabei insbesondere bei der Erfassung von Erlös- und Kostenverbunden auf.271
3.2.3.1.3
Scoring-Modelle
Allgemein dienen Scoring-Modelle272 als Instrumente zur mehrdimensionalen Bewertung von
Handlungsalternativen.273 Sie finden ihre Anwendung hauptsächlich bei Entscheidungsproblemen, wenn deren Lösung nicht nur alleine von monetären Umsatz- und Kostenaspekten geprägt wird oder wenn sich die monetären Konsequenzen von möglichen Handlungsalternativen nicht vollständig bzw. exakt ermitteln lassen.274 Scoring-Modelle ermöglichen die Berücksichtigung vielfältiger quantitativer und qualitativer, entscheidungsrelevanter Beurteilungskriterien und darauf aufbauend den Vergleich der Alternativen auf der Basis ihrer
Merkmalsausprägungen. Sie erlauben, die verschiedenen Alternativen entsprechend der Präferenzvorstellungen des Entscheidungsträgers in eine Rangordnung zu bringen, anhand derer
Auswahlprozesse vollzogen werden können.275
267
So ist es durchaus möglich, daß umsatzstarke Kunden nicht die profitabelsten sind und umgekehrt. Vgl.
Fließ, S. (2001), S. 482; Krafft, M./Rutsatz, U. (2001a), S. 247. Zu einer kombinierten ABC-Analyse vgl.
Plinke, W. (1997), S. 136 - 138.
268
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 134.
269
Einer VDI-Studie zufolge liegen die größten Probleme in der Praxis in der Erfassung der von Kunden direkt
verursachten Kosten, in ihren Kostenrechnungssystemen. Vgl. Marzian, S./Deppermann, K.-P. (1998), S.
142.
270
Vgl. Fließ, S. (2000), S. 483.
271
Vgl. Plinke, W./Rese, M. (2000), S. 700 ff.
272
Der Begriff des Scoring-Modells wird auch als Synonym für den Begriff des Punktbewertungsmodells verwendet. Vgl. dazu beispielhaft Plinke, E. (1997), S. 140.
273
Vgl. Weber, J. (1995), S. 117.
274
Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 151; Weber, J. (1995), S. 117.
275
Vgl. Diller, H. (1980), S. 48; Brauchlin, E. (1978), S. 1.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
59
Das in bezug auf eine Kundenbeurteilung zu lösende Bewertungsproblem wird durch die zu
durchlaufende Abfolge folgender Schritte bearbeitet:276
1. Aufstellung der als relevant erachteten Beurteilungskriterien, von denen angenommen
wird, daß sie die Bedeutung bzw. die relevanten Ressourcenbeiträge der Kunden ausdrücken.277
2. Gewichtung der einzelnen Beurteilungskriterien hinsichtlich ihrer Bedeutung untereinander entsprechend der Präferenzvorstellungen der Entscheidungsträger.278
3. Bewertung der Kunden im Hinblick auf jedes Beurteilungskriterium mit Hilfe von
Punktwerten. Die Punktwerte geben dabei die Höhe der Ausprägung des Kriteriums
bei dem entsprechenden Kunden an.279
4. Multiplikation der vergebenen Punktwerte mit den jeweiligen Gewichtungsfaktoren.
5. Summation der gewichteten Punktwerte für die einzelnen Kunden zu Gesamtpunktwerten.
6. Vergleich der Gesamtpunktwerte der Kunden und Bildung einer Rangfolge, die den
Grad der Eignung der Kunden zur Erfüllung der übergeordneten Zielsetzung ausdrückt.
276
Vgl. dazu stellvertretend Fließ, S. (2001), S. 491; Kuhlmann, E. (2001), S. 136 f; Preißner, A. (1999), S.
287; Rieker, S.A. (1995), S. 68; Engelhardt, W.H./Günter, B. (1981), S. 62.
277
Die Beurteilungskriterien entsprechen entscheidungsrelevanten Zielgrößen. Dabei sollten nur Kriterien eingehen, von denen anzunehmen ist oder besser auf analytischem Weg empirisch ermittelt würde, daß sie einen
Erklärungsbeitrag für das übergeordnete Ziel, dem zukünftigen finanziellen Erfolgsbeitrag durch den Kunden, leisten. Vgl. Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 48. Um Überschneidungen zwischen den Beurteilungskriterien weitestgehend zu berücksichtigen, sind diese entsprechend zu ordnen, und die Über- bzw. Unterordnungsverhältnisse im Sinne einer Zielhierarchie zu verdichten. Vgl. Fließ, S. (2001), S. 493; Krüger, W.
(1983), S. 50.
278
Vor der eigentlichen Bewertung ist es zweckmäßig, die Kriterien nach Muß- und Kann-Kriterien einzuteilen.
Dabei sind Mußkriterien solche Bedingungen, die in jedem Fall erfüllt sein müssen, so daß sich eine Gewichtung bei diesen Kriterien erübrigt. Vgl. Krüger, W. (1983), S. 55 f. Eine reine freihändige Vergabe von
Bedeutungsgewichten ist mit einer erheblichen Subjektivität des bzw. der Bewertenden verbunden. Vgl.
Weber, J. (1995), S. 119. Deshalb wird in diesem Zusammenhang die Verwendung einer Präferenzmatrix
empfohlen. Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 152. Sie zwingt zu einer systematischen und nachvollziehbaren
Auseinandersetzung mit den einzelnen Zielgewichten. Das bei der Präferenzmatrix angewendete Verfahren
entspricht einem Paarvergleich, bei dem das relative Gewicht der einzelnen Kriterien untereinander durch
den Vergleich eines Kriteriums mit jedem anderen Kriterium festgelegt wird. Zur Präferenzmatrix vgl. Krüger, W. (1983), S. 58 - 60. Bei komplexen Scoring-Modellen kann auch an dieser Stelle auf multivariate, analytische Verfahren zurückgegriffen werden. So bietet die Diskriminanzanalyse nicht nur die Möglichkeit,
die Kriterien, die einen Erklärungsbeitrag besitzen zu identifizieren, sondern auch die Kriteriengewichtungen
zu ermitteln. Vgl. Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 50; Shaw, R. (1991), S. 89 f. Zur Bestimmung optimaler
Kriteriengewichte mittels Elastizitätsbetrachtungen vgl. Krafft, M./Albers, S. (2000), S. 530 f.
279
Um implizite Gewichtungen an dieser Stelle zu vermeiden, sind nach Möglichkeit alle Kriterien mit der gleichen Punkteskala zu bewerten und eindeutige Regeln für die Punktvergabe aufzustellen. Vgl. Link, J./Gerth,
N./Voßbeck, E. (2000), S. 126. Probleme entstehen hier insbesondere, wenn unterschiedliche Skalentypen
bei den einzelnen Kriterien aufeinander treffen. Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 127.
60
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Bei wiederholter Durchführung dieses Bewertungsverfahren können die im Zeitablauf gewonnenen Erkenntnisse zu einer Verbesserung und Verfeinerung eines Scoring-Ansatzes
verwendet werden.280 Für die Auswahl von erfolgsbestimmenden Beurteilungsgrößen für die
Kundenqualifizierung existieren Vorschläge mit sowohl kaufmännischen als auch technischen
Qualifizierungsparametern.281 Einer der bekanntesten Scoring-Ansätze, der auf die Bewertung
der Kaufwahrscheinlichkeit als eine mögliche Dimension der Kundenbedeutung abzielt, ist
die RFMR-Methode.282 Sie basiert auf der Grundidee, daß Kunden unterschiedliche Kaufwahrscheinlichkeiten aufweisen und diese kundenspezifisch bewertete Bedeutungsdimension
für eine differenzierte Kundenbearbeitung, z. B. im Bereich der Katalogzusendung, genutzt
werden kann. Die bei diesem Ansatz verwendeten Beurteilungskriterien sind Recency (Zeitpunkt des letzten Kaufs), Frequency (Kaufhäufigkeit) und Monatary Ratio (Wert des
Kaufs).283 Diesem Modell liegt die Hypothese zugrunde, daß je kürzer der letzte Kauf zurückliegt, je öfter der Kunde kauft und je mehr Geld er bei seinen Einkäufen ausgegeben hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß er auf die nächste Ansprache reagiert.284 Ein möglicher Bewertungsvorschlag entsprechend der Merkmalsausprägungen der Kunden ist in Abbildung 13 dargestellt.285
Bei der Anwendung von Scoring-Ansätzen wird implizites Erfahrungswissen systematisch für
eine Entscheidungsunterstützung aufbereitet. Der Gütegrad dieser Erfahrungen hinsichtlich
der einbezogenen Kriterien und der Präferenzstruktur unterliegt dabei stark subjektiven Aspekten. Gleichzeitig ermöglicht jedoch diese Explikation im Ergebnis eine intersubjektive
Nachprüfbarkeit.286 Scoring-Ansätze sind in diesem Zusammenhang mehr als ein technisches
Instrument zu verstehen, das nur über die richtige „Informationsbefüllung“ auf Basis eines
zugrunde liegenden theoretischen Grundmodells seine intendierte Wirkung voll erreichen
280
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 131.
281
Zu allgemeinen Vorschlägen vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 198; Plinke, W. (1997), S. 142; Holland, H.
(1992), S. 75. Bei DIETZ findet sich ein konkreter Scoring-Ansatz aus der Automobilindustrie bei dem, aufbauend auf Kundendaten von Kaltakquisitionen über Gewichtungs- und Bewertungsfaktoren aus soziodemographischen und automobilbezogenen Merkmalen, die Kunden hinsichtlich ihrer Attraktivität in bezug
auf einen Neuwagenkauf bewertet werden. Vgl. Dietz, W. (1997), S. 203 - 205.
282
Der RFMR-Ansatz wurde in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von amerikanischen Versandhandelsunternehmen für die Bewertung ihrer Kunden entwickelt. Vgl. Kuhlmann, E.
(2001), S. 134; Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 48.
283
Der Name des Verfahrens ergibt sich aus den Kürzeln dieser Kriterien. Zum Teil findet sich auch die Abkürzung RFM wobei „M“ für Monetary Value steht. Vgl. Krafft, M./Rutsatz, U. (2001a), S. 248. Je nach Aufnahme zusätzlicher Bewertungskriterien können weitere Typen unterscheiden werden. So bezieht beispielsweise das RFAT-Modell (Recency, Frequency, Amount of Purchase, Type of Merchandise) den Kauftyp
bzw. den Produktbereich zusätzlich mit ein. Vgl. Stone, B. (1988), S. 31; Münster, V.D. (2001), S. 72. Zu
weiteren Ausgestaltungsformen von Kunden-Scoring-Modellen vgl. Schulz, B. (1995), S. 154.
284
Vgl. Blattberg, R.C. (1987), S. 8.
285
Nach diesem Raster gibt die Höhe der Punktzahl eines Kunden seine Bedeutung für das Unternehmen an. Je
höher sie ist, um so besser sind die Erfolgsaussichten eines Angebots. Entsprechend der Punktwerte werden
Ausmaß und Intensität der Kundenansprache festgelegt. Für eine mögliche Ausgestaltungsvariante vgl. Link,
J./Hildebrand, V. (1993), S. 47 - 49.
286
Vgl. Engelhardt, W.H./Günter, B. (1981), S. 64.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
61
kann.287 Multivariate Analysemethoden können hier einen wertvollen Beitrag zur Überprüfung
der getroffenen Annahmen leisten. Der Scoring-Ansatz stellt ein brauchbares Instrument dar,
um die Entscheidungsfindung transparent und nachvollziehbar zu gestalten und unterstützt
damit letztendlich auch die Akzeptanz und Durchsetzbarkeit von getroffenen Entscheidungen.288
Kriterien
Punktbewertung
Startwert
25 Punkte
Letztes
Kaufdatum
bis 6
Monate
+40 Punkte
Häufigkeit der
Käufe in den
letzten 18
Monaten
bis 9
Monate
+25 Punkte
bis 12
Monate
+15 Punkte
bis 18
Monate
+5 Punkte
bis 24
Monate
-5 Punkte
früher
-15 Punkte
Zahl der Aufträge multipliziert mit dem Faktor 6
Durchschnittl.
Umsatz der
letzten 3 Käufe
bis
50 DM
+5 Punkte
bis
100 DM
+15 Punkte
bis
200 DM
+25 Punkte
bis
300 DM
+35 Punkte
bis
400 DM
+40 Punkte
über
400 DM
+45 Punkte
Anzahl
Retouren
(kumuliert)
0-1
0 Punkte
2-3
-5 Punkte
4-6
-10 Punkte
7 - 10
-20 Punkte
11 - 15
-30 Punkte
über 15
-40 Punkte
Zahl der
Werbesendungen seit
letztem Kauf
Hauptkatalog
je -12 Punkte
Sonderkatalog
je -6 Punkte
Mailing
je -2 Punkte
Abbildung 13: Berechnungsschema der RFMR-Methode
Quelle: Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 49.
3.2.3.1.4
Portfolio-Ansätze
Die Grundidee des allgemeinen Portfolioansatzes stammt aus dem Bereich der Finanzierungstheorie und wurde dort für die optimale Mischung von Wertpapieren aus Anlegersicht entwickelt.289 Der dabei verfolgte Ansatz einer Chancen- und Risiko-Betrachtung wurde später auch
auf Gebiete der Unternehmensführung, anfänglich auf den Bereich der strategischen Unter-
287
Vgl. Fließ, S. (2001), S. 493.
288
Vgl. Weber, J. (1995), S. 123.
289
Die von MARKOWITZ entwickelte Portfoliotheorie (auch: Portfolio Selection Theory) versucht, die optimale Zusammensetzung eines Wertpapier-Portfolios auf Basis von Rendite- und Risikobetrachtungen zu erklären. Vgl. Markowitz, H.M. (1952), S. 77 - 92. Dabei wird versucht, die Mischung der eingesetzten Wertpapiere so zu gestalten, „daß sie entweder mit einem bestimmten Betrag die geringsten Risiken oder mit bestimmten Risiken ein[en] maximaler Ertrag erreicht ...“. Antoni, M./Rieckhof, H.-C. (1989), S. 172.
62
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
nehmensplanung, übertragen.290 Inzwischen haben sich Portfolio-Ansätze in vielen Bereichen
des Gesamtunternehmens etabliert und somit die finanziellen Allokationsentscheidungen auf
andere Investitionsobjekte überführt.291
Auf den Vertriebsbereich übertragen, sind Kundenportfolios in diesem Zusammenhang als ein
methodisches Unterstützungsinstrument zu verstehen, um die vielfältigen Vertriebsaktivitäten
gegenüber den Kunden zu steuern. Sie sind Hilfsmittel zur Bewertung und Entscheidungsfindung hinsichtlich Fokussierung und Selektion von Kunden oder Kundengruppen.292 Bei der
Verwendung von Kundenportfolios werden die Kunden einerseits mittels der Dimensionen
Kundenattraktivität bzw. -bedeutung und andererseits anhand der eigenen Wettbewerbsposition in bezug auf den Kunden bewertet.293 Je nach Anzahl der in diese Dimensionen einfließenden Kriterien kann zwischen ein- und mehrfaktoriellen Dimensionierungen unterschieden
werden.294 Die gewählten Dimensionen beziehen sich sowohl auf den Nutzen, der durch die
eingebrachten Ressourcen entsteht, als auch auf die Beherrschbarkeit dieser Ressourcen.295
Die konkrete Wahl von Bezugsgrößen für die Ausgestaltung dieser Dimensionen weißt in der
Literatur ein heterogenes Bild auf. Eine Auswahl von entsprechend diskutierten Ansätzen ist
aus Tabelle 4 ersichtlich.
290
Ausgangspunkt dieser Betrachtungen war es, Geschäftsaktivitäten nach strategischen Gesichtspunkten zu
segmentieren, die resultierenden Geschäftsfelder hinsichtlich ihrer strategischen Position zu bewerten und
darauf aufbauend, die finanzielle Ressourcenzuweisung zu steuern. Vgl. Henzler, H. (1988), S. 1290. Zur
allgemeinen Kritik von Diversifikationsstrategien als Mittel zur Risikoreduktion vgl. Kunz, R.M. (1993), S.
294 f. Als strategische Beurteilungskriterien für Geschäftsfelder wurden die Dimensionen Attraktivität des
jeweiligen Marktes sowie die Wettbewerbsstärke der Geschäftseinheit im jeweiligen Markt verwendet. Die
bekanntesten Ansätze stellen das Marktanteil-Marktwachstum-Portfolio der Beratungsgesellschaft Boston
Consulting Group und das Marktattraktivitäts-Wettbewerbsstärken-Portfolio der Beratungsgesellschaft McKinsey & Co. dar. Hintergrund des BCG-Ansatzes war, die Forschungsergebnisse im Bereich des Erfahrungskurven-Effektes bei der Allokation von finanziellen Ressourcen auf Geschäftseinheiten zu nutzen. Vgl.
Hirschman, W.B. (1964), S. 125 - 139; Boston Consulting Group (1972). Die bei dem BCG-Ansatz nur einfaktorielle Dimensionierung der externen und internen Situation wurde durch den McKinsey-Ansatz in eine
mehrfaktorielle Dimensionierung, die im Ergebnis zu einem Punktwert verdichtet wird, überführt. Zu beiden
Ansätzen vgl. ausführlich Antoni, M./Rieckhof, H.-C. (1989), S. 173 - 178.
291
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 107. Anwendungsgebiete bestehen hier insbesondere in den
Bereichen Produktion, Technologie und Vertrieb. Vgl. dazu Antoni, M./Rieckhof, H.-C. (1989), S. 182 187.
292
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 139; Engelhardt, W.H./Kleinaltenkamp, M. (1995), S. 206. GÖTZ und
DILLER gehen an dieser Stelle noch weiter, indem sie der Kundenportfolio-Analyse den Status eines Instruments zur ganzheitlichen Steuerung von Investitionen zubilligen. Vgl. Götz, P./Diller, H. (1991), S. 3.
293
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 131.
294
Bei mehrfaktorieller Dimensionierung kann die Positionsbestimmung von Kunden über Scoring-Ansätze ermittelt werden. Vgl. Fließ, S. (2001), S. 493. Vor- und Nachteile von Scoring-Ansätzen lassen sich in diesem
Fall auf die Portfolio-Ansätze übertragen. Zum Scoring-Ansatz vgl. auch Kapitel 3.2.3.1.3.
295
Vgl. Fließ, S. (2001), S. 493; Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 131.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Kunden-Portfolio-Ansatz
63
Vertreter
1.
Kunden-Gewinn-Portfolio
Dubinsky, A.J./Ingram, T.N. (1984)
2.
Kundenwachstum-Relativer-LieferanteilPortfolio
Fiocca, R. (1982); Dickson, P.R. (1983); Campbell,
N.C.G./Cunningham, M. (1990); Götz, P./Diller, H.
(1991); Freter, H. (1992)
3.
Kundenattraktivitäts-Relative Lieferantenposition-Portfolio
Fiocca, R. (1982); Velte, M. (1987); Schleppengrell,
J. (1987); Götz, P./Diller, H. (1991); Freter, H.
(1992); Fink, D.H./Meyer, N. (1995)
4.
Kundenattraktivität-KundenzugänglichkeitsPortfolio
Sidow, H.D. (1991); Kreuzer, R.T. (1992)
5.
Kundenpotential-Kundenloyalitäts-Portfolio
Kreuzer, R.T. (1992)
6.
AbschlußwahrscheinlichkeitsAnbieterpositionsstärke-Portfolio
LaForge, R.W./Young, C.E. (1985)
7.
Kundenattraktivität-BindungspotentialPortfolio
Plinke, W. (1989); Hentschel, B. (1991)
8.
Kundenwachstum-Relativer LieferanteilPortfolio
Böing, E./Barzen, D. (1992)
9.
Kundenrentabilität-GeschäftsvolumenPortfolio
Oggenfuss, C.W. (1993)
10. Kundenwert-BestandswahrscheinlichkeitsPortfolio
Lube, M.-M. (1997)
Tabelle 4: Kunden-Portfolio-Ansätze
Quelle: In Anlehnung an Kuhlmann, E. (2001), S. 140; Fließ, S. (2001), S. 494; Cornelsen, J. (2000), S. L LIII; Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 48.
Für die Positionsbestimmung der Kunden im Portfolio werden sie in Abhängigkeit von ihren
instanzierten Merkmalsausprägungen eingeordnet. Eine Klassifikation erfolgt dabei über eine
Zuordnung zu Portfoliosegmenten, die sich aufgrund bestimmter Definitions- und Wertebereiche ergeben. Für die Segmente lassen sich generische Handlungsempfehlungen, die auch
als Normstrategien bezeichnet werden, bestimmen. Je nach Zuordnung der Kunden zu diesen
Segmenten, ist die einem Segment innewohnende Normstrategie auf die zugeordneten Kunden zu übertragen.296 Dieses Vorgehen zur Darstellung der Ist-Situation ist notwendigerweise
durch ein Soll-Portfolio zu ergänzen, indem angestrebte Positionierungen von Kunden bzw.
Kundengruppen abgebildet werden, die es ermöglichen, die zu schließenden Soll-Ist-Zustände
zu betrachten und mögliche Veränderungen zu beurteilen.297
296
Vgl. Link, J./Hildebrand, V. (1993), S. 132.
297
Vgl. Palloks, M. (1991), S. 301 f.
64
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
In Abbildung 14 ist beispielhaft ein Kundenattraktivitäts-Relative LieferantenpositionPortfolio dargestellt. Das Portfolio ist durch eine mehrfaktorielle Dimensionierung gekennzeichnet, bei dem sowohl die externe Dimension der Kundenattraktivität als auch die interne
Dimension der relativen Lieferantenposition auf Basis von Scoring-Ansätzen ermittelt werden
kann. Als mögliche konkrete Beurteilungskriterien stehen dabei für beide Dimensionen eine
Vielzahl von Elementen aus dem Grund-, Potential-, Aktions- und Reaktionsdatenpool von
Unternehmensdatenbanken zur Verfügung.298 Die in den neun Portfoliofeldern aufgeführten
Normstrategien geben dabei Handlungsempfehlungen für die zukünftige Investitionstätigkeit
gegenüber den einzuordnenden Kunden. Ein Kunde wird um so höher bewertet, je stärker seine Attraktivität und je besser die eigene relative Lieferantenposition bei dem betreffenden
Kunden ist.
Kundenattraktivität
hoch
Investieren und
Lieferantenanteil erweitern
Investieren/erweitern oder
halten der Lieferantenposition
Halten der Position
als Hauptlieferant
mittel
Desinvestieren
Strategien nach allen
Richtungen denkbar
Halten der
Lieferposition
niedrig
Desinvestition
Kundenkontakte abbrechen
Desinvestition
vorhandene Geschäfte
mitnehmen
Abschöpfen
niedrig
mittel
hoch
Relative Lieferantenposition
Abbildung 14: Kundenattraktivität-Relative Lieferantenposition-Portfolio
Quelle: Böing, E./Barzen, D (1992), S. 92.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, die klassischen zweidimensionalen Portfolioansätze zu
multidimensionalen Konzepten auszubauen. Der Cube-Ansatz ergänzt die Idee des zweidimensionalen Kundenportfolios um eine weitere dritte Dimension. Bei dem beispielhaften Ansatz von HULDI erfolgt die Bewertung des Kunden wie in Abbildung 15 dargestellt, anhand
298
Zu möglichen anwendbaren Faktoren aus diesen Pools vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 142 f. Durch den Einbezug mehrerer Faktoren in die beiden Dimensionen können zwar strategische Fragestellungen umfassender
strukturiert werden. Gleichzeitig bedingt die damit verbundene zunehmende Komplexität eine Verringerung
der operativen Praktikabilität dieses Vorgehens. Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 144; Götz, P./Diller, H.
(1991), S. 10.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
65
der drei Dimensionen Kundendeckungsbeitrag, Kundenpotential und Involvement.299 Die Dimension Deckungsbeitrag bildet die vergangenheitsorientierte, quantitative Größe. Die Zukunftsperspektive wird durch das Potential eines Kunden berücksichtigt, welches durch Hochrechnungen prognostiziert wird und als weitere quantitative Größe nutzbar ist. Mit der qualitativen Dimension Involvement wird versucht, die Güte der bestehen Zusammenarbeit bei der
Bewertung eines Kunden zu berücksichtigen. Ein Kunde bzw. eine Kundengruppe wird innerhalb dieses dreidimensionalen Schemas positioniert. Dabei werden auch hier wieder für
jeden Kunden bzw. jede Kundengruppe Punktzahlen in den drei Dimensionen ermittelt. Hohe
Punktzahlen in allen drei Dimensionen charakterisieren auch hier die attraktivsten Kunden.
Jede dieser drei Würfelkanten läßt sich wiederum in zwei oder mehr Teile untergliedern, so
daß weitere Unterteilungen, sogenannte „Subcubes“, entstehen. Die entsprechenden Würfelkanten können dann mit einer weiteren Dimension belegt werden. Je feiner dieser Würfel aufgeteilt wird, desto tiefer und spezifischer wird die Bewertung der jeweils einbezogenen Kunden.
Abbildung 15: Beispiel eines Cube-Ansatzes
Quelle: Huldi, C. (1997), S. 609.
Zusammenfassend ermöglichen Kundenportfolios, bestehende Kunden hinsichtlich vielfältiger als relevant erscheinender Beurteilungskriterien zu bewerten. Die Abbildung in zweibzw. dreidimensionalen Räumen unterstützt sowohl die Handhabbarkeit, als auch die Möglichkeit einer Visualisierung der Ergebnisse. Der integrative Einsatz von Plan- und Ist299
Vgl. dazu sowie zu den folgenden Ausführungen Huldi, C. (1997), S. 609 ff. Ein weiterer Cube-Ansatz findet sich bei ACKERSCHOTT, der neben der wachstumsbezogenen Marktpotenz des Kunden und der Lieferantenakzeptanz die Potentialgröße des Kunden als dritte Dimension einbezieht. Zu diesem Ansatz vgl. ausführlich Ackerschott, H. (2001), S. 50 - 58.
66
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Portfolios orientiert sich an der Forderung nach einem systematischen Vorgehen im Sinne eines Regelungskreises. Die Portfoliotechnik besitzt jedoch grundsätzliche methodische Schwächen.300
In Bezug auf Kundenportfolios sind die Handlungsimplikationen dieser Ansätze lediglich als
Tendenzaussagen zu charakterisieren, da sie die für eine konkrete Umsetzung notwendige
Operationalisierbarkeit nicht gewährleisten. Gleichzeitig werden bei diesen Ansätzen nur bestehende Kunden bzw. Kundengruppen betrachtet.301 Die Frage der Kundenfokussierung oder
Kundenselektion bezieht sich nur auf den existierenden Kundenstamm.302 Akquisitionserfordernisse im Bereich von potentiellen neuen Kunden werden nicht explizit aufgegriffen.
3.2.3.1.5
Zusammenfassende Bewertung
Die Technik der Kundenerfolgsrechnung auf Basis von Deckungsbeiträgen stellt wesentliche
monetäre Beschreibungsdimensionen für die Erfolgsermittlung bereit. Im Bereich des zu konzipierenden Planungsmodells und darauf aufbauend im Bereich des Kontrollmodells bieten
Deckungsbeiträge geeignete Abbildungsgrößen zur entscheidungsorientierten, periodisierten
Erfolgsermittlung. Bestehende Scoring- und Portfolio-Ansätze stellen nur schwer operationalisierbare und darauf aufsetzend möglichst optimierbare Beschreibungsdimensionen bereit.
Die durch Anwendung von Scoring-Ansätzen abbildbare kardinale Reihung von Kunden hinsichtlich ihrer Attraktivität, ist für den geforderten auf finanziellen Erfolgsgrößen beruhenden
Planungsansatz zu allgemein. Gleichzeitig verbietet die Vielfältigkeit möglicher Bewertungsdimensionen eine konkrete Auswahl mit allgemeingültigem Referenzcharakter. Die nur generisch ableitbaren Handlungsempfehlungen im Rahmen der Portfolioansätze reichen für die geforderte Spezifikation der Kundenbearbeitungskosten nicht aus. Der Portfolio-Ansatz stellt
jedoch als neutrale Technik zur Abbildung und Abgrenzung von Alternativenräumen sowohl
im Planungs- als auch im Kontrollmodell ein verwendbares Analyseinstrument dar.
3.2.3.2
Dynamische Ansätze
Bei den dynamischen Ansätzen erfolgt eine Erweiterung des zeitlichen Betrachtungshorizontes, indem neben vergangenen auch potentielle zukünftige Erfolgsbeiträge von Kunden in die
Kundenbewertung einfließen können.
300
Beispielhaft sei hier die Problematik der Subjektivität der Bewertung insbesondere bei qualitativen Größen,
die retrospektive Betrachtung sowie die Vornahme einer stringenten Abgrenzung der einzelnen Portfoliofelder genannt. Dazu sowie zu weiteren methodischen Schwächen vgl. Baum, H.-G./Coenenberg,
A.G./Günther, T. (1999), S. 201 ff.; Kreikebaum, H. (1997), S. 82 f.
301
Vgl. Krafft, M./Rutsatz, U. (2001a), S. 249.
302
Bei dem hypothetischen Fall, daß bei allen bestehenden Kunden aufgrund ihrer Bewertung ein weiteres Engagement nicht lohnt und die Kunden nicht weiter bearbeitet werden sollten, würde die alleinige Fokussierung auf diese Handlungsimplikation zur Einstellung der absatzbezogenen Geschäftsaktivitäten führen.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
3.2.3.2.1
67
Kundenlebenszyklusansätze
Bedingt die Ausdehnung des zeitlichen Betrachtungshorizontes aus Unternehmenssicht eine
mehrperiodische Sichtweise, die den Zeitraum eines Geschäftsjahres übersteigt, so ist dies im
Hinblick auf den Kunden mit einer lebenszyklusorientierten Betrachtung verbunden.303 Allgemein beschreiben Lebenszyklen die Kreisläufe von regelmäßig wiederkehrenden Ereignissen, die in bezug auf natürliche und künstliche Systeme als Entwicklungsphasen eines Systems bzw. eines Objektes während seiner Lebenszeit interpretiert werden.304 Diese Entwicklungsphasen lehnen sich an den natürlichen Prozeß der Geburt bzw. der Entstehung, des Reifens, des Alterns und schließlich des Todes oder des Untergangs der Existenz an. Derartige
Entwicklungsmuster weisen in idealtypischer Form alle Lebenszyklen auf.305
Übertragen auf die Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen306 bedeutet dies, daß
auch sie im Zeitablauf Veränderungen unterliegen, die sich durch idealtypische Verläufe im
Sinne von „Gesetzmäßigkeiten“ auszeichnen. Charakteristisch für diese dynamische Betrachtung ist es, daß sich nicht auf einzelne Transaktionen im Sinne eines Kaufaktes konzentriert
wird, sondern eine übergeordnete Betrachtungsperspektive eingenommen wird, bei der alle
Aktivitäten bzw. Interaktionen zwischen Kunden und Unternehmen im Zeitablauf einbezogen
werden.307 Es existiert eine Vielzahl von Modellen, die versuchen, diesen dynamischen Entwicklungsprozeß zu beschreiben. Beispiele für derartige Ansätze sind aus Tabelle 5 ersichtlich.308
Trotz unterschiedlicher Phasenbenennung und -anzahl sowie der damit notwendigen differenziert anzugebenden Bestimmungskriterien lassen sich Gemeinsamkeiten und Möglichkeiten
einer gegenseitigen Überführung bzw. Entsprechung erkennen.309
303
Voraussetzung dafür ist natürlich, daß der „normale“ Lebenszyklus des Kunden den Zeitraum eines Geschäftsjahres übersteigt. Dieser zeitliche Horizont des Lebenszyklus ist in diesem Zusammenhang als konstituierendes Element für eine mehrperiodische Betrachtung zu sehen.
304
Vgl. Cornelsen, J. (2000), S. 133. Zu unterschiedlichen Lebenskonzepten sowie deren Diskussion vgl. Zehbold, C. (1996), S. 16 - 77.
305
Vgl. Diller, H./Lücking, J./Prechtel, P. (1992), S. 2.
306
Unternehmen werden hier im Sinne von Lieferanten verstanden.
307
Vgl. Cornelsen, J. (2000), S. 134.
308
Für weitere Ansätze vgl. Schulz, B. (1995), S. 73 - 77; Schütze, R. (1992), S. 47 - 52; Wackmann, D.B./Salomon, T.S./Salomon, C.C. (1987), S. 21 - 28; Ford, D. (1980), S. 339 - 353.
309
Ohne an dieser Stelle vertiefend auf die Wesensmerkmale der einzelnen in Tabelle 5 dargestellten Ansätze
sowie darauf aufbauenden Ähnlichkeitsanalysen eingehen zu wollen, besteht beispielsweise bei dem fünfstufigen Ansatz von DWYER/SCHURR/OH die Möglichkeit, ihn auf einen vierstufigen Ansatz im Sinne von
HENTSCHEL zu überführen, indem die zweite Phase (Erkundungsphase) inhaltlich der ersten und/oder
zweiten Phase bei HENTSCHEL (Kennenlern- und Vertiefungsphase) zugeordnet wird. Der dargestellte Ansatz von CAMPELL/CUNINGHAM unterscheidet sich gegenüber den beiden anderen Phasenkonzepten dahingehend, daß hier weitere Klassifizierungsmerkmale der Kunden wie Umsatzhöhe und Profitabilität einbezogen werden. Vgl. Campell, N.C.G./Cunningham, M. (1990), S. 126 ff. Dies führt zu einer Überschneidung
zwischen allgemeingültigen Entwicklungsphasen für alle Kunden und einer aus Unternehmenssicht zu bewertenden Günstigkeit von Kundenbeziehungen durch kundenindividuelle Merkmalsausprägungen.
68
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Inhaltliches Charakteristikum von Kundenlebenszyklus-Ansätzen ist, daß von einer anfänglichen Fremdheit der Partner ausgegangen wird, die durch vertrauensbildende und informationsverschaffende Aktivitäten reduziert wird, so daß im Ergebnis die Nähe der Partner zueinander wächst bis ein Abschnitt erreicht wird, der die weitere Interaktion in Frage stellt.310 Diese Entwicklung wird durch unterschiedliche Arten und Intensitäten von Interaktionen und Aktivitäten begleitet, die hinsichtlich ihres finanziellen Beitrages differenziert zu betrachtende
Auswirkungen mit sich bringen.311 Als charakteristische Merkmale der Beschreibung der einzelnen Phasen, die gleichzeitig die Zuordnung von Kunden zu den entsprechenden Phasen
erst ermöglichen, werden neben monetären auch nicht monetäre Größen verwendet.312
Hentschel, B.
(1991)
Campell, N.C.G./
Cunningham, M.
(1990)
Dwyer, F.R./Schurr, P.H./
Oh, S.
(1987)
1. Kennenlernphase
1. Tomorrow`s Customer
1. Wahrnehmungsphase
2. Vertiefungsphase
2. Today`s Special Customers
2. Erkundungsphase
3. Routinephase
3. Today`s Regular Customers
3. Entwicklungsphase
4. Infragestellungsphase
4. Yesterday`s Customers
4. Phase der höchsten Einbindung
5. Auflösungsphase
Tabelle 5: Phasenmodelle für Geschäftsbeziehungen
Der Ansatz des Kundenlebenszyklus beschreibt folglich die vergangene oder zukünftige Entwicklung eines Kunden gemäß seiner Stellung zum leistungsanbietenden Unternehmen. Trotz
des argumentativ nachvollziehbaren und intuitiv einsichtigen Entwicklungsablaufs, ggf. modifiziert entsprechend des unterstellten Lebenszyklusansatzes, birgt der unterstellte idealtypische Phasenverlauf kein uneingeschränktes Unterstützungspotential, um die Kunden hinsicht-
310
Vgl. Kuhlmann, E. (2000), S. 147 f.
311
In der Anfangsphase einer Geschäftsbeziehung fallen erste Kosten mit investivem Charakter für die Kontaktanbahnung an. Umsätze werden in dieser frühen Phase noch nicht generiert. Erst im weiteren Verlauf der
Geschäftsbeziehung werden erste Umsätze getätigt. Gleichzeitig sind aus Unternehmenssicht weitere Investitionen für den Ausbau der kundenbezogenen Geschäftsaktivitäten notwendig. Mit der Steigerung der Vertrauensbasis sind umsatzsteigernde Transaktionen verbunden. Gleichzeitig kommt es im weiteren Verlauf zur
Verringerung der abwicklungsbedingten Kosten aufgrund des reduzierten Koordinations-, Informations- und
Kontrollbedarfes. In diesem Zeitabschnitt ist die Kundenprofitabilität am höchsten. Danach schließt sich die
Beendigungsphase an. Vgl. dazu auch Homburg, C./Daum, D. (1997), S. 99 f. Zur Intensität von Aktivitäten
aus Kundensicht innerhalb eines Kundenlebenszyklus vgl. außerdem Hentschel, B. (1991), S. 27.
312
Neben den bereits aufgezeigten monetären Größen Umsatz und Kosten werden auch nicht monetäre Größen
wie das dem Umsatz zugrunde liegende Mengengerüst oder die Zeitdauer nach dem letzten Kauf, aber auch
Objekte, die nicht unmittelbar mit dem Tauschakt in Beziehung stehen wie das Volumen des Informationsaustausches, Anzahl der Informationskontakte für diesem Zweck herangezogen. Vgl. Homburg, C./Daum, D.
(1997), S. 97 f.; Schulz, B. (1995), S 75; Diller, H. (1995), S. 57.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
69
lich ihrer Stellung im Lebenszyklus marketing- bzw. vertriebstechnisch zu bearbeiten.313 So
besteht die Gefahr, daß der idealtypische Phasenverlauf nur begrenzt auf den tatsächlichen
Entwicklungsprozeß von Kunden übertragbar ist.314 Daraus ergibt sich, daß sowohl die Zuordnung von Kunden zu ihrer aktuellen Phase erschwert wird, und gleichzeitig die Prognosefunktion auf Basis des zukünftig unterstellten, idealtypischen Phasenverlaufs nur mäßig verläßliche Informationen liefert.315 Darüber hinaus gibt eine unterstellte Entwicklungstendenz
von Umsätzen und Kosten keine Hinweise auf die Attraktivität und Bedeutung der Kunden im
Vergleich untereinander. Hierzu sind zusätzliche, konkrete kunden- bzw. kundengruppenindividuelle Betrachtungen notwendig.
3.2.3.2.2
Kundenlebenszyklusrechnungen
Kundenlebenszyklusrechnungen bauen auf dem Ansatz des Kundenlebenszyklus auf, ohne
daß es dabei erforderlich ist, daß die Entwicklung der Unternehmen-Kunden-Beziehung auf
dem bereits aufgezeigten idealtypischen Muster basiert.316 Bei diesen Rechnungen kann die
methodische Bewertung dieser periodenübergreifenden Beziehungen auf der Basis von Erlösbzw. Umsatz- und Kosteninformationen oder durch Verwendung investitionsrechnerischer,
zahlungsbezogener Ansätze ggf. unter Berücksichtigung nicht direkt monetärer Faktoren erfolgen.317
In Anlehnung an CORNELSEN lassen sich bei den kostenrechnerischen Ansätzen die Verfahren der kumulativen Perioden-Erfolgs-Rechnung, Lebenszyklus-Kosten-Rechnung und
entgehenden Kunden-Deckungsbeitrags-Rechnung unterscheiden.318 Bei der kumulativen Perioden-Erfolgs-Rechnung erfolgt in ihrer Grundform die bloße Kumulation von realisierten
Auftragsdeckungsbeiträgen.319 Die dabei entstehende Vernachlässigung von Kosten mit investivem Charakter, beispielsweise in Form von kundenspezifischen Akquisitionskosten,
kann durch den Ausbau dieses Ansatzes in Richtung einer kundenbezogenen Amortisations-
313
Zu dieser Anforderung an Lebenszyklus-Ansätze vgl. Kuhlmann, E. (2000), S. 149.
314
DILLER/LÜCKING/PRECHTEL konnten am Beispiel eines Zulieferunternehmens in der Metallindustrie
nur bei knapp dreißig Prozent der Kunden sämtliche idealtypischen Phasen eines Lebenszyklus auf Basis von
Umsatz- und Kostenverläufen feststellen. Vgl. Diller, H./Lücking, J./Prechtel, P. (1992), S. 10.
315
Vgl. dazu auch Cornelsen. J. (2000), S. 135.
316
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 147.
317
Vgl. Fließ, S. (2001), S. 485. Der Unterscheid zwischen beiden Ansätzen besteht neben den einzubeziehenden Wertgrößen insbesondere darin, daß bei den investitionsrechnerischen Ansätzen der zeitliche Anfall von
Zahlungsströmen über einen Diskontierungsfaktor finanzmathematisch berücksichtigt wird. Zu dynamischen
Investitionsrechnungen vgl. ausführlich Perridon, L./Steiner, M. (1993), S. 56 ff.
318
Vgl. Cornelsen, J. (2000), S. 133.
319
Vgl. Zehbold, (1996), S. 199 f.
70
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
rechnung kompensiert werden.320 Die bei diesem Ansatz vorherrschende retrospektive Ausrichtung der Kundenbewertung wird bei der Lebenszyklus-Kosten-Rechnung um eine prospektive Dimension ergänzt, indem neben den bisher angefallenen kundenspezifischen Kosten und Umsätzen bzw. Erlösen auch die voraussichtlichen zukünftigen kundenspezifischen
Erlöse und Kosten in den einzelnen Entwicklungsphasen der Unternehmen-KundenBeziehung einbezogen und zu einem prognostischen Lebenszykluswert verdichtet werden.321
Die Berechnung des Lebenszykluswertes eines Kunden ist in Abbildung 16 dargestellt.
Va0 im
T
Va 0 = ∑ x t ⋅ (p t − k t ) − Ft
t =0
xt
-
Gesamtwert des Nettoerfolges des Kunden a
Zeitpunkt t = 0
Abnahmemenge des Produktes in Periode t
pt
-
Absatzpreis des Produktes in Periode t
kt
-
Stückkosten des Produktes in Periode t
Ft
-
Kundenspezifische (nicht mengenabhängige)
Kosten
t = 0, ..., T -
Betrachtungszeitraum
Abbildung 16: Berechnung des Lebenszykluswertes bei der Lebenszyklus-Kosten-Rechnung
Quelle: In Anlehnung an Kuhlmann, E. (2001), S. 153.
Bei dem Ansatz der entgehenden Kundendeckungsbeitrags-Rechnung werden zusätzlich zu
den retrospektiven und prospektiven Wertgrößen der Lebenszyklus-Kosten-Rechnung Folgekosten durch leistungsbezogene Qualitätsmängel berücksichtigt. Diese als Opportunitätskosten zu charakterisierenden Kosten ergeben sich aus den entgangenen, zukünftig geplanten
kundenspezifischen Deckungsbeiträgen, wenn der Kunde infolge von Leistungsmängeln die
Unternehmen-Kunden-Beziehung beendet.322
Bei den investitionsrechnerischen Ansätzen erfolgt die Bestimmung der Wertbeiträge von
Kunden innerhalb ihres Kunden-Lebenszyklus323 anhand von Kapitalwertbetrachtungen324 auf
320
Bei diesem Vorgehen wird zwischen Auftragsdeckungsbeiträgen und investiven Vor- und Nachleistungskosten einer Unternehmen-Kunden-Beziehung unterschieden. Dabei müssen sich die angefallenen investiven
Kosten über die laufenden Auftragsdeckungsbeiträge bei den einzelnen Kunden amortisieren. In den sogenannten „Pool“ fließen alle kundenbezogenen Deckungsbeiträge und Investivkosten ein. Der Saldo gibt dabei den Unterschied zwischen den kumulierten Auftragsdeckungsbeiträgen und den angefallenen Investivkosten an. Zukünftige Investitionsentscheidungen werden hier über die unterstellte Dauer der Amortisation
im Sinne einer „Pay-off-Periode“ quasi im Rahmen einer mitlaufenden Kalkulation getroffen. Vgl. Plinke,
W. (1989), S. 320 f.; Plinke, W. (1985), S. 167 f.
321
Vgl. Klingebiel, N. (1997), S. 138; Zehbold, C. (1996), S. 182. Hierbei werden die zukünftig zu erwartenden
Umsätze bzw. Erlöse und Kosten geschätzt. Zu empirischen Kundenlebenszyklus-Umsatzwerten in verschiedenen Branchen vgl. Meyer, A. (1999), S. 17.
322
Vgl. Fröhling, O. (1993), S. 105 - 110.
323
Hier wird wiederum die gesamte zeitliche Unternehmen-Kunden-Beziehung von ihrem Anfang bis zu ihrem
Ende betrachtet. Vgl. Köhler, R. (1999), S. 351.
324
Zur investitionstheoretischen Kapitalwertmethode als dynamischen Barwertverfahren vgl. Perridon,
L./Steiner, M. (1993), S. 58 - 62.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
71
Basis von kundenspezifisch zurechenbaren Ein- und Auszahlungsreihen.325 Dieser auch als
Customer Lifetime Value (CLV)326 bezeichnete Ansatz berücksichtigt den zeitlichen Anfall
von Zahlungsströmen über einen Diskontierungsfaktor, dem ein entsprechender Kalkulationszinssatz zugrunde liegt.327 Der Basisansatz für die Berechnung des Customer Lifetime
Value ist aus Abbildung 17 ersichtlich.
T
CLVa 0 = ∑
t =0
x t ⋅ (p t − k t ) − Ft
(1 + i) t
CLVa0
-
Customer Lifetime Value (Kapitalwert) des
Kunden im Zeitpunkt t = 0
xt
-
Abnahmemenge des Produktes in Periode t
pt
-
Absatzpreis des Produktes in Periode t
kt
-
Stückkosten des Produktes in Periode t
Ft
-
Kundenspezifische (nicht mengenabhängige) Kosten
i
-
Kalkulationszinsfuß
t = 0, ..., T -
Betrachtungszeitraum
Abbildung 17: Berechnung des Customer Lifetime Value (Kapitalwertansatz)
Quelle: In Anlehnung an Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 147.
Je nach Betrachtungsrichtung zum Zeitpunkt der Bewertung kann einerseits der vergangenheitsorientierte Wertbeitrag eines Kunden und andererseits der zukünftig zu erwartende Wertbeitrag bis zum Ende der Unternehmen-Kunden Beziehung bestimmt werden.328 Der Customer Lifetime Value wird durch die Höhe und Verteilung der Ein- und Auszahlungen, die Höhe des verwendeten Kalkulationszinssatzes sowie die unterstellte Dauer der UnternehmenKunden-Beziehung selbst determiniert.329 Dabei stehen prospektiv betrachtet die Höhe und
325
Teilweise wird in der Literatur bei diesen Ansätzen auf Umsatz- bzw. Erlös- und Kostengrößen zurückgegriffen. Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 147. Dies erfolgt unter der stark vereinfachenden Annahme, daß keine zeitlichen Verschiebungen zwischen Kosten und Auszahlungen sowie Umsätzen bzw. Erlösen und Einzahlungen vorliegen. Zeitliche Verschiebungen entstehen beispielsweise zwischen Ausgaben
bzw. Auszahlungen und Kosten dadurch, daß nicht alle Kosten zahlungswirksam sind und nicht alle zahlungswirksamen Ausgaben Kosten sind. So sind Abschreibungen auf bilanzierte Aktiva nicht zahlungswirksame Kosten. Gleichzeitig stellen die Anschaffungswerte dieser Aktiva zahlungswirksame Ausgaben dar
(Dies gilt unter der Annahme, daß das Zahlungsziel für den gesamten Anschaffungswert in der Anschaffungsperiode liegt). Diese Auszahlungen stellen jedoch, bis auf Ausnahme der in der Anschaffungsperiode
anfallenden Abschreibungen, keine Kosten dar. Vgl. dazu auch Plinke, W. (2000), S. 11 - 14.
326
Vgl. Blattberg, R.C./Deighton, J. (1993); Dwyer, F.R. (1989); Shaw, R./Stone, M. (1988).
327
Der Diskontierungsfaktor beeinflußt den Wertbeitrag eines Kunden dahingehend, daß durch die Berücksichtigung der zeitlichen Verteilung der Ein- und Auszahlungsströme den von einem zeitlichen Referenzpunkt
weiter entfernt liegenden Zahlungsströmen weniger Bedeutung als den zeitlich näherliegenden beigemessen
wird. Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 154; Helm, S./Günter, B. (2001), S. 21.
328
Aus beiden Teilwerten ergibt sich kumuliert betrachtet, der Wert der gesamten Unternehmen-KundenBeziehung. Vgl. Krüger-Stromayer, S. (2000), S. 112.
329
Zur Ausgestaltung von CLV-Berechnungen in verschiedenen Branchen vgl. Andon, P./Baxter, J./Bradley, G.
(2001), S. 264 - 267.
72
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Verteilung der Ein- und Auszahlungen sowie die Dauer des Anfalls dieser Zahlungen unter
dem Einfluß des zukünftigen Verhaltens des Kunden.330
Aus Unternehmenssicht stellen diese Informationen Prognose- bzw. Schätzgrößen dar, die mit
Unsicherheitsaspekten behaftet sind. Zur Abbildung dieser Unsicherheit bestehen mehrere Alternativen. So kann über den Kalkulationszinssatz das kundenspezifische Risiko des Abbruchs der Unternehmen-Kunden-Beziehung dargestellt werden.331 Ein hohes Risiko, verbunden mit einem erhöhten Kalkulationszinssatz, führt zu einer Verringerung des ausgewiesenen
finanziellen Wertbeitrages eines Kunden.332 Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Unsicherheit der Zahlungsströme über zugeordnete subjektive Wahrscheinlichkeiten aus Sicht des anbietenden Unternehmens im Sinne einer Bestimmung von Erwartungswerten abzubilden.333
Für die Abschätzung der voraussichtlichen Dauer einer Unternehmen-Kunden-Beziehung
können Kundenabwanderungsmodelle ihre Anwendung finden. Unter Einbezug derartiger
Modelle erfolgt die Bestimmung des Customer Lifetime Value unter Berücksichtigung von
Wiederkaufwahrscheinlichkeiten auf Basis vorliegender, vergangenheitsorientierter Kundeninformationen.334
Neben den direkten monetären Faktoren können weitere nicht direkt monetäre Beeinflussungsgrößen zur Beurteilung des Wertes eines Kunden während seiner Kundenlebenszeit herangezogen werden. Diese Größen können auf weitergehenden qualitativen und quantitativen
330
Vgl. Rese, M. (2001), S. 284.
331
Vgl. Lube, M.-M. (1996), S. 77 ff.
332
Zur kritischen Haltung gegenüber der Praktikabilität von risikoadäquaten Kalkulationszinsätzen durch Verwendung kundenspezifischer Beta-Faktoren vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 147. Zum allgemeinen Risikoansatz des Beta-Faktors im Rahmen des Capital Asset Pricing Modells (CAPM) vgl. Perridon,
L./Steiner, M. (1993), S. 252 - 256.
333
Dazu sowie zum entsprechenden Problem des „Bauchgefühls“ vgl. Rese, M. (2001), S. 284.
334
Der zentrale Ansatz von DWYER bezieht Abwanderungsquoten der Kunden bei der Bestimmung des Kundenwerts mit ein. Bei dem „Customer Retention“-Modell, das auf grundsätzlich längerfristig angelegte Unternehmen-Kunden-Beziehungen ausgerichtet ist, werden Abwanderungsraten von Kunden im Zeitablauf bei
der Berechnung von Kundenwerten mit einbezogen. Es wird davon ausgegangen, daß eine Kunde, wenn er
abwandert, für immer verloren ist bzw. nur mit erheblichem Aufwand zurückgeholt werden kann. (Durch
Simulation einer veränderten Bestandswahrscheinlichkeit kann die Bedeutung für die Wertbasis eines Kundenstamms abgeschätzt werden. Zu entsprechenden Ergebnissen vgl. Reichheld, F.F./Sasser, E.A. (1991), S.
108 - 115.) Das „Customer Migration-Modell“, bei dem die Kunden ihren Bedarf gleichzeitig bei mehreren
Anbietern decken können, unterteilt die Kunden in Abhängigkeit vom Zeitraum ihres letzten Kaufs in Gruppen mit unterschiedlichen Wiederkaufwahrscheinlichkeiten. Je nach vorliegenden Wiederkaufmustern, finden zwischen diesen Gruppierungen unterschiedliche Kundenzu- und -abflüsse im Zeitablauf statt. Auf Basis
eines mehrperiodigen Betrachtungshorizontes und unterstellter Umsatz- und Kostengrößen wird der Kundenwert, bezogen auf eintretende Neukunden, ermittelt. Beide Modelle zielen dabei auf die Berechnung kundengruppenbezogener Kundenwerte ab. Vgl. Dwyer, F.R. (1989), S. 8 - 15. Zur Bestimmung und Erklärung
von Kundenlebenszeiten in vertraglichen Unternehmen-Kunden-Beziehungen können insbesondere Survival-Analysen und im Fall von nichtvertraglichen Beziehungen Negative Binominal Distribution (NBD)Pareto-Modelle genutzt werden. Vgl. dazu ausführlich Krafft, M./Rutsatz, U. (2001b), S. 620 - 630. Zur allgemeinen Vorteilhaftigkeit von Beziehungen im Rahmen definierter zeitlicher Verträge für Lebenszeitprognosen vgl. Diller, H./Cornelsen, J./Ambrosius, T. (1997), S. 25.
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
73
zum Teil nicht direkt monetären Faktoren beruhen.335 Dabei besteht die Möglichkeit, die nicht
monetären Beeinflussungsfaktoren als zusätzliche Bewertungsdimension neben den bestehenden direkten monetären Bewertungsgrößen zu verwenden oder die nicht direkt monetären
Faktoren über ein- oder mehrstufige Ursache-Wirkungsketten in eine finanzielle, indirekt monetäre Dimension zu überführen.336
T
CLVa 0 = ∑
t =0
CLVa0 -
T
x at ⋅ d at − Fat
N ant ⋅ ( x ant ⋅ d ant − Fant ) T B abt ⋅ ( x abt ⋅ d abt − Fabt )
+∑
+
∑
(1 + i) t
(1 + i) t
(1 + i) t
t =0
t =0
Customer Lifetime Value (Kapitalwert) des Kunden zum Zeitpunkt t = 0
xat
-
Produktabnahmemenge des betrachteten Kunden a in Periode t
pat
-
Produktabsatzpreis des Kunden a in Periode t
kat
-
Produktstückkosten des Kunden a in Periode t
dat
-
Stückdeckungsbeitrag bei Verkauf an Kunden a in Periode t (dat = pat - dat)
Ft
-
Kundenspezifische (nicht mengenabhängige) Kosten für Kunden a
Nant
-
Anzahl der Neukunden, die aufgrund der Hinweise des Kunden a in Periode
t zu Erstkäufern werden
xant-
Produktabnahmemenge (durchschnittlich) eines Kunden in der Periode t
dant
-
Stückdeckungsbeitrag bei Verkauf an Neukunden in Periode t
Fant
-
Kundenspezifische (nicht mengenabhängige) Kosten für Neukunden
Babt
-
Anzahl der bisherigen Kunden, die aufgrund der Hinweise des Kunden a in
Periode t nicht abwanderten
xabt-
Produktabnahmemenge eines „behaltenen“ Kunden in Periode t
dabt
-
Stückdeckungsbeitrag bei Verkauf an „behaltenen“ Kunden a in Periode t
Fabt
-
Kundenspezifische (nicht mengenabhängige) Kosten für „behaltenen“ Kunden
i
-
Kalkulationszinsfuß
t = 0, ..., T -
Abbildung 18:
Betrachtungszeitraum
Berechnung des Customer Lifetime Value unter Berücksichtigung
kommunikativer und akquisitorischer Aspekten
Quelle: In Anlehnung an Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 149.
335
RIEKER betrachtet in diesem Zusammenhang Entwicklungs-, Innovations-, Ausstrahlungs-, Einfluß- und
Kooperationsfaktoren, wobei er sich dabei auf Potentialgrößen bezieht. Vgl. Rieker, S.A. (1995), S. 59.
SCHEMUTH stützt sich neben monetären Größen auf die Betrachtung von informatorischen und kommunikativ/akquisitorischen Aspekten. Vgl. Schemuth, J. (1996), S. 48. CORNELSEN betrachtet hingegen neben
den direkten monetären Größen kundenbezogene Cross-Selling-, Referenz- und Informationswerte. Vgl.
Cornelsen, J. (2000), S. 170 f.
336
Ein Ansatz zur indirekten Monetarisierung von Referenzwerten stellt der „REVAL“-Ansatz von
CORNELSEN dar. Vgl. Cornelsen, J. (2001), S. 166 - 181; Cornelsen, J. (2000), S. 186 ff. Für den dualen
Ansatz von monetären und nichtmonetären Größen im Sinne eines integrierten Scoring-Modells vgl. Schemuth, J. (1996), S. 84 - 86.
74
3.2 Ansätze im Rahmen des Planungsmodells
Die nicht direkt monetären Faktoren beziehen sich auf wertsteigernde oder wertvernichtende
Potentialbereiche, die sich aus der Interaktion mit dem Kunden und dem Verhalten des Kunden ergeben. Hierbei werden insbesondere Verbundeffekte zwischen den Transaktionen in
bezug auf einen Kunden, aber auch zu anderen bestehenden oder potentiellen Kunden betrachtet.337 Ein Ansatz zur Berechnung des Customer Lifetime Value unter Berücksichtigung
akquisitorischer und kommunikativer Aspekte ist in Abbildung 18 dargestellt.
Kundenlebenszyklusrechnungen ermöglichen die Dynamisierung von kundenbezogenen Erfolgsrechnungen. Die retrospektive Betrachtung der Wertbeiträge führt zu einer erweiterten,
periodenübergreifenden und kundenbezogenen Profitabilitätsorientierung. Da für Investitionen in einen Kunden insbesondere die zukünftigen Wertbeiträge eine wesentliche Rolle spielen, sind die prospektiven Ansätze durch eine stärkere Ganzheitlichkeit in der Betrachtung
von Unternehmen-Kunden-Beziehungen gekennzeichnet. Durch den Einbezug von Diskontierungsgrößen kann der zeitliche Aspekt von Zahlungsströmen berücksichtigt werden. Gleichzeitig ist mit dem Zukunftsaspekt eine Unsicherheit in der Vorhersagbarkeit der anfallenden
direkten Zahlungs- bzw. Umsatz- und Kostengrößen bei den Transaktionen mit dem Kunden
verbunden. Diese Unsicherheit reduziert die Aussagekraft der Ansätze und läßt im Einzelfall
nur Angaben zu den einzelnen Größen erwarten, die erheblichen Schätzungenauigkeiten unterliegen.338 Hierbei ist insbesondere bei der Ausdehnung des Betrachtungshorizontes von einer Verringerung der Prognosequalität auszugehen.339 Bei fehlender Berücksichtigung dieser
Unsicherheit können Entscheidungen nur auf Basis einer quantifizierten finanziellen Scheingenauigkeit getroffen werden. Der Einbezug weiterer nicht direkt monetärer Einflußgrößen
führt zwar zu einer qualitativen Erweiterung des Bewertungsansatzes, erlaubt jedoch keine direkte Integration in das Modell.340 Erfolgt hingegen eine Überführung von nicht direkt monetären Faktoren zu indirekt monetär bewertbaren Faktoren, werden an die Prognose insbesondere im Hinblick auf Verbundeffekte zusätzliche Anforderungen gestellt, die wiederum durch
337
Bei Verbundeffekten zwischen Kunden wird speziell betrachtet, welche Rolle ein Kunde in bezug auf die
Akquisition neuer Kunden und der Abwanderung bestehender Kunden einnimmt. Vgl. Link, J./Gerth,
N./Voßbeck, E. (2000), S. 148.
338
Vgl. Krafft, M./Albers, S. (2000), S. 518; Köhler, R. (1999), S. 353; Huldi, C. (1997), S. 608. Neben den
kundenbezogenen Unsicherheiten hinsichtlich des zeitlichen Anfalls und Umfangs von Transaktionen bestehen weitere allgemeine Unsicherheiten, beispielsweise durch die Preisentwicklung von Produkten und
Einsatzfaktoren. Diese allgemeinen Unsicherheiten ermöglichen zwar aufgrund ihrer systematischen Berücksichtigung bei allen Kunden eine trotzdem richtige ordinale Bewertung der Kunden untereinander, können
jedoch bei der Bewertung der zukünftigen Kundenprofitabilität zu Falschaussagen führen.
339
Zum Spannungsverhältnis zwischen Sicherheitsgrad und Informationsgehalt von Prognosen vgl. Wild, J.
(1982), S. 134 - 140. Den Auswirkungen der zukunftsbezogenen Prognosequalität steht jedoch dabei entgegen, daß weit in die Zukunft reichende Zahlungsströme je nach Höhe des Kalkulationszinses rein verfahrenstechnisch nur eine bedingte Bedeutung für die Höhe des aktuellen Kundenkapitalwertes besitzen. So beträgt
beispielsweise der Kapitalwert bei einer jährlichen Einzahlung von einhundert Geldeinheiten, einem Kalkulationszins (i) von zehn Prozent und einem unendlichem Zeithorizont lediglich eintausend Geldeinheiten. Die
entsprechende Berechnungsvorschrift ergibt sich aus der Rentenbarwert(RBW)-Formel einer unendlichen
jährlichen Rente (Rue): RBW=Rue/i. Vgl. dazu entsprechend Perridon, L./Steiner, M. (1993), S. 335.
340
Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 155.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
75
Unsicherheitsaspekte gekennzeichnet sind.341 Da bereits finanzielle Zurechnungsprobleme
zwischen verbundenen Transaktionen einer betrachteten Unternehmen-Kunden-Beziehung im
Zeitablauf bestehen,342 erscheint es fragwürdig, inwieweit diese Probleme bei kundenübergreifenden monetären Aspekten entscheidungsorientiert gelöst werden können. Gleichzeitig ergeben sich bei dem Einbezug von akquisitorischen und kommunikativen Aspekten zusätzliche
Fragen hinsichtlich der Aggregation und Konsolidierung von Kundenwerten.343 Die mit diesen
Aspekten verbundenen Anwendungsprobleme führen bisher nur zu einem sehr geringen Einsatz von CLV-Rechnungen in der Praxis.344
3.2.3.2.3 Zusammenfassende Bewertung
Die allgemeinen Kundenlebenszyklusansätze bieten einen Denkansatz für die periodenübergreifende Betrachtung des Kundenwerts. Aufgrund ihres generischen Charakters liefern sie
aber lediglich Tendenzaussagen, deren Verwendung bei der Planung der Kundenbearbeitung,
aufgrund der fehlenden Operationalisierung und Instanzierung von Wertgrößen, nicht angemessen erscheint. Die entsprechende Konkretisierung im Rahmen der bestehenden Ansätze
der Kundenlebenszyklusrechnungen gleicht diese Schwäche zwar aus, bietet aufgrund des
oftmals weit ausgerichteten Betrachtungshorizontes und möglichen Erlös- und Kosteninterdependenzen wenig Aussagefähigkeit für Entscheidungen in bezug auf eine reale Planungsperiode. Einen für das Planungsmodell verwendbaren Ansatz zur Berücksichtigung von Unsicherheiten im Hinblick auf den Abschluß von Transaktionen bieten Kundenabwanderungsmodelle. Dieser Ansatz ist für den hier vorliegenden Steuerungskontext im Bereich des Planungsmodells zu nutzen und entsprechend der getroffenen Konventionen und definierten
Kundenklassifikation zu spezifizieren, um den Anforderungen an die Gestaltung der Zielfunktion zu entsprechen.
3.3
Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Einzubeziehende Lösungsansätze für das zu konzipierende Kontrollmodell müssen Ansatzpunkte für das Vorgehen, die Strukturierung sowie die Analyse von zu betrachtenden Abweichungsaspekten im Rahmen der Kundenbearbeitung bereitstellen. Neben den spezialisierten
Ansätzen zur quantitativen Analyse von Soll-Ist-Abweichungen mit ihrem direkten Bezug zu
finanziellen erlös- und kostenorientierten Abweichungsgrößen existieren qualitative Ansätze,
die generische Vorgehensmodelle und Denkansätze zur Strukturierung von zu betrachtenden
341
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 148 f.
342
Vgl. Rese, M. (2001), S. 283 ff.; Plinke, W./Rese, M. (2000), S. 735 ff.; Schneider, D. (1985), S. 2159. Zu
Entscheidungstypen bei Betrachtung der Verbundenheit von Transaktionen vgl. Rese, M. (2000), S. 285 289.
343
Durch Zurechnung von mehreren Kundenwerten auf Basis von Bindungs- und Akquisitionswirkungen zu
einem Kunden besteht die Gefahr von Multiplikationseffekten durch Doppelzahlungen bei kumulierter Betrachtung über Kundengruppen.
344
Vgl. Krafft, M./Marzian, S. (1997), S. 106.
76
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Abweichungssituationen in Unternehmen liefern. Die am vordergründigsten im qualitativen
Bereich der Abweichungsanalyse thematisierten Ansätze werden an dieser Stelle mit einbezogen und entsprechend inhaltlich dargestellt. Sie sind als universelle organisatorische Ansätze zur Betrachtung von Soll-Ist-Abweichungen in Unternehmen zu charakterisieren. Sie sollen dahingehend überprüft werden, inwieweit sie Lösungspotentiale für das zu konzipierende
Kontrollmodell beinhalten bzw. im Gegenschluß verdeutlichen, welche nicht zielführenden
Aspekte dieser Instrumente für die Konzeption des Kontrollmodells keine Berücksichtigung
finden sollten.
3.3.1
Qualitative Ansätze zur Analyse von Soll-Ist-Abweichungen
Qualitative Ansätze zur Analyse von Soll-Ist-Abweichungen zielen im hier verstandenen Sinne auf die Analyse, Strukturierung und Überwindung von Ungleichgewichtssituationen aufgrund von Defiziten zwischen Ist- und angestrebten Sollzuständen ab. Diese vorhergesehene
oder realisierte Zielabweichung bildet die Basis für eine problematische Situation in Unternehmen.345
3.3.1.1 Ishikawa-Diagramme
Ishikawa-Diagramme bieten einen Ansatz zur Ursachenidentifikation und -abbildung bei bereits erkannten Soll-Ist-Abweichungen. Dieser Ansatz dient einer Systematisierung von Ursachen. Dabei wird sich nicht nur auf die reine parallele Abbildung der Ursachenfaktoren beschränkt, sondern auch auf die Darstellung von Abhängigkeiten zwischen diesen Faktoren
eingegangen.346 Bei Ishikawa-Diagrammen, die auch hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausrichtung als Ursachen-Wirkungs-Diagramme bzw. ihrer optischen Form als FischgrätenDiagramme bezeichnet werden347, wird die zu beeinflussende Zielgröße durch einen Hauptpfeil repräsentiert. Identifizierte Ursachen, die die Zielerreichung beeinflussen, werden gemäß
ihrer Wirkungsrichtung und ihres -bezugs klassifiziert. Dabei werden hierarchisch verbundene Haupt- und Unterursachen differenziert, die grafisch durch entsprechend angeordnete Ursachenpfeile, wie in Abbildung 19 dargestellt, abgebildet werden.348
345
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 19. Diese Sicht eines unerwünschten Zustandes, dessen Transformation in einen erwünschten Zustand jedoch durch Barrieren verhindert wird, wird auch als Problem bzw. Problemstellung bezeichnet. Vgl. Dörner, D. (1987), S. 10. Die allgemeine Analyse derartiger Zustandsabweichungen im
breit gefächerten Unternehmenskontext beschreibt den Bereich der organisatorischen Problemanalyse. Vgl.
Türk, K. (1980), Sp. 1855 f. Darauf aufbauend, ist im folgenden der Terminus „Soll-Ist-Abweichung“ als
Synonym für den Terminus „Problem“ bzw. „Schwachstelle“ zu verstehen.
346
Vgl. Ishikawa, K. (1985), S. 63 ff.; Wadsworth, H.M./Stephens, K.S./Godfrey, A.B. (1986), S. 310 ff.
347
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 95.
348
Vgl. Ishikawa, K. (1985), S. 63.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Material
77
Maschinen
Prozesse
Wirkung
Mitarbeiter
Methoden
Ursachen/
Faktoren
Abbildung 19: Beispiel eines Ishikawa-Diagrammes
Quelle: In Anlehnung an Ishikawa, K. (1985), S. 63.
Die für die Generierung eines Ishikawa-Diagramms mit konkretem Anwendungsbezug notwendigen Informationen werden in Brainstorming-Sitzungen349 und Gesprächsrunden mit betroffenen Mitarbeitern erarbeitet.350
Aufgrund ihres allgemeinen Charakters können Ishikawa-Diagramme für viele als problematisch empfundene Situationen in Unternehmen angewendet werden. Die grafische Darstellungstechnik fördert das Verständnis über unterstellte Ursache- und Wirkungszusammenhänge. Die Qualität der Ursachenanalyse wird durch diesen Ansatz nicht unterstützt. Es existiert
kein allgemeiner oder spezieller Ursachenklassifikations- bzw. inhaltlicher Analyseansatz, der
die Ausführungsschritte unterlegt.351 Die Qualität der Ergebnisse hängt ausschließlich von den
Kenntnissen der involvierten Mitarbeiter ab und ergibt sich nicht aus dem Ansatz selbst, was
eine Bewertung und inhaltliche Nachvollziehbarkeit der Resultate erschwert.
3.3.1.2 Kepner-Tregoe-Ansatz
Der auf die Autoren KEPNER/TREGOE352 zurückgehende Ansatz zielt darauf ab, für eine identifizierte Abweichung die verantwortlichen Ursachen im Rahmen eines systematischen
und methodisch unterstützten Vorgehens zu finden. Hierfür ist in einem ersten Schritt, die
konkrete als problematisch empfundene Situation zu identifizieren und abzubilden. Darauf
349
Zur Kreativitätstechnik des Brainstormings vgl. Preißner, A. (1999), S. 179 f.
350
Im Rahmen des Brainstormings werden mögliche Ursachen der Zielabweichung identifiziert. Darauf aufbauend werden in Gesprächsrunden die Ursachen hierarchisch geordnet und hinsichtlich ihrer Bedeutung bewertet. Vgl. Wadsworth, H.M./Stephens, K.S./Godfrey, A.B. (1986), S. 312 f.
351
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 188.
352
Vgl. Kepner, C.H./Tregoe, B.B. (1967). Interpretationen bzw. Modifikationen dieses Ansatzes finden sich u.
a. bei Brauchlin, E. (1990), S. 166 ff.; Wildemann, H. (1989), Sp. 820 ff.; Holtgrewe, K.G. (1972), S. 30 ff.
78
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
aufbauend, erfolgt eine Bestimmung und Prüfung von auslösenden Ursachen. Die Ergebnisse
werden im Anschluß für die Erarbeitung von Handlungsimplikationen genutzt.353
Ausgangsbasis bildete die Betrachtung von Entscheidungsprozessen, die sich bei diesem Ansatz in die Prozeßteilbereiche Problemanalyse354 (Auffindung von Abweichungsursachen),
Entscheidungsanalyse (Auswahl von alternativen Möglichkeiten bzw. Maßnahmen) und Analyse potentieller Probleme (Sicherung der Maßnahmenausführung) aufspalten.355 Den Teilprozessen vorgelagert ist eine Situationsanalyse, die es bei der Betrachtung einer konkreten Situation ermöglichen soll, zu entscheiden, welcher dieser Teilprozesse zu initiieren ist. Sie dient
dazu, existierende und mögliche Probleme in ihrem Kontext zu betrachten und bei dem Vorliegen von ganzen Problemkomplexen, diese in Teilprobleme mit den entsprechenden Zusammenhangsstrukturen zu unterteilen.356 Sind die Teilprobleme grob umrissen, besteht die
Aufgabe darin, vorhandene Abweichungsbereiche zu lokalisieren und hinsichtlich ihrer Bedeutung, Dringlichkeit sowie ihres Ausweitungspotentials in eine Rangfolge zu bringen.357
Ein vorrangig zu bearbeitendes Problem kann in der Problemanalyse weiter spezifiziert werden. Ziel ist es an dieser Stelle, die Abweichung möglichst exakt zu definieren. Dazu sind in
einem ersten Schritt folgende Fragen zu beantworten:358
-
Was ist der Inhalt der Abweichung bzw. bei welchem Dimensionsbereich ist die
Abweichung aufgetreten?
-
Wo bzw. an welchen Objekten ist die Abweichung aufgetreten?
-
Wann ist die Abweichung aufgetreten (Zeitpunkt-/Zeitraumbetrachtung)?
-
Welches Ausmaß besitzt die Abweichung?
Im zweiten Schritt ist durch Analogiebildung insbesondere zur ersten und zweiten Fragenkategorie zu beschreiben, wo das Problem potentiell noch auftreten könnte jedoch nicht aufgetreten ist. Dieses Vorgehen dient dazu, Besonderheiten, die mit dem Auftreten der Abweichung verbunden sind, zu identifizieren. Aus ihnen und der generierten Abweichungsbeschreibung sollen mögliche, für die Abweichung verantwortliche Ursachen erkannt werden.
Dafür werden Hypothesen als Erklärungsansätze für mögliche Ursachen gebildet und auf ihre
Tauglichkeit hin überprüft. Zur Verifizierung oder Falsifikation können dabei insbesondere
353
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 101.
354
Als Problem wird in diesem Zusammenhang eine Abweichung beim Ablauf von Ereignissen verstanden, die
sich zwischen dem tatsächlichen Ist-Ablauf und dem erwartenden Soll-Ablauf ergibt. Vgl. Holtgrewe, K.G.
(1972), S. 34.
355
Vgl. Holtgrewe, K.G. (1972), S. 32. Im folgenden wird ausschließlich auf den Teilbereich der Problemanalyse vertiefend eingegangen, da nur er im engeren Bezug zu der in diesem Kapitel behandelten Thematik der
Abweichungsanalyse steht.
356
Vgl. Wildemann, H. (1989), Sp. 821 f.
357
Vgl. Kepner, C.H./Tregoe, B.B. (1967), S. 82. Diese Darstellung zeigt, daß es sich auch bei dem identifizierten Teilproblem um einen mehrdimensionalen Abweichungskomplex handelt.
358
Vgl. Kepner, C.H./Tregoe, B.B. (1967), S. 89 ff.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
79
die im Bereich der Analogiebildung bestimmten Besonderheiten ihre Anwendung finden. Bei
diesem Prozeß sind untaugliche Hypothesen sukzessive auszusondern, und im Ergebnis die
wahrscheinlichsten Hypothesen zu ermitteln.359 Eine schematische Zusammenfassung der einzelnen Schritte der Abweichungsanalyse findet sich in Abbildung 20.
Der Kepner-Tregoe-Ansatz bietet eine methodische Unterstützung bei dem Auffinden und
Analysieren von Abweichungen ohne Einschränkung des Anwendungsbereiches. Dafür stellt
der Ansatz eine definierte Folge von Verfahrensschritten bereit, die bei sequentieller Durchschreitung die Erarbeitung der angestrebten Analyseergebnisse unterstützen. In bezug auf die
inhaltliche Tiefe des methodischen Durchdringens des Problemkontextes bestehen speziell im
Bereich der Situationsanalyse und Problembeschreibung als kritisch einzustufende Freiheitsgrade. So bietet dieser Ansatz bei der Eingrenzung und Priorisierung des zu betrachtenden
Problems logische Inkonsistenzen, da für diese Aufgabenbereiche der zu diesem Zeitpunkt
vorhandene Kenntnisstand eine konkrete Auswahl und Bewertung von möglichen Problemen
sachlogisch noch nicht zur Verfügung steht.360 Gleichzeitig erscheint es fragwürdig, ob durch
