2012-03-09 Einführung Psychotherapeut Med print

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Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Basiscurriculum Psychotherapeutische Medizin
Übersicht
Basiscurriculum
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Allgemeine Grundlagen 1
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
9.3.2012
Definition von Psychotherapie
Psychotherapiegesetz
Ethische Aspekte
Verschiedene Psychotherapieschulen
Störungsorientierte Psychotherapie
TherapeutInnenvariablen
PatientInnenmerkmale
Therapeutische Beziehung
Genderaspekte
Öffentliche Meinung zur Behandlung psychischer
Erkrankungen
Säulen der psychiatrischen Therapie
Psychiatrische Therapie
Biologische
Therapie
(v.a.
Psychopharmaka)
Psychotherapie
Soziotherapie
Arzt-Patient-Beziehung (ärztliches Gespräch)
Demyttenaere K. Risk factors and predictors of compliance in depression.
Eur Neuropsychopharmacol. 2003 Sep;13 Suppl 3:S69-75.
Psychotherapiedefinition (Strotzka 1975)
Definition von Psychotherapie
•
• Abgrenzung von benachbarten Arbeitsfeldern nicht
immer leicht
Bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung
von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, und zwar mit
psychologischen Mitteln durch Kommunikation
•
• Fließende Übergänge zwischen den verschiedenen
Bereichen
Konsens (Patient, Therapeut, Bezugsgruppe) über
Behandlungsbedürftigkeit
•
In der Regel tragfähige, emotionale Beziehung notwendig
•
In Richtung auf ein definiertes, gemeinsam erarbeitetes Ziel
(Symptomreduktion/Strukturänderung der Persönlichkeit)
•
Auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen
Verhaltens, mittels lehrbarer Techniken
• Verschiedenen Definitionen
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
1
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Was ist Psychotherapie?
Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie
Psychotherapie
ist professionelles Handeln im Rahmen und nach den Regeln des
öffentlichen Gesundheitswesens
setzt Diagnostik und Differenzialindikation voraus
ist wissenschaftlich fundiert
(Krankheits-, Heilungs- und Behandlungstheorien)
setzt empirisch abgesicherte Verfahren zur zielgerichteten
Veränderung von Erleben und Verhalten ein
wird mit a priori formulierten und a posteriori evaluierten
Therapiezielen durchgeführt
wird von professionellen Psychotherapeuten mit geprüfter
Berufsqualifikation durchgeführt
wahrt ethische Grundsätze und Normen
bezweckt die Behandlung oder Prävention psychisch bedingter
Krankheiten oder Verhaltensstörungen
erfüllt Qualität sichernde Massnahmen und folgt dem
Gebot der Wirtschaftlichkeit
Senf W, Broda M (2005): Praxis der Psychotherapie. Thieme Stuttgart
Die Geburtsstunde der Psychotherapie
Senf W, Broda M (2005): Praxis der Psychotherapie. Thieme Stuttgart
Psychotherapie / Psychotherapeut
• Seit 1990 in Österreich als eigenständige, wissenschaftliche
Fachdisziplin gesetzlich verankert.
• Gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung in Österreich.
• Psychotherapeut / Psychotherapeutin darf sich nennen, wer in
die Psychotherapeutenliste eingetragen ist.
• Die psychotherapeutische Ausbildung ist im
Psychotherapiegesetz geregelt.
Sigmund Freud, 1895, „Studien über Hysterie“,
1896, „Psychoanalyse“
Psychotherapie (BGBl. Nr. 361/1990)
•
Nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte,
umfassende, bewusste und geplante Behandlung
•
von psychosozial oder psychosomatisch bedingten
Verhaltensstörungen und Leidenszuständen
•
mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden
•
mit dem Ziel, bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen,
gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und die
Reifung, Entwicklung und Gesundheit des Behandelten zu fördern.
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
Basiscurriculum Psychotherapeutische Medizin
Ethik in der
Psychotherapeutischen Medizin
Rechtliche Grundlagen
2
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Psychotherapeutische Medizin
Rechtliche Grundlagen
• Ärztegesetz
• Psychotherapiegesetz BGBl.Nr. 361/1990 ST0151
Bundesgesetz vom 7. Juni 1990 über die Ausübung der
Psychotherapie ???
Psychotherapiegesetz kommt hier nicht zur Anwendung!