die offenen W-Fragen das Problem in ausreichender und umfassender Detailliertheit abgegrenzt werden kann. Ein Denkansatz im Sinne eines zugrunde liegenden Modellverständnisses wird hier nicht explizit vorgegeben.
Abweichungsanalyse
Definition der Abweichung
Situationsanalyse
Ursachenfindung
für Abweichung
Beschreibung der Abweichung
Ursachenentwicklung
Ursachenprüfung
Abbildung 20:
Aktivitäten der Abweichungsanalyse nach dem Kepner-TregoeAnsatz
Quelle: In Anlehnung an Wildemann, H. (1989), Sp. 823 f.
3.3.1.3 Schwachstellen-/Prüffragenkataloge
Schwachstellenkataloge dienen dazu, im Unternehmen typischerweise vorhandene bzw. möglicherweise auftretende Problemsituationen im Sinne von strukturierten Checklisten zu dokumentieren, und durch einen Vergleich mit einer konkreten Ist-Situation tatsächlich bestehende
Schwachstellen zu identifizieren. Hierfür können unternehmensindividuell entwickelte oder in
359
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 107.
360
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 190.
80
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
der Literatur angebotene Schwachstellenkataloge ihre Anwendung finden.361 Das in Schwachstellenkatalogen dokumentierte Erfahrungswissen soll die Benutzer in die Lage versetzen, innerhalb ihres Aufgabenbereiches existierende oder potentiell auftretende Schwachstellen auf
der Basis von gewonnenen Erhebungsdaten einzugrenzen und zu untersuchen.362 Dabei kann
die Systematisierung und Fokussierung von zu betrachtenden Schwachstellen nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Zum einen können sich die Schwachstellenkataloge an den betrieblichen funktionalen Aufgabenbereichen orientieren.363 Zum anderen können auch weitere Bezugsobjekte ihre Anwendung finden. So können beispielsweise allgemeine Zielkriterien zur
Strukturierung von bestehenden Schachstellen im Sinne von Soll-/Ist-Abweichungen genutzt
werden.364 Dies geschieht im ersten Schritt ohne konkreten Bezug auf einen spezifischen
funktionalen Aufgabenbereich. Bei einer mehr ressourcenorientierten Sichtweise finden produktive Faktoren für ein konstituierendes Ordnungssystem von Schwachstellen ihre Anwendung.365
Schwachstellenkataloge sind in einer vor- und nachgelagerten Dimension dahingehend erweiterungsfähig, daß einerseits ihre Erstellung methodisch unterstützt wird und andererseits
Handlungsimplikationen zum Reduzieren und Beseitigen möglicher Schwachstellen integrativ
berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang dienen Prüffragenkataloge der Erkennung typischer Schwachstellen in Unternehmen bzw. Unternehmensbereichen. Hierfür können Fragen mit logischer Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes verwendet werden. Sie zielen darauf ab, die
Zweckmäßigkeit bestehender Verfahren bzw. Vorgehensweisen zu erforschen. Dazu ist es
notwendig, daß sie in Hinsicht auf den zu betrachteten Untersuchungsgegenstand konkretisiert sind. Weiterhin können aus dem bisher gewonnenen Erfahrungsschatz stammende Fragen überprüfen, inwieweit bestimmte Vorgehensweisen, die sich in der Vergangenheit bereits
bewährt oder als überlegen gezeigt haben, ihren Einsatz finden.366 Hinsichtlich der inhaltlichen Breite können sich Prüffragenkataloge sowohl auf einzelne spezielle Funktionsbereiche
361
Vgl. Blohm, H. (1977), S. 144 ff.
362
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 87.
363
Zu Beispielen für Schwachstellenkataloge im Marketing- und Vertriebsbereich vgl. Höfner, K./Kaltenbach,
H. (1977), im Investitions- und Finanzierungsbereich vgl. Blohm, H./Lüder, K. (1988), im Berichtswesen
vgl. Blohm, H. (1974).
364
So strukturiert KRÜGER Schwachstellenkataloge hinsichtlich bestehender Soll-Ist-Abweichungen im Bereich technischer Ziele (Aufgabenerfüllung), ökonomischer Ziele (Wirtschaftlichkeit) und sozialer Ziele
(Mitarbeiterebene). Vgl. Krüger, W. (1983), S. 71 f.
365
Bei dem vom Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung e. V. (AWF) vorgeschlagenen Ansatz werden die Faktorbereiche Material, Maschine, Mensch und Methode differenziert. Trotz einer starken Fokussierung des
Fertigungsbereiches, wird der verwendete Faktorbereich „Methode“ als Überbegriff für die verschiedenen
dispositiven Faktoren der Planung, Gestaltung und Verwaltung aller betrieblichen Abläufe mit Orientierung
an unternehmensbezogenen Funktionsbereichen verwendet. Jedem dieser Faktorbereiche sind Merkmalsgruppen mit entsprechend aufgegliederten Einzelmerkmalen, die charakteristische Problembereiche darstellen, zugeordnet. Vgl. zu diesem Ansatz ausführlich AWF (Hrsg.) (o.J.).
366
Vgl. Acker, H.B. (1977), S. 40 f.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
81
als auch auf bereichsübergreifende Betrachtungsobjekte bis zur Ausrichtung auf das Gesamtunternehmen beziehen.367
Bei lösungsorientiert ausgerichteten Schwachstellenkatalogen werden Handlungsimplikationen bzw. Maßnahmenvorschläge in bezug auf die einzelnen Schwachstellen integrativ einbezogen. Sie geben Hinweise und Vorschläge auf einzuschlagende Handlungsschritte für die
Beseitigung von erkannten Schwachstellen.368 Die Ansätze unterstellen implizit bestehende
Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge, ohne jedoch explizit auf sie einzugehen. Der damit
verbundenen Gefahr einer unzulässigen Verallgemeinerung von Maßnahmenwirkungen begegnen ursachenorientierte Ansätze, indem nicht direkt Handlungsimplikationen vorgegeben,
sondern nur potentiell für die Verursachung von Problemsituationen in Frage kommende Faktoren angegeben werden.369 Die Spezifikation von vorliegenden Ursachen ermöglicht hier eine
bessere kontextbezogene Auswahl einzuschlagender Handlungsschritte ohne pauschalisierenden Charakter.
Schlußfolgernd sind Schwachstellen- und Prüffragenkataloge als Unterstützungsinstrumente
bei dem Aufspüren und Analysieren von Soll-Ist-Abweichungen zu betrachten. Aufgrund des
Vorliegens zahlreicher Katalogbeispiele werden vielfältige Untersuchungsbereiche abgedeckt. Dem Anwender werden schnell und fokussiert potentielle Schwachstellen und mögliche Handlungsimplikationen aufgezeigt. Um die Schwachstellenerkennung und -analyse effektiv unterstützen zu können, sind hohe Anforderungen an die Qualität der verwendeten Kataloge zu stellen. Dabei besteht insbesondere das Problem, daß das zugrunde liegende Realitätsverständnis und das darauf aufbauende Denkmodell des Katalogerstellers für eine grundlegende Überprüfung in den meisten Fällen für eine Bewertung nicht zur Verfügung stehen.
Ein einheitliches Modell zur Abbildung der gesamten Komplexität von Organisationen als
Bewertungsmaßstab existiert bislang nicht.370 Außerdem ist es fraglich, inwieweit standardisierte Kataloge dem konkreten unternehmensspezifischen Anwendungskontext gerecht werden.371 Es ist anzunehmen, daß das Nutzenpotential mit zunehmender Entfernung vom Unternehmens- und Situationskontext abnimmt.
367
Zu beispielhaften Prüffragenkatalogen mit bereichsübergreifender Ausrichtung vgl. Göbel, H.J. (1989);
Metzger, F. (1980); Acker, H.B. (1977). Zu beispielhaften Prüffragenkatalogen mit bereichsspezifischer
Ausrichtung vgl. Budde, R. (1985); Deyle, A. (1980).
368
Für einen beispielsweise auf den Marketing- und Vertriebsbereich ausgerichteten Schwachstellenkatalog mit
integrierten Maßnahmenvorschlägen vgl. John, E. (1974). Für einen bereichsübergreifenden Ansatz vgl. wiederum AWF (Hrsg.) (o.J.).
369
KRÜGER liefert einen Schwachstellen-Ursachenkatalog der sich auf die allgemeinen bereichsübergreifenden Ursachenobjekte Aufgaben, Aufgabenträger, Sachmittel und Informationen bezieht. Vgl. Krüger, W.
(1983), S. 87 f. Ein sehr umfassender Strukturierungsansatz zu möglichen organisatorischen Ursachenobjekten findet sich weiterhin bei dem von DAMM entwickelten TOM-Verfahren. Vgl. Damm, A.W. (1994), S.
407 - 431.
370
Zum Komplexitätsproblem in der Organisationsforschung vgl. Schulte-Zurhausen, M. (1999), S. 26.
371
Vgl. Damm, A.W. (1994), S. 193.
82
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Gleichzeitig besteht aufgrund der hohen Komplexität und Individualität von Unternehmensstrukturen und den auftretenden Problembereichen die Gefahr, nicht für jeden Untersuchungsgegenstand und jede Detaillierungstiefe einen einsetzbaren Schwachstellen- bzw. Prüffragenkatalog vorzufinden.372 Ein Zielkonflikt zwischen entweder allgemeinen, stark abstrahierenden Ansätzen mit breiteren Anwendungsspektrum und wenig konkretem Unterstützungspotential bzw. hohem Interpretationsspielraum oder der spezialisierten Ausrichtung von
Ansätzen auf sehr konkrete Teilbereiche mit einem sehr geringen Anwendungsspektrum, erscheint in diesem Zusammenhang als unausweichlich.
3.3.1.4 Ansatz des vernetzten Denkens
Der Ansatz des vernetzten Denkens ist eine Lösungsmethodik für komplexe Problemstellungen.373 Grundlage für diesen ganzheitlichen Denkansatz bilden die charakteristischen Eigenschaften von Systemen aus dem Bereich der Systemtheorie.374
Der Ausgangspunkt dieses Ansatzes besteht in der Modellierung der Problemsituation. Dazu
sind die Ziele der Problemstellung, die als problemrelevant erscheinenden Einflußfaktoren
und die Prämissen des Problemlösungsprozesses zu bestimmen. Die Komplexität im Bereich
der Einflußgrößen wird durch die Anzahl der Faktoren sowie den Umfang ihrer Wirkungsbeziehungen untereinander determiniert. Instrumentelle Unterstützung bietet hier die grafische
Netzwerkdarstellung, bei der die Wirkungsrichtungen, Wirkungsintensität sowie Zeitaspekte
der gegenseitigen Beeinflussung der Einflußfaktoren untereinander abgebildet werden können. Im nachfolgenden Prozeß sind die Veränderungsmöglichkeiten zu erfassen und zu interpretieren. Dabei werden auf der Basis eines zeitlich festgelegten Grundszenarios, welches mit
Hilfe vergangenheitsorientierter Trend- und Abweichungsbetrachtungen bestimmt wird, Alternativszenarien unter Berücksichtigung möglicher divergenter Entwicklungspfade festgelegt. Dies schafft eine erhöhte Transparenz bezüglich des in Zukunft zu erwartenden Problemausmaßes. Im letzten Verfahrensschritt sind Lenkungsmöglichkeiten zu bestimmen, mit
denen eine nachhaltige Verbesserung der als problematisch empfundenen Situation erzielt
werden kann. Lenkungsebenen und jeweilige Lenkungsmaßnahmen sind festzulegen und zu
bewerten. Um die Wirkung der Lenkungsmaßnahmen überwachen zu können, sind geeignete
Indikatoren zu bestimmen, die den Erfolg der Lenkung identifizierbar machen.375 Die Kernelemente dieses Ansatzes sind in Abbildung 21 zusammengefaßt.
Der Ansatz des vernetzten Denkens stellt im Ergebnis eine Problemlösungsmethodik dar, bei
der durch Berücksichtigung der einzelnen Verfahrensschritte Lösungsansätze in systemati372
Vgl. Schmidt, G. (1991), S. 214.
373
Vgl. Probst, G.J.B./Gomez, P. (1989), S. 3.
374
Die als wesentlich für die Begründung eines ganzheitlichen Denkansatzes erachteten Systemeigenschaften
sind Ganzheit, Vernetzung, Teil, Offenheit, Komplexität, Dynamik, Zweckbezug, Lenkung und Entwicklung. Vgl. Probst, G.J.B./Gomez, P. (1989), S. 5
375
Zum dargestellten Vorgehen vgl. Dörrer, T. (2000), S. 64 f.; Probst, G.J.B./Gomez, P. (1989), S. 6 - 16.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
83
scher und nachvollziehbarer Weise erarbeitet werden können. Insbesondere für komplexe
Problemstellungen in stark dynamisierten Umgebungen bietet er Unterstützung bei der Strukturierung relevanter Aspekte.376 Dabei geht das Unterstützungspotential dieser Methodik über
die reine Problemanalyse hinaus. Aufgrund seines allgemeingültigen Charakters bietet der
Ansatz vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Unternehmen. Gleichzeitig muß der Anwender jedoch in der Lage sein, die Komplexität der Realität so zu durchdringen, daß eine inhaltliche
Verknüpfung zwischen wahrgenommener Realität und den zu befüllenden methodischen Größen und Beziehungen möglich wird. Der Ansatz des vernetzten Denkens unterstützt zwar in
systematischer und logischer Weise die ganzheitliche Durchdringung von Zusammenhängen,
der Wert der Ergebnisse wird jedoch durch die Kenntnisse und Erfahrungen des Anwenders
bestimmt und ergibt sich nicht aus dem Ansatz selbst.
Netzwerk
• Aufzeichnung der Grundzusammenhänge
• Bestimmung der Wirkungsrichtung
• Erfassung des Zeitverhaltens
• Identifikation der Wirkungsintensität
A
B
D
C
E
F
Veränderungsmöglichkeiten
• Festlegung des Zeithorizonts
• Identifikation der Schlüsselfaktoren
• Entwicklung eines Grund- und mehrerer Alternativszenarien
Lenkungsmöglichkeiten
• Lenkbare und nicht lenkbare Größen
• Indikatoren
• Wirkung der Lenkungsmaßnahmen
Abbildung 21: Kernelemente der Methodik des vernetzten Denkens
Quelle: In Anlehnung an Dörrer, T. (2000), S. 65.
3.3.1.5 Zusammenfassende Bewertung
Mit Ausnahme der Schwachstellen- und Prüffragenkataloge stellen die aufgezeigten qualitativen Ansätze generische Instrumente für die Beschreibung und Analyse von als problematisch
empfundenen Soll-Ist-Abweichungen sowie für das Auffinden von Lösungsansätzen zu ihrer
Beseitigung dar. Aufgrund ihres generischen Charakters eignen sie sich für die Anwendung
bei vielfältigen Problemsituationen. Gleichzeitig ergibt sich daraus, daß sie für den in dieser
Arbeit zugrunde liegenden Problembereich keine konkreten Lösungsansätze im Rahmen des
Kontrollmodells bieten. Aufgrund der Spezifität des zu lösenden Problembereiches ist das
Abstraktionsniveau dieser Ansätze zu hoch und die Analyseunterstützung zu unkonkret. Die
Ansätze im Bereich der Schwachstellen- und Prüffragenkataloge bieten hier zwar konkretere
376
Vgl. auch Damm, A.W. (1994), S. 196.
84
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Ansatzpunkte, unterstellen dabei jedoch die Übertragbarkeit von Expertenwissen in Form instanzierter Schwachstellen und zugehöriger Instrumente zu ihrer Behebung. Aufgrund der
fehlenden Darstellung der zugrunde liegenden Denkmodelle und Theorien bieten diese Ansätze keine Möglichkeit einer wissenschaftlichen Nachvollziehbarkeit. Allen Ansätzen fehlt
es weiterhin an spezifizierten Schnittstellen zu unternehmensbezogenen Planungsprozessen,
wie in den Anforderungen an das Kontrollmodell in bezug auf die Kundenbearbeitung gefordert.
3.3.2
Quantitative Ansätze zur Analyse von Soll-Ist-Abweichungen
Die quantitative Abweichungsanalyse stellt ein wesentliches Instrument zur Bestimmung und
verursachungsgerechten Zuordnung von wertorientierten Abweichungen im Rahmen von
Kontrollprozessen dar.377 Als Abweichung wird dabei die Differenz zwischen einer wertorientierten Soll- und einer Ist-Größe bezeichnet.378 Aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus, ist die
wertorientierte Abweichungsanalyse im Rechnungswesen verankert und dort in enger Verbindung zur Plankostenrechnung zu sehen.379 Für Abweichungsursachen kommen grundsätzlich Planungs-, Realisations- und Auswertungsfehler in Frage.380 Der Kern der Betrachtungen
einer quantitativen Abweichungsanalyse im hier verstandenen Sinn stellt auf die ersten beiden
Fehlergruppen ab.
3.3.2.1 Absatzsegmentrechnung
Die Kontrolle des realisierten Vertriebserfolges kann auf verschiedenen Teilbereichen der
marktbezogenen Unternehmenstätigkeit beruhen. Für eine detaillierte Analyse reichen Ergebnisanalysen, die sich ausschließlich nur auf ein Bezugsobjekt beziehen, in der Regel nicht aus.
Erst durch die ganzheitliche Betrachtung unterschiedlicher Bezugsobjekte können systematische Ansatzpunkte für die Ursachen des vertrieblichen Erfolges bzw. Mißerfolges bestimmt
werden, die eine Voraussetzung für die Verbesserung der Planung darstellen.381 Absatzsegmentrechnungen stellen in diesem Zusammenhang ein vielfältig einsetzbares Instrumentarium
dar, um diesen Anforderungen zu genügen. Sie sind auf die Bewertung sowie die darauf aufbauende Analyse von Produkt-Markt-Kombinationen ausgerichtet.382
Die Absatzsegmente stehen bei diesem Ansatz im Mittelpunkt der Betrachtungen. Sie bezeichnen „... gedanklich unterscheidbare Teilbereiche der betrieblichen Marktbeziehungen
377
Vgl. Horvath, P. (1998), S. 272.
378
Vgl. Heuer, K. (2001), S. 163.
379
Vgl. Weber, J. (1998b), S. 144.
380
Vgl. Ewert, R./Wagenhofer (1995), S. 339 f.
381
Vgl. Hüttner, M./Ahsen, A.v./Schwarting, U. (1999), S. 345. BÖCKER unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen ein- und mehrstufigen Ergebnisrechnungen. Vgl. Böcker, F. (1988), S. 103.
382
Vgl. Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 215.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
85
und Absatztätigkeit ..., denen sich Kosten und Erlöse gesondert zurechnen lassen.“383 Die Absatzsegmentrechnung grenzt diese Teilbereiche zum Zweck der Aufspaltung und Zurechnung
von Umsatz- und Kostengrößen ab, um eine differenzierte Erfolgsbetrachtung der Absatztätigkeiten zu ermöglichen.384 Vor dem Hintergrund einer selektiven Absatzpolitik385 ist es das
Ziel einer Absatzsegmentrechnung, Ansatzpunkte für Selektions- und Eliminationsentscheidungen bereitzustellen.386 Dazu umfaßt eine Absatzsegmentrechnung neben der vergangenheitsorientierten Erfolgsrechnung zur Darstellung der Ist-Situation sowohl eine Planungsrechnung im Rahmen der selektiven Absatzpolitik als auch eine Kontrollrechnung über IstSoll-Abweichungen.387
Bei der Gestaltung der Absatzsegmentrechnung werden zuerst die als relevant erachteten Bezugsobjekte bestimmt. Hierfür sind die einzelnen Absatzsegmente unter Berücksichtigung ihrer möglichen Teilkassen zu definieren. Im allgemeinen werden folgende Dimensionen zugrunde gelegt:388
-
Produkte,
-
Kunden,
-
Aufträge,
-
Absatzgebiete,
-
Absatzkanäle.
Innerhalb dieser Dimensionen kann eine weitere Verfeinerung, beispielsweise nach Kundenund Produktgruppen sowie Auftragsarten und -größenklassen, vorgenommen werden. Durch
die logische Verkettung der einzelnen Bezugsobjekte lassen sich, wie in Abbildung 22 dargestellt, Bezugsobjekthierarchien bilden. Die direkt zurechenbaren Kosten einer Hierarchieebene lassen sich eindeutig auch als Einzelkosten der nächsthöheren Ebene zuordnen. Zusätzlich
werden auf jeder Ebene Kostenbeiträge aufgenommen, die erst hier ohne Aufschlüsselung zurechenbar sind.389 Aufbauend auf diese Hierarchie, sind sowohl ein- als auch mehrdimensionale Datenauswertungen möglich.390
383
Köhler, R. (1993a), Sp. 7.
384
Vgl. Preißner, A. (1999), S. 237; Franke, R./Zerres, M. (1998), S. 37.
385
Eine selektive Absatzpolitik beschreibt das Bestreben eines Unternehmens, seine absatzbezogenen Geschäftsaktivitäten auf solche Bezugsobjekte zu konzentrieren, die den größten Erfolg für das Unternehmen
versprechen. Vgl. Geist, M. (1974), S. 74.
386
Selektionsentscheidungen sind darauf ausgerichtet, die Erfolgsträchtigkeit der Bezugsobjekte bei der Entscheidung über den Einsatz von Unternehmensressourcen zu berücksichtigen. Es findet eine Konzentration
auf die erfolgversprechendsten Bezugsobjekte statt. Eliminationsentscheidungen stellen auf den Ausschluß
bzw. die Aufgabe von Bezugsobjekten ab, die den notwendigen Beitrag zu Erreichung der wirtschaftlichen
Zielsetzungen nicht erbringen. Vgl. Köhler, R. (1993a), Sp. 7 f.
387
Vgl. Albers, S. (1995), Sp. 20.
388
Vgl. Böcker, F. (1988), S. 103; Köhler, R. (1993a), Sp. 7; Preißner, A. (1999), S. 237.
389
Dies ist nur möglich, wenn im Rechnungswesen eine Grundrechnung im Riebel´schen Sinne besteht, die die
sachlich begründeten Zuordnungsbeziehungen für die Größen des Rechnungswesens angibt. Vgl. dazu Link,
86
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Zentraler Kostenstellenbereich
( z. B. Gesamtverk.)
Verwender
(Direktabsatz)
Zwischenhändler
(Indir. Absatz)
Kundengruppe
z.B.
Kosten für
spez. InfoMaterial
Auftragsgröße
Auftragsart
Verkaufsgebiet
z.B. Mietkosten
für Verkaufsbüro
Kunde
z.B. Kunden(aber nicht
auftragsbez.)
spezifische
Besuchskosten
Gesamtauftrag
Produktgruppe
z.B. Verkaufsförderungskosten
für eine Produktart
Produkt
(Artikel)
z.B. ProduktManager-Gehalt (in
der ProduktPeriodenrechnung)
z.B. Versandkosten
Auftragsposition
Von der Auftragsposition her stufenweise weiterverrechnete Kosten- bzw. Erlösdaten
Direkte Zurechnung von Kosten (oder besonderen Erlösbestandteilen) erstmals auf dieser Ebene möglich
Abbildung 22: Bezugsobjekthierarchie in der Absatzsegmentrechnung
Quelle: Köhler, R. (1993a), Sp. 9 f.
Grundlage für eine vielseitige Absatzsegmentrechnung ist die Deckungsbeitragsrechnung auf
Basis von (relativen) Einzelkosten. Sie ermöglicht, auf den verschiedenen Zurechnungsebenen Fixkosten schlüsselungsfrei zuzuordnen.391 Da dies jedoch nicht für alle Vertriebskosten
realisierbar ist, muß eine entsprechende Erweiterung um Funktionskostenstellen vorgenommen werden. Für die Verrechnung der in diesen Kostenstellen angefallenen oder geplanten
Kosten bietet die Prozeßkostenrechnung ein gutes Unterstützungspotential.392
3.3.2.2 Kostenabweichungsanalyse
Im Bereich der Kostenkontrolle ist eine Wirksamkeit nur gegeben, wenn die Kostenbestimmungsfaktoren als Verursachungsquellen der Kosten sowie die funktionalen Zusammenhänge
hierbei bekannt sind. Als wesentliche Kostenbestimmungsfaktoren werden neben den FaktorJ./Gerth, N./Voßbeck, E. (2000), S. 212, 217. Zum Ansatz der Grundrechnung vgl. Riebel, P. (1994), S. 764.
Um dieses Vorgehen auch technisch zu ermöglichen, ist es notwendig, die Daten des Rechnungswesens mit
Hilfe von Deskriptoren so zu kennzeichnen, daß jeweils die niedrigste mögliche Eintrittsstufe der Bezugsobjekthierarchie definiert wird, bei der die einzelnen Wertgrößen direkt verrechnet werden können. Vgl. Köhler, R. (1993a), Sp. 9. Zur möglichen Verknüpfung von Auftrags- und Bestandsdaten im Rahmen der Bezugsobjekthierarchie vgl. Preißner, A. (1999), S. 236 - 241.
390
Die technologische Unterstützung zur Analyse von umfangreichen, mehrdimensionalen Datenbeständen bietet hier das OLAP-Konzept. Vgl. Hippner, H./Wilde, K.D. (2002), S. 16 - 18.
391
Das Verfahren des Direct Costing erscheint zwar für die stückbezogene Produkterfolgsrechnung angemessen, jedoch in bezug auf andere Absatzsegmente weniger geeignet. Vgl. Köhler, R. (1993b), S. 4.
392
Zum vorteilhaften Einsatz der Prozeßkostenrechnung für die Absatzsegmentrechnung vgl. Link, J./Gerth,
N./Voßbeck, E. (2000), S. 217 f.
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
87
preisen und -mengen auch die Ausbringung sowie die Kapazitäten aufgefaßt.393 Neben der
Bestimmung der Gesamtabweichung durch Vergleich der Ist- mit den Sollwerten der Planung
obliegt es der Abweichungsanalyse, diese durch Dekomposition hinsichtlich ihrer Ursachen
aufzuspalten und möglichst auf einen Bestimmungsfaktor zurückzuführen.394 Aufgrund der
multiplikativen Beziehung zwischen den beiden Kostenbestimmungsfaktoren Faktormenge
und Faktorpreis kommt es zu Abweichungsüberschneidungen. Dieser als Abweichungsinterdependenz bezeichnete Sachverhalt führt zu Zurechnungsproblemen bei der Aufspaltung der
Gesamtabweichung.395 Je nach Art der Zuordnung der Sekundärabweichung zu den Primärabweichungen lassen sich mehrere mögliche Ansätze unterscheiden.396
Das Vorgehen bei der kostenbezogenen Abweichungsanalyse zur Klärung der Differenz zwischen Soll- und Istkosten stellt sich allgemein wie folgt dar:397
Istkosten (Ki) = Istfaktormenge (mi) . Istpreis (pi)
Sollkosten (Ks) = Sollfaktormenge (ms) . Sollpreis (ps)
Die Istwerte lassen sich zusammengesetzt aus Sollwerten und entsprechender Abweichungsdifferenz (dm = Mengenabweichung; dp = Preisabweichung) wie folgt darstellen:
Ki = (ms + dm) . (ps + dp)
Im Ergebnis ergibt sich für die Ist-/Sollkosten-Abweichung (A) die nachstehende Gleichung:
A = (ms + dm) . (ps + dp) - ms . ps
A = ms . ps + ms . dp + dm . ps + dm . dp - ms . ps
A = ms . dp + dm . ps + dm . dp
Die Preisabweichung geht eindeutig aus der multiplikativen Verknüpfung von Sollmenge und
Preisdifferenz, die Verbrauchsabweichung hingegen aus Sollpreis und Mengendifferenz her-
393
Vgl. Heuer, K. (2001), S. 177.
394
Vgl. Coenenberg, A.G. (1999), S. 373 ff.
395
Vgl. Kilger, W. (1993), S. 172 f. Das Abweichungsprodukt aus zwei Kostenbestimmungsfaktoren wird in
diesem Zusammenhang auch als Sekundärabweichung in Abgrenzung zur Primärabweichung bei einem Kostenbestimmungsfaktor bezeichnet. Vgl. Streitferdt, L. (1983), S. 43.
396
Bei der proportionalen Abweichungsanalyse erfolgt die Verteilung der Sekundärabweichung im proportionalen Verhältnis der Summen der Primärabweichungen. Die alternative Abweichungsanalyse ist dadurch
gekennzeichnet, daß die Sekundärabweichung sowohl der Preis- als auch der Mengenabweichung hinzugerechnet wird. Bei der kumulativen Abweichungsanalyse wird die Sekundärabweichung entweder der primären Mengen- oder Preisabweichung zugeschlagen. Die symmetrische Abweichungsanalyse ist durch eine
Verteilung der Sekundärabweichung zu gleichen Teilen auf die Primärabweichungen charakterisiert. Vgl.
dazu sowie zum Vorgehen und Bewertung der einzelnen Ansätze ausführlich Heuer, K. (2001), S. 190 - 223.
397
Zu diesem Vorgehen vgl. Weber, J. (1998b), S. 146 f. Differenzierte Darstellungen, insbesondere im Hinblick auf die Unterscheidung von Einzel- und Gemeinkosten-Abweichungen, finden sich bei Horngren,
C.T./Foster, G./Datar, S.M. (1997), S. 217 - 251, 865 - 897; Coenenberg, A.G. (1999), S. 410 - 429; Heuer,
K. (2001), S. 253 - 286.
88
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
vor. Die verbleibende Sekundärabweichung besteht aus dem Produkt von Preis- und Mengendifferenz.398
3.3.2.3 Erfolgsabweichungsanalyse
Eine rein kostenorientierte Abweichungsanalyse reicht für die Steuerung des Unternehmenserfolges nicht aus.399 Ein umfassenderes Vorgehen stellt in diesem Zusammenhang die Erfolgsabweichungsanalyse dar. Bei diesem Analysesystem werden sowohl die Erlös- als auch
die Kostenseite des Unternehmens betrachtet.400 Ausgangspunkt der Erfolgsabweichung sind
wiederum eine Wert- und eine Mengenkomponente. Preis- und Mengendifferenzen zwischen
geplanten und realisierten Erlösen und Kosten bilden dabei abermals die erste Stufe der Erfolgsabweichungsanalyse.
Im Rahmen der Erlösabweichung lassen sich die Erlöspreis-, Absatzvolumen- und Interaktionsabweichung unterscheiden. Dabei setzt sich die Absatzvolumenabweichung aus einer Absatzmengen-, Absatzmix- und Absatzrestabweichung zusammen.401 Die Absatzmengenabweichung gibt die gesamte Zu- oder Abnahme der Absatzmenge in der betrachteten Periode an.
Um diese Abweichung in Verbindung mit potentiellen Marktentwicklungen beurteilen zu
können, wird sie in eine Marktgrößen-, Marktanteils- und eine sekundäre MarktgrößenMarktanteilsabweichung aufgespaltet.402 Die Absatzmixabweichung gibt den Teil der Erlösabweichung an, der auf eine veränderte Mengenstruktur der abgesetzten Produkte zurückzuführen ist.403
Weitergehende Ansätze zur Analyse von Erlösabweichungen finden sich bei POWELZ und
ALBERS.404 Beide Autoren zielen auf eine weitere Durchdringung der Preis- und Mengenab-
398
Innerhalb der Plankostenrechnung wird dieser Abweichungsaspekt allgemein der nicht vom Kostenstellenleiter zu verantwortenden Preisabweichung im Sinne der kumulativen Abweichungsanalyse zugerechnet. Vgl.
Weber, J. (1998b), S. 147.
399
Vgl. Dellmann, K. (1987), S. 367 f.
400
Im Vergleich zur Kostenabweichungsanalyse, die seit langem im Mittelpunkt von theoretischen und praktischen Betrachtungen liegt, besteht bei der Erlösabweichungsanalyse aufgrund ihres Entwicklungsstandes ein
stärkerer Forschungsbedarf. Vgl. Kloock, J. (1988), S. 423; Albers, S. (1989a), S. 637; Heuer, K. (2002), S.
229.
401
Vgl. Heuer, K. (2001), S. 234. Die Interaktionsabweichung bezeichnet hier die sekundäre Abweichung.
402
Diese Aufsplittung ermöglicht es zu bestimmen, ob die Mengenabweichung auf die Marktentwicklung oder
die Veränderung des eigenen Marktanteils zurückzuführen ist. Die Marktgrößenabweichung kennzeichnet
die Veränderung des zu erwartenden Erlöses aufgrund der Veränderung der Marktgröße bei Erreichen des
geplanten Marktanteils. Hingegen bezeichnet die Marktanteilsabweichung die Differenz zwischen geplanten
und realisierten Marktanteil in bezug zur geplanten Marktgröße. Die Marktgrößen-Marktanteilsabweichung
beschreibt den interdependenten Effekt beider zuvor aufgeführter Abweichungsarten. Sie gibt unter Berücksichtigung der Marktgrößenveränderung, den durch die Marktanteilsveränderung bedingten Erlösentgang
bzw. -zuwachs an. Vgl. Horngren, C.T./Foster, G./Datar, S.M. (1997), S. 584 ff.
403
Vgl. Heuer, K. (2001), S. 248.
404
Vgl. Powelz, H. (1983); Powelz, H. (1984); Powelz, H. (1989); Albers, S. (1989a); Albers, S. (1989b);
Albers, S. (1992).
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
89
weichungen ab, um eine höhere ursächliche Aussagekraft für Handlungsimplikationen zu erhalten. Dazu bedienen sie sich unterschiedlicher Differenzierungsansätze.
POWELZ spaltet die Erlösabweichungen neben der Absatzmixabweichung auf Kundenebene
weiter auf.405 Für diese Betrachtungen wird der Ansatz eines einheitlichen Planpreises verlassen und auf eine kundengruppenindividuelle Preisdifferenzierung übergegangen.406 Dadurch
eröffnet sich die Möglichkeit, die unternehmensinterne Preisveränderung um einen unternehmensexternen Aspekt zu erweitern. Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, daß es bei einzelnen Kundengruppen bzw. Kunden zu Preisveränderungen kommen kann, ohne daß sich
diese unternehmensintern beim Durchschnittspreis als Preisveränderung niederschlagen. Hingegen kann sich der unternehmensinterne Durchschnittspreis verändern, ohne daß sich die individuellen Kundengruppenpreise geändert haben. Die Ursache dieses Phänomens liegt in der
Änderung der kundenindividuellen Absatzgewichte begründet.407 Dieser auch als Kundenmixeffekt bezeichnete Abweichungsaspekt beschreibt, wie sich die Veränderung der Kundenabsatzstruktur auf die erzielten Durchschnittspreise auswirkt.408 Durch Kombination von Absatzmengen- und Kundenmixabweichung ergibt sich die Möglichkeit, die Auswirkungen von
realisierten Mengenabweichungen und Strukturveränderungen bei unterschiedlich preissensitiven Kundengruppen zu analysieren.
ALBERS mißt der isolierten Ableitung von Preis- und Mengeneffekten bei der Ursachenanalyse von Erlösabweichungen einen nur sehr geringen Informationswert bei.409 Infolge möglicher exogener Einflußfaktoren wird deshalb vorgeschlagen, die Erlöse in endogen beeinflußbare und exogen nicht beeinflußbare Komponenten zu separieren und dann jeweils die direkten Abweichungsbestandteile zu bestimmen. Aus diesem Grund werden die exogenen Größen
Marktvolumen und Branchenpreis in die Betrachtungen aufgenommen und mit Hilfe dieser
Werte versucht, die entstandenen Preis-Mengen-Abweichungen um den Teil der nicht beeinflußbaren, von außen vorgegebenen Abweichungen zu bereinigen und getrennt abzubilden.
Das resultierende Schema der einzelnen Abweichungsbestandteile der Erlösabweichung ist
aus Abbildung 23 ersichtlich.
405
Vgl. dazu auch Heuer, K. (2001), S. 298.
406
Ursprünglich basiert der von POWELZ durchgeführte Vergleich jeweils auf den Ist-Werten zweier aufeinander folgender Perioden. Vgl. dazu Powelz, H. (1984), S. 1095. Für eine Überführung dieses Ansatzes in
einen periodischen Soll-Ist-Vergleich hingegen vgl. Heuer, K. (2001), S. 291 ff.
407
POWELZ begründet dieses Vorgehen mit der Vermeidung von Preisverzerrungen, die sich durch hierarchische Informationsverdichtung beispielsweise bei Durchschnittspreisen ergibt. Vgl. Powelz, H. (1984), S.
1093, 1097.
408
Ist z. B. der Kundenmixeffekt positiv, so hat sich das Absatzmengengewicht zu denjenigen Kunden verlagert, deren Preise über dem produktspezifischen Durchschnittspreis liegen. Vgl. Powelz, H. (1984), S. 1106.
409
Diese Sicht beruht auf der Berücksichtigung der Existenz einer Reaktionsfunktion der Absatzmenge in bezug
auf Preisveränderungen im Sinne einer Preis-Absatz-Funktion. Vgl. Albers, S. (1989a), S. 639, 641.
90
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
Erlösabweichung
Wertmäßiger Marktanteilseffekt
+
Interaktionseffekt
+
Wertmäßiger Marktvolumeneffekt
Branchenpreisabweichung
Marketing - Effektivitätsabweichung
Marktvolumenabweichung
Marketing -Instrumente-Abweichung
Interaktionsabweichung
Abbildung 23:
Dekomposition einer Erlösabweichung in intern und extern beeinflußbare
Abweichungsursachen
Quelle: In Anlehnung an Albers, S. (1992), S. 204.
Der Marktvolumeneffekt wird über die Differenz zwischen Ist- und Soll-Marktvolumen, bewertet mit dem Soll-Marktanteil, ausgedrückt.410 Der exogen bedingte Marktvolumeneffekt
wird wiederum in eine Preiskomponente (Branchenpreisabweichung), eine Mengenkomponente (Marktvolumenabweichung) und eine gemischte Komponente, die die gemischte Abweichung im Sinne der oben bereits aufgeführten Sekundärabweichung darstellt (Interaktionsabweichung), unterteilt.411 Bei dem wertmäßigen Marktanteilseffekt wird aufgrund der unterstellten funktionalen Abhängigkeit zwischen Menge und Preis von einer Aufspaltung in eine Preis- und Mengenkomponente abgesehen. Statt dessen erfolgt eine Trennung in durch
Marktanteil-Reaktionsfunktionen erklärbare Abweichungsursachen (Marketing-InstrumenteAbweichung) und in eine Restabweichung (Marketing-Effektivitätsabweichung), die über die
Effektivität des übrigen Marketing-Mix Aufschluß gibt und nicht durch die verwendeten Reaktionsfunktionen erklärt werden kann.412 Bei der Marketing-Instrumente-Abweichung werden drei Abweichungsursachen unterschieden. Sie geben darüber Auskunft, in welcher Höhe
die Abweichung auf die eigentliche Realisation, die Wirkung der realisierten Aktivitäten und
410
Vgl. Albers, S. (1989a), S. 644.
411
Für eine Bestimmung zukünftiger Handlungsimplikationen ist diese Dekomposition nicht notwendig, da sie
auf per Definition nicht beeinflußbaren Ursachen beruht. Gleichzeitig ist diese Aufspaltung nur dann sinnvoll, wenn von einer Unabhängigkeit zwischen der Preis- und Mengenkomponente auszugehen ist. Vgl. dazu
Heuer, K. (2001), S. 318 f.
412
Als Bestimmungsfaktoren der Marktanteil-Reaktionsfunktion werden dabei Preis, Werbung und Distribution
verwendet. Im Bereich der Distribution dient das angesetzte Budget dazu, den Distributionsgrad zu erhöhen.
Vgl. Albers, S. (1992), S. 201 - 203. Er bezeichnet den Anteil der Absatzmittler, die das betrachtete Produkt
vertreiben, bezogen auf die Gesamtzahl der Absatzmittler mit der entsprechenden Warengruppe. Vgl. dazu
auch Schneider, W./Hennig, A. (2001), S. 57. f
3.3 Ansätze im Rahmen des Kontrollmodells
91
auf Konkurrenzaktivitäten zurückzuführen ist.413 Um die Vorteilhaftigkeit der Planabweichung bewerten zu können, reicht die alleinige Betrachtung der Erlösgrößen nicht aus. An
dieser Stelle sind entsprechende Kostenabweichungen mit einzubeziehen, um die Profitabilität des Einsatzes des Marketinginstrumentariums bewerten zu können. Diese Betrachtungen
erfolgen im Rahmen einer Deckungsbeitragsanalyse.414 Im hier vorliegenden Fall setzt sich
eine Deckungsbeitragsabweichung aus der Erlösabweichung, der Marketing-Budget-Abweichung und der Stückkostendegressionsabweichung zusammen. Die Marketing-Budget-Abweichung besteht hierbei aus der Realisationsabweichung der einzelnen eingesetzten Marketing-Instrumente.415
3.3.2.4 Zusammenfassende Bewertung
Die quantitativen Ansätze leisten einen ausgereiften Beitrag für das technische Vorgehen zur
Schlüsselung von Kosten sowie bei der Aufspaltung von Erlösen und Kosten. Insbesondere
im Rahmen der Ansätze zur Kosten- und Erfolgsabweichungsanalyse erfolgt eine tiefgreifende Operationalisierung der einzelnen quantitativen Abweichungseffekte. Diese bestehende
Differenzierung genügt jedoch den Anforderungen einer Abweichungsanalyse im Bereich der
Kundenbearbeitung nicht. Die bei den dargestellten Ansätzen erfolgende allgemeine Marktbetrachtung unterscheidet nur rudimentär nach Kundengruppen. Es wird keine Phasendifferenzierung der Kundenbearbeitung sowie Unterscheidung nach Transaktionszuständen von Kunden vorgenommen. Somit bleiben mögliche Kompensationseffekte zwischen Kunden bzw.
Kundengruppen nicht nur unberücksichtigt, sondern es werden wesentliche Bezugsgrößen der
Kundenbearbeitung für die Bildung adäquater Vergleichsbasen vernachlässigt. Eine Differenzierung des zu nutzenden Analyseansatzes erfolgt nicht. Aufgrund der rein technischen Beschreibung der Abweichungseffekte ergeben sich des weiteren keine Hinweise auf Feed-backund Feed-forward-Implikationen. Schnittstellen zur Integration in einen geschlossenen Steuerungsansatz existieren bei den dargestellten Ansätzen nicht.
413
Die Realisationsabweichung beschreibt die Abweichung aufgrund eines gegenüber der geplanten Situation
veränderten Instrumenteneinsatzes. Eine gegenüber den Prognosedaten der verwendeten Reaktionsfunktionen abweichende Wirkung der Marketinginstrumente wird durch die Effektivitätsabweichung abgebildet. Die
Reaktionsabweichung kennzeichnet den Teil der Abweichung, der auf eine von der Soll-Planung abweichende Konkurrenzaktivität zurückzuführen ist. Vgl. Albers, S. (1992), S. 204 - 208.
414
Vgl. dazu Witt, J. (1991), S. 400 ff.
415
Vgl. Albers, S. (1992), S. 211.
92
4.
4.2 Arbeiten zum Planungsmodell
Zu leistende Arbeiten
Ausgehend von den in Kapitel 2 aufgestellten Anforderungen, sind in Verbindung mit den
Untersuchungen im Rahmen von Kapitel 3, die für die Konzeption des Modells zu leistenden
Arbeiten abzuleiten. Sie sind in Arbeiten bezüglich des Basismodells, des Planungsmodells
und des Kontrollmodells zu unterschieden. Diese werden im folgenden dargestellt.
4.1 Arbeiten zum Basismodell
Im Rahmen des Basismodells ist die Grundlage für den Aufbau des Planungsmodells und des
sich anschließenden Kontrollmodells zu schaffen. Es ist ein Basismodell zu gestalten, welches
die konzeptionelle Informationsstruktur liefert, um die Aktivitäten des Unternehmens im
Rahmen des Kundenbearbeitungsprozesses zu strukturieren und abzubilden. Dazu sind die
verschiedenen beschreibungsrelevanten Ebenen der Kundenbearbeitung zu unterscheiden.
Dies sind die Transaktions-, die Prozeß-, die Zyklus- und die Leistungsebene.
Die Kunden sind in der Transaktionsebene nach ihren ökonomischen Perzeptionen zu differenzieren und zu klassifizieren. Dazu ist ein entsprechendes Kundenklassifizierungskonzept
zu entwickeln, das die Kunden in disjunkten Mengen voneinander abgrenzt. Dieses zunächst
kundenstatusorientierte Mengenkonzept ist um eine dynamische Ablaufkomponente zu erweitern, so daß die erarbeiteten grundlegenden Mengenrelationen über den Verlauf des Kundenbearbeitungsprozesses abgebildet werden können.
Für den Kundenbearbeitungsprozeß ist in der Prozeßebene eine grundlegende Beschreibungslogik zu entwickeln, die die einzelnen Prozeßphasen der Kundenbearbeitung abgrenzt und die
Instanzierung für konkrete Anwendungsfälle der Unternehmenspraxis unterstützt. Dabei sind
die möglichen Phasenübergänge unter Berücksichtigung des zu erarbeitenden Mengenkonzeptes zu spezifizieren. Um die grundsätzlichen Bedarfe eines Kunden zu strukturieren, ist ein
entsprechendes Bedarfskonzept zu entwickeln. Dieses Bedarfskonzept ist mit der dynamischen Zyklusbetrachtung eines Kunden im Zeitverlauf zu verknüpfen und abzubilden.
4.2 Arbeiten zum Planungsmodell
Im Rahmen der Arbeiten zum Planungsmodell ist die konzeptionelle Informationsstruktur des
Basismodells um ökonomische Bewertungsgrößen zu erweitern, um die Gestaltung einer ökonomischen Planung für die Kundenbearbeitung zu erlauben.
Dazu ist ein bedarfsspezifisches Nutzungsdauerkonzept zu entwickeln, um eine bedarfsorientierte Absatzplanung für einen Kunden zu ermöglichen, die - wie in Kapitel 3 dargestellt bisherige Prognoseansätze nicht erlauben. Zur ökonomischen Bewertung sind diese Mengengrößen in Umsatzgrößen zu überführen. Gleichsam ist ein Konzept zu entwickeln, das entsprechend der Beschreibungslogik für die Prozeßphasen des Kundenbearbeitungsprozesses,
4.3 Arbeiten zum Kontrollmodell
93
die kundenspezifischen Kosten für den Durchlauf der jeweiligen Prozeßphase spezifiziert.
Um die transaktionsbezogene Unsicherheit abzubilden, ist ein entsprechendes Wahrscheinlichkeitskonzept zu erarbeiten.
Kosten, Umsatz und Wahrscheinlichkeitsgrößen sind entsprechend der herauszuarbeitenden
Wirkungsbeziehungen im Rahmen einer zu gestaltenden Zielfunktion abzubilden. Im Rahmen
der Entwicklung der Zielfunktion ist auf eine offene Gestaltung hinsichtlich des Einbaus von
Nebenbedingungen abzuzielen, um sowohl Nebenbedingungen aus strategischen Vorgaben
als auch aus der Adaptionsanalyse des Kontrollmodells in die Betrachtung einzubeziehen.
4.3 Arbeiten zum Kontrollmodell
Im Rahmen des Kontrollmodells sind Feed-back- und Feed-forward-Instrumente zur kontinuierlichen Verbesserung der Kundenbearbeitung und des Planungsmodells zu unterscheiden.
Dabei sind explorative Modellelemente der Abweichungsanalyse und konfirmatorische Modellelemente der Adaptionsanalyse zu entwickeln, um neue Erkenntnisse herauszuarbeiten
bzw. aufgestellte, unternehmensspezifische Hypothesen bezüglich ökonomischer Wirkungszusammenhänge nachhaltig zu untersuchen.
Im Rahmen der Abweichungsanalyse sind die Analysetypen zu strukturieren und in Beziehungen zueinander zu setzen, um darauf aufbauende aussagekräftige ökonomische Größen für
die Prüfung der Performance der Kundenbearbeitung der betrachteten Periode abzuleiten. Dabei sind insbesondere prozeßorientierte Analyseinstrumente zu konzipieren, um eine Korrespondenz zum Basis- und Planungsmodell zu erzielen.
Für die Adaptionsanalyse sind Instrumente mit zwei unterschiedlichen Fokussierungen zu
entwickeln. Für den Fokus der Kundenloyalität ist ein Instrument zu entwickeln mit dem es
gelingt, den Zusammenhang zwischen Dauer der Kundenbeziehung bzw. Kundenloyalität und
Kundenprofitabilität unternehmensindividuell herauszuarbeiten. Darüber hinaus sind unter
Verwendung von statistischen Testverfahren Instrumente zu erarbeiten, welche signifikante
Wirkungsunterschiede bei veränderten Instanzierungen der Steuerungsstellhebel des Unternehmens identifizieren. Die resultierenden Ausgestaltungsvarianten der Steuerungsstellhebel
sind durch die Entwicklung eines grundlegenden Modells hinsichtlich ihrer ökonomischen
Auswirkung vergleichbar zu machen, um die geeignetste Ausgestaltungsvariante auswählen
zu können. Die Ergebnisse des Kontrollmodells sind in das Planungsmodell zu integrieren,
um den Anspruch der kontinuierlichen Verbesserung im Zeitablauf gerecht zu werden.
94
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
5.
Konzeption eines Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung im
Rahmen des Vertriebsmanagements
5.1
Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
Zweck des Basismodells ist es, eine konzeptionelle Informationsstruktur zu schaffen, die es
ermöglicht, Bedarfsträger hinsichtlich ihrer Stellung zum Markt- und Unternehmensgeschehen durch geeignete Konstrukte abzubilden. Diese Konstrukte sollen konkrete Zustände als
auch Veränderungsdimensionen darstellen. Das Basismodell hat dabei die Aufgabe, die Abbildung einer leistungsbezogenen Geschäftslogik eines Unternehmens zu unterstützen. Es bildet die informatorische Voraussetzung für die weitere Modellierung und die Analyse einer
bestehenden Kundenbearbeitungssituation in bezug auf konkrete Kundeninstanzen im Bereich
der Planungs- und Kontrollkonzeption.
Den Ausgangspunkt für die Konstruktion des Basismodells bildet ein komparativer Betrachtungsansatz für die Abbildung des Kunden im Kundenbearbeitungsprozeß. Das Basismodell
setzt sich aus einer Bestands- und einer Ablaufkomponente, wie in Abbildung 24 dargestellt,
zusammen. Die Bestandskomponente fixiert die Beschreibung von Bedarfsträgern für ein Unternehmen in verschiedenen Klassifikationsebenen zu einem definierten Erhebungszeitpunkt
und beinhaltet die Beschreibungshistorie. Sie stellt die statische Modellkomponente dar. Die
Ablaufkomponente spezifiziert die Änderungen der Attributausprägungen in verschiedenen
Klassifikationsebenen zwischen zwei Erhebungszeitpunkten. Sie stellt die dynamische Modellkomponente dar.
Erhebungszeitpunkt 2
Erhebungszeitpunkt 1
Bestandskomponente
Ablaufkomponente
Bestandskomponente
Veränderung des Beschreibungszustandes
Beschreibungszustand
Kundenbearbeitungsprozeß
Beschreibungshistorie
Abbildung 24: Komponenten des Basismodells
Beschreibungszustand
Beschreibungshistorie
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
95
Als Konstrukte zur Beschreibung der Stellung von Bedarfsträgern zum Unternehmen dienen
der Pool- und der Relationen-Ansatz.
Definition 10: Konstrukte
Konstrukte sind Elemente mit denen ein zu modellierendes System abgebildet
wird.416
Definition 11: Pool
Ein Pool bezeichnet eine Menge von natürlichen oder juristischen Personen, die
innerhalb einer Klassifikationsebene die gleichen Merkmalsausprägungen aufweisen.
Definition 12: Relation
Eine Relation bezeichnet eine Beziehung zwischen zwei konkreten Pools. Sie
kann zwischen zwei Pools derselben Klassifikationsebene oder zwischen zwei
Pools verschiedener Klassifikationsebenen bestehen.
Die zu strukturierenden Klassifikationsebenen des Basismodells sind:
-
die Transaktionsebene,
-
die Prozeßebene,
-
die Zyklusebene und
-
die Leistungsebene.
In der Transaktionsebene werden die Bedarfsträger hinsichtlich ihrer Stellung zu einer konkreten Kauftransaktion klassifiziert. Dabei wird sowohl zwischen dem erstmaligen und letztmaligen Stattfinden einer Kauftransaktion innerhalb des relevanten Gesamtmarktes unterschieden als auch nach der konkreten Zuordnung einer Kauftransaktion bzw. Transaktionsfolge zum eigenen Unternehmen oder zu den Wettbewerbern differenziert. Das Unternehmen
wird in dieser Ebene nur als potentieller oder tatsächlicher Transaktionspunkt betrachtet. Je
nach Anfall und Zuordnung von Kauftransaktionen zu den Bedarfsträgern sind unterschiedliche Entwicklungspfade möglich.
Während die Transaktionsebene quasi die Makroebene zur Kundenklassifikation repräsentiert, bei der das Unternehmen im Marktgeschehen als ein möglicher Transaktionspunkt dargestellt wird, versteht sich die Prozeßebene als Mikroebenenansatz. Die Prozeßebene schafft
den gedanklichen Übergang zwischen Transaktion und dem eigentlichen Kundenbearbei416
Vgl. Dangelmaier, W. (2000), S. 190. Konstrukte stellen Vorstellungsinhalte dar, die mit dem für das Konstrukt verwendeten Begriff verbunden sind. Ein Konstrukt kann in diesem Sinn nicht richtig oder falsch sein,
sondern nur in bezug auf seine Zweckmäßigkeit bewertet werden. Vgl. Rück, H.R. (1995), S. 4.
96
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
tungsprozeß, indem in dieser Klassifikationsebene der Kundenkontakt nicht nur als punktuelle
Transaktion, sondern als Ablauf durch die verschiedenen Phasen der Kundenbearbeitung betrachtet wird. Innerhalb dieses Phasenansatzes bestehen hinsichtlich der Durchlaufalternativen sowohl innerhalb des Kundenbearbeitungsprozesses als auch innerhalb des Zu- und Abgangs in und aus diesem Prozeß Freiheitsgrade.
Die Zyklus- und Leistungsebene dient der zeitlichen und leistungsbezogenen Verknüpfung
zwischen der Makro- und Mikroebene. In der Zyklusebene erfolgt die Abbildung von sich
wiederholenden Kundendurchläufen in der Kundenbearbeitung während der gesamten Kundenlebenszeit. Sie ermöglicht eine dynamische Betrachtung von aufeinander folgenden Kundenbearbeitungsdurchläufen in der Mikroebene und spezifiziert die zeitlichen Relationen sowie die Mächtigkeit von Transaktionsfolgeketten in der Makroebene. In der Leistungsebene
wird das mögliche Gesamtleistungsspektrum eines Unternehmens hinsichtlich seiner Stellung
zur Bedarfsbefriedigung der Nachfrager in verschiedene Leistungskategorien unterteilt. In
Verbindung mit der Zyklusebene unterstützt sie die inhaltliche Ausrichtung und zeitliche
Gestaltung von Kundenbearbeitungsprozessen.
5.1.1
Strukturierung der Transaktionsebene
Bedarfsträger sind alle existierenden natürlichen und juristischen Personen. Während natürliche Personen Leistungen zur Befriedigung ihrer privaten Bedürfnisse nachfragen, dienen bei
juristischen Personen die nachgefragten Leistungen zur Befriedigung der mit dem Geschäftszweck verbundenen Bedürfnisse.417 Als Bedarfsträger im relevanten Markt werden diejenigen
Bedarfsträger bezeichnet, die aufgrund ihrer Merkmale als Abnehmer für die betrachtete Unternehmensleistung in Frage kommen. Bei ihnen besteht eine Übereinstimmung zwischen Bedarfsstruktur und ihrer Entsprechung durch die angebotene Leistung. Als relevantes wirtschaftliches Umfeld definieren sie einen Markt auf der Seite der Nachfrager.418
Die Bedarfsträger im relevanten Markt lassen sich hinsichtlich ihrer Stellung zum Marktgeschehen in die Gruppen des potentiellen Erstkundenpools eines Marktes, des Kundenpools eines Marktes und des Kundenabgangspools eines Marktes unterteilen. Diese Differenzierung
ist aus Abbildung 25 ersichtlich.
417
Vgl. dazu auch Kapitel 2.1.1.
418
Vgl. dazu auch Kapitel 2.1.1.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
97
Menge aller Bedarfsträger
Menge der Bedarfsträger im nicht relevanten Markt
Menge der Bedarfsträger im relevanten Markt
Potentieller Erstkundenpool eines Marktes
Kundenpool eines Marktes
Kundenabgangspool eines Marktes
Abbildung 25: Klassifikation von Bedarfsträgern
Die einzelnen Gruppen sind wie folgt definiert:
Neu in den Markt eintretende Bedarfsträger sind Elemente des potentiellen Erstkundenpools.
Definition 13: Potentieller Erstkundenpool eines Marktes
Der potentielle Erstkundenpool eines Marktes umfaßt alle Bedarfsträger, die bisher noch keine Kauftransaktion im relevanten Markt getätigt haben, aber aufgrund
einer entstandenen Kongruenz von Kundenmerkmalen und den Zielgruppenmerkmalen419 als potentielle Transaktionspartner im relevanten Markt betrachtet
werden.
Bedarfsträger, die bereits eine Kauftransaktion getätigt haben und auch als Kunden zukünftig
zur Verfügung stehen, sind Elemente des Kundenpools.
Definition 14: Kundenpool eines Marktes
Der Kundenpool eines Marktes umfaßt alle Bedarfsträger, die mindestens eine
Kauftransaktion im relevanten Markt getätigt haben und noch nicht Elemente des
Kundenabgangspools sind.
Bedarfsträger, die für weitere Kauftransaktionen nicht mehr zur Verfügung stehen, sind Elemente des Kundenabgangspools.
Definition 15: Kundenabgangspool eines Marktes
Der Kundenabgangspool eines Marktes umfaßt alle Bedarfsträger, die mindestens
eine Kauftransaktion getätigt haben, aber als zukünftige Transaktionspartner im
relevanten Markt nicht mehr zur Verfügung stehen.
419
Gruppe von natürlichen oder juristischen Personen, die aufgrund ihrer Bedarfsstruktur als Abnehmer für die
betrachtete Unternehmensleistung in Frage kommen. Die Bestimmung der Zielgruppen ist Aufgabenbereich
des Marketings ggf. in verbundener Anwendung von Methoden der Marktforschung. Vgl. Meffert, H.
(1998), S. 457 ff.
98
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
Der Kundenpool stellt somit die Bestandsmenge der Bedarfsträger eines relevanten Marktes
dar. Der potentielle Erstkundenpool bildet bei dieser Betrachtung das Wachstumselement,
welches die Anzahl der Elemente des Kundenpools erhöht (Zufluß von Kundenelementen).
Entsprechend ist der Kundenabgangspool das Reduktionselement des Kundenpools, welches
die Anzahl der Elemente des Kundenpools reduziert (Abfluß von Kundenelementen).420 Die
Abfolge der Zugehörigkeit zu den einzelnen Marktpools widerspiegelt den Lebenszyklus der
relevanten Bedarfsträger in einem Markt.
Die kundenbezogene Ausgangssituation ist aus Unternehmenssicht weiter zu differenzieren,
da sich alle Kauftransaktionen der Kunden auf das eigene Unternehmen und die Wettbewerber im relevanten Markt verteilen.421 Somit haben alle Kunden vor bzw. nach jeder Kauftransaktion die Möglichkeit, zwischen dem betrachteten Unternehmen und den Wettbewerbern als
Transaktionspartner zu entscheiden.
Werden die Ausgangsdefinitionen der Kundenpools auf die Unternehmenssicht übertragen,
ergibt sich eine Differenzierung folgender transaktionsorientierter Pooldefinitionen:
Definition 16: Potentieller Erstkundenpool eines Unternehmens (PER_KU_PO)
Der potentielle Erstkundenpool eines Unternehmens umfaßt alle Bedarfsträger,
die bisher noch keine Kauftransaktion mit dem betrachteten Unternehmen getätigt
haben, aber aufgrund einer entstandenen oder bestehenden Kongruenz von Kundenmerkmalen und den Zielgruppenmerkmalen als potentielle Transaktionspartner im relevanten Markt betrachtet werden.422
Definition 17: Kundenpool eines Unternehmens (KU_PO)
Der Kundenpool eines Unternehmens umfaßt alle Bedarfsträger im relevanten
Markt, die mindestens eine Kauftransaktion mit dem betrachteten Unternehmen
getätigt haben und noch nicht Elemente des Kundenabgangspools sind.
Definition 18: Kundenabgangspool eines Unternehmens (AB_KU_PO)
Der Kundenabgangspool eines Unternehmens umfaßt alle Bedarfsträger, die mindestens eine Kauftransaktion mit dem betrachteten Unternehmen getätigt haben,
420
Die Konstellation bei der ein Kunde nur für eine Kauftransaktion am relevanten Markt zur Verfügung steht,
stellt einen Sonderfall dar, bei der das Kundenelement direkt vom potentiellen Erstkundenpool in den Kundenabgangspool wandert.
421
Eine Ausnahme stellt der Fall der Monopolstellung eines Unternehmens im betrachteten Markt dar. Vgl. zu
den anbieterseitigen Marktformen Olfert, K./Rahn, H.-J. (1997), Nr. 603 sowie die dort angegebene Literatur.
422
Der potentielle Erstkundenpool eines Unternehmen beinhaltet somit nach der Herkunft seiner Elemente die
Elemente des potentiellen Erstkundenpools des Marktes (PER_KU_PO_MA) sowie die Elemente des verlorenen Kundenpools der Wettbewerber (VER_KU_PO_W), die bisher noch keine Kauftransaktion mit dem
betrachteten Unternehmen getätigt haben.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
99
aber als zukünftige Transaktionspartner im relevanten Markt nicht mehr zur Verfügung stehen.
Als Ursachen für einen Kundenabgang aus dem relevanten Markt kommen grundsätzlich eine
Bedarfsverschiebung oder ein Bedarfsentfall in Frage. Während bei der Bedarfsverschiebung
eine Veränderung der Bedarfsstruktur stattfindet, bei der der Nachfrager die bisher angebotene Leistung mit ihren spezifischen Eigenschaften nicht mehr als akzeptabel zur Befriedigung
seiner Bedürfnisse anerkennt423, entsteht bei einem Bedarfsentfall der völlige Untergang des
Bedarfes beim Nachfrager. Dieser Untergang kann dabei beispielsweise auf einen absoluten
Bedarfsentfall424 zurückgeführt werden.
Die möglichen Transaktionsrelationen zwischen den Kundenelementen und Anbieterunternehmen in einem Markt machen eine weitere Unterteilung der Kunden im Bereich des Kundenpools eines Unternehmens wie folgt erforderlich:
Definition 19: Erstkundenpool eines Unternehmens (ER_KU_PO)
Der Erstkundenpool eines Unternehmens umfaßt die Elemente des Kundenpools
eines Unternehmens, die erstmalig eine Kauftransaktion bei dem betrachteten Unternehmen getätigt haben.425
Definition 20: Bestandskundenpool eines Unternehmens (BES_KU_PO)
Der Bestandskundenpool eines Unternehmens umfaßt die Elemente des Kundenpools eines Unternehmens, die zwischen zwei aufeinander folgenden Kauftransaktionen bei dem betrachteten Unternehmen keine alleinige Kauftransaktion mit
dem Wettbewerb getätigt haben.
Definition 21: Pool verlorener Kunden eines Unternehmens (VER_KU_PO)
Der Pool der verlorenen Kunden eines Unternehmens umfaßt die Elemente des
Kundenpools eines Unternehmens, die nach einer Kauftransaktion bei dem betrachteten Unternehmen ihre Kauftransaktionen vollständig bei Wettbewerbern tätigen.
423
Je nach Anpassungsintention ergeben sich in diesem Zusammenhang aus Unternehmenssicht Anknüpfungspunkte zum Bereich der Produktentwicklung (Anpassung des Leistungsspektrums in Richtung der veränderten Bedarfstruktur) oder des klassischen Marketings (Überführung der veränderten Bedarfsstruktur in Richtung des bestehenden Leistungsspektrums, z. B. durch manipulative Veränderung des wahrgenommenen
Images mittels Werbung). In beiden Fällen wird versucht, wieder eine Kongruenz zwischen Bedarfsstruktur
und Bedürfnisbefriedigung durch die angebotene Leistung herzustellen.
424
Ein absoluter Bedarfsentfall eines Nachfragers ist im Fall einer natürlichen Person mit dem Tod derselben
oder im Fall einer juristischen Person mit einem Konkurs bzw. einer Liquidation verbunden. Die fehlende
Existenz des Bedarfsträgers impliziert hier die fehlende Existenz von Bedarfen.
425
Mögliche Herkunftsquellen der Erstkunden eines Unternehmens sind der potentielle Erstkundenpool des
Marktes (PER_KU_PO_MA) sowie eine Teilmenge des Kundenpools (Menge der verlorenen Kunden) der
Wettbewerber (VER_KU_PO_W).
100
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
Definition 22: Pool zurückgewonnener Kunden eines Unternehmens (ZUR_KU_PO)
Der Pool der zurückgewonnenen Kunden eines Unternehmens umfaßt die Elemente des Pools verlorener Kunden eines Unternehmens, die nach Tätigung mindestens einer alleinigen Kauftransaktion bei Wettbewerbern wieder eine Kauftransaktion bei dem betrachteten Unternehmen tätigen.426
Zwischen den transaktionsbezogenen Zuständen existieren bei Transaktionsfortschritt aufgrund bestehender Handlungsalternativen Zustands-Möglichkeiten-Relationen. Sie bilden den
möglichen Entwicklungspfad eines relevanten Bedarfsträgers im Transaktionsablauf nach
dem Quellen-/Senkenkonzept427 ab. Da der AB_KU_PO in diesem Ansatz als Abgangsobjekt
fungiert, steht er als Quellenelement sachlogisch nicht zur Verfügung. Die zugelassenen modellkonsistenten Zustands-Möglichkeiten-Relationen werden nachfolgend in der ZustandsMöglichkeiten-Matrix aufgeführt (Tabelle 6).
Senke
PER_KU_PO
ER_KU_PO
Quelle
PER_KU_PO
KU_PO
KU_PO
PER_KU_PO_MA
X
X
VER_KU_PO_W
X
X
BES_KU_PO
AB_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
ER_KU_PO
X
X
X
BES_KU_PO
X
X
X
ZUR_KU_PO
X
X
X
X
X
VER_KU_PO
X
x - zugelassene Zustands-Möglichkeiten-Relation
x - von Unternehmen anzustrebende zugelassene Relation
Tabelle 6: Transaktionsorientierte Zustands-Möglichkeiten-Matrix
5.1.2
Strukturierung der Prozeßebene
Die Konstruktion der Prozeßebene dient dazu, den Gesamtprozeß der Kundenbearbeitung in
voneinander abgrenzbare Phasen unterschiedlichen Aggregationsniveaus zu unterteilen. Die
Hauptprozeßphasen kapseln jeweils die Menge phasenspezifischer Teilprozesse bzw. Pro426
Werden die Definitionen auf die Wettbewerber gespiegelt übertragen, stellt jedes Kundenelement des
ZUR_KU_PO ein Element des Pools verlorener Kunden der Wettbewerber dar bzw. jedes Kundenelement
des VER_KU_PO ein Element des Pools zurückgewonnener Kunden oder des Erstkundenpools der Wettbewerber.
427
Vgl. dazu Schierenbeck, H. (1993), S. 200 f.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
101
zeßaktivitäten.428 Die Abfolgerelationen der Prozeßphasen dienen der späteren Zuordnung
konkreter Kundeninstanzen sowie der Analyse von möglichen Handlungsimplikationen im
Bereich des adaptiven Kontrollmodells. Als Hauptprozeßphasen werden die Anbahnungs-,
Abwicklungs- und After-Sales-Phase unterschieden.429
Die Anbahnungsphase umfaßt alle Aktivitäten, die der Vorbereitung des eigentlichen Kaufaktes dienen. Sie beinhaltet neben der Kontaktaufnahme Informations- und Beratungsaktivitäten. Des weiteren werden in ihr zum einen die genauen Parameter des zu erwerbenden Leistungsbündels, der Leistungserstellung, -bereitstellung, des Leistungsentgelts sowie die Folgen von Fehl- oder Nichtleistungen spezifiziert. In der Abwicklungsphase wird die eigentliche Geschäftstransaktion durchgeführt. Hier erfolgt die tatsächliche Beauftragung zur Leistungserstellung.430 Weiterhin findet in dieser Phase die Bereitstellung der Leistung statt, die
den Kunden befähigt, die Leistung zu nutzen. In die After-Sales-Phase fallen alle Aktivitäten,
die dem Kunden die Nutzung der vereinbarten Leistung dauerhaft ermöglichen bzw. bei Beeinträchtigungen die vereinbarte Leistungsqualität wiederherstellen.
Betrachtet man diese Phasenstruktur nicht statisch, sondern als dynamischen Durchlauf eines
sich wiederholenden Zyklus, schließt sich der After-Sales-Phase wieder die Anbahnungsphase mit ihren dargestellten Folgephasen an. Eine Zyklusbetrachtung als Notwendigkeit einer
sich wiederholenden kundenbezogenen Bedarfsentstehung und -befriedigung erfolgt im anschließenden Kapitel.
Die Systematisierung der Aktivitäten einer idealtypischen Kundenbearbeitung geschieht anhand eines vierstufigen Gliederungsschemas mit den Ebenen Hauptprozeß, Teilprozeß,
Teilprozeßaktivität und Aktivitätsphase. Durch Verknüpfung der einzelnen Aktivitäten auf
den verschiedenen Ebenen ergibt sich eine baumartige Struktur wie in Abbildung 26 dargestellt. Dabei stellt die vertikale Reihenfolge der Aktivitäten innerhalb einer Ebene die idealtypische Abfolge dar, die ein Kundenelement im Rahmen der Kundenbearbeitung durchschreitet. Ausgangsaktivität in jeder Ebene bildet jeweils die oberste Aktivität. Der Möglichkeit eines mehrmaligen Durchlaufes von Aktivitäten im Bereich der Teilprozeßaktivitäten wird auf
Ebene IV “Aktivitätsphase“ Rechnung getragen. Dadurch wird ermöglicht, entsprechende
Folge- oder Anpassungszyklen zu erfassen und abzubilden.
428
Innerhalb der einzelnen Prozeßphasen existieren für Unternehmen Freiheitsgrade hinsichtlich der Art, des
Umfangs und der Explizität der einzelnen Phasenaktivitäten. Sie ergeben sich grundsätzlich aufgrund von
Branchencharakteristika und/oder der Komplexität des Leistungsumfangs. Vgl. dazu auch Kapitel 3.1.2.
429
Vgl. zu den verschiedenen Phasenansätzen Kapitel 3.1.2.
430
Die Beauftragung stellt die eigentliche Transaktion i. e. S. dar. Sie ist die rechtlich gültige Vereinbarung über
den Austausch einer Leistung gegen Entgeltzahlung. Vgl. dazu auch Brand, D. (1990), S. 80 ff., der unter
Transaktion allgemeiner die Übertragung von Verfügungsrechten zwischen Wirtschaftssubjekten versteht. Je
nach vertraglicher Vereinbarung kann die Entgeltzahlung vor, während und/oder nach der Leistungsbereitstellung erfolgen.
102
Kundenbearbeitung
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
I. Hauptprozeß
II. Teilprozeß
III. Teilprozeßaktivität
IV. Aktivitätsphase
Anbahnung
(AN)
Information
(AN_I)
Informationsanfrage/
Kontaktaufnahme
Erstanfrage/-kontakt
Informationsbereitstellung
Erstinformation
Beratungsanfrage
Erstanfrage/-kontakt
Beratung
(AN_B)
Ergänzungsanfrage
Folgeinformation
Ergänzungsanfrage
Beratungsdurchführung
Erstberatung
Folgeberatung
Angebotserstellung
(AN_A)
Angebotsbeauftragung
Angebotserstellung
Erstangebotserstellung
Anpassungsanfrage
Angebotsanpassung
Abwicklung
(AB)
Beauftragung
(AB_B)
Auftragserteilung
Auftragsbearbeitung
Anpassungsanfrage
Auftragsanpassung
Auftragsannahme
Bereitstellung
(AB_BS)
Leistungsbereitstellung
Erstbereitstellung der Leistung
Anpassungsforderung
Bereitstellungsanpassung
Endabnahme/
Endübergabe
After Sales
(AS)
Reklamations/Anfragenbearbeitung (AS_RA)
Instandhaltung/-setzung (AS_IS)
Abbildung 26: Grundstruktur des Kundenbearbeitungsprozesses
Zur eindeutigen Zuordnung von Kundenelementen zu den Haupt- und Teilprozessen der Kundenbearbeitung sind entsprechende Anfangs- und Endereignisse zu definieren. Sie bestimmen, wann ein Kundenelement in einen Haupt- oder Teilprozeß eintritt und wann es ihn wieder verläßt. Als Orientierungsrahmen dienen die Teilprozeßaktivitäten mit ihren Aktivitätsphasen. Die erste Teilprozeßaktivität bildet mit dem Beginn ihrer ersten Aktivitätsphase das
Startereignis für den teilprozeßspezifischen Anfangszeitpunkt tAv mit v = (AN_I, AN_B,
AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA, AS_IS). Die letzte Teilprozeßaktivität bildet mit dem
Abschluß ihrer letzen Aktivitätsphase das Endereignis für den teilprozeßspezifischen Endzeitpunkt tEv mit v = (AN_I, AN_B, AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA, AS_IS). Die Ergebnisse
dieses Vorgehens mit Bezug auf Abbildung 26 sind aus Tabelle 7 ersichtlich.
Der hauptprozeßspezifische Anfangszeitpunkt (tAw) mit w = (AN, AB, AS) ergibt sich aus
dem Anfangszeitpunkt des ersten Teilprozesses der jeweiligen Hauptphase sowie der hauptprozeßspezifische Endzeitpunkt (tEw) aus dem Endzeitpunkt des letzten Teilprozesses der jeweiligen Hauptphase. Es gilt somit tAAN = tAAN_I, tEAN = tEAN_A, tAAB = tAAB_B, tEAB = tEAB_BS.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
103
Symbolik
Bedeutung
Funktion
tAAN_I
Erstkontaktzeitpunkt
Beginn des Hauptprozesses AN
und des Teilprozesses AN_I
tEAN_I
Zeitpunkt des Abschlusses der Endinformation
Ende des Teilprozesses AN_I
tAAN_B
Zeitpunkt der Beratungsanfrage
Beginn des Teilprozesses AN_B
tEAN_B
Zeitpunkt des Abschlusses der Endberatung
Ende des Teilprozesses AN_B
tAAN_A
Zeitpunkt der Angebotsbeauftragung
Beginn des Teilprozesses AN_A
Zeitpunkt der Endangebotsabgabe
Ende des Teilprozesses AN_A und
des Hauptprozesses AN
tAAB_B
Zeitpunkt der Auftragserteilung
Beginn des Hauptprozesses AB
und des Teilprozesses AB_B
tEAB_B
Zeitpunkt der Auftragsannahme
Ende des Teilprozesses AB_B
tAAB_BS
Zeitpunkt des Beginns der Leistungsbereitstellung
Beginn des Teilprozesses AB_BS
tEAB_BS
Endabnahme-/Endübergabezeitpunkt
Ende des Teilprozesses AB_BS
und Ende des Hauptprozesses AB
tAAS
Zeitpunkt des Zugangs der Leistung
in den Nutzungsbereich des Kunden