Rechtliche Grundlagen
• Strafprozessordnung §157 Abs1 Zi3
Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt
FA für Psychiatrie, Psychotherapeuten, ........
• Strafgesetzbuch §212 Abs2
Strafbar: Ausnutzung seiner Stellung
Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses
• Strafprozessordnung
• Strafgesetzbuch
Berufspflichten des Psychotherapeuten
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§ 14. (1) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen
und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft auszuüben.
Fortbildungsverpflichtung
(2) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in
Zusammenarbeit mit Vertretern seiner oder einer anderen Wissenschaft auszuüben.
Hilfspersonen nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen
Aufsicht möglich.
(3) Der Psychotherapeut darf nur mit Zustimmung des Behandelten Psychotherapie
ausüben.
(4) Der Psychotherapeut ist verpflichtet, dem Behandelten alle Auskünfte über die
Behandlung, insbesondere über Art, Umfang und Entgelt, zu erteilen.
(5) Der Psychotherapeut hat sich bei der Ausübung seines Berufes auf jene
psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden zu beschränken,
auf denen er nachweislich ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat.
(6) Der Psychotherapeut, der von der Ausübung seines Berufes zurücktreten will, hat
diese Absicht dem Behandelten so rechtzeitig mitzuteilen, daß dieser die weitere
psychotherapeutische Versorgung sicherstellen kann.
Österreichisches Psychotherapiegesetz
Berufspflichten des Psychotherapeuten
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§ 16. (1) Der Psychotherapeut hat sich jeder unsachlichen oder unwahren
Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu
enthalten.
(2) Die Anzeige einer freiberuflichen Ausübung der Psychotherapie darf
lediglich den Namen des zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie
berechtigten Psychotherapeuten, seine akademischen Grade, die
Berufsbezeichnung samt Zusatzbezeichnung sowie seine Adresse,
Telefonnummer und Sprechstunden enthalten.
(3) Der Psychotherapeut darf keine Vergütungen für die Zuweisung von
Personen zur Ausübung der Psychotherapie an ihn oder durch ihn sich oder
einem anderen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen.
(4) Die Vornahme der gemäß Abs.1 und 3 verbotenen Tätigkeiten ist auch
sonstigen physischen und juristischen Personen untersagt.
Berufspflichten des Psychotherapeuten
• § 15. Der Psychotherapeut sowie seine Hilfspersonen
sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung
ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen
Geheimnisse verpflichtet.
Österreichisches Psychotherapiegesetz
Berufskodex für Psychotherapie
• Präambel
In der Ausübung ihres Berufes wird von Psychotherapeutinnen und
Psychotherapeuten ein besonders verantwortungsvoller Umgang
mit der eigenen Person, mit der psychotherapeutischen Aufgabe
sowie mit jenen Menschen gefordert, mit denen sie durch die
Psychotherapie in eine besondere Beziehung eintreten.
(Richtlinie des Bundesministeriums für Gesundheit)
Österreichisches Psychotherapiegesetz
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
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Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Berufskodex für Psychotherapie
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•
Der psychotherapeutische Beruf
Fachliche Kompetenz und Fortbildung
Vertrauensverhältnis und besondere Pflichten
Psychotherapeutische Leistungen in der Öffentlichkeit
Kollegiale Zusammenarbeit und Kooperation mit angrenzenden
Berufsgruppen
Anwendung des Berufskodex im Rahmen der
psychotherapeutischen Ausbildung
Mitwirkung im Gesundheitswesen
Psychotherapieforschung
Regelung von Streitfällen und Umgang mit Verstößen
•
•
•
•
Situation in Österreich
Psychotherapiegesetz BGBl Nr. 361/1990:
„Psychotherapeut“
Derzeit 22 anerkannte Psychotherapieverfahren
Derzeit 39 anerkannte Fachspezifika
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische
Medizin
Österreichische Ärztekammer:
Diplom „Psychotherapeutische Medizin“
(Richtlinie des Bundesministeriums für Gesundheit)
In Österreich anerkannte psychotherapeutische Methoden
Vier Orientierungen
Tiefenpsychologisch-psychodynamische Orientierung
Schwerpunkte: Unbewusstes, Übertragung/Gegenübertragung
Humanistisch-existenzielle Orientierung
Schwerpunkte: Grundlagen im Sinne der Existenzphilosophie und
Humanistischen Psychologie
Systemische Orientierung
Schwerpunkte: Systemtheorien, Konstruktivismus
Verhaltenstherapeutische Orientierung
Schwerpunkt: Empirische [Verhaltens-] Psychologie
Humanistisch-existenzielle Orientierung
•
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•
Existenzanalyse (E)
Existenzanalyse und Logotherapie (EL)
Gestalttheoretische Psychotherapie (GTP)
Integrative Gestalttherapie (IG)
Integrative Therapie (IT)
Klientenzentrierte Psychotherapie (KP)
Personenzentrierte Psychotherapie (PP)
Psychodrama (PD)
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
Tiefenpsychologisch-psychodynamische Orientierung
(1) Psychoanalytische Methoden
–
–
–
–
Analytische Psychologie (AP)
Gruppenpsychoanalyse (GP)
Individualpsychologie (IP)
Psychoanalyse (PA)
(2) Tiefenpsychologisch fundierte Methoden
–
–
–
–
–
–
–
Autogene Psychotherapie (AT
Daseinsanalyse (DA)
Dynamische Gruppenpsychotherapie (DG)
Hypnosepsychotherapie (HY)
Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP)
Konzentrative Bewegungstherapie (KBT)
Transaktionsanalytische Psychotherapie (TA)
Systemische Orientierung
• Neuro-Linguistische Psychotherapie (NLPt)
• Systemische Familientherapie (SF)
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Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Verhaltenstherapeutische Orientierung
• Verhaltenstherapie (VT)
Was ist Psychotherapie in der Psychiatrie?
• schulenspezifisch – schulenübergreifend ???
• störungsspezifisch – störungsorientiert ???
Störungsorientierte Psychotherapie
Störungsorientierte
Psychotherapie
• Entwicklung gezielter
– auf die Symptomatik
– auf ein ätiologisches Modell der Störung
– auf ein Modell zur Wirkung
S.C. Herpertz,
F. Caspar,
Ch. Mundt (Hrsg)
abgestimmter Therapieelemente
• vertiefte wissenschaftliche Fundierung
Urban & Fischer 2008
• in der Ausbildung vermittelbar
Konzeption störungsorientierter PT
Kritik an schulenspezifischer Psychotherapie
• Nicht störungsspezifisch, aber störungsorientiert
• Nicht explizit fixiert auf eine Therapieschule, sondern
primär auf konkretes Krankheitsbild bezogen
• Einer von mehreren Therapiebausteinen im Rahmen
eines Gesamtbehandlungsplanes
(zusammen mit somatischer und Soziotherapie sowie
Behandlung körperlicher Grunderkrankungen)
Berger 2004
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
• Ungenügende empirische Wirksamkeitsnachweis für viele
Psychotherapieverfahren
• Mangelnde wissenschaftliche Absicherung der zugrunde
liegenden theoretischen Konzepte
• Unangemessener Universalitätsanspruch mit
ungenügender Differentialindikation einzelner
Psychotherapieverfahren
• Widerstand vieler Psychotherapieschulen, andere
Therapiemethoden zu integrieren (Pharmaka,
Soziotherapie etc.)
• Mangelnder Bezug zwischen PT und spezifischen
Anforderungen des konkreten Krankheitsbilds
nach Berger, 2004, Hohagen 2003
5
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Determinanten störungsorientierter Pth
Störungsorientierte Psychotherapien für
• Angststörungen
Krankheitsbild
• Einschränkungen
(kognitiv, affektiv,
motorisch, somatisch)
• Spezielle Krankheitsmerkmale
Zeitpunkt der Behandlung
• Spontanverlauf der
Erkrankung
• Stadium der Erkrankung
(Akutphase, Remission,
Rückfallprophylaxe)
Psychotherapeutisches
Vorgehen
Individuelle Faktoren
• Ind. Lebensgeschichte
• Persönlichkeit des Pat.
• Lebenssituation
• Motivation / Ziele
• Zwangsstörungen
• Posttraumatische Belastungsstörungen
• Akute und chronische Depressionen
• Somatoforme Störungen
Allgemeine Faktoren
• Setting
• Therapeut. Beziehung
• Persönlichkeit des Ther..
• Kompetenz des Ther.