Beginn des Hauptprozesses AS
tEAS
Abgang der Leistung aus dem Nutzungsbereich des Kunden
Ende des Hauptprozesses AS
tE
AN_A
Tabelle 7: Anfangs- und Endereignisse von Prozessen in der Kundenbearbeitung
Da die Aktivitäten in jedem Teilprozeß der Kundenbearbeitung zeitverbrauchende Verrichtungen darstellen, ergibt sich tAv < tEv für alle v bzw. für jeden Hauptprozeß tAw < tEw für alle
w. Für die zeitlichen Übergangsrelationen zwischen den Teilprozessen ist eine Fallunterscheidung vorzunehmen. Einerseits besteht die Möglichkeit, daß der Endzeitpunkt eines Teilprozesses gleichzeitig den Anfangszeitpunkt des nachfolgenden Teilprozesses darstellt. In
diesem Fall gilt: tEv = tAv+1. Andererseits ist es jedoch bei der Kundenbearbeitung nicht auszuschließen, daß zwischen dem Endereignis eines Teilprozesses und dem Anfangsereignis des
nachfolgenden Teilprozesses eine Zeitdifferenz entsteht, so daß gilt: tEv < tAv+1. Diese zeitliche Verzögerung kann bei fast allen Teilprozeßübergängen auftreten. Ausnahme bildet der
Übergang von der Abwicklungs- in die After-Sales-Phase. Hier liegt eine zeitliche Ereigniskongruenz vor. Der Zeitpunkt der Endabnahme bzw. -übergabe ist sachlogisch immer gleich-
104
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
zeitig der Zeitpunkt des Zugangs der Leistung in den Nutzungsbereich des Kunden.431 Somit
ergeben sich für die zeitlichen Übergänge zwischen den Teilprozeßphasen beim Durchlauf
innerhalb des Kundenbearbeitungsprozesses folgende zugelassene Relationen: tEAN_I ≤ tAAN_B,
tEAN_B ≤ tAAN_A, tEAN_I ≤ tAAB_B, tEAB_B ≤ tAAB_BS, tEAB_BS = tAAS.
Um das dargestellte Prozeßmodell für Steuerungsaktivitäten in eine handhabbare Dimension
zu überführen, ist es notwendig, die in den einzelnen Aktivitäten der Kundenbearbeitung befindlichen Kundenelemente sowie ihre Durchläufe in vertikaler432 als auch horizontaler433
Richtung abzubilden. Zu diesem Zweck wird wieder auf das Konstrukt des Pools zurückgegriffen.434 Das Pool-Modell in der Prozeßebene ist in der Weise zu konzeptionieren, daß es die
Darstellung der möglichen Bearbeitungszustände der Kundenelemente in einer geeigneten
Aggregationsebene wiedergibt. Diese Aggregationsebene muß es ermöglichen, die Initiierungsrichtung, die tatsächliche Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivitäten innerhalb eines
Hauptprozesses sowie die Anzahl der durchlaufenen Aktivitätsphasen abzubilden. Gleichzeitig muß das Pool-Modell in der Lage sein, die bestehenden Handlungsalternativen der Kundenelemente so zu berücksichtigen, daß jedes Kundenelement stets einem definierten Prozeßpool zugeordnet ist.
In Abbildung 27 wird ein Modell präsentiert, das diesen Anforderungen entspricht. Dazu wird
jedem Teilprozeß in der Kundenbearbeitung im ersten Schritt ein Aktivpool zugeordnet.
Definition 23: Aktivpool eines Teilprozesses (Akt_Pov)
Ein Aktivpool besteht aus Kundenelementen, bei denen eine Initiierung der nachfolgenden Teilprozeßaktivitäten in Teilprozeß v stattgefunden hat und noch kein
Ausschlußereignis erfolgt ist.
431
Während die Teilprozeßaktivität “Endabnahme bzw. -übergabe“ mit Bezug auf Sach- und Nominalgüter sowie Rechten eindeutig zu identifizieren ist, können im Bereich von Dienstleistungen leicht Abgrenzungsprobleme entstehen. Vgl. allgemein zur Gütersystematik Corsten, H. (1985), S. 169. Hier könnten Vereinbarungen über die fortwährende Leistungsbereitstellung, z. B. innerhalb der Laufzeit eines Mobilfunkvertrages,
dahingehend interpretiert werden, daß sich der Bereitstellungsprozeß und der After-Sales-Prozeß zeitlich überlagern bzw. gar kein After-Sales-Prozeß existiert, da er sich definitionsgemäß an die Bereitstellungsphase
anschließt. Dieses Abgrenzungsproblem läßt sich an dieser Stelle dadurch lösen, daß die Endabnahme bzw. übergabe als erfolgt anzusehen ist, wenn erstmalig die vertraglich zugesicherte Leistung zur Nutzung bereitsteht. Die Nutzung der Leistung über diesen Zeitpunkt hinaus fällt dann wieder in den After-Sales-Prozeß.
432
Die vertikale Richtung bezeichnet den Durchlauf durch die einzelnen Teilprozesse, in Anlehnung an
Abbildung 26.
433
Die horizontale Richtung bezeichnet den Durchlauf innerhalb eines Teilprozesses zwischen den Teilprozeßaktivitäten und den Aktivitätsphasen, in Anlehnung an Abbildung 26.
434
Vgl. dazu Definition 11.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
105
Aktivpool des Teilprozesses v
Initiierungsrichtung:
Unternehmen
Unt_Akt_Pas_
Po
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Unt_Akt_Akt_
Po
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Kundenelement
Kund_Akt_Pas_
Po
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Aktivpool des Teilprozesses v+1
tEv
tAv+1
Verweildauer im
Pas_Po
Kund_Akt_Akt_
Po
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Unt_Pas_
Verl_Po
Kundenelement
Unt_Akt_Pas_
Po
Kund_Akt_Pas_
Po
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Unt_Akt_Akt_
Po
Pas_Po
Verlustpool des Teilprozesses v
Unt_Akt_
Verl_Po
Unternehmen
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Kund_Akt_Akt_
Po
Zyklus 1
Zyklus 2
Zyklus ...
Zyklus max
Verlustpool des Teilprozesses v+1
Verl_Pas_Po
Unt_Akt_
Verl_Po
Unt_Pas_
Verl_Po
Intrapoolpfad
Interpoolpfad 1. Grades
Interpoolpfad 2. Grades
Abbildung 27: Pool-Modell für den Kundenbearbeitungsprozeß
Je nach Initiierungsrichtung und der tatsächlichen Inanspruchnahme bzw. Durchführung der
Teilprozeßaktivitäten, lassen sich bei einem Aktivpool vier Pool-Typen, wie aus Abbildung
28 ersichtlich, unterscheiden. Bei dem Unt_Akt_Pas_Po findet die Initiierung durch das Unternehmen statt. Das Kundenelement hat die jeweilige Teilprozeßaktivität aber nicht in Anspruch genommen. Entsprechend geht die Initiierung bei dem Kund_Akt_Pas_Po vom Kundenelement aus. Das Unternehmen hat die Teilprozeßaktivität jedoch nicht durchgeführt. Bei
dem Unt_Akt_Akt_Po hat das Kundenelement die Teilprozeßaktivität nach der Initiierung
durch das Unternehmen in Anspruch genommen. Entsprechend hat bei dem
Kund_Akt_Akt_Po das Unternehmen die Teilprozeßaktivitäten nach der Initiierung durch den
Kunden durchgeführt.
Für ein Kundenelement besteht bei der Kundenbearbeitung in einem Teilprozeß die Möglichkeit, die Poolzugehörigkeit zu ändern. Dabei sind, wie in Abbildung 27 dargestellt, Intra- und
Interpoolpfade zu unterscheiden. Bei den Intrapoolpfaden wird dem Fall eines mehrmaligen
Durchlaufs innerhalb der einzelnen Teilprozeßaktivitäten in jedem der vier Teilpools durch
Berücksichtigung der Zyklusanzahl (ZYK) Rechnung getragen. Jedem Kundenelement wird
106
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
die Zyklusanzahl der entsprechenden Zyklusgruppe seines Teilpools zugeordnet.435 Die maximale Zyklusanzahl (ZYKmax) für die Kundenelemente je Teilpool wird durch Abbruchkriterien begrenzt. Der Intrapoolpfad für ein Kundenelement in einem Teilpool ergibt sich somit
aus der Anzahl der durchlaufenen Zyklen.
Bei den Interpoolpfaden ist zwischen einem Poolwechsel innerhalb des Aktivpools (Interpoolpfad 1. Grades) und einem Wechsel außerhalb des Aktivpools (Interpoolpfad 2. Grades)
zu unterscheiden.
Kundenelement
Aktiv
initiierend
reaktiv
Passiv
Unternehmen
Aktiv
initiierend
Passiv
reaktiv
* Unternehm.
Aktiv-Aktiv
Pool
Kunden
Aktiv-Aktiv
Pool
Kunden
Aktiv-Passiv
Pool
Unternehmen
Aktiv-Passiv
Pool
*
**
* Kombination schließt sich sachlogisch aus
** Kombination ist für Aktivpool nicht zugelassen
Abbildung 28: Pool-Typen-Matrix des Aktivpools
Für jedes Kundenelement in einem Teilpool mit einer Passivkomponente besteht die Möglichkeit, in den entsprechenden Teilpool mit der Aktivkomponente vor Erreichen des
Ausschlußereignisses zu wechseln.436 Der Aktivpool wird dabei nicht verlassen. Wurde ein
Kundenelement im Bereich der Akt_Pas-Pools beider Initiierungsrichtungen vor Erreichen
des Abbruchereignisses nicht in den entsprechenden Akt_Akt-Pool überführt, findet eine Zu-
435
Im Fall des Unt_Akt_Pas_Po stellt z. B. die Zykluszahl im Teilprozeß AN_I die Häufigkeit der vergeblichen
Versuche dar, den Kunden für eine Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivität “Informationsbereitstellung“ zu
gewinnen. Entsprechend gibt die Zykluszahl für den Unt_Akt_Akt_Po bzw. den Kund_Akt_Akt_Po die
Häufigkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivität “Informationsbereitstellung“ durch
das Kundenelement an.
436
Es ergeben sich die Interpoolpfade 1. Grades: Unt_Akt_Pas_Po → Unt_Akt_Akt_Po; Kund_ Akt_Pas_Po →
Kund_Akt_Akt_Po. Es sind somit nur Wechsel in Teilpools mit gleicher Initiierungsrichtung vorgesehen.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
107
ordnung des Kundenelements in den Verlustpool statt. Dabei ist je nach Initiierungsrichtung
zwischen dem Unt_Akt_Verl_Po und dem Unt_Pas_Verl_Po zu differenzieren.437
Definition 24: Verlustpool eines Teilprozesses (Verl_Pov)
Ein Verlustpool besteht aus Kundenelementen, bei denen eine Inanspruchnahme
bzw. Durchführung der nach der Initiierung folgenden Teilprozeßaktivitäten in
Teilprozeß v nicht stattgefunden hat und das Abbruchereignis erfolgt ist.
Im Bereich der Akt_Akt-Pools vollzieht sich die Inanspruchnahme bzw. die Durchführung
der nach der Initiierung stattfindenden Teilprozeßaktivitäten. Je nach Anzahl der Durchführung, können die Kundenelemente wiederum den einzelnen Zyklen bzw. den Aktivitätsphasen
zugeordnet werden. Bei dem Vorliegen der Abbruchkriterien werden die Kundenelemente in
den Passivpool überführt.438
Definition 25: Passivpool (Pas_Pov, v+1)
Ein Passivpool beinhaltet die Kundenelemente, bei denen die Inanspruchnahme
bzw. die Durchführung der Teilprozeßaktivitäten des Teilprozesses v stattgefunden und das Abbruchereignis erfolgt ist.
Ein Passivpool stellt das Übergangskonstrukt zwischen den einzelnen Teilprozessen der Kundenbearbeitung dar. Er umfaßt alle Kundenelemente, die aktiv im vorangegangenen Teilprozeß v bearbeitet wurden und jetzt quasi auf die Bearbeitung im nächsten Teilprozeß v+1
“warten“. Aus diesem Passivpool werden die Teilpools des Aktivpools v+1 befüllt. Somit ist
ein Poolpfad zu jedem der vier Teilpools des Aktivpools gegeben. Elemente, die im Teilprozeß v+1 keinem Teilpool zugeordnet werden können, weil keine Initiierungsaktivität stattfindet, werden in den Verlustpool des Passivpools (Verl_Pas_Po) überführt. Die Verweildauer
eines Kundenelements im Passivpool ergibt sich aus der Differenz von tAv+1 und tEv mit tEv ≤
tEvmax (siehe dazu Abbildung 27).439
Die Möglichkeit des Poolwechsels wird in der Kundenbearbeitung, wie bereits angesprochen,
durch Abbruchkriterien determiniert. Hierfür sind diejenigen Ereignisse zu spezifizieren, bei
deren Eintritt ein Kundenelement die Poolzugehörigkeit verändert (siehe Tabelle 8). Die mögliche Bewegungsrichtung wird dabei durch die Poolpfade vorgegeben.
437
Es ergeben sich die Interpoolpfade 2. Grades: Unt_Akt_Pas_Po → Unt_Akt_Verl_Po; Kund_Akt_Pas_Po →
Unt_Pas_Verl_Po.
438
Es ergeben sich die Interpoolpfade 2. Grades: Unt_Akt_Akt_Po → Pas_Po; Kund_Akt_Akt_Po → Pas_Po.
439
Eine Ausnahme bildet der Hauptprozeß AS, da hier gilt: tEAB_BS = tAAS.
108
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
Poolquelle
Poolsenke
Ereignisverantwortung
Unt_Akt_Pas_Po
Unt_Akt_Akt_Po
Kundenelement
Erstmalige Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivitäten im Teilprozeß durch das Kundenelement440
Unt_Akt_Verl_Po
Unternehmen
Anzahl der maximalen erfolglosen Initiierungsversuche durch das Unternehmen, nach denen keine
neue Initiierung im Teilprozeß vorgenommen wird
Kund_Akt_Akt_Po
Unternehmen
Erstmalige Durchführung der Teilprozeßaktivitäten
im Teilprozeß durch das Unternehmen441
Unt_Pas_Verl_Po
Kundenelement
Anzahl der maximalen erfolglosen Initiierungsversuche durch das Kundenelement, nach denen keine
neue Initiierung im Teilprozeß vorgenommen wird
Pas_Po
Kundenelement
Anzahl der Inanspruchnahmezyklen, nach der der
Kunde keine weitere Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivitäten wünscht
Unternehmen
Anzahl der Inanspruchnahmezyklen, nach der das
Unternehmen keine weitere Inanspruchnahme der
Teilprozeßaktivitäten gewährt
Kundenelement
Anzahl der Inanspruchnahmezyklen, nach der der
Kunde keine weitere Inanspruchnahme der Teilprozeßaktivitäten wünscht
Unternehmen
Anzahl der Inanspruchnahmezyklen, nach der das
Unternehmen keine weitere Inanspruchnahme der
Teilprozeßaktivitäten gewährt
Unt_Akt_Pas_Po
Unternehmen/
Kundenelement
Erstmalige Initiierung eines Teilprozesses durch
das Unternehmen, bei der das Kundenelement die
Teilprozeßaktivitäten nicht in Anspruch nimmt
Unt_Akt_Akt_Po
Unternehmen/
Kundenelement
Erstmalige Initiierung eines Teilprozesses durch
das Unternehmen, bei der das Kundenelement die
Teilprozeßaktivitäten in Anspruch nimmt
Kund_Akt_Pas_Po
Kundenelement/
Unternehmen
Erstmalige Initiierung eines Teilprozesses durch
das Kundenelement, bei der das Unternehmen die
Teilprozeßaktivitäten nicht durchführt
Kund_Akt_Akt_Po
Kundenelement/
Unternehmen
Erstmalige Initiierung eines Teilprozesses durch
das Kundenelement, bei der das Unternehmen die
Teilprozeßaktivitäten durchführt
Verl_Pas_Po
Unternehmen/
Kundenelement
Es findet keine Initiierung eines Teilprozesses statt.
Kund_Akt_Pas_Po
Unt_Akt_Akt_Po
Kund_Akt_Akt_Po
Pas_Po
Pas_Po
Auslösendes Ereignis
Tabelle 8: Abbruchereignisse im Pool_Modell des Kundenbearbeitungsprozesses
Im Bereich des Unt_Akt_Pas_Po ist es das Ziel, das Kundenelement in den Unt_Akt_Akt_Po
zu überführen. Der Poolwechsel findet statt, wenn das Kundenelement die Teilprozeßaktivitäten des jeweiligen Teilprozesses in Anspruch nimmt und somit seinen Passiv-Status in einen
Aktiv-Status verändert. Erfolgt der Statuswechsel nicht, so besteht aus Unternehmenssicht die
440
Aufgrund der Zughörigkeit des Kundenelements zum Unt_Akt_Pas_Po muß mindestens ein vergeblicher
Initiierungsversuch durch das Unternehmen stattgefunden haben.
441
Aufgrund der Zughörigkeit des Kundenelements zum Kund_Akt_Pas_Po muß mindestens ein vergeblicher
Initiierungsversuch durch das Kundenelement stattgefunden haben.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
109
Möglichkeit, die maximal zulässigen Versuche zur Initiierung der Aktivitäten aufgrund wirtschaftlicher Gesichtspunkte zu begrenzen und bei Erreichen der maximalen Zyklusanzahl das
Kundenelement dem Unt_Akt_Verl_Po zuzuordnen. Die Kundenelemente in den einzelnen
Verlustpools stehen einer weiteren Bearbeitung im Rahmen des betrachteten Durchlaufs der
Kundenbearbeitung nicht mehr zur Verfügung. Bei dem Kund_Akt_Pas_Po geht die Initiierung der Teilprozeßaktivitäten vom Kundenelement selbst aus. Die passive Unternehmensrolle ergibt sich hier aus der Kenntnis von Gründen, die einer gewünschten Durchführung der
Teilprozeßaktivitäten aus Unternehmenssicht entgegenstehen.442 Bei Wegfall dieser Gründe
und der damit verbundenen aktivierten Kundenbearbeitung erfolgt der Wechsel des Kundenelements in den Kund_Akt_Akt_Po. Geschieht jedoch keine Veränderung der passiven Haltung des Unternehmens, liegt theoretisch die maximale zulässige Zyklusanzahl im Ermessensbereich des Kundenelements, das die Initiierung auslöst. Da dieser Wert dem Unternehmen jedoch nicht ex ante bekannt ist, und somit der Wechsel in den Unt_Pas_Po kaum zu identifizieren ist, findet an dieser Stelle eine Spezifikationsübertragung des Abbruchereignisses auf das Unternehmen statt. Es muß festlegen, ab welchem Zyklus, bei bestehender passiver Haltung des Unternehmens, das Kundenelement in den Unt_Pas_Verl_Po zu übertragen
ist.
5.1.3
Strukturierung der Zyklusebene
Die bisherige Betrachtung der Kundenbearbeitung stellt auf den einmaligen Durchlauf durch
die einzelnen Prozeßphasen ab. Diese statische Darstellung spiegelt jedoch nur einen Aspekt
der Kundenbearbeitung wider. Weiterhin ist die sich wiederholende kundenbezogene Bedarfsentstehung und -befriedigung in das Modell der Kundenbearbeitung zu integrieren.443
Um diesem Anspruch zu genügen, muß der Prozeß der Kundenbearbeitung als ein sich wiederholender Zyklus verstanden und entsprechend abgebildet werden. Dazu ist es insbesondere
notwendig, die Übergangsrelation zwischen der letzten Hauptprozeßphase eines Zyklus (Z)
der Kundenbearbeitung, der After-Sales-Phase, mit der ersten Hauptprozeßphase des nachfolgenden Zyklus (Z+1), der Anbahnungsphase, zu spezifizieren.
Da die Aktivitäten der After-Sales-Phase auf die Aufrechterhaltung der Bedarfsbefriedigung
durch die erworbene Leistung abzielen, ergibt sich der Endzeitpunkt der After-Sales-Phase
(tEAS) für ein Kundenelement aus dem Zeitpunkt des Abgangs der erworbenen Leistung aus
dem Nutzungsbereich des Kundenelements.444 Ursachen für den Abgang einer Leistung aus
442
Derartige Gründe liegen z. B. im Bereich der schlechten Bonität bzw. Zahlungsmoral des Kunden.
443
Eine sich wiederholende Bedarfsentstehung auf Seiten der Bedarfsträger ist in diesem Zusammenhang als
konstituierendes Element für die Rechtfertigung des Zyklus-Ansatzes zu verstehen.
444
Vgl. dazu auch Tabelle 7. Unter Abgang aus dem Nutzungsbereich ist der Verlust der bedarfsbefriedigenden
Eigenschaften der Leistung zu verstehen. Der Verlust dieser Eigenschaften verhindert die Bedarfsbefriedigung des Kunden durch Nutzung der Leistung. Eine Nutzung der Leistung ist dann nicht mehr möglich bzw.
erfüllt dann nicht mehr die bedarfsbefriedigenden Anforderungen. Der zufällige Verlust der Leistung, z. B.
durch Diebstahl oder Zerstörung, wird als Sonderfall an dieser Stelle nicht weiter betrachtet.
110
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
dem Nutzungsbereich resultieren aus Verbrauch, Abnutzung bzw. Verschleiß, informatorische Veraltung und Leistungsinnovation.445 Diese Ursachen werden durch nutzungs-, qualitäts- und entwicklungsabhängige Faktoren beeinflußt. Die Beziehungen zwischen Ursachen,
beeinflussenden Faktoren und den Initiatoren der Beeinflussung sind aus Tabelle 9 ersichtlich.
Ursachen für
Leistungsabgang:
Beeinflussungsträger:
Kunde
Beeinflussungsfaktor:
Nutzung
Verbrauch
Abnutzung/
Verschleiß
Wettbewerb/
Technologisches und informatorisches
Umfeld
Hersteller
Qualität
Entwicklung
X
X
X
Informatorische
Veralterung
X
Technologische Veralterung infolge von
Innovation
X
x – Beziehungsrelation zwischen Ursache für den Leistungsabgang und Beeinflussungsfaktor
Tabelle 9: Beziehungsmatrix für den Leistungsabgang
Die Dauer der Nutzung einer erworbenen Leistung (NDL), die gleichzeitig die Länge der zugehörigen After-Sales-Phase bedingt (NDL = tEAS – tAAS), unterliegt somit alternativ der kundenindividuellen Verbrauchsfunktion, der intensitätsgebundenen Gebrauchsdauer oder der
Entwicklungsgeschwindigkeit der leistungsbezogenen informatorisch bzw. technologisch relevanten Umwelt.
Je nach Zustand der Erstkaufleistung bei Folgekauf einer identischen oder inhaltlich modifizierten Leistung ergeben sich die aus Abbildung 29 ersichtlichen Kauftypen I - IV.
445
Während Verbrauch und Abnutzung/Verschleiß auf materielle Güter zu beziehen sind, ist die informatorische Veraltung quasi eine Spezialform der Abnutzung bei immateriellen Gütern mit Informationscharakter,
z. B. der Erwerb einer Marktstudie. Während sich Verbrauch und Abnutzung/Verschleiß von materiellen
Gütern aus der physischen Nutzung ergeben, entsteht die informatorische Veraltung durch Veränderung des
Informationsumfeldes. Vgl. allgemein zu den Arten des Verschleißes Corsten, H. (1996), S. 313. Im Fall der
Innovation ergibt sich der Abgang aus dem Nutzungsbereich durch die veränderten Anforderungen, die das
Kundenelement an die Bedürfnisbefriedigung stellt und nicht aus der mangelnden Erfüllung der bisherigen
Anforderungen wie beim Verbrauch oder der Abnutzung/Verschleiß.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
111
Folgekauf
Modifizierter
Wiederkauf
Ergänzungskauf (Kauftyp II)
Bestand
Nichtmod.
Lst.
t
Ersatzkauf
(Kauftyp III)
t
Bestand
Nichtmod.
Lst.
Bestand
Mod. Lst..
Bestand
Bestand
t
Anpassungskauf
(Kauftyp IV)
Mod. Lst..
Nichtmod.
Lst.
Bestand
Mod. Lst..
Bestand
Mod. Lst..
Nichtmod.
Lst.
Bestand
Bestand
Erweiterungskauf (Kauftyp I)
Abgang
Zustand der Erstkaufleistung bei
Durchführung des Folgekaufs
Identischer
Wiederkauf
t
Abbildung 29: Erst-/Folgekauftypen-Portfolio
Bei Kauftyp III ergibt sich NDL und somit auch tEAS aus der kundenindividuellen Verbrauchsfunktion oder aus der leistungsbezogenen Abnutzungsfunktion je nachdem, ob die zugrunde
liegende Leistung ein Ver- oder Gebrauchsgut ist. In diesem Fall liegt ein klassischer Ersatzkauf vor. Bei Kauftyp IV richtet sich der Zeitpunkt des Untergangs nach der Entwicklungsgeschwindigkeit der relevanten Umwelt. NDL wird somit durch den Zeitpunkt des Angebots einer entsprechend modifizierten Leistung bzw. eines Leistungspotentials begrenzt, da sie den
Zeitpunkt des Abgangs der Leistung aus dem Nutzungsbereich des Kundenelements determiniert. Diese Situation wird durch den Fall des entwicklungsbedingten Anpassungskaufs repräsentiert.446 Bei Kauftyp I und II befindet sich die erworbene Leistung zum Zeitpunkt des Folgekaufs noch im Nutzungsbereich des Kunden. Beide Folgekauftypen stellen für den Anbieter
einen zu befriedigenden Bedarfserweiterungseffekt dar, der auf die NDL der zugrunde liegenden Leistung keinen zeitlichen Einfluß hat.
Die Kauftypen I und II beeinflussen die Übergangsrelation Z → Z+1 dahingehend, daß die
Anbahnungsphase bereits während der bestehenden After-Sales-Phase beginnen kann und
somit die Möglichkeit einer Phasenüberlagerung besteht. Es gilt:
tEASZ ≥ tAAN_IZ+1.
446
Der zwischen Typ III und IV bestehende Mischtyp, der den Fall beschreibt, daß nach Verbrauch bzw. nach
Abnutzung der Leistung ein modifizierter Anpassungskauf erfolgt, kann in Bezug auf die Bestimmung von
NDL auf Typ III zurückgeführt werden, da hier die Modifikation der Leistung kein auslösendes Ereignis im
Sinne des Typs IV darstellt.
112
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
Bei Kauftyp III und IV wird der Startzeitpunkt des ersten Teilprozesses der Anbahnungsphase
in Z+1 durch die notwendige Bedingung des Untergangs der Leistung bestimmt. Im Fall des
Typs IV entsteht der Folgebedarf als hinreichende Bedingung des Angebotes einer modifizierten Leistung, das gleichzeitig den Untergang der ursprünglichen Leistung bewirkt. Es gilt:
tAAN_IZ+1 = tEASZ.447
Bei Typ III ist die Latenz des Folgebedarfes als hinreichende Bedingung für die Initiierung
des ersten Teilprozesses der Anbahnungsphase in Z+1 zu betrachten. Allgemein ergibt sich:
tAAN_IZ+1 ≥ tEASZ.
Abbildung 30 sind die zu differenzierenden Arten des Folgebedarfs für Kauftyp III zu entnehmen.
Arten des Folgebedarfs
Explizit ereignisbezogener Bedarf
Nutzungsbezogener Bedarf (NU_BE)
Bestand der
Leistung
t
Verbrauchsbezogener Bedarf
Abnutzungsbezogener Bedarf
t
Zeitbezogener Bedarf
(ZE_BE)
Bestand der
Leistung
t
t
Implizit ereignisbezogener Bedarf (IM_BE)
Endogener Impuls-Bedarf
Bestand der
Leistung
t
Exogener Impuls-Bedarf
Abbildung 30: Klassifikationsschema für die Arten des Folgebedarfs bei Kauftyp III
Bei dem expliziten ereignisbezogenen Bedarf ist zwischen dem nutzungsbezogenen und zeitbezogenen Bedarf zu unterscheiden. Bei dem nutzungsbezogenen Bedarf ergibt sich der Fol-
447
Bei dieser zeitlichen Übergangsrelation wird ein koordinierter Push-Pull-Ansatz im Bereich der Leistungsmodifikation unterstellt. Er gewährleistet, daß ein entsprechend hoher Modifikationsnutzen für das Kundenelement als auslösendes Untergangsereignis für die Leistung besteht und gleichzeitig eine entsprechend modifizierte Leistung als Angebot existiert. Vgl. allgemein zum Push-Pull-Ansatz in der Produktentwicklung
Brockhoff, K. (1989), S. 61; Sabisch, H. (1991), S. 16 sowie Cooper, R.G. (1984), S. 155 f. der in diesem
Zusammenhang von einer “Balanced Strategy“ spricht.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
113
gebedarfszeitpunkt direkt nach dem Untergang der Leistung infolge Verbrauch oder Abnutzung448. Es gilt:
tAAN_IZ+1 = tEASZ.
Bei dem zeitbezogenen Bedarf ergibt sich ein Folgebedarf nur zu explizit bekannten Zeitpunkten. Diese Zeitpunkte definieren somit den Beginn und das Ende der Bedarfssituation.449
Für die Übergangsrelation gilt:
tAAN_IZ+1 > tEASZ.
Bei dem implizit ereignisbezogenen Bedarf ist der Zeitpunkt des Auftritts des bedarfsauslösenden Ereignisses nicht direkt bestimmbar. Die die Bedarfssituationen auslösenden Impulsfolgen entstehen bei dem endogenen Impuls aus einer beim Kundenelement selbst liegenden
Aktivierung, beim exogenen Impuls aus einer Reaktion der auf das Kundenelement einwirkenden Ereignisse. Bei implizit ereignisbezogenen Bedarfen gilt:
tAAN_IZ+1 ≥ tEASZ.450
5.1.4
Strukturierung der Leistungsebene
Die angebotenen Leistungen eines Unternehmens lassen sich hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Stellung zur Bedarfsbefriedigung als auch ihrer Beziehungen untereinander unterscheiden. Diese Beziehungen implizieren zum Teil Abhängigkeitsverhältnisse, die bei der Gestaltung der Kundenbearbeitung zu berücksichtigen sind. Ausgangspunkt der Betrachtungen ist
dabei der jeweilige Vergleich in bezug auf eine ausgewählte Leistung, die nachfolgend als
Kernleistung bezeichnet wird. Je nach Existenzzustand einer Verbundbeziehung zwischen der
Kernleistung und der zu vergleichenden Leistung, lassen sich verbundene und unverbundene
Leistungen unterscheiden. Ein existierender Leistungsverbund drückt eine bestehende Nutzungs- bzw. Verwendungsbeziehung aus. Dabei ist im ersten Schritt zwischen einer parallelen
oder alternativen Verbundbeziehung zu differenzieren.
Bei einem parallelen Nutzungsverbund ist zu unterscheiden, ob die betrachtete Leistung die
eigentliche Nutzung der Kernleistung erst ermöglicht bzw. die dauerhafte Nutzung unterstützt451 - in diesem Fall soll von einer Komplementärleistung gesprochen werden - oder ob
sie diese in ein höheres Nutzungs- bzw. Verwendungsniveau überführt - dieser Fall bezeich-
448
Der Verbrauch bzw. die Abnutzung der Leistung stellen in diesem Fall das explizite Ereignis zur Folgebedarfsauslösung dar.
449
Beispielsweise besteht der Bedarf an Feuerwerkskörpern bzw. Weihnachtsbäumen bei Endkunden rationalerweise nicht über das ganze Jahr, sondern vorwiegend zu Silvester bzw. zu Weihnachten.
450
Der Spezialfall tAAN_IZ+1 = tEASZ stellt die Situation dar, bei der der Auftritt des impliziten Ereignisses mit dem
Zeitpunkt des Abgangs der Leistung übereinstimmt.
451
Diese Fallunterscheidung bestimmt die grundsätzliche Wirkungsrichtung der Komplementärleistungen.
114
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
net eine Verbundene-Cross-Selling-Leistung.452 Die Existenz von derartigen Beziehungen ist
stets aus Sicht der Kernleistung zu beurteilen. Während der Erwerb und die Nutzung einer
Kernleistung zwangsläufig die Nachfrage nach Komplementärleistungen determinieren, ist
die Nachfrage nach Verbundenen-Cross-Selling-Leistungen zwar vom Erwerb der Kernleistung als Voraussetzung abhängig453, wird jedoch im wesentlichen von dem tatsächlich angestrebten Nutzungs- bzw. Verwendungsniveau der Bedarfsträger bestimmt.
Bei einem alternativen Nutzungsverbund stellt die betrachtete Leistung gegenüber der Kernleistung eine Kaufalternative dar, die entsprechend ihrer Stellung zur Kernleistung qualitativ
und preislich höher- oder niedrigwertiger ist. Ein Bedarfsträger steht somit im Fall eines Folgekaufs vor der Alternative eines identischen Wiederkaufs oder des Kaufs einer niedrig- bzw.
höherwertigen Leistungsalternative. Der Bezug zur Wertigkeit beim Folgekauf wird dabei
durch die ursprüngliche Leistungswahl beim vorherigen Kauf bestimmt.454 Die einzelnen Arten des Leistungsverbundes sind in Abbildung 31 zusammengefaßt dargestellt.
Arten des Leistungsverbundes
Unverbundene Leistungen
(Unverbundenes Cross-Selling)
Verbundene Leistungen
Parallel verbundene
Leistungen
Komplementärleistung (Complementary Selling)
Verbundene Cross-SellingLeistung
Alternativ verbundene
Leistungen
Gleichwertige Leistung (Same-Level-Selling)
Höherwertige Leistung (Up-Selling)
Niedrigwertigere Leistung (Down-Selling)
Abbildung 31: Arten des Leistungsverbundes
452
Während z. B. bei einem Kraftfahrzeug als Kernleistung Inspektion, Haftpflichtversicherung und Kraftstoff
die (dauerhafte) Nutzung der Kernleistung erst ermöglichen, überführen beispielsweise Dachgepäckträger
und Kindersitze das Fahrzeug in ein höheres Nutzungs- bzw. Verwendungsniveau. Parallel mit der Kernleistung verbundene Leistungen werden im folgenden als Leistungen 2. Ordnung bezeichnet, da sie eine hierarchisch untergeordnete Stellung in bezug zur Kernleistung einnehmen.
453
Ausnahmen bilden hier Leistungen, die neben ihrer Verbundbeziehung zu einer Kernleistung auch einen eigenständigen Nutzungs- bzw. Verwendungscharakter zur Bedürfnisbefriedigung besitzen.
454
Alternativ verbundene Leistungen stellen ebenso wie die betrachtete Kernleistung selbst, Leistungen 1. Ordnung dar, da sie in einem Gleichordnungsverhältnis zueinander stehen.
5.1 Konzeption des Basismodells zur Kundenbearbeitung
115
Die bestehende Gleichordnungsbeziehung bei Leistungen 1. Ordnung erweitert die Typen des
Erst- bzw. Folgekaufs (siehe Abbildung 29) dahingehend, daß bei Typ I und III der identische
Wiederkauf einer Leistung entsprechend seiner Wertigkeit weiter typisiert werden kann.455
Je nach Wirkungsrichtung der Komplementärleistungen ergeben sich unterschiedliche Zeitpunkte für den Erstbedarf. Ermöglicht die Komplementärleistung als notwendige Voraussetzung erst die Nutzung der Kernleistung, ist der Erstkauf bei fehlender Erstausstattung mit
dem Kauf der Kernleistung verbunden. Unterstützt die Komplementärleistung die dauerhafte
Nutzung der Kernleistung, so ergibt sich der Erstbedarf der Komplementärleistung zum Zeitpunkt des Eintritts eines nutzungseinschränkenden Zustandes. Bei beiden Wirkungsrichtungen stellt sich der Folgebedarf als nutzungsbezogener oder zeitbezogener Bedarf dar.456 Bei
dem nutzungsbezogenen Bedarf ergibt sich der Folgebedarf an Komplementärleistungen
durch die kundenindividuelle Verbrauchs- bzw. leistungsbezogene Abnutzungsfunktion. Der
zeitbezogene Folgebedarf entsteht durch die explizite Vorgabe von Bedarfszeitpunkten.457 Der
Bedarf an Komplementärleistungen ist dabei immer an den Bestand der zugrunde liegenden
Kernleistung als notwendiger Bedingung gebunden.
Bei verbundenen Cross-Selling-Leistungen werden der Erstbedarf vom tatsächlichen Auftritt
und der Folgebedarf von der Kontinuität des angestrebten Nutzungs- bzw. Verwendungsniveaus der Kernleistung bestimmt. Bei einem kontinuierlichen Bestand des Niveaus ergibt sich
ein explizit ereignisbezogener Bedarf. Ein implizit ereignisbezogener Bedarf liegt hingegen
bei einem diskontinuierlichen Bestand des Niveaus vor.
Wird die Zyklusbetrachtung aus Kapitel 5.1.3 auf die Arten des Leistungsverbundes übertragen, so ergeben sich bei den parallel verbundenen Leistungen innerhalb der kernleistungsbezogenen AS_Phase Bearbeitungszyklen, auf welche die bereits dargestellte Phasenstruktur der
Kundenbearbeitung übertragbar ist.458
455
Die alternativ verbundenen Leistungen dürfen in diesem Zusammenhang nicht mit den Kauftypen des modifizierten Wiederkaufs (Typ II und Typ IV) gleichgesetzt werden. Bei dem modifizierten Wiederkauf fungiert
das Angebot einer entsprechend modifizierten Leistung bzw. eines Leistungspotentials als auslösendes Ereignis für den Abgang der Leistung aus dem Nutzungsbereich des Kundenelements. Eine Modifikation stellt
somit eine entwicklungsbedingte Veränderung der Leistung dar, die sowohl bei der Kernleistung als auch bei
höherwertigen bzw. niedrigwertigeren Leistungen stattfinden kann.
456
Vgl. zu den möglichen Arten des Folgebedarfs auch Abbildung 30.
457
Diese explizite Vorgabe kann insbesondere auf gesetzlicher oder vertraglicher Regulierung basieren. So ist
beispielsweise unabhängig vom tatsächlichen Gebrauch eines Kraftfahrzeuges der (Wiederholungs-)Zeitpunkt einer technischen Kontrollprüfung oder der Abgassonderuntersuchung gesetzlich vorgeschrieben.
458
Sie stellen in Anlehnung an die Ebenen der Leistungsordnung Zyklen 2. Ordnung dar.
116
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
5.2
Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
5.2.1
Bestimmung der relevanten Bedarfsträger
Aus der Gesamtmenge der Bedarfsträger des PER_KU_PO und des KU_PO sind diejenigen
zu bestimmen, die für eine Bearbeitung im Rahmen der nächsten Planungsperiode (ppN) aufgrund ihrer Transaktionshistorie und ihrer Stellung im Kundenbearbeitungsprozeß sachlogisch überhaupt zur Verfügung stehen. Diese Bedarfsträger werden im folgenden als relevante Bedarfsträger (RBi) bezeichnet. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Neubearbeitung im Sinne eines neuen Zyklus 1. Ordnung oder um eine Weiterbearbeitung im Rahmen
des gleichen Zyklus 1. Ordnung handelt. Bei einem gleichen Zyklus 1. Ordnung besteht die
Möglichkeit der Weiterbearbeitung in den entsprechenden Hauptprozessen. Die Bearbeitung
im Hauptprozeß AS erfordert die Bestimmung zusätzlich relevanter Kundenelemente für neue
Zyklen 2. Ordnung.
5.2.1.1 Bestimmung relevanter Bedarfsträger für neuen Zyklus 1. Ordnung
Bezugspunkt der folgenden Betrachtungen bildet der letzte Bearbeitungszyklus 1. Ordnung.
Alle Kundenelemente, die innerhalb dieses Zyklus eine Transaktion mit dem betrachteten Unternehmen getätigt haben und noch für mindestens eine Transaktion im relevanten Markt zur
Verfügung stehen, sind Elemente des Kundenpools. Entsprechend ihrer vorangegangenen
Transaktionshistorien sind sie alternativ dem ER_KU_PO, BES_KU_PO oder ZUR_KU_PO
zuzuordnen.459 Für eine Bearbeitung im sich anschließenden Zyklus 1. Ordnung sind die Kundenelemente von Interesse, die sich innerhalb der AS-Phase befinden.
Ein Folgebedarf läßt sich gemäß des Zustands der Leistung bei der Transaktion im letzten
Bearbeitungszyklus differenzieren. Entsprechend der möglichen Ausprägungen „Untergang“
oder „Bestand“ der Leistung, wird nachfolgend eine Fallunterscheidung vorgenommen.
5.2.1.1.1 Untergang der Leistung (Kauftyp III, IV)
Bei einem Folgekauf aufgrund des Abgangs der erworbenen Leistung ist das Ende der
Hauptprozeßphase tEAS relevant. Es ergibt sich aus dem Abgang der bei der Transaktion erworbenen Leistung aus dem Nutzungsbereich des Kunden.460 Dabei ist je nach Kauftyp und
Folgekauftyp zu beurteilen, welches die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für die
Aktivierung des zukünftigen Bedarfes aus Abgang der bei dem betrachteten Unternehmen
erworbenen Leistung (BAEL) sind.461 In Tabelle 10 ist eine entsprechende Zuordnung dargestellt. Bei Kauftyp IV wird die Hauptprozeßphase AS durch das Angebot einer modifizierten
459
Auf die Elemente des VER_KU_PO und PER_KU_PO, die im betrachteten Zyklus keine Transaktion mit
dem Unternehmen getätigt haben, weil sie entweder im Bearbeitungszyklus ausgeschieden sind bzw. noch
keine Bearbeitung stattgefunden hat, wird gesondert am Ende des Kapitels eingegangen.
460
Siehe dazu auch Tabelle 7.
461
Die Höhe des Bedarfes bei Ersatz- bzw. Anpassungskauf richtet sich nach der erworbenen Leistungsmenge
beim Erstkauf.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
117
Leistung beendet. Der Zeitpunkt dieses Angebots bestimmt damit den Beendigungszeitpunkt
von AS und gleichzeitig den Beginn von AN_I im nächsten Bearbeitungszyklus. Es gilt:
tAAN_IZ+1 = tEASZ = tANG_MOD_L für alle Kundenelemente des Kauftyps IV der Pools
ER_KU_PO, BES_KU_PO, ZUR_KU_PO in Z.462
Bei diesem Kauftyp besteht ein kontinuierlicher Zyklusübergang.
Notwendige Bedingung
Hinreichende Bedingung
Kauftyp
Untergang der Leistung ist eingetreten
Typ IV
Typ III
Folgebedarfstyp
Bedingung
Auslösendes zeitbezogenes Ereignis
Untergangszeitpunkt ist eingetreten
Zeitpunkt des Angebotes/ Nachfrage
einer entwicklungsbedingten
modifizierten Leistung
NU_BE
Untergangszeitpunkt ist eingetreten
Zeitpunkt des Endverbrauchs oder
der Endabnutzung
ist eingetreten
ZE_BE
Expliziter Zeitpunkt ist eingetreten
Zeitpunkt des expliziten Folgebedarfs ist eingetreten
IM_BE
Endogener oder
exogener Impuls
ist aufgetreten
Zeitpunkt des Auftritts des endogenen oder exogenen
Impulses
-
Tabelle 10: Bedingungen für die Aktivierung des Folgebedarfs bei Kauftyp III und IV
Bei Kauftyp III ist gemäß des Folgebedarfstyps eine differenziertes Vorgehen zur Bestimmung von tAAN_IZ+1 notwendig. Ausgehend von dem bestehenden Leistungsspektrum 1. Ordnung eines Unternehmens ist festzulegen, welche Leistung L welchem Folgebedarfstyp ange-
462
Die Bestimmung dieses Zeitpunktes liegt dabei nicht primär im Aufgabenbereich des Vertriebsmanagements,
sondern im Bereich der Produkt- bzw. Leistungsgestaltung. Die Notwendigkeit einer Leistungsmodifikation
ergibt sich dabei aus dem Erkenntnisfortschritt des Leistungsentwicklungsbereichs (Push-Element) sowie der
Anforderungsänderung der Bedarfsträger aufgrund von Umweltveränderungen (Pull-Element). Im Vertriebsmanagement besteht vielmehr ein Informationsbedarf bezüglich des möglichen Angebotszeitpunktes
aufgrund der Verfügbarkeit der modifizierten Leistung.
118
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
hört.463 Im Ergebnis ergibt sich ein leistungsbezogenes Folgebedarfstypenprofil. Es beinhaltet
für die Leistungen 1. Ordnung des Unternehmens den jeweils zugehörigen Folgebedarfstyp.
Der einer Leistung zugehörige Folgebedarfstyp wird dabei durch den Wert 1 symbolisiert:
NU_BEL, ZE_BEL, IM_BEL ∈ {0,1} und NU_BEL + ZE_BEL + IM_BEL = 1
Bei Folgebedarfstyp NU_BE ergibt sich der Abgang der Leistung und somit tEASZ durch Verbrauch der Leistung (Verbrauchsgut) oder durch Erreichen eines Abnutzungsgrades der Leistung (Gebrauchsgut), der einer intendierten Bedürfnisbefriedigung entgegensteht. Die entsprechende Verwendungs- und Nutzungsdauer wird dabei von der Verbrauchsfunktion bei
Verbrauchsgütern und der Abnutzungsfunktion bei Gebrauchsgütern bestimmt. Sie setzt sich
aus der Basisleistungsmenge (BLML), einem durchschnittlichen Verbrauchs- bzw. Abnutzungsfaktor (VF∅ bzw. AF∅) sowie einer kundenklassenindividuellen Zu- oder Abschlagskomponente (ZAKk) zusammen.
Verbrauchsgüter:
NDL,k = f(L, k) = (BLML . VFL∅) ± ZAKk
[ME . 1/ME/ZE ± ZE]
Gebrauchsgüter:
NDL,k = f(L, k) = (BLML . AFL∅) ± ZAKk
[ME . 1/ME/ZE ± ZE]
Während bei Gebrauchsgütern davon auszugehen ist, daß die Basisleistungsmenge im Sinne
einer Abgabemenge stets eine Mengeneinheit des Gebrauchsgutes umfaßt, richtet sich bei
Verbrauchsgütern die tatsächliche Anzahl der Mengen- bzw. Volumeneinheiten pro Basisleistungsmenge nach der angebotenen Abpackungsgröße. Da sich Folgebedarfstyp NU_BE auf
einen Ersatz der ursprünglich erworbenen Leistung bezieht, ist an dieser Stelle die erworbene
Anfangsausstattung der in Zyklus Z durchgeführten Transaktion mit einzubeziehen. Bei
Gebrauchsgütern hat die bei der Folgetransaktion erworbene Anzahl der Basisleistungsmenge
keinen Einfluß auf NDL,k, weil die vorhandene Ersatzrestriktion eine parallele Nutzung der
Leistungen impliziert.464 Hingegen bewirkt bei Verbrauchsgütern die Anzahl der erworbenen
Basisleistungsmengen eine Veränderung von NDL,k. Diese wird durch einen transaktionsbezogenen Streckungsfaktor (TSF) abgebildet. Für die erweiterte Bestimmung von NDL,k gilt im
Ergebnis:465
NDL,k = f(L, k) = (TSF . BLML . VFL∅) ± ZAKk
[ME . 1/ME/ZE ± ZE]
Die Größen VFL∅ und AFL∅ sind leistungs- und kundenbezogene Durchschnittsgrößen. Für
ihre Bestimmung stehen dem Unternehmen verschiedene interne und externe Möglichkeiten
463
Bei diesem Vorgehen wird unterstellt, daß eine spezifisch entwickelte Leistung infolge ihres beabsichtigten
Problemlösungsbeitrags einer wesentlichen Nutzungs- bzw. Verwendungssituation zuzuordnen ist. Diese
Nutzungs- bzw. Verwendungssituation determiniert den in Beziehung zu setzenden Folgebedarfstyp für die
entsprechende Leistung.
464
Der bei Gebrauchsgütern i. d. R. anzutreffende zeitliche Verschleiß unterstützt die Unabhängigkeit von der
tatsächlichen Leistungsnutzung.
465
Bei unterstellter konstanter Verbrauchsfunktion richtet sich bei kostenoptimaler Betrachtung die Anzahl der
erworbenen BLML aus Kundensicht nach den fixen Beschaffungskosten sowie den Lagerhaltungs- und Kapitalbindungskosten des Kunden. Vgl. allgemein zum Modell der kostenoptimalen Bestellmenge Corsten, H.
(1996), S. 381 - 384 sowie die dort angegebene Literatur.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
119
zur Verfügung.466 Da diese Größen auf Durchschnittswerten beruhen, bietet die Zu- oder Abschlagskomponente ZAKk die Möglichkeit, NDL,k kundenklassenindividuell anzupassen.
Für den Beginn des nächsten Bearbeitungszyklus Z+1 gilt somit:
tAAN_IZ+1 = tEASZ für alle Kundenelemente des Typs III, NU_BE der Pools ER_KU_PO,
BES_KU_PO, ZUR_KU_PO in Z mit tEASZ = tEAB_BSZ + NDL,k.
Bei Folgebedarfstyp ZE_BE ergibt sich der Bedarf nach Untergang der Leistung zu explizit
bekannten Zeitpunkten tZE_BE, L.467 Der Zeitpunkt des Eintritts von tZE_BE, L bestimmt den Beginn von AN_I des nächsten Bearbeitungszyklus. Es gilt:
tAAN_IZ+1 = tZE_BE, L für alle Kundenelemente des Typs III, ZE_BE der Pools ER_KU_PO,
BES_KU_PO, ZUR_KU_PO in Z mit tZE_BE, L ≥ tEASZ.468
Bei diesem Kauftyp besteht ein diskontinuierlicher Zyklusübergang. Die Dauer der Zyklustrennung ergibt sich dabei aus tZE_BE, L - tEASZ.
Bei Folgebedarfstyp IM_BE sind die den Ersatzbedarf auslösenden Ereignisse nicht explizit
bestimmbar, sondern nur ex post auf einem Zeitstrahl abbildbar. Die bestehende allgemeine
Beziehung der Form tAAN_IZ+1 ≥ tEASZ kann nur im Rahmen einer möglichen Mustererkennung
im Einzelfall näher konkretisiert werden. An dieser Stelle besteht die Möglichkeit, über Kausalanalysen, insbesondere beim exogenen Impuls, die Ereignisse zu bestimmen, die als Reaktion den impulsartigen Bedarf auslösen. Mit Hilfe von Regressionsanalysen können dann die
Impulsbedarfe über entsprechende Prognoseansätze bestimmt werden.469
5.2.1.1.2 Bestand der Leistung (Kauftyp I, II)
Während sich der Anfall eines Folgebedarfs bei Abgang der Leistung aus den dargestellten
Kauftypen und Folgebedarfstypen ableiten läßt, ist zeitlicher Anfall und Höhe eines möglichen Folgebedarfs bei Bestand einer erworbenen Leistung nicht direkt bestimmbar. Es gilt all466
Im Bereich der Gebrauchsgüter geben Experimente in Form von Dauertests die Möglichkeit der Bestimmung
von AFL∅. Diese Ergebnisse können dabei auf durchgeführte Tests im eigenen Unternehmen oder auf externen Informationsquellen beruhen. Des weiteren bieten statistische Erhebungen, z. B. des Statistischen Bundesamtes, Ergebnisse über die durchschnittliche Nutzungsdauer von Gebrauchsgütern. Bei Verbrauchsgütern
besteht die Möglichkeit, Informationen über Verbrauchsgewohnheiten von Kunden im Rahmen von Tests
bei Verbraucherpaneln von Marktforschungsinstituten zu erhalten. Gleichzeitig kann aus der Analyse der eigenen internen Absatzdaten VFL∅ abgeschätzt werden.
467
Fällt tZE_BE, L in ein Zeitintervall bei dem die Leistung noch existieren würde, läge kein Ersatzbedarf im Sinne
des Kauftyps III vor.
468
Der Fall tZE_BE, L = tEASZ stellt dabei einen abzugrenzenden Sonderfall dar, da dieser der zeitlichen Übergangsrelation des Folgebedarfstyps NU_BE entspricht.
469
Da die Bestimmung dieser unabhängigen Variablen sowie die Beziehungen zu den abhängigen Variablen
stets von der vorhandenen Kontextsituation abhängen, kann an dieser Stelle nur auf mögliche sinnvoll anwendbare Verfahren hingewiesen werden. Die Bestimmung von Wirkungsmustern und die damit verbundenen zeitlichen Abstände zwischen den Folgetransaktionen können nur im Einzelfall bei Anwendung dieser
Verfahren identifiziert werden. Zur Anwendung und Methodik multivariater Analysemethoden vgl. Backhaus, K. et al. (1996).
120
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
gemein: tEASZ ≥ tAAN_IZ+1.470 Dabei besteht erstens das Problem, daß bei einem Folgekauf der
intendierte Verwendungszweck nicht explizit erkennbar ist. Zweitens läßt sich ein Bedarf bei
Bestand der Leistung, der aus Sicht des betrachteten Unternehmens im Sinne einer Bedarfserweiterung zu verstehen ist, nicht durch eine zeitliche oder mengenmäßige Relation zur bestehenden abgesetzten Leistung ableiten.
An dieser Stelle wird auf die Größe des bedarfsbezogenen Kundenpotentials zurückgegriffen.
Es ergibt sich aus dem leistungsbezogenen Gesamtbedarf des Kunden (BGES). Dabei sind zwei
Potentialbereiche zu unterscheiden. Auf der einen Seite ist für ein Unternehmen das intraperiodische maximale Steigerungspotential innerhalb einer Periode von Interesse, da es die Höhe
des Bedarfes angibt, welcher zur Zeit durch Wettbewerber abgegolten wird (SPmax_U = BWET).
Das maximale Steigerungspotential innerhalb einer Betrachtungsperiode ergibt sich für ein
Unternehmen somit aus dem Gesamtbedarf abzüglich des mit dem Unternehmen bereits getätigten Bedarfs (BGES – BU = SPmax_U). Auf der anderen Seite ist es für ein Unternehmen von
Bedeutung, wie stark sich der Gesamtbedarf eines Kunden im Zeitablauf verändert. Dies wird
durch das interperiodische Veränderungspotential (∆BGES, p→p+1) abgebildet. Es stellt gleichzeitig die Veränderung des maximalen Steigerungspotentials für das betrachtete Unternehmen
dar (∆BGES, p→p+1 = ∆SPmax_U, p→p+1).
Für die Lösung der oben angesprochenen Problembereiche ist es notwendig, die Bedarfstypen
bei Abgang und Bestand der Leistung weiter abzugrenzen, da die Zuordnungen der Begriffe
des Ersatzbedarfes sowie des Erweiterungsbedarfes aus Unternehmens- und Kundensicht
nicht vollständig deckungsgleich sind.471 Aus Unternehmenssicht stellt jeder zusätzliche Bedarf des Kunden bei noch nicht erfolgtem Abgang der eigenen abgesetzten Leistung einen
(subjektiven) Erweiterungsbedarf in Bezug auf den Kunden dar. Aus Kundensicht kann dieser
(subjektive) Erweiterungsbedarf jedoch sowohl auf einen (objektiven) Ersatz- als auch einen
(objektiven) Erweiterungsbedarf (BERS, BERW) zurückzuführen sein. Dies ist dadurch möglich,
daß der Kunde seinen Bedarf auch bei Wettbewerbern deckt und somit aus Kundensicht ein
Ersatzbedarf für eine bei Wettbewerbern erworbene Leistung (BAWL) besteht, die aus Unternehmenssicht einen (subjektiven) Erweiterungsbedarf darstellt. Zwischen dem (objektiven)
Ersatz- und Erweiterungsbedarf besteht dabei folgende zeitliche Beziehung:
BERS, ti + BERW, ti = BERS, ty
mit:
y = i + NDL
(Typ I → III)472
y = i + tANG_MOD_L - tEAB_BSZ
(Typ II → IV)
470
Vgl. dazu auch Kapitel 5.1.2.
471
Im folgenden wird der Begriff des Ersatzbedarfs als Bedarf im Sinne des Kauftyps III und IV sowie der Begriff des Erweiterungsbedarfs im Sinne des Kauftyps I und II verwendet. Sind Unterscheidungen innerhalb
der jeweiligen Kauftypen-Paare erforderlich, wird darauf ausdrücklich hingewiesen.
472
Dies gilt für Folgekauftyp NU_BE. Aufgrund der fehlenden nutzungsbezogenen Verbundeffekte bei ZE_BE
und IM_BE wird auf diese Folgekauftypen nicht gesondert eingegangen.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
121
Somit ergibt sich für den Gesamtbedarf des Kunden in ty:
BGES, ty = BERS, ty + BERW, ty = BERS, ti + BERW, ti + BERW, ty
bzw. bei Berücksichtigung der ursprünglichen Erwerbsquelle:
BGES, ty = BAEL, ty + BAWL, ty + BERW, ty.
Bei Betrachtung eines möglichen Folgebedarfs bei Bestand einer erworbenen Leistung kommt
es im Ergebnis dann zu einer Überschneidung des bestehenden Zyklus innerhalb der ASPhase mit einem neuen Kundenbearbeitungszyklus, wenn bei dem Kunden entweder ein objektiver Erweiterungsbedarf oder aufgrund von Transaktionen in den Vorperioden ein objektiver Ersatzbedarf besteht. Der zeitliche Anfall kann dabei nicht aus dem bestehenden Bearbeitungszyklus Z abgeleitet werden, sondern ergibt sich aus der entsprechenden Zuordnung
der relevanten Bedarfe in eine periodisierte Betrachtungsweise. Die Abbildung dieser Perioden in den bestehenden Kundenbearbeitungszyklus ergeben die Zeitpunkte für den Beginn der
weiteren Bearbeitungszyklen.
Innerhalb der aktuellen AS-Phase ergeben sich die Auslösezeitpunkte für die Initiierung neuer
Anbahnungsphasen aufgrund eines objektiven Ersatzbedarfes aus der kundenindividuellen Instanzierung von:
BGES, ti = BERS, ti + BERW, ti = BERS, ty | tEASZ ≥ ty ≥ tAASZ ∧ BGES, ti > 0.
Es sind diejenigen Kundenelemente für die nächste Planungsperiode (ppN) relevant, für die
gilt:
ty ∈ ppN.
Der dargestellte zyklische Verbund des Kundenbedarfes macht eine entsprechende Berücksichtigung bei der Bestimmung der Bedarfswerte erforderlich. Eindeutig bestimmbar sind die
Transaktionen, die das Kundenelement mit dem betrachteten Unternehmen durchgeführt hat.
Liegen keine Transaktionen zu den relevanten Zeitpunkten vor, ist zu analysieren, ob das
Kundenelement entsprechende Transaktionen mit Wettbewerbern durchgeführt hat.
Die Existenz und die Höhe von BAEL in einer Periode werden durch den zeitversetzten Bedarf
des Kunden, den er mit dem betrachteten Unternehmen getätigt hat, determiniert. Die relevante in der Vergangenheit liegende Transaktion kann hierbei über die Nutzungsdauer der Leistung in Verbindung mit dem Kaufdatum, das sich aus der Fakturierung ergibt, eindeutig identifiziert werden. Dabei gilt die folgende Beziehung:
BAEL, (p) = BU, (p-ND).
BAEL stellt somit den minimalen Ersatzbedarf des Kundenelements in der betrachteten Periode
dar. Für die Existenz dieses Bedarfes muß BU, (p-ND) größer als Null sein.
Analog gilt für den Bedarf aufgrund des Abgangs von wettbewerbsbezogenen Leistungen:
BAWL, (p) = BWET, (p-ND).
122
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Um BAWL eindeutig bestimmen zu können, muß entweder der relevante zeitversetzte BWET
selbst oder BGES bekannt sein.473 Ist dies nicht der Fall, kann BAWL nur über Schätzungen ermittelt werden.474 Um die Schätzung einer intersubjektiven Nachvollziehbarkeit in einem
möglichst hohen Maße zugänglich zu machen, sollten vorhandene Bestands- als auch zusätzliche Bedarfsinformationen in die Betrachtungen aufgenommen werden. Dazu kann die nachfolgende Beziehung als Strukturierungsraster für das Vorgehen bei der Schätzung genutzt
werden:
BS p
A
=
ND L
∑B
i =1
GES,( p −i )
=
ND L
∑B
i =1
U ,( p −i )
+
ND L
∑B
i =1
WET ,( p −i )
Die Größe BSPA gibt dabei die Höhe des existierenden Leistungsbestandes beim Kundenelement zu Beginn der betrachtenden Periode p an.475 Liegen valide Informationen über die Bestandshöhe vor, kann über den sukzessiven Einbezug von verfügbaren Bedarfsinformationen
für den relevanten Zeitraum eine Abschätzung von BAWL erfolgen. Da für alle relevanten BU
sowohl Höhe als auch zeitliche Verteilung bekannt sind, ist im ersten Schritt festzustellen, ob
Informationen über die BWET der relevanten Betrachtungsperioden (mit Ausnahme von BWET,
(p-ND)) und damit als Residualgröße auch BGES bzw. umgekehrt verfügbar sind. Ist dies hinsichtlich Höhe und Verteilung für alle BWET der Fall, läßt sich BWET, (p-ND) eindeutig bestimmen. Andernfalls ergibt sich nach Abzug der bekannten Bedarfe von der Bestandshöhe ein
nicht periodisierter Residualbedarfswert für BWET, der auf die entsprechenden Perioden mit
nicht verfügbaren Bedarfswerten durchschnittlich im Sinne einer Gleichverteilung aufzuteilen
ist.476 Im Ergebnis ergibt sich BWET, (p-ND) bei diesem Vorgehen aus der zugeschlüsselten Bedarfshöhe.
Während bei der Bestimmung des objektiven Ersatzbedarfs die Möglichkeit besteht, Kenntnisse über die Transaktionshistorie des Kunden mit einzubeziehen, liegen im Gegensatz dazu
bei der Bestimmung des Erweiterungsbedarfs (BERW) ex ante nur Informationen vor, deren
Güte hinsichtlich einer intersubjektiven Nachvollziehbarkeit und somit auch Quantifizierbarkeit als geringer einzustufen ist. Als Quellen zur Abschätzung des bestehenden Erweiterungsbedarfs eines Kundenelements stehen insbesondere folgende Alternativen zur Verfügung:
473
Dies ergibt sich aus der Beziehung: BGES = BWET + BU.
474
Prinzipiell könnte für die Ableitung von BAWL das gleiche Vorgehen wie für BAEL gewählt werden. Da aber
in der Regel Informationen über den von einem Kunden bei Wettbewerbern gedeckten Bedarf nicht in der
wie für BAEL vorliegenden Detaillierungstiefe vorhanden sind, ist eine Abschätzung erforderlich.
475
Als mögliche Informationsquellen bieten sich insbesondere im B2B-Bereich Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte der Vorperiode mit den entsprechend aufgeführten Wert-/Mengengrößen sowie Erläuterungen von Vermögenspositionen an.
476
Liegen ordinal-skalierte Informationen über die zeitliche Verteilung BWET vor, kann dies im Verteilungsschlüssel über entsprechende Periodengewichte zusätzlich berücksichtigt werden.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
123
-
Subjektive Abschätzungen des jeweiligen Vertriebsmitarbeiters über die Kundenentwicklung,
-
Konkrete in der Kundendatenbank hinterlegte Informationen, welche in Verkaufsgesprächen der Vergangenheit gesammelt wurden,
-
Informationen aus Branchen-, Wirtschaftsverbandsreports und Konjunkturprognosen,
-
Informationen aus dem Jahresabschluß des jeweiligen Kunden hinsichtlich der
Bewertung der Geschäftsentwicklung.
Deutlich wird, daß die Bestimmung von BERW letztendlich auf Expertenschätzungen der zugeordneten Vertriebsmitarbeiter beruhen, welche die verfügbaren Informationen zu einem periodisierten Bedarfswert verdichten. Als Hilfsinstrumente zur Erhöhung einer intersubjektiven
Nachvollziehbarkeit können hier Werkzeuge wie Punktbewertungsverfahren, lexikographische Regeln etc. ihre Anwendung finden.477
Ein Bedarfsträger ist im Ergebnis hinsichtlich seines Erweiterungsbedarfes als relevant für die
Bearbeitung in der nächsten Planungsperiode einzustufen, wenn für ihn gilt:
∃BERW, ty > 0 | tEASZ ≥ ty ≥ tAASZ ∧ ty ∈ ppN.
Für den Beginn des nächsten Bearbeitungszyklus Z+1 gilt somit zusammenfassend:
tAAN_IZ+1 = ty | BGES, ty > 0 ∧ ty ∈ ppN für alle Kundenelemente des Typs I und II der Pools
ER_KU_PO, BES_KU_PO, ZUR_KU_PO in Z.
Als Differenzmenge der Elemente des Kundenpools und den Elementen, die innerhalb dieses
Zyklus eine Transaktion getätigt haben, ergibt sich die Menge des VER_KU_PO. Zwischen
diesen Kundenelementen und den betrachteten Unternehmen fand während des Durchlaufs
durch den Bearbeitungszyklus 1. Ordnung keine Transaktion statt.478 Die Bestimmung der
Verfügbarkeit im Rahmen einer Neubearbeitung dieser Kundenelemente kann dabei grundsätzlich nach der bereits beschriebenen Methodik zur zeitlichen und mengenmäßigen Bestimmung von BERW und BERS erfolgen. Dies ergibt sich an dieser Stelle unter der Schlußfolgerung, daß die Elemente des VER_KU_PO ihre beabsichtigte Transaktion abschließend mit
einem Wettbewerber getätigt haben.479 Die Implikationen hinsichtlich des Bedarfes bei Untergang oder Bestand der erworbenen Leistung bleiben davon jedoch unberührt, weil nur ein
477
Die grundsätzlich mögliche Nutzung eines regelbasierten Systems auf Basis von Vergangenheitswerten würde dem Anspruch einer adäquaten Realitätsentsprechung nur wenig gerecht, da die damit unterstellte Zeitstabilitätshypothese bezüglich der Fortschreibung von Erweiterungsbedarfen stark eingeschränkt ist. Dies liegt
darin begründet, daß gerade Erweiterungsbedarfe neben Konjunktur und Branchenentwicklungen unternehmensspezifischen Einflußgrößen unterliegen, die eine hohe zeitliche Volatilität aufweisen können.
478
Vgl. dazu auch Kapitel 5.2.1.1.2.
479
Dieser Schluß unterstellt ein rationales Kundenverhalten, bei dem der Kunde nur dann in den Hauptprozeß
AN eintritt, wenn auch eine Transaktionsabsicht besteht.
124
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Austausch der Transaktionspartner besteht. Da für die betrachtete Periode BU = 0 ist, hat dies
lediglich Auswirkungen auf die bezogenen zukünftigen Bedarfe BAEL und BAWL.480
Für den Beginn des nächsten Bearbeitungszyklus Z+1 gilt analog:
tAAN_IZ+1 = ty | BGES, ty > 0 ∧ ty ∈ ppN für alle Kundenelemente des Typs I und II des Pools
VER_KU_PO in Z.
Die letzte mögliche Pool-Quelle zur Bestimmung relevanter Bedarfsträger für einen neuen
Zyklus 1. Ordnung bildet der PER_KU_PO. Dabei ist je nach Herkunftsquelle zwischen dem
PER_KU_PO_MA und dem VER_KU_PO_W zu unterscheiden. Kundenelemente des
PER_KU_PO_MA besitzen definitionsgemäß keine Transaktionshistorie. Dementsprechend
erwirbt jedes dieser Poolelemente bei Durchführung einer Transaktion seine leistungsbezogene Erstausstattung im Sinne eines Erweiterungsbedarfs (BERW).481 Die Erstausstattung bildet
den Bezugspunkt zu den weiteren Folgetransaktionen (Ersatz- oder Erweiterungsbedarf). Im
Gegensatz dazu besitzen die Elemente des VER_KU_PO_W bereits eine wettbewerbsbezogene Transaktionshistorie482, deren genaue Kenntnis sich dem betrachteten Unternehmen in
den meisten Fällen entziehen wird.483 Da infolge einer fehlenden Transaktionshistorie mit dem
betrachteten Unternehmen unter Umständen nur anonyme Marktinformationen über die Zugehörigkeit von Bedarfsträgern zum PER_KU_PO vorliegen, sind in einem ersten Schritt diejenigen Elemente des PER_KU_PO als potentielle Inputelemente für den ER_KU_PO zu
bestimmen, die aufgrund der Kenntnis ihrer instanzierten Identifikationssets überhaupt erst
eindeutig identifizierbar sind. In einem zweiten Schritt ist für die Elemente abzuschätzen, ob
ein Bedarf für die entsprechende Planungsperiode existiert.484 Elemente des PER_KU_PO mit
einem abgeschätzten positiven Bedarf stehen im Ergebnis als grundsätzlich relevante Bedarfsträger in ppN zur Verfügung. Während bei den Elementen des KU_PO auf Basis der vorliegenden fundierten, systematisch abgeleiteten Informationen eine Weiterentwicklung der
Transaktionsbeziehung unter Nutzung einer Bottom-Up-Planung anzustreben ist, erfolgt die
Bearbeitung potentieller Erstkunden vielmehr im Rahmen einer Planung nach dem TopDown-Ansatz infolge der hier nur vage vorliegenden Informationen.485
Für den Beginn eines Bearbeitungszyklus Z gilt:
tAAN_IZ = ty | BGES, ty > 0 ∧ ty ∈ ppN für alle Kundenelemente des Pools PER_KU_PO.
480
Alle mit Wettbewerbern getätigten Bedarfe schlagen sich im zukünftigen Bedarfswert für BAWL nieder. Während für den entsprechenden zugehörigen Bedarfswert BAEL gilt: BAEL = 0.
481
Elemente des PER_KU_PO_MA können demzufolge keinen BAEL, BAWL und BCOS besitzen.
482
Da diese Elemente über keine unternehmensbezogene Transaktionshistorie verfügen, existiert für sie kein
BAEL.
483
Die bereits beschriebene Möglichkeit einer approximativen Bestimmung von Bedarfsverteilungen infolge
unterstellter Bestandshöhen kann hier wiederum ihre Anwendung finden.
484
Hinsichtlich der Problematik der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit sowie der möglichen Informationsquellen, wird an dieser Stelle auf die Ausführungen zur Bestimmung des Erweiterungsbedarfes verwiesen.
485
Vgl. dazu auch Kapitel 5.2.2.4.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
125
5.2.1.2 Bestimmung relevanter Bedarfsträger für gleichen Zyklus 1. Ordnung und Zyklus 2.Ordnung
Aufgrund von unterschiedlichen Eintrittszeitpunkten und Prozeßverweildauern im Rahmen
eines Bearbeitungszyklus, können sich die in Bearbeitung befindlichen relevanten Bedarfsträger auf unterschiedliche Haupt- bzw. Teilprozesse sowie Bearbeitungszustände verteilen. Für
jeden in Bearbeitung stehenden Bedarfsträger ist entsprechend des letzten Bearbeitungstandes
sein Prozeßstatusset (PSS) zu instanzieren. Das Prozeßstatusset setzt sich aus folgenden Attributen zusammen:
PSS-Tupel: {Haupt-/Teilprozeßattribut, Teilprozeßpool, Poolzyklus}
mit:
dom(Haupt-/Teilprozeßattribut) = {AN_I, AN_B, AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA, AS_IS};
dom(Teilprozeßpool) =
{Unt_Akt_Pas_Po,
Kund_Akt_Pas_Po,
Kund_Akt_Akt_Po, Unt_Akt_Verl_Po,
Pas_Po, Verl_Pas_Po} und
Unt_Akt_Akt_Po,
Unt_Pas_Verl_Po,
dom(Poolzyklus) = {1,2,3,…, ∞}.
Die definierten Wertebereiche ergeben sich aus der Grundstruktur des Kundenbearbeitungsprozesses sowie dem entwickelten Poolansatz.486 Jeder identifizierte Bedarfsträger gehört dabei genau einem Teilprozeßpool an.
Für alle in Bearbeitung stehenden Bedarfsträger gilt, daß sie Element von Akt_Pov ⊗
Verl_Pov ⊗ Pas_Pov, v+1 ⊗ Verl_Pas_Pov, v+1 mit v = (AN_I, AN_B, AN_A, AB_B, AB_BS,
AS_RA, AS_IS) sind.
Für jedes Element eines Akt_Pov gilt wiederum, daß es Element von Unt_Akt_Pas_Pov ⊗
Kund_Akt_Pas_Pov ⊗ Unt_Akt_Akt_Pov ⊗ Kund_Akt_Akt_Pov mit v = (AN_I, AN_B,
AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA, AS_IS) ist.
Für jedes Elemente des Verl_Pov gilt, daß es Element von Unt_Akt_Verl_Pov ⊗
Unt_Pas_Verl_Pov mit v = (AN_I, AN_B, AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA, AS_IS) ist.
Für eine transaktionsorientierte Weiterbearbeitung im gleichen Zyklus 1. Ordnung sind nur
diejenigen Bedarfsträger relevant, bei denen zum einen AB_B noch nicht abgeschlossen und
somit die angebahnte Transaktion noch nicht erfolgt ist sowie zum anderen keine Zuordnung
zu einem Verlustpool im Rahmen der Bearbeitung stattgefunden hat. Im Ergebnis gelten diejenigen Bedarfsträger als relevant, für die gilt:
Bi ∈ Unt_Akt_Pas_Pov ⊗ Kund_Akt_Pas_Pov ⊗ Unt_Akt_Akt_Pov ⊗ Kund_Akt_Akt_Pov ⊗
Pas_Pov, v+1 mit v = (AN_I, AN_B, AN_A, AB_B).
486
Vgl. dazu Kapitel 5.1.2.
126
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Die in der Weiterbearbeitung in ppN als nächstes anzustrebenden Ziel-Pools sind aus Tabelle
11 ersichtlich.
Pool-Quelle
Ziel-Pool-Senke
Unt_Akt_Pas_Pov
=>
Unt_Akt_Akt_Pov
Kund_Akt_Pas_Pov
=>
Kund_Akt_Akt_Pov
Unt_Akt_Akt_Pov
=>
Pas_Pov, v+1
Kund_Akt_Akt_Pov
=>
Pas_Pov, v+1
Pas_Pov, v+1
=>
Unt_Akt_Akt_Pov;
Kund_Akt_Akt_Pov
für v = (AN_I, AN_B, AN_A, AB_B)
Tabelle 11: Zielpoolrelation für die transaktionsbezogene Prozeßebene
Für eine Bearbeitung in einem Zyklus 2. Ordnung sind die Bedarfsträger als relevant einzustufen, bei denen ein Bedarf hinsichtlich Leistungen 2. Ordnung in der Planungsperiode besteht. Entsprechend der Ausführungen in Kapitel 5.1.4 ist ein Bedarf in dieser Leistungsart
immer an den Bestand der zugrunde liegenden Kernleistung gebunden.487 Der Bedarf an
Komplementärleistungen, als notwendige Leistungen zur dauerhaften Nutzung der Kernleistung, hängt mengenmäßig von der Bestandshöhe der jeweiligen Kernleistung eines Bedarfsträgers wie auch von der Anzahl der notwendig eingehenden Komplementärleistungen in bezug auf eine Einheit der Kernleistung ab.488 Zeitmäßig wird er durch den entsprechenden Folgebedarfstyp determiniert.
Bei einem nutzungsbezogenen Folgebedarf läßt sich der Bedarfszeitpunkt über die
Verbrauchs- bzw. Abnutzungsfunktion als anteilige Zeitdauer an der durchschnittlichen Nutzungsdauer der Kernleistung bestimmen.489 Über die so ermittelte durchschnittliche Nutzungsdauer bzw. Eintritt eines Folgebedarfs in bezug auf eine Komplementärleistung
(NDLCOS), läßt sich in Verbindung mit NDL die Häufigkeit der durchschnittlichen Folgebedarfe während des Bestehens einer Kernleistung (r(NDL, NDLCOS)) ermitteln. Wie bei der Initiierung der Bearbeitung für Leistungen 1. Ordnung ist für die Bestimmung relevanter Bedarfsträger aber nicht nur die aktuelle Transaktion, sondern auch die Transaktionshistorie mit ihren
487
Im weiteren wird dabei speziell auf die Komplementärleistungen als Leistungen 2. Ordnung eingegangen, da
diese im Gegensatz zu verbundenen Cross-Selling-Leistungen über eine Muß-Relation mit der Kernleistung
verbunden ist.
488
Als mögliche Darstellung kann auf einen gerichteten, bewerteten Graphen in Form eines Gozintographen
(GG = (Q, H, h)) zurückgegriffen werden, mit Q = Knotenmenge (Menge aller Kernleistungen, Komplementärleistungen), H = Pfeilmenge: Menge der technologischen Mengenbeziehungen (H ⊂ Q x Q), h = Produktionskoeffizienten. Vgl. dazu allgemein auch Corsten, H. (1996), S. 367 - 369.
489
Vgl. zur Bestimmung der Nutzungsdauern von Gütern auch Kapitel 5.2.1.1.1.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
127
kernleistungsbezogenen Bedarfswerten der Kundenelemente für die Bestimmung des Auslösezeitpunktes der Kundenbearbeitung von Interesse. Die Unsicherheitsaspekte bei geschätzten
periodisierten Bedarfs- und Bestandsgrößen im Bereich der wettbewerbsbezogenen Kernleistung werden somit auf den abgeleiteten Komplementärleistungsbedarf übertragen. Bei einem
zeitbezogenen Folgebedarf werden die Bedarfszeitpunkte entweder direkt fix auf einem Zeitstrahl abgebildet oder lassen sich durch starre Zeitfenster ab einem Startzeitpunkt auf den
Zeitstrahl übertragen. Bei fest vorgegebenen Zeitpunkten ergeben sich die relevanten Zeitpunkte der Bearbeitung durch die Kenntnis dieser zeitlichen Fixpunkte. Bei vorgegebenen
Zeitfenstern, die im Ergebnis wie exakt determinierte Nutzungsdauern der Komplementärleistung zu betrachten sind, lassen sich die relevanten Zeitpunkte bei Kenntnis der Startzeitpunkte über die additive Verknüpfung mit den Zeitfenstern ermitteln. Startzeitpunkt für den Beginn der Nutzungsdauer ist dabei allgemein der Zeitpunkt des Zugangs der Leistung in den
Nutzungsbereich des Kunden (tEAB_BS = tAAS). Die Höhe des Bedarfs an Komplementärleistungen für eine bestimmte Periode läßt sich unter Berücksichtigung der Nutzungsdauern wie
folgt ermitteln:
B COS,P =
r ( ND L , ND L COS )
∑h
i =1
L / L COS
⋅ B GES,L ,P −i*ND L
COS
 ND
 ND L 
L
∉ Ν, 