• Persönlichkeitsstörungen
• Schizophrenie
nach Berger 2004
Beispiel: Angststörungen
• Kognitive Verhaltenstherapie
Wirksamkeitsnachweise in Studien liegen vor
– Verhaltens- und Problemanalyse Individuelles Störungsmodell
– Exposition und kognitive Umstrukturierung
• Psychodynamische Therapie
Positive Studienergebnisse, Forschungsbedarf
– Konfliktpathologie (Abhängigkeit und Autonomie)
Interventionen vorrangig deutend
– Strukturpathologie
Interventionen vorrangig stützend
Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)
Störungsorientierte Psychotherapien
• Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT, Linehan1993)
• Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP, Clarkin,
Yeomans, Kernberg 2001)
• Mentalisierungs-gestützte Psychotherapie
(Bateman u. Fonagy 2004)
• Kognitive Schematherapie (Young et al. 1988, 2005)
Borderlinestörung
Formalisierte Therapiemanuale
• Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) der Borderline
Störung (Linnehan 1996)
• Manual zur Transference-Focused Psychotherapy (TFT)
(Clarkin, Yeomans, Kernberg, 2001)
• Mentalzation Based Treatment (MBT)
(Bateman & Fonagy)
• Kognitive Therapie (Beck u. Freeman 1990, 2004)
• Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004)
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
6
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Gemeinsamkeiten
BPS: Veränderungsmechanismen
• Sehr strukturierte Behandlungen
• Bemühung zur Verbesserung der Compliance
• Klare Hierarchie im Behandlungsfokus
• DBT: Veränderungen bei Borderline-Patienten werden durch das
Erlernen von Affektregulierungsfähigkeiten im Kontext der
therapeutischen Bestätigungen bewirkt (Linehan)
• MBT: Veränderungen bei Borderline-Patienten werden durch
verstärkte Mentalisierung bewirkt (Bateman & Fonagy)
– Suizidalität
– Setting
– Emotionsregulation
• Klare Vereinbarungen und Regeln
• Theoretisch hoch-kohärent für Therapeut und Patient
• Relativ lange Behandlungen
Beispiel einer Therapie der dritten
Welle der KVT
• TFP: Veränderungen bei Borderline-Patienten werden durch
Integration von Selbst- und Objekt-Repräsentationen und mit damit
in Zusammenhang stehenden Affekten bewirkt (Kernberg)
Diagnostische und therapeutische Elemente bei
CBASP
Aufbau einer therapeutischen Beziehung
( disciplined personal involvement )
Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy
(CBASP)
Analyse prägender
Beziehungen
Pro-aktive ÜbertragungsHypothesen
von
James
McCullough
Situationsanalyse
Interpersonelle
Diskriminationsübung
FertigkeitenTraining
ANDERE KÖRPERLICHE THERAPIEN
Bausteine CBASP@5
Sozialdienst
Pharmakotherapie
Sport
Musiktherapie
Modifikation
von
Verhaltensweisen
CBASP
EinzelTherapie
CBASP@5
Gestaltungstherapie
Ergotherapie
Sport, körperliche Aktivität
EKT
Nicht-medikamentöse somatische
Therapieverfahren bei Depression
Transkranielle
Magnetstimulation
CBASP
GruppenTherapie
DO!
CBASPBezugsPflege
Lichttherapie
Tiefenhirnstimulation
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
Schlafentzug
7
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Mindfulness and acceptance
Neue Psychotherapien?
• Mindfulness and acceptance
• Well-Being Therapy
„Sati“: ganz bewusst in der Gegenwart sein,
ohne zu urteilen, nur „als Zeuge in sich
ruhend“
4 Grundlagen der Achtsamkeit:
•
•
•
•
• Kultur-sensitive Psychotherapie
• Internet-basierte Therapie (Interapy)
Achtsamkeit auf den Körper
Achtsamkeit auf die Gefühle/Empfindungen
Achtsamkeit auf den Geist
Achtsamkeit auf die Geistobjekte
MBCT: Gute Evidenz für Major Depression,
behandlungsresistente Depressionen und für
depressive Residualsymptome
Jon Kabat-Zinn
Jayavarman,
Jayavarman, Angkor
(12. Jahrhundert)
Jahrhundert)
Well-Being Therapy
Manualisierte Kurz-Psychotherapie (8 Sitzungen):
strukturiert, direktiv, problemorientiert, psychoedukativ
WBT basiert auf Carol Ryff’s multidimensionalem,
kognitivem Modell des “psychological well-being”
Ziel: Verbesserung in folgenden sechs Dimensionen:
•
•
•
•
•
•
Environmental mastery
Personal growth
Purpose in life
Autonomy
Self-acceptance
Positive relations with others
Fava GA (1999) Psychother Psychosom 68: 171-179
Kultur-sensitive Psychotherapie
Kultur-spezifische Psychotherapie: z.B. Morita in Japan
Kulturelle Elemente in der „Mainstream“-Psychotherapie:
z.B. IPT
Gesellschaftliche Einflüsse auf die Psychotherapie:
z.B. Psychoanalyse in Wien und in den USA
Interkulturelle Psychotherapie:
z.B. Psychotherapie mit Migranten
Kultur-relevante Psychotherapie berücksichtigt die
kulturelle Dimension bei jeder Arzt-Patienten-Interaktion
Psychotherapie in der stationären Behandlung
•
Schwer Kranke Menschen mit hoher Symptombelastung
•
Störungsorientiert
•
Einzel- und Gruppentherapeutische Verfahren
•
Kurze Aufenthaltsdauer, kurze Behandlungsdauer
•
Vorbereitung auf längere ambulante Psychotherapie
•
Ressourcenorientierung, Lösungsorientierung,
konkrete Therapieziele, Entlassungsvorbereitung
•
Auf den aktuellen Zustandes des Patienten abgestimmt
•
Psychotherapieforschung
•
Zum wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit der
Psychotherapie hoher Forschungsbedarf.
•
Probleme mit Umsetzung und Finanzierung von
Forschungsvorhaben
•
Am besten derzeit durch Studien abgesichert
– Verhaltenstherapie
– Psychoanalyse
– Klientenzentrierte Psychotherapie
Psychiatrische Psychotherapie erfordert ganz spezifische
Kompetenzen
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
8
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Change the mind and you change the brain
A new intellectual framework for psychiatry
„Insofar as psychotherapy or counseling is effective and
produces long-term changes in behavior, it presumably
does so through learning, by producing changes in gene
expression that alter the strength of synaptic connections
and structural changes that alter the anatomical pattern
of interconnections between nerve cells of the brain.
„Wir können als nachgewiesen
ansehen, dass psychische
Prozesse durch Psychotherapie
wirksam und dauerhaft verändert
werden können. Daraus ergibt
sich, dass Psychotherapie
dauerhaft neuronale Prozesse
und Strukturen verändern kann.“
As the resolution of brain imaging increases, it should
eventually permit quantitative evaluation of the outcome
of psychotherapy.“
K. Grawe (2004)
Kandel E (1998) Am J Psychiatry 155: 457-469
Therapie psychischer Störungen
org. Psychosyndrome
Psychosen
affektive Erkrankungen
Persönlichkeitsstörungen
ADHD bei Erw.
Angsterkrankungen
Zwangserkrankungen
PTBS
Suchterkrankungen
Nachhaltigkeit von Psychotherapie
Pharmakotherapie
Soziotherapie
Psychotherapie
+++
+++
++
(+)
+
+
+
+
+
++
+
+
++
++
++
+++
+++
+++
+++
++
+
+
+
+
++
• Carry-over-Effekte über das Therapieende hinaus
Psychotherapeutische
Behandlung
Pharmakologische
Behandlung
Treatment
mod. nach Berger et al. 2005
mod. nach Berger et al. 2005
Psychotherapieforschung Gold Standard Randomized
Controlled Trials (RCTs)
Probleme der Psychotherapieforschung
Psychotherapie findet zum großen Teil in der Privatpraxis statt
•
Die meisten Psychotherapeutinnen haben keine genügende
Ausbildung in empirisch abgesicherten Verfahren
Klar definierte Zielsymptome, vergleichbare Symptomausprägung
vor Beginn der Therapie
•
Standardisierte, reliable, valide Assessment-Prozeduren
•
Einsatz von „blinden“ Untersuchern
•
Standardisiertes Assessorentraining, Prüfung der InterraterReliabilität
•
Manualisierte und replizierbare Therapieprogramme
•
Randomisierte Zuteilung zu den Vergleichsgruppen
Viele Psychotherapeutinnen arbeiten nicht gerne mit
Therapiemanualen
Sogar von entsprechend ausgebildeten Therapeutinnen werden die
wirksamen Verfahren oft nicht richtig angewendet
Patientinnen und Kostenträger verlangen aber zunehmend den
Einsatz evidenzbasierter Verfahren
•
Prüfung der Behandlungsintegrität („treatment adherence“)
Foa et al. 2000; Foa & Meadows 1997
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
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Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Behandlungstechnik
Allgemeine Wirkfaktoren der Psychotherapie
Wenn man mittels Video oder Tonbandaufnahmen
überprüft, inwieweit die Therapeuten der verschiedenen
behandlungstechnischen Ausrichtungen auch tatsächlich
das tun, was die Behandlungstechnik vorsieht, also z.B.