 ND LCOS
 ND LCOS 

mit: r ( ND L , ND LCOS ) = 
ND L

−1
sonst , ND
L
COS

Die Auslösung eines Bearbeitungszyklus 2. Ordnung ergibt sich aus der kundenindividuellen
Instanzierung von:
BGES, ti . hL/LCOS = BCOS, ty | tEASZ ≥ ty ≥ tAASZ ∧ BCOS, ty > 0 ∧ y = i + NDLcos.
5.2.2
Bewertung der Kundenelemente
Wie in den Anforderungen an das Modell in Kapitel 2 dargestellt worden ist, sind die als für
die Planungsperiode relevant identifizierten Bedarfsträger in den Basisgrößen Planumsatz,
Plankosten und Plankaufwahrscheinlichkeiten zu bewerten. Dabei sind die planungsrelevanten, für die Kundenbearbeitung charakteristischen Implikationen in diese Größen einzubauen,
um eine vollständige Planungsbasis abzubilden.
5.2.2.1 Bestimmung von Umsatztypen
Jeder identifizierte Bedarfsträger (Bi) gehört in der Transaktionsebene exakt einem Transaktionspool an. Für alle Bi gilt:
Bi ∈ PER_KU_POPER_KU_PO_MA ⊗ PER_KU_POVER_KU_PO_W ⊗ ER_KU_PO ⊗ BES_KU_PO
⊗ ZUR_KU_PO ⊗ VER_KU_PO.
128
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Ein Bedarfsträger wird für die nächste Planungsperiode als relevant bezeichnet, wenn er in
mindestens einer Bedarfsart (BERW, BAEL, BAWL, BCOS) einen positiven Bedarf, entsprechend
des zuvor dargestellten Vorgehens, zu verzeichnen hat. Dabei wird gemäß der vorliegenden
Bedarfsarten der relevante Bedarfsträger (RBi) den jeweiligen Bedarfspools (B_POpositiv =
{B_POERW, B_POAEL, B_POAWL, B_POCOS}) alternativ oder parallel zugeordnet.490 Ein Bedarfsträger gilt als nicht relevant, wenn in keiner Bedarfsart ein positiver Bedarf vorliegt. Er
ist dann Element des leeren Bedarfspools und kann keinem Umsatztyp zugeordnet werden.
Für alle Bi ∉ B_POERW ∨ B_POAEL∨ B_POAWL∨ B_POCOS gilt:
Bi ∈ B_PO∅.
Der Umsatztyp (UT) eines relevanten Bedarfsträgers ergibt sich aus dessen Zugehörigkeit zu
einem Transaktions- und Bedarfspooltyp. Er setzt sich aus folgenden Attributen zusammen:
U-Tupel: {Transaktionspooltyp, Bedarfspooltyp, Umsatzwert}
Aufgrund der disjunkten Poolabgrenzung auf der Ebene der Transaktions- und Bedarfspooltypen gehört jeder RBi für die betrachtete Planungsperiode genau einem Umsatztyp an.
Der hinter jedem Umsatztyp stehende Gesamtumsatzwert ergibt sich dabei aus der Addition
der Umsatzwerte der zugehörigen RBi und anschließender Anwendung des Stauchungsfaktors
stb. Damit Saldierungseffekte vermieden werden, sind die Bedarfe mit einem exogen vorgegebenen Preisvektor zu multiplizieren, um die Umsatzwerte zu berechnen.491
Um die Wettbewerbssituation des Unternehmens beim Kunden zu berücksichtigen, ist der
Gesamtbedarf Bges/i des Kunden, der sich jeweils aus der Summation der Einzelbedarfe zusammensetzt, auf BU/PLAN/i zu reduzieren, damit sich eine anspruchsvolle, aber lösbare Zielvorgabe ergibt. BU/PLAN/i steht für den realistisch maximal erreichbaren Absatz des Unternehmens beim jeweiligen Kunden. Formal wird die Überführung von Bges/i in BU/PLAN/i über den
Stauchungsfaktor stbi abgebildet. Das bedeutet:
BU/PLAN/i = stbi . Bges/i , wobei stbi ∈ [0; 1] und damit Bges/i ≥ BU/PLAN/i
Um stbi jeweils zu bestimmen, wird sich am Einkaufsumsatz der Vorperioden, also am Anteil
des Unternehmens am Gesamtbedarf des Kunden, orientiert. Diese Größe ist für jeden einzelnen Kunden bestimmbar mit Ausnahme der Kunden RBi ∈ PER_KU_PO. Für diese Kunden
ist eine Betrachtung auf aggregierter Poolebene durchzuführen.492
490
Es ergeben sich bei diesem Vorgehen entsprechende Bedarfspooltypen. Die Anzahl der möglichen Bedarfspooltypen ergibt sich aus der Vorschrift zur Berechnung der Mächtigkeit von Potenzmengen MAE(PM) =
2m; hier mit m = 4 abzüglich der leeren Menge.
491
Der Preisvektor ist als exogen vorgegebener Normierungsvektor zu interpretieren. Um den Anforderungen in
Kapitel 2.2.2 zu entsprechen, ist der Preis unter Anwendung der ceteris paribus-Klausel konstant gesetzt. Zur
ceteris paribus-Klausel vgl. Woll, A. (1996), S. 16.
492
Zur Symbolisierung der Umsätze eines relevanten Bedarfsträgers i wird das Symbol URBi eingeführt.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
129
Zur Bestimmung von stbi für RBi ∉ PER_KU_PO sind die Perioden der Vergangenheit einzubeziehen, für die gilt: Bges/i/p > 0. Für jede dieser Perioden ist der Quotient BU/p/Bges/i/p, als
Ausdruck des jeweiligen Share of Wallets in der Vergangenheit zu bilden. Um ein realistisches Prognosebild zu geben, sind für die Bestimmung von stbi die vergangenen Perioden mit
abnehmender Gewichtung im Sinne eines Remanenzeffektes zu modellieren.493 Dies bringt
der Remanenzfaktor ßp der Periode zum Ausdruck, dessen Höhe negativ zur Anzahl der betrachteten Perioden |p-n*max| korreliert ist.494 Für ß gilt somit:
ßp ∈ [0;1]
ß p = F(p) = −
1
⋅ p − n * +1
p − n *max
r
Daraus ergibt sich für stbi unter Anwendung des normierenden Preisvektors p :
∀
RBi ∉PER _ KU _ PO
stb i =
p − n*max
∑
ßp
p − n*max
p =0|Bges / i / p >0
ßp
p =0
∑
⋅
U IST / i / p
r
B ges / i / p ⋅ p
5.2.2.2 Systematik der Plan-Bearbeitungskostensätze
Die im Rahmen der Kundenbearbeitung stattfindenden Aktivitäten stellen ressourcenverbrauchende Verrichtungen dar, deren wertmäßige Höhe über entsprechende Kostengrößen zu erfassen ist. Dabei sind neben den Aktivitäten, die direkt aus dem Kundenbearbeitungsprozeß
ersichtlich sind, alle administrativen, dispositiven sowie vor- und nachbereitende Unterstützungsaufgaben zu berücksichtigen.495
Definition 26: Kosten der Kundenbearbeitung
Die Kosten der Kundenbearbeitung bezeichnen den in Geldeinheiten ausgedrückten vertrieblichen Werteverzehr im Rahmen der Leistungsverwertung und Auf-
493
Es ist anzumerken, daß für sehr ambitionierte Unternehmen auch das Maximum des Share of Wallets
max(Uist/p/Bges/PLAN/p) der vergangenen Perioden für den Stauchungsfaktor stbi gesetzt werden könnte. Dies
führt jedoch zu Einschränkungen in der Anforderung an Realitätsentsprechung, da Marktverschiebungen,
z. B. durch einen neuen Wettbebwerber, nicht adäquat abgebildet wären.
494
Für n*max sind sämtliche Perioden der bisherigen Kundenbearbeitung anzunehmen, sofern kein signifikanter
Strukturbruch im grundsätzlichen Kundenverhalten vorliegt. Dies ist jeweils von Experten einzuschätzen,
und danach n*max entsprechend festzulegen.
495
Vgl. zu den administrativen und dispositiven Aktivitätsbereichen in der Kundenbearbeitung Fischer, J.
(1999), S. 135 sowie Mertens, P. (2000), S. 102.
130
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
rechterhaltung der eigenen sowie der leistungsbezogenen Funktionsbereitschaft
innerhalb einer Abrechnungsperiode.496
Für eine entscheidungsorientierte Kostenbetrachtung im Rahmen der Kundenbearbeitung
kann der klassische Ansatz der Kostenrechnung zwar als Orientierungsansatz genutzt werden,
jedoch muß insbesondere im Bereich der Kostenträgerrechnung eine kundenorientierte Modifikation erfolgen.497 Zur Ermittlung der relevanten organisatorischen Verantwortungsbereiche
sind die entsprechenden Kostenstellen im Unternehmen zu identifizieren.498 Die in diesen
Kostenstellen anfallenden Kosten würden bei der klassischen Kostenrechnung verursachungsgerecht den Leistungen als Kostenträger zugeordnet. Da es sich bei diesen Kosten mit
Bezug auf die Leistung im traditionellen Sinn in der Regel um Gemeinkosten handelt499, ergeben sich für die Steuerung der Kundenbearbeitung zwei Problembereiche. Einerseits steht die
traditionelle Gemeinkostenschlüsselung in Form von prozentualen Zuschlagssätzen einer verursachungsgerechten Kostenzuordnung entgegen,500 andererseits eignen sich die Leistungen
als Kostenträger für eine Steuerung der Kundenbearbeitung nur sehr bedingt. Als Lösungsansatz bietet sich hier die Verwendung einer prozeßorientierten Kostenrechnung an.501 Dabei
muß ein Wechsel des Kostenträgerobjektes von der Leistung auf das Kundenelement bzw.
den relevanten Bedarfsträger erfolgen. Alle bei der Kundenbearbeitung direkt oder indirekt
entstehenden Kosten sind bei diesem Vorgehen auf die Kundenelemente bzw. relevanten Bedarfsträger als Kostenträger zu verteilen. Die im Rahmen der Kundenbearbeitung anfallenden
Aktivitäten der einzelnen Kostenstellen sind entsprechend der Grundstruktur des Kundenbearbeitungsprozesses502 den einzelnen Teilprozeßaktivitäten sowie den Teilprozessen AN_I,
AN_B, AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA und AS_IS zuzuordnen. Diese Teilprozesse werden
in den Hauptprozessen AN, AB und AS zusammengefaßt. Aus diesen ergibt sich der vollständige Gesamtprozeß der Kundenbearbeitung (KB).
Die Bestimmung von Bearbeitungskostensätzen hat zum Ziel, die Gesamtkosten der Kundenbearbeitung (KGES), die sich aus den anfallenden Personal-, Sach- und Kapitalkosten der einbezogenen Kostenstellen ergeben, auf die Haupt- und Teilprozesse der Kundenbearbeitung
496
Vgl. allgemein zum Kostenbegriff Christmann, J./Witthoff, H.-W. (1994), S. 21.
497
Zur klassischen Gliederung der Kostenrechnung in Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung
vgl. beispielhaft Christmann, J./Witthoff, H.-W. (1994), S. 58 ff.
498
Aufgrund des gut abgrenzbaren Aufgabenbereichs der Kundenbearbeitung besitzen dabei je nach Organisationsstruktur insbesondere die Kostenstellen der Bereiche Vertrieb, Versand bzw. Logistik und Kundenservice Relevanz.
499
Ausnahmen bilden hier die Sondereinzelkosten des Vertriebs, z. B. für Spezialverpackungen.
500
Vgl. zu den Problemen einer undifferenzierten Gemeinkostenzuordnung Renner, A. (1994), S. 16 - 19 sowie
Männel, W. (1993), S. 76 - 77.
501
Vgl. zur konzeptionellen Methodik der Prozeßkostenrechnung Weber, J. (1998b), S. 175 - 180; Meyer, R.
(1991), S. 213 - 220; Coenenberg, A.G./Fischer, T.M. (1991), S. 21 - 38; Horváth, P./Renner, A (1990), S.
100 - 107. Zum Einsatz der Prozeßkostenrechnung im Vertriebs- und Marketingbereich vgl. Reckenfelderbäumer, M. (2001), S. 663 - 673.
502
Vgl. dazu auch Kapitel 5.1.2.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
131
umzulegen. Dabei ist je nach dem Charakter der Kostenarten zu berücksichtigen, ob es sich
um variable oder fixe Bearbeitungskosten503 bzw. hinsichtlich ihrer Zurechenbarkeit504 um
Einzel- oder Gemeinkosten handelt. Kostentreiber, der die Teilprozeßinanspruchnahme bestimmt, ist die Anzahl der relevanten Bedarfsträger, die in den jeweiligen Teilprozeßstufen
bearbeitet werden.505 Die Bearbeitungskosten eines relevanten Bedarfsträgers in einem
Teilprozeß ergeben sich als Mischkostensatz aus der Intensität der stattfindenden Kundenbearbeitung sowie der möglichen Zusatzkosten506. Der Prozeßkostensatz je Bearbeitungsstufe
läßt sich allgemein über die Zyklusanzahl der Teilprozeßaktivitäten und den zugehörigen ressourcenspezifischen Zykluskostensatz abbilden.
PKSv = KSr, v . ZYKv
mit: ZYKv ∈ N ∧ 1 ≤ ZYKi ≤ ZYKmax
Die Anzahl der denkbaren Prozeßkostensätze ergibt sich aus Menge der möglichen, für eine
Aktivität geeignet einsetzbaren Ressourcen bzw. Faktoren mit ihren Kostenintensitäten sowie
der angestrebten Zyklusanzahl.507 Für jeden Teilprozeß der Kundenbearbeitung sind transaktionspoolabhängig unterschiedliche Bearbeitungsintensitäten festzulegen. Die Bearbeitungsintensität determiniert dabei die verursachten Prozeßkosten. Bei den folgenden Betrachtungen
wird von drei verschiedenen Bearbeitungsniveaus (BNHigh, BNMiddle, BNLow) je Teilprozeß
ausgegangen.508 Die Bearbeitungsstrategie für jeden Transaktionspooltyp kann anhand der
teilprozeßbezogenen Bearbeitungsmatrix (BRM) spezifiziert werden.509 Der in der Bearbeitungsmatrix aufgespannte Alternativenraum ergibt sich aus der kombinatorischen Verknüp503
Fixe Kosten kennzeichnen Kosten, die während eines Zeitraumes und innerhalb von bestimmten Beschäftigungsgrenzen keine Veränderung aufweisen. Steigen sie bei Überschreiten der Beschäftigungsgrenzen
sprunghaft an, werden sie als sprungfixe Kosten bezeichnet. Variable Kosten können in diesem Zusammenhang als Grenzfall der sprungfixen Kosten mit einer festgelegten Beschäftigungsgrenze von einer Beschäftigungseinheit betrachtet werden. Zur Differenzierung fixer Kosten vgl. auch Kunz, B.R. (1983), S. 449 - 454.
504
Zurechnungsobjekt ist das Kundenelement als Kostenträger.
505
Alle Aktivitäten bzw. Prozesse insbesondere im dispositiven Bereich, die keinen derartigen Kostentreiber
besitzen, sind als bearbeitungsmengenneutral anzusehen und somit einem Kundenelement nicht direkt zuordenbar. Hingegen sind alle direkten Teilprozesse der Kundenbearbeitung bearbeitungsmengeninduziert. Entsprechend der verfolgten Kostenrechnungsphilosophie ist zu entscheiden, ob die Kosten für bearbeitungsmengenneutrale Aktivitäten auf die Prozeßkosten für bearbeitungsmengeninduzierte Prozesse umzulegen
sind (Vollkostenansatz) oder nicht (Teilkostenansatz).
506
Zusatzkosten entstehen bei der Gewährung von Anreizen, z. B. im Rahmen einer Wiedergutmachung bei
Leistungsmängeln bzw. einer Kundenrückgewinnung. Vgl. Stauss, B./Friege, C. (2001), S. 461 f.
507
Im Rahmen der Kundenbearbeitung besteht die Möglichkeit über verschiedene unterschiedlich kostenintensive Kanäle, z. B. Mailing, Fax, Telefon, persönliches Gespräch etc. mit dem Kunden in Interaktion
zu treten. Dabei sind insbesondere bei dem Einsatz von Mitarbeiterressourcen auch innerhalb dieser Ressourcenart entsprechend der Entlohnungsstruktur verschiedene Kostenintensitäten möglich.
508
Die Anzahl der Bearbeitungsniveaus kann im kontextspezifischen Anwendungsfall erweitert werden, wenn
diesbezügliche Informationen vorliegen, die die Erweiterung sachlich begründen und als wirtschaftlich sinnvoll erscheinen lassen.
509
Die Bearbeitungsmatrix stellt an dieser Stelle ein Instrument zur Systematisierung und Abbildung der möglichen Bearbeitungsaktivitäten je Teilprozeß dar, um die entsprechenden Kostenintensitäten ableiten zu können. Die Formulierung einer konkreten Bearbeitungsstrategie hinsichtlich der einzusetzenden Ressourcentypen bzw. die Häufigkeit der Aktivitäten kann nur einzelfallspezifisch unter Berücksichtigung der Branchenzugehörigkeit sowie der Unternehmens- und Wettbewerbssituation erfolgen.
132
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
fung der instanzierten Matrixdimensionen Bearbeitungsressource und eingeplante Zyklusanzahl. Die festzulegende intensitätsabhängige Bearbeitungsstrategie kann dabei alternativ auf
einzelnen Ressourcen-Zyklus-Kombinationen als auch auf mehrstufigen Ressourcen-ZyklusKombinationen beruhen. In Tabelle 12 ist eine derartige Bearbeitungsmatrix mit vier Bearbeitungsressourcen und ZYKmax = 4 beispielhaft aufgeführt.
BRM für
Teilprozeß v
ZYK1
r1
x
r2
x
ZYK2
x
ZYK4
BNLow => PKSLow
x
r3
r4
ZYK3
x
BNMiddle => PKSMiddle
x
x
BNHigh => PKSHigh
- instanzierte Ressourcen-Zyklus-Relation
- intensitätsbezogene Bearbeitungsstrategie
Tabelle 12: Beispielhafte (4x4)-Bearbeitungsmatrix für einen Teilprozeß v
Die intensitätsbezogenen Prozeßkostensätze lassen sich für eine Bearbeitungsstrategie aus
den Kostensätzen der beanspruchten Bearbeitungsressourcen und der jeweiligen Zyklusanzahl
ermitteln. Der Intensitätsbezug basiert dabei nicht primär auf der Menge der beanspruchten
Ressourcen sowie der Höhe der Zyklusanzahl, sondern auf deren kostenmäßigen Bewertung.510 Es gilt: PKSLow < PKSMiddle < PKSHigh. Diese Prozeßkostensätze stellen kostenseitige
Planungsgrößen für die Kundenbearbeitung dar.511 Die für jeden Teilprozeß zu ermittelnden
Plankostensätze lassen sich in einer Planprozeßkosten-Matrix (PPKMv) zusammenfassen (siehe dazu Tabelle 13).
510
Identische Prozeßkostensätze bei unterschiedlichen Bearbeitungsstrategien resultieren aus Substitutionseffekten zwischen der Höhe des ressourcenbezogenen Kostensatzes und der Anzahl der Zyklen.
KSr ↑↓ . ZYK ↓↑ = const. Sie stellen aus kostenorientierter Betrachtung keine unterschiedlichen Bearbeitungsintensitäten dar.
511
Der einem Prozeß zugeordnete Kostenwert (Prozeßkostensatz) beziffert das theoretische Einsparpotential,
welches bei Reduzierung der Prozeßmenge um eine Einheit freigesetzt werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die periodenfixen Kostenanteile bei Verringerung der Prozeßmenge nicht reduziert werden
können. Es findet hier lediglich eine geringere Ressourcenauslastung bei gleichen Kosten statt. Diese unausgelasteten Ressourcen können kurzfristig einer anderen Verwendung zugeführt oder längerfristig abgebaut
und damit eingespart werden.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Transaktionspooltyp
PER_KU_PO
Bearbeitungsintensität
BNHigh
BNMiddle
BNLow
PER_KU_PO_
MA
PKS(1-1/H), v
PKS(1-1/M), v
PKS(1-1/L), v
VER_KU_PO
_W
PKS(1-2/H), v
PKS(1-2/M), v
PKS(1-2/L), v
PKS(2/H), v
PKS(2/M), v
PKS(2/L), v
PKS(3/H), v
PKS(3/M), v
PKS(3/L), v
PKS(4/H), v
PKS(4/M), v
PKS(4/L), v
PKS(5/H), v
PKS(5/M), v
PKS(5/L), v
ER_KU_PO
KU_PO
133
BES_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
für v = {AN_I, AN_B, AN_A, AB_B, AB_BS, AS_RA, AS_IS}
Tabelle 13: Planprozeßkosten-Matrix der Kundenbearbeitung für Teilprozeß v
Der intensitätsbezogene Planprozeßkostensatz für den Gesamtprozeß der Kundenbearbeitung
ergibt sich aus der additiven Verknüpfung der Planprozeßkostensätze der einzelnen Teilprozesse.512 Für jeden Transaktionspooltyp existieren drei Planprozeßkostensätze der Kundenbearbeitung, differenziert nach unterschiedlichen Intensitätsniveaus. Diese Planprozeßkostensätze der Kundenbearbeitung ergeben sich dabei wie folgt:
Planprozeßkostensatz der Kundenbearbeitung je Transaktionspooltyp bei hoher Bearbeitungsintensität:
PKS(j/H), KB = PKS(j/H), AN_I + PKS(j/H), AN_B + PKS(j/H), AN_A + PKS(j/H), AB_B + PKS(j/H), AB_BS +
PKS(j/H), AS_RA + PKS(j/H), AS_IS
mit j = {1-1,1-2, 3, 4, 5}
Planprozeßkostensatz der Kundenbearbeitung je Transaktionspooltyp bei mittlerer Bearbeitungsintensität:
PKS(j/M), KB = PKS(j/M), AN_I + PKS(j/M), AN_B + PKS(j/M), AN_A + PKS(j/M), AB_B + PKS(j/M), AB_BS +
PKS(j/M), AS_RA + PKS(j/M), AS_IS
mit j = {1-1,1-2, 3, 4, 5}
512
Die Summation der Prozeßkostensätze erfolgt unter Berücksichtigung der Stetigkeit der Bearbeitungsintensität über alle Teilprozesse. Ein intensitätsbezogener Wechsel innerhalb eines Bearbeitungsdurchlaufes ist an
dieser Stelle nicht vorgesehen.
134
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Planprozeßkostensatz der Kundenbearbeitung je Transaktionspooltyp bei niedriger Bearbeitungsintensität:
PKS(j/L), KB = PKS(j/L), AN_I + PKS(j/L), AN_B + PKS(j/L), AN_A + PKS(j/L), AB_B + PKS(j/L), AB_BS +
PKS(j/L), AS_RA + PKS(j/L), AS_IS
mit j = {1-1,1-2, 3, 4, 5}
5.2.2.3 Bestimmung der Kaufwahrscheinlichkeiten
Wie im Rahmen der Diskussion der Anforderungen an das zu gestaltende Modell in Kapitel 2
dargestellt worden ist, sind die Kaufwahrscheinlichkeiten der Kunden für die betrachtete Planungsperiode zu operationalisieren und zu prognostizieren. Im Gegensatz zum Stauchungsfaktor stbi, der kundenindividuell die Größe Bges/i auf BU/PLAN/i reduziert, sind die Wahrscheinlichkeitsgrößen w auf Transaktionspoolebene zu betrachten, damit Aussagen mit einem adäquaten Signifikanzniveau getroffen werden können. Um die grundlegende Qualität der Vertriebsarbeit einschätzen und intersubjektiv nachvollziehen zu können, ist w als objektive
Wahrscheinlichkeit513 auf einer hinsichtlich der resultierenden Sicherheitswahrscheinlichkeit
ausreichend großen Datenbasis quantitativ auszugestalten.514
Für das ökonomische Ausmaß der Abschlußwahrscheinlichkeit sind zwei Strukturierungsdimensionen zu unterscheiden, welche die beiden folgenden Fragestellungen veranschaulichen.
Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, ob ein Kunde überhaupt in der Planungsperiode vom betrachteten Unternehmen eine Leistung erwirbt. Zum anderen ist es für
das Planungsmodell von Bedeutung, in welchem Umfang der Kunde den prognostizierten Bedarf BU/PLAN/i auch tatsächlich beim betrachteten Unternehmen deckt. Die Umsetzung in
Wahrscheinlichkeitsgrößen erfordert die Kenntnis der Höhe der Wahrscheinlichkeit, daß der
Kunde den Bedarf BU/PLAN/i vollständig beim betrachteten Unternehmen tätigt. Dazu sind die
Größen w1 für die Abbildung der erstgenannten Fragestellung und w2 für die Abbildung der
zweitgenannten Fragestellung einzuführen. Um die Wahrscheinlichkeit w der Zielfunktion zu
bestimmen, welche, multipliziert mit der Summe der Werte für Bu, nach Multiplikation mit
dem Preisvektor den Erwartungswert für den Umsatz Uplan der Planungsperiode ergibt, sind in
513
In CRM-Software werden im Bereich des Forecasting häufig sogenannte Vertrauensfaktoren hinsichtlich der
Abschlußwahrscheinlichkeit eingesetzt. Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 384. Dies ist eine reine subjektive
Wahrscheinlichkeitsbetrachtung, welche insbesondere zu operativen Steuerungsproblemen führt. Das Entscheidungsdilemma liegt darin begründet, ob ein Kunde bei einer niedrigen subjektiven Wahrscheinlichkeit
zu forcieren ist und ein Kunde mit hoher subjektiver Wahrscheinlichkeit brach liegengelassen wird oder genau umgekehrt vorzugehen ist.
514
Für 300 Fälle ergibt sich bei Unterstellung einer Normalverteilungshypothese bereits eine Sicherheitswahrscheinlichkeit von 90 % bei einer zugelassenen Streuung von 5 %. Vgl. ausführlich zur Berechnung von Sicherheitswahrscheinlichkeiten Berekoven, L./Eckert, W./Ellenrieder, P. (1996), S. 62 f.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
135
einem ersten Schritt, unter Vernachlässigung weiterer zu betrachtenden Implikationen, w1
und w2 multiplikativ zu verknüpfen.515 Das bedeutet:
w = w1 ⋅ w 2
Der Zusammenhang ist so zu interpretieren, daß die Wahrscheinlichkeit w1 für die Auswahl
des betrachteten Unternehmens seitens des Kunden um die prozentuale Bedarfsausschöpfung
von BU/PLAN/i zu nivellieren ist. Diese wird durch die Größe w2 repräsentiert.
Während der zuletzt diskutierte Aspekt endogene Auswirkungen auf die Höhe der Wahrscheinlichkeitsgröße w besitzt, führt die Unterscheidung nach dem Auslöser der Kundenbearbeitung lediglich zu einer differenzierten Betrachtung der Wahrscheinlichkeitswerte. Insbesondere hinsichtlich der sich in Kapitel 5.3 anschließenden Spezifikation der Abweichungsanalyse sind die Abschlußwahrscheinlichkeiten zu unterscheiden, wenn der Kunde aktiv vom
Unternehmen angegangen wird oder eine aktive Bearbeitung des Kunden nicht vorgesehen
ist, das Unternehmen sich also passiv gegenüber der Eigeninitiierung verhält, aber die Initiative vom Kunden selbst ausgeht.
In dieser Strukturierungsdimension der Wahrscheinlichkeitsgröße w spiegelt sich die Aktivierungsvariable akt_var516 wider, die festlegt, ob ein Kunde aktiv von den zur Verfügung stehenden Vertriebsressourcen anzugehen ist. Insgesamt ergeben sich zwei grundlegende Wahrscheinlichkeitsgrößen. Diese verdeutlicht die nachfolgende Tabelle 14.
Wahrscheinlichkeitsdimension
Abschluß (ja/nein)
Höhe des Abschlusses
Tabelle 14:
Symbol
w1
w2
Strukturierungsdimensionen der Abschlußwahrscheinlichkeit und resultierende Basisgrößen
Obwohl w1 und w2 als prognostische Größen zu betrachten sind, liefern die Ist-Werte der
Vorperioden w1istp-1,..., w1istp-n und w2istp-1, ..., w2istp-n517 Basisimplikationen zur Bestimmung der Prognosewahrscheinlichkeiten. In der einfachsten Ausgestaltung ergibt sich:
w(w1, w2) = f(w1istp-1,..., w1istp-n, w2istp-1, ..., w2istp-n)
515
Theoretisch denkbar könnte zwischen w1 und w2 ein stetig-funktionaler Zusammenhang der Form w2(w1)
angenommen werden. Allerdings steht hierfür in der Praxis in der Regel keine ausreichende Datenmenge zur
Verfügung, um einen validen stetigen Funktionszusammenhang herleiten zu können. Da keine kausale Notwenigkeit vorliegt und somit von statistischer Unabhängigkeit zwischen w1 und w2 ausgegangen werden
kann, ist der Einbau der obigen Funktionsgleichung in die Zielfunktion der Planungsalgorithmik als methodisch zulässig anzusehen.
516
Die Aktivierungsvariable akt_var wird im Detail im Rahmen der Konstruktion der Zielfunktion diskutiert.
517
Da bei der Herleitung der Wahrscheinlichkeitsgrößen überwiegend mit Planwerten gearbeitet wird, erhalten
diese keinen gesonderten Zusatz.
136
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Wird für die Abschlußwahrscheinlichkeit die Periodenlänge bezüglich der Gültigkeit der Zeitstabilitätshypothese auf eine Periode gesetzt, so kann vereinfacht geschrieben werden:
w(w1, w2) = wist(w1istp-1, w2istp-1) und damit
w1 = w1istp-1
w2 = w2istp-1
Dies ist sinnvoll, da aufgrund von Anpassungen in der Bearbeitung hinsichtlich einer nicht
vergleichbaren Situation der Kundenbearbeitung ausgegangen werden muß und somit eine
Folgerung von Zeitprognose auf die Wirkungsprognose nicht zulässig ist.518 Zur Bestimmung
von w1 und w2 in obiger Form sind die Umsatzwerte der Vorperiode heranzuziehen. Für die
weitere Analyse ist der Mächtigkeitsoperator MAE(...) einzuführen, der die Anzahl der Elemente einer Menge bzw. im hier vorliegenden Anwendungsfall eines Kundenpools GKU_POj
festlegt.519 Für die Bestimmung von w1 ergibt sich:
MAE{RB i p −1 | URBist i p −1 > 0}
w1 = w1ist t −1 =
MAE{RB i p −1 | URBplan i p −1 > 0}
Dies ist die poolunabhängige Abschlußwahrscheinlichkeit über alle Kunden. Die Gleichung
ist zu erweitern, um zum Ausdruck zu bringen, daß w1 differenziert nach den Kundenpooltypen zu betrachten ist. Es ergibt sich:
j'
∀ GKU _ PO
j=1
j
: w1 j = w1ist j p −1 =
MAE (GKU _ PO jp −1 ∩ {RB i p −1 | URBist i p −1 > 0})
MAE (GKU _ PO jp −1 ∩ {RB i p −1 | ( URBplan i p −1 > 0 ∧ RB i p −1 ∈ GKU _ PO jp −1 )})
Dabei gilt:
j′
w1 =
∑ (w1
j=1
j
⋅ MAE(KU _ PO j ))
j′
∑ MAE(KU _ PO )
j=1
j
518
Für den Fall, daß dennoch die Wahrscheinlichkeitswerte der vergangenen Perioden wp-2, ..., wp-n in die Betrachtung einbezogen werden sollen, kann dies über entsprechende zeitprognostische Modelle wie Gewichtungen, exponentielle Glättung, Konstruktion einer Verteilungsfunktion oder lineare Trendmodelle etc. erfolgen.
519
Um die Symbolik überschaubar zu gestalten, wird die Variable GKU_POj eingeführt, welche stellvertretend
für die anderen, die Kundenpools spezifizierenden Variablen steht. GKU_PO teilt sich auf in KU_PO und
PER_KU_PO,
die
über
den
Index
j
durchgängig
numeriert
sind.
Damit
gilt:
GKU _ PO = KU _ PO ∪ PER _ KU _ PO . Es ist anzumerken, daß die Anzahl der im Index j abgebildeten
Kundenpools entsprechend der im folgenden durchgeführten Sub-Klassifizierungen fortlaufend erweitert
wird.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
137
Für die Bestimmung von w2 ergibt sich:
n
w2 = w2ist p −1 =
∑ URBist
i =1
n
i p −1
∑ URBplan
i =1
i p −1
Wiederum ist eine poolspezifische Differenzierung vorzunehmen. Somit ergibt sich:520
n
j'
∀ GKU _ PO j : w 2 j = w 2ist jp−1 =
j=1
∑ (URBist
i =1
n
i p −1
∑ (URBplan
i =1
| RBi p −1 ∈ GKU _ PO jp −1 )
i p −1
| RBi p −1 ∈ GKU _ PO jp −1 )
Damit gilt für wj:
j'
∀GKU _ PO
j =1
j
: w j = w1j ⋅ w 2 j = w1ist jp −1 ⋅ w 2ist jp −1 =
n
MAE(GKU _ PO jp −1 ∩ {RBi p −1 | URBist i p −1 > 0})
MAE(GKU _ PO jp −1 ∩ {RBi p −1 | ( URBplani p −1 > 0 ∧ RBi p −1 ∈ GKU _ PO jp −1 )})
⋅
∑ (URBist
i =1
n
i p −1
∑ (URBplan
i =1
| RBi p −1 ∈ GKU _ PO jp −1 )
i p −1
| RBi p −1 ∈ GKU _ PO jp −1 )
Zur Darstellung der vom Unternehmen beabsichtigten Verbesserungen, sind die Entwicklungsfaktoren ð1 und ð2 in Beziehung zu w1 und w2 einzuführen. Sie stellen die vom Unternehmen festzulegenden, anzustrebenden Steigerungen in der Abschlußhäufigkeit und -höhe je
Kundenklasse dar. Diese Entwicklungsfaktoren überführen jeweils durch eine additive Verknüpfung die Wahrscheinlichkeiten w1 und w2 in die im Rahmen des Planungsmodells zu
verwendenden Planabschlußwahrscheinlichkeiten.521
Für ð1 und ð2 gilt:
ð1, ð2 ∈ [-1,1] unter den Nebenbedingungen
0 < w1j + ð1 < 1
0 < w2j + ð2 < 1
Neben der Kundenpoolzugehörigkeit ist als ein weiteres Differenzierungsmerkmal der Wahrscheinlichkeiten w1 und w2 die individuelle Transaktionshistorie eines Kunden zu berücksichtigen. Dazu sind als zusätzliche Dimension Klassen über die Kunden zu bilden, welche
eine ähnliche Transaktionshistorie aufweisen. Zu prüfen ist jeweils, ob eine SubKlassifizierung der Pooltypen vorzunehmen ist, die sich aus signifikant unterschiedlichen
520
Der Vergleich von w1 und w1j respektive w2 und w2j ist insbesondere für die Ableitung von adaptiven Steuerungsimplikationen in Kapitel 5.3 relevant. Um den Bezug herzustellen, werden deshalb die Basiszusammenhänge zwischen w1 und w1j respektive w2 und w2j bereits an dieser Stelle diskutiert.
521
Dabei ist zu berücksichtigen, daß ð1 und ð2 auch einen negativen Wert annehmen können, wenn beispielsweise von einer Marktschrumpfung auszugehen und es bereits einen Erfolg bedeutet, ð1 und ð2 in diesem
Fall im Beispiel-Intervall I = [-0,05;1] zu halten.
138
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Abschlußwahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit unterschiedlicher Muster in der Transaktionshistorie ergibt.
Zur Klassenbildung ist als Ähnlichkeitskoeffizient das Score-Maß SCi* für einen Kunden i*
zu entwickeln. Dabei ist zu beachten, daß dieser Ähnlichkeitskoeffizient sowohl für die in der
Planungsperiode relevanten Bedarfsträger RBi als auch für die als nicht-relevant identifizierten zu bestimmen ist. Die Basis hierfür liefert die in Kapitel 5.1 entwickelte transaktionsorientierte Zustands-Möglichkeiten-Matrix. Diese ist in einem ersten Schritt um den potentiellen
Erstkundenpool als Quelle zu reduzieren, da für diese Kunden per Definition keine unternehmensbezogene Transaktionshistorie vorliegt, welche in SCi eingehen könnte.
Kern des Score-Maßes sind die zu bewertenden Übergangsrelationen scübi*,p der Perioden pn*max der transaktionsorientierten Zustands-Möglichkeiten-Matrix, welche jeweils mit Istwerten für die betrachteten Perioden p aufzustellen ist. Es ergeben sich somit n*max Matrizen, auf die jeweils ein Bewertungspunkteraster zu legen ist. Die Aufstellung des hier verwendeten Bewertungsrasters erfolgt unter Verwendung des folgenden Regel-Sets:
1. Sämtliche Übergangsrelationen, die in BES_KU_PO münden, sind positiv zu bewerten.
2. Das Ausmaß der positiven Bewertung für Übergangsrelationen, die in BES_KU_PO münden, hängt von der jeweiligen loyalitätsbezogenen Kundenbewertung ab. Diese kommt
durch das Verhältnis ∆VGi zum Ausdruck. ∆VGi stellt eine Bewertungsgröße für die Loyalität des Kunden zu einem Unternehmen dar.522
3. Sämtliche möglichen Übergangsrelationen in den VER_KU_PO sind negativ zu bewerten.
Damit wird berücksichtigt, daß es unter Plausibilitätsgesichtspunkten schwieriger ist, einen verlorenen Kunden wiederzugewinnen als einen Bestandskunden zu halten.523 Zudem
wird dadurch letztendlich abgebildet, daß die Wahrscheinlichkeit der Kundenrückgewinnung weiter sinkt, je länger ein Kunde als verlorener Kunde gilt.524
4. Für die Kunden, welche sich als Variety Seeker525 verhalten, sind die Übergangsrelationen
in ZUR_KU_PO in Abhängigkeit der Häufigkeit hZUR_KU_PO negativ zu bewerten.
522
Aus inhaltlichen Darstellungsgründen wird die Größe ∆VGi detailliert im Rahmen der Abweichungsanalyse
in Kapitel 5.3.1.4 erläutert.
523
Vgl. Wilde, K. D./Hippner, H./Martin, S. (2002), S.14 ff.
524
An dieser Stelle ist zu berücksichtigen, daß sich mit zunehmender Zeitdauer ab einem kundenindividuellen
Zeitpunkt dieser Effekt umkehrt, so daß irgendwann nach mehreren Perioden ein verlorener Kunde leichter
wiederzugewinnen ist, da Vergessenseffekte auftreten. Dies hängt von der Dauer ab, wie lange ein verlorener
Kunde überhaupt als Kunde zu betrachten ist. Denn nach einem gewissen Zeitraum kann davon ausgegangen
werden, daß sich ein derartiger Kunde tendenziell eher wie ein potentieller Erstkunde verhält. In Versandhandelsunternehmen wird beispielsweise davon ausgegangen, daß ein Kunde, der länger als drei Jahre inaktiv war, als potentieller Neukunde gilt. Vgl. dazu Dallmer, H. (2002), S. 15. Für eine entsprechende Abbildung wären für die negativen Bewertungen jeweils unternehmensindividuelle Nebenbedingungen bezüglich
ihrer Wirksamkeit zu berücksichtigen. In dieser Arbeit ist dies allerdings bereits bei der Poolzuordnung im
Rahmen der Poolbildung implizit erfolgt.
525
Zum Begriff des Variety Seekers vgl. Pepels, W. (1998), S. 279.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
139
Auf Basis dieser Implikationen ist das Bewertungsraster zu bestimmen. Dazu ist eine positive
Basisbewertung Pos und eine negative Basisbewertung Neg einzufügen (siehe Tabelle 15).
BES_KU_PO
Pos±∆VGi
Pos±∆VGi
Pos
ER_KU_PO
BES_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
ZUR_KU_PO
-hZUR_KU_PO
VER_KU_PO
Neg
Neg
Neg
Neg
- - Relation ist nicht definiert
Tabelle 15:
Bewertungsraster der transaktionsorientierten Zustands-Möglichkeiten-Matrix
zur Klassenbildung nach individueller Transaktionshistorie
Des weiteren wird berücksichtigt, daß eine Pool-Übergangsrelation, die weiter in der Vergangenheit liegt, weniger Relevanz für die geplante Kundenbearbeitung besitzt als eine aktuelle.
Dies wird durch den Remanenzfaktor ßp der Periode zum Ausdruck gebracht, dessen Höhe
negativ zur Anzahl der betrachteten Perioden |p-n*max| korreliert ist.526 Hier ist als Initialisierung ein linearer Zusammenhang anzunehmen.527 Für ß gilt somit:
ßp ∈ [0;1]
ß p = F(p) = −
1
⋅ p − n * +1
p − n *max
Für die Kunden ki ergibt sich jeweils als Score-Maß:
i*
p − n *max
p − n *max
i *=1
p =0
p =0
∀ SC i* =
∑ (ß p ⋅ scüb i*,p ) =
∑
((−
1
⋅ p − n * + 1) ⋅ scüb i*,p )
p − n *max
Auf Basis der Werte SCi* erfolgt die Clusterbildung nach der Transaktionshistorie. Dazu sind
Bedingungen zu formulieren, um th Klassen Thj‘‘ zu erhalten. Dabei muß stets der Mittelwert
der Werte SCi* der Kunden, die zu einem Cluster gehören, kleiner als die obere Schranke Cmax
sein. Dies entspricht:
i*'
∑ SC
th
∀ SC
j ''
i*
=
i*
i*|ki *∈Th j ' '
MAE (Th j '' )
< C max
526
Für n*max sind sämtliche Perioden der bisherigen Kundenbearbeitung einzubeziehen, sofern kein signifikanter Strukturbruch im grundsätzlichen Kundenverhalten vorliegt. Das ist jeweils von Experten einzuschätzen,
und n*max ist entsprechend festzulegen.
527
Über die Anwendung von Testverfahren in Verbindung mit multivariaten Analyseverfahren kann dieser
Funktionsverlauf weiter validiert werden. Dies verläßt jedoch den Fokus der Arbeit und würde lediglich zu
marginalen Verbesserungen der Ergebnisqualität führen.
140
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Das ist gleichbedeutend mit der Bedingung, daß der Abstand der Werte SCi* zum Clusterzentrum cThj‘‘ zu minimieren ist. Für die partitionierende Clusterung zur Erzeugung von th
Klassen Thi’’ für j’’ = 1, ..., th ergibt sich daraus als Zielfunktion:
i *'
ZF = ∑∑ j'' | SC i* − cTH j'' |2 → min!
i *=1
Als Nebenbedingung muß weiterhin gelten, daß jeweils das arithmetische Mittel der Werte
SCi* für Kunden, die nicht zur gleichen Klasse Thj‘‘ gehören, größer als die untere Schranke
Cmin zu sein hat. Dies entspricht:
i*'
∑ SC
th i*|k ∈Th
i
j''
∀
j ''
i*
i*'
+
∑ SC
i*|k i ∈Th j'' +1
i*
MAE(Th j'' ∪ Th j''+1 )
> C min
Auf Basis der nach der Transaktionshistorie gebildeten Klassen sind w1 und w2 weiter zu differenzieren. Es ergeben sich entsprechende Sub-Klassifizierungen.
Des weiteren determinieren in besonderem Maße die Geschäfts- bzw. Servicevorfälle der After-Sales-Service-Phase nach der vom einzelnen Kunden zuletzt getätigten Transaktion die
Abschlußwahrscheinlichkeiten w1 und w2. Normativ bedeutet dies, daß die Abschlußwahrscheinlichkeiten sinken, je häufiger sich ein Kunde beschwert bzw. die durchgeführten Serviceinteraktionen negativ beurteilt. Das ermöglicht die Bewertung des Verhaltens eines Kunden
in der After-Sales-Service-Phase als letzte Interaktionsphase vor der neu anzubahnenden
Transaktion.
Dazu ist jeder der k‘‘ Kundenkontakte KKk‘ für die Kunden ki ∈ KU_POj in der After-SalesService-Phase durch den jeweiligen Bearbeiter zu bewerten. Um das Problem unterschiedlicher Skalierungseinschätzungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine jeweils dreigliedrige,
ganzzahlige Bewertung der positiven und negativen Kundenkontakte, so daß für alle KKk‘
gilt: KKk‘ ∈ {-3, -2, -1, 0, 1, 2, 3}. Die Bewertung HB(KK)i für den Kunden ki eines KU_POj
der resultierenden Kontakthistorie im After-Sales-Service seit der letzten durch den Kunden
getätigten Transaktion ergibt sich wie folgt:528
k ''
HB( KK ) i =
∑ KK
k'
k '=1
528
Die Größe HB(KK)i ist synergetisch als Stornoindikator zur Stornoprävention einsetzbar. Wird deutlich, daß
ab einem bestimmten negativen Wert die Kundenabwanderungsquote deutlich steigt, so sind zusätzliche fördernde Aktivitäten bei denjenigen Kunden einzuleiten, die in der Attributbewertung HB(KK)i knapp unter
dem identifizierten Schwellwert liegen, damit sie diesen nicht überschreiten und die Wahrscheinlichkeit der
Abwanderung deutlich steigt.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
141
Um einen Gesamtüberblick zur beschriebenen Stornosituation zu erhalten, bietet es sich in
diesem Zusammenhang an, als entsprechenden Indikator einen Stornoindex SI zu bilden, der
zusätzlich auf die einzelnen KU_POj heruntergebrochen werden kann.
Daraus ergibt sich:
n
SI =
∑ HB(KK) i
i =1
j'
∑ MAE(KU _ PO j )
j=1
j'
SI = ∑ SI j ⋅
j =1
j =1
k'
j'
∑ MAE(KU _ PO )
j
j=1
∑ MAE( KU _ PO )
, wobei
j
∑ ( HB( KK )
i =1
i =1 k '=1
MAE ( KU _ PO j )
n
∀ SI j =
=
k ''
∑∑ KK
j'
j =1
j'
n
i
| k i ∈ KU _ PO j )
MAE ( KU _ PO j )
n
=
k ''
∑∑ ( KK
i =1 k '=1
k'
| k i ∈ KU _ PO j )
MAE ( KU _ PO j )
Zur Klassenbildung ist das entstehende Kontinuum gleichmäßig aufzuteilen. Entsprechend
der resultierenden Sub-Klassen sind w1 und w2 differenziert zu betrachten.
Eine weitere wesentliche Implikation für die Bestimmung der Planabschlußwahrscheinlichkeiten ergibt sich aus den definierten Bearbeitungskostensätzen. Relevant ist hier, ob durch
eine Veränderung des Bearbeitungskostensatzes eine signifikant andere Abschlußwahrscheinlichkeit erzielt werden kann. In diesem Fall besteht ein funktionaler Zusammenhang zwischen
den Bearbeitungskostensätzen und den Planabschlußwahrscheinlichkeiten, ausgedrückt durch
w(PKS). Da sich diese Zusammenhänge aus den zu erarbeitenden Adaptionsimplikationen
des Vergleichs der entsprechenden Plan- und Istwerte ergeben, erfolgt die Darstellung der
Prüfung der Signifikanz und der Art des jeweiligen Funktionszusammenhangs im Rahmen
des Kapitels 5.3.
Die bereits dargestellten Ausführungen bezogen sich auf Kunden, die für eine neue Kundenbearbeitung für die Folgeperiode in Frage kommen. Eine weitere notwendige Spezifikation
hinsichtlich der Abschlußwahrscheinlichkeit stellen diejenigen Kunden dar, die zum Planungszeitpunkt bereits in Bearbeitung sind. Diese Kunden werden durch das Symbol ° gekennzeichnet. Die Kunden k°i befinden sich also in einer der definierten Prozeßphasen, deren
Bearbeitung n der vorherigen Planungsperiode p-1 initiiert worden ist.
Für die Kunden ki° ∈ KU_PO°j ergibt sich kanonisch, daß die Aktivierungsvariable in der
Planungsperiode durchgängig den Wert “1“ annimmt und somit vernachlässigt werden
kann.529 Die Abschlußwahrscheinlichkeit, ob der Kunden überhaupt etwas kauft, ist entspre529
Es bedeutet nicht zwangsläufig, daß für diese Kunden auch in der Planungsperiode p-1 die Aktivierungsvariable den Wert 1 angenommen hat. Für diese Kunden sollte die Bearbeitung fortgeführt werden, solange für
die Aussichtslosigkeit eines Geschäftsabschlusses keine speziellen Gründe sprechen, die vom jeweiligen
142
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
chend nach oben anzupassen, da bereits Prozeßphasen vom Kunden durchlaufen worden sind,
in denen er hätte abspringen können. Die Abschlußwahrscheinlichkeit der Höhe nach ist hiervon nicht betroffen, da von der Prozeßstufe keine unmittelbaren objektivierbaren Rückschlüsse auf das Kaufvolumen gezogen werden können.
Zur Berücksichtigung dieses Aspektes, ist zunächst die bisher diskutierte prozeßübergreifende
Wahrscheinlichkeit w1 ins Verhältnis zu den Abgangsrelationen in den VER_KU_PO während der einzelnen Prozeßstufen der Kundenbearbeitung zu setzen. Diese soll als Verfallfunktion modelliert werden, die sich vom Startwert 1 über die einzelnen Phasen auf w1 reduziert.
Als ergänzendes Symbol ist die Abgangswahrscheinlichkeit in der Prozeßstufe abw(...) einzuführen.530 Für die elementaren Prozeßstufen ergeben sich somit die vier Größen abw(AN_I),
abw(AN_B), abw(AN_A) und abw (AB_B), welche entsprechend der unternehmensindividuellen Granularität des Kundenbearbeitungsprozesses weiter angepaßt werden können. Dafür
gilt die folgende Bedingung:531
w1 + abw(AN_I) + abw(AN_B) + abw(AN_A)+abw(AB_B) = 1
Wird die Übergangsrelation eines Kunden k°i von KU_PO in VER_KU_PO durch einen
Pfeiloperator symbolisiert und das Eintreten dieses Ereignisses als Zeitpunkt aufgefaßt, so
kann für abw(...) jeweils geschrieben werden:
abw (AN _ I) =
abw (AN _ B) =
abw (AN _ A) =
abw (AB _ B) =
{
MAE k °i ∈ GKU _ PO p −1 ∧ k °i ∈ VER _ KU _ PO ∧ k °i | (KU _ PO → VER _ KU _ PO) i ∈ [ t A
AN _ I
; tE
}
AN _ I
]
MAE(GKU _ PO p −1 )
{
}
AN _ B
; tE
AN _ B
]
AN _ A
; tE
AN _ A
]
AB _ B
; tE
AB _ B
]
MAE k °i ∈ GKU _ PO p −1 ∧ k °i ∈ VER _ KU _ PO ∧ k °i | ( KU _ PO → VER _ KU _ PO ) i ∈ [ t A
MAE (GKU _ PO p −1 )
{
MAE k°i ∈ GKU _ PO p −1 ∧ k°i ∈ VER _ KU _ PO ∧ k°i | (KU _ PO → VER _ KU _ PO)i ∈ [ t A
}
MAE(GKU _ PO p −1 )
{
MAE k °i ∈ GKU _ PO p −1 ∧ k °i ∈ VER _ KU _ PO ∧ k °i | (KU _ PO → VER _ KU _ PO)i ∈ [ t A
}
MAE(GKU _ PO p −1 )
Vertriebsmitarbeiter individuell einzuschätzen wären. Für diese Kunden sind somit in der Planungsperiode
für diesen Anwendungsfall keine Entscheidungen bezüglich der grundsätzlichen Bearbeitung mehr zu treffen. Sie sind jedoch aufzunehmen, da sie den Umsatzforecast für die Planungsperiode beeinflussen und wie
in den Anforderungen an die Methode in Kapitel 2 spezifiziert worden ist, ein Entscheidungs- und Prognosemodell zu konzipieren ist. Für Kunden in aktueller Bearbeitung zum Planungszeitpunkt reduziert sich die
Methode demgemäß von einer Entscheidungs- auf eine Prognosemethode.
530
Im Vorgriff sei angemerkt, daß die Abgangswahrscheinlichkeiten wesentliche Implikationen für die Abweichungsanalyse bezüglich notwendiger Verbesserungsmaßnahmen im Kundenbearbeitungsprozeß liefern.
531
Die Bestimmung der konkreten Werte erfolgt auf Basis der Istwerte der Vorperioden als naheliegendste
Schätzwerte.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
143
Entsprechend der Prozeßphasen ist KU_PO°j in KU_PO°j(AN_I), KU_PO°j(AN_B),
KU_PO°j(AN_A) und KU_PO°j(AB_B) aufzuspalten. Dann ergibt sich entsprechend der bisher angewendeten Notation für w1°j jeweils:
w1° j (AN _ I) = w1j
w1° j (AN _ B) = w1j + abw (AN _ I)
w1° j (AN _ A) = w1j + abw (AN _ I) + abw (AN _ B)
w1° j (AB _ B) = w1j + abw (AN _ I) + abw (AN _ B) + abw (AN _ A)
Des weiteren ist ebenso wie bei der Gesamtwahrscheinlichkeit w1j der Entwicklungsfaktor ð1
zu berücksichtigen, um Planwerte für abw(...) und damit für w1° zu erhalten. Die Entwicklungsfaktoren sind dazu für die einzelnen Prozeßphasen zu planen und auf die jeweiligen Abgangswahrscheinlichkeiten zu projizieren. Dies erfolgt, indem die Entwicklungsfaktoren
komplementär-additiv mit den Abgangswahrscheinlichkeiten verknüpft werden. Dabei ergibt
sich kanonisch als Nebenbedingung für die Entwicklungsfaktoren:
ð1(AN_I) + ð1(AN_B) + ð1(AN_A) + ð1(AB_B) = ð1
5.2.2.4 Konstruktion der Zielfunktion
Ausgehend von der aufgestellten Informationsbasis, ist für die Planung des Einsatzes der Vertriebsressourcen eine Zielfunktion aufzustellen. Sie ist für den kontextspezifischen Betrachtungsfall jeweils auf die Unternehmensziele auszurichten. Neben dem allgemeinen Fall der
Gewinnmaximierung als alleiniges Unternehmensziel für die Planungsperiode, müssen auch
langfristig orientierte Nebenbedingungen, wie z. B. die anzustrebende Neukundengewinnungsquote, optional berücksichtigt werden können.532 Im folgenden wird die Zielfunktion
schrittweise konstruiert. Dabei wird von der allgemeinen Gewinngleichung ausgegangen und
die Implikationen aus der Bewertung der Kundenelemente bzw. der relevanten Bedarfsträger
in die Zielfunktion eingebaut. Wie in den Anforderungen in Kapitel 2 dargestellt, sind die im
Rahmen der Zielfunktion zu betrachtenden Stellgrößen die unterschiedlichen Alternativen des
Einsatzes der zur Verfügung stehenden Vertriebsressourcen. Die Vertriebsressourcen werden
durch das verfügbare Bearbeitungsbudget abgebildet. Dieses ist unter Berücksichtigung der
analysierten Kundenbedarfe, Kaufwahrscheinlichkeiten sowie der geplanten Bearbeitungskostensätze und daraus resultierender Kundenprofitabilität zu verteilen. Die Zielfunktion dient
der diesbezüglichen Entscheidungsfindung und liefert darauf aufbauend, eine differenzierte
Erfolgsprognose. In der Basisform ergibt sich die Zielfunktion aus:
ZF = U − K 
→ max!
532
Das Ziel der Gewinnmaximierung (Extremumprinzip) impliziert, daß die Zielfunktion ebenso anwendbar ist,
wenn ein Zielgewinn durch ein möglichst geringes Budget (Minimumprinzip) oder bei einem fest vorgegebenen Budget, ein möglichst hoher Gewinn erzielt werden soll (Maximumprinzip). Zum Extremum-, Minimum- und Maximumprinzip vgl. Schierenbeck, H. (1997), S. 3 - 5.
144
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Um dieses Maximierungsziel abzubilden, ist in der Zielfunktion die grundlegende, angenommene Wirkungskette zwischen den einzelnen betrachteten ökonomischen Größen einzubauen.
Ein höheres Bearbeitungsbudget und damit höhere dem Kunden zugewiesene Prozeßbearbeitungskostensätze führt zu einer höheren Bearbeitungsintensität, welche dazu führen kann, daß
die Werte für die betrachteten Abschlußwahrscheinlichkeiten steigen. Durch die multiplikative Verknüpfung der Abschlußwahrscheinlichkeiten mit den Größen URBi erhöht sich der
prognostizierte Umsatz. Zur Initialisierung der Zielfunktion sind Startlösungen für die Wirkung der Prozeßbearbeitungskostensätze auf die Wahrscheinlichkeitswerte zu bilden, die
durch Adaption kontinuierlich verbessert werden.533 Die Wirkung ist durch die im Rahmen
der Adaptionsanalyse zu gestaltenden Instrumente - insbesondere der konzipierten Testverfahren - auf Signifikanz zu überprüfen und ggf. anzupassen.534 Zudem ist für alternative Höhen der gewählten Bearbeitungskostensätze zu untersuchen, inwieweit diese zu einer Verbesserung des ökonomischen Resultates führen. Eine Senkung oder Erhöhung von Prozeßbearbeitungskostensätzen kann sich auf Niveauanpassungen oder auf eine kunden- oder kundenpoolindividuelle Anpassung beziehen, so daß sich folgende mögliche Anpassungstypen ergeben (siehe Abbildung 32).
Anpassungs typ
PKS
Niveauanpassung
Abbildung 32:
PKS
Individual anpassung
Niveau anpassung
Individual anpassung
Systematik möglicher Anpassungstypen der Prozeßbearbeitungskostensätze
Die Umsetzung der dargestellten Wirkungskette erfolgt schrittweise über den Einbau der in
den vorherigen Kapiteln aufgestellten Implikationen zunächst für die Umsatzgrößen sowie im
Anschluß für die Kosten- und Wahrscheinlichkeitsgrößen. Die Umsatzwerte sind auf der Ebene der relevanten Bedarfsträger betrachtet worden, so daß diese Spezifikation auch in der
Zielfunktion zum Ausdruck kommen muß. Sie sind auf der Kundenpoolebene zu aggregieren.
533
Die Entwicklung der Instrumente erfolgt in Kapitel 5.3. Zur Bestimmung der Startlösungen bietet es sich an
auf Experteneinschätzungen zurückzugreifen und dabei ggf. bereits vorliegendes Datenmaterial einzubinden.
534
Das in Kapitel 5.3.2.1 entwickelte Testverfahren liefert Adaptionsbedarf für den Prozeßkostensatz hinsichtlich der Optimierung der Abschlußquote, während das in Kapitel 5.3.2.2 entwickelte Testverfahren Adaptionsbedarf für den Prozeßkostensatz bezüglich der Optimierung der Abschlußhöhe aufzeigt.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
145
Weiterhin sind die Kunden dahingehend zu unterscheiden, ob sie zum Planungszeitpunkt bereits in Bearbeitung sind, also sich im Intervall [tAAN_I;tEAB_B] befinden oder ihre Bearbeitung
erst in der Planungsperiode initiiert wird. Entsprechend der bisherigen Symbolik ist somit U
in URB + U° zu differenzieren. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch für diese in Bearbeitung befindlichen Bedarfsträger für die Planungsperiode ein Bedarf identifiziert worden sein
kann, der zusätzlich zum bereits in der Vorperiode identifizierten Bedarf zu berücksichtigen
ist. Dies bedeutet:
j'
n
ZF = ∑∑ URBplan ij + U° − K 
→ max!
j=1 i =1
Da es sich um Plangrößen handelt, sind des weiteren jeweils die erwarteten Werte für die einzelnen Größen zu verwenden, entsprechend für die Umsatzwerte der erwartete Umsatz, der
sich jeweils aus der multiplikativen Verknüpfung des im für den Kunden zu spezifizierenden
U-Tupel festgehaltenen Umsatzwertes mit der zusammengesetzten Abschlußwahrscheinlichkeit ergibt. Dies bedeutet für die Zielfunktion:
j'
j'
n
n
ZF = ∑∑ ( URBplan ij ⋅ w j ) + U° − K = ∑∑ ( URB ij ⋅ w1 j ⋅ w 2 j ) + U° − K 
→ max!
j=1 i =1
j'
ZF = ∑
j=1 i =1
n
∑
j=1 i =1| k i ∈KU _ PO ° j
j'
( URBplan ijp −1 ⋅ w1° j ⋅ w 2 j + URBplan ij ⋅ w j ) + ∑
n
∑ (URBplan
j=1 i =1| k i ∉KU _ PO ° j
ij
⋅w j)−K 
→ max!
535
Um die aufzustellende Zielfunktion durch ein zu konzipierendes Verfahren optimierbar zu
machen, ist als Aktionsvariable die Aktivierungsvariable akt_var einzuführen. Diese Aktivierungsvariable dient als Hilfsvariable, um abbilden zu können, für welche Kunden in der Planung eine vom Unternehmen initiierte Bearbeitung vorgesehen ist. In diesem ersten Schritt
legt somit akt_vari fest, ob für einen Kunden ki in der Planungsperiode p dessen Bearbeitung
aktiv eingeplant wird.
Für akt_vari gilt somit: akt_vari ∈ {0;1}. Das bedeutet:
akt _ vari = 0 
→ Bearbeitung des Kunden i ist aktiv vom Unternehmen nicht geplant
akt _ vari = 
→ Bearbeitung des Kunden i ist aktiv vom Unternehmen geplant
akt _ vari = 1 
535
Im folgenden wird für die multiplikative Verknüpfung zwischen w1°j und w2j vereinfachend w°j geschrieben.
146
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Wie bereits erläutert, gilt die Bedingung:
n
∀ k i ∈ KU _ PO° j → akt _ vari = 1 536
i =1
Daraus ergibt sich als weitere Implikation für die Zielfunktion, wenn für den ersten Summenterm unter Verwendung des Erwartungswertoperators E zur übersichtlichen Vereinfachung
das Symbol E°U als erwarteter Umsatz eingeführt wird, folgende Anpassung:
j'
j'
n
ZF = ∑
n
∑ E° U + ∑
j=1 i =1|k i ∈KU _ PO ° j
∑ (URBplan
j=1 i =1|k i ∉KU _ PO ° j
ij
⋅ w j ⋅ akt _ vari ) − K 
→ max!
Weiterhin muß eine Berücksichtigung des durch die Aktivierungsvariable hervorgerufenen
Passivausschlusses erfolgen. Dies bedeutet, daß dennoch Kunden, für die keine Bearbeitung
eingeplant worden ist, selbst initiiert an das Unternehmen herantreten und somit in den Kundenbearbeitungsprozeß eintreten können.537 Eine kundenbezogene Planung ist hier nicht möglich, vielmehr ist ein Ressourcenbudget vorzuhalten, damit die Umsatzpotentiale Urestplan dieser unerwarteten Kundenbearbeitung in seiner Gesamtheit genutzt werden können.538 Das bedeutet für die Zielfunktion:
j'
ZF = ∑
j'
n
∑ E°U + ∑
j=1 i =1|k i ∈KU _ PO ° j
j'
∑
j=1 i =1|k i ∉KU _ PO ° j
n
∑ Urestplan
j=1 i =1|k i ∉KU _ PO ° j
∧ akt _ vari = 0
n
∑ (URBplan
ij
ij
⋅ w j ⋅ akt _ vari ) +
−K
→ max!
Darüber hinaus ist die Größe K differenziert zu betrachten. Kanonisch ergibt sich, daß die im
folgenden dargestellte differenzierte Betrachtungsweise für alle drei Umsatzsummenterme der
Zielfunktion zu berücksichtigen ist. Zu unterscheiden sind die exogenen Fixkosten Kfix wie
fixe Gemeinkosten sowie die aus den in Abhängigkeit der geplanten Umsätze in den Kostentypen abgebildeten, resultierenden Produktkosten K(./.) von den unmittelbar beeinflußbaren
Kosten PKS der Kundenbearbeitung.
K = K fix + K (. / .) + ∑ PKS
Da im Rahmen des Modells auf die Kundenbearbeitung zu fokussieren ist und damit neben
den Preisen die Kosten aus der Produktion der Leistung im Sinne der Anwendung der ceteris
536
Somit kann für diese Kunden akt_vari aufgrund seiner lediglichen Wirkung als neutrales Element vernachlässigt werden.
537
Daß diese Kunden nicht für eine aktive Bearbeitung vorgesehen sind, liegt z. B. darin begründet, daß der
Erwartungswert des Umsatzes des Kunden, z. B. aufgrund einer relativ geringen Abschlußwahrscheinlichkeit, zu klein war, als daß ein Anteil der zur Verfügung stehenden Vertriebsressourcen für diesen Kunden
eingeplant worden wäre.
538
Für die Unternehmenspraxis kann diese Restgröße mit Hilfe von Prognosemethoden, wie z. B. der exponentiellen Glättung, fortgeschrieben werden. Vgl. dazu auch Kapitel 3.2.1.2.2.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
147
paribus-Klausel539 konstant zu halten sind, ist Kfix als fixer, nicht-entscheidungsrelevanter
Kostenbestandteil mit Plancharakter zu betrachten. Um vom geplanten Umsatz auf den Plangewinn zu schließen, sind diese en bloc zu subtrahieren. K(./.) sind als direkt zurechenbare
Produktionskosten in Abhängigkeit des Umsatzes, in unmittelbare Beziehung zum geplanten
Umsatz zu setzen, so daß U zum Deckungsbeitrag 1 (DB1) auf Produktbasis erweitert wird.
Die Größen für PKS sind für zu aktivierende Kunden jeweils als in der Algorithmik des Planungsmodells variierbare Größen zu betrachten. Sie sind im Gegensatz zu K(./.) nicht durch
die Wahrscheinlichkeit w zu nivellieren. Vielmehr beeinflußt - wie bereits herausgearbeitet ihre jeweilige Ausgestaltungsvariante, symbolisiert durch (L/M/H), die Abschlußwahrscheinlichkeit. Für die verbleibenden, nicht zu aktivierenden Kunden ist auf Aggregatebene der
niedrigste Bearbeitungssatz anzusetzen, wenn nicht zusätzliche Informationen bezüglich einer
differenzierten Betrachtung analog zu den zu aktivierenden Kunden vorliegen. Dies bedeutet
für die Zielfunktion:
PKS(i / H )

ZF = ∑
( E°U − E°K (. / .)) + ∑
(( URBplan ij − K (. / .)) ⋅ w j (PKSi ( L / M / H ) )) − PKS(i / M ) ⋅ akt _ vari +
∑
∑
j=1 i =1| k i ∈KU _ PO ° j
j=1 i =1| k i ∉KU _ PO ° j

PKS(i / L )
j'
j'
∑
n
n
∑
j=1 i =1| k i ∉KU _ PO ° j
∧ akt _ vari = 0
j'
( URBrestplan ij − K (. / .)) −
n
n
∑ PKS
i =1|akt _ vari = 0
(i / L )
− K fix 
→ max!
Für die Zielfunktion sind Nebenbedingungen zu formulieren, um die Ausrichtung der Algorithmik und damit des Planungsmodells auf die ökonomischen Ziele des Unternehmens zu
gewährleisten.540 Dabei sind folgende Typen an Nebenbedingungen zu unterscheiden, die im
folgenden sukzessive entwickelt werden:
1. Budgetnebenbedingung
2. Kundenprofitabilitätsnebenbedingung
3. Strategische Nebenbedingungen
Als Budgetnebenbedingung ist zu berücksichtigen, daß das zur Verfügung stehende Budget
an Vertriebsressourcen nicht überschritten wird. Diese für die Unternehmenspraxis relevante
Nebenbedingung kann durch die strategische Planung des Umsystems bezüglich der Gesamtvertriebskapazität aufgeweicht werden, indem Anpassungen in der Kapazität zugelassen werden.
539
Zur ceteris paribus-Klausel vgl. Woll, A. (1996), S. 16.
540
Die Nebenbedingungen sind optional ausgestaltbar, so daß aufgrund dieser Modularisierung die Lösbarkeit
der Zielfunktion und damit die Anwendbarkeit des Planungsmodells nicht eingeschränkt ist, falls eine der
Nebenbedingungen im Unternehmenskontext z. B. aus Datenbereitstellbarkeitsgründen in der Anfangszeit
der Modellanwendung nicht sinnvoll ausgefüllt werden kann.
148
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
Die Nebenbedingung hierfür lautet:
n
∑ PKS
i /( L / M / H )
≤ BU
i =1
Die Kundenprofitabilitätsnebenbedingung ist einzubeziehen, wenn von der Annahme auszugehen ist, daß mit zunehmender Dauer der Kundenbeziehung die Kundenprofitabilität steigt.
Diese Nebenbedingung ist über die in Kapitel 5.3.3. im Detail erläuterten Adaptionsimplikationen der Kundenloyalitätsanalyse entwickelte Termanpassung der PKS-Sätze zu berücksichtigen. Sie ergibt sich aus:
∀ ( U / K ) p* =
(U / K)p
(U / K) p
p − n *max
∑ (U / K)
p
p
∀ PKS *i , p* = PKS i ⋅ (( U / K ) p* | p* = p)
PKSi ,
Zudem muß, wie in den Anforderungen an das Modell in Kapitel 2 dargestellt, die Möglichkeit bestehen, weitere aus den Unternehmenszielen abgeleitete, optional ausgestaltbare strategische Nebenbedingungen zu berücksichtigen, die nicht aus der periodisierten Betrachtung
der Kundenprofitabilität begründet werden können. Das betrifft insbesondere die Nebenbedingung bezüglich der angestrebten Neukundengewinnungsquote, welche nachfolgend entwickelt wird.
Bei der Zielbestimmung im Bereich der Neukundengewinnung ist zu berücksichtigen, in welcher Menge Kunden des eigenen Unternehmens voraussichtlich in der kommenden Periode, z.
B. aufgrund einer Insolvenz, den Markt verlassen werden. Diese Anzahl ABKU stellt einen
Prognosewert dar und ist nicht auf Ebene der Kundenelemente voraussagbar. Würden sichere
Informationen über einen Kunden vorliegen, daß dieser in der Folgeperiode den Markt verläßt, wäre dies jeweils bereits in der Bedarfsschätzung in Form von BU = 0 einbezogen worden. ABKU ist somit ein Prognosewert, der das über die Gesamtmenge der Kunden betrachtete Risiko bezüglich des Marktaustritts von Kunden abbildet. Dazu ist die Relation zwischen
der Abgangsquote und der Lebenszeit541 LZ des Kundenelements einzubeziehen (1. Faktor der
folgenden Produktgleichung) und auf die aktuellen Lebenszeiten der Kunden der Planungsperiode (2. Faktor der folgenden Produktgleichung) anzuwenden. Dies bringt die folgende Gleichung zum Ausdruck:
ABKUp =
LZmax
∑
LZ=1
MAE{k i ∈ AB _ KU _ PO ∧ LZi = LZ}
⋅ MAE{k i | LZi = LZ ∧ B U > 0}
GES _ KU _ PO
Um der Forderung zu entsprechen, die Marktposition zumindest zu halten, ist die Anzahl
ABKUp zumindest an Neukunden aus dem PER_KU_PO zu gewinnen, so daß als Anspruch
541
Die Lebenszeit ist in diesem Zusammenhang als Dauer der Existenz des Kundenelements zu verstehen.
5.2 Konzeption des Planungsmodells zur Kundenbearbeitung
149
aus dieser ersten Implikation für die Neukundengewinnung folgende Gleichung formuliert
werden kann:542
MAE{PER _ KU _ PO → ER _ KU _ PO}p ≥
LZ max
∑
LZ =1
MAE{k i ∈ AB _ KU _ PO ∧ LZi = LZ}
⋅ MAE{k i | LZi = LZ ∧ B U > 0}
GES _ KU _ PO
Zusätzlich ist der Entwicklungsfaktor ENKG für die Neukundengewinnung als Ausdruck der
angestrebten Verbesserung im Rahmen der Neukundengewinnung zu bestimmen. Dieser ist in
Abhängigkeit der Zielvorstellungen des Unternehmens zu definieren. ENGK ist als Anzahl
neu zu gewinnender Kunden zu operationalisieren und als Entwicklungsfaktor in die Gleichung einzubauen.
MAE{PER _ KU _ PO → ER _ KU _ PO}p ≥
LZmax
∑
LZ =1
MAE{k i ∈ AB _ KU _ PO ∧ LZi = LZ}
⋅ MAE{k i | LZi = LZ ∧ B U > 0} + ENGK
GES _ KU _ PO
Liegt Marktschrumpfung hinsichtlich der Anzahl an Kunden vor, also eine konzentrierende
Marktsituation543, so kann ENGK auch einen negativen Wert annehmen, und es ist als Erfolg
anzusehen, wenn nur das um die negative ENGK-Größe reduzierte Anspruchsniveau hinsichtlich der Neukundengewinnung erzielt wird.544
Zudem sind ggf. weitere strategische Nebenbedingungen, die nicht aus der einperiodischen
Betrachtung der Kundenprofitabilität begründet werden können, in die Algorithmik über optionale Nebenbedingungen einzubauen, beispielsweise zu Zielen eines Kundenrückgewinnungsprogrammes oder bezüglich eines Kundenpools.
Um die optimale Konstellation zu aktivierender Kunden zu bestimmen, kann die Technik der
vollständigen Enumeration genutzt werden. Aus den unterschiedlich parametrisierten Durchläufen wird diejenige Konstellation als optimal ausgewählt, die unter Einbeziehung der Nebenbedingungen die Zielfunktion maximiert.545 Die Zielfunktion kann grundsätzlich durch eine vollständige Enumeration optimiert und damit gelöst werden.
542
Dieses Vorgehen entspricht wiederum der Anforderung einer markt- und bedarfsorientierten Planung.
543
Es kann durchaus sein, daß in einem solchen Fall sogar der Markt insgesamt wächst, wenn der Bedarfsschrumpfungseffekt aus der Anzahl vom Markt ausgetretener Kunden durch Bedarfssteigerungen bei den
verbleibenden Kunden überkompensiert wird.
544
Das Phänomen der Marktschrumpfung betrifft auch die aus ABKUp resultierende Implikation bezüglich der
Neukundengewinnung. Die jeweilige Konstellation ist dann kritisch zu hinterfragen und das aus ABKUp resultierende Anspruchsniveau bezüglich der Neukundengewinnung zu nivellieren.
545
Um den Aufwand der vollständigen Enumeration im Rahmen zu halten, können als Heuristik zusätzliche
Regeln formuliert werden, welche den Lösungsraum hinsichtlich der Auswahl der Prozeßkostensätze und der
Entscheidung über die Ausprägung der Aktivierungsvariable systematisch eingrenzen. Ebenso wäre zur Erhöhung der technischen Lösungsgeschwindigkeit die Anwendung eines Branch-and-Bound-Algorithmus
denkbar.
150
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Wesentlich ist an dieser Stelle die Diskussion, wenn für die betrachtete Planungsperiode das
zur Verfügung stehende Vertriebsressourcenbudget nicht ausreicht, um sämtliche profitable
Kundenbeziehungen zu betreiben oder nicht genügend profitable Kundenbeziehungen identifiziert worden sind. Dabei muß die Zielfunktion lösbar bleiben. Ansonsten sind die Anforderungen an den Nebenbedingungen zu nivellieren. Alternativ können für die skizzierten Problemsachverhalte unterschiedliche Zielerreichungsgrade der einzelnen Lösungen miteinander
verglichen werden, wobei die Lösung, die auf Basis einer Bewertungssystematik für die resultierenden Parameter zu höchsten Zielerreichungsgrad führt, als die für das Unternehmen umzusetzende anzusehen ist.
5.3
Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
5.3.1
Abweichungsanalyse in der Kundenbearbeitung
Im Rahmen der Abweichungsanalyse in der Kundenbearbeitung wird das Ausmaß der von
den festgelegten Zielvorgaben divergierenden Attributausprägungen in bezug auf die verschiedenen Beschreibungsdimensionen zur Charakterisierung von Kundenelementen bestimmt. Die Identifikation und Zuordnung von Planabweichungen bildet die Voraussetzung
für eine darauf aufbauende Konzeption für adaptive Kontrollaktivitäten in der Kundenbearbeitung.
Unter Verwendung eines Top-Down-Ansatzes dienen die Transaktionsstatus- und die Initiierungsdimension der geplanten Kundenbearbeitung als Systematisierungsraster, um primäre
Analysetypen zu bestimmen. Diese Typen bilden den Ausgangspunkt der weiteren Analyseschritte. So ist darauf aufbauend, für jeden Primärtyp der Analyseinhalt zu spezifizieren und
im Detail die jeweiligen Analysedimensionen und die anzuwendende Analysesystematik festzulegen.
Der Transaktionsstatus definiert, ob ein Kundenelement in der betrachteten Periode unabhängig von seiner Höhe eine Transaktion mit dem Unternehmen getätigt hat oder nicht. Dabei ist
entsprechend des zugrunde liegenden Initiierungsstatus zu unterscheiden, ob die bearbeiteten
Kundenelemente für eine aktive Bearbeitung vorgesehen waren oder ob sich das Unternehmen passiv in bezug auf die Initiierung der Kundenbearbeitung verhielt. Bei dieser Aufspannung des Analyseraumes können vier primäre Analysetypen (PAT I - IV), wie in Abbildung
33 aufgeführt, unterschieden werden. Jeder der in der betrachteten Periode in Bearbeitung befindlichen Bedarfsträger kann dabei entsprechend seiner Merkmalsausprägungen genau einem
Primäranalysetyp zugeordnet werden.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
151
Transaktionsdurchführung in Betrachtungsperiode
Ja
Nein
Primärer
Analysetyp
I
Primärer
Analysetyp
III
Primärer
Analysetyp
II
Primärer
Analysetyp
IV
Initiierungsrichtung
der Bearbeitung
Aktiv
Passiv
Abbildung 33: Typen der Primäranalyse
Den Typen PAT I und II werden die Kundenelemente zugeordnet, die mit dem Unternehmen
in der betrachteten Periode eine Transaktion durchgeführt haben. Somit gilt für diese Elemente jeweils Bu > 0 bzw. UIST > 0. Da für die Kundenelemente des PAT I eine aktive Bearbeitung vorgesehen war und somit entsprechende finanzielle Planwert existieren, ergibt sich die
inhaltliche Analyse aus der Betrachtung von Plan-Ist-Abweichungen in bezug auf Umsatzbzw. Deckungsbeitrags-, Bedarfs- und Kostengrößen. Eine ähnlich gestaltete inhaltliche Ausrichtung der Analyse ist auch bei der Betrachtung von PAT II vorzunehmen. Dabei ist jedoch
einzubeziehen, inwieweit diese Kundenelemente in der Bearbeitungsplanung überhaupt berücksichtigt worden sind. Da bei PAT III und IV nur Kundenelemente betrachtet werden, die
keine Transaktion mit dem Unternehmen getätigt haben (Bu = 0 bzw. UIST = 0), liegt der Analysefokus entsprechend auf der Ursachenanalyse sowie der kostenseitigen Betrachtung der in
Anspruch genommenen Bearbeitungsprozesse.
5.3.1.1 Basisinformationen der Primäranalysetypen
Die Pools PAT_I_PO546 und PAT_III_PO beinhalten diejenigen relevanten Bedarfsträger, die
für eine aktive Kundenbearbeitung im Rahmen der Planung bestimmt sind. Die Pools
PAT_II_PO und PAT_IV_PO enthalten Bedarfsträger, für die zwar keine geplante Bearbeitung vorgesehen wurde, die jedoch auf eigene Initiative in den Bearbeitungsprozeß eingetreten sind. Entsprechend lassen sich für diese beiden letztgenannten Pools drei initiierungsbezogene Eintrittsszenarien, wie in Abbildung 34 dargestellt, charakterisieren. Szenario 2 umfaßt die Kundenelemente, für die kein Bedarf in der betrachteten Periode ermittelt worden ist.
546
Die Kundenelemente, die einem Primäranalysetyp zugeordnet werden, sollen im folgenden als Elemente des
Mengensystems PAT_PO gelten. Das einem Kundenelement zugeordnete Attribut Primäranalysetyp bestimmt somit entsprechend seiner Ausprägung die Zugehörigkeit des Kundenelements zu dem entsprechenden Element des Pools PAT_PO (PAT_PO = {PAT_I_PO, PAT_II_PO, PAT_III_PO, PAT_IV_PO}).
152
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
In Szenario 3 sind die Kundenelemente enthalten, die im Rahmen der Planungsalgorithmik
nicht für eine Bearbeitung aktiviert wurden. Bedarfsträger, die dem Unternehmen bisher noch
nicht bekannt waren, werden Szenario 4 zugeordnet. Die Kundenelemente des Szenarios 1
stellen dabei die Inputelemente für den geplanten Kundenbearbeitungsprozeß dar, die der
Szenarien 2 bis 4 bilden die Restgröße, für die keine unternehmensaktive Initiierung im Bearbeitungsprozeß eingeplant worden ist.
Initiierungsrichtung Charakterisierung der zugehörigen Kundenelemente:
der Bearbeitung:
Aktiv
Passiv
Eintrittsszenario:
Initiierungsaktive Bearbeitung geplant:
Bi | Bi ∈ B_POpositiv ∩ (Einstiegspool = Unt_Akt_Pas_Po1 ∪
Unt_Akt_Akt_Po1) ∧ akt_vari = 1
1
Keine Bearbeitung geplant, Initiierung erfolgte durch Kunden:
Bi | Bi ∈ B_PO∅ ∩ (Einstiegspool = Kund_Akt_Pas_Po1 ∪
Kund_Akt_Akt_Po1)
2
Bi | Bi ∈ B_Popositiv ∩ (Einstiegspool = Kund_Akt_Pas_Po1 ∪
Kund_Akt_Akt_Po1) ∧ akt_vari = 0
3
Banonym
Inputelemente
für:
Pas_PO0→1 Plan
Inputelemente
für:
Pas_PO0→1 Rest
4
Abbildung 34: Initiierungsbezogene Eintrittsszenarien für Kundenelemente der PAT-Pools
Die Menge der Kundenelemente, die einem Primäranalysetyp zugeordnet wurden, läßt sich in
einem ersten Schritt durch die drei Beschreibungsattribute Anzahl der Kundenelemente, verursachte Kostenhöhe und erzielte Umsatzhöhe näher charakterisieren (Siehe Tabelle 16).
Basisattribut
Umsatz
Kosten
Anzahl der Kundenelemente
PAT_I_PO
UPAT_I_PO
KPAT_I_PO
MAE(PAT_I_PO)
PAT_II_PO
UPAT_II_PO
KPAT_II_PO
MAE(PAT_II_PO)
PAT_III_PO
__
KPAT_III_PO
MAE(PAT_III_PO)
PAT_IV_PO
__
KPAT_IV_PO
MAE(PAT_IV_PO)
PAT-Pool
Tabelle 16: Basisattribute der Primäranalysetypen
Durch die Spezifikation von Relationen zwischen den Attributausprägungen der einzelnen
Pools lassen sich aggregierte Steuerungsinformationen ableiten. Mit Hilfe der Transaktionsquote (TAQ) läßt sich ermitteln, wie hoch der Anteil der Kundenelemente in den einzelnen
Eintrittszenarien ist, die tatsächlich eine Transaktion getätigt haben. Dabei kann zwischen ei-
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
153
ner geplanten Bearbeitung (Szenario 1) und einer Restgröße (Szenario 2, 3, 4) unterschieden
werden. Die Ermittlungsvorschriften ergeben sich dazu wie folgt:
TAQ aktiv Plan =
MAE(PAT _ I _ PO)
MAE(PAT _ I _ PO) + MAE(PAT _ III _ PO)
TAQ passiv Re st =
MAE(PAT _ II _ PO)
MAE(PAT _ II _ PO) + MAE(PAT _ IV _ PO)
Diese aggregierte Informationsbasis liefert zwar einen Beitrag für die deskriptive Bestimmung der finanziellen Erfolgsposition des Unternehmens und gibt einen Überblick über die
absatz-, kosten- und anzahlmäßige Verteilung gemäß der primären Analysetypen, bietet jedoch nicht die Möglichkeit, zukünftig relevante Handlungsimplikationen mit konkreten Kunden- bzw. Kundengruppenbezug abzuleiten.547 Deshalb ist es in einem zweiten Schritt notwendig, die Analysemodelle für die einzelnen Primäranalysetypen entsprechend zu gestalten.
5.3.1.2 Deckungsbeitrags-/Kosten-Analyse
Für die Kundenelemente des PAT_I_PO ist in einer Abweichungsbilanz festzuhalten, inwieweit Differenzen zwischen den aktuellen Plandeckungsbeitrags- bzw. Plankostenwerten und
den aktuellen Istdeckungsbeitrags- bzw. Istkostenwerten bestehen.548 Dabei sind die möglichen existierenden Abweichungsmuster einem von neun möglichen Abweichungstypen entsprechend Abbildung 35 zuzuordnen.549
Für die bei den Abweichungstypen (2, ...) und (..., 2) bestehenden Gleichheitsrelationen sind
Schwellenwerte zu definieren, bei deren Überschreitung die Gleichheitsrelationen nicht mehr
erfüllt sind und somit analyserelevante Abweichungen zwischen Plan- und Istwert existieren.550 Die Gleichheitsrelation zwischen Plan- und Istwert gilt dabei als erfüllt, wenn der aktu-
547
Die finanziellen Informationen dieser Aggregationsebene ermöglichen lediglich Vergleiche zwischen vorgegebenem und realisiertem Gesamtumsatz sowie den Gesamtkosten in der Kundenbearbeitung.
548
Aufgrund der in Kapitel 5.2.2.4 dargestellten Beziehung zwischen Umsatz und den in direkter Abhängigkeit
stehenden Produktkosten, wird im folgenden auf den Produktdeckungsbeitrag (DB1 = U - K(./.)) als analyserelevante Größe abgestellt. Da sowohl Preis der Leistung als auch Herstellungskosten der Leistung als exogen vorgegebene Größen betrachtet werden, kann über den Deckungsbeitrag auf Produktbasis direkt auf die
Menge der abgesetzten Leistung geschlossen werden und umgekehrt.
549
Die Abweichungstypen lassen sich durch kombinatorische Verknüpfung der betrachteten Ist-Analysegrößen
Produktdeckungsbeitrag und Bearbeitungskosten im Vergleich mit ihren jeweiligen möglichen planbezogenen Attributausprägungen (größer, kleiner, gleich) ermitteln: (DB↑, K↑), (DB↑, K↓), (DB↑, K=), (DB↓,
K↑), (DB↓, K↓), (DB↓, K=), (DB=, K↑), (DB=, K↓), (DB=, K=). Die Größe K wird dabei als vereinfachter
Ausdruck für die Prozeßkosten der Kundenbearbeitung (PKS) verwendet.
550
Die explizite Festlegung dieser Schwellenwerte richtet sich dabei nach dem unternehmensindividuellen Anspruchsniveau an das Steuerungssystem sowie der wirtschaftlichen Relevanz. Sie können sowohl absolut als
auch relativ in bezug zur Basisgröße definiert werden.
154
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
elle Wert für DBIST im Intervall [DBPLAN - αDB; DBPLAN + αDB] sowie der aktuelle Wert für
KIST im Intervall [KPLAN - αK; KPLAN + αK] liegt.551
KPLAN/KIST-Relation
KPLAN < KIST
KPLAN = KIST
3
2
KPLAN > KIST
1
DBPLAN/DBIST-Relation
DBPLAN < DBIST
1
Abweichungstyp (1, 3)
Abweichungstyp (1, 2)
Abweichungstyp (1, 1)
DBPLAN = DBIST
2
Abweichungstyp (2, 3)
Abweichungstyp (2, 2)
Abweichungstyp (2, 1)
DBPLAN > DBIST
3
Abweichungstyp (3, 3)
Abweichungstyp (3, 2)
Abweichungstyp (3, 1)
- Einseitig-neutraler Korridor
- Zweiseitig-neutraler Bereich
Kundenelement-Ebene
Transaktionspool-Ebene
Abbildung 35: Portfolio der Deckungsbeitrags-/Kosten-Abweichungstypen
Die Profitabilität der periodisierten Kundenbeziehung wird bei diesem Ansatz durch die Dimensionen Deckungsbeitrag und Bearbeitungskosten bestimmt.552 Als Erfolgsgröße zur Bestimmung der Profitabilität dient hier der Deckungsbeitrag, der sich nach Abzug der Bearbeitungskosten von DB1 ergibt. Diese Größe stellt im Rahmen der bereits in Kapitel 3.2.3.1.2
skizzierten Deckungsbeitragsbetrachtung den Deckungsbeitrag auf zweiter Ebene (DB2)
dar.553 Es gilt: DB2 = DB1 - K. In der Dimension Deckungsbeitrag wirken Abweichungen über
den Planwert positiv, Abweichungen unterhalb des Planwertes negativ auf die Profitabilität.
Bei Betrachtung der Bearbeitungskosten tragen umgekehrt Abweichungen über den Planwert
negativ und Abweichungen unterhalb des Planwertes positiv zur Profitabilität bei. Aus den
Abweichungstypen, die auf Basis der Deckungsbeitrags-/Kostenabweichung jeweils die gleiche Veränderungsrichtung der Profitabilität aufweisen, ergibt sich wie aus Abbildung 36 ersichtlich, der Profitabilitätspfad mit steigendem Niveau ((3, 3) → (2, 2) → (1, 1)). Neben dieser Konstellation sind die Typen zu unterscheiden, bei denen die Abweichung nur innerhalb
551
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im folgenden bei der Betrachtung der Plan-Ist-Abweichungen unterstellt, daß die für die Abweichungsanalyse verwendeten Planwerte diese Abweichungsbereinigung bereits
beinhalten.
552
Die Profitabilität beschreibt den Wertezuwachs aus der Kundenbearbeitung für das Unternehmen.
553
DB2 stellt die Wertgröße dar, aus der sich nach Abzug weiterer Kostenpositionen des Unternehmens der resultierende Unternehmensgewinn ergibt.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
155
einer Profitabilitätsdimension entweder bei Deckungsbeitrag oder Bearbeitungskosten besteht.554 Je nach Wirkungsrichtung dieser Abweichung können direkte Aussagen über die Veränderung gegenüber der Planprofitabilität getroffen werden. Bei den Abweichungstypen, deren Abweichungen im Bereich Deckungsbeitrag und Bearbeitungskosten entgegengesetzt auf
die Profitabilitätswirkung gerichtet sind (Typ: (1, 3), (3, 1)), ergeben sich Kompensationseffekte, die verhindern, daß die Wirkung in bezug auf die Planprofitabilität nicht direkt aus der
Abweichungsrichtung zu ermitteln ist, sondern nur aus dem Gesamteffekt beider Größenabweichungen bestimmt werden kann.555
KPLAN/KIST-Relation
KPLAN < KIST KPLAN = KIST KPLAN > KIST
3
2
(+, -)
(+, o)
DBPLAN/DBIST-Relation
DBPLAN < DBIST
1
DBPLAN = DBIST
2
1
hoch
(+, +)
(o, -)
(o, o)
DBPLAN > DBIST
3
niedrig
(-, -)
(-, o)
(o, +)
(-, +)
Kundenelement-Ebene
Transaktionspool-Ebene
o
+
-
- Steigendes Niveau der Profitabilität
- Profitabilitätsniveau mit möglichen Substitutionseffekten
- Keine Abweichung zum Zielwert der Plangröße
- Positive Abweichung zum Zielwert der Plangröße
- Negative Abweichung zum Zielwert der Plangröße
Abbildung 36: Profitabilitätsnivellierung bei Deckungsbeitrags-/Kosten-Abweichungstypen
Die absolute Abweichung zum Zieldeckungsbeitrag DB2 ergibt sich dabei aus
∆DB2 = DB2/IST - DB2/PLAN = DB1/IST - KIST - DB1/Plan - KPLAN. Eine positive Abweichung
+
∆DB2 kann nur bei den Abweichungstypen (1, 1-3) sowie (1-3, 1) existieren. Die Möglich-
keit einer negativen Abweichung -∆DB2 besteht hingegen exklusiv bei den Typen (1-3, 3)
und (3, 1-3). Die Typen (1, 3) und (3, 1) gehören beiden Gruppen von gerichteten Abweichungstypen an und nehmen somit eine Zwitterstellung ein.556 Die eindeutige Zuordnung kann
554
Die vier möglichen Typen bilden die Elemente des einseitig neutralen Korridors in Abbildung 35.
555
Gleiches gilt für die Typen des neutralen Korridors in bezug zur Vorteilhaftigkeit einzelner Typen, die sich
auf dem grundsätzlich gleichen Profitabilitätsniveau befinden.
556
Im Falle eines vollständigen Ausgleichs zwischen Deckungsbeitrags- und Kostenabweichung ergibt sich für
diese Typen zusätzlich die Möglichkeit, eine neutrale Stellung einzunehmen.
156
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
infolge der möglichen Kompensationseffekte nur im Einzelfall unter Zugrundelegung konkreter Instanzierungen erfolgen.
Die Bestimmung der Gesamtabweichung über alle Kundenelemente des PAT_I_PO geschieht
über:
∆DB 2 / PAT _ I _ PO =
n
∑ (DB
1 / IST / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO
− K IST / i − DB1 / PLAN / i − K PLAN / i ) .
Diese Kenngröße gibt Aufschluß über den periodischen Vertriebserfolg im Bereich der aktiven Kundenbearbeitung bei Kundenelementen, die eine Transaktion getätigt haben. Aufgrund
des aggregierten Charakters dieser Größe, besteht selbst bei Erreichen des Zielwertes für den
Gesamtdeckungsbeitrag 2 des PAT_I_PO die Notwendigkeit, mögliche Kompensationseffekte zwischen den Transaktionspooltypen oder auch auf der Ebene von Kundenelementen zu
betrachten. Dieses Vorgehen erlaubt es, bestehende Abweichungstendenzen bereits zu identifizieren, bevor sich beispielsweise Ergebnisverschlechterungen auf der aggregierten Gesamtebene nachhaltig auswirken. Die Zusammensetzung der Gesamtabweichung aus den Abweichungen der einzelnen Transaktionspooltypen ergibt sich dabei aus:557
5
∆DB 2 / PAT _ I _ PO = ∑ ∆DB 2 / j
j=1
mit:
∆DB 2 / j =
n
∑ (DB
1 / IST / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j
− K IST / i − DB1 / PLAN / i − K PLAN / i )
Die Aufspaltung von ∆DB2/j in seine Teilabweichungen in bezug zum Deckungsbeitrag 1 und
zu den Bearbeitungskosten stellt sich wie folgt dar:
∆ DB
2/ j
= ∆ DB 1 / j − ∆ K j =
n
∑ ( DB
1 / IST / i
k i | k i ∈ PAT _ I _ KU _ PO ∩ GE _ KU _ PO
− DB 1 / PLAN
j
/i
)−
n
∑ (K
−K
IST / i
PLAN / i
k i | k i ∈ PAT _ I _ KU _ PO ∩ GE _ KU _ PO j
)
Für die Bestimmung der Kompensationseffekte innerhalb der abgeleiteten Teilabweichungen
ergeben sich die nachstehenden Differenzierungen:558
−
∆DB1 / j = +∆DB1 / j + ∆DB1 / j
∆K j = + ∆K j + − ∆K j
557
Da Kundenelemente des VER_KU_PO infolge ihrer nicht durchgeführten Transaktion keine Elemente des
PAT_I_PO sind, wird dieser Transaktionspool bei den nachfolgenden Betrachtungen nicht berücksichtigt. Er
bildet Gegenstand der Analyse bei PAT III.
558
Die Symbolik +∆ und -∆ bezieht sich auf die profitabilitätsbezogene Vorteilhaftigkeit der Abweichung und
nicht primär auf die Abweichungsrichtung, so daß im Fall einer Kostenabweichung bei (KIST - KPLAN) < 0 die
Abweichung in bezug zum Kostenziel zwar negativ ist, jedoch eine positive Profitabilitätswirkung besitzt
und somit mit +∆ gekennzeichnet wird. Nur bei der Abweichung für DB1 sind beide Argumentationslinien
gleichgerichtet.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
mit:
+
−
∆DB1 / j =
∆DB1 / j =
157
mit:
n
∑ (DB1 / IST / i − DB1 / PLAN / i )
+
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j
∧ ( DB1 / IST / i − DB1 / PLAN / i ) > 0
n
∑ (DB1 / IST / i − DB1 / PLAN / i )
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j
∧ ( DB1 / IST / i − DB1 / PLAN / i ) < 0
−
∆K j =
∆K j =
n
∑ (K
− K PLAN / i )
IST / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j
∧ ( K IST / i − K PLAN / i ) < 0
n
∑ (K
− K PLAN / i )
IST / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j
∧ ( K IST / i − K PLAN / i ) > 0
Das Ausmaß der oben dargestellten Kompensationseffekte läßt sich über den Kompensationsfaktor KF∆DB1 bzw. KF∆K ausdrücken. Er gibt an, zu wieviel Prozent der im Ergebnis dominierende Abweichungseffekt durch einen entgegengesetzt gerichteten Abweichungseffekt
kompensiert wurde.559 Besitzen diese Abweichungseffekte die gleiche Höhe gilt: KF = 1. In
diesem Fall findet eine vollständige Kompensation statt. Der Kompensationsfaktor stellt auf
der Wertebene den Bewertungsmaßstab dar, mit dem sich das Ausmaß der Konzentration der
Kundenelemente eines Transaktionspools bezüglich der Zugehörigkeit zu den gerichteten
Abweichungstypen getrennt nach Deckungsbeitrag 1 und Bearbeitungskosten bestimmen
läßt.560 Entsprechend der zuvor eingeführten Schwellenwerte wird sichergestellt, daß nur analyserelevante Abweichungen in die Betrachtungen einbezogen werden. Die formalen Ermittlungsvorschriften zur Berechnung des Kompensationsfaktors in bezug zu den Teilabweichungen bei Deckungsbeitrag 1 und den Bearbeitungskosten lauten:
+
| − ∆DB1 / j |
−
| ∆DB1 / j |>| ∆DB1 / j |, +
| ∆DB1 / j |

KF∆DB1 / j ( +∆DB1 / j , −∆DB 2 / j ) = 
| + ∆DB1 / j |

sonst , | − ∆DB |
1/ j

+
| − ∆K j |
−
| ∆K j |>| ∆K j |, +
| ∆K j |

+
−
KF∆K j ( ∆K j , ∆K j ) = 
| + ∆K j |

sonst , | − ∆K |
j

559
Im Rahmen eines Managementreportings stellt KF eine aufbereitete Zusatzinformation über die Abweichungssituation dar, ohne das sich das Management mit den einzelnen Kompensationseffekten der Teilabweichungen im Detail auseinandersetzten muß.
560
Die Stärke der Konzentration kann dabei zwischen einer exakten Gleichverteilung bei zwei entgegengesetzt
gerichteten Gruppen von Abweichungstypen (KF = 100%) und einer vollständigen Konzentration auf eine
Gruppe von gerichteten Abweichungstypen (KF = 0%) schwanken.
158
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Zwischen den Teilabweichungen aus ∆DB2/j und dem Kompensationsfaktor bestehen dabei
die folgenden Beziehungen:
| + ∆DB1 / j |>| − ∆DB1 / j |, (1 − KF∆DB1 / j ) ⋅ +∆DB1 / j
∆DB1 / j (KF∆DB1 / j ) = 
−
sonst , (1 − KF∆DB1 / j ) ⋅ ∆DB1 / j
| + ∆K j |>| − ∆K j |, (1 − KF∆K j ) ⋅ +∆K j
∆K j (KF∆K j ) = 
−
sonst , (1 − KF∆K j ) ⋅ ∆K j
Werden die im Portfolio der Abweichungstypen abgebildeten Kundenelemente nach ihrer
Transaktionspoolzugehörigkeit gruppiert, wie dies beispielhaft in Abbildung 37 dargestellt
ist, lassen sich bereits durch die mengenmäßige Verteilung der Kundenelemente auf die einzelnen Abweichungstypen gruppenspezifische Abweichungsmuster identifizieren. Die sich
daraus ergebenden Analyseschwerpunkte sind um so eindeutiger zu bestimmen, je stärker
sich die Verteilung der Kundenelemente im ersten Schritt auf die Gruppe der positiv oder negativ gerichteten Abweichungstypen und im zweiten Schritt auf einzelne Abweichungstypen
innerhalb dieses gerichteten Abweichungsmusters konzentriert.
Bei einer reinen wertmäßigen Abbildung der Kundenelemente auf Transaktionspoolebene gehen jedoch Informationen aufgrund möglicher Kompensationseffekte verloren. Es besteht die
Gefahr, mögliche systematische Fehlerquellen in bezug auf einen oder mehrere Transaktionspooltypen nicht zu identifizieren.561 Demzufolge sind die Konzentrationsmaße auf Wertebene
um Bewertungsmaßstäbe auf Ebene der Kundenelemente zu ergänzen. Bei Nutzung des Abweichungsportfolios zur Darstellung der Abweichungssituation lassen sich sowohl die Verteilungsaspekte auf der Ebene der einzelnen Kundenelemente als auch die wertmäßigen Abweichungseffekte auf Transaktionspoolebene sowie auf Ebene der einzelnen Kundenelemente
durch ihre Positionierung innerhalb eines Quadranten, wie in Abbildung 37 abgebildet, verdeutlichen.562
561
So können in Abhängigkeit von der absoluten Hohe der Abweichung eine positiv zu wertende Kostenabweichung, verursacht durch ein Kundenelement mit hohem Plankostensatz, durch negativ zu bewertende Kostenüberschreitungen bei vielen Kundenelementen mit relativ geringen Plankostensätzen insgesamt noch zu
einem positiven +∆Kj führen. Der somit möglicherweise vorliegende systematische Fehler im Bereich der
Kundenbearbeitung bei bestimmten Kundenelementen, wird durch die rein wertmäßige Darstellung verschleiert. Das Erkennen von Fehlentwicklungen hängt bei diesem Vorgehen von der „zufälligen“ Zusammensetzung der Kundenstruktur ab.
562
Das Portfolio ist somit nicht nur zur eigentlichen Modellbildung für die Bestimmung der möglichen Abweichungstypen sowie ihrer Analyse, sondern auch als managementorientiertes Visualisierungsinstrument geeignet.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
159
KPLAN/KIST-Relation
KPLAN < KIST KPLAN = KIST KPLAN > KIST
3
Abweichungsbereich +∆DB2
2
+∆DB1
1
+∆DB1
+∆DB1
Abweichungsbereich -∆DB2
DBPLAN < DBIST
1
-∆K
+∆K
DBPLAN = DBIST
2
+∆K
-∆K
DBPLAN > DBIST
3
DBPLAN/DBIST-Relation
-∆DB1
-∆DB1
Abweichungsbereich +∆DB2
Abweichungsbereich -∆DB2
- Kundenelement des PAT_I_PO
- Kundenelemente eines Transaktionspools
- Skalierte Abweichung zum Zielwert der Plangröße
- Transaktionspool (bei Zuordnung über Wertgrößen)
- Linie der vollständigen Kompensation (∆DB2 = 0)
Abbildung 37: Abbildung von Kundenelementen im Abweichungstypen-Portfolio
Als Mächtigkeitsmaß zur Bewertung der Abweichungen in bezug auf die Anzahl der innerhalb eines Transaktionspools betroffenen Kundenelemente wird an dieser Stelle der Verteilungsfaktor (VF) eingeführt. Im ersten Schritt wird über VF1 die Menge der Kundenelemente,
bei denen überhaupt Abweichungen bestehen, ermittelt. Dazu werden diese Kundenelemente
in Beziehung zur Gesamtmenge, also den Kundenelementen mit und ohne Abweichung, gesetzt. Die Bestimmung von VF1, getrennt nach Abweichungen im Bereich Deckungsbeitrag 1
und Kosten für jeden Transaktionspool, erfolgt dabei formal über:
5
∀ VF
j=1∀
1 / ∆DB1/ j
5
∀ VF
j=1∀
1 / ∆K j
=
=
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j ∧ k i | (DB1 / IST / i − DB1 / Plan / i ) ≠ 0}
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j }
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j ∧ k i | (K IST / i − K Plan / i ) ≠ 0}
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j }
In einem zweiten Schritt werden diejenigen Kundenelemente, bei denen Abweichungen bestehen, nach ihrer Zugehörigkeit zu den positiv oder negativ gerichteten Abweichungstypen
differenziert. Der Grad der Zugehörigkeit zu einem gerichteten Abweichungstyp wird dabei
über den Verteilungsfaktor VF2 bestimmt. VF2 gibt den Anteil der Kundenelemente, die einem positiv gerichteten Abweichungstyp angehören, in bezug auf alle Kundenelemente mit
160
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Abweichungen an.563 Er stellt den eigentlichen Bewertungsmaßstab für die Konzentration der
Kundenelemente auf einen gerichteten Abweichungstyp dar. Die Ermittlungsvorschrift für
VF1, getrennt nach Abweichungen im Bereich Deckungsbeitrag 1 und Kosten für jeden
Transaktionspool, ergibt sich dabei aus:
5
∀ VF
j=1∀
2 / ∆DB1 / j
5
∀ VF
j=1∀
2 / ∆K j
=
=
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j ∧ k i | (DB1 / IST / i − DB1 / Plan / i ) > 0}
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j ∧ k i | (DB1 / IST / i − DB1 / Plan / i ) ≠ 0}
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j ∧ k i | (K IST / i − K Plan / i ) < 0}
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j ∧ k i | (K IST / i − K Plan / i ) ≠ 0}
Die Konzentration auf einen gerichteten Abweichungstyp ist um so stärker, je mehr VF2 von
einer Gleichverteilung (VF2 = 0,5 = 50%) abweicht. Für VF2 > 0,5 ergibt sich eine Konzentration in Richtung der positiv gerichteten Abweichungstypen, für VF2 < 0,5 entsprechend eine
Konzentration auf die negativ gerichteten Abweichungstypen.
Aufgrund der unterschiedlichen Ermittlungsansätze für KF und VF muß für eine sinnvolle
Bewertung der Beziehung zwischen dem wertmäßigen Kompensationseffekt und der Anzahl
der ihn verursachenden Kundenelemente, der Kompensationsfaktor (KF) in eine proportionalisierte Vergleichgröße (KFPROP) überführt werden. Dazu wird der Proportionalisierungsfaktor
PFKF eingeführt. Die Bestimmung von KFPROP getrennt nach Abweichungen im Bereich Deckungsbeitrag 1 und Kosten je Transaktionspool ergibt sich aus:
1
+
−
* PFKF/j
| ∆DB1 / j |>| ∆DB1 / j |, KF
KFPROP/j ( ∆DB1 / j , ∆DB 2 / j ) = 
∆DB1 / j
sonst , KF
∆DB1 / j * PFKF/j