“kognitive Verhaltenstherapie” oder “aufdeckende
Psychoanalyse”, dann schneiden diejenigen am besten
ab, die am reinsten ihre gelernte Technik realisieren.
Therapeutische
Therapeutische Beziehung
Beziehung
Ressourcenaktivierung
Psychisches
Psychisches
Geschehen
Geschehen
Problemaktualisierung
TherapieTherapiegeschehen
geschehen
Problembewältigung
Motivationale Klärung
(Crits-Christoph 1992; Luborsky, Chandler, Auersbach, Cohen & Bachran
1971, Luborsky, McClelland, Woody, O’Brien, Auersbach 1985; Schulte &
Künzel, 1989)
(Grawe 1995), Orlinsky, Grawe & Parks 1994)
Ressourcenaktivierung Beziehung
Ressourcenaktivierung
• Zahlreiche Studien belegen, dass es besonders wirksam
ist an den positiven Möglichkeiten, Eigenarten,
Fähigkeiten und Motivationen des Patienten anzusetzen.
•
• Dabei ist die Fähigkeit eine gute zwischenmenschliche
Beziehung aufzubauen die wichtigste wirksame
Ressource!
•
Nach Forschungsbefunden ist es für den Therapieerfolg
wesentlich, ob der Patient seinen Therapeuten als
- unterstützend
- aufbauend
- in seinem Selbstwert positiv bestätigend erlebt
Entscheidend ist, ob sich der Patient selbst als zu einer guten
Beziehung fähig erlebte (Ressource!)
Problemaktualisierung
•
Was verändert werden soll, muss zuerst aktiviert werden, d.h. vom
Patienten real erlebt werden.
•
z.B. Expositionsübung, Imagination, ein Problem im therapeutischen
Gespräch „durchleben“
•
Erleben der Probleme und Konflikte in der Übertragungsbeziehung
Erfassen des sich darstellenden Beziehungsmusters
Erfassen des zentralen Beziehungskonfliktes
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
Problembewältigung
• Der Therapeut soll den Patienten mit geeigneten
Massnahmen aktiv darin unterstützen, mit einem
bestimmten Problem besser fertig zu werden
–
–
–
–
–
–
–
Selbstsicherheitstraining
Reizkonfrontation
Stressbewältigungstraining
Entspannungsverfahren
Kommunikations- und Problemlösungstraining
Familientherapeutischen Interventionen
usw.
10
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Problembewältigung
Voraussetzungen
Problembewältigung
WICHTIG
Es gibt wirksame Psychotherapeutische Methoden, die
genau das Prinzip der Problembewältigung nicht gezielt
als Strategie verwenden und die trotzdem wirksam sind,
z.B. die Gesprächspsychotherapie nach Rogers oder
die Psychoanalyse.
Psychodynamische Therapien
6 Hauptwirkfaktoren empirisch belegt
•
Ausmaß an psychischer Gesundheit
•
Qualität der therapeutischen Beziehung
•
Formulierung der Übertragungsbeziehung
•
Fokusierung dieser Beziehung in den Deutungen des Therapeuten
(erfassen des zentralen Beziehungskonfliktes)
•
Zuwachs an Einsicht und selbstverständnis
•
Internalisierung der in der Behandlung erreichten Fortschritte
•
Das was der Patient als sein Problem erlebt, wird ernst genommen
•
Für die therapeutische Wirkung ist entscheidend, dass der Patient
die reale Erfahrung macht, besser im Sinne seiner Ziele mit der
betreffenden Situation zurechtzukommen
•
Der Therapeut muss über ein reichhaltiges problem- und
störungsspezifisches Erfahrungswissen verfügen
Motivationale Klärung
• Der Therapeut hilft dem Patienten, sich über die
Bedeutung seines Erlebens und Verhaltens im Hinblick
auf seine bewussten und unbewussten Ziele und Werte
klarer zu werden.
Indikation
• Der Indikationsbereich ist methodenspezifisch
unterschiedlich.
• Die Grenze zur Selbsterfahrung und
Persönlichkeitsentwicklung ist nicht immer scharf zu
ziehen.
• Bei schweren Störungen Kombination mit
medikamentöser Behandlung
Luborsky et al. 1993
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
11
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Patientenvariablen
•
•
•
•
Therapiemotivation (“Leidensdruck”)
Introspektions- (Einsichts-) Fähigkeit
Fähigkeit zur kritischen Selbstprüfung (Reflexionsfähigkeit)
Mindestmaß an Frustrationstoleranz
Konfliktbereitschaft, Ausdauer
• Beziehungsfähigkeit
Therapeutenvariablen
• Empathie
• Wertschätzung
• Kongruenz (Echtheit)
• Inhaltliche Kompetenz / Ausbildung
• Reflexionsfähigkeit (Supervision!)
• Fähigkeit zu tragfähigen
emotionalen Bindungen
Mögliche negative Effekte von Psychotherapie
•
Exazerbation vorhandener Symptome
(z.B. Depression, Zwang, Wahn)
•
Diskussion
•
Wie wirkt sich eine hohe Altersdiskrepanz zwischen Klienten und
Therapeuten aus?
Auftreten neuer Symptome (Substanzmissbrauch, Suizidalität,
psychotische Dekompensation, z.B. bei gruppendynamischen
Therapien beschrieben)
•
Wie interagiert ein Therapeut mit einem Klienten, der diesen zwar
für behandlungsbedürftig hält, ihn aber als unsympathisch erlebt?
•
Abhängigkeit vom Therapeuten
•
Subjektive Gründen eines Klienten für den Therapieabbruch?
•
Psychotherapie als Surrogat für tätiges Handeln im Alltag (Suchen
nach unbewussten Motiven blockiert konstruktives Handeln)
•
Setzen unrealistischer Lebensziele
•
Egozentrismus
Alter des Klienten in der Psychotherapie
• Früher wurde eine obere Altersgrenze von 40 bis 50
Jahren diskutiert, heute geht man von der
Gesamtsituation des Klienten aus.
Genderaspekte
•
Frauen nehmen in anderer Weise als Männer Symptome wahr,
artikulieren sie stärker, nehmen dafür auch stärker medizinische
Einrichtungen in Anspruch.
•
Von Frauen genannte Symptome werden eher als psychogen
eingestuft.
•
Frauen haben ein doppelt so hohes Risiko, an Depression zu
erkranken und eine höhere Morbidität hinsichtlich
Angsterkrankungen, Panikstörungen, Phobien, Essstörungen und
Somatisierungsstörungen.
•
Bei Männern sind es häufiger Persönlichkeitsstörungen, antisoziale
Störungen und Alkoholismus, die zu psychosomatischer und
psychotherapeutischer Behandlung führen.
• Es hat sich eine eigene Richtung Gerontopsychotherapie
entwickelt.
• In der Kinderpsychotherapie wird mit Kindern ab 3
Jahren in Form der Spieltherapie gearbeitet.
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
12
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
Genderaspekte
•
Ob ein Mann oder eine Frau die Psychotherapie eines Patienten
übernehmen soll, ist nicht eindeutig zu beantworten.
•
Patienten haben oft eine klare Präferenz.
•
In jeder Geschlechterkonstellation Therapeut-Patient gibt es
Themen, die schwieriger oder günstiger zu bearbeiten sind.
•
Wir stehen erst am Anfang, unter genderspezifischen Aspekten in
Belastungssituationen, wie z. B. Verlust und Trauer oder
Krankheitsbewältigung nach Krebserkrankung, spezifische
Behandlungskonzepte für Frauen und Männer anzubieten.
JeanJean-Martin Charcot 19. Jahrhundert
Behandlungstechnik
Psychotherapie-Strategien
• Diagnostische Strategien
• Ist Psychotherapie eine Kunst ???
• Beziehungs-Strategien
• Oder ist es eine Wissenschaft ???