+
mit: PFKF/j =
−
| − ∆DB1 / j |
| + ∆DB1 / j | +| − ∆DB1 / j |
1
+
−
* PFKF/j
| ∆K j |>| ∆K j |, KF
KFPROP/j ( ∆K j , ∆K j ) = 
∆K / j
sonst , KF
∆K / j * PFKF/j

+
mit: PFKF/j =
563
−
| − ∆K j |
| + ∆K j | +| − ∆K j |
Der Anteil der Kunden, die einem negativ gerichteten Abweichungstyp angehören ergibt sich kanonisch aus
1 - VF2.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
161
Entsprechend der möglichen Zustände der Beziehung (VFj, KFPROP/j)∈R sind drei Fallgruppen zu unterscheiden:
1. VFj = KFPROP/j:
Die Verteilung der wertmäßigen Abweichungseffekte entspricht der
Verteilung der Kundenelemente, die diese Abweichungseffekte verursachen.
2. VFj < KFPROP/j:
Der positiv gerichtete Abweichungseffekt wird durch weniger Kundenelemente als bei einer Verteilung entsprechend der wertmäßigen
gerichteten Abweichungseffekte verursacht. Diese Kundenelemente
tragen überproportional zum Abweichungseffekt bei.
3. VFj > KFPROP/j:
Der positiv gerichtete Abweichungseffekt wird durch mehr Kundenelemente als bei einer Verteilung entsprechend der wertmäßigen gerichteten Abweichungseffekte verursacht. Diese Kundenelemente tragen unterproportional zum Abweichungseffekt bei.564
Aus der Differenz VFj - KFPROP/j ergibt sich der Anteil der Kunden in bezug auf die Gesamtkundenzahl, bei denen Abweichungen bestehen, der notwendig wäre, um eine Gleichverteilung zwischen den Werten der Abweichungseffekte und den sie verursachenden Kundenelementen zu erzielen. Im Ergebnis dieser Analyse lassen sich sowohl einzelne Kundenelemente,
die besonders stark zu den gerichteten Abweichungseffekten beitragen als auch Transaktionspools identifizieren, bei denen eine hohe Konzentration der Kundenelemente auf einen Abweichungseffekt unabhängig vom Ausmaß einer bestehenden Abweichungskompensation
vorliegt.
Bei der Analyse von Kundenelementen bei denen eine positive Abweichung (+∆DB2) zu verzeichnen ist, und somit den Abweichungstypen (1,1-3) sowie (1-3,1) angehören, führt die ausschließliche Betrachtung der absoluten und relativen Höhe der Abweichung des Plandeckungsbeitrages zur Vernachlässigung einer rentabilitätsorientierten Bewertung. Bezogen auf
die Erfolgsgrößen Deckungsbeitrag 1 und 2 stellt das Verhältnis DB2/DB1 die Deckungsbeitragsrentabilität (DBR) dar. Wird dabei das Verhältnis von DB2 und DB1 auf Basis der Plangrößen gebildet, stellt dieses den Bewertungsmaßstab für die Beurteilung des Ist-Wertes dar.
Aufgrund der Definition der einzelnen positiv gerichteten Abweichungstypen ist bei den Abweichungstypen (1,2-3) sowie (2-3,1) nur eine Überschreitung dieses Planwertes möglich.
Somit findet bei Kundenelementen dieser Abweichungstypen immer eine Verbesserung der
Deckungsbeitragsrentabilität im Hinblick auf die Planvorgabe statt. Nur bei den Abweichungstypen (1,3) und (3,1) besteht die Möglichkeit einer niedrigeren Ist-Deckungsbeitrags-
564
Die Interpretation der Fallgruppen zwei und drei läßt sich durch Umkehrung auf den negativ gerichteten
Abweichungseffekt entsprechend übertragen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der negativ gerichtete Abweichungseffekt dominiert.
162
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
rentabilität.565 Wird diese Analyse auf die Typen (1,3) und (3,1) angewendet, lassen sich diejenigen Kundenelemente identifizieren, bei denen trotz einer positiven Abweichung (+∆DB2)
eine Verschlechterung der Rentabilitätssituation zu verzeichnen ist.
5.3.1.3
Prozeßanalyse der Kundenbearbeitung
Die Prozeßanalyse im Bereich der Kundenbearbeitung dient der Identifikation der Herkunftsquellen, durch die die bereits bestimmten Kostenabweichungen verursacht worden sind. Diese
Betrachtung ist somit ein weiterer auf den zuvor ermittelten Ergebnissen der Kostenabweichung aufbauender Analysebaustein des primären Analysetyps I. Darüber hinaus hat die Prozeßanalyse zum Ziel, den Austrittspunkt von Kundenelementen zu bestimmen, die trotz einer
aktiv geplanten Bearbeitung keine Transaktion mit dem betrachteten Unternehmen getätigt
haben. Diese Untersuchung, verbunden mit der Betrachtung der während der Bearbeitung angefallenen Kosten, bildet den Rahmen der analytischen Aufgabe für den primären Analysetyp
III.
5.3.1.3.1 Prozeßanalyse für Kundenelemente des Pools PAT_I_PO
Die bereits ermittelten Kostenabweichungen je Transaktionspool sind bei der Prozeßanalyse
entsprechend ihrer Verursachung den einzelnen Haupt- bzw. Teilprozessen zuzuordnen. Dieses Vorgehen ermöglicht es, nicht nur allgemeine Kostenaussagen treffen zu können, sondern
auch direkte handlungsorientierte Ansatzpunkte für eine Kostenbeeinflussung zu bestimmen.
Aufgrund der Definition der Planprozeßkostensätze (PKSKB) liegen Planwerte für die Kosten
der einzelnen Teilprozesse je Transaktionspool bereits vor.566 Die Gesamtabweichung setzt
sich demzufolge additiv aus den Teilabweichungen der Hauptprozesse und diese aus den Teilabweichungen der zugehörigen Teilprozesse zusammen. Somit gilt:
∆KKB = ∆KAN + ∆KAB + ∆KAS
mit:
∆KAN = ∆KAN_I + ∆KAN_B + ∆KAN_A
∆KAB = ∆KAB_B + ∆KAB_BS
∆KAS = ∆KAS_RA + ∆KAS_IS
565
Dies resultiert daraus, daß nur bei diesen Abweichungstypen Deckungsbeitrags- und Kostenabweichungen
mit entgegengesetzt gerichteten Wirkungsrichtungen auftreten. Bei nicht proportionaler Veränderung des
Deckungsbeitrags- und Kostenverhältnisses findet somit eine Über- oder Unterschreitung der PlanDeckungsbeitragsrentabilität statt.
566
Vgl. zur konzeptionellen Gestaltung der Plankostensätze für die Kundenbearbeitung Kapitel 5.2.2.2.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
163
Differenziert nach den Transaktionspooltypen der Kundenelemente ermittelt sich die Gesamtabweichung aus:567
5
∆K PAT _ I _ PO = ∑ ∆K j
∆K j =
mit:
j=1
7
n
∑
∑ (K
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j v =1
IST / i / v
− K PLAN / i / v )
Bei Darstellung der Kostenabweichungen nach Transaktionspool und Teilprozeß ergibt sich
die Abweichungsmatrix der Tabelle 17. Diese Matrix stellt die Ausgangsbasis für die Kostenanalyse auf Prozeßebene dar.568 Um aussagefähige Steuerungsinformationen ableiten zu können, sind aufbauend auf diesem Tableau weitere Differenzierungen vorzunehmen.
AN_I
PER_KU_P
OPER_KU_PO_
AN_B
AN_A
AB_B
AB_BS
AS_RA
AS_IS
7
∆K1/1
∆K1/2
∆K1/3
∆K1/4
∆K1/5
∆K1/6
∆K1/7
∑ ∆K
v =1
MA
PER_KU_P
OVER_KU_PO_
1/ v
7
∆K2/1
∆K2/2
∆K2/3
∆K2/4
∆K2/5
∆K2/6
∆K2/7
W
ER_KU_P
O
∑ ∆K
v =1
2/v
7
∆K3/1
BES_KU_P
O
∆K3/2
∆K3/3
∆K3/4
∆K3/5
∆K3/6
∆K3/7
∑ ∆K
v =1
3/ v
7
∆K4/1
ZUR_KU_
PO
∆K4/2
∆K4/3
∆K4/4
∆K4/5
∆K4/6
∆K4/7
∑ ∆K
v =1
4/v
7
∆K5/1
5
∑ ∆K
j=1
∆K5/2
5
j /1
∑ ∆K
j=1
∆K5/3
5
j/ 2
∑ ∆K
j=1
∆K5/4
∆K5/5
5
j/ 3
5
∆K5/6
5
∆K5/7
5
∑ ∆K
v =1
5
5/ v
7
∑ ∆K ∑ ∆K ∑ ∆K ∑ ∆K ∑∑ ∆K
j=1
j/ 4
j=1
j/ 5
j=1
j/ 6
j=1
j/ 7
j=1 v =1
j/ v
Tabelle 17: Basismatrix der Prozeßkostenanalyse
567
Die Numerierung der Transaktionspools unter Berücksichtigung der Prozeßreihung erfolgt unter Verwendung des folgenden Typschlüssels: AN_I → 1, AN_B → 2, AN_A → 3, AB_B → 4, AB_BS → 5, AS_RA
→ 6, AS_IS → 7.
568
An dieser Stelle ist anzumerken, daß es infolge der periodisierten Betrachtung zu Überschneidungen innerhalb einzelner Teilprozesse kommen kann, wenn gilt: Pt ∈ ]t A v , t E v [ . Da die gesamte Höhe der Ist-Kosten
E
erst bei Beendigung eines Teilprozesses feststeht, sind die Kosten eines Teilprozesses vollständig der Periode zuzurechnen in der der Abschluß des Teilprozesses stattfindet. Eine Ausnahme bildet die After SalesPhase für Kernleistungen mit mehrperiodischen Nutzungsdauern, da es hier innerhalb einer Periode zur Überlagerung des Hauptprozesses AS aus mehreren Transaktionsperioden kommt. In diesem Bereich ist immer der intraperiodische Anfall der Kosten direkt einzubeziehen. Der interzyklische Überlagerungseffekt ist
bei der Bestimmung der Plankostensätze entsprechend zu berücksichtigen.
164
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Diese Differenzierungen beziehen sich insbesondere auf die:
-
Betrachtung von Kompensationseffekten,
-
Berücksichtigung von Intensitätsniveaus der Bearbeitung,
-
Beachtung von zugrunde liegenden Verteilungssituationen,
-
Bereinigung um gerechtfertigte Kostenabweichungen.
Zur Aufdeckung von Überlagerungseffekten bei den Kostenabweichungen müssen auch an
dieser Stelle die bestehenden Kostenkompensationen beachtet werden. Zu diesem Zweck muß
für jede Kostenabweichung der Basismatrix eine entsprechende Aufspaltung nach positiv und
negativ gerichteten Abweichungen, wie nachfolgend dargestellt, erfolgen:
∆K j / v = +∆K j / v + −∆K j / v
mit:
+
−
∆K j / v =
∆K j / v =
n
∑ (K
−K
)
−K
)
IST / i
PLAN / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j
∩KBv ∧ ( K IST / i − K PLAN / i )<0
n
∑ (K
IST / i
PLAN / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j
∩ KBv ∧ ( K IST / i − K PLAN / i ) >0
Zur weiteren Systematisierung der Abweichungen ist im nächsten Schritt die Verteilung der
Abweichungseffekte auf die Intensitätsniveaus (int = {H, M, L}) der Plankostensätze zu berücksichtigen. Diese Abweichungsaufspaltung gibt an, wie sich der positive und negative
Abweichungseffekt auf die einzelnen Bearbeitungsniveaus verteilt. Dazu sind die Kostenabweichungen wie folgt zu differenzieren:
∆K j / v = +∆K j / v / H + +∆K j / v / M + +∆K j / v / L + −∆K j / v / H + −∆K j / v / M + −∆K j / v / L
Zur Bestimmung von möglichen Konzentrationsschwerpunkten von Kundenelementen auf
einzelne Abweichungseffekte, sind diese um entsprechende Verteilungsinformationen zu ergänzen. Hierzu wird das bereits entwickelte Konstrukt des Verteilungsfaktors wieder aufgegriffen.569 Die Verteilungsfaktoren sind dabei sowohl für die Teilabweichungen von ∆Kj/v als
auch für die intensitätsbezogenen Abweichungseffekte zu bestimmen. Im Ergebnis wird jede
Kostenabweichung (∆Kj/v) der Basismatrix um eine zusätzliche Abweichungsmatrix (AXj/v),
wie nachfolgend dargestellt, ergänzt.570
569
Über VF1 läßt sich der Anteil der Kunden bestimmen, bei denen überhaupt Abweichungen existieren. VF2
gibt Aufschluß über die Verteilung dieser Kundenelemente im Hinblick auf die Abweichungsrichtungen.
Vgl. zur Konzeption, Interpretation sowie zur Bestimmung der formalen Ermittlungsvorschriften der Verteilungsfaktoren die Ausführungen in Kapitel 5.3.1.2.
570
Werden die einzelnen Abweichungsmatrizen in die Basismatrix übertragen, sind die Zeilen- und Spaltensummen nach dem Schema der Abweichungsmatrizen entsprechend zu erweitern.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
-
+
∆Kj/v
165
∆Kj/v
VF1 / ∆K j / v
VF2 / ∆K j / v
+
∆Kj/v/H
-
∆Kj/v/H
VF1 / ∆K j / v / H
VF2 / ∆K j / v / H
+
∆Kj/v/M
-
∆Kj/v/M
VF1 / ∆K j / v / M
VF2 / ∆K j / v / M
-
VF1 / ∆K j / v / L
VF2 / ∆K j / v / L
+
∆Kj/v/L
∆Kj/v/L
Tabelle 18: Aufbau der Abweichungsmatrix (AXj/v)
Bei der Analyse dieser erweiterten Basis-Matrix sind zwei mögliche Analyserichtungen zu
unterscheiden. Bei der vertikalen Analyse bilden die Teilprozesse der Kundenbearbeitung, bei
der horizontalen Analyse die Transaktionspools das Bezugsobjekt der Betrachtungen. Beide
Analyseansätze zeichnen sich durch ein simultanes Analysevorgehen aus. Lediglich durch die
Wahl des Bezugsobjektes wird die Richtung der zu analysierenden Abweichungsmuster bestimmt.
Im Rahmen der vertikalen Analyse ist zu identifizieren, welche Teilprozesse am stärksten zu
den positiven und negativen Kostenabweichungen beitragen und welche Verursachungsquellen dafür verantwortlich sind. Durch den Vergleich der absoluten Kostenabweichungen je
Teilprozeß über alle einbezogenen Transaktionspools lassen sich die Teilprozesse mit den
höchsten Abweichungsvolumina bestimmen. Sind zwischen den einzelnen Teilprozessen
deutliche Niveauunterschiede bezüglich der einbezogenen Plan-Bearbeitungskosten zu verzeichnen, sind die Abweichungswerte über die Höhe der Plan-Kosten zu nivellieren. Unter
Verwendung von ∆Kv/KPLAN/v lassen sich die relativen Kostenabweichungen bei den einzelnen Teilprozessen ermitteln. Gleichzeitig ist zu beurteilen, ob sich die vorhandenen Abweichungen systematisch über alle oder mehrere Teilprozesse erstrecken oder sich auf einzelne
Bereiche konzentrieren. In einem weiteren Analyseschritt sind die Hauptverursacher der Kostenabweichungen der einzelnen Teilprozesse zu identifizieren. Bei der Betrachtung der einzelnen Transaktionspools ist für jeden Teilprozeß zu bestimmen, ob einzelne Pools bei den
Abweichungen unter Beachtung möglicher Kompensationseffekte dominieren oder sich die
Abweichungen über alle Transaktionspools gleichmäßig aufteilen. Hierbei ist zu berücksichtigen, inwieweit diese Abweichungen innerhalb eines Teilprozesses den einzelnen Intensitätsniveaus der Bearbeitungskosten zuzuordnen sind.
Bei der horizontalen Analyse ist zu bestimmen, bei welchen Transaktionspools die stärksten
positiven und negativen Kostenabweichungen vorzufinden sind. Durch den Vergleich der absoluten Kostenabweichungen je Transaktionspool über alle einbezogenen Teilprozesse lassen
sich die Pools mit den höchsten Abweichungsvolumina bestimmen. Sind zwischen den einzelnen Transaktionspools deutliche Niveauunterschiede bezüglich der einbezogenen PlanBearbeitungskosten zu verzeichnen, sind die Abweichungswerte ebenfalls über die Höhe der
166
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Plan-Kosten zu nivellieren.571 Gleichzeitig ist das Abweichungsniveau über alle Transaktionspools miteinander zu vergleichen. In einem weiteren Analyseschritt sind die Teilprozesse mit
den stärksten Kostenabweichungen bei den einzelnen Transaktionspools zu identifizieren. Bei
der Betrachtung der einzelnen Teilprozesse ist des weiteren die Verteilung der Abweichung
innerhalb eines Transaktionspools auf die einzelnen Prozesse zu bestimmen. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, inwieweit sich diese Abweichungen innerhalb eines Transaktionspools auf die einzelnen Intensitätsniveaus der Bearbeitungskosten verteilen.
Die bisherigen Ausführungen zur Kostenanalyse erfolgten unabhängig von einer Betrachtung
der zugehörigen Deckungsbeitragsabweichungen. Da im Bereich der Ist-Kosten Kostenanteile
enthalten sein können, die durch die gleichzeitige Unter- bzw. Überschreitung der Planwerte
für DB1 gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt sind, müssen die Plan-Kosten um diese Kosten
bereinigt werden.572 Geschieht dies nicht, wird die Effizienzsituation der Kundenbearbeitung
verfälscht dargestellt. Für eine Bereinigung um gerechtfertigte Kostenabweichungen ist festzulegen, inwieweit die Reduktion bzw. Erhöhung des Absatzes das Anspruchsniveau der Bearbeitungskosten in den einzelnen Teilprozessen determiniert. Dabei ist zu unterscheiden, ob
die Kostenbestandteile der einzelnen Prozeßkostensätze als proportional oder fix in bezug auf
die Absatzmenge anzusehen sind.573 Zu diesem Zweck sind die Plan-Bearbeitungskostensätze
je Teilprozeß für jeden Transaktionspooltyp getrennt nach Bearbeitungsintensität in volumenneutrale und volumenabhängige Kostenblöcke aufzuspalten (KPLAN/i/v/int = KPLAN/i/v/int/fix +
KPLAN/i/v/int/prop). Über den Variabilisierungsfaktor (VRFi/v/int = KPLAN/i/v/int/prop/KPLAN/i/v/int) läßt
sich der Anteil der volumenabhängigen Kosten an den Gesamtkosten ausdrücken.574 Für die
volumenabhängigen Kosten ist der Grad der Proportionalität in bezug zum Absatzvolumen
571
Die Höhe der gesamten Planbearbeitungskosten je Transaktionspool wird einerseits durch die Höhe der Planbearbeitungskostensätze, differenziert nach Bearbeitungsintensität je Kundenelement und andererseits durch
die Anzahl der in einem Transaktionspool vorzufindenden Kundenelemente determiniert.
572
Als gerechtfertigt werden in diesem Zusammenhang die Kostenanteile bezeichnet, deren wertmäßiger Anfall
exogen durch die Höhe des tatsächlich zu befriedigenden Bedarfs bestimmt wird, ohne daß darauf der Vertriebsbereich ex ante wesentlichen Einfluß ausüben kann. Dieser Kostenanfall liegt somit nicht im Ermessensspielraum des Vertriebsbereiches, sondern ergibt sich aus einem nicht beeinflußbaren Erfordernis.
573
Die Bestimmung einer gerechtfertigten Kostenerhöhung in dieser Form ist nur dann möglich, wenn die
zugrunde liegende Konzeption der Prozeßkostenrechnung diesen Anforderungen genügt.
574
Der Variabilisierungsfaktor dient insbesondere bei nicht exakt vorhandenen Kosteninformationen dazu, die
anteilige Höhe der volumenabhängigen Kosten durch Expertenabschätzungen einbeziehen zu können. Die
Proportionalität dieser Kosten wird dabei durch eine Veränderung der Anzahl der durchzuführenden Teilaktivitäten, eine veränderte zeitliche Bindung von Ressourcen innerhalb dieser Teilaktivitäten und eine Veränderung der einzusetzenden Ressourcen determiniert.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
167
durch den Proportionalisierungsfaktor (PRFi/v/int) abzubilden.575 Die bereinigten Plankosten
der Bearbeitung (K’PLAN) je Kundenelement und Teilprozeß ergeben sich aus:
K’PLAN/i/v/int = KPLAN/i/v/int . VRFi/v/int . PRFi/v/int + KPLAN/i/v/int/fix.576
Bei diesem Vorgehen wird für jeden Teilprozeß eine proportionalisierte Reduktion bzw. Steigerung der Kosten in Abhängigkeit der Höhe der Deckungsbeitragsabweichung als gerechtfertigt angesehen. Im Ergebnis werden nur noch Kostenabweichungen als positiv bzw. negativ gewertet, wenn die angefallenen Ist-Kosten den bereinigten Plankostensatz unter- bzw.
überschreiten.577 Die Effizienzsituation hinsichtlich der einzelnen Teilprozesse differenziert
nach Transaktionspools läßt sich anhand der folgenden bereinigten Kostenabweichung bewerten:
∆K ' j / v = +∆K ' j / v + −∆K ' j / v
mit:
+
∆K ' j / v =
n
∑ (K IST / i − K'PLAN / i )
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j
∩KB v ∧ ( K IST / i − K 'PLAN / i )<0
−
∆K ' j / v =
n
∑ (K
− K ' PLAN / i )
IST / i
K i |K i ∈PAT _ I _ PO ∩GE _ KU _ PO j
∩ KB v ∧ ( K IST / i − K 'PLAN / i ) >0
5.3.1.3.2 Prozeßanalyse für Kundenelemente des Pools PAT_III_PO
Für das Ausscheiden von Kundenelementen aus dem Bearbeitungsprozeß vor Durchführung
der eigentlichen Transaktion können verschiedene Elemente eines Ursachenbündels in Betracht kommen.578 Bei Differenzierung dieser Ursachen nach der Bedarfsexistenz sowie der
Existenz einer Kaufabsicht vor Eintritt in den Bearbeitungsprozeß (Ex ante-Sichtweise) ergibt
sich das aus Tabelle 19 ersichtliche Szenario.
Die Zuordnung dieser Ursachen hinsichtlich ihrer zeitlichen Bedeutung im Verlauf der Kundenbearbeitung579 erfolgt unter Berücksichtigung der nachstehenden rationalen Bedeutungskalküle. Kundenelemente bei denen kein Bedarf existiert bzw. der existierende Bedarf bereits
vollständig durch Wettbewerber abgedeckt wurde sowie Kundenelemente deren Unzufrieden-
575
Liegen derartige Informationen im Unternehmen nicht im Detail vor, kann als Heuristik zur Ermittlung dieses Bewertungsmaßstabes für die Anpassung der proportionalen Plankosten das Verhältnis DB1/IST und
DB1/PLAN herangezogen werden. Für den Proportionalisierungsfaktor gilt dann: PRF = DB1/IST/DB1/PLAN. Bei
dieser Heuristik wird eine lineare Proportionalität der Kosten in bezug zur Absatzmenge unterstellt. Bei
Kenntnis der Kostenproportionalität für einzelne Teilprozeßaktivitäten kann eine Mischform aus direkter
Kostenanpassung und unterstellter linearer Proportionalisierung ihre Anwendung finden.
576
Die Differenz K’KB/PLAN - KKB/PLAN gibt das Gesamtvolumen der gerechtfertigten Kostenabweichungen ohne
Berücksichtigung von Kompensationseffekten an.
577
Bei Betrachtung der Residualabweichung mit bereinigten Plankosten ist somit eine Umgruppierung der Kundenelemente zu dem der ursprünglichen Abweichungsrichtung entgegengesetzten Abweichungstyp oder zum
Typ ohne Kostenabweichung möglich.
578
Vgl. Winkelmann, P. (2000), S. 281, 376 f., 385 f.
579
Der Verlauf der Kundenbearbeitung bezieht sich auf das sukzessive Durchschreiten der einzelnen Teilprozeßphasen bis vor den Zeitpunkt der Transaktion i. e. S. (tEAB_B).
168
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
heit aus schlechter Performance im Vorzyklus resultiert580, werden aufgrund ihrer fehlenden
Kaufabsicht tendenziell in einer frühen Phase den Kundenbearbeitungsprozeß verlassen, da
aus Kundensicht einer fortwährenden Interaktion der zu erreichende Zielbezug fehlt und damit kundenseitig kein Interesse besteht, sich selbst bei zeitlich bindenden Aktivitäten einzubringen.
Ex ante Bedarf besteht
Ex ante Kaufabsicht mit Unternehmen besteht
Ex ante Kaufabsicht mit Unternehmen besteht nicht
ƒ
ƒ
Unzureichende Performance
der Kernleistung oder in ASPhase des Vorzyklus (I)
ƒ
Interaktion dient aus Kundensicht nur dem „Absaugen“ von Informationen (II)
ƒ
Bedarf hat nicht existiert (I)
ƒ
Bedarf hat zwar existiert,
wurde aber bereits vollständig durch Wettbewerber abgedeckt (I)
Unzureichende Performance
und Rahmenbedingungen in
der Kundenbearbeitung (III)
Ex ante Bedarf besteht nicht
_____*
*Kombination ist sachlogisch ausgeschlossen
Tabelle 19: Ursachenmatrix für Kundenverluste im Bearbeitungsprozeß
Kundenelemente deren primäre Absicht nur darin besteht, für sich informatorische Vorteile
aus der Interaktion während der Kundenbearbeitung zu ziehen und von vornherein kein primäres Kaufinteresse gegenüber dem betrachteten Unternehmen existiert581, werden tendenziell
verstärkt im mittleren Phasenbereich vor Transaktionsabschluß den Bearbeitungsprozeß verlassen. Dieses Kalkül liegt darin begründet, daß die Kundenelemente in frühen Bearbeitungsprozessen aufgrund der „losen“ Interaktion ihr Ziel der quasi kostenlosen Informations- und
Know-how-Aufnahme je nach Zielmaßstab in den meisten Fällen noch nicht vollständig erfüllt haben. Dieses Ziel erreichen die Kundenelemente bei zunehmender Intensität und Spezifität der Interaktion im fortschreitenden Verlauf des Bearbeitungsprozesses. Gleichzeitig werden die Kundenelemente versuchen, ihr eigenes Engagement in späteren Prozeßphasen aufgrund des für sie zu zeitaufwendigen und möglicherweise bindenden Charakters, zu reduzieren, was im Ergebnis zu einem Zurückziehen aus dem Interaktionsprozeß führt. Dieser Zeitpunkt ist dann gegeben, wenn sich der Trade off aus der Aussicht auf einen weiteren für ein
Kundenelement nützlichen Informations- und Know-how-Transfers und der Intensität des
580
Diese Ursachen werden, wie in Tabelle 19 dargestellt, der Ursachenkategorie I zugeordnet.
581
Diese Ursache bildet den alleinigen Faktor für Ursachenkategorie II.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
169
künftigen Einbringens in den Bearbeitungsprozeß aus Kosten- und Bindungsgesichtspunkten
negativ gestaltet.
Die Möglichkeit des Austritts eines Kundenelements wegen unzureichender Performance und
geschaffener Rahmenbedingungen im Verlauf der Kundenbearbeitung besteht grundsätzlich
während der gesamten Kundenbearbeitungsprozesses bis zum tatsächlichen Abschluß einer
Transaktion.582 Aufgrund einer unterstellten stetigen Zunahme der Interaktionsintensität und
-komplexität, der zunehmenden Konkretisierung von Kundenanforderungen und den damit
verbundenen Erfordernissen besteht tendenziell die Gefahr, daß im Verlauf der Kundenbearbeitung die Häufigkeit von nicht erfüllten Kundenforderungen zunimmt, die im Ergebnis in
den Rückzug des Kunden aus dem Bearbeitungsprozeß münden. Das in Abbildung 38 dargestellte Tendenzschema verdeutlicht die mögliche zeitliche Bedeutung der einzelnen Ursachenkategorien und zeigt deren Überlagerung im Bearbeitungsprozeß.583
Relatives Bedeutungsniveau
der Ursachen
II.
I.
III.
Zeitlicher Verlauf der Kundenbearbeitung
Abbildung 38:
Rationales Tendenzschema für den zeitlichen Bedeutungsverlauf der Ursachen von Kundenverlusten im Bearbeitungsprozeß
Bei Betrachtung der Einstiegsphase zu Beginn des Kundenbearbeitungsprozesses wird deutlich, daß in diesem Bereich eine Überlagerung von Ursachenkategorie I und III stattfinden
kann. Da in dieser Phase Fehleinschätzungen der Bedarfsexistenz die Verlustquote (VQ) stark
determinieren können, bietet es sich an, die Bedeutung dieses Ursachenfaktors zu bestimmen.
Dazu ist eine Differenzbetrachtung der Verlustquoten unter Berücksichtigung des Einstiegs582
Dieser der Ursachenkategorie III zugeordnete Abwanderungsgrund beinhaltet das komplexe Zusammenspiel
von Anforderungen des Kunden und ihrer Erfüllung durch das Unternehmen in Bereichen wie Vertrauensbildung, Zuverlässigkeit, Flexibilität, Kompetenz, Leistungsqualität und -preis, „Chemie“ zwischen den Interaktionspartnern etc. Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 327 ff.; Winkelmann, P.
(2001), S. 108 f.
583
Das relative Bedeutungsniveau gibt in diesem Zusammenhang nicht die Wahrscheinlichkeit der zugehörigen
Ursache an, wenn ein Kunde in einer Bearbeitungsphase austritt, sondern gibt Hinweise auf mögliche Ursachengründe bzw. zeigt den wahrscheinlichen Bearbeitungsabschnitt an dem Kundenelemente einer Ursachenkategorie den Bearbeitungsprozeß entsprechend der dargestellten Kalküle verlassen, ohne dabei eine
Bewertung der Bedeutung zwischen den verschiedenen Ursachenkategorien während einer Bearbeitungsphase vorzunehmen.
170
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
pools durchzuführen. Dabei wird unterstellt, daß bei Kundenelementen, die aufgrund von Eigeninitiative in den Bearbeitungsprozeß eintreten584, auch tatsächlich ein Bedarf ex ante vorliegt. Somit kann bei diesen Kundenelementen die Ursachenkategorie I kein auslösendes Element für den Kundenverlust sein, sondern vielmehr auf den Ursachenkategorien II oder III
beruhen.585 Unter Berücksichtigung dieses Kalküls stellt die Differenz aus Verlustquote bei
unternehmensaktiver Initiierung und Verlustquote bei kundenaktiver Initiierung den quotalen
Verlustanteil im Bereich der unternehmensaktiven Initiierung dar, der durch die Ursachenkategorie I begründet ist (VQUNT_AKT - VQKUND_AKT = VQUK_I). Anhand der Unterscheidung von
Kundenelementen, die entsprechend ihrer Transaktionshistorie die After Sales-Phase aktiv
oder nicht aktiv durchlaufen, kann die Verlustursache infolge unzureichender Performance in
dieser Phase anteilig abgeschätzt werden. Nach Abzug dieses Anteils von VQUK_I ergibt sich
die Verlustquote, die durch eine fehlende Bedarfsexistenz bei den einzelnen Transaktionspooltypen entstanden ist.586
Der PAT_III_PO umfaßt wie oben dargestellt, Kundenelemente, die für eine aktive Bearbeitung vorgesehen waren und keine Transaktion in der Betrachtungsperiode getätigt haben. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Kundenelemente aus dem Bearbeitungsprozeß ausgeschieden
sind oder sich zum Zeitpunkt der Analyse noch im Bearbeitungsprozeß befanden.587 Für letztgenannte Kundenelemente gilt:
ki ∈ (Unt_Akt_Pas_Pov* ∪ Kund_Akt_Pas_Pov*)
für: v* = 1, ..., 4.
Diese Kundenelemente befinden sich am Ende der betrachteten Planungsperiode (tE(pp)) noch
innerhalb eines Aktiv-Pools eines Teilprozesses der vor der eigentlichen Transaktion liegt,
und sind somit nicht dem VER_KU_PO zuzuordnen. Die Anzahl der Kundenelemente, die
aus dem Bearbeitungsprozeß ausgeschieden sind, ergibt sich aus der Mächtigkeit der Verlustpools der Teilprozesse. Je nach Bewegungspfad eines ausgeschiedenen Kundenelements
durch das Prozeßpool-Modell588 können drei disjunkte Verlustpool-Zuordnungen innerhalb
584
Bei Kundenelementen der PAT_II_PO und PAT_IV_PO ist Eigeninitiative der Kundenelemente für die Initiierung der Kundenbearbeitung obligatorisch, während die Kundenelemente der PAT_I_PO und PAT_III_PO
einer durch das Unternehmen initiierten Kundenbearbeitung quasi „vorgreifen“.
585
Ursachenkategorie II wird in diesem frühen Stadium der Kundenbearbeitung unter Berücksichtigung des
dargestellten Bedeutungskalküls nur eingeschränkt Relevanz besitzen.
586
Im Bereich des PER_KU_PO muß diese Berücksichtigung von After Sales-Ursachen nicht erfolgen, da für
diese Kundenelemente kein Vorzyklus existiert.
587
Diese Differenzierung ergibt sich aus der Tatsache, daß sich für letztgenannte Kunden der Status der nicht
durchgeführten Transaktion nur durch die zeitliche Überschneidung zwischen Bearbeitungsprozeß und dem
Ende der Planungsperiode einstellt. Dieser Zeitpunkt tE(pp) stellt den „Freeze-Point“ für die Analyse dar.
588
Vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel 5.1.2.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
171
eines Teilprozesses unterschieden werden.589 Die Bestimmung der Anzahl der verlorenen
Kundenelemente (AVKv*) für die Teilprozesse ermittelt sich somit aus:
4
∀ AVKv* = MAE{ki ∈ Unt_Akt_Verl_Pov*} + MAE{ki ∈ Unt_Pas_Verl_Pov*} +
v *=1
MAE{ki ∈ Verl_Pas_Pov*-1 → v*}.
Wird AVKv* um die Differenzierung der Kundenelemente nach Transaktionstyp erweitert, ergibt sich entsprechend:
5
4
∀ ∀ AVKj/v* = MAE{ki ∈ Unt_Akt_Verl_Pov* ∩ GE_KU_POj} +
j=1 v *=1
MAE{ki ∈ Unt_Pas_Verl_Pov* ∩ GE_KU_POj } +
MAE{ki ∈ Verl_Pas_Pov*-1 → v* ∩ GE_KU_POj }.590
Durch Summation dieser Werte ergibt sich die Gesamtanzahl der in der Periode im Bearbeitungsprozeß ausgeschiedenen Kundenelemente. Diese Kundenelemente bilden im Ergebnis,
nach Bereinigung um Elemente des PER_KU_PO, die Elemente des Pools der verlorenen
Kunden am Ende der Periode.591 Die Mächtigkeit dieses Transaktionspools wird wie folgt bestimmt:
5
4
4
MAE( VER _ KU _ PO) = ∑∑ AVK j / v* − ∑ MAE{k i | k i ∈ (Verl _ Po v* ) ∩ PER _ KU _ PO}
j=1 v*=1
v*=1
Mit Hilfe einer zu gestaltenden Lost-Level-Analyse sind aufbauend auf diesen Ergebnissen
die Kundenverluste weiter zu differenzieren. Dazu ist in einem ersten Schritt über den Verlustanteil (VAv*) das relative Ausmaß für die in einem relevanten Teilprozeß verlorenen Kunden zu bestimmen. Durch Vergleich dieser Verlustanteile lassen sich die Phasen mit den
stärksten Kundenabgängen identifizieren.592 Bei weiterer Differenzierung des Verlustanteils
pro Teilprozeß, kann dies getrennt nach Transaktionstypen erfolgen. Über den Vergleich beider Verlustanteile läßt sich die Höhe der Abweichung eines Transaktionspooltyps gegenüber
dem typneutralen Durchschnittswert bestimmen.
589
Die möglichen Verlustpoolzuordnungen für einen Teilprozeß v* ergeben sich aufgrund der folgenden Interpoolpfade 2. Grades: Pas_Pov*-1 → v* → Verl_Pas_Pov*-1 → v*, Unt_Akt_Pas_Pov* → Unt_Akt_Verl_Pov*,
Kund_Akt_Pas_Pov* → Unt_Pas_Verl_Pov*.
590
Nachfolgend wird für die vereinfachende und zusammenfassende Betrachtung der einzelnen Verlustpools
das Mengensystem Verl_POv* = {Unt_Akt_Verl_Pov*, Unt_Pas_Verl_Pov*, Verl_Pas_Pov*} verwendet. Für
die Aktivpools gilt respektive: Akt_Pov* ={Unt_Akt_Pas_Pov*, Unt_Akt_Akt_Pov*, Kund_Akt_Pas_Pov*,
Kund_Akt_Akt_Pov*}.
591
Da Elemente des PER_KU_PO noch keine Transaktion mit dem betrachteten Unternehmen getätigt haben,
steht für sie der VER_KU_PO als Senkenobjekt des KU_PO nicht zur Verfügung. Vgl. dazu auch Tabelle 6
auf Seite 100. Ihr Senkenobjekt ist der PER_KU_PO selbst.
592
Durch den interperiodischen Vergleich der Verlustanteile lassen sich gleichzeitig Veränderungen gegenüber
der/den Vorperiode(n) erkennen und die Auswirkungen möglicher initiierter Verbesserungsmaßnahmen bewerten.
172
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Die Ermittlung der Verlustanteile der Teilprozesse sowie bei weiterer Differenzierung nach
Transaktionspools ergibt sich aus:
AVK v*
4
∀ VA v* =
v *=1
5
∀ VA j / v* =
4
∑ AVK
v *=1
v*
j=1
AVK j / v*
4
∑ AVK
i *=1
j / v*
Aufgrund der bedingt durch die Bewegungspfade unterschiedlich zu wertenden Eigenschaften
der Verlustpools, läßt sich von der Gesamtanzahl der in einer Prozeßphase verlorenen Kunden
der Anteil der direkt durch das Unternehmen vermeidbaren Verluste abgrenzen.593 Die Residualgröße gibt den Anteil der restlichen verlorenen Kunden in der entsprechenden Prozeßphase an. Der direkt vermeidbare Verlustanteil (VVAv*) der einzelnen Teilprozesse ist wie
folgt definiert:
4
∀ VVA
v *=1
v*
=
MAE(Verl _ Pas _ Po v*−1−> v* ) + MAE( Unt _ Pas _ Verl _ Po v* )
MAE(Verl _ PO v* )
In einem weiteren Schritt ist im Rahmen einer Effektivitätsbetrachtung die relative Höhe des
Kundenabgangs innerhalb eines Teilprozesses zu bewerten. Während bei der horizontal gerichteten Analyse der Verlustanteile die ausschließliche Beschränkung auf Kundenelemente,
die keine Transaktion getätigt haben, gerechtfertigt ist, würde dieses Vorgehen bei der vertikalen Betrachtung der Verlustanteile je Transaktionspool für einen Teilprozeß zu unzulässigen Implikationen führen, da hierbei die insgesamt zur Verfügung stehende Grundgesamtheit
je Transaktionspool vernachlässigt würde. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts sind
für die Bestimmung der Verlustquoten nach Transaktionspooltyp für jeden Teilprozeß auch
diejenigen Kunden einzubeziehen, die eine Transaktion getätigt haben und somit Elemente
des PAT_I_PO sind. Die Verlustquoten (VQ) sind dementsprechend wie folgt definiert:594
5
4
∀ ∀ VQ
j=1 v*=1
j / v*
=
MAE{k i | k i ∈ Verl _ Po v* ∩ GE _ KU _ PO j }
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j } + MAE{k i | k i ∈ ∩Verl _ Po v* ∩ GE _ KU _ PO j }
Durch den Vergleich der einzelnen Verlustquoten innerhalb eines Teilprozesses lassen sichsowohl bestehende Abweichungen zwischen den einzelnen Transaktionstypen als auch die
Transaktionstypen mit den stärksten Verlustanteilen identifizieren. Diese Informationen dienen einerseits als Vergleichsbasis für die im Planungsmodell prognostizierten Abschluß- und
593
Die direkt vermeidbaren Kundenverluste beziehen sich auf die Verlustpools Verl_Pas_Po und
Unt_Pas_Verl_Po. Die Vermeidbarkeit ergibt sich aus den möglichen inhärenten Ursachen dieser Prozeßpool-Zuordnung. Sie liegen insbesondere in der fehlenden Unternehmensaktivität infolge eines Überlastungs- und/oder Vergessenseffektes der verantwortlichen Vertriebsmitarbeiter.
594
Die Verlustquote ergibt sich bei ausschließlicher Verwendung der Konstrukte des Prozeßpool-Modells wie
folgt:
VG j / v* =
MAE{k i | k i ∈ Verl _ Po v* ∩ GE _ KU _ PO j }
MAE{k i | k i ∈ Pas _ Po v*−1 − > v* ∧ t ∈ [ t A ( pp) , t E ( pp ) ]} + MAE{k i | k i ∈ Akt _ Po v* ∧ t = t A ( pp) } − MAE{k i | k i ∈ Akt _ Po v* ∧ t = t E ( pp) }
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
173
Abgangswahrscheinlichkeiten und bilden andererseits einzubeziehende Basisinformationen
für den nächsten Planungsprozeß der Kundenbearbeitung.
Für die Nutzung der Verlustquoten zur Bestimmung der Abgangswahrscheinlichkeiten ist
aufgrund der dort getroffenen Konventionen die Bezugsgröße der Grundgesamtheit entsprechend zu überführen. Diese Verlustquote mit angepaßter Grundgesamtheit (VQAT) läßt sich
aus der Größe VQ mit einem eingefügten Anpassungsterm (ATVQ) wie folgt ermitteln:
5
4
∀ ∀ VQ
j=1 v *=1
AT j / v*
=
MAE{k i | k i ∈ Verl _ Po v* ∩ GE _ KU _ PO j }
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ GE _ KU _ PO j } + MAE{k i | k i ∈ PAT _ III _ PO ∩ Verl _ Po v* ∩ GE _ KU _ PO j } + ATVQ j / v*
v*−1

v* > 1, ∑ MAE{k i | k i ∈ Verl _ Po ( v*− v**) ∩ GE _ KU _ PO j}
ATVQ j / v* ( j, v*) = 
v**=1
sonst, 0

mit:
Für die Bestimmung der Abschlußwahrscheinlichkeiten im Rahmen des Planungsmodells
sind die Ansätze zur Ermittlung der Verlustquoten in Abschlußquoten je Transaktionspool
(AQj) zu überführen. Dabei besteht zwischen den Quotenarten folgende Beziehung:
4
AQ j + ∑ VQ ATj / v* = 1
v* =1
v
mit: AQ j = ∏ (1 − VQ j / v* )
i*= v
Da die Aktivitäten in den einzelnen Prozeßphasen ressourcenverbrauchende Verrichtungen
darstellen, sind im Rahmen einer Effektivitätsbetrachtung zusätzlich die angefallenen Kosten
der Kundenbearbeitung in das Bewertungskalkül mit einzubeziehen. Ihrem Charakter nach,
sind die Bearbeitungskosten für ausgeschiedene Kundenelemente des PAT_III_PO als irreversibel angefallene und losgelöst von späteren Transaktionsbemühungen zu betrachtende Investitionen zu interpretieren. Diese quasi als versunken anzusehenden Bearbeitungskosten
(Sunk Cost), geben Auskunft über das finanzielle Ausmaß des Werteverzehrs infolge der
fehlgeschlagenen Transaktionsbestrebungen.595 Das Ausmaß der Sunk Cost richtet sich neben
der Intensität der Kundenbearbeitung nach der Anzahl der von den Kundenelementen durchlaufenen Teilprozesse.596 Die Sunk Cost (Ks) der ausgeschiedenen Kundenelemente des
PAT_II_PO sind wie folgt definiert:
5
K S / PAT _ III _ PO = ∑ K S PAT _ III _ PO / j
j =1
K SPAT _ III _ PO / j =
n
∑
4
∑ (K
K i |K i∈VERL _ POi* ∩GE _ KU _ PO j v*=1
IST / i / v*
)
595
Zum Grundgedanken des allgemeinen Sunk Cost-Ansatzes bei Geschäften mit Ex post-Unsicherheit vgl.
auch Schuhmann, J. (1992), S. 440.
596
Ein Kostenanfall ist dabei ausschließlich den Aktiv-Pools der einzelnen Prozeßphasen zuzuordnen. In Passiv- und Verlust-Pools erfolgt kein Kostenanfall.
174
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Zur Bewertung der Transaktionseffektivität im Bereich der aktiven Kundenbearbeitung sind
die Sunk Cost in Beziehung zu den Gesamtkosten zu setzen.597 Somit sind an dieser Stelle Ergebnisse des primären Analysetyps III einzubeziehen. Die Ermittlungsvorschriften für die resultierende übergreifende Sunk Cost-Quote (KSQI/III) sowie die Differenzierung nach Transaktionspools (KSQI/III/j) ergeben sich dabei aus:
5
K S Q I / III =
∑K
j=1
5
4
∑∑K
j=1 v*=1
5
∀K
j=1
S
S / PAT _ III _ PO / j
Q I / III / j =
5
IST / PAT _ I _ PO / j / v*
+ ∑ K S / PAT _ III _ PO / j
j=1
K S / PAT _ III _ PO / j
4
∑K
v *=1
IST / PAT _ I _ PO / j / v*
mit: KSQI/III ∈ [0,..., 1]
+ K S / PAT _ III _ PO / j
mit: KSQI/III/j ∈ [0,..., 1]
KSQI/III definiert den Anteil der Bearbeitungskosten der verlorenen Kundenelemente an den
Gesamtkosten im Bereich der aktiven Kundenbearbeitung.598 Über die Betrachtung der Sunk
Cost-Quote nach Transaktionsstatus der Kundenelemente lassen sich diejenigen Transaktionspools identifizieren, die über- bzw. unterdurchschnittlich zu dieser Kostensituation beitragen. Als durchschnittliche Vergleichsgröße dient dabei die Gesamtgröße KSQI/III.
Für die Bestimmung der bis zu einem Transaktionsereignis durchschnittlich angefallenen Bearbeitungskosten sind die Sunk Cost auf die Menge der Kundenelemente, die eine Transaktion getätigt haben, umzulegen. Die durchschnittlich notwendigen Bearbeitungskosten für den
Abschluß einer Transaktion ergeben sich somit aus der Darstellung der aggregierten Bearbeitungskosten für Kundenelemente des primären Analysetyps I und III in bezug auf die nicht
verlorenen Kunden.599 Die durchschnittlichen Übergangskosten (K∅ÜBG) im Bereich der aktiv
geplanten Kundenbearbeitung sind wie folgt definiert:
4
K ∅ÜBG =
∑K
v *=1
IST / PAT _ I _ PO / v*
+ K S / PAT _ III _ PO
MAE{PAT _ I _ PO}
Bei Differenzierung dieser Größe nach Transaktionsstatus der Kundenelemente sind die existierenden Übergangsrelationen der transaktionsorientierten Zustands-Möglichkeiten-Matrix600
597
Die einzubeziehenden Gesamtkosten im Bereich der aktiven Kundenbearbeitung umfassen dabei nur den
Kostenanfall in den relevanten Teilprozessen v* = 1, ..., 4. Der explizite Bezug auf diese Prozeßphasen ist
bei den Sunk Cost des PAT_III_PO aufgrund ihrer Definition entbehrlich.
598
Je höher die Sunk Cost-Quote ist, desto schlechter ist die Effektivitätssituation des Unternehmens zu bewerten. Je nach Auswahl des Vergleichswertes sind Zustandsbewertungen oder Entwicklungsbewertungen möglich.
599
Da diese Kosten ihrem Charakter nach auch als Kosten eines Transaktionsstatusübergangs interpretiert werden können, wird im folgenden in diesem Zusammenhang von Übergangskosten gesprochen.
600
Vgl. dazu Tabelle 6 auf Seite 100.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
175
entsprechend zu berücksichtigen.601 Eine Übergangsrelation spezifiziert dabei ausgehend vom
Quellen-Status eines Kundenelements in der letzten Bearbeitungsperiode (pB-1) die zugelassenen Senken-Zustände für die nächste Bearbeitungsperiode (pB).602 Der Quellen-Status stellt
den Transaktionsstatus eines Kundenelements dar, mit dem er in der Planung berücksichtigt
worden ist. Die Zuweisung des Senken-Status kann erst bei Auslösung des entsprechenden
Übergangsereignisses und somit bei Instanzierung der Übergangsrelation erfolgen. Wird der
letzte vor dem in der Planung berücksichtigte Transaktionsstatus für eine Klassifizierung einbezogen, ergeben sich die aus Tabelle 20 ersichtlichen Übergangsrelationen.
Quellenstatus
j’
pB-1
Möglicher Senkenstatus pB
pB-2
Zielstatus
Sonst
1
PER_KU_POPER_KU_PO_MA
PER_KU_PO
ER_KU_PO
PER_KU_PO
2
PER_KU_POVER_KU_PO_W
PER_KU_PO
ER_KU_PO
PER_KU_PO
3
ER_KU_PO
PER_KU_POPER_KU_PO_MA
BES_KU_PO
VER_KU_PO
PER_KU_POVER_KU_PO_W
BES_KU_PO
VER_KU_PO
ER_KU_PO
BES_KU_PO
VER_KU_PO
6
BES_KU_PO
BES_KU_PO
VER_KU_PO
7
ZUR_KU_PO
BES_KU_PO
VER_KU_PO
4
5
BES_KU_PO
8
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
BES_KU_PO
VER_KU_PO
9
VER_KU_PO
ER_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
10
BES_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
11
ZUR_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
12
VER_KU_PO
ZUR_KU_PO
VER_KU_PO
Tabelle 20: Klassifikation von transaktionsorientierten Übergangsrelationen
Im Ergebnis können Kundenelemente entsprechend ihrer instanzierten Übergangsrelation einem Übergangspool ÜB_POj’ des folgenden disjunkten Mengensystems zugeordnet werden:
ÜBG_PO = {ÜB_POj’ für j’=1, ..., 12}
601
Bei Betrachtung einer Übergangsrelation sind Quelle und Senke des Übergangs zu berücksichtigen.
602
Der instanzierte Senken-Status eines Kundenelements in einer Bearbeitungsperiode bildet den QuellenStatus für die nächste Bearbeitungsperiode.
176
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Die durchschnittlichen Übergangskosten je Übergangspool (K∅ÜB/j’) ergeben sich dabei aus
folgender Ermittlungsvorschrift:
n
∑
12
∀K
j'=1
∅ÜB / j'
=
4
∑K
k i |k i ∈PAT _ I _ PO ∩ ÜB _ PO j' v *=1
IST / v*/ i
+
∑K
S/i
k i |k i ∈PAT _ III _ PO ∩ ÜB _ PO j'
MAE{k i | k i ∈ PAT _ I _ PO ∩ ÜB _ PO j' }
5.3.1.3.3 Allgemeine Analyseaspekte der Pools PAT II_PO und PAT_IV_PO
In der Planung werden die Kundenelemente der Pools PAT_II_PO und PAT_IV_PO, die auf
der Prozeßebene die Inputelemente des Pools Pas_Po0→1/Rest darstellen, nur als restliche pauschalierte Zusatzgröße aggregiert berücksichtigt. Dieser Pauschalcharakter resultiert aus dem
durch die Eintrittszenarien begründeten, nicht möglichen (Szenario 4) oder nicht als sinnvoll
erachteten Einbezug (Szenario 2, 3) in die aktive Kundenbearbeitung. Die Kunden können
nur aufgrund von Eigeninitiative in den Kundenbearbeitungsprozeß eintreten.
Aufgrund der beschränkten Planungsvorgaben ist die Analyse der finanziellen Abweichungen
auf einer nur sehr allgemeinen Ebene möglich.603 Auf Basis der geplanten Sollwerte für Umsatz- bzw. Deckungsbeitrag und die pauschalierten Bearbeitungskosten können für jedes Szenario die realisierten Soll-Ist-Abweichungen bestimmt werden. Infolge der im nachfolgenden
Kapitel diskutierten, unterschiedlich zu interpretierenden Zielausrichtungen bei den einzelnen
Szenarien liegt der wesentliche finanzielle Betrachtungsfokus weniger auf der Höhe des finanziellen Volumens, sondern mehr auf der finanziellen Profitabilität in diesem Bereich. Dabei kann die Deckungsbeitragsrentabilität (DBR1, 2) der für eine aktive Kundenbearbeitung
vorgesehenen Kundenelemente als Bewertungsmaßstab zur Beurteilung der realisierten IstWerte herangezogen werden. Wegen der bekannten Transaktionspoolzugehörigkeit der Kundenelemente des PAT_II_PO und PAT_IV_PO, kann diese Darstellung entsprechend differenziert nach dem Transaktionsstatus erfolgen.
Neben dieser finanziellen Analyse können diese Kundenelemente gleichzeitig für die Betrachtung der angefallenen Kundenverluste im Bearbeitungsprozeß wiederum differenziert
nach dem Transaktionsstatus miteinbezogen werden. In diesem Fall dienen die Kundenelemente dazu, die im PAT_III_PO enthaltene Grundgesamtheit zu ergänzen. Aus rein prozeßbezogener Analysesicht betrachtet, sind sie den Kundenelementen des PAT_III_PO mit dem
Einstiegspool Kund_Akt_Pas_Po1 bzw. Kund_Akt_Akt_Po1 gleichzusetzen. Somit kann an
603
Der hier nicht vorhandene kunden- bzw. kundengruppenindividuelle Umfang von Planungsinformationen
darf an dieser Stelle nicht als fehlende Spezifität interpretiert werden. Vielmehr bedeutet die Aufnahme dieser Kundenelemente in den Planungsansatz eine proaktive Berücksichtigung von realen Effekten aufgrund
bestehender Unvollkommenheit der verfügbaren Informations- bzw. Datenbasis in Unternehmen.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
177
dieser Stelle das in Kapitel 5.3.1.3.2 entwickelte Analysemodell simultan seine Anwendung
finden.604
5.3.1.3.4 Spezielle Analyseaspekte der Pools PAT_II_PO und PAT_IV_PO
Der durch die Eintrittsszenarien bedingte Charakter von Kundenelementen der Pools
PAT_II_PO und PAT_IV_PO erfordert neben den bereits dargestellten Aspekten eine weitergehende Betrachtung spezifischer Implikationen. Diese Analyse orientiert sich dabei an den
Eintrittszenarien dieser Kundenelemente. Kennzeichnend für alle diese Kundenelemente sind
zum einen die Eigeninitiative durch die sie in den Bearbeitungsprozeß eingetreten sind und
zum anderen der bereits angesprochene fehlende individuelle Einbezug in der Planung der
Kundenbearbeitung.
Für Kundenelemente des Eintrittsszenarios 2 gilt:
Bi | Bi ∈ B_PO∅ ∧ (Einstiegspool = (Kund_Akt_Pas_Po1 ∪ Kund_Akt_Akt_Po1)).
Diese Kundenelemente wurden für die betrachtete Periode aufgrund einer im Ergebnis nicht
positiven Bedarfsschätzung als nicht relevante Bedarfsträger identifiziert. Für sie liegt somit
eine Fehleinschätzung der aktuellen Bedarfssituation vor. Aus der Anzahl dieser Kundenelemente unter Berücksichtigung des jeweilig zugrunde liegenden Transaktionspooltyps sowie
der Höhe des getätigten Absatzes ergeben sich Rückschlüsse auf die möglichen Fehlerarten
und das Fehlerausmaß bei der Bedarfsbestimmung.605 Diese Rückschlüsse dienen als Feedforward-Implikationen zur Anpassung bei dem Vorgehen zur Bestimmung der Kundenbedarfe. Gleichzeitig stellen diese Kennzahlen Bewertungsmaßstäbe für den Gütegrad der Abschätzung einer Bedarfsexistenz dar.606 Als Zielüberlegung ist dabei einerseits anzustreben, die Anzahl der Kundenelemente, bei denen die Existenz von Bedarfen falsch eingestuft wurde im
604
Aus diesem Grund wird hier auf die nochmalige Darstellung des Analyseinstrumentariums verzichtet und auf
das entsprechende Kapitel verwiesen.
605
Die Konzentration dieser Kundenelemente innerhalb bestimmter Transaktionspools impliziert in diesem Zusammenhang die Existenz systematischer Fehler in der Bedarfsschätzung unter Berücksichtigung der poolspezifischen Abschätzungsmethode.
606
An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Anzahl der Kundenelemente aus Eintrittsszenario 2 nicht die vollständige Menge der Kundenelemente mit fehlerhafter Bedarfsexistenzschätzung abbildet, da die Kundenelemente, bei denen zwar ein Bedarf besteht, aber nicht eigenständig den Bearbeitungsprozeß initiieren, nicht
einbezogen werden. Für konsistente Periodenvergleiche ist somit immer ein konstantes Initiierungsniveau
zugrundezulegen bzw. sind entsprechende Anpassungen mit Hinsicht auf ein verändertes Initiierungsniveau
durchzuführen.
178
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Sinne eines Fehlerumfangs zu reduzieren, und andererseits ist das Fehlerausmaß im Sinne einer Fehleinschätzung bei Kundenelementen mit besonders hohen Bedarfen herabzusetzen.607
Für Kundenelemente des Eintrittsszenarios 3 gilt:
Bi | Bi ∈ B_Popositiv ∧ (Einstiegspool = (Kund_Akt_Pas_Po1 ∪ Kund_Akt_Akt_Po1)) ∧
akt_vari = 0
Die Kundenelemente dieses Eintrittsszenarios wurden zwar als relevante Bedarfsträger infolge des Vorliegens eines positiven Bedarfs identifiziert, sind jedoch im Rahmen der Planungsalgorithmik aufgrund fehlender Profitabilitätsaussichten nicht aktiviert worden. Eine dennoch
durchgeführte Bearbeitung durch den Vertrieb generiert in ihrem Ergebnis zwei unterschiedliche Implikationsstränge im Rahmen einer Verifizierung oder Falsifikation des Planungsansatzes. Im ersten Fall führt die Bearbeitung dieser Kunden zu der prognostizierten, nicht profitablen Geschäftssituation. In dieser Konstellation wird zum einen der Planungsansatz verifiziert, zum anderen müssen geeignete Verfahrensanweisungen gegenüber den Vertriebsmitarbeitern geschaffen werden, die die Ergebnisse der Planungsvorgaben in Zukunft als bindend
postulieren. Bei der zweiten Möglichkeit wird entgegen der Planung eine Ex postProfitabilität erzielt, die so zumindest zu einer partiellen Falsifikation der Planungsannahmen
führt. Ist dies der Fall, sollte die Bearbeitung dieser Kunden durch den Vertrieb solange fortgeführt werden, bis das anzupassende Planungsmodell ein realistisches Bild der tatsächlichen
Profitabilitätssituation wiedergibt und so wiederum der erstgenannte Fall eintritt.608 Insbesondere im Rahmen der Initiierungs- und Umsetzungsphase des Steuerungsmodells zur Kundenbearbeitung sowie bei einem geringen Umfang von vorliegenden Transaktions- und Prozeßdaten kann dieser Pendeleffekt zur Ausrichtung und Justierung des Steuerungsansatzes adaptiv genutzt werden.
Kundenelemente des Eintrittsszenarios 4 sind ausschließlich Bedarfsträger des PER_KU_PO,
die bisher überhaupt nicht oder lediglich als Elemente innerhalb anonymer Marktinformationen identifiziert wurden (Banonym). Die Kenntnis ihres instanzierten Identifikationssets entzog
sich somit bislang dem vorhandenen Planungswissen. Mit Hinsicht auf das Ausmaß dieser auf
607
Zur Bewertung des Fehlerumfangs bietet es sich an, die Anzahl der fehlerhaft eingestuften Kundenelemente
über den Einbezug der insgesamt im Prozeß der Abschätzung der Bedarfsexistenz betrachteten Kundenelemente zu relativieren. Als Größen zur Bewertung des Fehlerausmaßes dienen Kennzahlen wie der tatsächliche Bedarf pro Kundenelement oder auch der getätigte Absatz pro Kundenelement. Dabei ist zu berücksichtigen, daß bei der Verwendung von Absatzgrößen auch nur ein Teil des tatsächlichen Bedarfes, nämlich der
mit dem Unternehmen getätigt wurde, bestimmt werden kann und somit das wahrgenommene Fehlerausmaß
kleiner als das tatsächliche ist. Um diese Abweichung zu reduzieren, sind bei dieser Betrachtung nur Kundenelemente des PAT_II_PO einzubeziehen, da diese Kunden zumindest eine Transaktion mit dem Unternehmen durchgeführt haben.
608
Die geschilderten Handlungsimplikationen entbinden den Vertriebsmitarbeiter nicht, bei jedem der als nicht
profitabel eingestuften Kunden im Rahmen einer Follow Up-Bewertung möglicherweise neue Erkenntnisse
hinsichtlich der Bedarfssituation und Transaktionswahrscheinlichkeit einzubeziehen sowie die kostenseitigen
Schwellenwerte zu berücksichtigen. Die Planungsergebnisse sollten somit einen stark sensibilisierenden
Charakter besitzen und sind nur im Einzelfall bei Veränderung der Ex post-Planungsannahmen infolge der
Nutzung von zusätzlichem dezentralem Expertenwissen der Vertriebsmitarbeiter neu zu bewerten.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
179
eigene Initiative in den Bearbeitungsprozeß eintretenden anonymen Bedarfsträger, sind zwei
miteinander konkurrierende Zielkalküle zu unterscheiden. Einerseits spiegelt die Anzahl dieser Kundenelemente das Ausmaß für den Bekanntheitsgrad und die am Markt herrschende
Unternehmens- bzw. Leistungsreputation wider, da hier Bedarfsträger, die mit dem Unternehmen bisher noch nicht in einer Geschäftsbeziehung standen, auf eigene Initiative in Kontakt zum Unternehmen getreten sind. Andererseits birgt eine hohe Anonymitätsquote bei einer
Markterschließungs- bzw. Marktdurchdringungsstrategie die Gefahr, insbesondere attraktive
Bedarfsträger dem Wettbewerb frühzeitig zu überlassen.609 Aus der Synthese beider Kalküle
ergibt sich die Forderung nach steigender Anzahl der eintretenden anonymen Bedarfsträger610
bei gleichzeitiger Reduktion der Anzahl sehr attraktiver anonymer Bedarfsträger611. Des weiteren kann bei Betrachtung der jetzt bestimmbaren Identifikationsmerkmale der bis zum Erstkontakt anonymen Bedarfsträger die Übereinstimmung zwischen unterstellten und tatsächlichen Kriterien zur Zielgruppenzugehörigkeit analysiert und bei Bedarf entsprechende Kriterienanpassungen vorgenommen werden.
5.3.1.4
Bewertung der Kundenloyalität
5.3.1.4.1
Bestimmung von Vergleichswerten
Die Höhe des mit einem Kundenelement in einer Periode getätigten Umsatzes stellt neben
seiner finanziellen Bedeutung gleichzeitig einen Bewertungsmaßstab für die Loyalität des
Kundenelements gegenüber dem betrachteten Unternehmen dar.612 Dabei greift die allgemeine
Betrachtung der Umsatzveränderung in bezug auf die Vorperiode regelmäßig zu kurz, da sie
die kundenindividuelle Bedarfssituation vernachlässigt und somit auf nicht direkt vergleichbaren Bezugsgrößen beruht. Bei der Begutachtung des mit einem Kundenelement getätigten
609
Dabei ist je nach Marktgröße, Spezifität von Definitionskriterien potentieller Zielgruppen sowie Informationsbeschaffungskosten das Verhältnis zwischen anonymen und identifizierten Bedarfsträgern unterschiedlich zu bewerten.
610
Hier fungiert die Anzahl der anonymen Bedarfsträger als Indikator für die Attraktivität des Unternehmens
aus Kundensicht. Die Steigerung dieser Zahl ist dabei über das Intensitätsniveau der Aktivitäten zur Identifizierung von bisher anonymen Bedarfsträgern als auch über Marktwachstumsgrößen zu nivellieren. Gleichzeitig muß hier angemerkt werden, daß die Ursachen, die diese Attraktivität beeinflussen können, nur zum
Teil im Verantwortungsbereich des Vertriebs liegen. Hier spielen weitere Aspekte, die in der Verantwortung
anderer Unternehmensbereiche liegen, wie beispielsweise Qualität der angebotenen Leistung, Öffentlichkeitsarbeit etc., eine wesentliche Rolle.
611
Eine Reduktion der aus Unternehmenssicht attraktiven anonymen Bedarfsträger ist dabei auf die Fähigkeit
des Marketing- und Vertriebsbereichs zurückzuführen, aus der Menge anonymer Bedarfsträger im Sinne eines „Cherry Pickings“ möglichst zuerst die zu identifizieren, deren Bedarfsdeckung bei Wettbewerbern am
stärksten zu bedauern wäre. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, daß der Absatz bzw. Umsatz pro anonymen Bedarfsträger unter der Prämisse einer konstanten Bearbeitungsqualität sinkt.
612
Als Loyalität wird an dieser Stelle die Bereitschaft eines Kundenelements betrachtet, einen Teil seiner Bedarfe mit einem bestimmten Transaktionspartner zu tätigen. Die Veränderung dieses Volumens ist dann als
Erhöhung bzw. Verringerung der Loyalität gegenüber dem jeweiligen Transaktionspartner zu werten. Verhaltens- bzw. Einstellungsaspekte zur Erforschung der Ursachen des Kaufverhaltens werden an dieser Stelle
in das loyalitätsbezogene Begriffsverständnis nicht einbezogen. Zu den möglichen Aspekten der Loyalitätsinterpretation vgl. Giering, A. (2000), S. 14 - 20.
180
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Umsatzes im Sinne einer Loyalitätsbewertung ist deshalb das zugrunde liegende Bedarfsszenario in die Betrachtungen mit einzubeziehen. Als Gestaltungsparameter der Bedarfsszenarien
dienen dabei die Bedarfstypen BAEL und BERW.613 Entsprechend der Existenz dieser Bedarfswerte können vier Bedarfsszenarien, wie in Abbildung 39 dargestellt, unterschieden werden.
Je nach Art der Bedarfszenarien sind die entsprechenden Ermittlungsvorschriften zur Bestimmung des Vergleichsmaßstabs anzuwenden.
BAEL
=0
>0
=0
Loyalitätstyp I
Loyalitätstyp III
>0
Loyalitätstyp II
Loyalitätstyp IV
BERW
Abbildung 39: Loyalitätstypen bei verschiedenen Bedarfsszenarien
Diese Ermittlungsvorschriften zur Bestimmung des Loyalitätsniveaus unterscheiden sich hinsichtlich der zum Ist-Umsatz bzw. -Absatz der betrachteten Periode in Beziehung zu setzenden Vergleichsgröße (VG).614 VG ist in diesem Zusammenhang als Bewertungsschwelle zu
interpretieren, die den Loyalitätsmaßstab nivelliert. Hierbei ergibt sich je nach Ausprägung
der Relation eine starke (BU/IST/p > VG), eine mittlere (BU/IST/p = VG) sowie eine geringe
(BU/IST/p < VG) Loyalität. Die Bestimmung der Bewertungsschwellen für die einzelnen Loyalitätstypen erfolgt unter Beachtung des folgenden Regel-Sets:
1. Als Basisvergleichsgröße für den Absatz in einer Periode gilt der Ersatzbedarf aufgrund des Abgangs der eigenen Leistung.
613
Aus Kundensicht gilt es, den Gesamtbedarf durch Zukauf der entsprechenden Leistungen bei den einzelnen
Lieferanten zu decken. Somit verteilt der Kunde seinen Ersatz- und Erweiterungsbedarf auf die potentiellen
Lieferanten entsprechend seiner Loyalitätsvorstellungen.
614
Im folgenden wird aus Gründen der Übersichtlichkeit einheitlich auf Mengengrößen (Absatz bzw. Bedarf)
abgestellt. Die Transformation zum Umsatzwert ergibt sich kanonisch aus: Mengengröße . Stückpreis =
Wertgröße.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
181
2. Die anteilige Erhöhung des loyalitätsbezogenen Anspruchsniveaus bei Existenz eines
Erweiterungsbedarfes erfolgt paritätisch entsprechend des Verhältnisses von BAWL und
BAEL.
3. Ein geringerer Absatz als unter 1. und 2. nivelliert, beeinflußt nicht das Anspruchsniveau des Loyalitätsgrades in der Folgeperiode.
4. Eine Erhöhung des Absatzes über die paritätische Berücksichtigung des Erweiterungsbedarfes in einer Periode determiniert das Anspruchsniveau des anteiligen Absatzes in bezug auf den Erweiterungs- und Ersatzbedarf aufgrund des Abgangs der
Leistung von Wettbewerbern in der Folgeperiode.
5. Absatzzugewinne durch anteilige Übernahme von Ersatzbedarf infolge des Abgangs
der Leistung von Wettbewerbern bestimmen das Anspruchsniveau des Zugewinns dieser Größe sowie des Erweiterungsbedarfs in der Folgeperiode.
6. Anteilig aus der Vorperiode zu übertragende Abschläge bei BAWL aufgrund von Loyalitätszugewinnen des betrachteten Unternehmens führen zu einer Veränderung der Basisparität in der Folgeperiode.
Die formale Loyalitätsnivellierung für die einzelnen Bedarfsszenarien ergibt sich unter Berücksichtigung des Regel-Sets wie folgt:
Typ I: (BU/IST/p, VG1) ∈ R, wenn BAEL/p = 0 ∧ BERW/p = 0
Bestimmung von VG1 bei BERW/p-1 = 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 > 0,
dann VG1 = BAWL/p . (BU/p-1 -BAEL/p-1)/BAWL/p-1,
sonst VG1 = 0
Bestimmung von VG1 bei BERW/p-1 > 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 + BAWL/p-1)) > 0,
dann VG1 = BAWL/p . (BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 + BAWL/p-1)))/
BERW/p-1,
sonst VG1 = 0
Typ II: (BU/IST/p, VG2) ∈ R, wenn BAEL/p = 0 ∧ BERW/p > 0
Bestimmung von VG2 bei BERW/p-1 = 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 > 0,
dann VG2 = (BAWL/p + BERW/P) . (BU/p-1 - BAEL/p-1)/BAWL/p-1 , sonst VG2 = 0
Bestimmung von VG2 bei BERW/p-1 > 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 + BAWL/p-1)) > 0,
182
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
dann VG1 = ((BAWL/p) . (BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 +
BAWL/p-1)))/BERW/p-1) + (BERW/p . (BU/p-1 - BAEL/p-1)/BERW/p-1),
sonst VG1 = 0
Typ III: (BU/IST/p, VG3) ∈ R, wenn BAEL/p > 0 ∧ BERW/p = 0
Bestimmung von VG3 bei BERW/p-1 = 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 > 0,
dann VG3 = BAEL/p + BAWL/p . (BU/p-1 - BAEL/p-1)/BAWL/p-1,
sonst VG1 = BAEL/p
Bestimmung von VG3 bei BERW/p-1 > 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 + BAWL/p-1)) > 0,
dann VG3 = BAEL/p + (BAWL/p . (BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 +
BAWL/p-1)))/ BERW/p-1),
sonst VG1 = BAEL/p
Typ IV: (BU/IST/p, VG4) ∈ R, wenn BAEL/p > 0 ∧ BERW/p > 0
Bestimmung von VG4 bei BERW/p-1 = 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 > 0,
dann
VG 4 = B AEL/p + (B AWL/p ⋅ (B U/IST/p-1 - B AEL/p-1 )/B AWL/p-1 ) +

  B U / IST / P −1 − B AEL / p−1 

B



B
⋅
+
 AWL / p  
 AEL / p  
B
AWL / p −1


⋅B

ERW / p
B AEL / p + B AWL / p








sonst VG4 = BAEL/p + (BERW/p . BAEL/p /(BAEL/p + BAWL/p))
Bestimmung von VG4 bei BERW/p-1 > 0:
wenn BU/p-1 - BAEL/p-1 - (BERW/p-1 . BAEL/p-1/( BAEL/p-1 + BAWL/p-1)) > 0,
dann
VG 4 = B AEL/p + (B AWL/p ⋅ (B U/p-1 - B AEL/p-1 - (B ERW/p-1 ⋅ B AEL/p-1 /( B AEL/p-1 + B AWL/p-1 )))/ B ERW/p-1 ) +


  B U / IST / P −1 − B AEL / p −1 
B

 ⋅ B AWL / p  
AEL / p + 




B AWL / p −1

⋅B


ERW / p ,
B AEL / p + B AWL / p








sonst VG4 = BAEL/p + (BERW/p . BAEL/p /(BAEL/p + BAWL/p))
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
183
Bei Loyalitätstyp I können BAEL und BERW aufgrund ihrer fehlenden Existenz nicht berücksichtigt werden. Demzufolge liegt nur ein Ersatzbedarf vor, der sich vollständig aus BAWL ergibt. Eine Absatzsteigerung läßt sich somit nur durch die Reduktion von BWET realisieren.
Wenn nicht bereits in der Vorperiode ein Absatzzugewinn durch Übernahme von Anteilen
von BAWL erfolgte oder eine Zugewinn stattfand, der über der paritätischen Verteilung von
BERW lag, und auf diese Weise das Anspruchsniveau der Folgeperiode bestimmt, liegt bereits
eine erhöhte Loyalität vor, wenn in der betreffenden Periode überhaupt ein Absatz durch Übernahme von BAWL-Anteilen stattfinden kann.
Eine ähnliche Konstellation ergibt sich bei Loyalitätstyp II. Da bei diesem Typ ebenfalls kein
BAEL existiert und aus diesem Grunde bei paritätischer Verteilung von BERW keine Anteile auf
das betrachtete Unternehmen entfallen, kann ein über Null liegendes Anspruchsniveau in der
betrachteten Periode nur infolge eines über BAEL liegenden Absatzzugewinns in der Vorperiode realisiert werden. Dieser Zugewinn müßte sich entweder direkt auf BAEL oder auf die über
der Parität liegende Verteilung des Erweiterungsbedarfes beziehen.
Bei Loyalitätstyp III ergibt sich infolge des fehlenden Erweiterungsbedarfes das Anspruchsniveau der Loyalität direkt aus dem Deckungsgrad von BAEL. Nur bei einer Verbesserung des
Loyalitätsgrades in der Vorperiode über die Abdeckung des Ersatzbedarfes aus Abgang der
eigenen Leistung infolge eines überparitätischen Zugewinns bei BERW oder einem Gewinn
von BAWL-Anteilen, läßt sich ein Anspruchsniveau über BAEL hinaus ableiten. Ein Absatz über
BAEL hinaus führt zu direkten Verlusten der Wettbewerber bei BAWL. Dieser auf Wettbewerberseite zu verzeichnende Loyalitätsverlust spiegelt auf der anderen Seite den Loyalitätsgewinn für das betrachtete Unternehmen wider. Fand ein solcher Loyalitätszuwachs in der Vorperiode statt, so determiniert er das Anspruchsniveau in bezug auf die Übernahme von BAWLAnteilen in der Folgeperiode.
Die Existenz von BAEL und BERW bei Loyalitätstyp IV erfordert bei einer intraperiodischen
Betrachtung zur Ermittlung des Loyalitätsmaßstabes neben der Berücksichtigung von BAEL
die zusätzliche Anspruchshöhe infolge der paritätischen Verteilung von BERW. Diese Gesamtgröße bestimmt somit das zu betrachtete Ausgangsmaß für die Bewertung der Loyalität. Es
wird bei interperiodischer Betrachtung durch ein höheres Anspruchsniveau ersetzt, wenn in
der Vorperiode Anteile von BAWL oder Anteile von BERW die über der paritätischen Verteilung
liegen, hinzugewonnen werden konnten. Dieser Zugewinn muß somit anteilig auf die Höhe
von BAWL und BERW in der Folgeperiode übernommen werden. Die entsprechende Veränderung der Parität durch Verschiebung der Bezugsgrößen BAEL und BAWL wird dabei durch einen Ausgleichsterm berücksichtigt.
Die Aufstellung des Regelsets impliziert, daß ein kontinuierlicher Anstieg des Zielniveaus bei
Überschreiten der Bewertungsschwelle erfolgt. Somit führt ein konstantes Niveau im Bereich
einer starken Loyalität (BU/IST/p > VG) im Zeitablauf in Richtung einer Gesamtbedarfsdeckung
beim Kundenelement. Aufgrund der Berücksichtigung von Loyalitätssteigerungen in der Vor-
184
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
periode wird das Loyalitätsmaß entsprechend anspruchsvoller. Dieser Vorgabeeffekt hat zur
Folge, daß auch Verluste bei bereits erreichten hohen Loyalitätsniveaus als Warnsignale identifiziert werden können und nicht nur Kundenelemente mit allgemein geringer Loyalität bei
der Steuerung der Kundenbearbeitung berücksichtigt werden. Ein mögliches Abstiegsmoment
wird durch das Basisniveau bestimmt und durch BAEL sowie dem paritätischen Einbezug von
BERW als definierte Minimalschwelle begrenzt.615
Der Einstiegstyp für Kundenelemente des PER_KU_POPER_KU_PO_MA ist Typ II, da bei diesen
Elementen noch kein Bedarf aufgrund des Abgangs der eigenen und der wettbewerbsbezogenen Leistung existieren kann und somit die Existenz eines Erweiterungsbedarfes vom Basisniveau Null für eine sinnvolle Bearbeitung zwingende Voraussetzung ist. Kundenelemente
des PER_KU_POVER_KU_PO_W können bei ihrer ersten Transaktion mit dem betrachteten Unternehmen nur Typ I oder II zugeordnet werden, da hier wiederum kein BAEL vorliegen
kann.616 Die Erweiterung um Typ I ergibt sich hier aus der Möglichkeit, auch bei Fehlen eines
Erweiterungsbedarfes einen Anteil an BAWL zu gewinnen.617 Die erste Transaktion bestimmt
so das Ausgangsniveau des Bewertungsmaßstabes zur Kundenloyalität.618 Für die Kundenelemente des KU_PO kann nur aufgrund der kundenindividuellen Bedarfs- und Transaktionshistorie sowie der aktuellen Bedarfssituation eine Zuordnung zu den entsprechenden Loyalitätstypen I bis IV vorgenommen werden.619 Tendenziell korrespondieren die unternehmensbezogene Transaktionshäufigkeit und damit die Intensität der absatzbezogenen Kundenbeziehung im Zeitablauf mit der Verlagerung der Zugehörigkeit der Kundenelemente von Typ I
und II zu Typ III und IV.
Die bisherige Betrachtung des Loyalitätsstatus mit den ordinalen Ausprägungen starke, mittlere oder geringe Loyalität gibt einen ersten Überblick über die Loyalitätssituation bei den
einzelnen Kundenelementen, ermöglicht jedoch nur die Bildung einer groben Rangordnung
zwischen diesen. Um sich einen genaueren Überblick über die so modellierte Loyalitätssituation verschaffen zu können, sind weitere Spezifikationen notwendig, insbesondere bei der Bestimmung von absoluten Wertbeiträgen in bezug auf den Loyalitätsstatus.
615
Auch BAEL ist dabei nicht als statisch fixierte Größe aufzufassen. Aufgrund der Beziehung BU/p = BAEL/p + ND
werden Transaktionen in der Vergangenheit bei der Nivellierung von BAEL dynamisch berücksichtigt.
616
Die fehlende Existenz von BAEL bedingt zwingend den Ausschluß von Loyalitätstyp III und IV.
617
Dafür ist die Existenz von BAWL zwingende Voraussetzung, da sonst das Kundenelement wiederum dem
Loyalitätstyp II zuzuordnen ist.
618
Vor der ersten Transaktion mit einem Kundenelement kann in diesem Zusammenhang nicht von Loyalität im
hier vorliegenden Verständnis gesprochen werden, da es noch keine explizite Bereitschaft seitens des Kundenelementes gab, einen Teil seines Bedarfes über das betrachtete Unternehmen zu decken.
619
Für die Bestimmung von BAEL muß die der Kernleistung zugrunde liegende Nutzungsdauer berücksichtigt
werden. Vgl. dazu auch Kapitel 5.2.1.1.1. Nur im Fall von ND = 1 ist der Absatz der Vorperiode mit dem
Ersatzbedarf aus Abgang der Leistung in der Folgeperiode identisch (BU/IST/p-1 = BAEL/p bzw. BWET/IST/p-1 =
BAWL/p).
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
185
Die Abweichungen des Loyalitätsstatus eines Kundenelements gegenüber der Bewertungsschwelle VG lassen sich über den Differenzdiskriptor ∆VG sowohl relativ als auch absolut
abbilden. Über (BU/IST/p - VG)/VG läßt sich die relative Abweichung zum Vergleichswert VG
ermitteln. Der Absolutwert für ∆VG ergibt sich entsprechend aus BU/IST/p - VG.620
Bei Betrachtung der Gesamtloyalitätssituation eines Unternehmens ist zunächst eine Trennung der einbezogenen Kundenelemente gemäß ihres primären Analysetyps vorzunehmen.
Dazu sind in einem ersten Schritt diejenigen Kunden auszuwählen, die kundenindividuell für
eine aktive Bearbeitung eingeplant wurden und somit Elemente des PAT_I_PO oder
PAT_II_PO sind. Um die bestehenden Loyalitätseffekte hinsichtlich des Transaktionsstatus
der einbezogenen Kundenelemente differenziert betrachten zu können, müssen beide Pools
zunächst getrennt analysiert werden, bevor eine Zusammenführung der Teileffekte zu einer
aggregierten Loyalitätsgröße erfolgen kann.
5.3.1.4.2 Loyalitätsbetrachtung für Pool PAT I_PO
Der Pool PAT_I_PO enthält alle für eine aktive Bearbeitung vorgesehenen Kundenelemente,
die eine Transaktion in der betrachteten Periode mit dem Unternehmen getätigt haben. Zur
Beurteilung der Loyalitätssituation dieser Kunden sind die Abweichungen gegenüber dem
kundenindividuellen Bewertungsmaßstab VG zu ermitteln und miteinander in Beziehung zu
setzen. Gleichzeitig ermöglichen diese Werte eine Überleitungsrechnung von den aggregierten Werten für VG zu dem erzielten Gesamtumsatz im Bereich der aktiven Kundenbearbeitung. Die Abweichungseffekte im Rahmen der Überleitungsrechnung ergeben sich aus:621
SVG* + +∆VG* + -∆VG* = UIST
n
mit:
SVG* = ∑ VG *k i
i =1
SVG* = SVG *1 +SVG *2 +SVG *3 =
+
−
∆VG* =
∆VG* =
n
∑ (U
IST / i i
k i |( U IST / i − VG *i ) > 0
n
∑ (U
IST / i
k i |( U IST / i − VG*i ) < 0
x
∑ VG *
k i |( U IST / i − VG *i ) > 0
i
+
y
∑ VG *
k i |( U IST / i − VG *i ) = 0
i
+
z
∑ VG *
k i |( U IST / i − VG *i ) < 0
i
− VG *i )
− VG *i )
620
Der Vergleich des relativen Differenzdiskriptors zwischen Kundenelementen gibt zwar Aufschluß über den
Loyalitätsgrad der einzelnen Kundenelemente, berücksichtigt jedoch nicht den umsatzbezogenen Wertbeitrag, der beispielsweise durch eine Loyalitätsverbesserung erzielt wurde. Hier ist auf den Absolutwert des
Differenzdiskriptors abzustellen.
621
Die Notation “*“ symbolisiert die Überführung der Mengengröße VG in eine Wertgröße. Es gilt:
VG* = VG . p.
186
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Die Loyalitätssituation im Bereich des PAT_I_PO läßt sich über den absoluten Differenzdiskriptor ∆SVG* = UIST - SVG* bzw. relativ über (UIST - SVG*)/SVG* analysieren. Er beschreibt die Umsatzhöhe, welche durch Loyalitätszuwachs bzw. -verringerung insgesamt gewonnen bzw. verloren wurde.622 Dieser Gesamteffekt setzt sich aus dem Gesamtzuwachs
+
∆VG* sowie der Gesamtverringerung -∆VG* zusammen. Der Kompensationseffekt zwischen beiden Größen ergibt, wie in Abbildung 40 grafisch dargestellt, die resultierende Gesamtabweichung gegenüber dem Anspruchsniveau SVG*.
+∆VG*
-∆VG*
UIST
SVG*
∆SVG*
SVG*1
SVG*2
SVG*3
Abbildung 40: Überleitungsrechnung zur Loyalitätsbetrachtung für PAT_I_PO
Über eine Drill Down-Betrachtung können die Abweichungseffekte den Kundengruppen verursachungsgerecht zugeordnet werden. Die Kenngröße +∆VG*/SVG*1 gibt dabei die prozentuale Umsatzsteigerung über das geforderte Loyalitätsniveau hinaus an und liefert damit einen
Bewertungsmaßstab für die Höhe des erzielten Loyalitätszuwachses für die betreffende Kundengruppe. Gleichzeitig wird über -∆VG*/SVG*3 das prozentuale Ausmaß der Loyalitätsreduktion bzw. der Unterschreitung des Anspruchsniveaus für die entsprechende Kundengruppe
bestimmt. In einer weiteren Differenzierung liefert die Unterscheidung der Kundenelemente
nach ihrem Transaktionspooltyp Aussagen darüber, welche Transaktionspooltypen am stärksten sowohl zur positiven Abweichungsgröße +∆VG* als auch zu der als negativ zu bewertenden Größe -∆VG* beigetragen haben. Dazu sind die Vergleichgröße SVG* und die existierenden Abweichungseffekte wie folgt zu differenzieren:
4
4
4
j=1
j=1
j=1
SVG* = ∑ SVG *1, j + ∑ SVG *2, j + ∑ SVG *3, j
622
Die Sunk Sales-Quote (UIST - SVG*)/SVG* mit UIST < SVG* gibt die prozentuale Höhe des Umsatzverlustes
infolge eines nicht erreichten Anspruchsniveaus der Kundenloyalität an.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
mit:
SVG *1, j =
SVG *3, j =
+
x
∑ VG *i
k i |( U IST / i − VG *i ) > 0 ∧ k i ∈KU _ PO j
4
∆VG* = ∑ + ∆VG * j
j=1
y
∑ VG *
i
k i |( U IST / i − VG *i ) = 0 ∧ k i ∈KU _ PO j
,
∑ VG *
i
k i |( U IST / i − VG *i ) < 0 ∧ k i ∈KU _ PO j
∆VG* = ∑ + ∆VG * j
4
, SVG *2, j =
z
mit:
+
mit:
−
j=1
−
187
∆VG * j =
∆VG * j =
n
∑ (U
− VG *i )
IST / i i
k i |( U IST / i − VG*i ) > 0 ∧ k i ∈KU _ PO j
n
∑ (U
− VG *i )
IST / i i
k i |( U IST / i − VG*i ) < 0 ∧ k i ∈KU _ PO j
Über die Höhe von +∆VG*j/+∆VG* und -∆VG*j/-∆VG* für j =1, 2, 3, 4 läßt sich die Bedeutung der Kundenelemente des jeweiligen Transaktionspools für das Ausmaß der Loyalitätsabweichung bestimmen.623
5.3.1.4.3
Loyalitätsbetrachtung für Pool PAT III_PO und Zusammenführung der
Loyalitätseffekte
PAT_III_PO enthält alle für eine aktive Bearbeitung vorgesehenen Kundenelemente, die keine Transaktion in der betrachteten Periode mit dem Unternehmen getätigt haben und somit als
Elemente am Ende der Periode dem Pool VER_KU_PO zuzuordnen sind. Für diese Kundenelemente gilt jeweils:
UIST = 0.
Die Betrachtung der Loyalitätssituation bei PAT_III_PO reduziert sich somit auf die Bestimmung von -∆VG*. Es gilt:
SVG* + -∆VG* = 0.
Die negative Gesamtabweichung entspricht damit der Vergleichsgröße SVG*. Die Sunk
Sales-Quote für den PAT_III_PO beträgt folglich immer minus einhundert Prozent. Über
-
∆VG*j/-∆VG* für j =1, 2, 3, 4 läßt sich ebenfalls für den PAT_III_PO eine Wertung hinsichtlich des Negativbeitrags der einzelnen Transaktionspooltypen durchführen.
623
Für j = 1,..., 4 gilt: 1 → ER_KU_PO, 2 → BES_KU_PO, 3 → ZUR_KU_PO, 4 → VER_KU_PO. Je stärker
die Verteilung der Kundenelemente innerhalb eines Transaktionspools auf einen der möglichen Vergleichstypen SVG*1, SVG*2, SVG*3 konzentriert ist, desto besser können Rückschlüsse in bezug auf die Güte und
Angemessenheit des angewendeten Bearbeitungsniveaus vorgenommen werden.
188
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Die Ermittlungsvorschrift zur Bestimmung des Loyalitätseffektes reduziert sich an dieser
Stelle auf:
−
4
∆VG* = ∑ + ∆VG * j
j=1
mit:
−
∆VG * j =
n
∑ (U
− VG *i )
IST / i i
k i |( U IST / i − VG*i ) < 0 ∧ k i ∈KU _ PO j
Die Gesamtloyalitätssituation eines Unternehmens für den Bereich der aktiv geplanten Kundenbearbeitung ergibt sich durch Zusammenführung der Loyalitätseffekte des PAT_I_PO und
PAT_II_PO. Eine insgesamt positive Loyalitätssituation ist nur dann zu erreichen, wenn der
negative Abweichungseffekt des PAT_II_PO durch einen positiven Gesamteffekt im Bereich
des PAT_I_PO überkompensiert wird. Die Ermittlungsvorschrift zur Bestimmung des relativen Gesamtloyalitätseffektes über beide Pools lautet:624
∆VG*PAT_I,III_PO = (UIST/PAT_I_PO - SVG*PAT_I_PO - SVG*PAT_III_PO)/(SVG*PAT_I_PO +
SVG*PAT_III_PO)
5.3.2
Adaptionsanalyse der Prozeßebene
Im Rahmen der Gestaltung der Kundenbearbeitung ist ein wesentlicher Steuerungsstellhebel
des Unternehmens für die Planungsperiode die jeweilige Bearbeitungsintensität in den einzelnen Prozeßphasen, ausgedrückt durch die Höhe des jeweiligen Prozeßkostensatzes PKS.
Normativ ergeben sich kanonisch zwei grundsätzliche Steuerungsrichtungen, den Prozeßkostensatz zu senken bzw. diesen anzuheben, um über ihre mittelbare Wirkung auf die Abschlußwahrscheinlichkeiten w1 und w2 die Profitabilität der Kundenbearbeitung und damit
den Erfolgsbeitrag für das Unternehmen zu steigern.
Eine Senkung des Prozeßkostensatzes ist sinnvoll, wenn ein gleicher ökonomischer Erfolg
auch mit einer niedrigeren Bearbeitungsintensität und damit niedrigeren Prozeßkosten erzielt
werden kann. Beides führt zu parametrischen Anpassungen der Werte für PKS im Planungsmodell. Dabei sind wiederum zwei Anpassungstypen zu unterscheiden.
Einerseits kann sich als Implikation ergeben, daß das Niveau eines Prozeßkostensatzes grundsätzlich zu verändern ist, um den ökonomischen Erfolg des Unternehmens zu erhöhen. Andererseits kann es auf atomarer Ebene eines Kundenpools oder eines einzelnen Kundenelements
ökonomisch sinnvoll sein, geplante Prozeßbearbeitungskostensätze anzupassen. Die aus der
Abweichungsanalyse gewonnenen Erkenntnisse führen somit dazu, daß die Zieladäquanz der
im Rahmen des Planungsmodells zu verwendenden Initialisierungswerte kontinuierlich verbessert wird.
624
Die Größe ∆VG*PAT_I,III_PO stellt aus Sicht eines Managementreportings eine Kerninformation in bezug auf
die Loyalitätssituation des Unternehmens dar. Aufgrund der möglichen Überlagerungs- und Kompensationseffekte bietet sich insbesondere für die Bestimmung von Handlungsimplikationen die oben aufgeführte Drill
Down-Betrachtung an.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
189
Dies intendiert auf Formalzielebene die Erhöhung des ökonomischen Erfolges. Auf Sachzielebene betrifft der Erkenntniszugewinn auf Basis des Adaptionsanalysebereiches “Prozesse“,
die Identifikation etwaiger Prozeßschwachstellen und die Behebung dieser. Im folgenden sind
somit Instrumente zu entwickeln, die in Verbindung mit den Ergebnissen der elementaren
Abweichungsanalyse Erkenntnisse bezüglich der Anpassung der Prozeßkostensätze gewinnen, um den dargestellten normativen Erkenntniszugewinn in einem im Rahmen des Planungsmodells umsetzbaren Maße zu operationalisieren. Aus der Wirkungskette des Prozeßkostensatzes über die beiden Abschlußwahrscheinlichkeiten w1 und w2 auf den Gewinn ergeben sich abermals zwei entsprechende Analyse- und somit Instrumentenbereiche. Dies bedeutet, daß sowohl das Verhältnis zwischen Prozeßbearbeitungskostensatz und Abschlußquote als auch das Verhältnis zwischen Prozeßbearbeitungskostensatz und Abschlußhöhe zu optimieren ist.
5.3.2.1 Adaption hinsichtlich der Optimierung der Abschlußquote
Prozeßschwachstellen werden u. a. dadurch deutlich, wenn der mit der Planabgangswahrscheinlichkeit abw korrespondierende Ist-Abgang abwist in einer Prozeßphase deutlich über
der jeweiligen Planabgangswahrscheinlichkeit liegt. Daraus resultiert entsprechender Adaptionsbedarf für die Größen PKS. Da im Gegensatz zur Analyse der Prozeßbearbeitungskostensätze im Hinblick auf den Ist-Abgang keine kundenindividuellen Meßgrößen vorliegen, führt
das im Rahmen dieses Teilbereichs zu entwickelnde Instrumentarium zu Niveauverschiebungen der Prozeßbearbeitungskostensätze. Weil notwendige Niveauverschiebungen sich nur aus
den gemessenen Daten für den jeweils betrachteten Plan-Prozeßbearbeitungskostensatz PKS
ergeben können, ist entsprechend das folgende Vorgehen auf alle PlanProzeßbearbeitungskostensätze anzuwenden.625 Grundlegende Informationen hierfür liefern
die Ist-Abgänge abwist je Prozeßstufe im Vergleich zu den Planabgangswahrscheinlichkeiten
in Beziehung zu den jeweils eingesetzten Prozeßbearbeitungskostensätzen.626 Dazu sind die
jeweiligen Ist-Ausprägungen eines Planprozeßbearbeitungskostensatzes, deren Anzahl sich
aus der Zahl der die jeweilige Phase durchlaufenen Kunden ergibt, in Quantile einzuteilen.
Die Spannweite SW(QAN) der Summe aller Quantile als Grundlage für die Quantileinteilung
ergibt sich dabei aus der Differenz der maximalen positiven und maximalen negativen Abweichung.
SW (QAN ) = max(∆PKS (...)) − min(∆PKS (...))
625
Um die Symbolik übersichtlich zu vereinfachen, werden die Prozeßbearbeitungskostensätze der einzelnen
Stufen durch das Symbol PKS(...) subsummiert.
626
Die folgenden Analysen erfolgen wiederum je Kundenpool.
190
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Stellvertretend für die alternativen Prozeßbearbeitungskostensätze steht der Mittelwert des
Quantils µ(QAN), wobei daraus kanonisch als Anforderungen an die Quantileinteilung resultiert, daß σ(QAN) möglichst gering ausfällt und MAE(QAN) möglichst groß ist.627
Die Planabgangswahrscheinlichkeit ist konstant für den Prozeßbearbeitungskostensatz vorgegeben, während der Ist-Abgang abwist je Quantil, symbolisiert durch abwist(QAN), zu betrachten ist. Es ergeben sich somit in Abhängigkeit der Anzahl gebildeter Quantile entsprechende
Werte für die Differenz aus abwist(QAN) und abw:
∆(abw ist (QAN) / abw )) = abw ist (QAN) − abw
Dabei zeigt sich, in welchen Quantilen die Planabgangswahrscheinlichkeit überschritten bzw.
wo sie unterschritten wird. Um festzustellen, ob eine Anpassung des Prozeßbearbeitungskostensatzes sinnvoll ist, muß die statistische Signifikanz der Differenzen für die einzelnen Quantile überprüft werden. Dazu ist für jedes Quantil ein Einstichprobentest für den Anteilswert - ausgedrückt in der Verlustquote bzw. der Abgangswahrscheinlichkeit - durchzuführen, der in der Nullhypothese annimmt, daß der Ist-Abgang abwist gleich der prognostizierten Abgangswahrscheinlichkeit abw ist, während für die entsprechende Gegenhypothese zu
formulieren ist, daß abw größer oder kleiner ausfällt. Dies hängt analog davon ab, ob abwist
größer oder kleiner als abw ist. Für die Grundstruktur der Nullhypothese H0 und Gegenhypothese H1 der für die einzelnen Quantile durchzuführenden Tests628 unter Berücksichtigung des
festzusetzenden Signifikanzniveaus α629, bedeutet das:
H o : abw ist = abw
abw ist > abw für ∆(abw ist (QAN) / abw ) > 0
H1 : 
abw ist < abw für ∆(abw ist (QAN) / abw ) < 0
627
Die Aufteilung in Quantile kann durch lineare Einteilung des Kontinuums oder durch Anwendung der
Clusteranalyse erfolgen.
628
Vgl. Rasch, D. (1978), S. 282 f. Die Annahme für die Anwendung dieses Schätzverfahrens, daß der arithmetische Mittelwert einer Stichprobe aus einer normalverteilten Grundgesamtheit unabhängig ist von einer beliebigen Funktion der Stichprobenelemente, die translationsvariant ist, d. h. deren Wert sich nicht ändert,
wenn jedes Stichprobenelement um den gleichen Betrag vergrößert oder verkleinert wird, kann in diesem
Anwendungsfall als erfüllt angesehen werden.
629
Anzunehmen ist das allgemein übliche Signifikanzniveau von 95 %, ausgedrückt in α = 0,05. Dieses bedeutet jedoch nicht, daß das Testergebnis zu 95 % richtig ist, sondern lediglich, daß zu 95 % kein Fehler erster
Art begangen wurde. Ein Fehler erster Art liegt vor, wenn die Nullhypothese abgelehnt wird, obwohl sie in
der Realität zutrifft. Umgekehrt besagt ein Fehler zweiter Art, daß die Nullhypothese angenommen wird,
obwohl sie in der Realität gar nicht zutrifft. Das Dilemma besteht darin, daß eine Verringerung des Risikos,
einen Fehler erster Art zu begehen, mit einer Erhöhung des Risikos, einen Fehler zweiter Art zu begehen,
einhergeht. Ziel ist es, das Signifikanzniveau so zu wählen, daß die Fehlerwahrscheinlichkeiten vertretbar
sind. Für die Anwendung bedeutet dies, daß bei glaubhaft erscheinenden Aussagen für das Signifikanzniveau ein kleiner Wert gewählt wird, normalerweise α = 0,05. Ansonsten ist α entsprechend zu erhöhen. Vgl.
Berekoven, L./Eckert, W./Ellenrieder, P. (1996), S. 63 ff.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
191
Für die Überprüfung der Hypothesen sind jeweils die Testgröße tgr und die Prüfgröße pgr zu
bestimmen. Aus der Tabelle der Standardnormalverteilung ergibt sich tgr mit 1 – α. Die Prüfgröße pgr ermittelt sich dann wie folgt:
pgr =
abw ist − abw
abw ⋅ (1 − abw )
MAE(QAN)
Für die erste Alternative von H1 wird Ho abgelehnt, wenn gilt: pgr > tgr. Entsprechend symmetrisch wird für die zweite Alternative von H1 die Nullhypothese Ho abgelehnt, wenn gilt:
pgr < tgr.
Wird die Nullhypothese abgelehnt, so liefert der jeweils durchgeführte Test statistischsignifikante Hinweise darauf, daß eine Niveauveränderung des Prozeßbearbeitungskostensatzes auf µ(QAN) - als am wahrscheinlichsten anzunehmenden Wert - zu anderen Verlustanteilen führt und auch die Planabgangswahrscheinlichkeiten entsprechend anzupassen wären.
Ob diese Niveauveränderung des Prozeßbearbeitungskostensatzes hinsichtlich der Unternehmensziele ökonomisch sinnvoll ist und damit eine Anpassung von PKS und entsprechend resultierend abw sinnvoll wäre, ist durch eine Vergleichsrechnung zu prüfen. Es gilt zu untersuchen, ob ein Wertepaar (abw/PKS) der getesteten Varianten bei Zugrundelegung der Umsatzschätzungen für die kommende Planungsperiode zu einem besseren Ergebnis als das bisherige
Wertepaar führt. Daraus ergibt sich folgendes Regelset:
∆PKS(...) < ∆abw ⋅ U plan → PKS anpassen
∆PKS(...) ≥ ∆abw ⋅ U plan → PKS beibehalten
Die Entscheidungsregel lautet somit, daß eine Anpassung von PKS(...) vorzunehmen ist,
wenn für ein Quantil Bedingung 1 zutrifft. Gilt diese Bedingung für mehrere Quantile, so ist
derjenige PKS auszuwählen, bei dem sich die größte Differenz zwischen ∆PKS und dem Produkt aus ∆abw und Uplan ergibt. Dies bedeutet jeweils:
Wähle PKS | max(∆PKS − (∆abw ⋅ U plan ))
5.3.2.2 Adaption hinsichtlich der Optimierung der Abschlußhöhe
Für die im Rahmen der Abweichungsanalyse festgestellten Prozeßkostenabweichungen, welche systematisch in Tabelle 17 in Form der Basismatrix der Prozeßkostenanalyse zusammengefaßt worden sind, ist für die Analyse der Einflüsse auf die Abschlußhöhe jeweils zu entscheiden, ob:
a) die Abweichung zu einer Anpassung des Plan-Prozeßbearbeitungskostensatzes führen
sollte oder
192
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
b) die Abweichung sozusagen ungerechtfertigt ist und lediglich eine Budgetüberschreitung darstellt, die zu keinen signifikanten Ergebnisverbesserungen führt.
Dabei ist zu differenzieren, in welchen Prozeßphasen eine Anpassung der Plan-Bearbeitungskostensätze sinnvoll ist, um pauschale, nicht kosteneffiziente Anpassungen zu vermeiden. Um
differenzierte Adaptionsaussagen zu generieren, gilt als notwendige Bedingung, daß wiederum poolspezifisch vorzugehen ist. Einen Gradmesser für die Güte der Abschlußhöhe liefert
die Abschlußdifferenz aus Uiplan und Uiist, die möglichst gering ausfallen sollte.
Zur Bestimmung, ob sich Niveau- oder Einzelanpassungen der Prozeßkostensätze als notwendig erweisen, sind in einem ersten Schritt entsprechende Korrelationskoeffizienten zwischen Prozeßkostenabweichung und der Abschlußdifferenz zu bilden. Um Ergebnisverschiebungen zu vermeiden, die aus den Nullwerten der Durchdringungsquoten für Kunden erfolgen, die keinen Abschluß getätigt haben, sind in der Bestimmung der Korrelationskoeffizienten nur die Werte der Kunden zu berücksichtigen, bei denen eine Transaktion in der Planungsperiode vorliegt. Um die Ebene der Bearbeitungsintensität zu berücksichtigen, sind die
Korrelationskoeffizienten differenziert danach zu bilden, ob eine niedrige, mittlere oder hohe
Bearbeitungsintensität vorgesehen wurde. Die Grundform dieses Korrelationskoeffizienten
ergibt sich aus:
5
4
∀∀ ∀
j=1 v*=1 int ={l , m , h }
τ ((∆K (. / .) /( U plan − U ist )) | U i ist > 0 ∧ U i plan > 0) =
n
∑ (∆K(. / .)
i =1
n
i
− ∆K ) ⋅ (( U i plan − U i ist ) − ( U plan − U ist ))
n
∑ (∆K(. / .)i − ∆K) 2 ⋅∑ (U i plan − U i ist ) − (U plan − U
i =1
i =1
ist
)2
Aus den Werten der Korrelationskoeffizienten läßt sich notwendiger Adaptionsbedarf aufdecken, der im Anschluß zu instanzieren ist. Dies bedeutet für den konkreten Anwendungsfall,
daß mit Hilfe der Korrelationskoeffizienten zwar aufgedeckt werden kann, welche der PlanBearbeitungskostensätze für die kommende Planungsperiode angepaßt werden sollten, das
Ausmaß der Anpassung jedoch durch eine anschließende ergänzende Betrachtung bestimmt
werden muß. Anpassungsbedarf liegt vor, wenn eine statistisch relevante Korrelation ermittelt
wird.630 Ansonsten stellen die Kostenabweichungen in der Regel nur ungerechtfertigte Budgetüberschreitungen dar. Hiervon sind diejenigen Kunden auszunehmen, bei denen aufgrund
einer vorzunehmenden Experteneinschätzung diese Kosten tatsächlich notwendig sind, um
die erzielten Umsätze zu erreichen. Analog zu der im Anschluß an die Interpretation der Korrelationskoeffizienten durchgeführten Wirtschaftlichkeitsrechnung ist zu prüfen, ob diese in630
In der Regel ist bei einem Wert von mindestens 0,65 von einer deutlich positiven Korrelation auszugehen.
Vgl. Berekoven, L./Eckert, W./Ellenrieder, P. (1996), S. 211 ff. Ein entsprechender negativer Wert ist aufgrund des Kontextes in der Regel auszuschließen, da dies ökonomisch hieße, daß eine weniger intensive Bearbeitung zu höheren Ist-Umsätzen führt oder die Bearbeitung des Kunden zu erheblichen Reaktanzen bei
diesen führt.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
193
dividuelle, intensivere Kundenbearbeitung sinnvoll ist. In diesem Fall ist im Planungsmodell
für die kommende Periode im Sinne einer Feed-forward-Schleife eine entsprechende Differenzierung auf Basis dieser identifizierten Kundenelemente im Rahmen der Zielfunktion vorzunehmen.
Es ist davon auszugehen, daß in der Regel eine intensivere Bearbeitung, ausgedrückt in höheren Bearbeitungskostensätzen, zu höheren Umsätzen führt.631 Somit besteht weiterer Analysebedarf, sofern gilt:
τ ((∆K (. / .) /( U plan − U ist )) | U i ist > 0 ∧ U i plan > 0) ≥ 0,65
In diesen Fällen ist zu überprüfen, in welchem Ausmaß der Plan-Bearbeitungskostensatz angehoben werden muß. Dazu sollten verschiedene alternative Szenarien für Werte von PKS gerechnet werden, um jeweils den ökonomisch optimalen Bearbeitungskostensatz zu bestimmen. Je stärker dieser Anstieg ausfällt, desto notwendiger ergibt sich hieraus Anpassungsbedarf, der bei Umsetzung zu einer Verbesserung der ökonomischen Erfolgsposition des Unternehmens führt. Graphisch visualisiert bedeutet dies, daß notwendige Anpassungsbedarfe um
so dringlicher sind, je stärker die Elbow-Kriterien aus interpolierten Geradenabschnitten zur
Darstellung der Korrelation ausgebildet sind (siehe dazu auch Abbildung 41).
Plan-UmsatzIst-Umsatz
Ellbow-Kriterium
Kunde
Abbildung 41:
Bearbeitungskosten
Prinzipdarstellung der Anwendung des Elbow-Kriteriums632
Ob sich eine Anpassung des Bearbeitungskostensatzes tatsächlich lohnt, hängt von dessen
Steigerungshöhe ab und von den möglichen Umsätzen mit diesen Kunden. Für die einzelnen
Szenarien sind jeweils die zusätzlichen Kosten mit den zusätzlich zu erwartenden Umsätzen
zu vergleichen. Dabei ist auf Basis der Planwerte der Folgeperiode zu rechnen, um absolute
631
Wiederum ist anzumerken, daß Sonderfälle auszunehmen sind.
632
Zum Elbow-Kriterium vgl. Berekoven, L./Eckert, W./Ellenrieder, P. (1996), S. 102 ff.
194
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Niveauunterschiede hinsichtlich der Kundenbedarfe in den einzelnen Perioden auszugleichen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß bei mehreren signifikanten Korrelationskoeffizienten
für einzelne Prozeßphasen eines Kundenpools und gleiche Bearbeitungsintensität, die einzelnen Szenarien der Korrelationskoeffizienten zu verknüpfen sind.
Die resultierenden Szenario-Ergebnisse sind anschließend mit dem Ergebnis des bisherigen
Bearbeitungskostensatzes zu vergleichen. Für die Folgeperiode sollte der Plan-Prozeßbearbeitungskostensatz dem Niveau angepaßt werden, welches das größte Ergebnis verspricht. Um die Signifikanz der neu ermittelten Plan-Prozeßbearbeitungskostensätze zu
bestimmen, welche die hinreichende Bedingung zu den zuvor erläuterten notwendigen Bedingungen für die Umsetzung der Anpassung der Planprozeßbearbeitungskostensätze darstellt,
sind statistische Testverfahren einzusetzen.
Im hier vorliegenden Fall sind jeweils Mittelwerttests auf Basis des t-Tests durchzuführen,
die in der Nullhypothese annehmen, daß der Mittelwert der Ist-Abschlußhöhe µ(w2ist) für eine
Größe PKS(...) gleich dem prognostizierten w2 ist. Für die entsprechende Gegenhypothese H1
ist zu formulieren, daß w2 größer oder kleiner ausfällt.633 Dies bedeutet für die Grundstruktur
der Nullhypothese H0 und der Gegenhypothese H1 der für die einzelnen Quantile durchzuführenden t-Tests:
H o : µ = w2
H 1 : µ ≠ w2
Darüberhinaus ist die mittlere Ist-Abschlußhöhe Mw2ist für den veränderten Prozeßkostensatz
PKS(...)* der Stichprobe, die Standardabweichung σ(w2ist) der entsprechenden Werte sowie
der Stichprobenumfang SU wie folgt zu bestimmen:
n
U iist
k i ∈KU _ PO j|PKS= PKS (...) *
U i plan
∑
Mw 2 ist =
n
U iist
k i ∈KU _ PO j|PKS= PKS (...) *
U i plan
∑
MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*}
=
SU
n
σ ( w 2 ist ) =
=
∑
U iist
k i ∈KU _ PO j | PKS = PKS(...)* U i plan
Ui
1
)²
⋅
( ist −
∑
MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*} − 1 k i ∈KU _ PO j |PKS= PKS(...)* U i plan MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*}
n
n
Ui
1
⋅
( ist − Mw 2 ist ) 2
∑
SU − 1 k i ∈KU _ PO j |PKS= PKS(...)* U i plan
SU = MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*}
633
Entsprechend sind die im Kapitel 5.2.2.4 bereits erwähnten Anpassungsmöglichkeiten aus dem funktionalen
Zusammenhang zwischen w2 und PKS auszufüllen.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
195
Auf Basis des Signifikanzniveaus α ist das Testgrößenintervall TGR=[tu;to] des t-Tests zu
bestimmen. Unter Berücksichtigung der Freiheitsgrade fr für die Anwendung der Tabelle der
t-Verteilung ergeben sich die untere Grenze tu und die obere Grenze to des Testgrößenintervalls TGR. Die Freiheitsgrade fr ergeben sich jeweils aus:
fr = SU − 1 = MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS (...)*} − 1
Im Anschluß ist die Prüfgröße des Tests zu bestimmen. Diese ergibt sich aus:
tpr =
Mw 2 ist − µ
σ ( w 2 ist )
SU − 1
n
U iist
k i ∈KU _ PO j | PKS= PKS(...)*
U i plan
∑
=
MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*}
− w2
n
∑
U iist
n
Ui
k i ∈KU _ PO j |PKS= PKS(...)* U i plan
1
⋅
( ist −
)²
∑
MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*} − 1 k i ∈KU _ PO j |PKS= PKS(...)* U i plan MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*}
MAE{k i ∈ KU _ PO j | PKS = PKS(...)*} − 1
Liegt tpr innerhalb des Intervalls TGR, so ist die Nullhypothese anzunehmen, ansonsten ist
sie abzulehnen. Das bedeutet:
tpr ∈ [tu; to] → Nullhypothese annehmen
tpr ∉ [tu; to] → Nullhypothese ablehnen
Wird die Nullhypothese angenommen, so bedeutet dies, daß der betrachtete Prozeßkostensatz
nicht anzupassen ist, da sich daraus keine signifikante Veränderung für w2 ergibt. Umgekehrt
ist die Niveauhöhe von PKS(...) für die folgende Planung entsprechend zu verändern, wenn
die Nullhypothese H0 abzulehnen und die Gegenhypothese H1 anzunehmen ist.
Aus den beiden dargestellten Analysen zur Ableitung von Adaptionsbedarf hinsichtlich der
Anpassung des Niveaus der Prozeßbearbeitungskostensätze können sich auf den ersten Blick
widersprechende Implikationen für die Höhe des anzusetzenden Plan-Prozeßbearbeitungskostensatzes ergeben. Das ist der Fall, wenn für einen bestimmten Plan-Prozeßbearbeitungskostensatz aus beiden Analysen jeweils Anpassungsbedarf erarbeitet wird und somit zwei alternative Niveauhöhen existieren.634 Als Entscheidungsregel kann festgehalten werden, daß
dasjenige Kostenniveau jeweils auszuwählen ist, welches gemäß obiger Vergleichsrechnung
zu dem besseren ökonomischen Ergebnis führt.
634
Es ergibt sich kanonisch, daß eine additive Verknüpfung der Anpassungsdifferenzen nicht zulässig ist.
196
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
5.3.2.3
Adaption hinsichtlich der Zuordnung von Prozeßbearbeitungskostensätzen
Neben den bisher skizzierten Testverfahren, deren Einsatz Fragen zur Anpassung des jeweiligen Niveaus der Bearbeitungskostensätze beantwortetet, ist zu klären, welcher Prozeßbearbeitungskostensatz welcher Kundengruppe zugeordnet werden sollte, um ökonomisch optimal zu
agieren. Dazu sind Kundengruppentests durchzuführen. Die Kundentestgruppe wird jeweils in
Abhängigkeit der Anzahl alternativ relevanter Prozeßbearbeitungskostensätze in Kundentestteilgruppen aufgeteilt. Jede Teilgruppe TGP wird mit einem der alternativ möglichen Prozeßbearbeitungskostensätze bearbeitet. Auf Basis der resultierenden Umsatzergebnisse ist jeweils
mit Hilfe einer paarweisen einfaktoriellen Varianzanalyse635 zwischen einem alternativen und
dem derzeitigen Prozeßbearbeitungskostensatz zu überprüfen, aus welchen Prozeßkostensätzen sich statistisch-signifikant unterschiedliche Umsatzwerte ergeben. Resultieren aus mehreren Prozeßbearbeitungskostensätzen unterschiedliche Umsatzwerte, so sind diese auch untereinander mit Hilfe der Varianzanalyse auf Signifikanz zu untersuchen. Wiederum erfolgt anschließend eine Auswahl des optimalen Bearbeitungskostensatzes auf Basis einer ökonomischen Vergleichsrechung für die statistisch-signifikanten, alternativen Wertepaare aus Prozeßbearbeitungskostensatz und prognostiziertem Umsatzwert.
Als Grundlage für die Durchführung der Varianzanalyse sind folgende Symbole einzuführen.
Die Variable z steht für die Anzahl betrachteter Variablen im Rahmen der Varianzanalyse.
Hier weist z jeweils den Wert “2“ auf, da jeweils zwei Kostensätze untersucht werden. Zudem
sind die Umsatzwerte U zum einen mit z zu indizieren, zum anderen mit i, um die Anzahl der
Fälle, ausgedrückt in der Anzahl der mit dem jeweiligen Prozeßkostensatz PKSz bearbeiteten
relevanten Bedarfsträger RBi, abzubilden.636 Dies ist gleichbedeutend mit der Mächtigkeit tgpz
der Testgruppe TGPz:
tgp Z = MAE(TGPZ ) = MAE{RBi ∈ TGPZ }
Die Varianzanalyse setzt an der Betrachtung der verschiedenen quadrierten Abweichungen
für die einzelnen Beobachtungswerte an.637 Grundsätzlich ergibt sich die Summe der quadrierten Gesamtabweichungen aus der Addition der Summe der quadrierten Abweichungen der
Umsatzwerte zwischen den beiden alternativen Prozeßbearbeitungskostensätzen und der
Summe der quadrierten Abweichungen der Umsatzwerte innerhalb der Prozeßbearbei-
635
Vgl. Green, P.E./Tull, D.S. (1982), S. 324 ff. Auf den ersten Blick könnte der Eindruck entstehen, daß die
Varianzanalyse dazu dient, die Varianzen von Stichprobengesamtheiten auf signifikante Unterschiede zu testen. Jedoch wird durch die Varianzanalyse geprüft, inwieweit Unterschiede zwischen den Wirkungen verschiedener Variablenausprägungen statistisch signifikant sind. Des weiteren ergibt sich kanonisch, daß eine
multiple oder eine mehrfache Varianzanalyse wenig Aussagekraft besitzt, da die Signifikanz hinsichtlich unterschiedlicher Ergebnisse für alle Alternativen gleichzeitig betrachtet werden würde.
636
Kanonisch ergibt sich, daß bei der Betrachtung der Kunden in diesem Zusammenhang wiederum auf die relevanten Bedarfsträger zu referenzieren ist.
637
Eine Betrachtung der Quadrate ist notwendig, da sich die absoluten Abweichungen lediglich gegenseitig aufheben würden.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
197
tungskostensätze.638 Die Summe der quadrierten Abweichungen der Umsatzwerte zwischen
den beiden alternativen Prozeßbearbeitungskostensätzen ergibt sich aus:
2
QAzwischen = ∑ (U Z − U ) 2 ⋅ n z
Z =1
Die Summe der quadrierten Abweichungen der Umsatzwerte innerhalb der Prozeßbearbeitungskostensätze wird wie folgt ermittelt:
2 tgp z
QAinnerhalb = ∑∑ (U iz − U z ) 2
z =1 i =1
Die Summe der quadrierten Gesamtabweichungen bestimmt sich aus:
2 tgp z
QAgesamt = ∑∑ (U iz − U ) 2
z =1 i =1
Insgesamt resultiert daraus:
2 tgp z
∑ ∑ (U
z =1 i =1
2 tgp z
2
iz
− U) 2 = ∑ ( U Z − U) 2 ⋅ n z + ∑ ∑ ( U iz − U z ) 2
Z =1
z =1 i =1
Im nächsten Schritt sind die Summen der quadrierten Abweichungen durch die zugehörige
Anzahl an Freiheitsgraden fr zu dividieren, so daß sich mittlere quadratische Abweichungen
ergeben. Die Freiheitsgrade bestimmen sich aus:
fr (QAzwischen ) = z − 1 = 2 − 1 = 1
fr (QAinnerhalb ) = tgp z − z = tgp z − 2
Daraus ergibt sich für die mittleren quadratischen Abweichungen MQAzwischen und
MQAinnerhalb:
2
MQA zwischen =
∑ (U
Z
Z =1
− U )2 ⋅ nz
z −1
2 tgp z
MQAinnerhalb =
638
∑∑ (U
z =1 i =1
iz
−U z )2
tgp z − z
Erstgenannter Summenterm wird auch als Näherungswert für die erklärte Abweichung bezeichnet, während
der zweitgenannte einen Näherungswert für die unerklärte Abweichung darstellt. Je größer die erklärte Abweichung gegenüber der unerklärten ausfällt, desto eher kann ein signifikanter Unterschied in den Ergebniswerten unterstellt werden. Vgl. Berekoven, L./Eckert, W./Ellenrieder, P. (1996), S. 216.
198
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
Die dargestellte Division ist erforderlich, um unter Anwendung der F-Verteilung zu prüfen,
ob die aus den beiden alternativen Prozeßkostensätzen resultierenden Unterschiede in den
Umsatzwerten signifikant oder nur zufällig sind. Der Quotient aus MQAzwischen und
MQAinnerhalb unterliegt einer F-Verteilung639, so daß sich der folgende empirische F-Wert FE
ergibt:
2
∑ (U
MQA zwischen
FE =
=
MQA innerhalb
Z
Z =1
2 tgp z
− U) 2 ⋅ n z
z −1
∑ ∑ (U
z =1 i =1
iz
− Uz )2
2
=
∑ (U
Z =1
Z
− U) 2 ⋅ n z
z −1
⋅
tgp z − z
2 tgp z
∑ ∑ (U
z =1 i =1
iz
− Uz )2
tgp z − z
Zur Prüfung, ob die Unterschiede in den aus den unterschiedlichen Prozeßkostensätzen resultierenden Umsatzwerte signifikant sind, sind wiederum die Nullhypothese H0 und die Gegenhypothese H1 zu formulieren. Kanonisch ergibt sich:
H0: Es besteht keine Signifikanz.
H1: Es besteht Signifikanz.
Die Nullhypothese ist abzulehnen, wenn unter Berücksichtigung des Signifikanzniveaus α der
ermittelte Wert für FE größer ist als der der Tabelle der F-Verteilung zu entnehmende theoretische F-Wert. Wird die Nullhypothese abgelehnt, ist nach bereits oben dargestelltem Vorgehen zu untersuchen, ob der Prozeßbearbeitungskostensatz jeweils anzupassen ist.
5.3.3
Adaptionsimplikationen aus der Kundenloyalitätsanalyse
Korrelationsanalysen zwischen der Ergebnisentwicklung und der Loyalitätsentwicklung helfen, die allgemeine These, daß die Neukundengewinnung teurer ist als die Kundenbindung zu
validieren bzw. die unternehmensspezifische Verhältnisausprägung aufzuzeigen. Unabhängig
davon ist die These weiter zu spezifizieren, indem sie für Bestandskunden je nach Dauer der
bereits anhaltenden Kundenbeziehung differenziert zu betrachten ist. Dies liefert einen Mehrwert hinsichtlich der Verteilung der Vertriebsressourcen auf die Kundenelemente. Umzusetzen sind die Adaptionsimplikationen in der Kundenloyalitätsnebenbedingung, die wie bereits
aufgezeigt, eine optionale Nebenbedingung der Algorithmik des Planungsmodells darstellt.
In einem ersten Schritt ist unternehmensindividuell zu prüfen, ob eine höhere Loyalität tatsächlich zu einem besseren Ergebnis führt. Dazu ist die Korrelation zwischen der Veränderung der Loyalität und dem Umsatz-Kosten-Verhältnis zu bilden.
639
Die F-Verteilung entspricht dem Quotienten zweier unabhängiger, unverzerrter Schätzgrößen für die Varianz
einer normalverteilten Grundgesamtheit.
5.3 Konzeption des Kontrollmodells zur Kundenbearbeitung
199
n
τ ((∆VG /( U ist / K ist ) | U i ist
Ui
U
− ( ))
Ki
K
> 0 ∧ k i ∈ BES _ KU _ PO ) = n i =1
n
U
U
(∆VG i − ∆VG ) 2 ⋅∑ ( i − ( )) 2
∑
K
i =1 K i
i =1
∑ (∆VG
i
− ∆VG ) ⋅ (
Wiederum ist von einem relevanten, signifikanten Zusammenhang auszugehen, wenn der
Wert des errechneten Korrelationskoeffizienten ein als signifikant erachtetes Niveau überschreitet. Dies ist die notwendige Bedingung, damit Kundenloyalität ein für das Unternehmen
uneingeschränkt anzustrebendes Ziel darstellt. Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob diese
Loyalität mit zunehmender Dauer der Kundenbeziehung zunimmt. Dazu ist die Korrelation
zwischen Loyalität und Dauer der Kundenbeziehung zu bilden. Für jeden Kunden ergibt sich
die Dauer der Kundenbeziehung aus |p-n*max|, wobei n*max die Periode der Kundenhistorie
darstellt, in der zum ersten Mal Uiist > 0 ist. Als Korrelationskoeffizient ergibt sich:
n
τ ((∆VG / | p − n *max |) | U i ist > 0 ∧ k i ∈ BES _ KU _ PO ) =
∑ (∆VG
i =1
i
− ∆VG) ⋅ (| p − n *i max | −| p − n *max |)
n
n
i =1
i =1
∑ (∆VG i − ∆VG) 2 ⋅∑ (| p − n *imax | −| p − n *max |)2
Um den Grad der Ergebnisverbesserung in Form des günstigeren Verhältnisses zwischen Umsatz und Kosten darzustellen, ist für jede Periode das Verhältnis zu dem entsprechenden Verhältnis der Erstkunden der Periode p zu bilden.640 Diese jeweilige Veränderung des positiven
ökonomischen Effektes einer längeren Kundenbeziehung wird durch die Vergleichsquote auf
Basis von U/K gebildet. Die resultierenden Instanzierungen der Beziehung zwischen Dauer
der Kundenbeziehung und relativer Kundenprofitabilität sind in den optionalen Nebenbedingungen der Algorithmik des Planungsmodells als entsprechende Operationalisierung jeweils
einzubauen. Diese Nebenbedingung, welche zur zusätzlichen Validierung ihr Spiegelbild in
den diskutierten Übergangskosten findet, ist nicht als explizite Einzelnebenbedingung, sondern vielmehr als Anpassung der Zielfunktion hinsichtlich der Bearbeitungskosten zu formulieren. Der Einbau des ökonomischen Vorteils der weiteren Bearbeitung besonders loyaler
Kunden ergibt sich somit aus einer Relativierung der PKS-Größen. Dazu sind die UmsatzKosten-Verhältnisse zu normalisieren und mit den PKS-Größen zu verknüpfen, die als angepaßte Terme in die Zielfunktion eingebaut werden.641 Diese Terme sind wie folgt definiert:
∀ ( U / K ) p* =
( U / K )p
(U / K) p
∀ PKS *i ,p* = PKSi ⋅ (( U / K ) p* | p* = p))
p − n*max
∑ (U / K)
PKSi
p
p
640
Ebenso wäre wiederum die zwischenperiodische Darstellung dieser Verhältniskennzahlen denkbar.
641
Vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen in Kapitel 5.2.2.4.
200
6.
6. Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung und Ausblick
Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Modell löst das Problem der Konzeption eines Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung im Rahmen des Vertriebsmanagements. Dazu
wurden drei Teilmodelle entwickelt, die ineinander verzahnt, eine kontinuierliche Verbesserung der Kundenbearbeitung im Zeitverlauf ermöglichen. Dies sind das Basismodell, das Planungsmodell und das Kontrollmodell. Die Teilmodelle wurden derart modelliert, daß sie für
eine unternehmensspezifische Ausgestaltung im jeweiligen Anwendungskontext geeignet
sind.
Das Basismodell verschafft Unternehmen eine konzeptionelle Informationsstruktur, die es erlaubt, die eigene Kundenbearbeitung zu strukturieren und damit grundlegende Zusammenhänge und Abläufe besser nachvollziehen zu können. Durch das entwickelte Mengenkonzept,
das einen durchgängig disjunkten Charakter aufweist, wird in der Transaktions- und Prozeßebene eine eindeutige Abgrenzung und Klassifizierung der Kunden nach ökonomischen Kriterien ermöglicht. Dieses Konzept gewährleistet eine wesentlich zielgerichtetere Bearbeitung
der Kundenelemente im Zeitverlauf.
Die Konzeption des Planungsmodells ermöglicht eine ökonomische Bewertung der unternehmensspezifischen Kundenbearbeitung. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, diese Bewertung anhand explizit meßbarer Größen vorzunehmen, um letztendlich auch den Ergebnisinterpretationsspielraum so gering wie möglich zu halten. Insbesondere hervorzuheben ist der
bedarfsorientierte Planungsansatz, der sich im Nutzungsdauerkonzept widerspiegelt und eine
kundenindividuelle zukunftsgerichtete Bedarfsplanung ermöglicht. Dadurch werden die dargestellten Schwächen rein fortschreibender vergangenheitsorientierter Prognoseansätze behoben. Die den Umsätzen entgegenzustellenden Kosten der Kundenbearbeitung sind durch einen Prozeßkostenansatz differenziert abgebildet worden, dessen universelle Einsetzbarkeit
herauszustellen ist. Durch das entwickelte Wahrscheinlichkeitskonzept wird mit Hilfe eines
objektivierten Maßstabs der Unsicherheit Rechnung getragen, ob und in welcher Höhe von
einem Abschluß mit einem Kunden ausgegangen werden kann. Die erarbeiteten ökonomischen Zusammenhänge und resultierenden Wirkungsketten sind in einer Zielfunktion formal
abgebildet und kanalisiert worden, deren Lösung Handlungspläne für die Kundenbearbeitung
liefert. Dabei ist berücksichtigt worden, daß strategische Vorgaben und Neuerkenntnisse aus
dem Einsatz der Analyseinstrumente des Kontrollmodells als Nebenbedingungen in die Lösung der Zielfunktion einfließen können.
Im Rahmen der Gestaltung des Kontrollmodells sind neue Instrumente entwickelt worden,
welche sowohl im Sinne eines Feed-backs als auch eines Feed-forwards die Initialisierungslösung des Planungsmodells im Zeitverlauf kontinuierlich verbessern helfen. Dies ist notwendig, um die Robustheit der Startlösung zu validieren und ggf. anzupassen bzw. für den unternehmensspezifischen Anwendungskontext den Einbau neuer Erkenntnisse aus dem Einsatz
6. Zusammenfassung und Ausblick
201
von Analyseinstrumenten zu erlauben. Dabei ist zwischen Instrumenten zur Abweichungsanalyse, welche im wesentlichen auf konkrete Schwachstellen der Kundenbearbeitung hinweisen,
und Instrumenten zur Adaptionsanalyse unterschieden worden, die vornehmlich Adaptionsbedarf des unternehmensindividuell instanzierten Planungsmodells aufzeigen.
Durch die im Rahmen des Kontrollmodells entwickelten Instrumente sind zudem die angenommenen Wirkungsketten insbesondere auch hinsichtlich der Auswirkungen der Kundenloyalität auf das ökonomische Ergebnis untersucht worden. Dazu wurde ein Modell auf Basis
statistischer Testverfahren entwickelt, welches das Vorliegen und Ausmaß des zu konstatierenden Zusammenhangs für den unternehmenspraktischen Anwendungsfall bestimmt. Des
weiteren sind Instrumente konzeptioniert worden, welche den Anpassungsbedarf hinsichtlich
der Steuerungsstellhebel des Planungsmodells liefern. Dazu sind auf Basis von Hypothesentests Instrumente konzipiert worden, welche für die originäre Wirkungskette der betrachteten
ökonomischen Größen die Signifikanz der Ergebnisveränderung bei der Anpassung eines Prozeßbearbeitungskostensatzes liefern. Über das Konzept einer Alternativenvergleichsrechung
sind die möglichen Prozeßbearbeitungskostensätze hinsichtlich ihrer ökonomischen Vorteilhaftigkeit für das Unternehmen bewertet worden. Während durch die Zielfunktion das periodisierte im Planungsmodell ausgedrückte Planungsproblem gelöst wird, stellt das Kontrollmodell sicher, daß über den Zeitverlauf notwendige Strukturanpassungen des Planungsmodells erkannt und umgesetzt werden.
Das Modell liefert eine konzeptionelle Steuerung zur Schließung der dargestellten Lücke zwischen strategischer, schwer zu operationalisierender marktorientierter Planung und zu operativen Methoden und Modellen, die lediglich Teilprobleme aus dem Gesamtsteuerungskontext
aufgreifen. Für weiterführende Arbeiten besteht Bedarf in der vertikalen Verzahnung des im
Rahmen dieser Arbeit konzipierten Modells zu strategischen und operativen Methoden, um
die identifizierte Lücke auch aus unternehmensorganisatorischer Perspektive zu füllen. Ebenso existiert der Bedarf einer horizontalen Verzahnung des entwickelten Modells mit Ansätzen
aus anderen Facettenbereichen der Marktbearbeitung, wie z. B. der Werbung, um ein umfassendes, ganzheitliches Modell einer marktorientierten Unternehmenssteuerung zu erhalten.
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Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
227
Anhang
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
1.
Einführung
Im folgenden Fallbeispiel wird der ökonomische Anwendungsnutzen des in dieser Arbeit
entwickelten Modells zur Steuerung der Kundenbearbeitung im Rahmen des Vertriebsmanagements dargestellt. Dabei wird auf den Einsatz des Planungs- und des Kontrollmodells fokussiert. In den folgenden Ausführungen werden schrittweise der unternehmenspraktische
Einsatz sowie der Nutzen der einzelnen Komponenten des entwickelten Modells verdeutlicht.
Der Anwendungsnutzen wird jeweils in ökonomischen Erfolgsgrößen dokumentiert.
2.
Basisdaten
2.1. Allgemeine Unternehmensinformationen
Das betrachtete Beispielunternehmen stellt ein Spezialwerkzeug zu einem Preis von 12.730
EUR her, das über den Business-to-Business-Kanal vertrieben wird. Die durchschnittliche
Nutzungsdauer des Spezialwerkzeuges beträgt drei Jahre. Die Herstellungskosten für das Spezialwerkzeug belaufen sich auf 9.420 EUR, so daß sich ein Deckungsbeitrag I in Höhe von
3.310 EUR je abgesetzter Einheit ergibt. Die Vertriebskosten, die sich aus der Bearbeitung
von Kunden während des Vertriebsprozesses ergeben, sind zusätzlich hiervon abzuziehen, um
den Deckungsbeitrag II zu erhalten. Sonstige Gemeinkosten, z. B. für die Abwicklung der
Aufträge, sowie potentiell auftretende Erlösschmälerungen sind zu vernachlässigen, da der
gewählte Modellansatz keinen Einfluß hierauf besitzt. Um die Komplexität des Fallbeispiels
im Rahmen zu halten, wird bei allen weiteren Einflußgrößen nach diesem Prinzip der Entscheidungsrelevanz vorgegangen. Das bedeutet, daß Einflußgrößen, die zu identischen Implikationen in den dargestellten Varianten führen, nicht in die Betrachtung einzubeziehen sind.
Zu planen ist der Einsatz der Vertriebsressourcen für das Jahr 2003 mit dem Ziel der Gewinnmaximierung. Der Rückgriffshorizont auf Transaktionsdaten der Vergangenheit, die für