• Veränderungs-Strategien
• Oder ist es ein Handwerk ???
• Akzeptanz-Strategien
• Evaluations-Strategien
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
Achse I
Achse II
Achse III
Achse IV
Achse V
Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen
Beziehung
Konflikt
Struktur
Psychische und
psychosomatische Störungen
nach ICD-10
Beispiel: Achse IV: Struktur
• „Struktur“ als Verfügbarkeit psychischer Fähigkeiten/
Funktionen ...
• ... die für die Regulierung des Selbst und seiner
Beziehung zu den Objekten benötigt werden.
• Auf der Strukturachse wird die Verfügbarkeit bzw.
Einschränkung dieser Fähigkeiten/ Funktionen
beurteilt.
• Konfliktbedingte vs. strukturbedingte Dispositionen in
Beziehungen und Lebensanforderungen
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
13
Basiscurriculum: Allgemeine
Grundlagen 1
OPD: Achse IV: Struktur
OPD: Achse IV: Struktur
1. Selbsterleben (Gefühle wahrnehmen, ausdrücken)
•
Selbst- und Objektwahrnehmung
Das Selbst wahrnehmen
2. Selbststeuerung (Affekttoleranz, Impulssteuerung,
Selbstwertregulation)
Die Objekte Wahrnehmen
•
Steuerung
Das Selbst regulieren
3. Abwehr (reife vs. frühe Abwehrmechanismen)
Den Bezug zum Objekt regulieren
•
Emotionale Kommunikation
Emotionale Kommunikation
nach Innen
Emotionale Kommunikation mit
Anderen
Bindung
An innere Objekte gebunden
An äußere Objekte gebunden
4. Objektwahrnehmung (Empathie, Anteilnahme, Sorge,
Abgrenzung, Feindseligkeit etc.)
•
5. Kommunikation (Kontaktfähigkeit, Verstehen der
Gefühle anderer Menschen etc.)
6. Bindung (Bindungsfähigkeit, Loslassen-Können)
Psychotherapie-Strategien
• Diagnostische Strategien
• Beziehungs-Strategien
• Veränderungs-Strategien
• Akzeptanz-Strategien
• Evaluations-Strategien
Gestaltung der therapeutischen Beziehung (VT)
(1) Beziehungsaufbau bei Patienten mit Persönlichkeitsstörung
Komplementäre Beziehungsgestaltung
– Schizoide P.S.: Behutsamkeit, Sachlichkeit, Zurückhaltung
– Dependente P.S.: Stärke, Verantwortungsübernahme, Ratschläge
geben
Techniken zur Beziehungsgestaltung
•
•
•
•
•
•
Komplementäre Beziehungsgestaltung
Empathisches Mitempfinden
Schemakonforme Validierung
Self-Disclosure
Irritation der Erwartungshaltung
Wertschätzende Konfrontation
• Abstinente Haltung
Entwicklung einer Übertragungsbeziehung
Ermöglicht dem Patienten, seine Beziehungsmuster in
der Therapie zu inszenieren
Gestaltung der therapeutischen Beziehung (VT)
(2) Beziehungsdiagnostik: Sich darstellendes Beziehungsmuster
wird diagnostisch genutzt
(3) Dialektische Beziehungsarbeit: Dysfunktionale Erwartungen
schrittweise irritieren und zu neuen Erfahrungen und
Verhaltensexperimenten anregen
– Zwanghafte P.S.: Sachlichkeit, Rationalität, Kontrolle beim Pat. lassen
– Paranoide P.S.: Sorge, Verständnis, Transparenz, Neutralität
gegenüber Fehlinterpretationen
– Narzisstische P.S.: Wertschätzung und Anerkennung geben
– Histrionische P.S.: Bedürfnis nach Zuwendung nachkommen, nicht
dramatisches, sondern authentisches Interaktionsverhalten verstärken
– Zeitgleiche und flexible Vermittlung von akzeptierender
Wertschätzung und Korrektur dysfunktionaler Strategien,
subjektive Evidenz in Frage stellen
Diskussionspapier erarbeitet von M. Bohus, P. Buchheim, S. Döring, B. Schmitz
Diskussionspapier erarbeitet von M. Bohus, P. Buchheim, S. Döring, B. Schmitz
Prim. DDr. Christine Butterfield-Meissl
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