einen Teil der Komponenten und damit für den vollständigen Einsatz und Anwendungsnutzen
des entwickelten Modells benötigt werden, beläuft sich auf fünf Jahre - also zurückgehend bis
ins Jahr 1998.
Das Unternehmen verfügt über einen Kundenstamm von 3.000 Unternehmen. Die Kunden
sind durch die Vergabe von Kundennummern eindeutig gekennzeichnet. In der Anwendung
des Basismodells sind in einer 1:N-Beziehung den Kundenelementen sechs verschiedene
228
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Transaktionsstati zugeordnet worden, die in den Darstellungen durch die folgenden Schlüsselnummern gekennzeichnet sind:
1 - Kundenelement des potentiellen Erstkundenpools des Marktes,
2 - Kundenelement des potentiellen Erstkundenpools des Wettbewerbs,
3 - Kundenelement des Erstkundenpools,
4 - Kundenelement des Bestandskundenpools,
5 - Kundenelement des Pools zurückgewonnener Kunden,
6 - Kundenelement des Pools verlorener Kunden.
2.2.
Spezielle Daten zu den Kundenbeziehungen
Im folgenden werden die zu den einzelnen Kundenbeziehungen vorliegenden Daten dargestellt, welche als Basisdaten in das entwickelte Modell zur Steuerung der Kundenbearbeitung
eingehen. Aus Darstellungsgründen wird jeweils nur ein Ausschnitt der für die 3.000 Kunden
des Unternehmens anfallenden Daten abgebildet.
2.2.1. Ist-Bedarfstableau der Vergangenheit
Das Ist-Bedarfstableau beschreibt den Umfang und die Verteilung der Kundenbedarfe in der
Vergangenheit. Die Bedarfserhebung erfolgt dabei wie in Kapitel 5.2.1. beschrieben. Für den
vorliegenden Fall ergibt sich ein Bedarfstableau wie folgt.
Kundennummer
1998
Bges
Bu
1999
Bwet Bges
Bu
2000
Bwet Bges
Bu
2001
Bwet Bges
Bu
2002
Bwet Bges
Bu
Bwet
KD - 0001
5
0
5
7
3
4
0
0
0
5
0
5
13
5
8
KD - 0002
23
9
14
25
5
20
22
6
16
25
9
16
25
5
20
KD - 0003
8
1
7
17
2
15
0
0
0
13
6
7
23
2
21
KD - 0004
16
6
10
26
6
20
23
4
19
18
6
12
30
10
20
KD - 0005
9
6
3
14
11
3
0
0
0
18
9
9
24
14
10
KD - 0006
0
0
0
0
0
0
0
0
0
5
5
0
9
5
4
KD - 0007
1
1
0
2
0
2
1
1
0
4
4
0
9
4
5
KD - 0008
8
5
3
7
5
2
2
0
2
11
5
6
18
11
7
KD - 0009
0
0
0
0
0
0
0
0
0
11
2
9
15
3
12
KD - 0010
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3
1
1
0
4
0
4
9
6
3
6
4
2
KD - 0011
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12
1
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12
5
0
0
0
23
16
7
30
16
14
KD - 0012
0
0
0
32
14
18
30
14
16
1
0
1
34
14
20
KD - 0013
0
0
0
25
23
2
16
12
4
11
7
4
26
23
3
KD - 0014
4
1
3
30
11
19
0
0
0
17
10
7
36
13
23
KD - 0015
0
0
0
8
7
1
4
4
0
8
1
7
20
17
3
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Kundennummer
1998
Bges
Bu
229
1999
Bwet Bges
Bu
2000
Bwet Bges
Bu
2001
Bwet Bges
Bu
2002
Bwet Bges
Bu
Bwet
KD - 0016
0
0
0
25
21
4
22
11
11
11
10
1
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0
0
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28
20
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0
0
0
0
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1
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1
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0
0
0
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3
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KD - 0021
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0
4
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10
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12
19
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KD - 0023
3
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2
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7
1
6
11
4
7
KD - 0024
29
29
0
14
5
9
21
16
5
35
34
1
16
5
11
KD - 0025
11
6
5
15
0
15
0
0
0
17
7
10
19
3
16
KD - 0026
0
0
0
0
0
0
0
0
0
3
1
2
4
3
1
KD - 0027
11
5
6
15
4
11
4
4
0
14
6
8
23
8
15
KD - 0028
9
8
1
26
11
15
0
0
0
12
8
4
38
15
23
KD - 0029
20
4
16
22
3
19
15
3
12
22
6
16
26
7
19
KD - 0030
25
0
25
9
1
8
20
1
19
37
10
27
10
2
8
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
Tabelle A1: Bedarfstableau
2.2.2. Ist-Umsatztableau der Vergangenheit
Die entsprechenden Ist-Umsätze in der Vergangenheit mit einzelnen Kunden können aus dem
Rechnungswesen/Forderungsmanagement entnommen werden.642
Kundennummer
642
Umsatz in
EUR
1998
Umsatz in
EUR
1999
Umsatz in
EUR
2000
Umsatz in
EUR
2001
Umsatz in
EUR
2002
KD - 0001
0
25.460
0
0
12.730
KD - 0002
76.380
38.190
63.650
63.650
63.650
KD - 0003
0
12.730
0
50.920
0
KD - 0004
25.460
50.920
50.920
76.380
152.760
KD - 0005
25.460
152.760
0
101.840
178.220
KD - 0006
0
0
0
50.920
38.190
KD - 0007
0
0
0
50.920
0
KD - 0008
0
50.920
0
50.920
0
Die Umsatzwerte für 1998 bis 2001 sind von DM in EUR umgerechnet worden.
230
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Kundennummer
Umsatz in
EUR
1998
Umsatz in
EUR
1999
Umsatz in
EUR
2000
Umsatz in
EUR
2001
Umsatz in
EUR
2002
KD - 0009
0
0
0
0
0
KD - 0010
0
0
0
89.110
0
KD - 0011
0
0
0
0
0
KD - 0012
0
190.950
216.410
0
216.410
KD - 0013
0
0
0
101.840
0
KD - 0014
0
127.300
0
0
0
KD - 0015
0
89.110
50.920
0
0
KD - 0016
0
0
140.030
152.760
190.950
KD - 0017
0
0
0
0
25.460
KD - 0018
0
0
0
89.110
0
KD - 0019
114.570
178.220
101.840
101.840
152.760
KD - 0020
0
0
0
25.460
0
KD - 0021
0
50.920
0
0
0
KD - 0022
0
0
101.840
0
203.680
KD - 0023
0
0
0
12.730
0
KD - 0024
305.520
0
25.460
0
25.460
KD - 0025
0
0
0
76.380
0
KD - 0026
0
0
0
0
38.190
KD - 0027
12.730
38.190
38.190
0
0
KD - 0028
0
127.300
0
0
0
KD - 0029
0
38.190
50.920
0
63.650
KD - 0030
0
0
0
152.760
38.190
…
…
…
…
…
…
Tabelle A2: Umsatztableau
2.2.3. Transaktionshistorie
Entsprechend der oben dargestellten Transaktionsstati ergibt sich unter Berücksichtigung des
Basismodells folgende Übersicht zur Transaktionshistorie.
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
231
Transaktionsstatus
1998
Transaktionsstatus
1999
Transaktionsstatus
2000
Transaktionsstatus
2001
Transaktionsstatus
2002
KD - 0001
4
6
5
4
4
KD - 0002
2
3
4
4
4
KD - 0003
4
4
4
4
4
KD - 0004
3
4
4
4
4
KD - 0005
1
3
4
4
4
KD - 0006
0
0
0
1
3
KD - 0007
4
4
4
4
4
KD - 0008
4
4
4
4
4
KD - 0009
0
0
0
2
3
KD - 0010
4
4
4
4
4
KD - 0011
4
4
4
4
4
KD - 0012
0
1
3
4
4
KD - 0013
0
2
3
4
4
KD - 0014
4
4
4
4
4
KD - 0015
0
1
3
4
4
KD - 0016
0
2
3
4
4
KD - 0017
0
1
3
4
4
KD - 0018
0
0
0
1
3
KD - 0019
4
4
4
6
5
KD - 0020
0
0
0
1
3
KD - 0021
4
4
4
4
4
KD - 0022
0
1
3
4
4
KD - 0023
4
4
4
4
4
KD - 0024
1
3
4
4
4
KD - 0025
4
4
4
4
4
KD - 0026
0
0
0
2
3
KD - 0027
1
3
4
4
4
KD - 0028
4
4
4
4
4
KD - 0029
1
3
4
4
4
KD - 0030
4
4
4
4
4
…
…
…
…
…
Kundennummer
…
Tabelle A3: Tableau zur Transaktionshistorie
232
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
3. Anwendung des Steuerungsmodells
Im folgenden wird dargestellt, wie die drei Hauptkomponenten des Steuerungsmodells
schrittweise angewendet werden. Dies sind im einzelnen das Nutzungsdauerkonzept, die Berücksichtigung von Abschlußwahrscheinlichkeiten auf Basis des Planungsmodells sowie die
Differenzierung der Intensität der Kundenbearbeitung auf Basis des adaptiven Kontrollmodells, ausgedrückt durch alternative Prozeßkostensätze. Dabei wird nach jedem Teilschritt ein
Vergleich zum entsprechenden Ergebnis beim Einsatz eines herkömmlichen Steuerungsansatzes auf Basis einer Priorisierung nach Kundenumsätzen der letzten Periode gezogen.
3.1.
Anwendung des Planungsmodells unter Berücksichtigung des Nutzungsdauerkonzeptes
3.1.1.
Berechnung der resultierenden Werte
3.1.1.1. Bestimmung der Planbedarfe
Auf Basis des in Kapitel 5.2.1. dargestellten Nutzungsdauerkonzeptes werden die Planbedarfe
2003 für die einzelnen Kunden abgeschätzt. Daraus ergibt sich, welche Kunden in der Planungsperiode als grundsätzlich relevante Bedarfsträger (URB) anzusehen sind (Kriterium:
Bedarf > 0). Die Bedarfe der Kunden sowie die relevanten Bedarfsträger der Planungsperiode
verdeutlicht die folgende Tabelle.
Kundennummer
BGES = BERS + BERW
BERS =
BAEL +BAWL
BAEL
BAWL
Identifikation von
URB
BERW
KD - 0001
0
0
0
0
-
KD - 0002
22
6
16
7
URB
KD - 0003
0
0
0
0
-
KD - 0004
23
4
19
9
URB
KD - 0005
0
0
0
0
-
KD - 0006
0
0
0
4
URB
KD - 0007
1
1
0
0
URB
KD - 0008
2
0
2
1
URB
KD - 0009
6
0
6
1
URB
KD - 0010
4
0
4
2
URB
KD - 0011
0
0
0
0
-
KD - 0012
30
14
16
7
URB
KD - 0013
16
12
4
2
URB
KD - 0014
0
0
0
0
-
KD - 0015
4
4
0
0
URB
KD - 0016
22
11
11
4
URB
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
233
BGES = BERS+BERW
Kundennummer
BERS =
BAEL+BAWL
BAEL
BAWL
Identifikation von
URB
BERW
KD - 0017
20
5
15
6
URB
KD - 0018
0
0
0
3
URB
KD - 0019
13
8
5
2
URB
KD - 0020
0
0
0
2
URB
KD - 0021
4
0
4
1
URB
KD - 0022
21
9
12
5
URB
KD - 0023
3
1
2
1
URB
KD - 0024
21
16
5
2
URB
KD - 0025
0
0
0
0
-
KD - 0026
0
0
0
0
-
KD - 0027
4
4
0
0
URB
KD - 0028
0
0
0
0
-
KD - 0029
15
3
12
5
URB
KD - 0030
20
1
19
10
URB
…
…
…
…
…
…
Tabelle A4: Bedarfstableau für die Bestimmung relevanter Bedarfsträger
Auf Basis der dargestellten Planbedarfe und der Identifikation der relevanten Bedarfsträger ist
der Bedarf zu ermitteln, den der Kunde realistischerweise beim Beispielunternehmen decken
wird. Die erfolgt unter Anwendung der entsprechend der folgenden Darstellung zu berechnenden kundenindividuellen Stauchungsfaktoren.
Kundennummer
KD - 0001
KD - 0002
KD - 0003
KD - 0004
KD - 0005
KD - 0006
KD - 0007
KD - 0008
KD - 0009
KD - 0010
Berechnung des Stauchungsfaktors stb
Berechnete ß-Werte für
RückIdentiRückgriffsperiode
griffsfikation
horizont
von URB
5
4
3
2
1
n*max
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
5
5
2
5
5
2
5
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,20
1,20
1,20
1,20
1,20
1,40
1,40
1,40
1,40
1,40
1,60
1,60
1,00
1,60
1,60
1,00
1,60
1,80
1,80
1,50
1,80
1,80
1,50
1,80
Summe
der ß- stbi
Werte
7,00
7,00
2,50
7,00
7,00
2,50
7,00
0,28
0,29
0,73
0,69
0,47
0,19
0,58
BUPLAN
BWET Plan
0
8
0
9
0
3
1
1
1
4
0
21
0
23
0
1
0
2
6
0
234
Kundennummer
KD - 0011
KD - 0012
KD - 0013
KD - 0014
KD - 0015
KD - 0016
KD - 0017
KD - 0018
KD - 0019
KD - 0020
KD - 0021
KD - 0022
KD - 0023
KD - 0024
KD - 0025
KD - 0026
KD - 0027
KD - 0028
KD - 0029
KD - 0030
...
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Berechnung des Stauchungsfaktors stb
Berechnete ß-Werte für
RückIdentiRückgriffsperiode
griffsfikation
horizont
von URB
5
4
3
2
1
n*max
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
...
4
4
4
4
4
2
5
2
5
4
5
5
5
5
5
...
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
...
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,20
1,20
1,00
1,20
1,20
1,20
1,20
1,20
...
1,25
1,25
1,25
1,25
1,25
1,40
1,40
1,25
1,40
1,40
1,40
1,40
1,40
...
1,50
1,50
1,50
1,50
1,50
1,00
1,60
1,00
1,60
1,50
1,60
1,60
1,60
1,60
1,60
...
1,75
1,75
1,75
1,75
1,75
1,50
1,80
1,50
1,80
1,75
1,80
1,80
1,80
1,80
1,80
...
Summe
der ßWerte
stb
5,50
5,50
5,50
5,50
5,50
2,50
7,00
2,50
7,00
5,50
7,00
7,00
7,00
7,00
7,00
...
0,32
0,79
0,69
0,79
0,35
0,40
0,68
0,41
0,36
0,28
0,28
0,66
0,50
0,22
0,14
...
BUPLAN
BWET Plan
0
12
14
0
3
20
9
1
10
1
2
7
1
15
0
0
2
0
4
4
0
25
4
0
0
6
17
2
5
0
3
19
3
8
0
0
2
0
16
0
...
...
Tabelle A5: Planbedarf Beispielunternehmen
3.1.1.2. Bestimmung der Planumsätze
Aus den Planbedarfen resultieren durch Multiplikation mit dem Produktpreis die Planumsätze
für 2003. Dies verdeutlicht die folgende Tabelle.
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
KD - 0001
0
KD - 0012
152.760
KD - 0023
12.730
KD - 0002
101.840
KD - 0013
178.220
KD - 0024
190.950
KD - 0003
0
KD - 0014
0
KD - 0025
0
KD - 0004
114.570
KD - 0015
38.190
KD - 0026
0
KD - 0005
0
KD - 0016
254.600
KD - 0027
25.460
KD - 0006
38.190
KD - 0017
114.570
KD - 0028
0
KD - 0007
12.730
KD - 0018
12.730
KD - 0029
50.920
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
235
Planumsatz
in EUR
2003
KD - 0008
12.730
KD - 0019
127.300
KD - 0009
12.730
KD - 0020
12.730
KD - 0010
50.920
KD - 0021
25.460
KD - 0011
0
KD - 0022
89.110
Kundennummer
KD - 0030
…
Planumsatz
in EUR
2003
50.920
…
Tabelle A6: Planumsätze
3.1.2. Ergebnisvergleich
Um den ökonomischen Anwendungsnutzen der Modellkomponenten zu dokumentieren, wird
deren Verbesserung gegenüber dem herkömmlichen Ansatz der Planung des Einsatzes der
Vertriebsressourcen auf Basis einer Priorisierung auf Kundenumsatzbasis der letzten Periode
dargestellt. In diesem Vergleichsansatz werden die Kunden auf Basis des erzielten Umsatzes
der Vorperiode priorisiert und entsprechend Vertriebsressourcen zugeordnet, bis das Budget
aufgebraucht ist. Folgende Tabelle - die auch die Basis für alle weiteren Vergleiche darstellt verdeutlicht die resultierende Priorität der einzelnen Kunden.
Kundennummer
Ist-Umsätze
der
Vorperiode
Kundennummer
in EUR
Ist-Umsätze
der
Vorperiode
Kundennummer
in EUR
Ist-Umsätze
der
Vorperiode
in EUR
KD - 0128
547.390
KD - 0119
190.950
KD - 0190
165.490
KD - 0031
407.360
KD - 0216
190.950
KD - 0004
152.760
KD - 0239
369.170
KD - 0050
178.220
KD - 0019
152.760
KD - 0098
343.710
KD - 0410
178.220
KD - 0840
152.760
KD - 1670
280.060
KD - 0046
178.220
KD - 1110
152.760
KD - 1070
229.140
KD - 0560
178.220
KD - 0175
152.760
KD - 0012
216.410
KD - 0730
178.220
KD - 0185
152.760
KD - 0022
203.680
KD - 0165
178.220
KD - 0126
140.030
KD - 0016
190.950
KD - 0051
165.490
KD - 0218
140.030
KD - 0970
190.950
KD - 1540
165.490
KD - 0102
190.950
KD - 0190
165.490
...
...
Tabelle A7: Umsatzbezogene Kundenpriorisierung
Diese Prioritäten sind denjenigen Prioritäten gegenüberzustellen, die sich ergeben, wenn das
Nutzungsdauerkonzept zur Anwendung kommt und die resultierenden Planbedarfe und Plan-
236
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
umsätze detailliert spezifiziert werden. Die resultierenden Prioritäten bezüglich des Einsatzes
von Vertriebsressourcen verdeutlicht die folgende Tabelle.
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
KD - 0128
420.090
KD - 0239
229.140
KD - 1650
203.680
KD - 0279
381.900
KD - 0135
229.140
KD - 0244
203.680
KD - 1410
305.520
KD - 0820
229.140
KD - 1150
190.950
KD - 0980
267.330
KD - 1490
229.140
KD - 0278
190.950
KD - 0167
267.330
KD - 0226
229.140
KD - 1260
178.220
KD - 0185
254.600
KD - 1540
229.140
KD - 0206
165.490
KD - 0016
254.600
KD - 0220
229.140
KD - 0221
165.490
KD - 0199
254.600
KD - 0250
216.410
KD - 0283
165.490
KD - 0031
254.600
KD - 2280
203.680
KD - 0275
241.870
KD - 1110
203.680
KD - 0216
241.870
KD - 0038
203.680
...
...
Tabelle A8: Priorität nach ND-Konzept
Zum Vergleich der beiden Ansätze sind die spezifizierten Plan-Umsätze den nach der Umsatzpriorisierung beurteilten Kunden zuzuordnen. Im Ergebnis entsteht die folgende Kundenpriorisierung.
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
Kundennummer
Planumsatz
in EUR
2003
KD - 0128
420.090
KD - 0119
0
KD - 0004
89.110
KD - 0031
12.730
KD - 0216
12.730
KD - 0019
25.460
KD - 0239
127.300
KD - 0050
305.520
KD - 0840
101.840
KD - 0098
0
KD - 0410
0
KD - 1110
101.840
KD - 1670
12.730
KD - 0046
0
KD - 0175
229.140
KD - 1070
12.730
KD - 0560
12.730
KD - 0185
50.920
KD - 0012
0
KD - 0730
0
KD - 0126
76.380
KD - 0022
241.870
KD - 0165
101.840
KD - 0218
152.760
KD - 0016
190.950
KD - 0051
114.570
KD - 0970
63.650
KD - 1540
0
KD - 0102
140.030
KD - 0190
241.870
...
Tabelle A9: Umsatzbezogene Kundenpriorisierung mit ND-Werten
...
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
237
In einem Variantenvergleich werden die beiden Ansätze über die Dimensionen „Prozentualer
Anteil bearbeiteter Kunden“ und „Prozentual erreichtes Umsatzpotential“ miteinander verglichen. Dies stellt die folgende Abbildung dar, die zusätzlich den resultierenden Funktionsverlauf abbildet, wenn die Kunden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. In diesem Fall
wird eine Gleichverteilung unterstellt, bei der bei x % der bearbeiteten Kunden auch x % des
möglichen Umsatzes zu erwarten ist.
Prozentual erreichtes
Umsatzpotential
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Prozentualer Anteil
bearbeiteter Kunden
Variante Zufallsauswahl
Variante Umsatzpriorisierung
Variante ND
Abbildung A1: Vergleich der Planungsvarianten
Der Vergleich zeigt, daß die Planungsvariante nach dem Nutzungsdauerkonzept die effektivere Alternative darstellt, da bei gleichem Einsatz an Vertriebsressourcen, ausgedrückt in dem
Anteil bearbeiteter Kunden (z. B. 30 %), jeweils ein größeres Umsatzpotential erreicht wird.
Die prozentuale Differenz im Wertebereich zwischen den Varianten gibt dabei den relativen
Unterschiedsbetrag des Umsatzpotentials an, der bei gleichem Budgetniveau erzielt wird. Je
näher sich der Anteil bearbeiteter Kunden der 100 %-Marke nähert, desto stärker nähert sich
das Ergebnis der Varianten an. Wenn schließlich 100 % der Kunden bearbeitet werden, wird
folglich durch die Bearbeitung der Kunden bei beiden Varianten 100 % der Umsatzpotentiale
erreicht.
238
3.2.
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Anwendung des Planungsmodells unter Berücksichtigung des Wahrscheinlichkeitskonzeptes
3.2.1 Berechnung der resultierenden Werte
Im Rahmen der Anwendung des Wahrscheinlichkeitskonzeptes sind in einem ersten Schritt
die Kunden zweistufig zu klassifizieren. Die erste Klassifizierung ergibt sich aus dem aktuellen Transaktionsstatus. Die zweite Klassifizierung erfolgt nach der Transaktionshistorie auf
Einzelkundenbasis. Die Berechnung der Klassifizierungswerte sowie die Klassenzuordnung
sind aus nachfolgender Tabelle ersichtlich. Die Klassifizierung auf Basis des berechneten
Scoremaßes erfolgte dabei mit Hilfe der Funktion Clusteranalyse aus SPSS.
Kundennummer
KD - 0001
KD - 0002
KD - 0003
KD - 0004
KD - 0005
KD - 0006
KD - 0007
KD - 0008
KD - 0009
KD - 0010
KD - 0011
KD - 0012
KD - 0013
KD - 0014
KD - 0015
KD - 0016
KD - 0017
KD - 0018
KD - 0019
KD - 0020
KD - 0021
KD - 0022
KD - 0023
KD - 0024
KD - 0025
KD - 0026
KD - 0027
KD - 0028
KD - 0029
KD - 0030
...
Transaktionshistorie
Identifikation
von URB 1998 1999 2000 2001 2002
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
URB
...
2
3
0
4
4
0
4
0
0
0
0
0
0
4
0
4
0
4
1
1
1
4
...
3
4
0
4
4
0
4
1
2
1
2
1
0
4
0
4
1
4
3
3
3
4
...
4
4
0
4
4
0
4
3
3
3
3
3
0
4
0
4
3
4
4
4
4
4
...
Tabelle A10: Übergangsbewertungen
4
4
1
4
4
2
4
4
4
4
4
4
1
6
1
4
4
4
4
4
4
4
...
4
4
3
4
4
3
4
4
4
4
4
4
3
5
3
4
4
4
4
4
4
4
...
Übergangsbewertungen
Übergang
1998 zu
1999
0
0
0
1,67
0
0
0
1,80
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
2,08
0
2
0
0
0
0
0
0
0
0
0
...
Übergang
1999 zu
2000
0
1,83
0
2
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
2
0
0
0
0
1,13
0
0
1,75
0
2,33
0
...
Übergang
2000 zu
2001
0
1,56
0
2
0
0
2
1,80
0
2,17
0
0
2,14
0
0
2,20
0
0
-1
0
0
0
2
0
0
0
0
0
0
2,20
...
Übergang
2001 zu
2002
0
2
0
2,2
0
0
0
0
0
0
0
2,21
0
0
0
1,65
2
0
-1
0
0
2
0
1,4
0
0
0
0
1,71
2,50
...
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
239
Resultierende ß-Werte
Kundennummer
KD - 0001
KD - 0002
KD - 0003
KD - 0004
KD - 0005
KD - 0006
KD - 0007
KD - 0008
KD - 0009
KD - 0010
KD - 0011
KD - 0012
KD - 0013
KD - 0014
KD - 0015
KD - 0016
KD - 0017
KD - 0018
KD - 0019
KD - 0020
KD - 0021
KD - 0022
KD - 0023
KD - 0024
KD - 0025
KD - 0026
KD - 0027
KD - 0028
KD - 0029
KD - 0030
...
Übergang
1998 zu
1999
Übergang
1999 zu
2000
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
...
Übergang
2000 zu
2001
1,20
1,20
1,20
1,20
1,20
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,20
1,20
1,00
1,20
1,20
1,20
1,20
1,20
...
Übergang
2001 zu
2002
1,40
1,40
1,40
1,40
1,40
1,25
1,25
1,25
1,25
1,25
1,40
1,40
1,25
1,40
1,40
1,40
1,40
1,40
...
Soremaß
aus scüb
und ß
1,60
1,60
1,00
1,60
1,60
1,00
1,60
1,50
1,50
1,50
1,50
1,50
1,00
1,60
1,00
1,60
1,50
1,60
1,60
1,60
1,60
1,60
...
Klassifizierung
nach Transaktionshistorie
7,58
10,39
0,00
2,80
4,32
0,00
3,03
3,32
2,68
0,00
5,23
3,00
0,00
1,48
0,00
2,00
3,00
2,80
3,59
2,10
5,54
7,08
...
1
1
5
3
3
5
3
3
3
5
2
3
5
4
5
4
3
3
3
4
2
2
...
Tabelle A11: Klassifizierung nach Transaktionshistorie
Auf Basis dieser Klassifizierungen wird das Wahrscheinlichkeitstableau entsprechend der in
Kapitel 5.2.2.3. dargestellten Ermittlungsvorschriften erstellt. Die resultierenden Klassenwahrscheinlichkeiten werden demgemäß differenziert nach der Klassifikation nach Transaktionsstatus und Transaktionshistorie dargestellt. Das sich ergebende Wahrscheinlichkeitstableau stellt sich folgendermaßen dar.
240
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Klassifikation
nach Transaktionsstatus
1
2
3
4
5
6
Klassifikation nach Transaktionshistorie
1
2
3
4
5
6
0,78
0,62
0,58
0,63
0,51
0,48
0,48
0,32
0,26
0,27
0,24
0,18
0,09
0,12
0,08
0,03
0,02
0,02
Neukunde
0,53
0,32
-
Erstkunde
0,64
-
Tabelle A12: Wahrscheinlichkeitstableau
Diese Wahrscheinlichkeiten sind den einzelnen Kunden entsprechend ihrer jeweiligen Klassenzugehörigkeit zuzuordnen. Auf dieser Basis wird der Planumsatz durch multiplikative
Verknüpfung mit der jeweiligen Wahrscheinlichkeit zum erwarteten Umsatz in der Planungsperiode 2003. Diese Umsatzwerte sind wiederum nach ihrer Höhe zu sortieren. Dies liefert
die Priorisierung der Kundenbearbeitung unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeitswerte. Die Ergebnisse verdeutlicht die folgende Tabelle.
Kundennummer
KD - 0128
KD - 0098
KD - 0185
KD - 0016
KD - 0560
KD - 0970
KD - 1073
KD - 0250
KD - 0220
KD - 0460
KD - 0126
KD - 0051
KD - 0225
KD - 2304
KD - 0279
KD - 0103
KD - 0246
KD - 0149
KD - 0043
KD - 0874
KD - 0204
KD - 1110
KD - 1546
KD - 0165
KD - 2263
Planumsatz
in EUR
Wahrscheinlichkeit
420.090
305.520
267.330
254.600
190.950
190.950
190.950
229.140
229.140
178.220
216.410
165.490
165.490
203.680
381.900
190.950
152.760
241.870
178.220
178.220
178.220
229.140
229.140
229.140
229.140
0,63
0,78
0,63
0,63
0,78
0,78
0,78
0,64
0,63
0,78
0,63
0,78
0,78
0,63
0,32
0,63
0,78
0,48
0,63
0,63
0,63
0,48
0,48
0,48
0,48
Erwarteter
Umsatz
in EUR
264.657
238.306
168.418
160.398
148.941
148.941
148.941
146.650
144.358
139.012
136.338
129.082
129.082
128.318
122.208
120.299
119.153
116.098
112.279
112.279
112.279
109.987
109.987
109.987
109.987
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Kundennummer
241
Planumsatz
in EUR
Wahrscheinlichkeit
140.030
140.030
203.680
165.490
165.490
...
0,78
0,78
0,53
0,63
0,63
KD - 0091
KD - 1382
KD - 0283
KD - 0186
KD - 0189
...
...
Erwarteter
Umsatz
in EUR
109.223
109.223
107.950
104.259
104.259
...
Tabelle A13: Erwarteter Umsatz
3.2.2. Ergebnisvergleich
Auf Basis des in Kapitels 3.1.2. dieses Anhangs vorgestellten Prinzips erfolgt wiederum ein
Ergebnisvergleich der Varianten des Beispielfalls. Die Ergebnisse visualisiert die nachfolgende Abbildung.
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90% 100%
Variante Zufallsauswahl
Variante Umsatzpriorisierung
Variante ND
Variante Wahrscheinlichkeit
Prozentualer Anteil
bearbeiteter Kunden
Prozentual erreichtes
Umsatzpotential
Abbildung A2: Vergleich der Planungsvarianten
Der Vergleich zeigt, daß die „Variante Wahrscheinlichkeit“ die effektivste der abgebildeten
Alternativen darstellt, da bei gleichem Einsatz an Vertriebsressourcen, ausgedrückt in dem
Anteil bearbeiteter Kunden (z. B. 40 %), jeweils ein größeres Umsatzpotential erreicht wird.
Sowohl bei einem relativ kleinen Anteil bearbeiteter Kunden (z. B. 10 %) als auch bei einem
entsprechend hohen Anteil (z. B. 65 %) führt die Variante „Variante Wahrscheinlichkeit“ je-
242
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
weils zu den besten Ergebnissen. Es zeigt sich, daß im vorliegenden Fall die Anwendung der
beiden aufeinander aufbauenden Planungskomponenten „Variante ND“ und „Variante Wahrscheinlichkeit“ sukzessive Verbesserungen der Planung liefern.
3.3.
Anwendung des Kontrollmodells zur Berücksichtigung alternativer Prozeßkostensätze
In der weiteren Ausbaustufe des Steuerungsmodells sind als zusätzliche Komponente die
Wahl alternativer Prozeßkostensätze für die Kundenbearbeitung sowie die Produktkosten einzubauen. Dies erfolgt durch Anwendung des adaptiven Kontrollmodells, dessen Modellkomponenten in Kapitel 5.3. dargestellt worden sind.
In den bisherigen Ausführungen sind die entstehenden Prozeßkosten der Kundenbearbeitung
sowie die Produktkosten implizit berücksichtigt worden. Auf eine explizite Berücksichtigung
ist verzichtet worden, um die Komplexität der Darstellung in Grenzen zu halten. Dies ist zulässig, da die einfache Berücksichtigung der entstehenden Prozeßkosten und Produktkosten
lediglich zu Niveauverschiebungen führen würde. Die grundsätzlichen Aussagen zum Anwendungsnutzen des Steuerungsmodells würden dadurch nicht berührt.
3.3.1.
Berechnung der resultierenden Werte
Die Prozeßkostensätze stehen in funktionaler Beziehung zu den Wahrscheinlichkeitswerten.
Die Adaptionsanalyse im Rahmen des Kontrollmodells liefert Erkenntnisse, welche Auswirkungen eine Veränderung des Prozeßkostensatzes auf die Werte der Wahrscheinlichkeiten
aufweist. Ausgegangen wird dabei von drei alternativen Intensitäten der Bearbeitung, die zu
Prozeßkostensatzhöhen von 6.120 EUR, 4.240 EUR und 2.350 EUR führen. Für diese Werte
wird unter Einsatz von statischen Testverfahren untersucht, zu welchen Abschlußwahrscheinlichkeiten die jeweilige Modifikation des Prozeßkostensatzes führt. Wiederum ist hier differenziert nach den in Kapitel 3.2. dieses Anhangs gebildeten Klassifizierungen vorzugehen.
Die entsprechenden Ergebnisse verdeutlicht die folgende Tabelle.
Klassifikation nach
Transaktionsstatus
PKSSatz
in EUR
PKSSatz
in EUR
PKSSatz
in EUR
1
6.120
4.240
2.350
2
6.120
4.240
2.350
3
6.120
4.240
Klassifikation nach Kundenhistorie
1
2
3
4
5
Potentieller
Neukunde
6
Erstkunde
-
-
-
-
-
-
0,66
0,53
0,34
-
-
-
-
-
-
-
0,38
0,32
0,26
-
-
-
-
-
-
-
-
0,78
0,64
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Klassifikation nach Kundenhistorie
Klassifikation nach
Transaktionsstatus
1
2.350
4
6.120
4.240
2.350
5
6.120
4.240
2.350
6
6.120
4.240
2.350
PKSSatz
in EUR
PKSSatz
in EUR
PKSSatz
in EUR
243
2
3
4
5
Potentieller
Neukunde
6
Erstkunde
-
-
-
-
-
-
-
0,32
0,88
0,78
0,32
0,77
0,63
0,44
0,52
0,48
0,47
0,37
0,27
0,11
0,12
0,09
0,03
0,06
0,03
0,02
-
-
0,78
0,62
0,46
0,73
0,51
0,38
0,38
0,32
0,28
0,27
0,24
0,22
0,18
0,12
0,03
0,08
0,02
0,01
-
-
0,62
0,58
0,42
0,58
0,48
0,28
0,39
0,26
0,16
0,28
0,18
0,06
0,18
0,08
0,02
0,12
0,02
0,01
-
-
Tabelle A14: Adaptionstableau
Summe der PKS
(niedrig)
in EUR
Summe der PKS
(mittel)
in EUR
Summe der PKS
(hoch)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei PKS
(hoch)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei PKS
(mittel)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei PKS
(niedrig)
in EUR
Niedriger
Wahrscheinlichkeitswert
Planumsatz in
EUR
Hoher
Wahscheinlichkeitswert
Kundennummer
Mittlerer
Wahrscheinlichkeitswert
Des weiteren sind neben den alternativen Prozeßkosten die Produktkosten zu berücksichtigen.
Sie betragen im vorliegenden Fall 9.420 EUR je abgesetzter Einheit. Mit Hilfe der Simulationstechnik wird herausgearbeitet, welche Kunden mit welchem Prozeßkostensatz bearbeitet
werden, um jeweils einen gewinnmaximalen Einsatz der Vertriebsressourcen zu erzielen. In
der folgenden Tabelle sind der zugeordnete Prozeßkostensatz sowie der resultierende Plangewinn dargestellt.
KD - 0001
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0002
101.840
0,88
0,78
0,32
89.619
79.435
32.589
6.120
4.240
2.350
KD - 0003
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0004
114.570
0,88
0,78
0,32
100.822
89.365
36.662
6.120
4.240
2.350
KD - 0005
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0006
38.190
0,12
0,09
0,06
4.583
3.437
2.291
6.120
4.240
2.350
KD - 0007
12.730
0,52
0,48
0,47
6.620
6.110
5.983
6.120
4.240
2.350
KD - 0008
12.730
0,52
0,48
0,47
6.620
6.110
5.983
6.120
4.240
2.350
KD - 0009
12.730
0,12
0,09
0,01
1.528
1.146
127
6.120
4.240
2.350
KD - 0010
50.920
0,52
0,48
0,47
26.478
24.442
23.932
6.120
4.240
2.350
KD - 0011
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Summe der PKS
(niedrig)
in EUR
Summe der PKS
(mittel)
in EUR
Summe der PKS
(hoch)
in EUR
Niedriger
Wahrscheinlichkeitswert
Planumsatz in
EUR
Mittlerer
Wahrscheinlichkeitswert
Kundennummer
Wahrscheinlicher Umsatz bei PKS
(hoch)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei PKS
(mittel)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei PKS
(niedrig)
in EUR
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Hoher
Wahscheinlichkeitswert
244
KD - 0012
152.760
0,52
0,48
0,47
79.435
73.325
71.797
6.120
4.240
2.350
KD - 0013
178.220
0,52
0,48
0,47
92.674
85.546
83.763
6.120
4.240
2.350
KD - 0014
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0015
38.190
0,12
0,09
0,06
4.583
3.437
2.291
6.120
4.240
2.350
KD - 0016
254.600
0,77
0,63
0,44
196.042
160.398
112.024
6.120
4.240
2.350
KD - 0017
114.570
0,52
0,48
0,47
59.576
54.994
53.848
6.120
4.240
2.350
KD - 0018
12.730
0,12
0,09
0,01
1.528
1.146
127
6.120
4.240
2.350
KD - 0019
127.300
0,37
0,27
0,11
47.101
34.371
14.003
6.120
4.240
2.350
KD - 0020
12.730
0,12
0,09
0,01
1.528
1.146
127
6.120
4.240
2.350
KD - 0021
25.460
0,37
0,27
0,11
9.420
6.874
2.801
6.120
4.240
2.350
KD - 0022
89.110
0,52
0,48
0,47
46.337
42.773
41.882
6.120
4.240
2.350
KD - 0023
12.730
0,52
0,48
0,47
6.620
6.110
5.983
6.120
4.240
2.350
KD - 0024
190.950
0,52
0,48
0,47
99.294
91.656
89.747
6.120
4.240
2.350
KD - 0025
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0026
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0027
25.460
0,77
0,63
0,44
19.604
16.040
11.202
6.120
4.240
2.350
KD - 0028
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0029
50.920
0,77
0,63
0,44
39.208
32.080
22.405
6.120
4.240
2.350
KD - 0030
50.920
0,77
0,63
0,44
39.208
32.080
22.405
6.120
4.240
2.350
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
KD - 0001
-
-
-
-
-
-
KD - 0002
66.317
58.781
24.115
17.182
16.414
6.124
KD - 0003
-
-
-
-
-
-
KD - 0004
74.606
66.129
27.130
20.095
18.996
7.183
KD - 0005
-
-
-
-
-
-
hoch
hoch
-
Resultierendes
"bestes"
Planergebnis
in EUR
Wahl des PKSSatzes
Ergebnis (niedrig)
in EUR
Ergebnis (mittel)
in EUR
Ergebnis (hoch)
in EUR
Erwartete Produktkosten (niedin EUR
rig)
Erwartete Produktkosten (mittel)
in EUR
Kundennummer
Erwartete Produktkosten (hoch)
in EUR
Tabelle A15: Gewinn nach Adaption (I)
17.182
20.095
-
2.543
1.696
-4.928
-3.346
-1.754
niedrig
-1.754
KD - 0007
4.898
4.521
4.427
-4.399
-2.651
-794
niedrig
-794
KD - 0008
4.898
4.521
4.427
-4.399
-2.651
-794
niedrig
-794
KD - 0009
1.130
848
94
-5.723
-3.942
-2.317
niedrig
-2.317
KD - 0010
19.594
18.087
17.710
765
2.115
3.873
niedrig
3.873
KD - 0011
-
-
-
-
-
-
KD - 0012
58.781
54.259
53.129
14.534
14.826
16.318
niedrig
16.318
KD - 0013
68.578
63.303
61.984
17.977
18.003
19.430
niedrig
19.430
KD - 0014
-
-
-
-
-
-
KD - 0015
3.391
2.543
1.696
-4.928
-3.346
-1.754
niedrig
-1.754
KD - 0016
145.068
118.692
82.896
44.854
37.466
26.778
hoch
44.854
KD - 0017
44.086
40.695
39.847
9.371
10.059
11.651
niedrig
11.651
KD - 0018
1.130
848
94
-5.723
-3.942
-2.317
niedrig
-2.317
KD - 0019
34.854
25.434
10.362
6.127
4.697
1.291
hoch
6.127
KD - 0020
1.130
848
94
-5.723
-3.942
-2.317
niedrig
-2.317
KD - 0021
6.971
5.087
2.072
-3.671
-2.453
-1.622
niedrig
-1.622
KD - 0022
34.289
31.651
30.992
5.928
6.882
8.540
niedrig
8.540
KD - 0023
4.898
4.521
4.427
-4.399
-2.651
-794
niedrig
-794
KD - 0024
73.476
67.824
66.411
19.698
19.592
20.986
KD - 0025
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0026
-
-
-
-
-
-
-
-
KD - 0027
14.507
11.869
8.290
-1.023
-69
563
KD - 0028
-
-
-
-
-
-
KD - 0029
29.014
23.739
16.579
4.075
4.101
3.476
mittel
4.101
KD - 0030
29.014
23.739
16.579
4.075
4.101
3.476
mittel
4.101
...
...
...
...
...
Ergebnis (mittel)
in EUR
Erwartete Produktkosten (niedin EUR
rig)
Erwartete Produktkosten (mittel)
in EUR
Ergebnis (niedrig)
in EUR
3.391
Ergebnis (hoch)
in EUR
KD - 0006
Kundennummer
Erwartete Produktkosten (hoch)
in EUR
Resultierendes
"bestes"
Planergebnis
in EUR
245
Wahl des PKSSatzes
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
...
...
-
-
-
hoch
-
20.986
niedrig
563
-
...
-
...
Tabelle A16: Gewinn nach Adaption (II)
Bei Kunden, bei denen selbst das beste resultierende Planergebnis einen negativen Wert aufweist, sollte aus ökonomischen Gesichtspunkten auf eine aktive Kundenbearbeitung verzichtet werden. Die Priorisierung der Kunden gemäß dem Planergebnis verdeutlicht die folgende
Tabelle.
Planumsatz
in EUR
Mittlerer
Wahrscheinlichkeitswert
Niedriger
Wahrscheinlichkeitswert
Summe der PKS
(hoch)
in EUR
Summe der PKS
(mittel)
in EUR
Summe der PKS
(niedrig)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei
PKS (hoch)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei
PKS (mittel)
in EUR
Wahrscheinlicher Umsatz bei
PKS (niedrig)
in EUR
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
Hoher
Wahscheinlichkeitswert
246
KD - 0128
420.090
0,77
0,63
0,44
323.469
264.657
184.840
6.120
4.240
2.350
KD - 0980
305.520
0,88
0,78
0,32
268.858
238.306
97.766
6.120
4.240
2.350
KD - 0185
267.330
0,77
0,63
0,44
205.844
168.418
117.625
6.120
4.240
2.350
KD - 0016
254.600
0,77
0,63
0,44
196.042
160.398
112.024
6.120
4.240
2.350
KD - 0250
229.140
0,78
0,64
0,32
178.729
146.650
73.325
6.120
4.240
2.350
KD - 2203
229.140
0,77
0,63
0,44
176.438
144.358
100.822
6.120
4.240
2.350
KD - 0560
190.950
0,88
0,78
0,32
168.036
148.941
61.104
6.120
4.240
2.350
KD - 0970
190.950
0,88
0,78
0,32
168.036
148.941
61.104
6.120
4.240
2.350
KD - 1070
190.950
0,88
0,78
0,32
168.036
148.941
61.104
6.120
4.240
2.350
KD - 0126
216.410
0,77
0,63
0,44
166.636
136.338
95.220
6.120
4.240
2.350
KD - 0046
178.220
0,88
0,78
0,32
156.834
139.012
57.030
6.120
4.240
2.350
KD - 2328
203.680
0,77
0,63
0,44
156.834
128.318
89.619
6.120
4.240
2.350
KD - 1032
190.950
0,77
0,63
0,44
147.032
120.299
84.018
6.120
4.240
2.350
KD - 0051
165.490
0,88
0,78
0,32
145.631
129.082
52.957
6.120
4.240
2.350
KD - 0225
165.490
0,88
0,78
0,32
145.631
129.082
52.957
6.120
4.240
2.350
KD - 0279
381.900
0,38
0,32
0,26
145.122
122.208
99.294
6.120
4.240
2.350
KD - 0043
178.220
0,77
0,63
0,44
137.229
112.279
78.417
6.120
4.240
2.350
KD - 0872
178.220
0,77
0,63
0,44
137.229
112.279
78.417
6.120
4.240
2.350
KD - 2042
178.220
0,77
0,63
0,44
137.229
112.279
78.417
6.120
4.240
2.350
KD - 0246
152.760
0,88
0,78
0,32
134.429
119.153
48.883
6.120
4.240
2.350
KD - 0283
203.680
0,66
0,53
0,34
134.429
107.950
69.251
6.120
4.240
2.350
KD - 0149
241.870
0,52
0,48
0,47
125.772
116.098
113.679
6.120
4.240
2.350
KD - 0186
165.490
0,77
0,63
0,44
127.427
104.259
72.816
6.120
4.240
2.350
KD - 0189
165.490
0,77
0,63
0,44
127.427
104.259
72.816
6.120
4.240
2.350
KD - 0091
140.030
0,88
0,78
0,32
123.226
109.223
44.810
6.120
4.240
2.350
KD - 1382
140.030
0,88
0,78
0,32
123.226
109.223
44.810
6.120
4.240
2.350
KD - 0111
229.140
0,52
0,48
0,47
119.153
109.987
107.696
6.120
4.240
2.350
KD - 1544
229.140
0,52
0,48
0,47
119.153
109.987
107.696
6.120
4.240
2.350
KD - 0165
229.140
0,52
0,48
0,47
119.153
109.987
107.696
6.120
4.240
2.350
KD - 0226
229.140
0,52
0,48
0,47
119.153
109.987
107.696
6.120
4.240
2.350
...
...
...
...
...
...
Kundennummer
...
...
...
...
...
Tabelle A17: Gewinn nach Adaption, priorisiert (I)
Resultierendes
"bestes"
Planergebnis
in EUR
Wahl des PKS-Satzes
Ergebnis (niedrig)
in EUR
Ergebnis (mittel)
in EUR
247
Ergebnis (hoch)
in EUR
Erwartete Produktkosten (niedrig)
in EUR
Erwartete Produktkosten (mittel)
in EUR
Kundennummer
Erwartete Produktkosten (hoch)
in EUR
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
KD - 0128
239.362
195.842
136.778
77.987
64.575
45.711
hoch
77.987
KD - 0980
198.950
176.343
72.346
63.787
57.723
23.071
hoch
63.787
KD - 0185
152.321
124.627
87.041
47.403
39.551
28.234
hoch
47.403
KD - 0016
145.068
118.692
82.896
44.854
37.466
26.778
hoch
44.854
KD - 0250
132.257
108.519
54.259
40.352
33.891
16.716
hoch
40.352
KD - 2203
130.561
106.823
74.606
39.757
33.295
23.865
hoch
39.757
KD - 0560
124.344
110.214
45.216
37.572
34.487
13.538
hoch
37.572
KD - 0970
124.344
110.214
45.216
37.572
34.487
13.538
hoch
37.572
KD - 1070
124.344
110.214
45.216
37.572
34.487
13.538
hoch
37.572
KD - 0126
123.308
100.888
70.462
37.208
31.210
22.409
hoch
37.208
KD - 0046
116.054
102.867
42.202
34.659
31.905
12.479
hoch
34.659
KD - 2328
116.054
94.953
66.317
34.659
29.125
20.952
hoch
34.659
KD - 1032
108.801
89.019
62.172
32.111
27.040
19.496
hoch
32.111
KD - 0051
107.765
95.519
39.187
31.746
29.323
11.420
hoch
31.746
KD - 0225
107.765
95.519
39.187
31.746
29.323
11.420
hoch
31.746
KD - 0279
107.388
90.432
73.476
31.614
27.536
23.468
hoch
31.614
KD - 0043
101.548
83.085
58.027
29.562
24.954
18.040
hoch
29.562
KD - 0872
101.548
83.085
58.027
29.562
24.954
18.040
hoch
29.562
KD - 2042
101.548
83.085
58.027
29.562
24.954
18.040
hoch
29.562
KD - 0246
99.475
88.171
36.173
28.834
26.742
10.360
hoch
28.834
KD - 0283
99.475
79.881
51.245
28.834
23.829
15.656
hoch
28.834
KD - 0149
93.070
85.911
84.121
26.583
25.947
27.208
hoch
27.208
KD - 0186
94.294
77.150
53.882
27.013
22.869
16.583
hoch
27.013
KD - 0189
94.294
77.150
53.882
27.013
22.869
16.583
hoch
27.013
KD - 0091
91.186
80.823
33.158
25.921
24.160
9.301
hoch
25.921
KD - 1382
91.186
80.823
33.158
25.921
24.160
9.301
hoch
25.921
KD - 0111
88.171
81.389
79.693
24.862
24.358
25.653
hoch
25.653
KD - 1544
88.171
81.389
79.693
24.862
24.358
25.653
hoch
25.653
KD - 0165
88.171
81.389
79.693
24.862
24.358
25.653
hoch
25.653
KD - 0226
88.171
81.389
79.693
24.862
24.358
25.653
hoch
25.653
...
...
...
...
...
...
...
Tabelle A18: Gewinn nach Adaption, priorisiert (II)
...
...
248
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
3.3.2. Ergebnisvergleich
Auf Basis des Prinzips der vorherigen Kapitel wird erneut ein Ergebnisvergleich durchgeführt. Dieser bezieht sich aufgrund der berücksichtigten Prozeßkosten auf das erreichte Gewinnpotential und nicht mehr auf das erreichte Umsatzpotential. In der Abbildung wird der
maximal erreichbare Gewinn auf 100 % gesetzt. Dieser wird bei der Alternative „Variante
Adaption“ bei einem Anteil von ca. 50 % der bearbeiteten Kunden erreicht. Sämtliche anderen Prozentwerte orientieren sich in der graphischen Aufbereitung an dieser Größe.
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Variante Umsatzpriorisierung
Variante ND
Variante Wahrscheinlichkeit
Variante Adaption
80%
90%
100%
Prozentualer Anteil
bearbeiteter Kunden
Prozentual erreichtes
Ergebnispotential
Abbildung A3: Ergebnisprofil
Aus obiger Abbildung kann abgeleitet werden, wieviel Prozent der Kunden bearbeitet werden
sollten, um eine gewinnmaximale Planung von Vertriebsressourcen zu erzielen. In der Konstellation des Beispielunternehmens wird das Gewinnmaximum erreicht, wenn ca. 50 % der
Kunden bearbeitet werden. Dies führt ggf. dazu, daß die zur Verfügung stehenden Kapazitäten anzupassen sind. Deutlich wird zudem, daß die Alternative „Variante Adaption“ gegenüber den anderen Alternativen über das gesamte Kontinuum überlegen ist und damit die effektivste Alternative darstellt. Die resultierenden Verbesserungen aus der Alternative „Variante Adaption“, ausgedrückt in dem jeweiligen relativen Unterschiedsbetrag des Gewinnpotentials, dokumentieren den ökonomischen Anwendungsnutzen der im Rahmen des Kontrollmodells durchgeführten Adaption.
Anhang A: Anwendungsbeispiel für das Steuerungsmodell
249
4. Zusammenfassung der Ergebnisse
Durch das vorliegende Anwendungsbeispiel wurde verdeutlicht, inwieweit die einzelnen
Komponenten des Steuerungsmodells zu Ergebnisveränderungen im Rahmen der Kundenbearbeitung führen. Die Verbesserungsniveaus der einzelnen Resultate zeigen, daß jede der aufeinander aufbauenden Komponenten des entwickelten Modells seine ökonomische Berechtigung besitzt. Dies wurde für das betrachtete Beispielunternehmen auf Basis einer durchgängigen Darstellung der einzelnen Berechungsvarianten zunächst anhand der Zielgröße „Erreichte Umsatzpotentiale“ dargestellt und unter Einbeziehung der Prozeßkosten der Kundenbearbeitung auf Basis des Kontrollmodells in die Zielgröße „Ergebnispotential“ transformiert.
Dabei führt die auf der integrativen Verknüpfung von Planungs- und Kontrollmodell basierende Planungsvariante zu den besten Ergebnissen.
Trotz dieser „Best in Class“-Variante der Modellanwendung hat sich gezeigt, daß bereits die
Varianten ohne Adaptionskomponente einen meßbaren wirtschaftlichen Mehrwert für die
transaktionsbezogene Identifikation und Bewertung von relevanten Bedarfsträgern in einer
Planungsperiode bieten. Dieser Aspekt des Anwendungsnutzens ist für Unternehmen insbesondere bei der Einführung und erstmaligen Initiierung des Modells von Interesse, da sich der
Wirkungsbeitrag der adaptiven Kontrollkomponente erst durch den iterativen Einbezug der
durch das Planungsmodell bestimmten Vorgabewerte einstellt, und die Adaptionskomponente
somit einen zeitlichen Vorlauf benötigt.
Zusammenfassend zeigt das Anwendungsbeispiel, daß das entwickelte Modell nicht nur einen
theoretisch-fachlichen Beitrag für die integrative Systematisierung steuerungsrelevanter Aspekte der Kundenbearbeitung leistet, sondern auch für den unternehmenspraktischen Einsatz
explizite und entscheidungsrelevante Vorgabewerte für eine aktive und nachvollziehbare
Ausrichtung einer profitabilitätsorientierten Kundenbearbeitung im Rahmen des Vertriebsmanagements liefert.
250
Anhang B: Datenübersicht für das Steuerungsmodell
Anhang B: Datenübersicht für das Steuerungsmodell
Modellbezug
Beschreibung
primär
Komplexere
Berechnung
Faktisch (Ist)
Prognostisch
(Wird)
Normativ (Soll)
Bewertung
relevanter
Bedarfsträger
Zielfunktion
Feed-back
Feed-foreward
Datenquelle (IT)
Rechnungskreis
Geeignetes
SAP-R3-Modul für
die Umsetzung/
Datenbereitstellung
Datenart
Einfache
Aggregation
Datentyp
Direkte
Ableitung
Datum
αDB
Zulässiger
Abweichungsschwellwert für
den Deckungsbeitrag
x
-
-
-
-
-
x
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
αK
Zulässiger
Abweichungsschwellwert für
die Kosten
x
-
-
-
-
-
x
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
ßp
Remanenzfaktor der
Periode p
-
-
-
x
x
-
-
x
-
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
ð1
Entwicklungsfaktor für
Abschlußwahrscheinlichkeit
w1
x
-
-
-
-
-
x
-
x
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
ð2
Entwicklungsfaktor für
Abschlußwahrscheinlichkeit
w2
x
-
-
-
-
-
x
-
x
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
∆abw
Plan-Ist-Abweichung der
Abgangswahrscheinlichkeit
-
-
x
-
x
-
-
-
-
-
x
∆DB1
Plan-Ist-Abweichung des
Deckungsbeitrags I
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
∆DB2
Plan-Ist-Abweichung des
Deckungsbeitrags II
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
+
∆DB1
Positive Plan-Ist-Abweichung
des Deckungsbeitrags I
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
-
∆DB1
Negative Plan-IstAbweichung des
Deckungsbeitrags I
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
+
∆K
Positive Plan-IstKostenabweichung
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
∆K
Negative Plan-IstKostenabweichung
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
∆K
Plan-Ist-Kostenabweichung
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
∆K′
Bereinigte Plan-IstKostenabweichung
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
∆Kj/v
Plan-Ist-Kostenabweichung
eines Transaktionspools j in
Teilprozeß v
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
∆PKS
Abweichung vom
Prozeßkostensatz
-
-
x
-
x
-
-
-
-
-
x
VIS
KER
CO-PA
∆VG
Abweichung gegenüber der
loyalitätsbezogenen
Vergleichsgröße
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
+
Positive Abweichung
gegenüber der
loyalitätsbezogenen
Vergleichsgröße
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
Negative Abweichung
gegenüber der
loyalitätsbezogenen
Vergleichsgröße
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
ABKUp
Prognosewert für den
Kundenabgang aus dem
Markt in Periode p
-
-
-
x
-
x
-
-
x
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
abw
Abgangswahrscheinlichkeit
-
-
-
x
-
x
-
x
-
-
x
CRM
VPR
SEM-BPS
sekundär
Symbol
-
∆VG
-
∆VG
Planungsmodell
Kontrollmodell
CRM, VIS VPR, KER SEM-BPS
Anhang B: Datenübersicht für das Steuerungsmodell
Datenart
Komplexere
Berechnung
Faktisch (Ist)
Prognostisch
(Wird)
Normativ (Soll)
Bewertung
relevanter
Bedarfsträger
Zielfunktion
Feed-back
Feed-foreward
Datenquelle (IT)
Rechnungskreis
Geeignetes
SAP-R3-Modul für
die Um-setzung/
Datenbereitstellung
Modellbezug
Einfache
Aggregation
Datentyp
Direkte
Ableitung
Datum
251
akt_var
Aktivierungsvariable
x
-
-
-
-
-
x
-
x
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
AQj
Abschlußquote je
Transaktionspool j
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
SEM-BPS
ATVQ
Anpassungsterm der
Verlustquote
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
SEM-BPS
AVKv*
Anzahl verlorener Kunden im
Teilprozeß v*
x
-
-
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
SEM-BPS
AXj/v
Abweichungsmatrix eines
Transaktionspools j für
Teilprozeß v
-
x
-
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
BAEL
Bedarf aufgrund des Abgangs
der eigenen Leistung
-
x
-
-
-
x
-
x
-
(x)
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
BAWL
Bedarf aufgrund des Abgangs
wettbewerbsbezogener
Leistung
-
x
-
-
-
x
-
x
-
(x)
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
BCOS
Bedarf an
Komplementärprodukten
-
-
-
x
-
x
-
x
-
-
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
BERS
Ersatzbedarf
-
x
-
-
-
x
-
x
-
(x)
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
BERW
Erweiterungsbedarf
x
-
-
-
-
x
-
x
-
(x)
-
CRM
VPR
SEM-BPS
BGES
Leistungsbezogener
Gesamtbedarf
-
-
x
-
-
x
-
x
-
-
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
BU
Bedarf der durch das eigene
Unternehmen gedeckt wurde
x
-
-
-
x
-
-
x
-
-
-
ERP
VPR
FI-AR,
FI-CA
BWET
Bedarf der durch den
Wettbewerb gedeckt wurde
-
-
x
-
x
-
-
x
-
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
BSDA
Leistungsbestand am Anfang
der Periode p
x
-
-
(x)
x
(x)
-
x
-
-
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
DB1
Deckungsbeitrag I
-
-
x
-
-
-
(x)
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
DB2
Deckungsbeitrag II
-
-
x
-
-
-
(x)
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
DBIST
Ist-Deckungsbeitrag
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
DBPLAN
Plan-Deckungsbeitrag
-
-
x
-
-
-
x
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
DBR
Deckungsbeitragsrentabilität
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
ENGK
Entwicklungsfaktor neu zu
gewinnender Kunden
x
-
-
-
-
-
x
-
x
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
hl/lcos
Produktionskoeffizient
-
x
-
-
x
-
-
x
-
-
-
PDM
-
PP-BDBOM
K(./.)
Produktkosten in
Abhängigkeit des Umsatzes
x
-
-
-
x
-
-
-
x
-
-
ERP
KLR
CO-OMABC
K∅ÜB/j’
Durchschnittliche
Übergangskosten für
Übergangspool j’
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
SEM-BPS
KF∆DB1
Kompensationsfaktor der
Deckungsbeitragsabweichung
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-OMABC
KF∆K
Kompensationsfaktor der
Kostenabweichung
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-OMABC
KFIX
Fixkosten
x
-
-
-
x
-
-
-
x
-
-
ERP
KLR
CO-OMABC
sekundär
Symbol
Beschreibung
primär
Planungsmodell
Kontrollmodell
252
Anhang B: Datenübersicht für das Steuerungsmodell
primär
Komplexere
Berechnung
Faktisch (Ist)
Prognostisch
(Wird)
Normativ (Soll)
Bewertung
relevanter
Bedarfsträger
Zielfunktion
Feed-back
Feed-foreward
Datenquelle (IT)
Rechnungskreis
Geeignetes
SAP-R3-Modul für
die Um-setzung/
Datenbereitstellung
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-OMABC
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-OMABC
-
-
x
-
-
-
x
-
-
x
-
VIS
KER
CO-OMABC
-
-
-
x
-
-
x
-
-
x
-
VIS
KER
CO-OMABC
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
x
-
-
-
x
-
-
-
x
-
-
ERP
KLR
SEM-BPS
-
-
x
-
x
-
-
-
-
-
x
CRM
VPR
SEM-BPS
sekundär
Symbol
Beschreibung
Modellbezug
Datenart
Einfache
Aggregation
Datentyp
Direkte
Ableitung
Datum
Planungsmodell
Kontrollmodell
KFPROP
Proportionalisierter
Kompensationsfaktor
KIST
Ist-Kosten
KPLAN
Plan-Kosten
K’PLAN
Bereinigte Plan-Kosten
KS
Sunk Cost
KSQ
Sunk Cost-Quote
KSr
Kostensatz der
Ressource r
Mw2ist
Mittlere Ist-Abschlußhöhe
NDL
Nutzungsdauer einer
Leistung L
x
(x)
-
-
x
(x)
-
x
-
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
NDLCOS
Nutzungsdauer einer
Komplementärleistung LCOS
x
(x)
-
-
x
(x)
-
x
-
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
r
p
Preisvektor
x
-
-
-
x
-
-
x
-
-
-
ERP
KLR
CO-PA
PF
Proportionalisierungsfaktor
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
PFKF
Proportionalisierungsfaktor
des Kompensationsfaktors
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
PKSv
Prozeßkostensatz für
Teilprozeß v
-
-
x
-
x
-
(x)
x
-
(x)
-
ERP, VIS KLR, KER
CO-OMABC
PPKMv
Planprozeßkosten-Matrix für
Teilprozeß v
-
x
-
-
-
x
-
x
-
-
-
ERP, VIS KLR, KER
CO-OMABC
r(NDL,NDLcos)
Häufigkeit des Folgebedarfs
einer Komplementärleistung
-
-
-
x
-
x
-
x
-
-
-
CRM,
ERP
VPR
SEM-BPS
stbi
Stauchungsfaktor für Kunde i
-
-
-
x
-
-
x
x
-
-
-
CRM
VPR
SEM-BPS
SVG*
Summe der loyalitätsbezogenen Vergleichswerte
-
-
x
-
x
-
-
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
TAQ
Transaktionsquote
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
CRM,
ERP
UIST
Ist-Umsatz
x
-
(x)
-
x
-
-
x
x
x
x
ERP
Uplan
Planumsatz
-
-
-
x
-
x
-
x
x
x
x
URBist
Ist-Umsatz relevanter
Bedürfnisträger
x
-
-
-
x
-
-
x
x
x
x
URBplan
Plan-Umsatz relevanter
Bedürfnisträger
-
-
-
x
-
x
-
x
x
x
x
CRM, VIS KER, VPR
CO-PA,
SEM-BPS
Urestplan
Plan-Umsatzrestgröße
-
-
-
x
-
x
-
-
x
x
-
CRM, VIS KER, VPR
CO-PA,
SEM-BPS
VAv*
Verlustanteil in Teilprozeß v*
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VF1/∆DB1
Deckungsbeitragsbezogener
Verteilungsfaktor für alle
Abweichungstypen
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
VPR, KER SEM-BPS
KER
CRM, VIS KER, VPR
ERP
CRM,
ERP
KER
VPR, KER
CRM, VIS KER, VPR
FI-AR,
FI-CA
CO-PA,
SEM-BPS
FI-AR,
FI-CA
CO-PA,
SEM-BPS
CO-PA
Datenart
Modellbezug
Komplexere
Berechnung
Faktisch (Ist)
Prognostisch
(Wird)
Normativ (Soll)
Bewertung
relevanter
Bedarfsträger
Zielfunktion
Feed-back
Feed-foreward
Kontrollmodell
Einfache
Aggregation
Planungsmodell
Direkte
Ableitung
sekundär
Geeignetes
SAP-R3-Modul für
die Um-setzung/
Datenbereitstellung
Datentyp
Rechnungskreis
Datum
253
Datenquelle (IT)
Anhang B: Datenübersicht für das Steuerungsmodell
VF1/∆K
Kostenbezogener
Verteilungsfaktor für alle
Abweichungstypen
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
CRM, VIS KER, VPR
CO-PA
VF2/∆DB1
Deckungsbeitragsbezogener
Verteilungsfaktor für positiv
gerichtete Abweichungstypen
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
CRM, VIS KER, VPR
CO-PA
VF2/∆K
Kostenbezogener
Verteilungsfaktor für positiv
gerichtete Abweichungstypen
-
-
-
x
x
-
-
-
-
x
-
CRM, VIS KER, VPR
CO-PA
VG
Loyalitätsbezogene
Vergleichsgröße
-
-
-
x
-
-
x
-
-
x
-
VIS
KER
CO-PA
VQ
Verlustquote
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x
x
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x
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VIS
KER
SEM-BPS
VQAT
Verlustquote mit angepaßter
Grundgesamtheit
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x
x
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x
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VIS
KER
SEM-BPS
VRF
Variabilisierungsfaktor
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x
x
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x
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VIS
KER
CO-OMABC
VRFint
Kostenbezogener Variabilisierungsfaktor für
Intensitätsniveau int
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x
x
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x
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VIS
KER
CO-OMABC
VVA
Vermeidbarer Verlustanteil
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x
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x
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VIS
KER
CO-PA
w1
Abschlußwahrscheinlichkeit
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x
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x
x
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CRM
VPR
SEM-BPS
w2
Wahrscheinlichkeit
hinsichtlich der
Abschlußhöhe
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x
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x
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x
x
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CRM
VPR
SEM-BPS
Symbol
Beschreibung
primär
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